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1 Der Berliner Pressemarkt Historische, ökonomische und international vergleichende Marktanalyse und ihre medienpolitischen Implikationen Prof. Dr. Stephan Weichert und Leif Kramp unter Mitarbeit von Alexander Matschke Berlin, Januar 2009

Der Berliner Pressemarkt. Historische, ökonomische und international vergleichende Marktanalyse und ihre medienpolitischen Implikationen (2009)

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Der Berliner Pressemarkt

Historische, ökonomische und international vergleichende Marktanalyse und ihre medienpolitischen Implikationen

Prof. Dr. Stephan Weichert und Leif Kramp unter Mitarbeit von Alexander Matschke

Berlin, Januar 2009

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: „Katerstimmung“ auf dem Regionalzeitungsmarkt 4

2. Historische Entwicklung des Berliner Tageszeitungsmarktes 7

3. Analyse der ökonomischen Struktur 21

4. Internationaler Vergleich 68

5. Schlussfolgerungen und medienpolitische Handlungsempfehlungen 90

6. Referenzen 94

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Marktanteile einzelner Pressetitel im Verkauf (montags bis freitags) im Berliner Verbreitungsgebiet 21

Abb. 2: Verkaufte Auflage Berliner Tageszeitungen (montags bis freitags) von 1998 bis 2008 22

Abb. 3: Verkaufte Auflage überregionaler Zeitungen (montags bis freitags) im Berliner Verbreitungsraum im jeweils 1. Quartal 1998 bis 2008

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Abb. 4: Verkaufte tägliche Auflage Berliner Tageszeitungen (montags bis freitags) anteilig innerhalb und außerhalb des Berliner Verbreitungsgebietes

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Abb. 5: Anzahl der festangestellten Journalisten in Berlin nach Medienunternehmen in 2008 26

Abb. 6: Organigramm: Beteiligungen der Axel Springer AG an Presseerzeugnissen (National) 39

Abb. 7: Tageszeitungen im Axel Springer Verlag 40

Abb. 8: Organigramm: Beteiligungen der Axel Springer AG an Online-Publikationen 44

Abb. 9: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Verlagen 52

Abb. 10a: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Presseerzeugnissen 53

Abb. 10b: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Presseerzeugnissen (Fortsetzung) 54

Abb. 11a: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Online-Angeboten – Teil 1 57

Abb. 11b: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Online-Angeboten – Teil 2 58

Abb. 12: Organigramm: Unternehmensstruktur der BVZ Deutsche Mediengruppe 65

Abb. 13: Auflage von „Le Monde“ in den Jahren 2004 bis 2007 81

Abb. 14: Auflage von „Le Figaro“ in den Jahren 2004 bis 2007 81

Abb. 15: Auflage von „Libération“ in den Jahren 2004 bis 2007 82

Abb. 16: Auflage von Le Parisien/ Aujourd´hui en France in den Jahren 2004 - 2007 82

Abb. 17: Verbreitung der auflagenstärksten Tageszeitungen in London (ohne Tabloids) von Oktober 2006 bis März 2007 87

Abb. 18: Verbreitung von Tabloids in London von April 2006 bis September 2006 87

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Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Chronologischer Überblick der historischen Pressemarktentwicklung Berlins 16

Tab. 2: Jahresumsätze und aktuelle Besitzverhältnisse der führenden Presseunternehmen auf dem Berliner Zeitungsmarkt 25

Tab. 3: Anzahl organisierter Journalisten in Berlin im Jahre 2008 26

Tab. 4: Beteiligungsverhältnisse der Berliner Zeitungsunternehmen in 2008 27

Tab. 5: Ökonomische Basisdaten Axel Springer AG 28

Tab. 6: Umsatz/Jahr nach Sparten Axel Springer AG 29

Tab. 7: Ökonomische Basisdaten Georg von Holtzbrinck GmbH 46

Tab. 8: Umsatz/Jahr nach Geschäftsbereichen Georg von Holtzbrinck GmbH 46

Tab. 9: Ökonomische Basisdaten Berliner Verlag 59

Tab. 10: Verkaufsauflage Tageszeitungen, USA 70

Tab. 11: Auflagenstärkste Gratiszeitungen, USA 71

Tab. 12: Verlage, USA 72

Tab. 13: Gesamte durchschnittliche Verkaufsauflage, Washington, D.C. 73

Tab. 14: Größte Verlagshäuser, Frankreich 78

Tab. 15: Entwicklung der Anzahl überregionaler Tages- und Gratiszeitungen, Frankreich 78

Tab. 16: Überregionale Tageszeitungen, Frankreich 80

Tab. 17: Ökonomische Basisdaten von Lagardère Media 83

Tab. 18: Medienumsatz von Lagardère Media nach Geschäftsfeldern 83

Tab. 19: Die wichtigsten Akteure auf dem nationalen Tageszeitungsmarkt, Großbritannien 85

Tab. 20: Auflage und Verbreitung der auflagenstärksten Tageszeitungen, Großbritannien 85

Tab. 21: Londoner Tageszeitungen nach Typus 86

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1. Einleitung: „Katerstimmung“ auf dem Regionalzeitungsmarkt

Der Standort Berlin ist einer der am dichtesten besetzten und vielschichtigsten Pressemärkte Europas, zugleich einer der unübersichtlichsten und volatilsten. Mit einer verkauften Gesamtauflage von rund einer Million Exemplaren kämpfen zehn Tageszeitungen, mehrere Wochenzeitungen sowie Anzeigenblätter und Stadtmagazine um potenzielle Leser und Anzeigenkunden. Auch wenn die anfängliche Euphorie, Berlin könne sich zu einer vitalen Medienmetropole mit starkem Wirtschaftswachstum entwickeln, inzwischen gedämpfteren Erwartungen gewichen ist, genießt die deutsche Hauptstadt nach wie vor eine Sonderstellung innerhalb der europäischen Zeitungslandschaft. Dazu hat nicht nur der zähe Verteilungskampf um die wiedervereinigte Leserschaft aus Ost und West beigetragen, sondern auch der Regierungsumzug, durch den Berlin plötzlich zum Epizentrum der deutschen Politikberichterstattung aufgestiegen ist, sowie das anschließende Ringen der ansässigen Verlagshäuser Axel Springer, Holtzbrinck und Berliner Verlag um die publizistische Vormachtstellung in der „Berliner Republik“.

Verfahren erscheint die derzeitige Situation auf dem Berliner Pressemarkt vor allem deshalb, weil der Bestand einer vielfältigen Zeitungslandschaft durch die spezifischen historischen, ökonomischen und medienpolitischen Besonderheiten bedroht ist oder zumindest als nicht gesichert gelten kann. Hierzu trägt auch die globale Rezession des Medien-, insbesondere des Pressemarktes bei, die sich in jüngster Zeit stark zugespitzt hat: Während die Zeitungsmärkte in Osteuropa und Asien derzeit boomen, ist in den traditionellen Zeitungsländern Europas angesichts der wachsenden Konkurrenz durch publizistische Angebote im Internet in den kommenden Jahren mit drastischen Schrumpfungsprozessen zu rechnen. Entgegen der Durchhalteparolen von Presseverbänden prognostizieren Unternehmensberater und Zeitungsexperten auch für die deutsche Zeitungsbranche immense Auflageneinbrüche, aus denen sich fundamentale Umstrukturierungen im gesamten Medienmarkt ergeben. Ein Blick in die USA, oftmals Taktgeber und Vorreiter in Sachen Medieninnovation, führt das allmähliche „Verschwinden der Zeitung“ (Philipp Meyer) besonders dramatisch vor Augen: Noch in den 1960er Jahren nahmen vier von fünf US-Amerikanern täglich eine Zeitung in die Hand, heute sind es nur noch knapp die Hälfte. Seit 15 Jahren haben Tageszeitungen in den USA nicht so viel an Auflage verloren wie in den vergangenen Monaten: Vor allem als Reaktion auf diesen Negativtrend wird daher in den angestammten Pressenationen versucht, eine Konsolidierung der angeschlagenen Verlage und damit eine Bestandssicherung des Qualitätsjournalismus durch innovative Dachmarkenstrategien oder die Etablierung kostenpflichtiger Webangebote zu erzielen. Auch über Fusionen mittelständischer Verlagshäuser, alternative Regulierungsmodelle oder halbstaatliche Subventionsmaßnahmen wird vielerorts nachgedacht.

Die aktuellen Nutzungstrends und die Entstehung (kostenloser) digitaler Medienangebote können als Hauptursachen einer gewaltigen Strukturkrise im Zeitungsmarkt betrachtet werden: Der Marktanteil bei Zielgruppen unter 20 Jahren ist laut einer Studie der Beratungsfirma A.T. Kearny in den vergangenen 50 Jahren in den europäischen Kernmärkten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Niederlande von 32 Prozent auf unter 23 Prozent geschrumpft. Es wird prognostiziert, dass dieser Wert bis 2025 auf unter 20 Prozent fallen könnte. Besonders der Attraktivitätsverlust der Lesekultur von Bedrucktem Papier führt zu weitreichenden strukturellen Veränderungen: Mit der heranwachsenden „digitalen Generation“ etablieren sich zeit- und ortssouveräne Mediennutzungs- und Konsumgewohnheiten, die sich vor allem auf Sehen, Hören und Spielen konzentrieren. Aber auch die Abwanderung wichtiger Erlösquellen und Kunden in das Internet (z. B. Werbe- und Kleinanzeigen) verstetigen den Eindruck, dass die herkömmliche Zeitung entbehrlich werden könnte – zumindest in ihrer jetzigen Form.

Mit Leserschwund, steigenden Papierpreisen, kartellrechtlichen Einwänden zur Pressefusion und der schleichenden Abwanderung der Anzeigenkunden in das Internet haben vor allem regional orientierte Zeitungshäuser zu kämpfen. Während die prestigeträchtigen überregionalen Blätter unter dem Dach großer Verlage häufig durch crossmediale Beteiligungen offenbar über eine längere finanzielle Ausdauer sowie Ausweichmöglichkeiten bei Zusatzgeschäften und Dachmarkenstrategien verfügen, werden die Regionalzeitungen zunehmend als Verlustobjekte erachtet. Nach wie vor lastet ein enormer Sparzwang auf den mittelständischen Verlagsunternehmen; angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise herrscht – nach dem Zusammenbruch des Anzeigenmarkts 2000/2001 – im Jahr 2009 erneut „Katerstimmung“ auf dem deutschen Regionalzeitungsmarkt: Der Wettbewerbsdruck ist höher denn je, internationale Investoren drängen auf den deutschen Zeitungsmarkt und unterwandern die gewachsenen Verlegerdynastien, und das rapide wachsende publizistische Angebot im Internet erobert neue Leser- und Nutzerkreise – zuungunsten der gedruckten Zeitung. Dagegen wird das klassische regionale Service-Angebot der Regional- und Lokalpresse gerade von Jugendlichen immer weniger geschätzt.

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Dieses ökonomische Dilemma macht sich auch und gerade in der deutschen Hauptstadt bemerkbar: „Wir erleben in Berlin wie unter einem Brennglas all jene Probleme, die auf Qualitätszeitungen zukommen. Auflagenerosionen, sinkende Anzeigenerlöse, ungewisse Lernpräferenzen. Das ist hier stärker als anderswo“, sagte Giovanni di Lorenzo, ehemaliger „Tagesspiegel“-, jetzt „Zeit“-Chefredakteur, schon im März 2003 im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Zugleich werden Stimmen laut, die eine staatsnahe oder stiftungsgebundene Subventionierung von Printobjekten fordern oder immerhin für diskussionswürdig erachten – so zuletzt der Sozialphilosoph und Kommunikationstheoretiker Jürgen Habermas in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 16. Mai 2007: „Es ist kein ‚Systemfehler’, wenn der Staat versucht, das öffentliche Gut der Qualitätspresse im Einzelfall zu schützen. Es ist nur eine pragmatische Frage, wie er das am besten erreicht.“ Zwar ist der Gedanke der Subventionierung laut Habermas „gewöhnungsbedürftig“, jedoch gehört eine funktionierende Zeitungslandschaft zweifellos zu den Grundpfeilern jedes demokratischen Systems. Dieser Anspruch sei aufgrund der derzeitigen Schwankungen auf dem Medienmarkt allerdings längst nicht mehr garantiert: „(…) der Markt kann diese Funktion nur solange erfüllen, wie die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten nicht in die Poren der kulturellen und politischen Inhalte eindringen, die über den Markt verbreitet werden“. Und schließlich könne sich keine Demokratie, so Habermas, „ein Marktversagen auf diesem Sektor leisten“.

Obwohl die Mängel der Regional- und Lokalzeitungen seit langem ausgiebig diskutiert werden, mangelt es bislang an praxisnahen Pressemarktstudien, speziell zu den Besonderheiten des umkämpften Berliner Pressemarkts. Insbesondere fehlen eine konzise Gesamtschau aller historisch-publizistischen sowie strukturell-ökonomischen Faktoren zum Entwicklungspotenzial sowie eine medienpolitische Expertise zu den aktuellen Bedingungen einer signifikanten Steigerung von Wachstum und Vielfalt der Berliner Zeitungslandschaft. Der einschlägigen Studie „Der Berliner Zeitungsmarkt“1 von 1914 sind nur wenige konsistente Darstellungen gefolgt; die beiden Standardwerke „Zeitungsstadt Berlin“2 und „Zeitungen in Berlin“3 stammen von Anfang der 1980er Jahre und beleuchten überwiegend die historische Entwicklung des Berliner Zeitungsmarkts: Während in „Zeitungsstadt Berlin“ von Peter de Mendelssohn, Presseoffizier im britischen Sektor und nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich am Aufbau eines demokratischen Pressewesens in Berlin beteiligt, die 300-jährige Geschichte des Berliner Pressewesens nachgezeichnet wird, trägt der 1987 verstorbene Schriftsteller Walther Oschilewski in „Zeitungen in Berlin“ historische Informationen und Marktdaten anhand von Zeitungsportraits zusammen.

Der vorerst letzte Versuch, die Berliner Medien- und Presselandschaft einer empirischen Bestandsaufnahme und Strukturanalyse zu unterziehen, liegt rund 17 Jahre zurück4 – wobei hier allerdings nur die Medien- und Kommunikationsstruktur im ehemaligen Westteil der Stadt eingehend untersucht wurde. Darüber hinaus finden sich lediglich zwei Datenerhebungen aktuelleren Datums: „Der Zeitungsmarkt Berlin“ aus dem Jahr 2005, herausgegeben von der Tageszeitung „taz“, liefert Basisdaten zu den Berliner Tageszeitungen und zu den Lesegewohnheiten ausgewählter Zielgruppen; „Medien Markt Berlin“ ist eine im Auftrag des Berliner Verlags erstellte Statistik, die u. a. Auflagen-, Reichweiten- und Preisentwicklung der Regional- und Lokalzeitungen pro Quartal festhält. Eine 2005 erschienene Dissertation5 behandelt zudem die Entwicklung des deutschen Tageszeitungsmarkts am Beispiel Berlins, bleibt allerdings auf den Zeitraum von 1989 bis 2002 beschränkt. Breiter angelegte Studien zur Entwicklung des gesamtdeutschen Zeitungsmarkts finden sich zwar häufiger,6 deren Ergebnisse lassen sich aber nur bedingt auf Berlin übertragen; ähnliches gilt für Trenderhebungen zum Mediennutzungsverhalten.7

Um den Entwicklungen auf dem Berliner Zeitungsmarkt mit all ihren ökonomischen und medienpolitischen Implikationen gerecht zu werden, erscheint es sinnvoll und notwendig, sich zunächst den publizistischen Herausforderungen im digitalen Zeitalter zuzuwenden und die konkreten Rahmenbedingungen für einen prosperierenden Pressemarkt – unter besonderer Berücksichtigung seiner Komplexität, Vielfalt und Dichte – genauer auszuloten. Übergreifendes Ziel des vorliegenden

1 Konrad Mischke: Der Berliner Zeitungsmarkt. In: H. Winter (Hrsg.): Das Buchgewerbe in der Reichshauptstadt. Berlin 1914. 2 Peter de Mendelssohn: Zeitungsstadt Berlin. Frankfurt/Main, Berlin, Wien 1982. 3 Walther G. Oschilewski: Zeitungen in Berlin. Berlin 1975. 4 Günter Bentele/Otfried Jarren/Ulrich Kratzsch: Medienlandschaft im Umbruch: Medien und Kommunikationsatlas Berlin. In: Vistascript Band 7. Berlin 1990 5 Frank Kautter: Der Verleger als Erfolgsfaktor der Tageszeitung, Diss., Berlin 2005. 6 Vgl. für einen Überblick: Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (Hrsg.): Zeitungen 2006. Berlin 2006; Horst Röper: Zeitungsmarkt in der Krise – ein Fall für die Medienregulierung. In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Aus Politik und Zeitgeschichte B12-13/2004. Berlin 2004. 7 Z.B. Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (Hrsg.): Media-Analyse 1. Quartal 2007. Frankfurt/Main 2007, Maria Gerhards/Walter Klingler: Mediennutzung in der Zukunft, In: Media Perspektiven 06/2007, Frankfurt/Main 2007.

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Gutachtens ist es, auf Basis einer aktuellen strukturell-ökonomischen Bestandsaufnahme sowie einem internationalen Vergleich die medienpolitischen Defizite der Hauptstadtpresse aufzuzeigen und darauf aufbauend Empfehlungen im Hinblick auf mögliche Innovationspotenziale und Fördermaßnahmen zu erarbeiten. Hilfreich erscheint eine Betrachtung sämtlicher marktrelevanter und historischer Faktoren, die einer Belebung der Berliner Presselandschaft entgegenstehen. Folgende Analyseschwerpunkte wurden gewählt:

A. Historische Bestandsaufnahme des Berliner Pressemarkts

Zunächst wurde die Geschichte der Berliner Presselandschaft und die gewachsene publizistisch-ökonomische Sonderstellung der heutigen Hauptstadt eingehend erörtert. Hierzu wurden im zweiten Kapitel wichtige historische Stationen nachgezeichnet und ins Verhältnis zur Entwicklung auf dem gesamtdeutschen Zeitungsmarkt gesetzt. Darüber hinaus wurden maßgebliche verlegerische Entscheidungen sowie redaktionelle Leistungen und Fehlleistungen einzelner Zeitungen mit konkreten Auswirkungen auf den Berliner Zeitungsmarkt in einen historischen Kontext gestellt. Die historische Gesamtbetrachtung ermöglicht eine genauere Einschätzung der derzeitigen medienpolitischen Ausgangslage.

B. Aktuelle Basisdaten und systematische Marktanalyse

Das dritte Kapitel präsentiert ökonomische Strukturdaten im Rahmen einer systematischen Marktanalyse des Berliner Pressemarkts, an die einzelne Unternehmensporträts der wichtigsten Zeitungen und deren Verlage anknüpfen: Aufbereitet und gegenübergestellt werden u. a. Auflagenentwicklungen und Reichweiten (inklusive Periodika und Anzeigenblätter), Redaktionsprofile, Führungspersonal, Unternehmenskultur, Besitzverhältnisse und Zusammenschlüsse von Zeitungsverlagen, Geschäftsmodelle, Wirtschaftsbilanzen, Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse, Fremdbeteiligungen an Hörfunk- und TV-Veranstaltern, crossmediale Aktivitäten, Dachmarkenstrategien, Anzeigenaufkommen sowie Vertriebsstrukturen. Die Zusammenschau der ökonomischen Basisdaten der ausgewählten Verlage bildet den empirischen Kern der Studie; sie sind zugleich Ausgangspunkt für die Ermittlung struktureller Defizite.

C. Vergleich internationaler Pressemärkte

Im vierten Kapitel werden die publizistischen, ökonomischen und medienpolitischen Rahmenbedingungen ausgewählter Pressemärkte im Ausland vorgestellt, um einen internationalen Vergleich mit der Sondersituation Berlins zu ermöglichen. An den Beispielen Frankreich (Paris), Großbritannien (London) und USA (Washington DC) wurden Mediengeschichte, ökonomische Infrastruktur und Regulierungsfelder wie Subventionen, Pressebesteuerung sowie weitere medienpolitische Weichenstellungen in drei wichtigen Hauptstädten mit großer Zeitungsdichte und Pressevielfalt analysiert und auf ihren Aussagegehalt für den Berliner Pressemarkt hin überprüft. Hierbei wurden sowohl medienpolitische Gemeinsamkeiten der Marktentwicklungen dieser Hauptstädte als auch deren Unterschiede herausgearbeitet.

D. Medienpolitische Trendaussagen und Lösungsoptionen

Im fünften Kapitel werden auf Grundlage der vorigen drei Kapitel – historische Bestandsaufnahme, medienökonomische Marktanalyse, internationaler Vergleich – medienpolitische Trendaussagen und Lösungsoptionen dazu formuliert, wie Zeitungsverlage und handelnde Politik auf die sich verändernde Wettbewerbssituation in Berlin reagieren müssen, um angemessene strukturelle, ökonomische und publizistische Voraussetzungen schaffen zu können, die eine vitale(re) Presselandschaft gewährleisten.

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2. Historische Entwicklung des Berliner Tageszeitungsmarkts

Vor über 400 Jahren erschienen die ersten deutschen Zeitungen. Die „Relation“ wurde 1605 in Straßburg und der „Aviso“ 1609 in Wolfenbüttel gegründet. Sie waren die ersten publizistischen Einheiten, die den klassischen Merkmalen einer Zeitung gerecht wurden: der Periodizität, Aktualität, Publizität und Universalität. Der „Aviso“ erschien zwar nur wöchentlich und umfasste acht Seiten, doch war der Grundstein gelegt für eine Entwicklung, die schnell auch Berlin erreichen sollte: Bereits um das Jahr 1617 wurde in der zu jener Zeit noch kleinen Residenzstadt die erste Zeitung gedruckt8. In der nach ihrem Gründer benannten „Frischmann-Zeitung“ wurden wöchentlich Korrespondenzen aus einer Reihe europäischer Städte veröffentlicht. Sie gilt als Vorläufer der ersten Berliner Tageszeitung, die 1721 von Johann Andreas Rüdiger als „Königlich Privilegierte Zeitung von Staats- und Gelehrten Sachen“ gegründet wurde9. 1751 vererbte Rüdiger das Blatt, das damals eine Auflage von 150 bis 200 Exemplaren erreichte, seinem Schwiegersohn Christian Friedrich Voss, auf den der später geläufige Name „Vossische Zeitung“ zurückgeht.

2.1 Berlin wird „Zeitungsstadt“

1861 erschien in Berlin erstmalig die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“, auf welche die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ zurückgeht. Sie galt als Sprachrohr der Regierung Bismarck und als eine der im Ausland meistbeachteten deutschen Gazetten. Sie war tonangebend bei der „publizistischen Vorbereitung des Reichsgründungsgedankens“10. 1871 wurde Berlin zur Hauptstadt des Deutschen Kaiserreichs ernannt. Die drei Männer, die die Grundlage für Berlins Reputation als Zeitungsstadt legen sollten, zogen in den Jahren von 1848 bis 1880 nach Berlin: Leopold Ullstein, Rudolf Mosse und August Scherl, die jeweils als Quereinsteiger aus benachbarten Wirtschaftsbereichen zur Presse kamen und ihre Zeitungen innovativ zu großen Pressekonzernen ausbauten. Ullstein, ursprünglich Papierhändler, kaufte 1877 das „Neue Berliner Tageblatt“ und fusionierte es mit der kurz darauf erworbenen „Berliner Zeitung“. Das liberale Blatt geriet bis 1882 des Öfteren ins Visier der Behörden, die Prozesse gegen Ullstein anstrengten und Ausgaben beschlagnahmten11.

Rudolf Mosse wechselte vom Buchhandel zur Tagespresse. Er erwarb Meriten als Verlagsdirektor der Illustrierten „Gartenlaube“, erkannte aber die zunehmende Wichtigkeit des Anzeigengeschäfts und gründete 1867 die „Annoncen-Expedition Rudolf Mosse“ in der Friedrichstraße. 1871 stieg er mit der Gründung des „Berliner Tageblatts“ ins Pressegeschäft ein, bei der es sich um die „erste neue ‚seriöse’ Tageszeitung auf dem Markt“12 handelte. Damit bediente er die in der wirtschaftlichen Prosperität der Gründerzeit innerhalb des Berliner Bürgertums entstandene Nachfrage nach einem liberalen, weltoffenen Blatt. Das „Tageblatt“ sollte sich zeitweilig zur zweitgrößten Tageszeitung Berlins entwickeln. Die weltoffene Grundstimmung im Berlin der Gründerzeit spiegelte sich auch im 1874 erlassenen „Reichspreßgesetz“ wider, das erstmals die Pressefreiheit in der Stadt garantierte. Diese war allerdings nur von kurzer Dauer: Sie wurde vier Jahre später durch das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ (in Kraft 1878-1890) de facto wieder abgeschafft.13 Dennoch erlebte die Presse in der Gründerzeit einen Aufschwung und differenzierte sich aus.

Der Herausgeber von Groschenromanen, August Scherl, begründete 1883 seinen einflussreichen nationalliberal ausgerichteten Verlag mit der Einführung des „Berliner Lokal-Anzeigers“. Der Bezug des ausschließlich anzeigenfinanzierten Blattes kostete lediglich zehn Pfennige14, es war dem Selbstverständnis nach unpolitisch und auf die Interessen eines Massenpublikums ausgerichtet. Somit entstand auch in Deutschland mit der „Generalanzeiger-Presse“ eine Massenpresse

8 Vgl. De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 16. 9 Vgl. Bender, Klaus (1972): Vossische Zeitung (1617-1934). In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 25-26. 10 Fischer, Heinz-Dietrich (1972): Deutsche Allgemeine Zeitung (1861-1945). In: Ders. (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 272. 11 Vgl. Fischer, Ellen (1975): Leopold Ullstein. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 166 12 Vgl. Scharf, Wilfried (1975): Rudolf Mosse. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 209. 13 Vgl. Roether, Diemut (2008): Zensur. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 420. 14 Vgl. Fischer, Ellen (1975): Leopold Ullstein. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 170.

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nach angloamerikanischem Vorbild. In den USA und in Großbritannien hatten Verleger wie William Randolph Hearst und Alfred Harmsworth mit Hilfe der „Penny Press“ einflussreiche Presseimperien begründet15.

Am 20. September 1898 erschien die Erstausgabe der eher liberalen „Berliner Morgenpost“, die 1927 eine Spitzenauflage von 700.000 Exemplaren erreichte16. Gründer und Verleger war Leopold Ullstein, der damit Scherls kaisertreuem „Berliner Lokal-Anzeiger“ Konkurrenz machen wollte17. 1904 brachte der Ullstein-Verlag, mittlerweile unter der Führung der fünf Söhne Leopold Ullsteins, zudem die „B.Z. am Mittag“ heraus.18 Der scharfe Wettbewerb der drei Verleger Ullstein, Mosse und Scherl führte zu finanziellen Schwierigkeiten des Scherl-Verlags kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Ein gemeinsamer Übernahmeversuch der Konkurrenten scheiterte jedoch.

Anfang August 1914 kaufte der Ullstein-Verlag die „Vossische Zeitung“, deren Auflage mit der der Massenpresse nicht konkurrieren konnte. „[…] ihr auf politischer Tradition und intellektuell anspruchsvollem Stil beruhendes hohes Ansehen war den Brüdern Ullstein den Kaufpreis von acht Millionen Mark wert. Die Vossische Zeitung blieb für sie das gehobene Prestigeblatt, dem sie jedes Jahr beträchtliche Zuschüsse opferten.“19

2.2 Die Berliner Presse im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde am 31. Juli 1914 im Zuge der Verhängung des Kriegszustandes Meinungs- und Pressefreiheit abgeschafft, an ihre Stelle trat eine strenge Militärzensur. Im Reich trat mit Ausnahme Bayerns, das eine ähnliche Verordnung erließ, das preußische Gesetz über die Verhängung des Belagerungszustands von 1851 in Kraft, hinzu kam ein von den Militärbehörden überwachter Katalog von 26 Punkten, über die nicht berichtet werden durfte. Ab 3. August 1914 wurden die täglichen „Berliner Pressekonferenzen“20 durchgeführt, bei denen der Presse Richtlinien und Anleitungen zur Kommentierung gegeben wurden. 1915 folgte die Einrichtung des Kriegspresseamts als Zensurbehörde der Obersten Heeresleitung21.

Erst nach Ende des Ersten Weltkriegs und der demokratischen Revolution garantierte Art. 118 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 die freie Meinungsäußerung „innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze“ durch „Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise“22. Der Begriff „Pressefreiheit“ indes kommt in der Verfassung nicht vor. Sie wird als Variante der Meinungsfreiheit gesehen, die ihrerseits nicht uneingeschränkt gilt23. Die „Republikschutzgesetze“ sowie Notverordnungen nach Art. 48 gaben den Behörden das Recht, die Meinungsfreiheit zu beschneiden und Zeitungen zu verbieten. Vom 28. März 1931 bis 13. Juni 1932 war dies allein in Preußen bei 284 Zeitungen der Fall24. In Berlin erlebte die Presselandschaft während der Weimarer Zeit mit ihrem Zentrum im Quartier um die Kochstraße dennoch eine Blütezeit: Liberale Blätter wie die „Vossische Zeitung“ und das „Berliner Tageblatt“ besaßen hervorragende Redaktionen und wurden von ihren Chefredakteuren Georg Bernhard und Theodor Wolff erfolgreich geführt. In der Rundschauzeitschrift „Weltbühne“ des späteren Friedensnobelpreisträgers Carl von Ossietztki schrieben Kurt Tucholsky und Erich Kästner. Die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ (Siehe Abbildung) erreichte den Zenit ihres Einflusses als gemäßigt konservatives Blatt mit

15 Vgl. Chipp, David A. (2008): Harmsworth, Alfred Charles William. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 146. 16 Vgl. Wilke, Jürgen (2004): Pressegeschichte. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 476-477. 17 Vgl. Fischer, Ellen (1975): Leopold Ullstein. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 170. 18 Vgl. Stöber, Rudolf (2005): Deutsche Pressegeschichte, 2. Aufl., Konstanz: UVK, 260. 19 Bender, Klaus (1972): Vossische Zeitung, 38. 20 Vgl. Koszyk, Kurt (1972): Deutsche Presse 1914-1945. Geschichte der deutschen Presse Teil III. Berlin: Colloquium Verlag, 21. 21 Ebd., 15. 22 Weimarer Reichsverfassung, im Internet abrufbar unter: http://de.wikisource.org/wiki/Verfassung_des_Deutschen_Reiches_(1919). 23 Vgl. Pross, Harry (2000): Zeitungsreport. Deutsche Presse im 20. Jahrhundert. Weimar: Verlag Herrmann Böhlaus Nachfolger, 80. 24 Vgl. Wilke, Jürgen (2002): Pressegeschichte. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 480.

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internationalem Prestige. Allerdings waren die liberale und demokratische Presse der Weimarer Jahre der rechtskonservativen Presse vor allem des Hugenberg-Konzerns wirtschaftlich und organisatorisch unterlegen25.

Alfred Hugenberg, Mitbegründer des nationalistischen „Alldeutschen Verbands“ und von 1909 bis 1918 Vorsitzender des Direktoriums des Krupp-Konzerns begann ab 1914, nationalistische PR im Interesse der Schwerindustrie des Ruhrgebiets zu betreiben. Auf dieser Grundlage baute er ein einflussreiches national-konservativ ausgerichtetes Medienimperium auf. 1928 wurde der „Manager“ eines Apparats aus Technokraten26 Vorsitzender der Deutsch-Nationalen Volkspartei (DNVP) und zum „Steigbügelhalter Hitlers“27. Hugenberg gelang es 1916, den angeschlagenen Scherl-Verlag zu übernehmen. In den zwanziger Jahren baute er ein Matern-System auf, das Provinzzeitungen günstig mit

vorgefertigten Druckformen belieferte. Mit der Inflation Anfang der 20er Jahre waren viele kleine Zeitungen in wirtschaftliche Not und anschließend in die Abhängigkeit der nationalistischen und republikfeindlichen Kommentierungen des Hugenberg-Trusts geraten28. Die zugehörige „VERA Verlagsanstalt GmbH“ besaß überdies etliche Provinzzeitungen unmittelbar. Zum Konzern gehörten weiterhin die Nachrichtenagentur „Telegraphen-Union“ und ab 1927 die Universum Film AG (Ufa). Die angeschlossene Anzeigenagentur „ALA“ erwies sich als zu große Konkurrenz des Mosse’schen Annoncen-Unternehmens: der Verlag ging 1932 pleite29.

2.3 Die Zerstörung der Berliner Zeitungslandschaft unter dem Nationalsozialismus

1933 erfolgte die faktische Abschaffung von Presse- und Meinungsfreiheit sowie die Einführung einer umfassenden Zensur durch die Nationalsozialisten. Pross konstatiert: “Da die Pressefreiheit in der Verfassung nicht ausdrücklich vorkam, brauchte sie nicht außer Kraft gesetzt zu werden, und weil die Meinungsfreiheit nur in den ‚Schranken der allgemeinen Gesetze’ garantiert war, genügten allgemeine Gesetze, um sie weiter einzuschränken.“30 So stellte das so genannte „Heimtückegesetz“ von 1934 unter Strafe: „hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates oder der NSDAP“31. Die sozialdemokratische und kommunistische Presse wurde enteignet, ihre Vermögenswerte fielen an die Hitler-Partei. Private Zeitungsunternehmen wurden auf Parteilinie gezwungen. Ein großer Teil wurde dem nationalsozialistischen Eher-Pressekonzern unter der Leitung von Max Amann einverleibt32. Am 10. März 1933 wurde das „Berliner Tageblatt“ zunächst für drei Tage verboten und anschließend vollständig „gleichgeschaltet“. Am 31. März folgte das Ende der „Vossischen Zeitung“ - nach 317 Jahren. Durch das Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933,

25 Vgl. Schwarz, Gotthard (1972): Berliner Tageblatt (1872-1939). In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 325. 26 Vgl. Guratzsch, Dankwart (1974): Macht durch Organisation. Die Grundlegung des Hugenbergschen Presseimperiums. Düsseldorf: Bertelsmann Universitätsverlag, 13. 27 Fischer, Heinz-Dietrich (1975): Alfred Hugenberg (1865-1951). In: Ders. (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 294ff. 28 Vgl. Koszyk, Kurt (2008): Hugenberg, Alfred. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 156-157. 29 Vgl. Scharf, Wilfried (1975): Rudolf Mosse. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1975): Deutsche Presseverleger des 18. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 213. 30 Pross, Harry (2000): Zeitungsreport. Deutsche Presse im 20. Jahrhundert. Weimar: Verlag Herrmann Böhlaus Nachfolger, 80. 31 Zitiert nach: Stöber, Rudolf (2005): Deutsche Pressegeschichte, 2. Aufl., Konstanz: UVK, 157. 32 Vgl. Oschilewski, Walther G. (1975): Zeitungen in Berlin. Berlin: Haude und Spenersche Verlagsbuchhandlung, 210.

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aufgrund dessen ab 1934 Journalisten jüdischer Abstammung von ihrer Tätigkeit ausgeschlossen und Berufslisten eingeführt wurden33, hatte das Blatt viele seiner besten Mitarbeiter verloren.34

Berlin wurde Zentrum des NS-Staates und somit Sitz des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda unter Joseph Goebbels.35 Goebbels, seit 1926 NS-Gauleiter von Berlin hatte die Machtübernahme der Nationalsozialisten ab 1927 mit seinem Kampfblatt „Der Angriff“ (siehe Abbildung) publizistisch vorbereitet. Die Hauptfunktion der Zeitung war die radikale Konfrontation mit den politischen Feinden des Nationalsozialismus, es diente aber auch der Auseinandersetzung Goebbels’ mit innerparteilichen Konkurrenten wie den Strasser-Brüdern. Ein Teil der Zeitung mit dem Titel „Kampf um Berlin“ war der Berichterstattung über Straßenkämpfe zwischen SA und kommunistischen Gruppen gewidmet36. Die NS-Propaganda setzte zur Verbreitung der Ideologie neben Massenveranstaltungen, Film und dem neuen Massenmedium Radio auch auf Zeitungen: Seit 1929 erschien eine Berliner Ausgabe der Parteizeitung der NSDAP, dem „Völkischen Beobachter“, und das in Nürnberg gegründete Wochenblatt „Der Stürmer“ verbreitete radikale antisemitische Hetze. Ab 1940 wandte sich die Wochenzeitung „Das Reich“ an gebildete Leser im In- und Ausland. Der Zeitung wurden bei der Kommentierung folglich weniger enge Grenzen gesetzt37. Allerdings gab Propagandaminister Goebbels selbst per Leitartikel die Linie vor. Die Nationalsozialisten nutzten zudem das Prestige einiger Zeitungen zur Legitimierung ihrer Diktatur im Ausland: Hitler sorgte dafür, dass international anerkannte Titel wie das „Berliner Tageblatt“, die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ oder auch die „Frankfurter Zeitung“ nach 1933 „aus außenpolitischen Gründen“38 weitergeführt wurden. Ende Januar 1939 wurde das „Berliner Tageblatt“ allerdings eingestellt, 1945 schließlich auch die „Deutsche Allgemeine Zeitung“.

2.4 Lizenzpresse und Teilung der Stadt

Nach Kriegsende im Mai 1945 und der Aufteilung Berlins in vier Besatzungszonen stand die völlig kompromittierte Presse unter alliierter Kontrolle. Verleger und Journalisten, die zwischen 1933 und 1945 in der Presse tätig gewesen waren, wurden weitgehend ausgeschlossen, auch wenn sie nicht Mitglied der NSDAP gewesen waren. Presselizenzen wurden nur an politisch unbelastete Personen vergeben (Lizenzpresse).39 Dadurch sollte ein publizistischer Neuanfang ermöglicht werden. Paul Ufermann, nach Kriegsende Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Presse Berlin, formulierte 1947 optimistisch: „Die Berliner Presse tritt heute in einer Mannigfaltigkeit auf den Plan, wie nirgends sonst in deutschen Landen.“40 Tatsächlich erschien bereits am 15. Mai 1945 die erste Zeitung nach Kriegsende, das von der Roten Armee herausgegebene „Berliner Tageblatt“. Einige Tage später folgte ebenfalls im sowjetisch besetzten Teil die Erstausgabe der „Berliner Zeitung“ am 21.

33 Vgl. Koszyk, Kurt (1972): Deutsche Presse 1914-1945. Geschichte der deutschen Presse Teil III. Berlin: Colloquium Verlag, 365-366. 34 Vgl. Bender, Klaus (1972): Vossische Zeitung (1617-1934). In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 39. 35 Vgl. Hachmeister, Lutz (2008): Goebbels, Joseph. In: Ders. (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 127. 36 Lemmons, Russel (1994): Goebbels and Der Angriff. Lexington: The University Press of Kentucky, 2. 37 Vgl.: Wilke, Jürgen (2002): Pressegeschichte. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 489. 38 Vgl. Fischer, Heinz-Dietrich (1972): Deutsche Allgemeine Zeitung (1861-1945). In: Ders. (Hg.) (1972): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Pullach bei München: Verlag Dokumentation, 280. 39 Vgl. Wilke, Jürgen (2002): Presse. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 422. 40 Ufermann, Paul (1947): Die Berliner Presse der Gegenwart. In: Handbuch der Deutschen Presse. Bielefeld: Deutscher Zeitungs-Verlag GmbH, 133.

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Mai. Am 27. September erschien die Erstausgabe des „Tagesspiegels“ in Berlin und Brandenburg, und zwar mit amerikanischer Lizenz.

Berlin verlor dennoch in der Nachkriegszeit seinen Rang als Deutschlands wichtigste Zeitungsstadt. Gründe dafür waren die durch die nationalsozialistische Diktatur verursachten intellektuellen, institutionellen und materiellen Verheerungen, die Teilung der Stadt sowie das vergleichsweise späte Ende der Lizenzierungspraxis. Während in der Bundesrepublik ab September 1949 auf Beschluss der Hohen Kommission Zeitungen wieder unbeschränkt herausgegeben werden durften, endete die Lizenzierungspraxis in Westberlin erst im Jahr 1955. Mit der Blockade der Stadt durch die sowjetische Besatzungsmacht 1948 konnte der „Tagesspiegel“ nur noch im Westteil der Stadt vertrieben werden. Bis Ende 1949 erschienen in den Westsektoren Berlins 20 Lizenzzeitungen.41 Am 15. Juni 1949, kurz nach der Gründung der Bundesrepublik in den Westzonen, erschien in Ost-Berlin die Erstausgabe der „BZ am Abend“, dem Vorläufer des „Berliner Kuriers“.

Die Blätter, die später die Bundesrepublik prägen sollten, wurden nicht in Berlin gegründet. 1945 starteten die „Frankfurter Rundschau“ in Frankfurt am Main und die „Süddeutsche Zeitung“ in München, kurz darauf erschien erstmals die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Im Grundgesetz der Bundesrepublik vom 23. Mai 1949 wird in Artikel 5 die Pressefreiheit garantiert.

2.5 Das Pressesystem der DDR

Mit Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 trat auch in der sowjetischen Besatzungszone eine Verfassung in Kraft, welche unter anderem presserechtliche Rahmenbedingungen implementierte. In dieser heißt es in Artikel 9: „Eine Pressezensur findet nicht statt“42. Allerdings konnte Kritik an im weitesten Sinne staatlichen Prozessen und Zuständigkeiten allgemein als „Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen […]“ (Art. 6) ausgelegt werden. In der überarbeiteten DDR-Verfassung von 1968 wurde der Hinweis auf die Zensurbestimmungen gestrichen. Stattdessen heißt es in Art 27: „Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens ist gewährleistet“43. Informationsfreiheit und ein Zensurverbot wurden indes nicht formuliert. In der Praxis hatten die Grundlagen der Verfassung Vorrang vor der Pressefreiheit, dies waren insbesondere der Führungsanspruch der SED und das Prinzip des „Demokratischen Sozialismus“. Zudem waren die gesetzlichen Grenzen der Meinungsfreiheit durch eine Reihe von Paragraphen des Strafgesetzbuches äußerst eng gezogen, §106 beispielsweise stand „staatsfeindliche Hetze“ unter Freiheitsstrafe.44 Grundlegend für das Pressesystem der DDR war die 1. Pressekonferenz des SED-Zentralvorstands am 9. Februar 1950, bei der die „Presse neuen Typs“45 proklamiert wurde, also eine DDR-Presse, die den Prinzipien der marxistisch-leninistischen Pressetheorie folgt. Diese beinhaltet unter anderem die konsequente Ausrichtung der Presse an der Linie der Einheitspartei. Das Pressesystem aus Parteipresse und Blättern der Massenorganisationen wurde bis 1952 geschaffen und bestand seitdem nahezu unverändert. 1953, im Jahr des Volksaufstands in der DDR wurden die „Berliner Zeitung“ und die „BZ am Abend“ dem Zentralkomitee der SED unterstellt. Die Presse in der DDR war einem rigiden Kontrollsystem der SED unterworfen: In erster Linie zuständig war der Sekretär für Agitation beim Zentralkomitee der SED. Es bestand bis 1990 die Pflicht zur Lizenzierung. Verantwortlich dafür war das Presseamt beim Staatsratsvorsitzenden.46

2.6 Die Westberliner Presse nach dem Mauerbau

In Westberlin erschien 1953 die erste Ausgabe der „B.Z.“ nach Kriegsende. In Hamburg erwarb Axel Cäsar Springer die Tageszeitung „Die Welt“ von den Alliierten (vgl. Konzernportrait Axel Springer AG), 1959 folgte der Kauf des Blattes „Berliner Morgenpost“. Mit der Übernahme des Ullstein-Verlags durch Springer ging im Dezember 1959 auch die „B.Z.“ in dessen

41 Vgl. Meyn, Hermann (2004): Massenmedien in Deutschland. Konstanz: UVK, 65. 42 Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949, im Internet abrufbar unter: http://www.documentarchiv.de/ddr/verfddr1949.html. 43 Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. April 1968, im Internet abrufbar unter: http://www.documentarchiv.de/ddr/verfddr1968.html 44 Vgl. Wilke, Jürgen (2002): Medien DDR. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 215-216. 45 Scharf, Winfried (1989): Paradigmenwechsel im journalistischen System der DDR? In: Deutsche Studien Heft XXVII. Jahrg., Heft 105, 1989, 15. 46 Vgl. Holzweißig, Gunter: Die schärfste Waffe der Partei. Eine Mediengeschichte der DDR. Köln: Böhlau, 13.

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Besitz über. Einige Monate zuvor war in Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters, Willy Brandt, die Grundsteinlegung des neuen Springer-Hochhauses erfolgt. Springer hatte sich entschieden, die Zentrale in der Kochstraße im traditionellen Berliner Zeitungsviertel zu errichten, direkt an der amerikanisch-sowjetischen Sektorengrenze. Nachdem am 13. August 1961 die Berliner Mauer gebaut worden war, befand sich das 1966 eingeweihte Gebäude unmittelbar an den innerstädtischen Sperranlagen.47 Der Mauerbau verschärfte die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Westberliner Blätter, unter anderem, weil ca. 50.000 Pendler nicht mehr zu ihrer Arbeitsstelle gelangen konnten.

Die „Insellage“ Westberlins erwies sich als schwerwiegender struktureller Nachteil der Berliner Zeitungen. De Mendelssohn schreibt: „Im Bundesgebiet hatten Berliner Blätter schon seit der Blockade kaum nennenswerten Absatz zu verzeichnen.“48 Wegen eines ungünstigen Zugfahrplans waren die Titel aus Hamburg, Frankfurt und München morgens an Berliner Kiosken erhältlich, die Berliner Zeitungen hingegen kamen erst mit bis zu 18-stündiger Verspätung – hoffnungslos veraltet – in der restlichen Bundesrepublik an.49 „Auflagenerweiterungen durch Markterweiterungen waren unmöglich; Wachstum war nur auf Kosten der Mitbewerber zu erzielen.“50 Für die Auflagenrückgänge der Berliner Blätter Mitte der 1960er Jahren wird aber neben dem Mauerbau noch ein weiterer Faktor genannt: die Konkurrenz durch den Sender Freies Berlin, der über exakt dasselbe Gebiet berichtete, wie die Zeitungen. Zudem strahlte er in den 60er Jahren – auch regionale – Werbung aus. In der ersten Hälfte des Jahrzehnts konnten die Westdeutschen Zeitungen ihre Auflage im Schnitt um siebzehn Prozent steigern. Parallel schrumpfte die Gesamtauflage der Berliner Titel um sieben Prozent. 1966 wurde der 1945 gegründete „Kurier“ schließlich eingestellt, nachdem er einige Jahre durch Subventionen des Ministeriums für gesamtdeutsche Angelegenheiten gestützt worden war. Übrig blieben zehn Titel, von denen fünf zum Springer-Verlag gehörten. Hinsichtlich der Auflagen bestand ein „beträchtliches Übergewicht“ der Springer-Titel51.

In den 50er und 60er Jahren kam es zu einem Konzentrationsprozess auf dem bundesdeutschen Zeitungsmarkt. Gleichzeitig mussten die Verleger wegen des „1. Fernsehurteils“ des Bundesverfassungsgerichts ihre Pläne aufgeben, private Rundfunkkanäle aufzubauen. Zudem sahen sie sich gegenüber dem gebührenfinanzierten Fernsehens benachteiligt. Der Deutsche Bundestag setzte daraufhin die Michel- und die Günther-Kommission ein. Die nach ihrem Vorsitzenden, dem Ministerialdirigenten Elmar Michel, benannte „Michel-Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit von Presse, Funk/Fernsehen und Film“ konnte in ihrem Bericht 1967 allerdings keine Wettbewerbsverzerrung zwischen privater Presse und öffentlich-rechtlichem Rundfunk feststellen52. Ebenfalls 1967 erfolgte die Einsetzung der so genannten „Günther-Kommission“, benannt nach dem damaligen Präsidenten des Bundeskartellamts, Dr. Eberhard Günther. Ihre Aufgabe war es, die Folgen der wirtschaftlichen Konzentration im Pressesektor für die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik abzuschätzen. In ihrem ein Jahr später vorgelegten Bericht empfahl sie konzentrationshemmende Maßnahmen seitens der Bundesregierung. Als eine legislative Folge wurde 1976 das Gesetz zur Pressefusionskontrolle erlassen, aufgrund dessen das Kartellamt Fusionen im Pressebereich auch bei kleinen Unternehmen prüft.

In Berlin wurden in den 70er Jahren dennoch weitere Zeitungen eingestellt: 1973 traf es den „Telegraf“ und die „nachtdepesche“ der Graphischen Gesellschaft Grunewald. 1981 musste auch der „Abend“ aufgeben. Demgegenüber stand 1979 die Neugründung zweier Zeitungen, die sich als Alternative zur bürgerlichen Presse verstanden: „Die Neue“, die 1982 allerdings wieder eingestellt wurde, und die genossenschaftlich organisierte „tageszeitung“, kurz: „taz“. Deren Gründung ging auf ein bundesweites Netzwerk linker Initiativen mit Ursprüngen in Frankfurt und Berlin hervor. Die „taz“-Zentralredaktion entschied sich für Berlin und gegen Frankfurt als Hauptsitz. Zwar stellte die Insellage Berlins eine überregionale Tageszeitung vor logistische Probleme, ausschlaggebend war schließlich jedoch die Aussicht auf Subventionen in Höhe von monatlich 30.000 Mark durch die Berlinförderung des Bundes53. Jörg Magenau erinnert sich: „Springers ‚Welt’ hatte ihren Redaktionssitz damals noch in Hamburg. Der ‚Tagesspiegel’, der das alte West-Berliner Bürgertum zu repräsentieren

47 Vgl. De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 581. 48 Ebd, 583. 49 Ebd. 50 Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994). Berlin: Wissenschaftsverlag Volker Spiess, 18. 51 Vgl. De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 590. 52 Vgl. Wilke, Jürgen (2002): Presse. In: Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hg.) ( 2004): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer, 455. 53 Vgl. Magenau (2007) Die taz: Eine Zeitung als Lebensform, München: Hanser, 37.

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glaubte, spielte überregional keine Rolle, weil vom Berliner Bürgertum nach der Vertreibung und Ermordung der Juden, nach Krieg und Teilung der Stadt, nicht mehr viel übrig geblieben war. Die „taz“ war stolz darauf, erste und einzige Überregionale aus Berlin zu sein.“54 Die Alternativszene sollte zur Keimzelle eines neuen Berliner Bürgertums werden. Die Redaktionsräume der „taz“ befanden sich zunächst in einem grenznahen Fabrikgebäude im Wedding – wegen der günstigen Mieten. Später zog man um in die Kochstraße auf Sichtentfernung zur Springer-Zentrale. Nach dem Fall der Mauer erwies sich die Standortentscheidung für Berlin als Glücksfall.

2.6 Die Situation der DDR-Presse 1989

Das Tageszeitungssystem der DDR bestand aus den zentral gesteuerten Zeitungen der SED, der Parteiorganisationen und der Blockparteien, ferner der Zeitung der sorbischen Minderheit „Nova Doba“. Zu den SED-Blättern zählten das Zentralorgan „Neues Deutschland“, die „Berliner Zeitung“ und die „BZ am Abend“, die in Berlin erschienen. Hinzu kamen 14 Bezirkszeitungen. Von diesen konnte lediglich die „Berliner Zeitung“ auch außerhalb ihrer Region bezogen werden. Die allesamt national verbreiteten Zeitungen der Massenorganisationen waren die „Junge Welt“ der FDJ, die gewerkschaftliche „Tribüne“ sowie das „Deutsche Sportecho“ des Deutschen Turn- und Sportbundes. Zu den (Berliner) Zeitungen der Blockparteien zählten die „Neue Zeit“ (CDU), „Der Morgen“ (LDPD), die „National-Zeitung“ (NDPD), sowie das „Bauern-Echo“ (Demokratische Bauernpartei Deutschlands). Zusammen erreichten die Tageszeitungen in der DDR 1989 eine Auflage von 9,8 Millionen Exemplaren. „Nach diesen Zahlen war die DDR ein Zeitungsleseland, vielleicht aber auch nur ein ‚Zeitungsbezugsland’.“55 1989 wies die „Junge Welt“ mit 1,5 Millionen Exemplaren die höchste Auflage aus, gefolgt vom „Neuen Deutschland“ mit 1,1 Millionen. Zwischen 1986 und 1989 konnte die „Berliner Zeitung“ ihre Auflage um 28 Prozent auf 439.000 Exemplare steigern, die Kauf-Zeitung „BZ am Abend“ legte 10.000 Exemplare zu und kam auf eine tägliche Auflage von 205.000 Stück.56

Die Ereignisse der zweiten Jahreshälfte 1989 brachten auch für die Berliner Zeitungslandschaft entscheidende Veränderungen mit sich. Am 4. November 1989 kam es in Ostberlin zur bis dato größten Demonstration für Meinungs- und Pressefreiheit. In dem Zeitraum zwischen dem Berliner Mauerfall am 9. November 1989 und Januar 1990 wurden die Chefredakteure aller 17 SED-Zeitungen entlassen. Die Redaktionen erklärten sich in diesem Zuge für selbstständig. „Medienpolitisch und publizistisch war die Zeit der Wende in den DDR-Medien geprägt von einer euphorischen Aufbruchsstimmung, halb-revolutionärem Chaos und basisdemokratischen Bestrebungen.“57 In Berlin stellte die SED-Nachfolgepartei PDS am 31. März 1990 die Subventionszahlungen für die „Berliner Zeitung“ ein, die sich daraufhin selbst am Markt behaupten musste. Die Ostberliner „BZ am Abend“ wurde in „Berliner Kurier am Abend“ umbenannt.

2.7 Berlin-Hype nach der Wiedervereinigung

Mit dem Ende der DDR am 3. Oktober 1990 wurde Berlin Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. In der Folgezeit engagierte sich eine Reihe westdeutscher Verlage auf dem Berliner Zeitungsmarkt: 1991 übernahmen Gruner+Jahr und der Verleger Robert Maxwell den Berliner Verlag; 1992 folgte der Kauf des „Tagesspiegels“ durch die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. Die Axel-Springer AG verlegte den Sitz seines Vorzeigeblatts „Die Welt“ von Bonn nach Berlin. 1991 wurden alle SED-Zeitungen, die nicht im Berliner Verlag erschienen, von der Treuhandanstalt privatisiert. Einzig das „Neue Deutschland“ blieb im Besitz der PDS. Von immenser Bedeutung für die Berliner Presselandschaft war der Hauptstadtbeschluss von 1991: Berlin sollte Regierungssitz werden.

Parlament und Regierung sollten am 1. September 1999 ihre Arbeit in Berlin aufnehmen. Damit verbanden sich Hoffnungen auf eine neue Blütezeit der Berliner Zeitungslandschaft. Die Zeitungsverlage starten neue Projekte und Initiativen und lockten eine Vielzahl renommierter Journalisten in die Metropole, um Teile des sich wandelnden, weil stark umkämpften Zeitungsmarktes in der Hauptstadt zu besetzen. Sophie Mützel hat das im Zusammenhang mit dem Regierungsumzug

54 Ebd., 44. 55 Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994). Berlin: Wissenschaftsverlag Volker Spiess, 20ff. 56 Ebd, 20. 57 Ebd., 22.

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einsetzende „Wettrennen der großen deutschen Verlage um die Etablierung einer ‚Hauptstadtzeitung’“58 in vier Phasen gegliedert. In Phase I, ‚Aufrüstung in Erwartung des Regierungsumzugs’ ab 1995/96, versuchten die Verlage Gruner+Jahr und Axel Springer mit großen Investitionen die Marktanteile ihrer Blätter „Berliner Zeitung“ bzw. „Die Welt“ in Berlin auszubauen. Die „Süddeutsche Zeitung“ führte eine Berlin-Seite ein, die „taz“ änderte ihr Layout. Der „Tagesspiegel“, im Besitz der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, wartete die weitere Entwicklung ab. In Phase II kam es 1999, unmittelbar vor dem Regierungsumzug zur ‚Zeitungsschlacht um Berlin’. „Der Tagesspiegel“ wurde von seinem neuen Chefredakteur, Giovanni di Lorenzo, reformiert und gegen die „Berliner Zeitung“ in Stellung gebracht. Die „Süddeutsche Zeitung“ druckte nun täglich, statt wie zuvor wöchentlich, eine Berlin-Seite und stockte ihr Personal im Büro am Gendarmenmarkt um 15 Redakteure auf. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ erweiterte ihre Berliner Redaktion in der Nähe der Friedrichstraße sogar um 35 Redakteure. Phase III, ‚Berliner Seiten und der Anspruch auf Deutungsmacht’ begann am 1. September 1999 mit dem Start der „Berliner Seiten“, einer sechs- bis achtseitigen Beilage in der Berliner Auflage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Zeitungen aus der Hauptstadt, „Welt“, „Tagesspiegel“, „Berliner Zeitung“ und „taz“ zogen mit ähnlichen Formaten nach. Phase IV, ‚Der neue Hauptstadtstil und Abwicklung in der Medienkrise’, reflektiert, wie auf den Berlin-Boom eine einschneidende ökonomische Krise des Pressemarkts folgte. Auf die durch den Zusammenbruch des ‚Neuen Marktes’ Anfang 2000 ausgelöste Wirtschaftskrise reagierte man mit Kürzungen und Entlassungen. Zwar zog 2001 noch die Redaktion der „Welt am Sonntag“ nach Berlin, aber bei den Verlagen hatte sich mit dem Abschwung die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich die hohen Investitionen nicht rechnen würden. 2002 stellten „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und „Süddeutsche Zeitung“ ihre Berlin-Seiten ein.59 Im Jahr 2008 konstatierten Kramp/Weichert: „Um den Status einer regionalen Hauptstadtzeitung, wie ihn zu Bonner Zeiten der ‚General-Anzeiger’ innehatte, wird nach wie vor gestritten.“60

2.8 Der Verkauf des Berliner Verlags

2002 kündigte die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck den Kauf des Berliner Verlages mit seinem Flaggschiff „Berliner Zeitung“ an (vgl. Konzernportrait Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH). Zum Jahresende stoppte das Bundeskartellamt jedoch die Pläne mit der Begründung, die Übernahme führe zu einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Berliner Anzeigenmarkt. Holtzbrinck beantragte daraufhin eine Ministererlaubnis durch den amtierenden Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Diese kam nicht zustande, weil die Axel Springer AG zur gleichen Zeit damit drohte, „Die Welt“ einzustellen, sollte dem Holtzbrinck-Antrag stattgegeben werden. 2004 untersagte das Kartellamt den Kauf endgültig. Daraufhin wurde der Berliner Verlag 2005 an die Investoren Mecom (Großbritannien) und Veronis Suhler Stevenson (USA) veräußert. In der Folgezeit übernahm Mecom den Verlag vollständig, musste jedoch Ende 2008 nach starken Verlusten sein Scheitern eingestehen und einem erneuten Verkauf an den Kölner Verleger Neven Du Mont („Express“, „Kölner Stadt-Anzeiger“) zustimmen.

2.9 Zusammenfassung

Der Berliner Zeitungsmarkt weist strukturelle Schwächen auf, die historisch aufgrund zweier Diktaturen, der Vertreibung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung zwischen 1933 und 1945 und der Teilung entstanden sind. Die publizistisch und intellektuell prosperierende Zeitungslandschaft Berlins und ihre ökonomischen Strukturen wurden zunächst durch die Nationalsozialisten zerstört. Nach dem Krieg schlugen Versuche größtenteils fehl, an die Tradition der großen Berliner Blätter „Berliner Tageblatt“, „Vossische Zeitung“ und „Deutsche Allgemeine Zeitung“ anzuknüpfen. Berlin verlor den Status als Hauptstadt, auch wegen seiner geopolitischen Sonderlage, welche die Stadt vom Zentrum Deutschlands entfernte und zu einer Exklave machte. Weitere strukturelle Nachteile wurden mit dem Mauerbau zementiert, so zum Beispiel bei Vertrieb und Druck. Einzig die Axel Springer AG engagierte sich aus eher politisch-ideologischen denn aus ökonomischen Gründen in Berlin und kann als „Erbe“ der großen Verlagshäuser Scherl, Mosse und Ullstein betrachtet werden, die einst Berlins Ruf

58 Mützel, Sophie (2007): Von Bonn nach Berlin: Der gewachsene Hauptstadtjournalismus. In: Weichert, Stephan/ Zabel, Christian (2007) (Hg.): Die Alpha-Journalisten. Deutschlands Wortführer im Porträt. Köln: Halem, 55. 59 Vgl. Mützel, Sophie (2002): Making meaning of the move of the German capital: Networks, logics, and the emergence of capital city journalism. New York: Columbia University. 60 Kramp, Leif/ Weichert, Stephan (2008): Journalismus in der Berliner Republik – Wer prägt die politische Agenda in der Bundeshauptstadt? Wiesbaden: Netzwerk Recherche e.V., 36-37.

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als Zeitungsstadt begründeten. Auch hinsichtlich des Umzugs von Springers defizitärer Tageszeitung „Die Welt“ nach Berlin in den 1990er Jahren steht der Konzern gewissermaßen in der Tradition Ullsteins. Die Ullstein-Brüder hatten die „Vossische Zeitung“ – im Volksmund „Tante Voss“ – ebenfalls als Minusgeschäft zu Prestigezwecken betrieben. Die Kehrseite von Springers Berlin-Engagement war allerdings eine überproportionale publizistische Machtkonzentration des Verlags während der Teilung in Westberlin, die abgeschwächt noch bis dato besteht.

Auf der anderen Seite der Mauer fußte das Tageszeitungssystem der DDR auf der unangefochtenen Zentralstellung Berlins als Hauptstadt der sozialistischen Republik. Mit seinen hohen Auflagen, aber ohne Pressefreiheit brach dieses jedoch mit der Wende fast vollständig zusammen. Die Blätter wurden von westdeutschen Verlagen übernommen. Mit dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin sah es für kurze Zeit nach einer Wiederbelebung des Mythos der großen Berliner Zeitungstradition aus. Verschiedene Versuche, eine überregionale Berliner Qualitätszeitung zu schaffen, schlugen jedoch fehl. Mit der Wirtschaftskrise ab 2000, die sich bei den Verlagen als Anzeigen- und Auflagenkrise manifestierte, war die kurze Aufbruchsstimmung auf dem Berliner Pressemarkt passé. Berlin weist zwar die in Deutschland mit Abstand vielfältigste Zeitungslandschaft auf und ist seit 2008 Sitz der Redaktion der auflagenstärksten überregionalen deutschen Zeitung („Bild“); zudem ermöglichten steuerliche Vorteile sowie Subventionen während der Teilung und nicht zuletzt die kulturelle Ausstrahlung der Stadt auch das Überleben der Neugründung „die tageszeitung“. Dennoch: die publizistischen Schwergewichte der Republik erscheinen anderswo. Neben wirtschaftlichem Druck sind Zeitungen zudem zunehmend einem technologischen Wandel ausgesetzt. Peter de Mendelssohn formulierte 1982 mit Blick auf die Konkurrenz durch das Fernsehen hellsichtig: „Was die in rasantem Tempo voranstürmende elektronische Technik aus der Zeitung machen kann, davon haben wir heute, auf der Schwelle zu etwas ganz Neuem, zu einer Zeitung, die nicht mehr geschrieben, nicht mehr gesetzt, nicht mehr gedruckt, nicht mehr am Kiosk verkauft oder von der Botenfrau in den Briefkastenschlitz gesteckt wird, die nur noch in kürzesten, knappsten Sätzen von einem Bildschirm abzulesen ist, bereits eine bestimmte Vorstellung.“61 Anschließend kommt er zu dem optimistischen Schluss: „Der Zeitung, wie wir sie kennen und schätzen, steht eine Wandlung bevor wie niemals zuvor in ihrer rund 350-jährigen Geschichte, und an dieser Wandlung wird die Zeitungsstadt Berlin ihren Anteil haben.“62

61 De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 596-597. 62 Ebd., 597.

Politische/gesellschaftliche Entwicklung in Berlin und Deutschland

Entwicklung auf dem deutschen Presse- und Medienmarkt Entwicklung des Berliner Pressemarktes

17.Jahrhundert

Säkulare und profane Zensur des Druckwesens

15. September 1609 Erstausgabe der ersten wöchentlich auf deutschem Boden erscheinenden Zeitung „Aviso“ in Wolfenbüttel; 8-seitig

1650 Erstausgabe der „Einkommenden Zeitungen“, der ersten Tageszeitung der Welt in Leipzig

Ende 17. Jhd. In Deutschland bestanden rund 70 Zeitungen, die jeweils eine durchschnittliche Auflage von 350-400 Exemplaren besaßen

18. Jahrhundert 1721 Gründungsjahr der „Vossischen Zeitung“ (amtl. Name: „Königlich Privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und Gelehrten Sachen“; Hrsg. Johann Andreas Rüdiger

1751 Johann Andreas Rüdiger vererbt die Zeitung an seinen Schwiegersohn Christian Friedrich Voss (150-200 Exemplare)

19. Jahrhundert 1861 Gründung der „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“, ab 1918 umbenannt in Deutsche Allgemeine Zeitung.

1874 Reichpressegesetz: Einheitliche Gewährleistung der Pressefreiheit

1. Januar 1872 Gründung „Berliner Tageblatt“ durch Rudolf Mosse. Entwicklung zur zeitweilig zweitgrößten Tageszeitung der Hauptstadt.

20. September 1898 Erstausgabe der „Berliner Morgenpost“; Gründer und Verleger: Leopold Ullstein

20. Jahrhundert 22. April 1904 der Ullstein Verlag bringt die „B.Z. am Mittag“ heraus; erste deutsche Straßenverkaufszeitung. Geht aus der Zusammenlegung von „Neues Berliner Tageblatt“ und „Berliner Zeitung“ hervor.

1914-1918 1. Weltkrieg

31. Juli 1914 Verhängung des Kriegszustandes in dessen Folge das preußische Gesetz in Kraft tritt; Meinungs- und Pressefreiheit wurde aufgehoben

2. August 1914 der Ullstein-Verlag kauft die „Vossische Zeitung“ auf.

1919-1933 Weimarer Republik 1922 und 1930 Die Republikschutzgesetze gaben Behörden das Recht, Zeitungen zu verbieten, wenn diese die Staatsform, Staatsfarben oder Regierungsmitglieder diffamierten. Zwischen 1931 und 1932 wurden allein in Preußen 284 Zeitungen verboten.

1933 Hitlers Machtübernahme

Errichtung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda mit Sitz in Berlin. (Gleichschaltung der Medien, staatliche Zensur und Presse als Instrument der Propaganda)

28. März 1993 Verordnung setzt das Grundrecht der Pressefreiheit außer Kraft.

10. März 1933 Verbot des „Berliner Tageblatt“ für drei Tage, danach endgültige Gleichschaltung der Zeitung.

31. März 1934 Einstellung der „Vossischen Zeitung“ nach diversen Schikanen der Propagandabehörde.

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4. Oktober 1933 Schriftleitergesetz tritt in Kraft

1939 -1945 2. Weltkrieg 31. Januar 1939 Einstellung „Berliner Tageblatt“

1945 Einstellung „Deutsche Allgemeine Zeitung“

5. Juni 1945 Berlin wird in vier Besatzungszonen aufgeteilt

Presse unter Alliierter Kontrolle (Lizenzpresse: 1945-1949)

31. Juli 1945 Erstausgabe der „Frankfurter Rundschau“ (Lizenzzeitung in der amerikanischen Besatzungszone)

6. Oktober 1945 Erstausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ (München)

21. Mai 1945 Erstausgabe der „Berliner Zeitung“ in O-Berlin

27. September 1945 Erstausgabe des „Tagesspiegels“ in Berlin und Brandenburg, unter US-amerikanischer Lizenz

2. April 1946 Erstausgabe „Die Welt“ in Hamburg (von britischen Alliierten)

1. Januar 1947 Verschmelzung der Britischen und Amerikanischen Zone zur Bizone

4. Januar 1947 Erste Ausgabe des „Spiegel“

25. Juni 1948 Blockade W-Berlins

2. August 1948 Erste Ausgabe des „Stern“ 1948 „Der Tagesspiegel“ konnte nur noch in W-Berlin vertrieben werden

1949 Gründung der BRD und der DDR; O- Berlin wird Hauptstadt der DDR

23. Mai 1949 Verkündung des Grundgesetzes der BRD (Artikel 5 Pressefreiheit; Bund hat das Recht auf Presserahmengesetzgebung)

7. Oktober 1949 Verkündung der Verfassung der DDR („Pressezensur findet nicht statt“ Art.9; aber: Kritik konnte als Boykotthetze Art.6 ausgelegt werden)

18. August 1949: Gründung der Deutsche Presse Agentur (dpa). Zusammenschluss der drei Nachrichtenagenturen der westdeutschen Besatzungszonen – die Deutsche Nachrichtenagentur (dena), der Deutsche Pressedienst (dpd) und die Süddeutsche Nachrichtenagentur (südena)

1. September 1949 Gründung des Gesamtverbandes Deutscher Zeitungsverleger für die West-Zonen und West-Berlin.

21. September 1949 Gesetz Nr. 5 der Alliierten Hohen Kommission gab Presse frei (Ende der Lizenzpresse)

01. November 1949 Erstausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“

24. Juni 1952 Erste Ausgabe der „Bild“-Zeitung

15. Juni 1949 Erstausgabe der „B.Z. am Abend“ in O-Berlin, (einzige Kaufzeitung der DDR)

17. Juni 1953 Volksaufstand in der DDR

1953 der Axel Springer Verlag erwirbt „Die Welt“ von den britischen Alliierten

1953 „Berliner Zeitung“ und „B.Z. am Abend“ wurden dem Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei (SED) unterstellt

19. November 1953 Die „B.Z.“ erscheint wieder nach 2. Weltkrieg

1955 Ende der Lizenzierungspraxis in West-Berlin

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20. November 1956 Gründung des Deutschen Presserates, eine freiwillige Instanz der publizistischen Selbstkontrolle

1959 der Axel Springer Verlag kauft die „Berliner Morgenpost“

1960 der Axel Springer Verlag kauft den Ullstein Verlag („B.Z.“ wird Teil der Springer-Gruppe)

13. August 1961 Bau der Berliner Mauer

15. Juni 1965 Das Berliner Abgeordnetenhaus beschließt das Berliner Pressegesetz (W-Berlin)

Axel Springer hält weiter am Bau seiner Konzern-Zentrale fest. In der Kochstraße, direkt an der Grenze beginnt der Bau und wird 1966 fertiggestellt.

1967 Regierung der BRD setzt Günther-Kommission ein (Inhalt: Folgenabschätzung von Pressefusionen)

6. April 1968 Überarbeitung der Verfassung der DDR (Hinweis auf Zensurbestimmungen gestrichen)

1. April 1975 Gesetz über eine Pressestatistik (Statistische Bundesamt erhebt jährlich Pressestatistik mit Informationen über wirtschaftliche Entwicklung, Strukturen des Pressemarktes) in der BRD

20. Mai 1976 Gesetz zur Pressefusionskontrolle in der BRD erlassen

27. September 1978 Vorausgabe der „tageszeitung“ (taz); in W-Berlin als selbst verwaltetes Zeitungsprojekt gegründet

4. November 1989 Größte Demonstration in Ost-Berlin für Presse- und Meinungsfreiheit

3. Oktober 1990 Deutsch-deutsche Wiedervereinigung; Berlin wird bundesdeutsche Hauptstadt

Von November 1989 und Mitte Januar 1990 Entlassung der Chefredakteure aller 17 SED-Zeitungen. Die Redaktionen erklärten sich für unabhängig.

1. April 1990 wirtschaftliche Selbstständigkeit der „Berliner Zeitung“, d.h. die PDS stellte ihre Subventionszahlungen zum 31. März 1990 ein.

1990 Umbenennung der ostdeutschen „B.Z. am Abend“ in „Berliner Kurier am Abend“

20. Juni 1991 Hauptstadtbeschluss: Berlin wird Regierungssitz

1991 Gruner und Jahr und der Verleger Robert Maxwell übernehmen Berliner Verlag („Berliner Zeitung“; „B.Z. am Abend“ - später umbenannt in „Berliner Kurier am Abend“, dann eingestellt; „Berliner Kurier“)

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1991 „Der Tagesspiegel“ und „Morgenpost“ führen eine, bis dahin in W-Berlin fehlende, Montagsausgabe ein, um mit der Berliner Zeitung gleichzuziehen

1992 die „tageszeitung“ (taz) organisiert sich genossenschaftlich

Oktober 1992 Georg von Holtzbrinck Verlag erwirbt Mehrheitsanteile am „Tagesspiegel“

1992 „Die Welt“ verlegt ihren Sitz von Bonn nach Berlin

20. November 1996 Aufhebung des Gesetzes über eine Pressestatistik

1. September 1999 Regierung und Parlament nimmt Arbeit in Berlin auf

Hoffen auf neue Epoche der Berliner Zeitungslandschaft durch Hauptstadtjournalimus:

Renommierte Journalisten werden in die neue Hauptstadt gelockt.

Mit Relaunches und Neugründungen („Die Welt“) von Berlin-Ausgaben wird versucht, einen Teil des Marktes zu besetzten.

„Der Tagesspiegel“ will mit neuem Stil und Layout neue Leser gewinnen. Die „Berliner Zeitung“ reagiert darauf mit einem Relaunch.

Die „Frankfurter Allgemeine“ leitet mit dem Projekt einer Hauptstadtbeilage aus Berlin eine neue Phase ein.

Die „Süddeutsche Zeitung“, „Tagesspiegel“, „Berliner Zeitung“, „Die Welt“ und taz folgten mit Berliner-Seiten.

2001 wirtschaftliche Krise des Pressemarktes. Anzeigen- und Auflagenrückgänge führen zu Einsparmaßnahmen.

2002 Die FAZ und die „Süddeutsche Zeitung“ stellen Berlin-Seiten ein.

Die „Berliner Zeitung“ scheint den Konkurrenzkampf mit dem Tagesspiegel verloren zu haben.

2001 „Welt am Sonntag“ zieht nach Berlin

2002 Der Springer Verlag fusioniert die Redaktionen von der „Welt“ und der „Berliner Morgenpost“

Juni 2002 Georg von Holtzbrinck Verlag kauft den Berliner Verlag

22. November 2002 das Bundeskartellamt stoppt den Verkauf des Berliner Verlages an den Holtzbrinck Verlag

14. Januar 2003 Holtzbrinck beantragt eine Ministererlaubnis, um trotz des Vetos die „Berliner Zeitung“ übernehmen zu können

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4. Februar 2004 Bundeskartellamt untersagt endgültig den Kauf der Berliner Zeitung durch den Georg von Holtzbrinck Verlag; Grund: Furcht vor marktbeherrschender Stellung

25. Oktober 2005 Verkauf des Berliner Verlages an britische (Mecom) und US-amerikanische (Veronis Suhler Stevensen) Investoren

1. September 2006 Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich des Presse ist im Zuge der Föderalismusreform abgeschafft wurden

2006 die „B.Z.“ erscheint in eigener Gesellschaft B.Z. Ullstein GmbH

Juli 2007 das Hauptstadtbüro des Spiegel wird künftig von einer Doppelspitze geführt: Georg Mascolo und Dirk Kurbjuweit

2008 Umzug der „Bild“ von Hamburg nach Berlin

Jahreswechsel 2008/2009 Verkaufsverhandlungen zwischen der Verlagsgruppe DuMont Schauberg und Mecom um den Berliner Verlag. Mitte Januar 2009 schließlich Verkauf des Berliner Verlags für ca. 170 Mio. Euro an DuMont Schauberg.

Tabelle 1: Chronologischer Überblick der historischen Pressemarktentwicklung Berlins (Eigene Darstellung)

Quellen: Beck, Tilmann (1992): Die Veränderungen in den früheren DDR-Medien im Jahr der deutschen Wiedervereinigung anhand des Neuen Deutschlands und der Berliner Zeitung vom Fall der Berliner Mauer bis zu den ersten Landtagswahlen in der ehemaligen DDR. Unveröffentlichte Magisterarbeit an der Philosophischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Breisgau; Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null, Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994). Berlin: Spiess.; Noelle-Neumann, Elisabeth et al. (Hg.) (1999): Fischer Lexikon. Publizistik und Massenkommunikation. Frankfurt am Main: S. Fischer; Meyn, Hermann (2001): Massenmedien in Deutschland. Konstanz: UvK; Wilke, Jürgen (1999): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

3. Analyse der ökonomischen Struktur

Der Berliner Pressemarkt gehört zu den dichtesten Medienregionen Deutschlands. Trotz Einschränkungen der wirtschaftlichen Prosperität und der Geltungsreichweite einzelner Zeitungstitel, welche die Darstellung der historischen Entwicklung des Berliner Pressemarktes offenbarte, ist er einer der lebendigsten Zeitungsmärkte Europas: Hier arbeiten die meisten der bundesweit 17.000 fest und frei tätigen Zeitungsjournalisten, hier werden seit Jahren die heftigsten Kämpfe um die Vorrangstellung im Medienwettbewerb ausgetragen. Doch auch neun Jahre nach dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin vermochte es keine der lokalen Tageszeitungen, den Rang einer Hauptstadtzeitung von überregionaler Bedeutung zu erringen und damit einen ähnlichen Sonderstatus zu genießen wie vormalig der „Bonner General-Anzeiger“ in den Jahrzehnten der Bonner Republik.

3.1. Sektion Marktanalyse

Der Leserschaft in der Bundeshauptstadt werden insgesamt zehn Tageszeitungen und acht Wochenzeitungen angeboten, die allesamt ihren Redaktionssitz in Berlin haben und sich maßgeblich über ihre Berliner Leserschaft definieren. In Berlin erscheinen folgende ‚publizistische Einheiten’, d. h. Tageszeitungen mit Vollredaktionen: „B.Z.“, „Berliner Kurier“, „Berliner Zeitung“, „Bild“, „Der Tagesspiegel“, „die tageszeitung“ (taz), „Junge Welt“, „Neues Deutschland“ und „Die Welt“/ „Berliner Morgenpost“. Außerdem erscheinen regelmäßig folgende Wochenzeitungen mit nennenswerter Auflage (ab 6.000 Exemplaren) in Berlin: „Bild am Sonntag“, „Welt am Sonntag“, „Freitag“, „Die Kirche – Evangelische Wochenzeitung“, „Jüdische Allgemeine“, „Junge Freiheit“, „Europa Ekspress“ (russisch), „Russkaja Germanija“ (russisch).

Abbildung 1: Marktanteile einzelner Pressetitel im Verkauf (montags bis freitags) im Berliner Verbreitungsgebiet (Quelle: IVW-Verbreitungsanalyse 2008, eigene Darstellung)

Die Marktstellung der in Berlin beheimateten Zeitungen ist weiterhin stark: Ihr Marktanteil beträgt über 90 Prozent, überregionale Titel sind mit etwa zehn Prozent vertreten. Abb. 1 bietet eine differenzierte Aufstellung der Marktanteile der wichtigsten Presseerzeugnisse nach Verkaufszahlen in Berlin, darunter auch überregionale Zeitungen wie die „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und die „Frankfurter Rundschau“.

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Die acht großen Stadtzeitungen Berlins beherrschen den Berliner Pressemarkt. Ausgenommen ist hier „Die Welt“, die ein dezidiert überregionales Profil hat und 90 Prozent der Mantel-Auflage im restlichen Bundesgebiet verbreitet. Auf die hiesigen Kaufzeitungen entfallen dabei etwa 40 Prozent der Marktanteile, auf klassische Abonnementzeitungen etwa 50 Prozent. Das Vorhaben einiger auswärtiger Zeitungshäuser, in Berlin ein zweites starkes Standbein zu entwickeln, schlug weitgehend fehl: Die Etablierung der so genannten „Berliner Seiten“ der „Süddeutschen Zeitung“, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der „Frankfurter Rundschau“ brachten nicht die erhofften Lesergewinne, weshalb die ambitionierten Lokalseiten nach wenigen Jahren wieder eingestellt wurden. Allein die „taz“, „Bild Berlin-Brandenburg“, „Neues Deutschland“ und „Die Welt“ unterhalten unter den überregionalen Tageszeitungen nach wie vor eine Berliner Lokalredaktion.

Der Zehn-Jahres-Trend (Abb. 2) zeichnet ein differenzierteres Bild und lässt erkennen, dass die Berliner Zeitungshäuser seit einiger Zeit von Auflagenstagnation und sogar von teils besorgniserregenden Auflagenrückgängen betroffen sind.

Abbildung 2: Verkaufte Auflage Berliner Tageszeitungen (montags bis freitags) von 1998 bis 200863 (Quelle: IVW-

Auflagenstatistik 2008, eigene Darstellung).

Vor allem die dominanten Kaufzeitungen „B.Z.“, „Berliner Morgenpost“, „Berliner Kurier“ sowie die „Berliner Zeitung“ mussten seit 1998 hohe Einbußen verkraften. Die verkaufte Auflage von Titeln mit einer traditionell eng umgrenzten Leserschaft wie „taz“ und „Neues Deutschland“64 blieb dagegen auf lange Sicht konstant.

Überregionale Zeitungen legten im Berliner Verbreitungsgebiet während desselben Zeitraumes deutlich zu und markieren einen gegenläufigen Trend (Abb. 3).

63 Die Werte für das Geschäftsjahr 2008 basieren auf dem Mittelwert der ersten drei Geschäftsquartale. 64 Für das „Neue Deutschland“ liegen Auflagenzahlen erst ab dem 2. Quartal 1999 vor. Der erste Durchschnittswert für das Jahr 1999 wurde ohne den Auflagenwert des ersten Quartals ermittelt.

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Abbildung 3: Verkaufte Auflage überregionaler Zeitungen (montags bis freitags) im Berliner Verbreitungsraum im jeweils 1. Quartal 1998-200865 (Quelle: IVW-Verbreitungsanalysen 1998-2008, eigene Darstellung).

Vor allem die überregionalen Qualitätszeitungen „Süddeutsche Zeitung“ und „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ konnten in Berlin respektable Zuwächse verzeichnen. Diese sind indes nicht auf eine Fokussierung der Berichterstattung aus und über Berlin zurückzuführen, da die eigens gegründeten Lokal-Rubriken schon 2002 geschlossen wurden, sondern auf ein steigendes Leserinteresse an den betreffenden Zeitungsmarken. Selbst das „Handelsblatt“ baut seine Marktposition in Berlin langsam, aber stetig aus, allein die verkaufte Auflage der „Frankfurter Rundschau“ stagniert.

Die Negativtendenzen in der Gesamtentwicklung der Berliner Zeitungen sind insofern alarmierend, als dass der Berliner Absatzmarkt für die dort erscheinenden Printmedien existentielle Bedeutung hat. Abb. 4 zeigt die aktuelle Verteilung der Verkaufszahlen nach Region: Innerhalb der Stadtgrenzen Berlins wird titelübergreifend das Gros der gedruckten Auflage verkauft. Einzige Ausnahme ist „Bild Berlin-Brandenburg“, die jedoch auch das benachbarte Brandenburg als bedeutendes Vertriebsgebiet mit einbezieht.

65 Die verkaufte Auflage der „Welt“ in Berlin (Mo-Fr) wurde von der IVW erst seit dem 1. Quartal 2006 erfasst.

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Abbildung 4: Verkaufte tägliche Auflage Berliner Tageszeitungen (montags bis freitags) anteilig innerhalb und außerhalb des Berliner Verbreitungsgebietes (Quelle: IVW-Verbreitungsanalyse 2008, eigene Darstellung).

Die Wochenendausgaben der Berliner Tageszeitungen (einschließlich „Bild am Sonntag“ und „Welt am Sonntag“) haben zwar generell höhere Auflagenwerte zu verzeichnen, weisen aber ein ähnlich gewichtetes Verbreitungsverhältnis auf. Unter den übrigen Berliner Wochenzeitungen ist der russische Titel „Europa Ekspress“ mit 77.536 verkauften Exemplaren Spitzenreiter in der Rangliste der Verbreitungsanalyse (IVW-Quartal 1/2008). Es folgt die ebenfalls russische Wochenzeitung „Russkaja Germanija“ (41.209), die konservative „Junge Freiheit“ (14.963), die Ost-West-Wochenzeitung „Freitag“ (12.382), die evangelische Wochenzeitung „Die Kirche“ (8.612) sowie die „Jüdische Allgemeine Wochenzeitung“ (6.875).

Die Presseaktivitäten in Berlin sind größtenteils unter fünf Medienunternehmen aufgeteilt. Die Axel Springer AG ist der größte Konzern auf dem Berliner Medienmarkt, dahinter die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. Tab. 1 weist die aktuellen Umsatzzahlen der großen Berliner Pressehäuser im Geschäftsjahr 2007 sowie ihre Besitzverhältnisse aus:

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Axel Springer AG 2.578 Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. (50%), Streubesitz (25.6%), Axel Springer AG (Eigenbesitz) (9.6%), Hellman & Friedman LL.C. (9.4%), Friede Springer (5%)

Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH 2.489 Monika Schöller (50%),

Dr. Stefan von Holtzbrinck (50%)

BV Deutsche Zeitungsholding GmbH 31,3

(1. Halbjahr)66

Mecom Group (100%)

die tageszeitung (taz) 22,175 taz Genossenschaft (100%)

Neues Deutschland 11,271 Die Linke.PDS (50%), Föderative Verlags-, Consulting- und Handels GmbH (50%)

Tabelle 2: Jahresumsätze und aktuelle Besitzverhältnisse der führenden Presseunternehmen auf dem Berliner Zeitungsmarkt (Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)

Die marktbeherrschende Stellung der Axel Springer AG sowie der Holtzbrinck-Verlagsgruppe haben dem Wettbewerb auf dem Berliner Pressemarkt nicht geschadet. Auch internationale Medienkonzerne, wie das an der Axel Springer AG beteiligte Unternehmen Hellmann & Friedmann (u. a. Getty Images) oder die britische Mecom Group schätzen die Marktpotenziale als enorm ein und sehen Renditemöglichkeiten von bis zu 20 Prozent.67 Mecom verkauft europaweit über 18 Millionen Zeitungen täglich. Gleichsam offenbaren die Aktivitäten ausländischer Finanzinvestoren die Risiken eines solchen Engagements68: Kritiker warnen vor einem Ausverkauf des Qualitätsjournalismus und sehen das Ende von hochwertiger Berichterstattung bereits gekommen. Meldungen im Herbst/ Winter 2008 über neue Entlassungswellen – v. a. bei „Berliner Zeitung“ und „Netzeitung“ – verstärkten solcherlei Bedenken.69

Zurzeit sind in Berlin mehrere tausend Journalisten tätig. Eine gesicherte Gesamtzahl der Berichterstatter aus allen Themenbereichen kann nicht seriös ermittelt werden. Zwar wurden in der Vergangenheit Gesamtwerte publiziert70, die von etwa 8.000 bis 10.000 Journalisten in Berlin ausgingen, ohne jedoch diese Zahlen zu belegen. Stattdessen kann von einer deutlich höheren Dunkelziffer ausgegangen werden, da in Berlin eine Vielzahl von freien Journalisten arbeitet, die den Beruf häufig nur als Nebentätigkeit ausübt. Demgegenüber weisen Journalistenorganisationen und ähnliche Institutionen Akkreditierungen von Journalisten aus71, die einen Anhaltspunkt dafür bieten, wo und wie viele Journalisten in Berlin aktiv sind. Dabei sollte jedoch allenfalls von einer „Mindestzahl“ gesprochen werden, die bei 8.000 Journalisten liegt, aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit beanspruchen kann.

66 Die BV Deutsche Zeitungsholding GmbH stellte keine Umsatzzahlen für das Gesamtgeschäftsjahr 2007 zur Verfügung. 67 Vgl. Serrao, Marc Felix/Busse, Caspar (2008): Kette ohne Perlen. David Montgomery in Nöten: Krisengespräche in Berlin, Strategiewechsel in London. In: Süddeutsche Zeitung vom 03.03.2008, 15. 68 Vgl. zur aktuellen Situation des Engagements von Finanzinvestoren in Deutschland und im internationalen Vergleich: Schulz, Wolfgang/Kaserer, Christoph/Trappel, Josef (Hg.) (2008): Finanzinvestoren im Medienbereich. Gutachten im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten. Hamburg: Hans-Bredow-Institut; Zabel, Christian/Lingemann, Jan (2008): Journalisten als Renditeobjekte. Die Medienbranche im Fokus von Finanzinvestoren. In: Neue Zürcher Zeitung vom 23.05.2008, 63. 69 Vgl. o.V. (2008): Jeder dritte Redaktionsjob soll weg. In: Spiegel Online vom 23.06.2008. Internetressource: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,561548,00.html, überprüft am 31.12.2008; Pohlmann, Sonja (2008): Weiter Unruhe beim Berliner Verlag. In: Der Tagesspiegel vom 18.12.2008. Internetressource: http://www.tagesspiegel.de/medien-news/Berliner-Zeitung-Berliner-Verlag-Netzeitung-Depenbrock-Montgomery;art15532,2687313, überprüft am 31.12.2008. 70 Z.B. Gäbler, Bernd (2007): Newsbranche Berlin-Brandenburg II. Online. Informationen zum Medienstandort Berlin-Brandenburg. Berlin: Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH. 71 Hier sind die Berufsverbände DJV und dju/ver.di zu nennen, die Parallelmitgliedschaften satzungsgemäß ausschließen, sowie die Akkreditiertenzahlen der Bundespressekonferenz, der Berliner Pressekonferenz, des Bundespresseamtes und des Vereins der Auslandspresse, obwohl bei letzteren durch den engen Fokus auf die Politikberichterstattung Doppelakkreditierungen nicht ausgeschlossen werden können.

Presseunternehmen auf dem Berliner Zeitungsmarkt

Umsatz im Geschäftsjahr 2007 in Mio. Euro

Aktuelle Besitzverhältnisse

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Zahl der organisierten Journalisten in Berlin in 2008

DJV Berlin 2.137

Verein Berliner Journalisten 1.352

DJU Berlin-Brandenburg 4.400

Bundespressekonferenz 925

Berliner Pressekonferenz 150

Bundespresseamt 2.128 (Jahres-Akkreditierung)

Verein der Auslandskorrespondenten 370

Tabelle 3: Anzahl organisierter Journalisten in Berlin im Jahre 2008 (Quelle: Institut für Medien- und

Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)

Abbildung 5: Anzahl der festangestellten Journalisten in Berlin nach Medienunternehmen in 2008 (Quelle: Institut für

Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)

Abb. 5 unterstreicht den personellen Überhang der Axel Springer AG. Insgesamt waren im Juni 2008 in den Berliner Redaktionen aller Springer-Pressetitel etwa 855 festangestellte Journalisten beschäftigt („Bild Berlin-Brandenburg“, „Bild am Sonntag“, „Die Welt/ Welt Kompakt“, „Welt am Sonntag“, „B.Z.“, „B.Z. am Sonntag“, „Berliner Morgenpost“, „Berliner Woche“)72. Die Zahl der Redakteure bei der „Berliner Zeitung“ soll nach Ankündigungen der Verlagsleitung auf 90 Angestellte reduziert werden, was einem Personalabbau von ca. 30 Prozent gleichkommt. Unter den Punkt „Sonstige“ fallen kleinere Berliner Redaktionen wie die des „Freitag“, der „Jüdischen Allgemeinen“ und „Europa Ekspress“. Zwei weitere Berliner Publikationen – „Russkaja Germanija“ und „Jungle World“ – beschäftigen keine festen Journalisten. Die Zahl der

72 Da die Axel Springer AG keine Beschäftigtenzahlen für einzelne Verlagsobjekte veröffentlicht und in der genannten Gesamtzahl von 855 Redakteuren auch die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter von Axel Springer Digital TV enthalten ist, wird die Nennung hier leicht eingeschränkt.

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freien Journalisten - das lässt sich bereits aus den Mitgliedergewichtungen der Verbände schließen - liegt wesentlich höher als die der Festangestellten.

Die publizistischen Aktivitäten der Medienunternehmen auf dem Berliner Pressemarkt beschränken sich nicht auf das Segment der Zeitungsbranche, sondern breiten sich zunehmend auch auf das Feld der neuen Medien aus. Sämtliche großen Berliner Zeitungshäuser sind bereits seit einigen Jahren crossmedial vernetzt. Tab. 3 zeigt die Beteiligungen der einzelnen Unternehmen in den unterschiedlichen Mediensegmenten und weist bereits in Ansätzen auf die wachsende Bedeutung des Internet-Geschäfts für den deutschen Pressesektor hin. In 2007 erwarb die Verlagsgruppe Holtzbrinck unter anderem das Social-Network-Portal „StudiVZ“ und startete das Online-Magazin „zoomer.de“, das seine Nutzer zur Teilnahme anregt. Die BV Deutsche Zeitungsholding stieg ebenfalls 2007 mit dem Kauf der „Netzeitung“-Gruppe ins Internet-Geschäft ein. Die Axel Springer AG dagegen konzentriert sich auf die Entwicklung und den Ausbau von publizistischen Internet-Konzepten im eigenen Hause.

Unternehmen Beteiligungen

Axel Springer AG - Berliner Morgenpost (100% an Ullstein GmbH)

- B.Z. (B.Z. Ullstein GmbH)

- B.Z. am Sonntag

- Spandauer Volksblatt (Berliner Wochenblatt Verlag GmbH)

- Berliner Woche (Berliner Wochenblatt Verlag GmbH)

- TV Berlin (27%)

- Radio Energy (indirekt)

Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH - Der Tagesspiegel (99%-Beteiligung, Verlag Der Tagesspiegel GmbH)

- Zitty Berlin

- [030]

- StudiVZ Ltd.

- Toptarif Internet GmbH

BV Deutsche Zeitungsholding GmbH - Berliner Zeitung (Berliner Verlag GmbH)

- Berliner Kurier (Berliner Verlag GmbH)

- Berliner Abendblatt

- Berliner Rathausnachrichten

- tip Berlin (TIP Verlag GmbH & Co. KG)

- Netzeitung (Netzeitung-Gruppe)

- Golem.de (Netzeitung-Gruppe)

- Autogazette.de (NZ Autoportal GmbH/ Netzzeitung-Gruppe)

- Berlin Online Stadtportal GmbH & Co (45%)

Tabelle 4: Beteiligungsverhältnisse der Berliner Zeitungsunternehmen in 2008 (Quelle: Institut für Medien- und

Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)

Nachfolgend werden die Geschäftsaktivitäten der drei maßgeblichen Medienkonzerne auf dem Berliner Pressemarkt detailliert erörtert. Dabei wird auf das historisch gewachsene Profil der Unternehmen ebenso eingegangen wie auf die spezifischen Besonderheiten des Managements, des jeweiligen Engagements in unterschiedlichen Geschäftsfeldern sowie auf Verlagsaktivitäten in Berlin, in Deutschland und dem Rest der Welt. Zusammenfassend werden außerdem die aktuellen Entwicklungen und Geschäftsverhältnisse in grafischen Organigrammen aufgeführt, um eine beispielhafte Grundlage für die Bewertung der derzeitigen Situation des Berliner Pressemarktes im Kontext medienübergreifender wirtschaftlicher Entwicklungen zu erstellen.

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3.2. Axel Springer Verlag

Als größter deutscher Zeitungsverlag und drittgrößter Medienkonzern Deutschlands ist die Axel Springer AG eine der mächtigsten und zugleich traditionsreichsten Verlage Deutschlands. Mit insgesamt 10.348 Mitarbeitern (davon 855 redaktionellen Mitarbeitern in Berlin) verzeichnete der Konzern im Geschäftsjahr 2007 einen Umsatz von 2,578 Mrd. Euro bei einem Verlust von 288 Mio. Euro.

Geschäftsführung/Vorstand (Schlüsselpositionen):

- Dr. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender, Vorstand „Welt“-Gruppe/Regionalzeitungen, Vorstand Internationales

- Rudolf Knepper, stellv. Vorstandsvorsitzender Vorstand Technik und Logistik

- Steffen Naumann, Vorstand Finanzen und Dienstleistungen

- Dr. Andreas Wiele, Vorstand „Bild“-Gruppe und Zeitschriften

Aufsichtsrat:

- Dr. Giuseppe Vita, Berlin, Vorsitzender

- Dr. h.c. Friede Springer, Berlin, Stellv. Vorsitzende

- Dr. Gerhard Cromme, Vorsitzender des Aufsichtsrats der ThyssenKrupp AG und Siemens AG, Düsseldorf

- Michael Lewis, Geschäftsführer (CEO) der Oceana Retail Holdings Limited, London

- Klaus Krone, Kaufmann, Berlin

- Prof. Wolf Lepenies, Hochschullehrer, Berlin

- Dr. Michael Otto, Vorstandsvorsitzender Otto GmbH & Co., Hamburg

- Brian M. Powers, Geschäftsführer (CEO) Investmentgruppe Hellman & Friedman LLC, San Francisco

- Oliver Heine, Rechtsanwalt, Hamburg

Gesellschafter:

- Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. (Axel Sven Springer, Ariane Springer, Friede Springer - 50% + 10 Aktien)

- Axel Springer AG (9,8%)

- Hellman & Friedman (9,4%)

- Friede Springer (5%)

- Rest Streubesitz (25,8%)

Tab. 5: Ökonomische Basisdaten (Beträge in Mio. €)

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Umsatz Gesamt 2.902 2.864 2.777 2.320 2.402 2.392 2.367 2.578

Gewinn (Verlust)

nach Steuern

98 (198) 61 111,6 147,5 231 291 (288)

Aktienkurs

(in € Jahresende)

104,0 58,00 49,20 70,00 86,00 108 136 98

Dividende (pro Aktie in €)

1,43 - 0,65 1,20 1,20 3,5 1,7 4

Beschäftigte 13.590 14.069 13.203 10.949 10.700 10.166 9.733 10.348

(Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)

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Tab. 6: Umsatz/Jahr nach Sparten (Beträge in Mio. €)

Jahr Zeitungen1 Zeitschriften2 Lohndruck

2006 1.092,5 498,2 85,9

2007 1.073,7 483,0 79,4

1) inklusive bild.t-online.de, immonet.de, stepstone.de 2) inklusive idealo.de (Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung)

3.2.1. Geschichte und Profil

Ursprünglich beabsichtigte Axel Springer gemeinsam mit seinem Kollegen John Jahr (dem späteren Gründer von Gruner+Jahr), dem Schauspieler Gustav Knuth und dem Box-Weltmeister Max Schmeling einen Zeitungs- bzw. Buchverlag zu etablieren. Jedoch verhinderte die vermeintliche Nähe von Schmeling zum ehemaligen NS-Regime die Lizenzierung durch die Alliierten.73 Stattdessen gründete Springer mit seinem Vater Hinrich im Jahre 1946 in einem ehemaligen Flakbunker in Hamburg die Axel Springer Verlag GmbH. Dem beruflichen Werdegang von Axel Springer kam es dabei zugute, dass sein Vater bereits 1909 den Hammerich & Lesser Verlag gekauft hatte. Die rund 200.000 Reichsmark Startkapital für die Gründung des Verlags stammten zum großen Teil aus der Entschädigung für die Einstellung der „Altonaer Nachrichten“, die Hinrich Springer bis zur Ausgliederung in das „Reichsamt für die Presse“ im Jahr 1941 in seinem Verlag herausgegeben hatte.

Der entscheidende Vorteil Axel Springers war seine ideologische Distanz zu den Nationalsozialisten zu Zeiten des Dritten Reiches. Trotz seiner kurzzeitigen Aktivität im nationalsozialistischen Kraftfahrkorps und seiner Scheidung im Jahre 1938 von seiner „halbjüdischen“ Frau hielt er ansonsten deutlichen Abstand zu anderen Parteiorganisationen und der Nazi-Ideologie und veröffentlichte zu keiner Zeit redaktionelle Beiträge mit faschistischem oder antisemitischem Unterton. Stattdessen suchte er die Nähe zu der US-amerikanisch inspirierten Swing-Jugend und verstand sich später exzellent mit den britischen Presseoffizieren, die sich von seinen Publikationen eine demokratische Umerziehung der Massen erhofften.

Im April 1946 erschien zum ersten Mal das politischen Monatsmagazin „Nordwestdeutsche Hefte“. Interessant an dieser Publikation war, dass sie neben einer kritischen Auseinandersetzung der noch jungen Nazi-Vergangenheit auch „die wohlwollende Erörterung des Sozialismus als Staatsform“74 zum Thema machte. Das andere Projekt, das etwa zeitgleich erschien, sollte im Gegensatz dazu nur reinen Unterhaltungszwecken dienen. Schon Anfang der vierziger Jahre hatte Springer Pläne für eine Radio-Programmzeitschrift geschmiedet, die 1946 mit einer Auflage von 250.000 Stück unter dem Namen „Hörzu“ als zweites Printmedium des Verlags erschien.

Springers Traum von einer unabhängigen Tageszeitung bewahrheitete sich aus lizenzrechtlichen Gründen erst 1948. Das „Hamburger Abendblatt“ wurde schnell zur größten Regionalzeitung Deutschlands, weil Axel Springer wie kaum ein anderer ein Gespür für die politische Kultur der fünfziger Jahre attestiert wurde, die durch einen Rückzug der Bevölkerung ins Private gekennzeichnet war.75 Dementsprechend ideologiefrei gestaltete sich die Zeitung und war mit ihrer, US-amerikanischen Vorbildern entlehnten ,menschelnden‘ Berichterstattung ein Gegengewicht zum sachlichen und politisierten Stil anderer Tageszeitungen.

Die erste bundesweit erscheinende Zeitung aus dem Hause Springer folgte 1952 mit der „Bild“. Im wahrsten Sinne des Wortes bestand die Zeitung in ihrer Anfangsphase tatsächlich fast nur aus Fotografien, die allenfalls mit Bildunterschriften unterlegt waren. Zwar waren Erscheinungsbild und Layout dem britischen „Daily Mirror“ entlehnt, auf die für die Yellow Press typische reißerische ,Sex and crime‘-Bericherstattung verzichtete die Redaktion zunächst aber noch. Während der zweite Chefredakteur, Rudolf Michael, sich noch dafür rühmte, über keinerlei persönliche Weltanschauung zu verfügen, veränderte

73 Bahnsen, Uwe (2005): Die Stadt, die auferstand. Hamburgs Wiederaufbau 1948-1960. Hamburg: Convent. 74 Kruip, Gudrun (1999): Das Welt-Bild des Axel Springer Verlags. Journalismus zwischen westlichen Werten und deutschen Denktraditionen. München: Oldenbourg, 80. 75 Vgl. Diehl, Elke/Faulenbach, Jürgen: Deutschland in den 50er Jahren. Informationen zur politischen Bildung Nr. 256. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung..

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sich die Richtung von „Bild“ gegen Ende der Fünfziger Jahre erheblich. Waren es vorher zum größten Teil unpolitische Human-Interest-Themen, die das Blatt bestimmten, vertrat die Zeitung auf ausgesprochenem Wunsch von Axel Springer nun ein dezidiert anti-kommunistisches Weltbild. Gerüchte, dass der Springer-Verlag zu diesem späteren Zeitpunkt und späteren Anlässen finanzielle Zuwendungen von Seiten des US-Geheimdienstes CIA erhielt, die diese inhaltliche Ausrichtung forcierten, konnten nie bewiesen werden.76 „Bild“ startete mit einer Auflage von 455.000 Exemplaren. Gegen Ende 1952 drohte ihr bereits das Aus, nachdem die Auflage auf 200.000 Exemplare gefallen war. Chefredakteur Michael veranlasste jedoch einige Neuerungen, darunter mehr Textanteil und die Einführung großflächiger Schlagzeilen, sodass die Auflage bis Ende 1958 auf drei Millionen Exemplare pro Tag anstieg.

Die Akquise der „Welt“ stellte den Schlusspunkt der Aufbauphase des Springer-Konzerns dar. Das Unternehmen verfügte nun mit seinem Portfolio, zu dem neben der „Bild“, „Hörzu“, „Abendblatt“ und „Welt“ auch „Das Neue Blatt“ gehörte, über einen Katalog von Zeitungen und Zeitschriften, der sämtliche Gesellschaftsschichten ansprach. Die hohe Auflage der „Bild“ vergewisserte Springer in seiner Einschätzung, erheblichen politischen Einfluss über alle seine Publikationen ausüben zu können. Exemplarisch hierfür ist ein Rundbrief aus dem Jahr 1958, den er an die vier Chefredakteure von „Welt“, „Welt am Sonntag“, „Bild“ und „Hamburger Abendblatt“ schickte. Im Hinblick auf den schwelenden Ost-West-Konflikt forderte er: „Bis zur Wiedervereinigung sollte jeden Tag (ohne Ausnahme) auf der ersten Seite unserer Blätter zumindest eine Meldung über Vorgänge in der Ostzone stehen […] Da wir zur Zeit in einem politischen Kampf […] stehen, können ,schöne Objektivitäten‘ nur unter den Tisch fallen“77. Springer selbst verstand sich bereits Ende der Fünfziger Jahre als ein wichtiger politischer Akteur der Bundesrepublik. Davon zeugt auch seine Reise nach Moskau im Jahr 1958, auf der er Nikita Chruschtschow im persönlichen Gespräch von einer schrittweisen Wiedervereinigung überzeugen wollte. Sein Vorhaben misslang, und Springer sah sich in der Öffentlichkeit Hohn und Spott ausgesetzt, insbesondere aus den Reihen der CDU.

Neuer Chefredakteur der „Welt“ nach der Springer-Übernahme wurde Hans Zehrer, ein Konservativer, der bereits 1920 am Kapp-Putsch beteiligt war und in den folgenden Jahren zum engsten Vertrauten und Mentor von Axel Springer wurde. Die Person Hans Zehrer ist deshalb von Interesse, weil er ab 1929 als Herausgeber der rechts-konservativen Zeitschrift „Die Tat“ einen Teil dazu beitrug, „die instabile Demokratie von Weimar von rechts her zu untergraben“78. Zehrer war es auch, der Springer dazu drängte, sich in Berlin als Verleger zu engagieren. Dort aber war der Ullstein-Verlag, der die „B.Z.“, die „Berliner Morgenpost“ und die „Radio Revue“ sowie zahlreiche Bücher herausgab, der unumstrittene Marktführer. Anstatt mit dem Verlag zu konkurrieren, kaufte sich Springer sukzessive bei Ullstein ein. Bereits 1959 verfügte Springer über die Mehrheit der Aktienanteile. Die „Morgenpost“ und vor allem die „B.Z.“ waren so keine lästige Konkurrenz mehr, sondern mittelbar Teil des Springer-Unternehmens geworden.

Ullstein war zwar mit rund zwanzig Millionen Mark hoch verschuldet, doch die Springer-Vertrauten Christian Kracht und Peter Tamm sanierten den Verlag, wandelten ihn in eine GmbH um und machten ihn in nur einem Jahr schuldenfrei. „Springstein“, das Produkt aus Springer und Ullstein kontrollierte fortan den Berliner Pressemarkt und Axel Springer war es in weniger als fünfzehn Jahren gelungen, aus einem kleinen Hamburger Verlag das größte Zeitungsunternehmen Europas mit starkem Auftritt in der Bundeshauptstadt aufzubauen. „Was andere […] im Lauf von zwei oder drei Generationen aufbauten, schuf er in weniger als zwanzig Jahren“79.

Doch Springers Aktivitäten in Berlin hatten einen weiteren Hintergrund, der jenseits von wirtschaftlichen Interessen lag. 1959 wurde der Grundstein für das Axel-Springer-Haus an der Ecke Koch-/Zimmerstraße gelegt, zwei Tage bevor Chruschtschows Ultimatum für den Rückzug der Alliierten aus Westberlin auslief. 1966 wurde dieser „Leuchtturm des Kapitalismus“, der auch über eine eigene Druckerei verfügte, offiziell eröffnet und ist aufgrund seiner unmittelbaren Nähe zur Ost-Berliner Grenze bis zur Wiedervereinigung auch immer als ein Statement gegen den Totalitarismus sowjetischer Prägung verstanden worden.

76 Vgl. Kruip, Gudrun (1999): Das Welt-Bild des Axel Springer Verlags. Journalismus zwischen westlichen Werten und deutschen Denktraditionen. München: Oldenbourg, 88ff. 77 Zitiert nach: Jacobi, Claus (2005): Der Verleger Axel Springer: Eine Biografie aus der Nähe. München: Herbig, 177. 78 Kruip, Gudrun (1999): Das Welt-Bild des Axel Springer Verlags. Journalismus zwischen westlichen Werten und deutschen Denktraditionen. München: Oldenbourg, 100. 79 De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 554.

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Anfang der sechziger Jahre entwickelte Axel Springer zunehmend Ambitionen, in das private Fernsehgeschäft einzusteigen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem ersten „Fernsehurteil“ jedoch, auch mit Verweis auf die knappen Frequenzkapazitäten, die Einführung des kommerziellen Fernsehens zunächst verhinderte, startete eine beispiellose Kampagne gegen die ökonomischen und politischen Defizite des öffentlich-rechtlichen Fernsehmonopols, die in der so genannten „Münchner Rede“ vom 27. Juni 1961 ihren Anfang nahm. In seiner Rede warf Axel Springer, der später auch die Position des Vorsitzenden des Bundes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) innehatte, ARD und ZDF vor, nicht energisch genug für die Wiedervereinigung einzutreten und das Wettbewerbsprinzip des freien Marktes außer Kraft zu setzen80. Ab 1962 versuchte Springer dann die Mehrheit der Bevölkerung auf seine Seite zu ziehen, indem er die Berichterstattung der Springerpublikationen auf eben jenes Thema lenkte. Insbesondere Peter Boenisch in seiner Position als Chefredakteur der „Bild“ und Chefjustiziar Hermann Arning taten sich hier hervor: Die „Bild“ veröffentlichte selektiv zahlreiche vermeintlich programmkritische Leserzuschriften und kommentierte diese scheinbar überparteilich, kreierte Schlagzeilen wie „Fernseh-Diktatur gegen alle“81 und meinte, einen „Volkszorn“ über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der deutschen Bevölkerung geortet zu haben.82

Die Größe des Springer-Konzerns kombiniert mit seiner politischen Agenda wurden gegen Ende der sechziger Jahre zunehmend kritisch beäugt. Fast vierzig Prozent aller Zeitungen und zwanzig Prozent aller Zeitschriften, die in Deutschland zu dieser Zeit erschienen, waren Springer-Publikationen, wie der „Günther-Bericht“ dokumentierte, eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Studie zu den Folgen der Verlagskonzentration. Eine solche marktbeherrschende Stellung veranlasste etwa den Historiker Golo Mann zu folgender Analyse: „Die Machtballung des Springer-Konzerns ist zu einem zentralen Problem der Republik geworden“83. In Berlin, wo mit der „B.Z.“, der Berlin-Ausgabe der „Bild“ und der „Morgenpost“ gleich drei Springer-Zeitungen erschienen, war diese Verlagskonzentration am intensivsten zu spüren. Axel Springer selbst gab zu dieser Zeit in einer Rede vor dem Übersee-Club zu, dass der Anteil an Springer-Zeitungen in Berlin bei etwa 50 Prozent liege.84

Spätestens ab 1966 entwickelte sich ein von Spannungen geprägtes Verhältnis zwischen den zunehmend politisierten Studenten und Springer, das durch gegenseitige Ablehnung gekennzeichnet war. Als Reaktion auf die erste große Kundgebung gegen den Vietnam-Krieg forderte „Bild“, dass „ähnlichen Demonstrationen die gebührende Antwort erteilt wird“. 1968, dem Schlüsseljahr der Studentenproteste, folgten agitatorische Schlagzeilen wie „Unruhestifter unter den Studenten ausmerzen“, „Kein Geld für langbehaarte Affen“ oder „Da hilft nur noch eins: Härte“, die die Kontroverse zwischen Studentenschaft, dem Springer-Konzern und den Ordnungskräften erhöhten. Die mobilisierten Studenten reagierten zunächst nur mit plakativen Sprechchören wie „Enteignet Springer!“, „Springer-Presse, halt die Fresse“ oder „Haut dem Springer auf die Finger“85.

1967 jedoch, als der Student Benno Ohnesorg bei einer Protestkundgebung gegen den Besuch des persischen Schahs von einer verirrten Polizeikugel erschossen wurde, eskalierte der Konflikt zwischen Springer und Studentenschaft. Den Blättern des Konzerns wurde eine Mitschuld am Tod Ohnesorgs gegeben, ebenso wie an dem Attentat auf Rudi Dutschke ein Jahr später. Dutschkes Attentäter war bekennender „Bild“-Leser und hatte die Forderungen der Boulevard-Zeitung, den „Rädelsführer“ der APO zu „ergreifen“, zu ernst genommen. Nach Bekanntwerden des Attentats folgten schwere Krawalle gegen das Springer-Haus in Berlin. Auslieferungsfahrzeuge wurden zerstört, so dass der Vertreib der „Bild“ zeitweise massiv eingeschränkt war. Aufgrund der rechtskonservativen Berichterstattung wurde der Springerkonzern auch Angriffsziel der Roten Armee Fraktion (RAF). Auf Initiative von Ulrike Meinhof explodierten 1972 zwei Bomben im Hamburger Verlagsgebäude, die insgesamt 17 Menschen schwer verletzten.

80 Kain, Florian (2003): Das Privatfernsehen, der Axel-Springer-Verlag und die deutsche Presse. Die medienpolitische Debatte in den sechziger Jahren. Münster/Hamburg/Berlin: Lit, 85ff. 81 Jacobi, Claus (2005): Der Verleger Axel Springer: Eine Biografie aus der Nähe. München: Herbig, 226. 82 Kain, Florian (2003): Das Privatfernsehen, der Axel-Springer-Verlag und die deutsche Presse. Die medienpolitische Debatte in den sechziger Jahren. Münster/Hamburg/Berlin: Lit, 89ff. 83 Zitiert nach: Sösemann, Bernd (1999): Die 68er Bewegung und die Massenmedien. In: Wilke, Jürgen (Hg.) (1999): Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Köln/Weimar/Wien: Böhlau, 672-697, hier: 695. 84 Vgl. De Mendelssohn, Peter (1982): Zeitungsstadt Berlin. Menschen und Mächte in der Geschichte der deutschen Presse. Frankfurt am Main/Berlin: Ullstein, 591. 85 Vgl. Jürgs, Michael (1996): Der Fall Axel Springer: Eine deutsche Biographie. München: Droemer Knaur, 252ff.

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Parallel zu den politischen Unruhen Ende der Sechziger Jahre wurde auch das Unternehmen von Axel Springer umstrukturiert und erweitert. 1967 wurden erstmals die vier Grundsätze des Verlags offiziell verkündet, die jeder neue Mitarbeiter vor Dienstantritt unterschreiben musste. Zum „Springer-Manifest“ gehörten das bedingungslose Eintreten für die deutsche Wiedervereinigung und die Ablehnung der DDR, die Aussöhnung zwischen der BRD und Israel, die Bekämpfung von politischem Totalitarismus, sowie die Bejahung der sozialen Marktwirtschaft. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde mit der Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und der Solidarität mit den Vereinigten Staaten ein fünfter Grundsatz hinzugefügt.

1966 wurde das Portfolio des Verlags durch Aufkäufe von Magazinen des Bauer-Verlags wie „Kicker“ oder „Twen“ punktuell erweitert, nachdem bereits ein Jahr zuvor der Münchner Verlag Kindler & Schiermeyer, der u. a. die „Bravo“ herausgab in das Unternehmen integriert wurde. Dazu kamen die gänzliche Übernahme der TV-Zeitschrift „Funk Uhr“ (1967), eine Beteiligung an der „Bergedorfer Zeitung“ und die Akquirierung der „Elmshorner Nachrichten“. Die bedeutendste Entwicklung fand jedoch 1970 statt, als die Verlags-GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Die neue Unternehmensstruktur hatte jedoch keineswegs Auswirkungen auf die Macht von Axel Springer innerhalb des Konzerns. Er war der erste Aufsichtsratsvorsitzende der neu konstituierten Axel Springer AG und besaß ausnahmslos sämtliche Aktien. Die neue Nummer zwei wurde der ehemalige Ullstein-Geschäftsführer Peter Tamm, der als Nachfolger von Christian Kracht als Alleinvorstand des Konzerns fungierte. Stellvertreter von Axel Springer wurde Eberhard von Brauchitsch, der später als Gesellschafter des Flick-Konzerns im Zusammenhang der gleichnamigen Affäre von sich Reden machen sollte. Von den Umwälzungen im Konzern profitierte vor allem Peter Tamm, der aufgrund seiner Affinität zur Seefahrt und seines Führungsanspruches den Spitznamen „Admiral“ erhielt. In diese Zeit der Re-Organisation fiel auch der 100 Millionen Mark teure Bau einer Offset-Druckerei in Kettwig bei Essen, die in den kommenden Jahren kostengünstiger als bisher und in Farbe Zeitschriften herstellen konnte.

Allerdings hatte Axel Springer 1970 nicht nur Expansionspläne. Im Gegenteil, 1967, so die Überlieferung, geriet Springer aufgrund wachsender Ablehnung durch die bundesrepublikanische Öffentlichkeit in eine tiefe Sinnkrise und überlegte ernsthaft, sich von seinem gesamten Imperium zu trennen. Neben konkreten Fusionsgesprächen mit Bertelsmann verhandelte der Verleger angeblichen mit diversen bayerischen Banken, den Gebrüdern Burda, den schweizerischen Verlagen Ringier und Frey und auch mit dem australischen Medienmogul Rupert Murdoch (Newscorp.). Da jedoch keiner der potentiellen Kandidaten gewillt war, Springers anvisierte Summe von einer Milliarde Mark zu zahlen, verwarf er den Gedanken bald wieder86. Dennoch verkaufte er die teilweise nur zwei Jahre zuvor erworbenen Zeitschriften „Jasmin“, „Eltern“, „Bravo“ und „Twen“ (an den Unternehmer Hans Seipert), das „Neue Blatt“ (an den Bauer-Verlag), „Kicker“ (an den Olympia Verlag) sowie den Ullstein-Fachbuchverlag (an Bertelsmann), auch um ein Zeichen der Selbstbeschränkung zu setzen zu einer Zeit, in der die Diskussion über die Medienmacht Springers ihren Höhepunkt erreichte. 1976 stieg die Springer AG wieder in das Büchergeschäft ein. Dies geschah durch die Gründung der in Hamburg ansässigen Cora Verlag GmbH, die fortan diverse Romanreihen in Heftform herausgab.

Nachdem sich die ideologischen Konfliktlinien entlang der bundesrepublikanischen Gesellschaft gegen Ende der Siebziger Jahre entschärft hatten, wurde die Kritik am Verlag deutlich leiser. Dies änderte sich nur, als der investigative Journalist Günter Wallraff über journalistische Unregelmäßigkeiten und Diffamierungskampagnen der „Bild“ berichtete, nachdem er unter dem Decknamen „Hans Esser“ für drei Monate inkognito bei der Hannoverschen Redaktion von „Bild“ gearbeitet hatte87.

Die Periode Mitte der Siebziger bis Mitte der Achtziger Jahre war bei der Axel Springer AG durch eine weitere Diversifizierung des Zeitschriftenkatalogs gekennzeichnet. Waren es zuvor nur Programmzeitschriften wie „Hörzu“ oder „Funkuhr“, die eine Co-Existenz neben den Tageszeitungen führten, wagte der Springer Verlag fortan den Schritt in die Produktion von auf verschiedene Zielgruppen zugeschnittene und spezialisierte Magazine. Für Hausfrauen gab es das „Journal für Haushalt & Familie“ (ab 1978, später umbenannt in „Journal für die Frau“), für Künstler die Zeitschrift „Weltkunst“ (ab 1979) und für Sportler die Spartenpublikationen „Rallye Racing“, „Skimagazin“, „Sportfahrer“ und „Tennismagazin“ (alle ab 1983). In den achtziger Jahren wurde unter der Aufsicht des späteren Vorstandsmitglieds Günter Prinz damit begonnen, die „Bild“-Marke erfolgreich in das Magazinwesen zu exportieren. „Bild der Frau“, „Bildwoche“ (beide 1983), „Auto Bild“

86 Vgl. Jürgs, Michael (1996): Der Fall Axel Springer: Eine deutsche Biographie. München: Droemer Knaur, 386. 87 Wallraff, Günter (1977): Der Aufmacher. Der Mann, der bei Bild Hans Esser war. Köln: Kiepenheuer & Witsch.

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(1986) und „Sport Bild“ erwiesen sich dabei allesamt als erfolgreiche Neugründungen. Insbesondere bei der „Auto Bild“ handelte es sich um eine Erfolgsgeschichte, die mittlerweile als Franchise-Marke in 23 Ländern weltweit wiederholt werden konnte. Um die zahlreichen neuen Publikationen zu drucken, wurde 1984 eine weitere Druckerei bei Hamburg eingeweiht.

Kurz vor seinem Tod erfüllte sich Axel Springer seinen lang gehegten Traum: den Einstieg in das Privatfernsehen. 1984 bildete sich ein Konsortium aus der Gesellschaft „APF Aktuell Presse Fernsehen“, einer Vereinigung von 139 deutschen Verlagen, an der die Axel Springer AG mit 35 Prozent beteiligt war, sowie dem Burda Verlag, Holtzbrinck und dem Medienunternehmer Leo Kirch. Zusammen gründeten sie den Fernsehsender Sat.1, der 1985 zum ersten Mal auf Sendung ging. Ohne die Erfindung des Internets vorherzusehen, hatte Axel Springer schon Jahre zuvor auf visionäre Art und Weise von einer Zukunft gesprochen, in der die Zeitung im Vergleich zu den elektronischen Medien an Bedeutung verlieren würde. „Die Politiker […] verschließen die Augen vor den Einbußen, die der Presse in der Zukunft durch Kabelfernsehen und Satellitenfernsehen drohen, die nicht nur das Interesse der Bürger vom gedruckten Wort ablenken, sondern auch mehr und mehr Werbung auf sich ziehen werden… Sein oder Nichtsein von Zeitungen wird dann allein von einer Beteiligung der Verleger an den neuen Medien abhängen“88.

Im selben Jahr wie der Start von Sat.1 starb Axel Springer. Desillusioniert durch den Selbstmord seines Sohnes Axel Junior fünf Jahre zuvor und in dem Wissen, von Konkurrent Bertelsmann wirtschaftlich überholt worden zu sein, trennte er sich in seinen letzten Lebensjahren von einem immer größeren Teil seines Unternehmens. 1983 trat Springer fast 25 Prozent seiner Aktienanteile an die Burda-Familie ab, behielt 25 Prozent selber und wagte mit den übrigen rund 50 Prozent den Gang an die Börse. Zehn Prozent dieser Aktien erwarb unmittelbar Leo Kirch; Peter Tamm und der damalige „Bild“-Chefredakteur Günter Prinz wurde ein Prozent des Unternehmens übertragen, die sie später wiederum an Kirch verkauften.

Die erste Hauptversammlung der nun börsennotierten Aktiengesellschaft erlebte Axel Springer nicht mehr. Seine Witwe Friede Springer erbte die übrigen 25 Prozent des Unternehmens und fungiert seitdem als Managerin des Axel Springer Verlags. Direkter Nachfolger von Axel Springer wurde Bernhard Servatius, der siebzehn Jahre die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden innehatte.

Friede Springer ist die fünfte Ehefrau Axel Springers und wurde als Gärtnertochter und ehemaliges Kindermädchen „vom Großverleger systematisch auf höhere Aufgaben vorbereitet“89. Es ist ihr von ihrem Ehemann testamentarisch untersagt worden, ihre Anteile bis zum Jahr 2015 zu veräußern. Dazu gelang es ihr, die aufbegehrenden Kinder und Enkel des verstorbenen Verlegers zu beschwichtigen, indem sie ihnen gegen entsprechende Bezahlung deren Anteile abkaufte. Die Anteile der Burda-Brüder wurden 1988, wenn auch zu einem deutlichen höherem Preis, zurückgekauft.

Der Konflikt mit Leo Kirch, der schon den Privatsender Sat1 unter seine Fittiche genommen hatte und dem nachgesagt wurde, dasselbe mit dem Springer-Konzern zu planen, bestimmte die folgenden 15 Jahre der Unternehmensgeschichte. Der Filmhändler vergrößerte bis 1993 seinen Aktienanteil an der Axel Springer AG auf fast vierzig Prozent und erhielt, entgegen dem expliziten Wunsch von Axel Springer, einen Sitz im Aufsichtsrat. Einst hatte Axel Springer Kirch als „Kriminellen“ betitelt90. Erklärtes Ziel von Friede Springer war die Wiederherstellung einer Kirch-freien Axel Springer AG. Dies gelang ihr erst im Jahr 2002 im Zuge der so genannten „Kirch-Pleite“. Nachdem der damalige Deutsche Bank-Chef Rolf Breuer in einem Interview mit Bloomberg TV die Kreditwürdigkeit von Kirch öffentlich anzweifelte, schlug die Stunde für Friede Springer und dem von ihr neu installierten Vorstandschef Mathias Döpfner. Er beschleunigte den Bankrott der Kirch-Gruppe, indem er darauf pochte, dass der Medienunternehmer einen elfprozentigen Anteil an der ProSiebenSat1 Media AG mittels einer vorher ausgehandelten Option zurückkaufte. Die rund 800 Millionen Euro fehlten Kirch damals schlichtweg, der Weg in die Insolvenz war besiegelt.

Nun sah sich Kirch gezwungen, die 40 Prozent der Aktienanteile am Verlag, die er zur Sicherheit für einen Millionenkredit bei der Deutschen Bank hinterlegt hatte, an eben jenes Kreditinstitut zu verkaufen. Die Deutsche Bank wiederum verkaufte zehn Prozent des Springer-Verlages wieder an Friede Springer zurück. Seitdem hält diese rund 60 Prozent der Aktien des Konzerns (fünf Prozent Privatbesitz und 90 Prozent an der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik, die fünfzig Prozent an

88 Zitiert nach: Jacobi, Claus (2005): Der Verleger Axel Springer: Eine Biografie aus der Nähe. München: Herbig, 306. 89 Jakobs, Hans-Jürgen (2008): Springer, Axel und Friede. In: Hachmeister, Lutz (Hg.): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 373-377. 90 Elflein/Treser (2006): Leo Kirch – Schuld und Sühne. In: Focus Online vom 20.10.06. Internetressource: http://www.focus.de/finanzen/news/leo-kirch_aid_25569.html, überprüft am 18.09.2008.

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der Axel Springer AG hält). Unternehmenssprecherin Edda Fels sprach daraufhin von „einem guten Tag für den Springer Verlag“, da nun die ständigen „Störfeuer“ von Kirch den Konzern nicht mehr bedrohen würden91.

Nach dem deutschen Mauerfall, den Axel Springer nicht mehr miterlebte, engagierte sich der Verlag auch in Ostdeutschland durch Beteiligungen an der „Ostsee-Zeitung“ und der „Leipziger Volkszeitung“. Die Zeit unmittelbar nach der Wiedervereinigung gestaltete sich für die Springer AG jedoch schwieriger als gedacht. Von 1991 bis 1993 fuhr der Konzern sogar Verluste ein. 1.400 Journalisten verloren deshalb ihren Job, ehe Ende 1993 die Krise bewältigt werden konnte.92

Ansonsten stand die Periode zwischen dem Ableben Axel Springers und der Nominierung Döpfners ganz im Zeichen der internationalen Expansion. Erste Schritte erfolgten hierbei mit der Gründung des Zeitschriftenverlages Axel Springer-Ungarn GmbH und der Akquirierung der spanischen Verlages Sarpe, der heute unter dem Namen Grupo Axel Springer S.L. operiert. Die deutschen Geschäftsaktivitäten konzentrierten sich auf den Ausbau der Berliner Marktstellung: Der „B.Z.“ wurde eine Sonntagsausgabe hinzugefügt (1992) und eine dritte Druckerei in Berlin-Spandau eröffnet (1993). Außerdem wurden die Magazine „Allegra“ (1995; eingestellt 2004) und „Computer Bild“ (1996) gegründet. Zudem übernahm die Springer AG den Finanzen Verlag, der seitdem das Magazin „€uro“ herausbringt.

Unter der Aufsicht von Mathias Döpfner wurde das Engagement im Ausland forciert. Ein ambitioniertes Projekt war dabei die Schaffung der in Polen erscheinenden Boulevardzeitung „Fakt“, die es mittels aggressiver Preispolitik und Anlehnung an das erfolgreiche „Bild“-Konzept auf Anhieb zum Marktführer brachte (tägliche Auflage: 500.000 Exemplare). Döpfner erkannte das enorme Wachstumspotential, das im osteuropäischen Zeitungsmarkt liegt und verlegte unter anderem auch die polnische und russische Ausgabe des Wirtschaftsmagazins „Forbes“. Ein anderer zunehmend wichtiger Markt für die Axel Springer AG wurde die Schweiz. Anfang 2007 übernahm Springer die Jean Frey AG, und verlegte damit auf einen Schlag mehrere Wirtschaftsmagazine („Bilanz“, „Stock“) und Tageszeitungen (z.B. „Handelszeitung“) im Land der Eidgenossen. Die Idee eines ähnlichen Engagements in Frankreich wurde 2007 aufgrund der mangelhaften Vertriebsstruktur des Landes nach einer eingehenden Prüfung verworfen.

Bemerkenswert ist auch Döpfners Personalpolitik, die im Kontext der Unternehmensgeschichte erwähnenswert ist. So holte er zahlreiche ,Alt-Achtundsechziger‘, Ex-,Spontis‘ und ehemals linke Journalisten in das Unternehmen und stattete sie mit Führungspositionen aus. Dazu gehörten unter anderem die vormaligen „taz“-Redakteurinnen Andrea Seibel und Mariam Lau oder „Welt“-Kommentarchef Alan Posener, der früher dem Kader der KPD angehörte93. Zusammen mit der Verlagsgruppe Holtzbrinck und der WAZ-Mediengruppe stieg die Springer AG im Jahr 2004 mit einer Beteiligung bei der PIN AG in das Postdienstleistungsgewerbe ein, in der Hoffnung nach einer Liberalisierung des Post-Monopols Ende 2007 die Springer-Publikationen kostengünstiger als sonst zu vertreiben. Nachdem der Bundestag jedoch einen Mindestlohn für Briefzusteller beschlossen hatte, der über dem von der PIN AG gezahlten Lohn lag, zog die Axel-Springer-AG ihr Engagement zurück.

Der Ausflug in die Welt des Privatfernsehens gestaltete sich jedoch schwerer als erwartet. Nach dem verheißungsvollen Start durch die Beteiligung an Sat.1, den Ende der 1980er Jahre getätigten Investitionen in den Teletext-Vertrieb und dem Erwerb des Hamburger Lokalsenders Hamburg 1, wollte Mathias Döpfner den Traum seines Vorbilds Axel Springer fortführen und die Mehrheit der ProSiebenSat.1 Media AG übernehmen. Das Bundeskartellamt und die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) untersagten die Übernahme jedoch mit dem Hinweis auf eine marktbeherrschende Stellung von Springer/ProSiebenSat.1, die insbesondere durch ein hohes Maß an crossmedialem Missbrauchspotential gekennzeichnet sein würde94. Die Axel Springer AG und der Eigentümer, die P7SI Holding L.P., nahmen daraufhin Abstand von den Übernahmeplänen.

91 Zitiert nach: Sander, Sebastian 2002: Kirch verliert endgültig seine Macht. Erschienen in „Die Tagespost“ vom 10.10.2002. 92 Vgl. Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null: Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994). Marktstrukturen, Verlagsstrategien, publizistische Leistungen. Berlin: Spieß, 34ff. 93 Lichtschlag, Andre F. (2007): Kampf der Kulturen bei Axel Springer. Über eine unbedeutende Geschichte und ihre bedeutenden Hintergründe. In: Treffer. ef-Medienkritik Nr. 73, Grevenbroich: Lichtschlag Medien und Werbung KG, 34 – 35, hier: 34. 94 Bundeskartellamt (2006): Beschluss in dem Verwaltungsverfahren Axel Springer AG/ ProSiebenSAT.1 Media AG, Fusionskontrollverfahren B 6 - 92202 - Fa – 103/05 (http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Fusion/Fusion06/B6-103-05.pdf, überprüft am 20.09.07., 9ff; KEK (2006): Beteiligungsveränderungen bei Tochtergesellschaften der ProSiebenSAT.1 Media AG, Aktenzeichen: KEK 293-1-bis-5 (http://www.kekonline.de/kek/verfahren/kek293prosieben-sat1.pdf, überprüft am 20.09.07.

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3.2.2. Management

Über die Mehrheit der Aktien verfügen die Erben des 1985 verstorbenen Verlagsgründers Axel Springer. Seiner Witwe Friede Springer, der stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats, werden die Stimmrechte von 55 Prozent plus 10 Aktien zugerechnet (5 Prozent Eigenbesitz sowie die Stimmrechte der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH, die ihrerseits über 50 Prozent der Aktien der Axel Springer AG verfügt). Daneben sind noch die Enkel Ariane und Axel Sven mit kleinen Anteilen beteiligt, die aber in Zukunft auch ausgezahlt werden dürften. Die Kinder Axel Springers wurden bereits mit hohen Geldbeträgen abgefunden. Die Anteile der Münchner Kirch-Gruppe, die bis Mitte 2002 mit 40,05 Prozent beteiligt war, sind auf Friede Springer, die Axel Springer AG selbst und die Finanzgesellschaft Hellman & Friedman übergegangen. Die restlichen Konzernanteile befinden sich im Streubesitz von über 1.000 Aktionären.

Ende 2006 platzierte der Großaktionär Hellmann & Friedmann 10 Prozent seines Aktienpakets an der Börse, um die Liquidität des Konzerns insgesamt zu erhöhen. Das geringe frei handelbare Aktienvolumen der Axel Springer AG galt bis dato als eines der Haupthindernisse für eine dauerhafte Wertsteigerung der Verlagsaktien. Demgemäß hat sich der Einfluss des ausländischen Finanzinvestors im Aufsichtsrat reduziert. Nach Axel Springers Tod brachen im Management Grabenkämpfe aus, die von Auseinandersetzungen im Spitzenmanagement sowie mit dem expansionswilligen Großaktionär Kirch gekennzeichnet waren und von denen sich das Unternehmen lange Zeit nicht erholen konnte. Unter dem Vorstandschef Peter Tamm eskalierte der Konflikt und führte zu mehreren Gerichtsverfahren. Nach einer Ruhezeit unter den Tamm-Nachfolgern Günter Wille und Günter Prinz, die auf einen „Friedensschluss" zwischen der Springer-Familie und Kirch von Ende 1990 zurückgeht, positionierte sich Vorstandschef Jürgen Richter in der Folgezeit erneut in Konfrontation zu Kirch. Er übernahm die Mehrheit an dem Sat.1-Gesellschafter „APF Aktuell Presse Fernsehen“ und erhöhte damit sein Gewicht in dem von Kirch beherrschten Fernsehsender: Springer disponierte schließlich über 40 Prozent des Kapitals und vier von acht Aufsichtsratsstimmen. Nach Gegenmaßnahmen durch Kirch musste Richter jedoch seinen Posten räumen. In der Zeit Mathias Döpfners befreite sich der Verlag von dieser konfliktreichen Last des Leo Kirch, der Insolvenz anmelden musste. Letzte Versuche Kirchs, juristisch dem Verlag zuzusetzen, scheiterten.

An der Spitze des Vorstands steht seit Anfang 2002 Mathias Döpfner, ein promovierter Musikwissenschaftler, der zunächst Vorstandsassistent bei Gruner + Jahr war, bevor er die Chefredaktionen der Blätter „Wochenpost", „Hamburger Morgenpost" und „Die Welt" leitete. Er löste August („Gus") Fischer ab, der mit einer Expansion im Ausland und bei elektronischen Medien gescheitert war. Vor Fischer hatte von Mitte 1994 bis 1998 Jürgen Richter den Konzern im Stil eines Alleinvorstands geführt. Als Stellvertreter Fischers wurde zunächst der Ex-„Bild“-Chefredakteur Claus Larass auf eine Übernahme des Vorstandsvorsitzes vorbereitet, im letzten Augenblick aber schwenkte die Eigentümerin um. Im Vorstand sitzen inzwischen mit Steffen Naumann (Finanzen) und Andreas Wiele (Zeitschriften) enge Vertraute des Springer-Chefs Döpfner; sein Stellvertreter ist Rudolf Knepper (Technik und Logistik). Den Aufsichtsrat lenkte viele Jahre der Jurist Bernhard Servatius, der Anfang 1996 die Testamentsvollstreckung abgab, die ihm seitens des verstorbenen Verlegers ursprünglich bis zum Jahr 2015 garantiert worden war. Im Juni 2002 wurde der Rechtsexperte an der Spitze des Aufsichtsrats vom früheren Schering-Chef Giuseppe Vita abgelöst.

Die vom Vorstand betriebene medienübergreifende Expansionspolitik steht vielerorts in der Kritik. Mahner befürchten die Verarmung der Meinungsvielfalt und die Verflachung öffentlicher Debatten. Im Zusammenhang mit der Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG (die der Axel Springer AG versagt blieb) durch die ausländischen Finanzinvestoren Permira und KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co.) wurden allerdings auch Stimmen laut, die für einen Verbleib des Berlin-Münchener Fernsehunternehmens in deutscher Hand plädierten, auch wenn dies eine zunehmende Medienkonzentration unter dem Berliner Dach des Springer-Konzerns bedeutet hätte. Das Argument der Kontrollierbarkeit privater Medienkonzerne steht somit weiterhin im Mittelpunkt der Diskussion um das Verlagshaus und wird dessen Unternehmensstrategie angesichts einer argwöhnischen Öffentlichkeit auch in Zukunft nachhaltig beeinflussen.

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3.2.3. Geschäftsfelder

Zeitungsverlag: Als traditioneller Zeitungsverlag hat sich der Axel Springer Konzern an die Spitze der größten Presseunternehmen Deutschlands gesetzt. Seine publizistische Macht resultiert aus der historisch gewachsenen und kaum zurückgegangenen Stellung des Boulevardblatts „Bild“, das sich täglich im Durchschnitt 3,3 Mio. Mal verkauft (IVW I/2008) und nicht selten als nationaler Agenda Setter fungiert95. Aus diesen Gründen verzichten viele Politiker kaum noch darauf, bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit die „Bild“-Zeitung auszuschließen, sondern sie vielmehr explizit in ihre PR-Strategien einzubinden. Die umsatzstarke „Bild“ sowie das nicht minder erfolgreiche Schwesternblatt „Bild am Sonntag“ (BamS) begründen die Sonderstellung Springers im deutschen Pressemarkt. „BamS“ und „Welt am Sonntag“ erwirtschaften respektable Umsätze und werden seit einiger Zeit durch das Wirtschaftsblatt „Euro am Sonntag" ergänzt. Konkurrenz erwuchs diesen starken Sonntagspublikationen erst durch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“.

Die „Bild“-Gruppe steht mit einem Gewinn von etwa 70 Millionen Euro jährlich an der Spitze der Verlagsobjekte, gleichwohl hat der Haupttitel jüngst Auflagenverluste vermelden müssen. Durch eine verstärkte Beteiligung der Leser an der inhaltlichen Gestaltung des Blattes („Bild-Leser-Reporter“) versucht das Redaktionsmanagement seit Juli 2006 dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Im Februar 2008 vermeldete der Springer-Konzern, dass die um die notorisch verlustreiche Tageszeitung „Die Welt“ angesiedelte „Welt“-Gruppe („Die Welt“, „Welt kompakt“, „Welt am Sonntag“, „Welt Online“) „erstmals schwarze Zahlen“ schrieb. Sogleich verkündete Mathias Döpfner das „nächste Zehn-Jahres-Projekt“ für die „blaue Gruppe“: „Wir wollen die publizistisch und wirtschaftlich erfolgreichste Gruppe werden.“96

Bei den Regional- und Lokalzeitungen sind „Hamburger Abendblatt“ und „Berliner Morgenpost“ die bedeutendsten Titel. Springer übernahm 2004 eine kleine Beteiligung am Westfalen-Blatt in Bielefeld, größere Käufe erlaubte das Kartellgesetz bislang nicht. Weiterhin gehören zum Konzern: Das Berliner Boulevardblatt „B.Z.“, die „Kieler Nachrichten“ (24,5 Prozent), die „Leipziger Volkszeitung“ (50 Prozent), die „Lübecker Nachrichten“ (49 Prozent) und die „Ostseezeitung“ (50 Prozent). Im Frühjahr 2008 wurden die Mantelredaktionen der beiden letztgenannten Blätter zusammengelegt. Auch im Geschäftsjahr 2007 machte der Geschäftsbereich Zeitungen mit 57,9 Prozent noch den größten Teil des Konzernumsatzes aus, wobei ein geringfügiger Rückgang im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen war (2007: 61,6 Prozent).

Zeitschriftensegment: Im Zeitschriftensegment beabsichtigt der Springer-Konzern im wichtigen Markt der Programmpresse („Hörzu“, „Funk Uhr“, „TV neu“) mit dem Neuling „TV Digital“ weiter an Boden gewinnen. Die in den neunziger Jahren gestartete Frauenzeitschrift „Allegra" wurde eingestellt, der Titel „Journal für die Frau“ an Burda verkauft. Zum Angebot gehören noch „Familie & Co.“ und das höchst erfolgreiche Anwendermagazin „Computer Bild“. Die Schwesterzeitschrift „Auto-Bild“ hat zudem Lizenzausgaben in zahlreichen europäischen Ländern, ebenso „Sport-Bild“, „Bild der Frau“ sowie etliche Spezialzeitschriften („Tennis-Magazin“, „Rute&Rolle“), das so genannte Axel Springer Mediahouse („Yam!“, „Jolie“) und der Wirtschaftsverlag Finanzen („€uro“, „€uro am Sonntag“). Am gesamten Konzernumsatz haben die Zeitschriften einen Anteil von rund 31,6 Prozent. Im Februar 2008 bündelte der Verlag seine Frauen-, Jugend- und Musikmagazine in der neuen Verlagsgruppe „Frauen, Jugend und Musik“, wobei die Standorte Hamburg (Frauenzeitschriften wie „Bild der Frau“) und München (Jugend- und Musikzeitschriften wie „Yam!“ und „Musikexpress“) bestehen bleiben. Der Männer-Titel „Maxim“ wurde an die Marquard-Gruppe abgegeben.

TV: Auf dem Fernsehmarkt ist die Axel Springer AG seit Anfang des Jahres 2008 nicht mehr aktiv. Der zwölfprozentige Anteil an ProSiebenSat.1 wurde im Januar 2008 für rund 500 Millionen Euro an die Hauptgesellschafter KKR und Permira verkauft. Döpfner und der Verlagsgeschäftsführer der Zeitungsgruppe „Bild“, Christian Nienhaus, legten in diesem Zuge ihre Mandate im ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat nieder. Die Pläne, ein Viertel des polnischen Privatsenders Polsat zu erwerben wurden ebenfalls bis auf weiteres ad acta gelegt. Das polnische Kartellamt hatte im April 2007 einen Übernahmeantrag zurückgewiesen, da die Springer AG der zweitgrößte Tageszeitungsverlag in Polen ist. Das Unternehmen hält ferner 27 Prozent am Lokalsender Hamburg 1. Springer besitzt außerdem die Produktionsfirma Schwartzkopff TV.

95 Vgl. Kramp, Leif/Weichert, Stephan (2008): Journalismus in der Berliner Republik. Wer prägt die politische Agenda in der Bundeshauptstadt? Wiesbaden: Netzwerk Recherche e.V., 42. 96 Welt Online (2008): In eigener Sache: WELT-Gruppe schreibt erstmals schwarze Zahlen. In: Welt Online vom 26.02.2008. Internetressource: http://www.welt.de/wirtschaft/article1725979/WELT_Gruppe_schreibt_erstmals_schwarze_Zahlen.html, überprüft am 18.09.2008.

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Radio: Gleichwohl ist Springer noch auf dem Radiomarkt aktiv und direkt an der Radio Hamburg GmbH (25 Prozent), der Antenne Bayern Hörfunkanbieter GmbH (16 Prozent), der Radio/Tele FFH GmbH (15 Prozent), der Stuttgart Regional Hörfunk GmbH (10,3 Prozent) sowie der Regiocast GmbH (10 Prozent) beteiligt. Dadurch kann der Konzern auf eine Vielzahl von Radioprogrammen Einfluss nehmen, u.a. auf die großen landesweiten Sender Radio Schleswig-Holstein, Radio Hamburg, Radio ffn in Niedersachsen, Radio FFH in Hessen, Antenne Bayern, Antenne 1 und Radio NRW.

Internet: Der Internetsektor wird von der Konzernspitze als Wachstumsmarkt identifiziert. Mit deutlicher Vehemenz setzt der Konzern auf eine Digitalisierung journalistischer Inhalte und Dienstleistungen. Erfolgreich positioniert wurde mit „bild.de“ ein Joint Venture mit T-Online im Internet, welches im Januar 2007 die höchste Reichweite Zeit seines Bestehens erreichte. Zum 1. Januar 2008 übernahm der Verlag die bisher von der Deutschen Telekom AG gehaltenen 37 Prozent am Joint Venture und wurde so zum alleinigen Gesellschafter. Allein seit Juli 2006 erwarb der Konzern vier Online-Dienstleister, die Idealo Internet GmbH im Juli 2006, die ZANOX.de AG im Mai 2007, die Wohnungsfinder AG und die wallstreet:online AG - beide im Juni 2007. Der 214,9 Mio. Euro teure Kauf der ZANOX.de AG, eines Onlinewerbespezialisten, stellte nach Konzernangaben Mitte 2007 die wichtigste Online-Transaktion in der Geschichte des Unternehmens dar. Zudem übernahm der Konzern im Dezember 2006 die Minderheitsbeteiligung des Immobilienverbands IVD an der Immonet GmbH und wurde somit alleiniger Gesellschafter. Im November 2006 wurde die Axel Springer Digital TV GmbH gegründet, die in erster Linie Bewegtbildinhalte für digitale Medienangebote, vor allem für das Internet produzieren und vermarkten soll. Ausdruck der Digitalisierungsoffensive des Konzerns ist ferner die Errichtung des größte integrierten Newsrooms Deutschlands für die Zeitungsgruppe „Die Welt“/„Berliner Morgenpost“ im November 2006, in welchem alle journalistischen Inhalte gebündelt und verschiedenen Print- und Onlinemedien zugeliefert und auch produziert werden. Im Oktober 2007 gaben der unter Arcandor firmierende ehemalige Karstadt-Quelle-Konzern und die Axel Springer AG zudem den Startschuss für ihr Internet-Handelsportal „Myby“. Das Portal soll „zum führenden Elektronik-Online-Fachmarkt im deutschen Internet werden“, heißt es in der gemeinsam herausgegebenen Pressemitteilung97.

Buch: Im Buchgeschäft engagiert sich Springer allein über die Verlagstochter Ullstein GmbH. Den Heyne-Verlag übernahm Bertelsmann (Bertelsmann in der Mediendatenbank) und die anderen Firmen der Econ-List-Gruppe übernahm der schwedische Bonnier-Konzern. Romanheftchen erscheinen im Cora-Verlag, der jährlich über 30 Reihen mit mehr als 700 Ausgaben veröffentlicht.

Sonstiges: Aus anderen Geschäftsbereichen hat sich die Axel Springer AG weitgehend zurückgezogen: So wurden Grundstücke im Konzernbesitz verkauft. Die eigenen Tiefdruck-Aktivitäten wurden in eine gemeinsame Firma mit Bertelsmann ausgelagert, die Prinovis Ltd. & Co. KG. Bei den elektronischen Medien kommt über AS Interactive der Computel-Telefonservice für 0190er-Nummern hinzu. Unter großem Werbeaufwand brachte der Konzern Mitte Oktober 2007 über die „Bild“-Zeitung einen eigenen Mobilfunktarif auf den Markt. Zunächst beschränkt sich das Angebot auf den Verkauf von Prepaid-Karten. Gleichzeitig ging die eigens für das Abrufen per Mobiltelefon konzipierte Webseite „mobile-bild.de“ ans Netz. 2007 sorgten der Einstieg ins Briefzustellgeschäft sowie der noch überraschendere Ausstieg daraus für Aufsehen. Im Juni 2007 erwarb Springer für rund 510 Millionen Euro von den Miteigentümern WAZ, Holtzbrinck und der luxemburgischen Beteiligungsgesellschaft Rosalia die Mehrheit am Post-Dienstleister PIN AG. Im November, als sich die Einführung eines Postmindestlohns abzeichnete, distanzierte sich der Vorstandsvorsitzende Döpfner von diesem Geschäftssegment. Die seit Jahren an Auflagenschwund leidende „Bild“-Zeitung startete zum Jahresende 2007 eine Kampagne gegen den Mindestlohn, nachdem sie Monate zuvor noch gegen so genannte „Hungerlöhne“ mobil machte. Die Kampagne erwies sich jedoch als wirkungslos. Die These, dass deutsche Politik den Segen der „Bild“-Zeitung braucht, gilt spätestens jetzt als überholt. Am Jahresende ließ Springer die PIN AG Insolvenz anmelden. „Nicht fortgeführte Aktivitäten“ führten zu einem Minus von 572 Mio. Euro in der Bilanz. Döpfner bezeichnete das Scheitern der Pin AG als „schwerste Niederlage“ seines Lebens, lehnte es aber ab, Managementfehler für den Ausstieg geltend zu machen. Vielmehr betonte er in zahlreichen Interviews im Dezember 2007, dass es die populistische Politik der großen Koalition und deren Entschluss für einen gesetzlichen Mindestlohn im Postgewerbe war, die die Springer AG zum Rückzug zwang. Im März 2008 erhöhte der Vorstand die Gehälter seiner

97 www.promondo.com/fileadmin/content/Presse/Pressemitteilungen/PM_041007_myby_Start.pdf

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Mitglieder um fast 40 Prozent, was zu Kritik in der Wirtschaftsressorts der Presse führte („Süddeutsche Zeitung“: „Ausgerechnet jetzt einen solchen Aufschlag zu gewähren, zeugt von schlechtem Stil“)98.

98 Busse, Caspar (2008): Schlechter Stil. Vorstandsgehälter bei Springer steigen trotz Fehlentscheidungen. In: Süddeutsche Zeitung vom 13.03.2008; vgl. auch Meck, Georg (2007): Der Verlierer. Im Portrait: Mathias Döpfner. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 16.12.2007.

Abb. 6: Organigramm: Beteiligungen der Axel Springer AG an Presserzeugnissen (National)

Quelle: Röper, Horst (2008): Konzentrationssprung im Markt der Tageszeitungen. In: Media Perspektiven 8/2008, 426; eigene Darstellung)

Zeirung: Bild 100%

Zeitung: Hamburger Abendblatt 100%

Zeitung: B.Z. 100%

Zeitung: Die Welt & Welt Kompakt 100%

Zeitung: Elmshorner Nachrichten 100%

Zeitung: Berliner Morgenpost 100%

Zeitung: Leipziger Volkszeitung 50%

Zeitung: Bergedorfer Zeitung 100%

Zeitung: Kieler Nachrichten 24.5%

Zeitung: Pinnerberger Tageblatt 28.7%

Zeitung: Lübecker Nachrichten 49%

Zeitung: Harburger 24.8%

Zeitung: Naumburger Tageblatt 37.6%

Zeitung: Dresdner Neuste Nachrichten

50%

Zeitung: Segeberger Zeitung 24.5%

Zeitung: Ostsee Zeitung 74.5%

Abb. 7: Tageszeitungen im Axel Springer Verlag

Quelle: Röper, Horst (2008): Konzentrationssprung im Markt der Tageszeitungen. In: Media Perspektiven 8/2008, 426.

3.2.4. Engagement im Ausland

Im Ausland ist die Axel Springer AG in Europa, Russland und der Türkei unternehmerisch tätig. Hinzu kommen zahlreiche Lizenzausgaben unter fremdem Vertrieb.

West- und Mitteleuropa: Die Aktivitäten des Springer Verlags in West- und Mitteleuropa konzentrieren sich auf die Schweiz und Frankreich. Durch die Übernahme der Jean Frey AG im Januar 2007 verlegt der Konzern in der Schweiz nunmehr neben der „Handels-Zeitung“, zwei Wirtschaftszeitungen und fünf Zeitschriften drei weitere Zeitschriften („Beobachter“, „Bilanz“, „TV-Star“). Im Juni 2007 kündigte sich ferner die Übernahme von vier weiteren Schweizer Blättern (u.a. „Tele“, „TVVier“) vom Verlag Ringier an. In Frankreich ist der Konzern bisher mit lediglich drei verlegten Zeitschriften im Vergleich zu anderen Länder schwach auf dem Printmarkt vertreten. Daher wurde an der Umsetzung eines Ablegers der „Bild“-Zeitung gearbeitet. 120 Mio. Euro Investitionskosten innerhalb der nächsten drei Jahre hatte das Springermanagement hierfür bereits fest eingeplant. Am 5. Juli 2007 verkündete das Unternehmen überraschend, alle Planungen für das „Bild“-Projekt einzustellen. Das fragmentierte französische Distributionssystem, nicht zufrieden stellende Resonanz bei mehreren Nullnummern und das strenge französische Persönlichkeitsrecht hätten den Vorstand zu diesem Schritt bewogen. Springer-Vorstand Andreas Wiele, der das Projekt verantwortete, hat sich nur Tage zuvor noch optimistisch geäußert und den Vertriebsbeginn für Anfang 2008 in Aussicht gestellt. In Spanien umfasst das Engagement des Verlags elf Zeitschriften. Eine Erweiterung des Portfolios ist nicht erkennbar.

Osteuropa: Osteuropa bildet den Schwerpunkt der Springeraktivitäten im Ausland. Allein in Ungarn verlegt der Konzern zwei Zeitungen, acht Regionalzeitungen und 21 Zeitschriften. Noch größer ist die Dominanz in Polen. Springer beherrscht mit den zwei auflagenstarken überregionalen Tageszeitungen „Fakt“ (Auflage über 500.000 Exemplare) und der erst 2006 eingeführten Qualitätszeitung „Dziennik“ sowie 18 Zeitschriften den polnischen Printmarkt. Nach eigenen Angaben verfügt der Verlag mit diesen Produkten über einen Anteil von 44 Prozent am überregionalen Zeitungsmarkt in Polen. Allerdings ist der Konzern auch in Polen mit dem Versuch gescheitert, in den Fernsehmarkt einzusteigen. Den Erwerb eine Minderheitsbeteiligung (25,1 Prozent) am polnischen TV-Sender Polsat, für den der Verlag einen Kaufpreis von mindestens 250 Mio. Euro in Aussicht gestellt hatte, untersagte die Wettbewerbsbehörde im April 2007 aufgrund kartellrechtlicher Bedenken. In Tschechien gehören acht Zeitschriften dem Springerverlag, in Rumänien sind es derer zehn.

Russland: In Russland verlegt Springer Lizenzausgaben der Zeitschriften „Forbes“ und „Newsweek“ sowie einen russischen Ableger der „Computer Bild“ und mit „OK!“ ein People-Magazin (beide seit 2006). Für Aufruhr sorgte im Dezember 2006 ein Zwischenfall, ausgelöst durch eine kritische Titelgeschichte in der „Forbes“. Dort wurde der Erfolg der Geschäftstätigkeit von Jelena Baturina, der einzigen Milliardärin Russlands und Ehefrau des Moskauer Bürgermeisters Luschkow, ihren engen Kontakten mit der Politik zugeschrieben. Daraufhin wollte diese die Veröffentlichung mittels Klageandrohung verhindern. Ohne Absprache mit dem Mutterkonzern des US-Magazins ließ Springer in vorauseilendem Gehorsam den Vertrieb der Ausgabe stoppen, was Chefredakteur Maxim Kaschulinski dazu bewegte, seine Kündigung einzureichen. Dem starken Gegenwind aus den USA gab Springer jedoch nach, und die Zeitschrift erschien mit einem Tag Verspätung, allerdings mit geänderter Überschrift der Titelstory. Chefredakteur Kaschulinski nahm daraufhin seine Kündigung zurück.

Übrige Welt: Mit der Übernahme von 25 Prozent an der Sendergruppe Dogan TV in der Türkei glückte dem Konzern im November 2006 schließlich der Einstieg in den türkischen Fernsehmarkt – zum hohen Preis von 375 Mio. Euro. Dogan TV ist in der Türkei Marktführer im Printsektor (Hürryet, Milliyet, Posta) und mit fast 40 Prozent Marktanteil auch im Fernsehgeschäft präsent. Dogan TV beteiligte sich ebenso wie der Axel Springer Konzern auch am Bieterwettbewerb um die deutsche Mediengruppe ProSiebenSat.1 Media AG. Im November 2008 verkaufte Springer 5,7 Prozent seiner Beteiligung an die Mediegruppe Dogan Yayin Holding, die bereits eine Mehrheitsbeteiligung an Dogan TV besitzt. Dafür beteiligte sich Springer jedoch zum Preis von 47 Mio. Euro mit rund zehn Prozent an derselben Holding und sicherte sich damit einen Sitz im Verwaltungsrat, der vom ehemaligen RTL-Geschäftsführer Helmut Thomas eingenommen wird. Laut Konzernangaben verspricht sich Springer dadurch eine strategisch aussichtsreiche Positionierung in einem viel versprechenden Wachstumsmarkt.

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3.2.5. Engagement in Berlin

Seit 1996 befindet sich die Unternehmenszentrale der Axel Springer AG in der Berliner Kochstraße, die erst im April 2008 auf „taz“-Initiative vollständig in Rudi-Dutschke-Straße umbenannt wurde. Eine überraschende Kontroverse lösten die Umzugspläne der Redaktionen von „Bild“ und „Bild am Sonntag“ von Hamburg nach Berlin aus, die offenbar ohne eine vorige Absprache mit den Betriebsräten ausgearbeitet wurden. Ein FAZ-Interview mit „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann, in welchem er die Pläne konkretisierte, rief heftige Proteste der Belegschaft hervor. Doch auch in der Chefetage sorgte der Umzug für Unruhe. Wie die „Netzeitung“ berichtete, habe Mathias Döpfner den Umzug gegenüber Diekmann „durchgeboxt“, der sich für einen Verbleib in Hamburg eingesetzt hatte99. Nachdem ursprünglich geplant war, die erste in Berlin hergestellte „Bild“-Ausgabe am geschichtsträchtigen 03.10.2007 zu veröffentlichen, wurde der Umzug auf März 2008 verschoben, zudem sollten die damit einhergehenden Stellenstreichungen geringer ausfallen. In Hamburg verbleiben neben den Mitarbeitern der Lokalsausgabe der „Bild“ auch die Angestellten der Bereiche Vertrieb, Logistik und Herstellung.

Die „Bild“-Redaktion ist dementsprechend neben die so genannte Zentralredaktion getreten, die bislang das Herzstück des Axel-Springer-Konzerns in der Hauptstadt darstellte. In dieser werden die Inhalte der „Welt“, „Welt am Sonntag“, „Welt Kompakt“ und der „Morgenpost“ produziert. Um genügend redaktionellen Nachwuchs zu rekrutieren, wurde ferner die „Axel Springer Akademie“ ins Leben gerufen, die gleichzeitig auch als ,Think Tank‘ des Konzerns fungieren soll.

3.2.6. Aktuelle Entwicklung

Die Axel Springer AG befindet sich in einem Expansionsprozess. Die im Jahr 2000 initiierte Strategie mit den Zielen Ausbau der Marktführerschaft in Deutschland, Internationalisierung sowie Digitalisierung wird in vielen Konzernbereichen verstärkt fortgeführt. Rückschritte wie die PIN-Insolvenz haben Mathias Döpfner bei der Umsetzung seiner Strategie bislang nicht bremsen können. Erkennbar will das Haus inzwischen ein liberales offenes Image vermitteln. Das bescheidene Ziel Döpfners, den Konzern bis zum Jahr 2010 zum kundenfreundlichsten Medienhaus Europas zu machen, passt dazu ins Bild. Allerdings geriet der oft propagierte hausinterne Meinungspluralismus immer wieder in die Kritik: Anlässlich einer Verlagsankündigung zur Veröffentlichung eines Buches von Kai Diekmann ging „Welt“-Redakteur Alan Posener auf seinem Internetblog hart mit der redaktionellen Tätigkeit Diekmanns ins Gericht. Nur kurze Zeit nach der Veröffentlichung wurde der Beitrag jedoch durch die Redaktion entfernt. Dem einsetzenden Protest interessierter Leser trat der Konzern mit einer Pressemittelung entgegen, in der die „höchst unkollegiale Geste“ als der Unternehmenskultur nicht entsprechendes Verhalten gegeißelt wurde. Es handele sich um die „Entgleisung eines einzelnen Mitarbeiters“100. In Zukunft sollen als Konsequenz aus „dem Fall Posener“ bei Springer Inhalte für das Internet der redaktionellen Kontrolle des Chefredakteurs unterworfen sein. Im April 2008 übernimmt der bisherige «Welt»-Chefredakteur Thomas Schmid die redaktionelle Gesamtverantwortung aller „Welt“-Titel. Der im Januar als Chefredakteur der deutschen „Vanity Fair“ ausgeschiedene Ulf Poschardt wird stellvertretender Chefredakteur der „WamS“, was manche Beobachter als Weichenstellung für die Zukunft sehen. Der bisherige Träger der redaktionellen Gesamtverantwortung für die „Welt“-Gruppe, Christoph Keese, wird zum Konzerngeschäftsführer Public Affairs der Axel Springer AG. In dieser Funktion soll er Lobbyarbeit gegen womöglich drohende Werbeverbote und für weitere Expansion des Konzerns leisten. Die „taz“ dazu: „Vielleicht kann man es so sagen: Keese wird hochdegradiert“101. Jedenfalls wird Keese nun „nicht mehr journalistisch für den Verlag tätig sein“102.

Im März siedelte die Reaktion der „Bild“-Zeitung dann tatsächlich von Hamburg in die Springer-Zentrale nach Berlin um. Insgesamt sollen rund 400 Mitarbeiter der wichtigsten Redaktionen des Blattes in die Hauptstadt umgezogen sein. Die einmaligen Kosten der Aktion belasteten die Gewinne im ersten Quartal 2008. Am 21. April 2008 brachte der Verlag die erste Ausgabe der Zeitschrift „Humanglobaler Zufall“ heraus, die von einer Jury zum Sieger des 2007 ausgelobten „Ideenwettbewerbs Scoop!“ der Axel Springer Akademie bestimmt wurde. Das vom 30-jährigen Dennis Buchmann konzipierte und verantwortete Magazin „beschäftigt sich mit der vernetzten Welt“, „berichtet von Menschen rund um den

99 O.V. (2007): Verwirrung um «Bild»-Umzug nach Berlin. In: Netzeitung vom 02.05.2007. Internetressource: http://www.netzeitung.de/medien/635230.html, überprüft am 18.09.2008. 100 Vgl. Auszüge der Presseerklärung auf „Bildblog“: http://www.bildblog.de/2251/der-grosse-selbstbetrug-von-kai-diekmann/ 101 Raab, Klaus (2008): PIN? Pah, hier ist Posh! In: die tageszeitung vom 13.03.2008. 102 Lachmann, Jennifer (2008): Springer scheut große Zukäufe. In: Financial Times Deutschland vom 12.03.2008.

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Erdball“ und „enthält [...] viele Informationen zur Globalisierung“, hieß es in einer initialen Pressemitteilung103. Die Zeitschrift soll mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren vier Mal pro Jahr erscheinen. Während die mehrheitliche Übernahme der französischen Webseite „auFeminin.com“ – Springer zufolge „Europas führende Online-Plattform für die weibliche Zielgruppe“ (deutsche Version: „gofeminin.de“)104 – von Beobachtern als überteuert gewertet wurde, steigerte „bild.de“ die Zahl der Page Impressions auf über 702 Millionen und ist somit in dieser Maßeinheit das meistgenutzte Presse-Angebot im deutschsprachigen Internet. Der Konzern erwartet fürs Jahr 2008 einen Umsatz von 400 Mio. Euro mit digitalen Medien. Das ist im Sinne des Wachstums auch nötig, denn im Segment „Zeitungen National“ sind die Umsätze weiter gesunken (1. Quartal 2008: 296,7 Mio. Euro gegenüber 314,3 Mio. im Vorjahreszeitraum). Konzernchef Döpfner rief das Ziel aus, „das bestintegrierte Multimediaunternehmen in Europa zu werden“105.

Am 21. April 2008 brachte der Verlag die erste Ausgabe der Zeitschrift "Humanglobaler Zufall" heraus, die von einer Jury zum Sieger des 2007 ausgelobten "Ideenwettbewerbs Scoop!" der Axel Springer Akademie bestimmt wurde. Das vom 30-jährigen Dennis Buchmann konzipierte und verantwortete Magazin "beschäftigt sich mit der vernetzten Welt", "berichtet von Menschen rund um den Erdball" und "enthält ...viele Informationen zur Globalisierung", heißt es. Es erschienen vier Ausgaben der Zeitschrift mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren.

Ende September 2008 startete mit der wöchentlich erscheinenden Gratiszeitung „Berliner Morgenpost Wochenend-Extra“ eine nach Verlagsangaben „neuartige Konzeption, weder ein klassisches Anzeigenblatt noch eine tagesaktuelle Zeitung“106. Noch wenige Wochen zuvor hatte Konzernsprecher Tobias Fröhlich im Hinblick auf das Vertriebskonzept von Gratiszeitungen verlauten lassen: „Jeder Tag ohne Gratiszeitung ist ein guter Tag“107. Dennoch liegen bereits seit 2005 eigene Pläne für eine solche Publikation vor, die als Tageszeitung unter dem Titel „Gratissimo“ veröffentlicht werden könnte. Der wöchentliche Ableger der „Berliner Morgenpost“, der an circa eine Million Haushalte im Berliner Stadtbezirk verteilt wird und eine Auswahl bereits in der täglichen „Morgenpost“-Ausgabe veröffentlichten Texten enthält, wurde als Reaktion auf die jüngsten Auflagenverluste des Mutterblatts zurückgeführt und als auflagensteigernde Werbemaßnahme gewertet – indes mit unsicheren Erfolgsprognosen108.

Seit Oktober 2008 bündelt der Springer Konzern die Vermarktung aller nationaler Medienangebote („Bild“-Gruppe, „Welt“-Gruppe, Zeitschriften, Regionalzeitungen und deren Online-Vermarkter) in der Unternehmensgruppe First Media, deren Vermarktungschef Peter Würtenberger ist. Immer wiederkehrenden Spekulationen, Springer könnte doch noch groß ins deutsche Fernseh-Geschäft einsteigen, setzte Ende 2008 die oberlandesgerichtliche Bestätigung des im Vorjahr vom Kartellamt ausgesprochenen Verbots der Übernahme von ProSiebenSat.1 zunächst Grenzen.

103 Pressemitteilung vom 01.02.2008. Internetressource: http://www.axelspringer.de/presse/Neues-Zeitschriften-Projekt-von-Axel-Springer-HUMANGLOBALER-ZUFALL-ab-21.-April-2008-am-Kiosk_35848.html, überprüft am 18.09.2008. 104 Pressemitteilung vom 11.08.2008. Internetressource: http://www.axelspringer.de/presse/goFeminin.de-staerkt-Vermarktung-und-erweitert-Geschaeftsfuehrung_165913.html, überprüft am 18.09.2008. 105 Welt Online (2008): Axel Springer verzehnfacht Gewinn. In: Welt Online vom 29.05.2008. Internetressource: http://www.welt.de/wirtschaft/article2047588/Axel_Springer_verzehnfacht_Gewinn.html, überprüft am 18.09.2008. 106 Zitiert nach: Holtermann, Felix (2008): Neues Springer-Blatt löst Erstaunen aus. In: Stuttgarter Zeitung vom 15.09.2008. Internetressource: http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/1818301_0_2147_neues-springer-gratisblatt-loest-erstaunen-aus.html, überprüft am 31.12.2008. 107 Zitiert nach: O.V. (2005): Der Springer Verlag plant eine neue Gratis-Zeitung. In: Handelsblatt Online vom 13.09.2005. Internetressource: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/strategie/der-springer-verlag-plant-eine-neue-gratis-tageszeitung;958730, überprüft am 31.12.2008. 108 Vgl. Pohlmann, Sonja (2008): Mehr Druck: Springer-Verlag startet Wochenzeitung in Berlin. In: Der Tagesspiegel vom 13.09.2008, 35.

Abb. 8: Organigramm: Beteiligungen der Axel Springer AG an Online-Publikationen

Quelle: Vogel, Andreas (2008): Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft. In: Media Perspektiven 5/2008, 239; eigene Darstellung.

Idealo Internet GmbH 75% Produkt- und Preissuche

Zanox.de AG 60% E-Commerce Plattform

eprofessional GmbH

Suchmaschinen-Marketing

Hamburg.de KG 51% Regionalportal

Gamigo AG 29% Contentsite Spiele

motor talk GmbH 20% Auto Forum/Markt

Computerbild Online mbH 100% Portale Computerbildgruppe

AS Online Beteiligungs-GmbH

66%

MV web KG 36% Regionalportal

Bücher.de KG 33% Shop

Wallstreet:online AG 50% Finanzportal

StepStone Dltd. AG 50% Stellenmarkt

Wallstreet:online capital AG 75% Fondsvermittler + Portal

Immonet. GmbH 100% Immobilienmarkt

Smarthouse Media GmbH 76% Web-Finanzapplikation

Bild digital KG 100% Portal bild.de

Aufeminin.com SA 68%

Frauenportal (europ.)

Myby KG 25% Electronic-Shop

3.3. Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH

Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH ist ein Familienunternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart. Sie ist in mehr als 80 Ländern tätig und publiziert in klassischen und elektronischen Medien in den Bereichen Informationen, Bildung und Unterhaltung. Bekanntere Marken des Unternehmens sind die Handelsblatt-Gruppe, die Wochenzeitung „Die Zeit“, die Berliner Tageszeitung „Tagesspiegel“ und das Wissenschaftsmagazin „Nature“ sowie zahlreiche Buchverlage. Bei bestimmten Zielgruppen, etwa Wissenschaftlern oder Geschäftsleuten, nimmt die Holtzbrinck-Gruppe mit ihren Verlagsobjekten eine führende Stellung ein.

Schlüsselpositionen:

- Dr. Clemes Riedl, CEO StudiVZ

- Dr. Marion Bleß, Geschäftsführerin des „Tagesspiegel“

- Frank Lüdecke, Sprecher der Geschäftsführung des „Tagesspiegel“

- Dr. Rainer Esser, Geschäftsführer „Die Zeit“

- Joachim Liebler, Geschäftsführer „Handelsblatt“

- Michael Stollarz, Geschäftsführer „Handelsblatt“

- Harald Wahls, Geschäftsführer „Handelsblatt“

- Dr. Roland Klopfleisch, Leiter Controlling der Tagesspiegel-Gruppe & Geschäftsführer Zweite Hand Gruppe Berlin

Geschäftsführung/Vorstand:

- Dr. Stefan von Holtzbrinck, Vorsitzender

- Dr. Jochen Gutbrod, Stellvertretender Vorsitzender, Leiter Wirtschaftsinformation

- Jens Schwanewedel, Kaufmännischer Geschäftsführer

- John Sargent, CEO Holtzbrinck Publishers

- Dr. Rüdiger Salat, Geschäftsführer Holtzbrinck Buchverlage

- Richard Charkin, CEO Macmillan

Aufsichtsrat:

- Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann, Vorsitzender (Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz)

- Dr. Bernd Scheifele, Stellvertretender Vorsitzender (Vorstandsvorsitzender der HeidelbergCement AG)

- Prof. Dr. Hubert Markl (ehem. Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1996 - 2002)

- Monika Schoeller, geb. von Holtzbrinck

- Joachim Schoss (Gründer Scout24)

Chefredakteure:

- Stephan-Andreas Casdorff, Lorenz Maroldt – „Der Tagesspiegel“

- Giovanni di Lorenzo – „Die Zeit“

- Bernd Ziesemer – „Handelsblatt“

Gesellschafter:

- Monika Schoeller (50%)

- Dr. Stefan von Holtzbrinck (50%)

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Tab. 7: Ökonomische Basisdaten (Beträge in Mio. €)

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Umsatz Gesamt 2.350 2.329 2.241 1.937 1.961 2.086 2.243 2.489

Gewinne (Verluste) nach Steuern

k.A. 47,7* k.A. k.A. k.A. 187,8 206,6 222,0

Beschäftigte 12.500 12.600 12.500 11.800 12.855 13.872 15.473 17.086

Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, eigene Darstellung.

Tab. 8: Umsatz/Jahr nach Geschäftsbereichen (Beträge in Mio. €)

Jahr Belletristik und Sachbuch

Bildung und Wissenschaft

Zeitungen und Wirtschaftsinformationen Digitale Medien*

Innenumsätze und Sonstiges

2004 552,6 591,6 863,9 14,5 -61,9

2005 586,4 640,4 914,8 19,6 -74,4

2006 633,8 689,8 965,4 28,3 -74,1

Quelle: Georg von Holtzbrinck GmbH109, eigene Darstellung.

*Konsolidierter Umsatz, ohne Minderheitsbeteiligungen

3.3.1. Geschichte und Profil

Als gelernter Buchvertreter gründete Georg von Holtzbrinck, Abkömmling eines westfälischen Adelsstamms, zusammen mit seinem Freund Wilhelm Schlösser im Jahre 1936 die Deutsche Verlagsexpedition. Das Vertriebsunternehmen wurde zur Keimzelle eines sich rasch ausbreitenden Medienunternehmens. Den wirtschaftlichen Erfolg habe Holtzbrinck zu einem erheblichen Teil auch seinen guten Beziehungen zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) zu verdanken gehabt, schrieb das US-Magazin „Vanity Fair“ 1997. Schon im Jahr 1943 übernahm Holtzbrinck den Wiesbadener Verlag „Deutsche Volksbücher“, den die Alliierten 1946 lizensierten. Nach dem Krieg fasste der Verleger den Plan, für das lesefreudige Publikum einen Buchklub zu gründen, der 1948 als Stuttgarter Hausbücherei gegründet und später zusammen mit dem Deutschen Bücherbund (1959), der deutschen Hausbücherei (1960) und dem Deutschen Buchklub (1966) marktbeherrschende Stellung erhielt. Vier Jahrzehnte blieben die Buchklubs das Kerngeschäft des Unternehmens. Parallel engagierte sich Holtzbrinck jedoch auch als Verleger, um das wirtschaftliche Risiko zu minimieren und kaufte Anteile verschiedener Zeitungen und Zeitschriften.

Als der Verlagsgründer 1983 starb, arbeitete sein ältester Sohn Dieter bereits drei Jahre als Geschäftsführer im Unternehmen (beim „Handelsblatt“), und trieb als Nachfolger seines Vaters den radikalen Umbau des Konzerns voran. Dazu gehörte zum einen die bereits zuvor angestrebte Expansion in internationale Märkte (Auslandsanteil 2001: 40 Prozent), zum anderen auch die nationale Ausweitung der Geschäftsaktivitäten in neue Medienbereiche. Der internationale Fokus lag zunächst vorrangig auf den USA: 1986 erwarb Holtzbrinck den Buchverlag Henry Holt und die „Scientific-American“-Gruppe. 1994 folgte der Kauf des angesehenen New Yorker Buchhauses Farrar, Straus & Giroux und 1995 ein 70,8-prozentiger Anteil an dem britischen Großverlag Macmillan für etwa 600 Mio. Mark. Zudem wurde mehrheitlich das Forschungsinstitut Prognos AG in Basel übernommen. Gleichzeitig entschloss sich Holtzbrinck – zunächst in enger Allianz mit dem Münchner

109 Entsprechende Daten für die Geschäftsjahre 2007 und 2008 wurden von der Georg von Holtzbrinck GmbH nicht zur Verfügung gestellt.

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Filmhändler Leo Kirch – zum Vorstoß in den Sektor der elektronischen Medien. Der Holtzbrinck Konzern engagierte sich bereits 1983 als Gründungsgesellschafter beim TV-Sender Sat.1 und hielt nach einer Reorganisation im Jahr 1986 15 Prozent der Anteile, um sie schließlich Ende 1996 für knapp 200 Mio. DM an den Medienunternehmer Leo Kirch zu verkaufen. Der Wetter- und Reisekanal, an dem Holtzbrinck ein Viertel der Anteile hielt, stellte 1998 nach kurzer Zeit seinen Betrieb ein. Außerdem beteiligte sich das schwäbische Unternehmen mit 25 Prozent am Nachrichtenkanal n-tv und baute diesen Anteil sukzessive bis auf 47 Prozent aus. Jedoch verkaufte die Stuttgarter Gruppe die Senderanteile Mitte 2002 – zusammen mit Beteiligungen an zwölf Radiostationen – an den Bertelsmann-Konzern. Dieter von Holtzbrinck setzte indes auch auf den Printsektor und kaufte in kurzer Folge die Zeitungen „Main-Post" (1992), „Tagesspiegel“ in Berlin (1992) 110 und „Trierischer Volksfreund" (1993). Einen Höhepunkt erreicht die Expansionsoffensive in 1996 beim Kauf der angesehenen Wochenzeitung „Die Zeit“ (Auflage: rund 480.000)111 für 140 Millionen Mark vom bis dato alleinigen Gesellschafter Gerd Bucerius.

Den Akquisitionen des Konzerns stand eine wesentliche interne Bereinigung gegenüber: 1989 reichte Holtzbrinck den Deutschen Bücherbund, das einstige Herzstück des Unternehmens, für 250 Mio. Mark an Kirch weiter. Die Zeit für Buchklubs sei vorbei, erklärte Holtzbrinck, und merkte seinerzeit an, dass das auch für das Unternehmen Bertelsmann gelte, das den Bücherbund 1992 von Kirch kaufte. Noch Mitte der Achtziger hatten die Buchklubs jede zweite Mark im Unternehmen erwirtschaftet. Auch von der Musikfirma Intercord trennte sich Holtzbrinck und gab den Zuschlag an den britischen Musikkonzern EMI Music. Letztlich wurden auch die Druckereien Claussen & Bosse und Franz Spiegel Buch veräußert. Zum 1. Januar 1999 führte Dieter von Holtzbrinck fünf eigene Buchverlage mit den sieben Buchverlagen der katholischen Weltbild-Gruppe aus Augsburg in einer gemeinsamen Verlagsgruppe zusammen, die unter dem Namen Droemer Knaur firmiert.

Im Juni 2002 übernahm Holtzbrinck den angeschlagenen Berliner Verlag, zu dem auch die „Berliner Zeitung“ gehört, von Gruner+Jahr. Das unter kartellrechtlichen Vorbehalten abgewickelte Geschäft geriet zum Desaster für die Stuttgarter Verlagsgruppe. Das Bundeskartellamt untersagte die planmäßige Transaktion, da durch die Fusion von „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“ in der Hauptstadt ein Monopol im Bereich der Abonnements-Zeitungen entstünde112. Holtzbrinck beantragte daraufhin am 14. Januar 2003 beim damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) eine Ministererlaubnis, um das Veto der Kartellbehörde zu umgehen. Um die Zustimmung Clements zu bekommen, schlug Holtzbrinck ein Stiftungsmodell vor, nach welchem die Redaktion des „Tagesspiegel“ in eine Gesellschaft überführt werden sollte, deren Unabhängigkeit durch ein neunköpfiges Kuratorium überwacht würde113. Rechtlich gesehen hätte Clement die Erlaubnis nur erteilen können, wenn „gesamtwirtschaftliche Vorteile“ bzw. „ein überragendes Interesse der Allgemeinheit“ schwerer gewogen hätten als die Konzentrationsbedenken. Am 13. Mai erteilte Clement daher einen Zwischenbescheid, in dem Holtzbrinck aufgefordert wurde, sechs Wochen lang nach Käufern für den „Tagesspiegel“ zu suchen114. Hätte kein Käufer gefunden werden können, hätte einer Erlaubnis durch Bundesminister Clement nichts im Wege gestanden. Kurz darauf meldeten aber die Verlagsgruppen Bauer und Ippen ihr Kaufinteresse an. Im September 2003 verkaufte die Holtzbrinck-Gruppe den „Tagesspiegel“ somit an ihren früheren Manager Pierre Gerckens115 zu einem Vorzugspreis (von 10 Millionen Euro war die Rede, der Konzern wollte sich dazu nicht äußern). Danach schien der Weg frei für die Übernahme der „Berliner Zeitung“, aber das Bundeskartellamt verbot diese zum zweiten Mal im Februar 2004116, da die an Gerckens verkauften „Tagesspiegel“-Anteile noch immer dem Konzern zuzurechnen seien. Daraufhin klagte Holtzbrinck vor dem OLG Düsseldorf und dem BGH gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts, allerdings ohne Erfolg. Als Konsequenz verkaufte

110 Vgl. Held, Barbara/Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994). Berlin: Spiess Verlag, 47-49. 111http://www.zeit.de/zeitverlag/chronik , überprüft am 04.09.08. 112 O.V. (2002): Kartellamt untersagt Übernahme durch Holtzbrinck. In: Spiegel Online vom 21.11.2002. Internetressource: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,223841,00.html , überprüft am 04.09.08. 113 O.V. (2003): Ausweinen bei Clement. In: Manager Magazin Online vom 22.04.2003. Internetressource: http://www.manager-magazin.de/it/artikel/0,2828,245647,00.html , überprüft am 04.09.08. 114 O.V. (2003): Zeitungsfusion: Clement gibt nur „Zwischenbescheid“. In: FAZ.net vom 10.05.2003. Internetressource: http://www.faz.net/s/RubC9401175958F4DE28E143E68888825F6/Doc~E93A59EE6111A4180AD17F5E3778B0666~ATpl~Ecommon~Scontent.html , überprüft am 04.09.08. 115 Meier, Lutz (2003): Pierre Gerckens: Treuer Freund des Altverlegers. In: Financial Times Deutschland vom 29.09.2003. Internetressource: http://www.ftd.de/technik/medien_internet/1064846913831.html , überprüft am 04.09.08. 116 Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 04.02.2004: „Bundeskartellamt untersagt erneut Fusion Holtzbrinck / Berliner Verlag“. Internetressource: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/PressemeldArchiv/2004/2004_02_04.php, überprüft am 04.09.08.

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der Konzern im Oktober 2005 den Berliner Verlag an ein angloamerikanisches Investorenkonsortium (VSS) und die Mecom-Group117. Der Brite David Montgomery, Vorstandsvorsitzender der Mecom Group, leitet seitdem die Geschicke des Berliner Verlags als Aufsichtsratschef.

3.3.2. Management

Mit seinen mehr als 50 Tochterunternehmen und den 73.086 Mitarbeitern ist der Mutterkonzern ein weitgehend anonymes Unternehmenskonstrukt geblieben. Eine eigene Markenpolitik wird nicht betrieben, stattdessen werden die Geschäftsaktivitäten weitgehend unauffällig ausgeübt. Die Unternehmensphilosophie beruht ausgewiesenermaßen auf Qualität, Dezentralität und Individualität. Die Verlagsgruppe gliedert sich in vier Geschäftsbereiche: (1) Publikumsverlage, (2) Bildung und Wissenschaft, (3) Zeitungen und Wirtschaftsinformationen sowie (4) elektronische Medien und Services. Bei bestimmten Zielgruppen, etwa Wissenschaftlern oder Geschäftsleuten, nehmen die Holtzbrinck-Publikationen eine führende Stellung ein. Mit seinen renommierten Buchverlagen kann es der schwäbische Verbund an Geltung mit dem wirtschaftlich potenteren Rivalen Bertelsmann daher leicht aufnehmen. „Die anderen mögen größer sein, wir aber haben Fischer und Rowohlt“, soll der Firmengründer Georg von Holtzbrinck auf seinem Sterbebett gesagt haben. Hinzu kommt eine Reihe bedeutender Regionalzeitungen, der „Tagesspiegel" in Berlin und das bekannte Wochenblatt „Die Zeit". Die Anteile der Holtzbrinck-Verlagsgruppe teilen sich die Geschwister Monika Schoeller und Stefan von Holtzbrinck zu je 50 Prozent. Dieter von Holtzbrinck hat seine Anteile seit 2006 schrittweise in eine gemeinnützige Stiftung überführt.

Seit dem überraschenden Ausscheiden Dieter von Holtzbrincks Ende Juni 2006, des „stillen Tycoons“, als Gesellschafter und Aufsichtratsvorsitzender führt Stefan von Holtzbrinck das Unternehmen auf einem ausgreifenden Diversifikationskurs. Dieter von Holtzbrinck, der den Konzern 20 Jahre lang geleitet hatte, legte seine Planungen und Investitionsrechnungen langfristig auf mindestens zehn Jahre an. Als Motto galt: „Firma geht vor Familie“, wonach mind. 80 Prozent der Gewinne in die Firma reinvestiert werden mussten. Gezielt akquirierte er Regionalzeitungen, die beim fälligen Generationenwechsel Probleme bekamen und bei denen sich mehrere Familienstämme um die Führung stritten. Das Beste seien gezielte Zukäufe bei notleidenden Unternehmen, die saniert werden müssten, wie Dieter von Holtzbrinck glaubte. Die moderierende Art der Unternehmensführung seines Bruders und die Fokussierung auf langfristige Ziele will Stefan von Holtzbrinck fortführen. Das Verhältnis zwischen Dieter und Stefan von Holtzbrinck soll zunehmend schwierig gewesen sein. Während sein älterer Stiefbruder zuweilen zu mehr Vorsicht riet, setzt Stefan von Holtzbrinck heute vermehrt auf wirtschaftliche Expansion abseits des Kerngeschäfts. Stefan widmet sich dem Ausbau des digitalen Geschäftsbereichs. Im Jahr 2011 soll nach seiner Vorstellung etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes im Internet erwirtschaftet werden. Mit langfristigen, partnerschaftlichen Kooperationen will man die Zukunft der Verlagsgruppe als wettbewerbsfähiges „Mittelstandsunternehmen“ (Konzernangabe) sicherstellen. Stefan lenkt das Unternehmen über eine Holding, die mit nur rund 70 Mitarbeitern verhältnismäßig schwach besetzt ist. Er halte viel von der Führungsphilosophie „Steuern durch Nicht-Steuern", Konzerndenken sei ihm „fremd“, gestand er in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“118. Die „intellektuell-kreative Tätigkeit“ der Lektoren und Verleger in seinem Haus stünde einer solchen Arbeitsauffassung entgegen. Jeder Mitarbeiter habe die „größtmögliche Freiheit, seinen Ideen und Geschäften nachzugehen: In unserem Haus finden Sie viele politische Facetten.“

Dieter von Holtzbrinck gab einmal kund, es sei nicht mehr zeitgemäß, eine inhaltliche Linie exakt vorzugeben: Es käme auf die „Sozialpflichtigkeit der Journalisten“ an, sie müssten fair die komplexen Zusammenhänge von vielen Seiten darstellen. Er selbst sah sich als „Sparringspartner der Chefredakteure“. Dabei ist dem unscheinbaren Verlag eine prononciert liberal-konservative Note wohl am liebsten. Eine politische Nähe zur CDU zeigte sich in der Vergangenheit bei einigen Personalien, etwa der Partnerschaft mit dem verstorbenen Kohl-Regierungssprecher und ehemaligem „Zeit-Herausgeber“ Diether Stolze oder der zeitweise engen Allianz mit Kohl-Freund Leo Kirch über den Fernsehsender Sat.1 (von 1990 bis 1992 war Stefan von Holtzbrinck zudem als Assistent der Geschäftsführung der Kirch-Gruppe in München tätig). Eine offene Parteinahme hat die Familie Holtzbrinck, die enge Beziehungen zu Israel über die Jerusalem Foundation unterhält, aber immer vermieden. Starker Mann im Hintergrund war lange Zeit auch der Österreicher Michael Grabner, enger Vertrauter Dieter von Holtzbrincks, der beispielsweise persönlich die Sanierungsarbeit bei der Handelsblatt-Gruppe in Düsseldorf übernahm. Er

117 O.V. (2005): Übernahme: Berliner Verlag wird britisch-amerikanisch. In: Manager Magazin Online vom 25.10.2005. Internetressource: http://www.manager-magazin.de/it/artikel/0,2828,381531,00.html , überprüft am 04.09.08. 118 Kegel, Sandra (2002): „Ich werde mich nicht verstecken“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 06.07.2002.

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wechselte im März 2007 – ein Jahr früher als geplant – in den Gesellschafterausschuss des größten österreichischen Verlagskonzerns „Mediaprint“119. Von einem abrupten Strategiewechsel will Stefan von Holtzbrinck aber nichts wissen. Den Geschäftsbereich Wirtschaftsinformationen übernimmt Finanzchef Dr. Jochen Gutbrod, der zuvor bereits bei Holtzbrinck Digital tätig war. Am 20. Juni 2007 erklärte der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) seinen Rücktritt vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden. Späth, der diese Aufgabe erst im Juni 2006 von Dieter von Holtzbrinck übernommen hatte, begründete diesen Schritt mit kollidierenden Interessen aus seiner Vollzeittätigkeit als Deutschlandchef der Investmentbank Meryll Lynch. Die Bank betätigt sich vermehrt im Medienbereich120.

Ein weiterer wichtiger Funktionsträger im Holtzbrinck-Verlag ist der deutsch-italienische Journalist Giovanni di Lorenzo, der im Jahre 1999 von der „Süddeutschen Zeitung“ zum „Tagesspiegel“ wechselte und dort die Position des Chefredakteurs übernahm, in der er nach dem Willen der Geschäftsführung den „Spagat zwischen Alt und Jung“ bewältigen sollte. Er hatte entscheidenden Anteil daran, den „Tagesspiegel“ durch eine umfassende inhaltliche Umstrukturierung im so genannten „Berliner Zeitungskrieg“ als Qualitätsblatt zu positionieren121. Zu dieser Umstrukturierung gehörten unter anderem die stilistische Veränderung des Layouts und die Öffnung neuer Themengebiete, um den „Tagesspiegel“ vor allem der jüngeren Leserschaft näher zu bringen. Hierbei setzte di Lorenzo bei der Umgestaltung der als bieder geltenden, vor allem im Westteil der Stadt gelesenen Tageszeitung zwei Schwerpunkte: die Stärkung des Lokalen und die überregionale Profilierung des Politikteils bei Erhaltung der politischen Unabhängigkeit. 2004 wechselte Giovanni schließlich von Berlin nach Hamburg um die Nachfolge von Josef Joffe und Michael Naumann als Chefredakteur der „Zeit“ zu übernehmen. Die Fachwelt interpretierte diesen Schritt des Holtzbrinck-Managements als strategisch klugen Generationswechsel122. Joffe und Naumann blieben zusammen mit Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt der „Zeit“ weiter als Herausgeber erhalten. Die „Zeit“ ist heute eine der wenigen Zeitungen mit steigender Auflage.

3.3.3. Geschäftsfelder

Publikumsverlage: Die Publikumsverlage sind der älteste Geschäftsbereich der Holtzbrinck-Gruppe. Momentan setzt Holtzbrinck jährlich über 600 Mio. Euro mit S. Fischer (Verlagsleitung: Monika Schoeller), Rowohlt (Alexander Fest), Kiepenheuer & Witsch (Helge Malchow) und Henry Holt um123. Trotzdem handelt es sich um ein wenig einträgliches Geschäft, für das Holtzbrinck in der Vergangenheit Unternehmensberater wie McKinsey engagieren musste, um das Geschäftsergebnis insgesamt zu verbessern.

Bildungs- und Wissenschaftsverlage: Die Bildungs- und Wissenschaftsverlage setzten 2006 etwa 690 Millionen Euro um124. Zu diesem Geschäftszweig der Holtzbrinck-Gruppe gehören „Scientific American“ mit dem Ableger „Spektrum der Wissenschaft" (Heidelberg), die Schulbuchverlage Schroedel (Hannover) und Diesterweg (Frankfurt) und nicht zuletzt die britische Macmillan-Gruppe, die in Indien und China stark expandiert. Dazu kommt die Nature Publishing Group, die die renommierte Wissenschaftszeitschrift „Nature“ verlegt und als Leitmedium wissenschaftlicher Publizistik für Biologen, Mediziner und Physiker gilt.

Zeitungen und Wirtschaftsinformationen: Die Zeitungen und Wirtschaftsinformationen machten 2006 mit 965,4 Mio. Euro den größten Teil am Geschäftsumsatz aus125. An überregionalen Zeitungen besitzt Holtzbrinck den „Tagesspiegel“ in Berlin und das Wochenblatt „Die Zeit“ in Hamburg. Das Segment Regionalzeitung umfasst fünf größere Blätter, darunter die „Saarbrücker Zeitung“ (Holtzbrinck-Anteil: 52,3 Prozent) mit den angeschlossenen Tochterunternehmen „Lausitzer Rundschau“ in Cottbus und „Trierischer Volksfreund“ sowie „Südkurier“ (Konstanz) und „Main-Post“ (Würzburg). Zu den

119 O.V. (2007): Michael Grabner verlässt Holtzbrinck-Gruppe. In: Handelsblatt Online vom 12.02.2007. Internetressource: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/koepfe/michaelgrabner-verlaesst-holtzbrinck-gruppe;1224166 , überprüft am 18.09.08. 120 O.V. (2007): Lothar Spät: Nicht an beiden Enden. In: Manager Magazin Online vom 20.06.2007. Internetressource: http://www.manager-magazin.de/koepfe/personalien/0,2828,489688,00.html , überprüft am 18.09.08. 121 Jakobs, Hans-Jürgen (2007): Giovanni di Lorenzo: Der Menschenfänger. In: Weichert, Stephan/Zabel, Christian (Hg.) (2007): Die Alpha-Journalisten. Deutschlands Wortführer im Portrait. Köln: Herbert von Halem, 136-143. 122 O.V. (2004): Giovanni di Lorenzo Chefredakteur bei der "Zeit". In: Stern.de vom 17.06.2004. Internetressource: http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/meldungen/525498.html , überprüft am 18.09.08. 123 Konzernangabe: http://www.holtzbrinck.de/artikel/778437&s=de , überprüft am 04.09.08. 124 Ebd. 125 Ebd.

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neuen Aktivitäten gehört seit Mai 2004 der Einstieg in das Tabloidformat: Die Zeitung „20 Cent“, die in der Lausitz und im Saarland erscheint, wendet sich in erster Linie an junge Leser und bedient sich der Inhalte aus der „Leipziger Rundschau“ bzw. aus der „Saarbrücker Zeitung“. Im September 2004 wurde die Zeitung „News“ als Tageszeitung für Frankfurt gegründet. Sie war als Konkurrenzprodukt zum Springer-Blatt „Welt Kompakt“ gedacht, das – ebenfalls im Tabloidformat – seit Mai 2004 erschien. Anfang Mai 2006 wurde der Redaktionssitz der „News“ nach Berlin verlegt, wo sie ab dem 7. August 2006 unter dem Namen „BusinessNews“ erschien und sich seitdem vor allem Wirtschaftsthemen widmete. Aufgrund zu geringer Verkaufszahlen wurde das Blatt am 18. Juni 2007 eingestellt126. In der deutschen Wirtschaftspublizistik ist Holtzbrinck dennoch die Nummer eins geblieben – dank der Düsseldorfer Handelsblatt-Gruppe („Handelsblatt“, „Wirtschaftswoche“, „VDI-Nachrichten“ und etliche Fachpublikationen). Das Blatt „Euro“, in dem „DM“ aufgegangen war, wurde verkauft. Weiterhin besitzt die Gruppe eine Beteiligung an der europäischen Ausgabe der Wirtschaftstageszeitung „Wall Street Journal“.

Elektronische Medien und Services: Außerdem investiert die Verlagsgruppe laut eigenen Angaben in nicht unbeträchtlichem Maße in neue Geschäftsmodelle wie elektronische Medien und Services127. Drei Tochterunternehmen setzen die allgemeine Strategie für diesen Geschäftsbereich um: Holtzbrinck Ventures, Holtzbrinck eLab und Holtzbrinck Networks. Holtzbrinck eLab entwickelt in erster Linie eigene Internet- und Mobilanwendungen und beteiligt sich nur in Einzelfällen an extern kreierten Geschäftsmodellen, wozu der übernommene IT-Informationsdienst „Golem.de“ und das Gesundheitsportal „NetDoktor.de“ zählen (beide Juli 2007). Beispiele für eigens entwickelte Geschäftsideen sind „autoplenum.de“, eine Informations- und Bewertungsplattform rund um das Automobil, an dem sich zuletzt die ProSiebenSat.1 Media AG mit 25,1 Prozent beteiligte128 und die Vertical Commerce GmbH, die E-Commerce-Plattformen entwickelt und betreibt. Dr. Stephan Roppel leitet die Geschäfte bei Holtzbrinck eLab. Die 2000 gegründete Holtzbrinck

Ventures GmbH beteiligt sich an jungen Unternehmen mit Risikokapital. Über 40 Unternehmen im Bereich Neue Medien wurden bisher unterstützt, unter anderem das Online-Netzwerk „StudiVZ“, der Marktplatz für Handwerks- und Dienstleistungsauktionen „My Hammer“ und die größte Online-Partneragentur im deutschsprachigen Raum „Parship“. Alle drei Unternehmen wurden später übernommen. Als Frühphaseninvestor stellt das Unternehmen zwischen einer und fünf Millionen Euro als Startkapital zur Verfügung und kalkuliert mit einem zeitnahen Ausstieg, sobald das junge Unternehmen auf eigenen Beinen stehen kann. Für strategische Investments ist die Holtzbrinck Networks GmbH zuständig. Langfristige Beteiligungen werden in den Bereichen E-Commerce, Online Portale, Online Abonnements und E-Travel angestrebt. Zum Unternehmen gehören beispielsweise die auf den Büchervertrieb spezialisierte Firma „buecher.de“ und „meinestadt.de“, einem lokalen Suchportal für deutsche Städte. Geschäftsführer sowohl von Holtzbrinck Networks als auch von Holtzbrinck Ventures sind Konstantin Urban und Martin Weber.

Für Schlagzeilen sorgte der Holtzbrinck-Konzern Anfang 2007 mit der Übernahme von „StudiVZ“, einer Community-Plattform für Studenten. Für ca. 80 Millionen Euro kaufte Holtzbrinck das Berliner Start-up Unternehmen von den Gründern und den Minderheitsgesellschaftern (zu denen auch Holtzbrinck Ventures gehörte). Bis zuletzt hatte sich auch die Axel Springer AG am Bieterwettbewerb beteiligt. Vom bis dahin werbefreien „StudiVZ“, welches nach eigenen Angaben 2,5 Millionen Studierende erreicht, verspricht sich Holtzbrinck Einnahmen aus zielgruppengerechter Werbung. Probleme bereitet die Internationalisierung von „StudiVZ“. Ausländische Ableger können vor allem in Frankreich und Italien nicht recht Fuß fassen129. Da „StudiVZ“ als geschlossenes Netzwerk begriffen wird, beteiligt man sich zunächst nicht an der Google Initiative „Open Social“, die im November 2007 startet. Google hat ein technisches System zur einfachen Einbindung externer Programme in soziale Netzwerke entwickelt. Die Plattform dient dem Zweck, dem amerikanischen Netzwerkes „Facebook“ Paroli zu bieten, für das externe Entwickler Tausende von Zusatzprogrammen bereitgestellt haben. „Open Social“ verbindet dazu soziale Netzwerke wie „Xing“, „LinkedIn“, „Viadeo“, „Hi5“, „Friendster“ und das Google-eigene Netzwerk „Orkut“, die zusammen mehr als 100 Millionen Nutzer haben, zudem auch die Softwareunternehmen Oracle und Salesforce. Im Mai 2008 trat „StudiVZ“ der von Google lancierten Initiative bei. Die drei Schnittstellen, die „Open Social“ zu Beginn zur

126 O.V. (2007): „Business News“ wird eingestellt. In: „Handelsblatt Online“ vom 11.06.2007. Internetressource: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/business-news-wird-eingestellt;1279693, überprüft am 18.09.08. 127 Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck (o.J.): Elektronische Medien und Services. Internetressource: http://www.holtzbrinck.com/artikel/778432&s=de , überprüft am 18.09.08. 128 O.V. (2008): ProSiebenSat.1 beteiligt sich an Internetportal autoplenum.de. In: FAZ.net vom 02.09.2008. Internetressource: http://www.faz.net/d/invest/meldung.aspx?id=83572844 , überprüft am 18.09.08. 129 Stöcker, Christian (2007): Holtzbrinck schnappt sich StudiVZ. In: Spiegel Online vom 03.01.2007. Internetressource: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,457536,00.html , überprüft am 04.09.08.

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Verfügung stellt, sollen zunächst den Austausch der Informationen aus den Profilen der Nutzer, über ihre Freunde, mit denen sie in Kontakt stehen, und über ihre Handlungen im Netzwerk ermöglichen. „Open Social“ soll vor allem kleinen Netzwerken Vorteile bringen, da sie erstmals für Entwickler interessant werden. „StudiVZ“ wird sich zukünftig weniger auf klassische Display-Werbung und mehr auf Social Shopping-Funktionen konzentrieren. So kooperiert das Onlineportal mit der Website „Brands4Friends“, die es angemeldeten Usern ermöglicht, Markenkleidung zu stark verbilligten Konditionen zu erwerben. „StudiVZ“ hat in den vergangenen Jahren verstärkt auf Wachstum gesetzt, ohne dabei einen einzigen Cent Gewinn zu erwirtschaften. Um 2009 erstmals Profite zu generieren, sollen die Social-Commerce-Angebote auf „StudiVZ“ sukzessive ausgebaut werden.

Zum Online-Portfolio der Verlagsgruppe stieß im Februar 2007 das Hauptstadtportal „watchberlin.de“ hinzu, auf welchem Künstler, Journalisten und Berliner Originale ihren Blick auf die Hauptstadt darlegen. Dieser Internetauftritt ist so originell, dass „watchberlin.de“ für den Grimme Online Award 2007 nominiert wurde. Konzipiert und betreut wird der Internetauftritt von der Boogie Medien GmbH, einem Hamburger Medien- und Consulting-Unternehmen, an dem Holtzbrinck über sein Tochterunternehmen germanblogs 80 Prozent der Anteile hält. „germanblogs.de“ ist ein Blognetzwerk mit zurzeit 40 themenorientierten Blogs aus den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft, Leben, Metropolen, Reise, Unterhaltung, Sport und Technik. Einen Feldversuch wagt zudem die renommierte Verlagstochter Nature Publishing Group mit dem Umbau ihres Online-Auftritts. Neben einer Präsenz des Blattes in der Alternativwelt „Second Life“ wird zurzeit ein Forum für Vorabveröffentlichungen von wissenschaftlichen Manuskripten erprobt. Der Austausch professioneller Kritiken (peer reviews) soll dadurch vereinfacht und mit dem Gütesigel der Nature Redaktion versehen werden. Der „Spiegel“ will erfahren haben, dass sich Stefan von Holtzbrinck persönlich über den Fortgang der Online-Experimente informiert.

TV: Zudem engagiert sich der Holtzbrink-Konzern im Fernsehbetrieb. Zum Unternehmen gehört nach dem Verkauf von zahlreichen Radiobeteiligungen sowie von seinem 47-prozentigen Anteil am Nachrichtensender n-tv auch die TV-Produktionsfirma AVE, die die Firmen Spektrum TV und Zeit TV besitzt. Letzere Firma produziert u.a. politische Talkshows. Langfristig sollte AVE zum Spezialisten der Verlagsgruppe für das Internet- und Mobilfernsehen aufgebaut werden130. Das Unternehmen Mobile 3.0, an dem der Holtzbrinck-Verlag beteiligt ist, erhielt Ende Oktober 2007 den Zuschlag für das Betreiben des neuen Handystandards DVB-H (Digital Video Broadcasting – Handheld), musste aber schon im ersten Quartal 2008 sein Angebot wieder einstellen. Nachdem bereits ein Anlauf zur Fußballweltmeisterschaft 2006 scheiterte, sollte pünktlich zur Europameisterschaft Anfang 2008 das neue Handyfernsehen deutschlandweit in Betrieb genommen werden. Aber auch der zweite Testbetrieb musste nach kürzester Zeit wieder eingestellt werden, trotz der Annahme diverser Marktforscher, dass auf dem Gebiet des Handyfernsehens bis zum Jahr 2010 rund 450 Millionen Euro pro Jahr umgesetzt werden könnten. Hauptgrund für das Scheitern suchte Mobile 3.0 in der Verweigerungshaltung der Telefonkonzerne und Netzbetreiber, entsprechende Geräte zu vertreiben. Diese wiesen die Vorwürfe aber vehement zurück und bemängelten ihrerseits die fehlende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft des Handy-TV-Konsortiums131.

130 Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck (o.J.): AVE Gesellschaft für Fernsehproduktion mbH. Internetressource: http://www.holtzbrinck.com/artikel/779437&s=de, überprüft am 18.09.08. 131 Schmitz, Henrik (2008): Alle 15 Kanäle voll. In: Frankfurter Rundschau Online vom 17.08.2008. Internetressource: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/multimedia/aktuell/1546491_Alle-15-Kanaele-voll.html, überprüft am 18.09.08.

Abb. 9: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Verlagen

Quelle: Verlagsgruppe Holtzbrinck, eigene Darstellung.

Publikumsverlag

Bildung und Wissenschaft

Rowohlt Verlag 100%

S. Fischer Verlag 100%

Droemer Knaur 100%

Kiepenheuer & Witsch 100%

Argon Hörbuch Verlag 100%

Pan Macmillan 100%

St. Martin´s Press 100%

Macmillan Audio 100%

Tom Doherty Associates 100%

Farrar, Straus & Giroux 100%

Henry Holt 100%

Picador 100%

Bedford/ St.Martin 100%

W.H.Freeman 100%

Worth Publishers 100%

Scientific American 100%

Nature Publishing Group 100%

Spotlight Verlag 100%

Palgrave Macmillan 100%

J.B. Metzler 100%

Macmillan Education 100%

Spektrum der Wissenschaft 100%

Fachverlag der VHB 100%

Lebensmittel Praxis 100%

Spotlight Verlag 100%

J.B. Metzler 100%

Schäffer-Poeschel 100%

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Abb. 10a: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Presseerzeugnissen

Quelle: Verlagsgruppe Holtzbrinck, eigene Darstellung.

Zeitung: Tagesspiegel 100%

Zeitung: Saarbrücker Zeitung

56.1%

Zeitung: Die Zeit,

Zeit Wissen, Zeit Geschichte 100%

Zeitung: Südkurier 100%

Zeitung: Main Post 100%

Zeitung: Fränkisches

Volksblatt 100%

Zeitung: Alb-Bote 100%

Zeitung: Pfälzischer Merkur 56.1%

Zeitung: Lausitzer Rundschau 56.1%

Zeitung: Trierischer Volksfreund

56.1%

Zeitung: 20 Cent Lausitz 56.1%

Zeitung: Potsdamer Neueste Nachrichten

100%

Zeitung: Zitty 100%

Zeitung: Handelsblatt

100%

54

Abbildung 10b: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Presseerzeugnissen (Fortsetzung)

Quelle: Röper, Horst (2008): Konzentrationssprung im Markt der Tageszeitungen. In: Media Perspektiven 8/2008, 434.

3.3.4. Engagement im Ausland

Holtzbrincks Engagement im Ausland ist bei den Verlagsgruppen Macmillan, Holtzbrinck Publishers und „Handelsblatt“ gebündelt. In über 80 Ländern können heute Verlagsprodukte bezogen werden. Macmillan Ltd. ist seit 1999 eine hundertprozentige Tochter der Holtzbrinck GmbH. Das ursprünglich schottische Unternehmen verlegt wissenschaftliche und berufsbezogene Literatur, Belletristik, Sachbücher und Lehrmaterial. Erfolgreiche Marken des Hauses sind die Nature Publishing Group („Nature“), Palgrave Macmillan, Pan und Picador. Die Gruppe ist in mehr als 70 Ländern tätig132. Macmillan US vereint die Aktivitäten der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck in den Vereinigten Staaten. Literatur, Sachbücher und wissenschaftliche Beiträge werden über die Verlage Farrar, Straus & Giroux, Henry Holt, Palgrave Macmillan, Picador, Tor Books, Roaring Brook Press, St. Martin’s Press, Audio Renaissance und die Bedford, Freeman & Worth Publishing Group verlegt und publiziert133. Zusammen mit dem amerikanischen Verlagshaus Dow Jones gibt die Handelsblatt-Gruppe „The Wall Street Journal Europe“ heraus. Die Verlagstochter Economia ist Marktführerin in Tschechien und der Slowakei („Hospodářské Noviny“). Über Economedia AD mit Sitz in Sofia – einem Joint Venture mit dem bulgarischen Verlag Agency for Investment Information OOD – bietet die Gruppe Wirtschafts- und Finanzinformationen in Bulgarien an. Im Juli 2008 gab die Verlagsgruppe Handelsblatt allerdings den bevorstehenden Verkauf ihrer 88-prozentigen Beteiligung an Economia bekannt. Trotz der erfolgreichen Expansion nach Osteuropa wolle sich die Handelsblatt-Gruppe von dem Verlag trennen, um mit der Gewinnsumme ihre Präsenz im Internet zu verstärken134.

3.3.5. Engagement in Berlin

Auf dem Berliner Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt ist die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck mit der Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ vertreten. Durch die Strategie, Not leidende Unternehmen zu übernehmen und zu sanieren, konnte die Holtzbrinck-Gruppe 1992 immerhin 51 Prozent der Anteile am „Tagesspiegel“ erwerben. In den Folgejahren erhöhte Holtzbrinck diesen Anteil auf 74,8 Prozent. Anfang 2003 wurden die übrigen Anteile übernommen. Dieses Engagement stellte sich lange Zeit als Fehlinvestition aus ökonomischer Perspektive dar: Der Konzern bezifferte die Verluste des „Tagesspiegel“ zwischen 1992 und 2003 auf 75 Mio. Euro135.

Im Onlinebereich gehören zu der Holtzbrinck-Gruppe neben dem Internetauftritt der verlagseigenen Zeitung („tagesspiegel.de“) auch das soziale Netzwerk „StudiVZ“ und die dazugehörigen Partnerdomains „MeinVZ“ und „SchuelerVZ“. Das Start-up Unternehmen aus Berlin hatte sich in den letzten Jahren gegen Konkurrenten wie „Facebook“ oder „MySpace“ durchgesetzt und sich somit als Marktführer in Deutschland etabliert. Nach eigenen Konzernangaben besitzen die drei Internetpräsenzen zusammen über 10 Millionen Mitglieder und man komme monatlich auf rund 12 Milliarden Klicks (Page Impressions/ PIs)136. Dieser Aufwärtstrend stoppte erstmals im September 2008, als die Zahl der monatlichen PIs um rund 18,3 Prozent zurückging (4,23 Mrd/ IVW August 08). Dies sei aber von „StudiVZ“ erwartet worden und auf die Einführung neuer Softwaretechnologien zurückzuführen, so der VZ-Chef Markus Riecke137.

Desweiteren gehört mit der AVE Gesellschaft für Fernsehproduktion eine eigene Produktionsstätte für TV-Aktivitäten zur Verlagsgruppe, die sämtliche Formate des Unternehmens (AVE, Spektrum TV, Die Zeit TV und Macroscope) zusammenfasst. Seit Mitte der achtziger Jahre produziert das Unternehmen Informationssendungen, Talkshows, Unterhaltungs- und Kultursendungen ebenso wie diverse Reportagen, Dokumentationen und Features aus Politik, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. Zu den Abnehmern zählen neben den öffentlich-rechtlichen auch private Fernsehstationen. Im

132 http://international.macmillan.com/aboutus.asp, überprüft am 04.09.08. 133 http://us.macmillan.com/splash/about/index.html, überprüft am 04.09.08. 134 Schwarz, Karl-Peter (2008): Holtzbrinck-Dämmerung in Prag. In: FAZ.net vom 22.07.2008. Internetressource: http://www.faz.net/s/Rub475F682E3FC24868A8A5276D4FB916D7/Doc~E6A3A0206E6C640F5802DEEEBDD6F79C0~ATpl~Ecommon~Scontent.html, überprüft am 18.09.08. 135 Kurp, Matthias (2004): Chronik des Berliner Zeitungs-Streits. In: Medienmärkte vom 27.10.2004. Internetressource: http://www.medienmaerkte.de/artikel/print/042710_tagesspiegel_chronik.html, überprüft am 04.09.08. 136 http://www.studivz.net/l/about_us/1 , überprüft am 04.09.08. 137 O.V. (2008): Klickschwund bei StudiVZ. In: Deutsche Startups vom 08.09.2008. Internetressource: http://www.deutsche-startups.de/2008/09/08/klickschwund-bei-studivz/, überprüft am 18.09.08.

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Onlinebereich unterhält AVE mit „watchberlin.de“ eine Plattform, die als das Videoportal der deutschen Hauptstadt gilt und gleichzeitig den ersten rein auf Videonachrichten basierenden Blog Deutschlands darstellt138.

Mit der Prognose AG unterhält man zusätzlich ein Institut für Wirtschaftsforschung und Strategieberatung, das sich auf Schwerpunktanalysen für Kunden aus der Wirtschaft, Politik und dem öffentlichen Sektor spezialisiert hat. Wie aus dem Konzernprofil hervorgeht, gehören neben Wirtschaftsgrößen wie der GASAG oder der Telekom auch diverse Bundesministerien zu den Auftragsgebern von Prognose139. Außerdem zählen zu den Berliner Aktivitäten der Verlagsgruppe noch der Argon Hörbuch Verlag und das hausinterne Veranstaltungsforum Berlin.

3.3.6. Aktuelle Entwicklung

Der mögliche Kauf der „Süddeutschen Zeitung“ im Sommer 2007 wurde vom Stuttgarter Konzern als aussichtsreiche Investitionsmöglichkeit eingestuft. „Die SZ ist eine attraktive und erfolgreiche Qualitätszeitung, die gut zu uns passen würde“, sagte Jochen Gutbrod, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Holtzbrinck im Sommer 2007. Ende Oktober 2007 zeichnete sich ein Ende des Bieterwettbewerbs ab. Neben dem Holtzbrinck-Verlag waren der Kölner Zeitungskonzern DuMont Schauberg, die Essener WAZ-Gruppe, sowie zwei Finanzinvestoren als Finalisten beteiligt. Die Eigentümerfamilien des Süddeutschen Verlags verkauften schließlich Ende Februar 2008 ihre Anteile an die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH)140. Holtzbrinck ging leer aus.

Zahlreiche Zukäufe von Internetfirmen belegen darüber hinaus (u.a. erento.com, Family One, Imagekind, MyPhoto-Book.com, kyte.tv, Quarter Media, StudiVZ), dass der Konzern die allgemein fortschreitende Digitalisierung aktiv und frühzeitig mitzugestalten beabsichtigt. Allein seit Anfang Juli 2007 hat der Verlag vier Internetfirmen übernommen (Klaß + Ihlenfeld Verlag, Netdoktor GmbH, bellevueandmore.de, Abacho AG), die so unterschiedliche Dienste anbieten wie IT-Informationen, medizinischen Rat, Immobilien oder die Vermittlung von Handwerkern. Insgesamt hat der Verlag allein im Jahr 2007 für rund 130 Millionen Euro Internet-Beteiligungen erworben. Mitte Oktober 2007 äußerte sich dagegen Giovanni di Lorenzo in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Focus“ kritisch über die in der Medienbranche zurzeit vorherrschende Digitalisierungseuphorie. Seiner Ansicht nach ist der Printsektor allein zukunftsfähig und unter journalistischen Gesichtspunkten dem Internet überlegen. Die kostenlose Veröffentlichung journalistischer Inhalte im Internet halte er für den falschen Weg, was auch als Kritik an der eigenen Konzernführung gewertet wurde141.

Marcus Riecke ist seit Oktober 2008 nicht mehr CEO der Social Networking-Plattform StudiVZ. Eine entsprechende Pressemitteilung der Georg von Holtzbrinck GmbH ließ offen, ob Riecke seinen Posten freiwillig räumte oder von der Konzernspitze entlassen wurde. Riecke, zuvor beim „Tagesspiegel“ tätig, hatte es in seiner kurzen Amtszeit trotz explodierender Mitgliedszahlen nicht geschafft, den Umsatz von StudiVZ entsprechend zu steigern. Rieckes Nachfolger wurde Vize-Geschäftsführer Clemens Riedl.

138 http://www.watchberlin.de/watchberlin/#watchberlin-contentpage-aboutPage-4-1, überprüft am 04.09.08. 139 http://www.prognos.com/fileadmin/pdf/unternehmen/Portrait_d2007.pdf, überprüft am 04.09.08. 140 O.V. (2007): Medienholding übernimmt Mehrheit am Süddeutschen Verlag. In: Spiegel Online vom 21.12.2007. Internetressource: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,525028,00.html , überprüft am 08.09.2008. 141 Seitz, Josef (2007): „Substanz zuzeln“. In: Focus Online vom 08.10.2007. Internetressource: http://www.focus.de/kultur/medien/medien-substanz-zuzeln_aid_225642.html , überprüft am 04.09.08.

Abb. 11a: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Online-Angeboten - Teil 1

Quelle: Vogel, Andreas (2008): Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft. In: Media Perspektiven 5/2008, 241; eigene Darstellung.

AdScale GmbH – Auktion Onlinewerbung

26*Audible GmbH – Hörbuch-Shop Best webnews GmbH – newsportal webnews.de Bookya GmbH – Studenten-Bücherbörse cember.net – Businesskontakte DaWanda GmbH – Kunsthandwerk-Shop decentral.tv – Videodistributor kyte.tv DS Media GmbH – News Online Startups Epuls.pl – Jugend-Portal

13*Erento GmbH – Börse für Vermietbares

95*Experteer GmbH – Führungskräfte-Jobs

FamilyOne GmbH – Familien vernetzen

21*GameDuell – Spiele-Plattform 40*Gute Laune TV – 24h TV für 49+ Imagekind Inc. – Kunst-Shop 15*Innofact AG – Marktforschung Mamily GmbH – Mütterforum MeinAuto GmbH – Neuwagen mit

Rabatt 17*Mindmatics AG – Mobile Services 31*MyHammer AG – Auktion

Handwerker 34*Newtron AG –

Beschaffungsoptimierung Nimbuzz.com – VoIP, Instant

Messaging Ozon.ru – Shop 40*Panelbiz GmbH – Marktforschung

online Platinnetz GmbH – Kontakte 50+

StudiVZ Ltd. 100%Studentenportal/

Schülerportal

Myphotobook GmbH >75%

Toptarif Internet

GmbH >50%

Allesklar.com AG

47%

Abacho AG 55%

Suche,

Buecher.de KG 33%

Bol.com b.v. 50%

Shop

Parship GmbH

85%

Pointoo GmbH

Regionale Locations

BusinessLive GmbH

>50%

Beschenk mich GmbH 50%

jogmap media GmbH

>75%

Medikompass GmbH 50%

Fantastic Zero GmbH

>75%

Refined Labs GmbH

>75%

Vertical CommerceGmbH>90%

E-Commerce-Technologie

Helpster GmbH

>50%

Live Shopping GmbH >90%

Autoplenum GmbH >50%

Gutefrage.net GmbH >90%

NetDoktor.de GmbH

Gesundheitsportal

Poolside Reise GmbH

Reisebüro reise.de

Klaß & Ihlenfeld Verlag GmbH

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Abb. 11b: Organigramm: Beteiligungen der Georg von Holtzbrinck GmbH an Online-Angeboten - Teil 2

Quelle: Vogel, Andreas (2008): Online-Geschäftsfelder der Pressewirtschaft. In: Media Perspektiven 5/2008, 242; eigene Darstellung.

Zoomer GmbH 100% Nutzerselektierte Nachrichten

Zeit Online GmbH 100% Content & Services

e-fellows.net KG 33% Studium, Karriere

Urban Media GmbH 100% Content & Services (Berlin)

Main Media GmbH 100% Content & Services

ISA GmbH & Co. KG 33% Rubrikenanzeigen

Immowelt AG 75% Immobilien Solutions

autoanzeigen.de KG 100%

Autoanzeigen

Stellenanzeigen.de KG 75% Stellenanzeigen

markt.de KG 95% Kleinanzeigen

Motoso.de GmbH 50% Autoersatzteile, Zubehör

germanblogs GmbH 100% Blog-Netzwerk

Boogie Medien KG 80% Dienstleister, Consulting

GWP Online GmbH 100% Media Marketing

GBI Genios GmbH 40% Wirtschaftsdatenbank

Economy.One AG 100% Websites der Titel der VHB

3.4. Berliner Verlag GmbH

Der Berliner Verlag gibt die Tageszeitungen „Berliner Zeitung“ und „Berliner Kurier“ sowie drei Anzeigenblätter und ein Stadtmagazin heraus.

Der Verlag wird durch die Berliner Verlag Deutsche Zeitungsholding verwaltet, die neben dem Berliner Verlag auch die „Hamburger Morgenpost“ und die „Netzeitung“ besitzt. Weitere Onlineangebote sind „Berlin.de“, die offizielle Internetseite des Landes Berlin, das Stadtportal „BerlinOnline.de“ sowie „b2bbb.de“ ein Wirtschaftsportal für den Mittelstand. Zum Verlag gehört darüber hinaus eine Druckerei, in der neben den eigenen Produkten auch für externe Auftraggeber gedruckt wird.

Die BV Deutsche Zeitungsholding befindet sich mit ihren Tochtergesellschaften, dem Berliner Verlag, der „Hamburger Morgenpost“ und der „Netzeitung“, im Besitz des britischen Finanzinvestoren Mecom Group PLC. Die Mecom Gruppe machte im Jahr 2007 einen Umsatz von rund 1,4 Milliarden Pfund142. Der Umsatz der BV Deutsche Zeitungsholding lag 2006 bei 126 Millionen Euro143.

Schlüsselpositionen:

Berliner Verlag

- Josef Depenbrock, Geschäftsführer Berliner Verlag, Vorsitzender der Geschäftsführung der BV Deutsche Zeitungsholding, Chefredakteur „Berliner Zeitung“, Herausgeber der „Hamburger Morgenpost“

- Klaus Reidegeld, Geschäftsführer Berliner Verlag, Geschäftsführer Berliner Zeitungsdruck, Geschäftsführer „Hamburger Morgenpost“

- Oliver Hauf, Stellvertretender Geschäftsführer Berliner Verlag verantwortlich für den Bereich Anzeigen

BV Deutsche Zeitungsholding und Tochtergesellschaften

- Thomas Reiner, Leiter Digitale Medien bei der BV Deutsche Zeitungsholding

- Dr. Robert Daubner, Geschäftsführer der „Netzeitung“

- Hans Barlach, Herausgeber der „Hamburger Morgenpost“

Chefredakteure:

- Josef Depenbrock, Chefredakteur der „Berliner Zeitung“

- Hans-Peter Buschheuer, Chefredakteur des „Berliner Kuriers“, gesamtverantwortlicher Chefredakteur der Kaufzeitungen der BV Deutsche Zeitungsholding („Berliner Kurier“, „Hamburger Morgenpost“)

- Domenika Ahlrichs, Chefredakteurin der „Netzeitung“, stellv. Chefredakteurin der „Berliner Zeitung“

- Frank Niggemeier, Chefredakteur der „Hamburger Morgenpost“

Gesellschafter

- Berliner Verlag Deutsche Zeitungsholding GmbH (Mecom Group PLC - 100%)

Tab. 9: Ökonomische Basisdaten144 (Beträge in Mio. £)

2005 2006 2007 2008 (1. Halbjahr)

Umsatz 94 102 109 58

Gewinn (nach Steuern) 7 13 12 7

(Quelle: Mecom Annual Reports, eigene Darstellung)

142 Mecom: Annual Report 2007 ;http://druck.verdi.de/zeitungsverlage/zeitungsverlage_archiv_2007/data/mecom_group_plc 143 Mecom: Annual Report 2006 for the 17th month end 31 December 2006. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/MecomRAresult050607_004.pdf, überprüft am 18.09.08. 144 Die Quellenlage erzwingt die kumulierte Angabe der Umsatz- und Gewinnwerte aller deutschen Zeitungshäuser des britischen Unternehmens Mecom (einschließlich Hamburger Morgenpost), in dessen Besitz sich der Berliner Verlag im angegebenen Zeitraum befunden hat.

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3.4.1. Geschichte und Profil

Die erste Erwähnung der Berliner Verlag GmbH als Herausgeberin der „Berliner Zeitung“ erfolgte am 15. Februar 1945. An der Gesellschaft waren insgesamt drei Unternehmer beteiligt, die auch das Startkapital für die Gründung einbrachten, die am 24. Januar 1946 notariell beurkundet wurde. Zwei der Gesellschafter waren KPD-nah: Zum einen der Verlag Neuer Weg145, der einige Jahre später als Herausgeber der gleichnamigen SED-Zeitung fungierte, die sich an die deutsche Minderheit in Rumänien richtete; zum anderen die „Gesellschaft zur Erforschung zeitgenössischer Dokumente“. Als dritter Gesellschafter war die Stadt Berlin am Berliner Verlag beteiligt. 1953 wurde der Verlag von der Zentrag, der zentralen Druckerei-, Einkaufs, und Revisionsgesellschaft der SED, übernommen, die der DDR-Staatspartei als Steuerungsinstrument für den Pressesektor diente.

Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten verkaufte die SED-Nachfolgepartei PDS den Berliner Verlag und gab sich dadurch als Eigentümerin zu erkennen. Während DDR-Zeiten war vermieden worden, den Berliner Verlag offiziell als Parteieigentum auszugeben. 1990 ging er somit für rund 300 Millionen Mark aus Parteihänden in Privatbesitz über, wovon ein Anteil von 25 Millionen Mark als Abfindungen und Sonderleistungen für die Belegschaft gedacht waren. Der Verkauf vollzog sich ohne die Einschaltung der Treuhandgesellschaft, die zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht aktiv war. 50 Prozent des Berliner Verlags verkaufte die PDS an den Verleger Robert Maxwell, der im Folgenden die Verantwortung für den Druckereibereich übernahm. Die anderen Hälfte kaufte die Verlagsgesellschaft Gruner+Jahr AG & Co KG, welche im Fortlauf für den Verlagsbereich verantwortlich zeichnete146. 1991 starb der Verleger Maxwell auf einem Ausflug mit seiner Privatyacht vor Teneriffa unter ungeklärten Umständen. Kurze Zeit vorher waren ihm noch Verbindungen zum israelischen Geheimdienst Mossad nachgesagt worden. Nach dem Tod des Verlegers übernahm Gruner+Jahr den Berliner Verlag vollständig147. Das Druckhaus in Friedrichshain, in dem sämtliche Erzeugnisse des Verlages gedruckt wurden, gehörte noch bis zum Jahr 1994 hälftig zur Zentrag, die Eigentum der PDS blieb. Die andere Hälfte gehörte zum Verlagshaus Gruner+Jahr, welches die Druckerei in jenem Jahr komplett übernahm.

2002 verkaufte Gruner+Jahr den Berliner Verlag an die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH. Das Bundeskartellamt untersagte das Geschäft allerdings und begründete sein Urteil mit der daraus resultierenden marktbeherrschenden Stellung des Holtzbrinck-Verlages, der in Berlin zu diesem Zeitpunkt bereits den „Tagesspiegel“ herausbrachte148. Obwohl Holtzbrinck daraufhin in 2003 Bereitschaft zeigte, den „Tagesspiegel“ abzugeben, stimmte das Kartellamt der Übernahme des Berliner Verlages nicht zu. Holtzbrinck hatte den „Tagesspiegel“ zum Vorzugspreis von 10 Millionen an Pierre Gerckens verkauft, der früher selbst bei Holtzbrinck als Manager tätig gewesen war. Auch die Rückkaufoption, die sich der Holtzbrick-Verlag offenhielt, hatte beim Kartellamt zu der Annahme geführt, dass der „Tagesspiegel“ dem Verlag weiterhin zugeordnet werden könne bzw. müsse. Somit gehörte der Berliner Verlag durch den behördlichen Einspruch formal noch bis 2005 zu Gruner+Jahr, obwohl Holtzbrinck in dieser Zeit bereits de facto die Verantwortung trug149.

2005 waren verschiedene potentielle Käufer für den Berliner Verlag im Gespräch, darunter die Bauer Verlagsgruppe, die WAZ Mediengruppe, Orkla Media und M. DuMont Schauberg GmbH & Co. KG. Holtzbrinck verhandelte letztendlich mit den Investoren 3i Group PLC, Veronis Suhler Stevenson (VSS) und Mecom Group PLC. Nach dem plötzlichen Verhandlungsausstieg von 3i verkaufte Holtzbrinck den Berliner Verlag an VSS und Mecom. Der Verkaufspreis wurde von der britischen Zeitung „The Independent“ auf 100 Millionen Britische Pfund (147,6 Millionen Euro) geschätzt. Mecom war an der Gesamtsumme mit einem Anteil von 14,99 Prozent für acht Millionen Britische Pfund beteiligt. Das Kartellamt genehmigte den Verkauf im November 2005150. Für die Verwaltung des Berliner Verlags wurde die Berliner Verlag Deutsche

145 Am 30. Juli 1945 war der KPD-Verlag „Neuer Weg“ gegründet worden, aus dem am 18. Juni 1946 durch Vereinigung mit dem Vorwärts-Verlag der SPD der Dietz Verlag Berlin hervorging. 146 Held, Barbara/ Simeon, Thomas (1994): Die zweite Stunde Null. Berliner Tageszeitungen nach der Wende (1989-1994). Berlin: Wissenschaftsverlag Volker Spiess, 54. 147 Ebd., 55; „Geburt und Wandel eines Werkstücks“, Berliner Zeitung vom 20. Mai 2005, 79. 148 Bundeskartellamt (2002): Beschluss in dem Verwaltungsverfahren B6 – 22121 – U – 98/02. Internetressource: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Fusion/Fusion02/B6_98_02.pdf, überprüft am 23.09.2008. 149 O.V. (2003): „Tagesspiegel auf Raten“. In: Tagesschau.de vom 01.11.2003. Internetressource: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/meldung268710.html, überprüft am 08.09.2008; O.V. (2003): Holtzbrink kann „Tagesspiegel“ von Gerckens zurückkaufen. In: epd medien Nr. 86 vom 1. November 2003. Internetressource: http://www.epd.de/medien/medien_index_18272.html, überprüft am 08.09.2008. 150 www.medienmaerkte.de/artikel/print/042710_tagesspiegel_chronik.html , überprüft am 08.09.2008; Röper, Horst (2004). Zeitungsmarkt in der Krise – ein Fall für die Medienregulierung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte vom 15.03.2004, 7-13; Hanfeld, Michael (2005): Verkauf des Berliner Verlags: Von Berlin aus Europa erobern. In: FAZ.net vom 25.10.2005. Internetressource:

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Zeitungsholding GmbH gegründet. Anteilseigner waren neben Mecom und VSS auch Mitglieder des Managements, denen die Anteile von insgesamt zehn Prozent zu Vorzugspreisen angeboten worden waren. Der Aufsichtsrat der Holding wurde mit Mecom-Chef Montgomery als Vorsitzendem und Gerd Schulte-Hillen als Vize besetzt. Letzterer war als Vorsitzender des Verlags Gruner+Jahr maßgeblich am Kauf des Berliner Verlags nach der Wende beteiligt und hatte sich schon zu dieser Zeit gegen einen Weiterverkauf an Holtzbrinck ausgesprochen151.

Die Redaktionsmitglieder des Berliner Verlages hatten sich bis zuletzt vehement gegen einen Verkauf an ausländische Finanzinvestoren gewehrt, die „Heuschrecken“-Debatte befand sich in dieser Zeit auf ihrem vorläufigen Höhepunkt. Es wurde vor allem befürchtet, dass die journalistische Qualität unter einer rein wirtschaftlichen Ausrichtung des Verlags und einem damit verbundenen Stellenabbau leiden würde. Uwe Vorkötter, der damalige Chefredakteur der „Berliner Zeitung“, sprach sich demgemäß in einem Leitartikel öffentlich gegen die Übernahme aus. Im Mai 2006 wiederum verließ Vorkötter die „Berliner Zeitung“, nachdem es zu Meinungsverschiedenheiten über die inhaltliche und strategische Neuausrichtung des Blattes mit der neuen Eigentümergruppe gekommen war152. Im April 2007 übernahm Mecom die übrigen Anteile an der Deutschen Zeitungsholding von VSS für rund 111 Millionen Pfund153. Im Zuge dessen veräußerte auch Aufsichtsrat Schulte-Hillen seine 1,6 Prozent an Mecom, und der Geschäftsführer des Berliner Verlags Skulimma schloss sich an. Schulte-Hillen zog sich daraufhin aus dem Aufsichtsrat zurück, der nach der kompletten Übernahme des Berliner Verlags durch Mecom aufgelöst wurde154. In ihrem Geschäftsbericht gab die Finanzgruppe Mecom im Mai 2007 bekannt, die Deutsche Zeitungsholding und damit den Berliner Verlag zu 100 Prozent aufgekauft zu haben155. Zur Deutschen Zeitungsholding gehören neben dem Berliner Verlag noch weitere Medien. Im Februar 2006 wurde die „Hamburger Morgenpost“ gekauft, im Juli 2007 folgte die „Netzeitung“-Gruppe156. Der Mecom Konzern verfolgt dabei die Strategie, durch gezielte Zukäufe eine europäische Mediengruppe aufzubauen157.

3.4.2. Profil Mecom Group PLC

Gründer und Leiter der Mecom Group ist David Montgomery. Der ehemalige Chefredakteur diverser britischer Boulevardblätter wurde schon in Großbritannien als so genannter Hardliner berühmt, nachdem er die Sanierung der Mirror Group mit rigiden Sparplänen erfolgreich durchgesetzt hatte. Ähnliche Vorhaben verfolgt die Mecom Group nun auch in anderen europäischen Ländern, darunter in Norwegen, Dänemark, Polen, Niederlande und in Deutschland. Laut Montgomery soll auf diesem Wege und mittels weiterer Zukäufe in den kommenden Jahren eine „paneuropäische Mediengruppe“ entstehen. Mecom wendet dabei Unternehmensstrategien an, die sich auch in anderen Branchen als zielführend erwiesen haben: Durch Synergieeffekte und effizientere Strukturen sollen Kosten eingespart werden, gleichzeitig wird in neue Technologien, Absatzwege und Zusatzangebote investiert. 2007 machte Mecom europaweit einen Umsatz von 1,4 Milliarden Britische Pfund und beschäftigte rund 11.956 Arbeitnehmer158.

Der Kauf des Berliner Verlags war für die Mecom Group ein unabdingbarer Schritt auf dem Weg zur Gründung einer europäischen Mediengruppe. Der britische Konzern sah den Berliner Verlag als Ausgangspunkt für eine europaweite Expansion, die bereits in 2006 mit dem Erwerb der Limburg Media Group in den Niederlanden und der Orkla Media Group in Norwegen weitere Konturen annahm. Nachdem Mecom die Beteiligung an der irischen Zeitungsgruppe Local Press Limited

http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~EEBE5D49A45254B708B50D29860EFFFE9~ATpl~Ecommon~Sspezial.html, überprüft am 08.09.2008. 151 Munsberg, Hendrik (2005): „Wir wollten das Hauptstadtblatt machen“. In: Berliner Zeitung vom 20.05.2005, 88; Hanfeld, Michael (2005): Verkauf des Berliner Verlags: Von Berlin aus Europa erobern. In: FAZ.net vom 25.10.2005. Internetressource: http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~EEBE5D49A45254B708B50D29860EFFFE9~ATpl~Ecommon~Sspezial.html, überprüft am 08.09.2008; O.V. (2005): Berliner Verlag: Schulte-Hillen im Aufsichtsrat. In: Netzeitung vom 25.10.2005. Internetressource: http://www.netzeitung.de/medien/364524.html, überprüft am 08.09.2008. 152 O.V. (2006): Vorkötter übernimmt "Frankfurter Rundschau“. In: Der Tagesspiegel vom 16.5.2006. Internetressource: http://www.tagesspiegel.de/medien-news/Medien;art290,1864255, überprüft am 08.09.2008. 153 O.V. (2007): Montgomery vergrößert Einfluss auf „Berliner Zeitung“. In: Financial Times Deutschland vom 09.03.2007. Internetressource: www.ftd.de/technik/medien_internet/171271.html, überprüft am 08.09.2008.; Mecom (o.J.): Germany. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/group-companies/germany.php, überprüft am 08.09.2008. 154 O.V. (2007): „Verlage: Schulte-Hillen steigt aus“. In: Der Spiegel vom 23.04.2007, 97. 155 Mecom (2007): Annual Report 2007. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/FINALMecomAnnualReport2007_001.pdf , überprüft am 08.09.2008. 156 Ebd. 157Mecom (2006): „BV Deutsche Zeitungsholding buys Hamburger Morgenpost“. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/BVDeutscheSeitungsh270106.pdf, überprüft am 20.09.2008. 158Mecom (2007): Annual Report 2007. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/FINALMecomAnnualReport2007_001.pdf , überprüft am 08.09.2008.

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2005 verkauft hatte, ist das Unternehmen mittlerweile in fünf europäischen Ländern stark aufgestellt, darunter in Norwegen, Dänemark, Deutschland, Polen, und den Niederlanden. Der Fokus des am Alternative Investment Market in London notierten Unternehmens liegt auf der Akquisition von zumeist regionalen Zeitungen. So besitzt Mecom in Norwegen 41 regionale und lokale Zeitungen, die einen Umsatzanteil von 37 Prozent am lokalen Zeitungsmarkt ausmachen. In Dänemark hat die Zeitung „Berlinske Tidende“ einen Marktanteil von 35-40 Prozent bei den überregionalen Zeitungen, hinzukommen zwei regionale Zeitungen, sieben Lokalzeitungen und 53 Anzeigenblätter. In Polen besitzt Mecom dreizehn regionale Zeitungstitel, sowie einen Anteil von 51 Prozent an der überregionalen Tageszeitung „Rzeczpospolita“. In den Niederlanden gehören neben diversen Anzeigenblättern auch zwei Regionalzeitungen zu der Mecom Group, das „Dagblad de Limburger“ und das „Limburger Dagblad“. In Deutschland besaß die Mecom Group bis Januar 2009 neben der „Berliner Zeitung“ und dem „Berliner Kurier“ auch die überregionale Tageszeitung „Hamburger Morgenpost“ sowie mehrere Anzeigenblätter wie das „Berliner Abendblatt“ und den „Warnow Kurier“ in Rostock159.

Die Mecom Group investiert auch in andere Medienbereiche, darunter in Magazine, Fernsehen, Radio und Onlineangebote. Diese Aktivitäten sind meistens verbunden mit einer signifikanten Angebotserweiterung der Zeitungshäuser. Mecom versucht dabei Synergieeffekte zu nutzen und den schrumpfenden Anzeigenmarkt der Tageszeitungen über andere Kanäle abzudecken. So engagieren sich große Tageszeitungen in Norwegen beispielsweise auch im Bereich der lokalen Fernseh- und Radioanbieter. Unter die Internet-Aktivitäten fallen vor allem die Online-Auftritte der unternehmenseigenen Printprodukte, darüber hinaus aber auch Job-Portale, Suchmaschinen sowie virtuelle Magazine über Wirtschafts- und Computerthemen. Darüber hinaus besitzt Mecom auch ein Direktmarketing-Unternehmen, das in Dänemark und Norwegen tätig ist und ein latenter Verkaufskandidat ist. Allerdings ließ sich bislang kein geeigneter Käufer finden160.

3.4.3. Management

Josef Depenbrock wurde 2006 zum Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ ernannt, außerdem ist er Vorsitzender der Geschäftsführung der BV Deutschen Zeitungsholding und Geschäftsführer des Berliner Verlags. Depenbrock gilt als „Mann des Boulevards“161, vor seiner Zeit beim Berliner Verlag war er von 2000 bis 2006 Chefredakteur und geschäftsführender Gesellschafter bei der „Hamburger Morgenpost“. Depenbrocks Ernennung zum Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ und die daraus resultierende Doppelbesetzung als Chefredakteur und Geschäftsführer der Deutschen Zeitungsholding führte in der Redaktion zu der Befürchtung, dass die strikte Trennung zwischen publizistischen und verlagsinternen Interessen gefährdet sein könnte162. Zudem wurde Depenbrock kurz nach der Übernahme des Berliner Verlags durch Mecom und ohne Absprache mit der Redaktion eingesetzt, die zu dieser Zeit gerade in Verhandlungen über ein Redaktionsstatut mit der Verlagsleitung stand. Die Implementierung einer solchen Regelung war nach Ansicht der Beschäftigten dringlich geworden, nachdem der Chefredakteur Uwe Vorkötter zur „Frankfurter Rundschau“ gewechselt war: Ohne den Schutz des gegenüber Mecom kritisch eingestellten Chefredakteurs befürchteten die Verlagsangestellten eine Entlassungswelle, die durch das Redaktionsstatut verhindert bzw. eingeschränkt werden sollte, indem unter anderem ein Mitspracherecht der Redaktion bei der Benennung des neuen Chefredakteurs angestrebt wurde. Die Geschäftsführung kam dieser Möglichkeit allerdings durch die Berufung von Depenbrock zuvor. Die Redaktion der „Berliner Zeitung“ wertete dies als scharfen Affront.

Zur ersten großen Zerreißprobe für diese von Anfang an ungünstige Konfliktkonstellation kam es im Februar 2007, als die Redaktion den Aufstand gegen Depenbrock probte, als dieser nach Absprache mit Montgomery während einer Redaktionssitzung einräumte, dass die neuen Renditevorgaben für 2008 bei 18 bis 20 Prozent lägen. Die Folge war ein Beschwerdebrief der Redakteure an Montgomery, in dem sie ein Redaktionssystem forderten, das es erlaube, die Leser in attraktiver Form zu erreichen. Außerdem verlangten sie eine langfristige und publizistisch kohärente Geschäftsstrategie, die nicht nur auf wirtschaftlichen Erfolg und hohe Renditen ausgelegt sei. Einen zweiten Brief überreichten sie Depenbrock, den sie darin direkt zum Rücktritt aufforderten. Als Gründe hierfür nannten die Redakteure das Unvermögen Depenbrocks in seiner Funktion als Chefredakteur, die Interessen der Redaktion angemessen gegenüber dem Verlag zu vertreten. Ein

159 Verdi (2007): „Mecom Group plc im Überblick”. Internetressource. http://mecom.verdi.de/mecom_group_im_ueberblick , überprüft am 08.09.2008. 160 Ebd. 161 Simon, Jana (2006): Ein Tag ohne Freunde. In: „Die Zeit“ vom 22.06.2006. Internetressource: http://www.zeit.de/2006/23/Ein_Tag_ohne_Freunde, überprüft am 08.09.2008. 162 Vgl. dazu die Studie „Die Aktivitäten von Finanzinvestoren in Deutschland und deren Wirkungen auf die Beschäftigten“ auf Basis leitfadengestützter Interviews mit Mitarbeitern des Berliner Verlags (Blome-Drees, Johannes/Rang, Reiner (2008): Die Aktivitäten von Finanzinvestoren in Deutschland und deren Wirkungen auf die Beschäftigten. Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung. Internetressource: www.boeckler.de/pdf/mbf_finanzinvestoren_berlinerverlag.pdf, überprüft am 31.12.2008).

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zweiter Punkt war das fehlende Vertrauen der Redaktion in ihren Leiter: Man wolle einen „Blattmacher, keinen Erfüllungsgehilfen von Plattmachern“ so die Forderung der Redaktion163. Eine Klage der Redaktion gegen die umstrittene Doppelfunktion Depenbrocks im Frühjahr 2008 wurde von dem Berliner Arbeitsgericht abgewiesen. „Aus dem vereinbarten Redaktionsstatut ergäben sich keine Ansprüche, um die Personalunion zu verhindern“ so das Urteil der Richter164. Depenbrock scheint bei Mecom ein unverändert hohes Ansehen zu besitzen, da er im August 2007 als Nachfolger von Peter Skulimma zum Vorsitzenden der Geschäftsführung in der Deutschen Zeitungsholding sowie zum Geschäftsführer des Berliner Verlags ernannt wurde. Sein Amt als Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ sowie als Herausgeber der „Hamburger Morgenpost“ soll dadurch zunächst unberührt bleiben165.

Peter Skulimma war von 1998 bis 2003 zunächst Geschäftsführer des Tip-Verlages und dann ab 2003 Geschäftsführer des Berliner Verlages. Ab 2005 war er außerdem Vorsitzender der Geschäftsführung in der Deutschen Zeitungsholding. Im August 2007 wechselt Skulimma in die Londoner Firmenzentrale der Muttergesellschaft Mecom und verantwortet dort den neu geschaffenen Bereich der Digitalen Medien166.

Gerd Schulte-Hillen ist seit 1969 bei der Bertelsmann AG tätig. 1981 wurde er Vorsitzender des Verlages Gruner+Jahr, vier Jahre später dann auch Mitglied im Vorstand des Mutterkonzerns Bertelsmann. Aufgrund dieser Ämter war er 1990 maßgeblich am Kauf des Berliner Verlages durch Gruner+Jahr beteiligt. Nach der Übernahme des Berliner Verlages durch Mecom und VSS wurde Schulte-Hillen zum Mitglied des Aufsichtsrates des BV Deutsche Zeitungsholding, dessen Vorsitz Mecom-Chef Montgomery übernommen hatte. Schulte-Hillen wurde mit 1,6 Prozent zum Miteigner des Unternehmens. Er verkaufte diesen Anteil aber 2007, als das Unternehmen komplett an Mecom überging. Schulte-Hillen schied daraufhin aus dem mittlerweile aufgelösten Aufsichtsrat aus und arbeitet jetzt als selbstständiger Strategieberater167.

David Montgomery wurde während der Übernahmeverhandlungen zum Berliner Verlag in der Berliner Presse vor allem als Anführer der als „Heuschrecken“ betitelten ausländischen Finanzinvestoren dargestellt. Er repräsentierte für viele den Typ des kühl kalkulierenden Geschäftsmannes, der durch sein ausgeprägtes Profitstreben nur an möglichst großen Einsparungen und nicht am Erhalt von Arbeitsplätzen oder der publizistischen Qualität interessiert sein könne. In der Tat hat sich Montgomery in der Vergangenheit vor allem durch rigide Sparmaßnahmen einen Namen gemacht. Vor seiner Karriere studierte er Politik und Geschichte an der nordirischen Queen’s University in Belfast, bevor er 1973 als „Sub-Editor“ bei der Mirror anfing. Sub-Editors schreiben keine eigenen Artikel, sondern sind hauptsächlich mit Kürzen und Redigieren beschäftigt168. 1980 wurde Montgomery zum Chef-Unterredakteur bei „The Sun“ befördert169. Nach drei Jahren als stellvertretender Chefredakteur bei der „Sunday People“ bekam er 1985 von Murdoch den Posten des Chefredakteurs bei dem Sonntagsblatt „News of the World“ zugesprochen. 1987 kaufte Murdoch die mittlerweile eingestellte Boulevardzeitung „Today“ und machte Montgomery zu ihrem Chefredakteur170. Mit der Zeit fiel Montgomery bei Murdoch allerdings in Ungnade, da er für dessen Geschmack im Unternehmen zu einflussreich wurde171. Also wechselte er daraufhin in die Führungsspitze der Mirror Group, dessen Eigentümer Robert Maxwell kurz zuvor verstorben war. Von 1992 bis 1999 war Montgomery für die Unternehmensgruppe als CEO tätig und sanierte den durch Misswirtschaft in Mitleidenschaft gezogenen

163 Raab, Claus (2008): Plattmacher der „Berliner Zeitung“. In: die tageszeitung vom 17.02.2008. Internetressource: http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/plattmacher-der-berliner-zeitung/?src=SE&cHash=c7c2347769, überprüft am 08.09.2008. 164 Segler, Daland (2008): Depenbrock in Doppelrolle bestätigt. In: Frankfurter Rundschau vom 01.07.2008. Internetressource: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/medien/?em_cnt=1360977, überprüft am 08.09.2008. 165Berliner Zeitung (o.J.) Portrait Josef Depenbrock. Internetressource: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/informationen/impressum/depenbrock/index.php, überprüft am 08.09.2008; Simon, Jana (2006): Ein Tag ohne Freunde. In: „Die Zeit“ vom 22.06.2006. Internetressource: http://www.zeit.de/2006/23/Ein_Tag_ohne_Freunde, überprüft am 08.09.2008. 166O.V. (2007): Deutsche Zeitungsholding mit neuer Führung. In: Netzeitung vom 23.07.2007. Internetressource: http://www.netzeitung.de/medien/697970.html, überprüft am 08.09.2008.; Mecom (2007): “Appointment of Chief Digital Officer”. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/_assets/documents/PeterSkulimma010807.pdf, überprüft am 20.09.2008. 167O.V. (2007): Medienticker. In: die tageszeitung vom 23.04.2007. Internetressource: http://www.taz.de/digitaz/2007/04/23/a0203.1/text, überprüft am 08.09.2008.; Kress Report (o.J.) Gert Schulte-Hillen. In: Kress Köpfe Online. Internetressource: http://www.kress.de/cont/vk.php?vknr=GDSN2771 , überprüft am 08.09.2008. 168 Thomas, Gina (2005): Feldherr der Finsternis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.10.2005, 44. 169 Mecom (o.J.): Corporate Responsibility. Internetressource: http://www.mecom.co.uk/corporate-responsibility/ , überprüft am 08.09.2008. 170 Burrell, Ian (2007): Wegener acquisition: Monty’s on the march. In: The Independent vom 09.05.2007. Internetressource: http://news.independent.co.uk/business/analysis_and_features/article2524449.ece, überprüft am 08.09.2008. 171 Hülsen, Isabell (2005): Montagsportrait: David Montgomery – Versöhnlicher Vampir. In: Financial Times Deutschland vom 31.10.2005. Internetressource: http://www.ftd.de/koepfe/:Montagsportr%E4t%20David%20Montgomery%20Vers%F6hnlicher%20Vampir/28329.html, überprüft am 08.09.2008.

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Konzern, teils mit strengen Sparmaßnahmen, die in der Belegschaft zu Unruhen führten172. Zum Ende der neunziger Jahre geriet Montgomery darüber hinaus in die ungünstige Lage, die Auflagenverluste bei den Zeitungen „Mirror“ und „The Independent“ nicht aufhalten zu können173. Nach der Fusion der Mirror Group mit der Investorengruppe Trinity wurde Montgomery 1999 zum Rücktritt gezwungen und begann gleich darauf, sich ein eigenes Medienimperium zu schaffen, indem er im Jahr 2000 den Investmentfonds Mecom gründete174. Zusammen mit den Investorengruppen 3i und Veronis Suhler Stevenson kaufte er verschiedene Zeitungen und versuchte auch die Verlage Express Group und die Telegraph Group zu übernehmen, wurde aber in beiden Fällen überboten175. Die nordirischen Titel „Newsletter“ und „Derry Journal“ verkaufte Montgomery kurze Zeit später gewinnbringend an Johnston Press, da 3i mit den Anzeigenerlösen unzufrieden war176.

3.4.4. Geschäftsfelder

Zeitungen/Zeitschriften: Der Printsektor der BV Deutsche Zeitungsholding ist vor allem durch die drei großen Tageszeitungen „Berliner Zeitung“, „Berliner Kurier“ und „Hamburger Morgenpost“ geprägt. Hinzu kommen mit „Tip Berlin“, ein Berliner Stadtmagazin, und drei Anzeigenblätter, von denen zwei in Berlin und eines in Rostock erscheinen177.

Internet: Die BV Deutschen Zeitungsholding hat im Juli 2007 ihr Engagement im Onlinebereich durch den Kauf der „Netzeitung“ ausgeweitet. Zur Netzeitung-Gruppe gehörten auch die Internetportale „Netdoktor.de“, „Golem.de“, das Automobilportal „autogazette.de“ sowie eine Beteiligung am Berliner Radiosender „100,6 Motor FM“. Während die Beteiligung an „Motor FM“ an die Plattform für regionale Musikwirtschaft weiterverkauft wurde, gingen die beiden Special-Interest-Portale „Netdoktor“ und „Golem“ an Holtzbrinck178. Die BV Deutsche Zeitungsholding übernahm 2006 den 45-Prozent-Anteil an der Berlin Online Stadtportal GmbH & Co. KG von Gruner und Jahr. Die übrigen Anteile befinden sich im Besitz der Landesbank Berlin (45 Prozent) und der Volksbank Berlin (10 Prozent). Neben den Internet-Auftritten der Berliner-Verlag-Printerzeugnisse betreibt der Online-Anbieter auch „Berlin.de“, den offiziellen Internetauftritt des Landes Berlin, sowie das Stadtportal „BerlinOnline.de“ mit den Themenschwerpunkten Unterhaltung und Lifestyle. 2005 kam mit „b2b-deutschland.de“ ein Businessportal hautsächlich für kleinere und mittelständische Unternehmen hinzu179.

Druck: Die Druckerei des Berliner Verlags wurde schon 1945 gegründet und war ursprünglich in Berlin Friedrichshain ansässig. 1996 wurde das neue Druckzentrum in Berlin Lichtenberg in Betrieb genommen. Im Jahr werden dort auf vier Druckmaschinen 300 Millionen Zeitungen gedruckt, darunter auch Zeitungen die nicht zum Berliner Verlag gehören, wie beispielsweise die „Financial Times Deutschland“. Die Druckerei hat rund 165 Beschäftigte180.

172 Kielinger, Thomas (2005): David Montgomery ist ein erfolgreicher Sanierer und wird verteufelt. In: Die Welt vom 19.10.2005. Internetressource: http://www.welt.de/print-welt/article171934/David_Montgomery_ist_ein_erfolgreicher_Sanierer_und_wird_verteufelt.html, überprüft am 08.09.2008. 173 Thomas, Gina (2005): Feldherr der Finsternis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.10.2005, 44. 174 Burrell, Ian (2007): Wegener acquisition: Monty’s on the march. In: The Independent vom 09.05.2007. Internetressource: http://news.independent.co.uk/business/analysis_and_features/article2524449.ece, überprüft am 08.09.2008. 175 Thomas, Gina (2005): Feldherr der Finsternis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.10.2005, 44. 176 Burrell, Ian (2007): Wegener acquisition: Monty’s on the march. In: The Independent vom 09.05.2007. Internetressource: http://news.independent.co.uk/business/analysis_and_features/article2524449.ece, überprüft am 08.09.2008. 177 http://www.berlinonline.de/berliner-verlag/daten-und-fakten/, überprüft am 08.09.2008. 178 http://www.berlinonline.de/wir-ueber-uns/pressemitteilungen/netzeitung_uebernahme/index.php , überprüft am 08.09.2008; O.V. (2007): Berliner Verlag übernimmt die „Netzeitung“. In: DWDL.de vom 08.06.2007. Internetressource: http://www.dwdl.de/article/news_11196,00.html, überprüft am 08.09.2008; Netzeitung (o.J.): Über uns. Internetressource: http://www.netzeitung.de/ueberuns/155607.html, überprüft am 08.09.2008. 179 Berliner Verlag (2007): Golem.de und Netdoktor.de werden weiter vermarktet. Internetressource: http://www.berlinonline.de/wir-ueber-uns/pressemitteilungen/orkla/index.php, überprüft am 18.09.08. 180 Berliner Zeitungsdruck (o.J.): In Zahlen: Schwarz auf Weiß! Internetressource: http://www.berliner-zeitungsdruck.de/de/unternehmen_zahlen.html, überprüft am 08.09.2008.

Abb. 12: Organigramm: Unternehmensstruktur der BVZ Deutsche Mediengruppe

Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik; eigene Darstellung.

BVZ Deutsche Mediengruppe Holding GmbH 100% MVD Medien-, Vermarktungs- und Dokumentationsgesellschaft mbH 100%

BVZ Berliner Dialog GmbH 100%

BV Deutsche Zeitungsholding GmbH 100%

Morgenpost Verlag GmbH 100%

BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co. KG 45%

Berliner Verlag GmbH 100%

Radio Hamburg 5%

MOPO Online GmbH 100%

DZH Digital Media Holding GmbH 100%

BVZ Anzeigenzeitungen GmbH 100%

BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH

100%

Viafon GmbH 49%

Berliner

Zustellvereinigung 33,3%

BVZ Berliner Verlag

Beteiligungen GmbH 100%

TIP Verlag Verwaltungs-GmbH

100%

TIP Verlag GmbH & Co. KG 100%

Cine Marketing 50%

UMM Stadtillustrierten GmbH 20%

NZ Netzeitung GmbH 100%

NZ Autoportal GmbH 100%

DZH Online Media Sales Group GmbH

100%

Teletext GmbH/

Audio News/ Handy Zeit

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3.4.5. Engagement in Berlin

Der Berliner Verlag gibt in Berlin mehrere Zeitungen heraus, darunter auch die auflagen- und reichweitenstärkste Berliner Abonnementzeitung „Berliner Zeitung“ mit einer verkauften Auflage von 159.770 Stück (montags bis freitags, IVW 3. Quartal 2008) und einer Reichweite von circa 650.000. Im Berliner Verlag erscheint außerdem der „Berliner Kurier“, mit einem Verkaufspreis von 50 Euro-Cent eine der günstigsten Tageszeitungen in der Stadt. Der „Berliner Kurier“ ist mit einer verkauften Auflage von 121.592 Stück die zweitstärkste Kaufzeitung nach der „B.Z.“ (IVW Q. 3/2008). Auffällig ist der für eine Kaufzeitung hohe Abonnentenanteil mit etwa 14,5 Prozent. Zweimal im Monat erscheint zudem das Stadtmagazin „Tip Berlin“ mit einer verkauften Auflage von 52.075 (IVW Q. 2/2008). Der Berliner Verlag gibt darüber hinaus drei kostenlose Anzeigenblätter heraus, zum einen das „Berliner Abendblatt“, das mit einer Auflage von rund 1,2 Millionen Exemplaren an Haushalte in Berlin verteilt wird, sowie außerdem die monatlich erscheinenden „Berliner Rathausnachrichten“.

Zum Verlag gehört auch eine eigene Druckerei in Berlin, die BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH. Die Druckerei hat knapp 170 Beschäftigte und druckt 300 Millionen Zeitungen im Jahr. Neben den Erzeugnissen des Berliner Verlags werden hier auch andere Zeitungen gedruckt, so zum Beispiel die „Financial Times Deutschland“ und die „Jüdische Allgemeine“. Im Onlinebereich bietet der Berliner Verlag neben den Internetauftritten der verlagseigenen Zeitungen unter „Berlin.de“ den offiziellen Internetauftritt des Landes Berlin und mit „BerlinOnline.de“ eine Lifestyle- und Serviceseite für die Hauptstadt an. Außerdem verantwortet der Berliner Verlag die Seite „b2b-deutschland.de“ mit einem Zielgruppenfokus auf Berlin und Brandenburg. Im Anzeigenmarkt für Immobilien kooperieren die „Berliner Zeitung“ und der „Berliner Kurier“ seit Ende 2006 mit „Immobilienscout 24“181.

Außer den Redaktionen der „Hamburger Morgenpost“ (Hamburg) und des „Warnow Kuriers“ (Rostock) befinden sich alle Redaktionen der Print- und Onlineangebote unter dem Dach der BV Deutsche Zeitungsholding in Berlin. Hauptsitz des Berliner Verlags ist das Pressehaus am Alexanderplatz in Berlin-Mitte, in dem außer den Redaktionen noch die Verlagsabteilungen und die Verwaltung des Unternehmens untergebracht sind.

3.4.6. Aktuelle Entwicklung

Die Geschäftsjahre 2007 und 2008 waren für den Berliner Verlag äußerst unruhig und standen in dieser Zeit unter direktem Einfluss der Entwicklung im britischen Mutterkonzern Mecom. Im August 2007 kam es durch die Berufung von Peter Skulimma als Digital Chief Officer der Mecom Group und seinem damit verbundenen Wechsel in die Londoner Firmenzentrale zu fundamentalen personellen Umstrukturierungen im Berliner Verlag und der Deutschen Zeitungsholding. Skulimma wurde in seinen Funktionen als Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Zeitungsholding und als Geschäftsführer des Berliner Verlags von Josef Depenbrock ersetzt, der damit zusätzlich zu seiner Funktion als Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ mehrere wesentliche Funktionen auf sich vereinte. Die Mecom Group verfolgte zudem das Ziel einer europaweiten Expansion. In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters im August 2007 sagte Skulimma, dass weitere Zeitungsaufkäufe nicht auszuschließen seien. Um Skaleneffekte zu erzielen, müssten Zeitungen über eine gewisse Größe verfügen. Der Trend gehe deshalb zu Zeitungsketten. Mecom befände sich zwar nicht in konkreten Verhandlungen, trotzdem sei eine regionale Nähe wie beispielsweise im Falle der „Sächsischen Zeitung“ in Dresden ideal. Diese Geschäftsplanung wurde jedoch durch die desaströsen Verluste des Konzerns im Laufe des Jahres 2008 unterminiert und wich einer Rückzugsstrategie aus dem deutschen Pressemarkt: Waren ursprünglich trotz einschneidender Rationalisierungsmaßnahmen siebenstellige Investitionen in neue Marktsegmente wie die Entwicklung einer Sonntagsausgabe der „Berliner Zeitung“ sowie die Ausweitung des Internet-Engagements geplant182, musste auf dem jüngsten Abwärtstrend in der Unternehmensentwicklung mit Kursverlusten am Aktienmarkt von über 50 Prozent reagiert werden. Mecom hatte in den vergangenen Jahren einen Schuldenberg von über 700 Millionen Euro aufgetürmt183.

181 O.V. (2006): Berliner Verlag und Immobilienscout 24 kooperieren. In: Horizont.net vom 18.09.2006. Internetressource: http://www.horizont.net/aktuell/medien/pages/protected/Berliner-Verlag-und-Immobilienscout-24-kooperieren_65589.html, überprüft am 23.09.2008. 182 O.V. (2007): Mecom an Sächsischer Zeitung interressiert. In: People and Deals vom 21.08.2007. Internetressource: http://www.peopleanddeals.de/article/4606/mecom-an-saechsischer-zeitung-interessier, überprüft am 08.09.2008. 183 Altrogge, Georg (2008): Jüngstes Gerücht: DuMont will Mecomtitel. Erneut Spekulationen um Montgomerys Zeitungsgruppe. In: Meedia vom 26.12.2008. Internetressource: http://meedia.de/nc/details/browse/1/article/jngstes-gercht--dumont-will-mecomtitel_100014838.html?tx_ttnews[backPid]=1716&cHash=e6e3ebf2f1, überprüft am 31.12.2008.

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„In der schmalen Zeitfuge zwischen Weihnachten und Neujahr“ kursierte eine „Wunschgeschichte“, wie es in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 27. Dezember 2008 hieß184, durch die Medienseiten der deutschen Presse, die für viele Beobachter überraschend von einem geplanten Verkauf des Berliner Verlages von Mecom an die Verlagsgruppe DuMont Schauberg kündete und in den darauffolgenden Wochen wahr wurde. Der „Tagesspiegel“ schlussfolgerte schon früh: „Montgomery vor dem Aus“185. Über den Jahreswechsel 2008/2009 erhärteten sich die anfänglichen Gerüchte nur langsam und wurden bis kurz vor Unterzeichnung des Kaufvertrages durch DuMont von beiden Unternehmen weder dementiert noch bestätigt. Durch den Rückzug Mecoms aus dem Berliner Pressemarkt nach einem Gastspiel von nur etwa drei Jahren wurde der Eindruck gestärkt, dass die einst apostrophierte „Heuschrecke“ David Montgomery tatsächlich seinem Ruf gerecht werden wurde und sein journalistisches Übernahmeobjekt nach unverhältnismäßigen Sparmaßnahmen und profitsteigernden Experimenten achtlos wieder auf den Markt werfen könnte: „Bei der Presse macht das David Montgomery mit seiner Mecom vor, die Zeitungen in ganz Europa - unter Pump, wie unter Investoren üblich - aufgekauft hat und diese trotz drakonischer, ins Absurde gehender Sparrunden wahrscheinlich nicht wird halten können“186. Der Kaufvertrag lautete schließlich über circa 170 Millionen Euro187. Dass nun ausgerechnet ein deutscher Verleger den Berliner Verlag erworben hat, wurde als Rettungsanker für den darbenden Verlag und seine unter Stellenabbau und Ressourcenmangel darbenden journalistischen Titel gewertet188.

184 O.V. (2008): Wunschpunsch. Angeblich greift Dumont nach der „Berliner Zeitung“. In: Süddeutsche Zeitung vom 27.12.2008, 19. 185 O.V. (2008): Montgomery vor dem Aus. Investor Mecom will Berliner Verlag verkaufen – DuMont Schauberg signalisiert Interesse. In: Der Tagesspiegel vom 27.12.2008, 27. 186 Hanfeld, Michael (2008): Gewinn und Verlust eines Medienjahrs. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 31.12.2008, 39. 187 Auch wurde im Zuge des Verkaufs des Berliner Verlag über die mögliche Veräußerung weiterer europäischer Zeitungshäuser durch Mecom berichtet: Unter anderem prüfe David Montgomery ebenso den Verkauf des Mehrheitsanteils am Medienunternehmen PWR in Polen, welches die Qualitätszeitung „Rzeczpospolita“ verlegt. Als Käufer wurde der Axel Springer-Konzern ins Gespräch gebracht (vgl. Heilmann, Dirk/Siebenhaar, Hans-Peter (2009): Montgomery erhält frisches Geld. In: Handelsblatt Online vom 09.01.2009. Internetressource: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/montgomery-erhaelt-frisches-geld;2123169, überprüft am 10.01.2009). 188 Vgl. o.V. (2008): Wunschpunsch. Angeblich greift Dumont nach der „Berliner Zeitung“. In: Süddeutsche Zeitung vom 27.12.2008, 19.

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4. Internationaler Vergleich

Das folgende Kapitel enthält Kurzporträts der Pressemärkte dreier wichtiger Hauptstädte: Washington D.C., Paris und London. Dabei werden die historische und ökonomische Entwicklung der Pressesysteme der jeweiligen Länder und Besonderheiten der Hauptstadtpressemärkte beleuchtet. Ausgewählte Titel und Konzerne werden vorgestellt. Dabei wird deutlich, dass es in allen ausgewählten Ländern zu Auflagenrückgängen bei Tageszeitungen kommt. Während London und Paris die historisch gewachsenen unumstrittenen Zentren des jeweiligen Landes sind und sich dies auch in den Hauptsitzen der großen Blätter und Konzerne widerspiegelt, steht Washington, D.C. als Medienstandort im Schatten New Yorks. Die dortige Presse profitiert jedoch von der räumlichen Nähe zur Bundesregierung und dem politisch-administrativen Status des Großraums. Unverkennbar ist der Trend zu Gratiszeitungen in den drei ausgewählten Städten, insbesondere jedoch in London und Paris, was mit den dortigen stark definierten Pendlerströmen zusammenhängen dürfte. Strukturell ähnelt Berlin eher Washington als den ausgewählten europäischen Medienstandorten. Berlin ist im Printsektor nicht die Nr. 1 in Deutschland, profitiert jedoch als Regierungssitz enorm. Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Verlage ist auf absehbare Zeit nicht mit größeren Standortverlagerungen nach Berlin und anderen strategischen Investitionen zu rechnen. Der Berliner Tageszeitungsmarkt wird sich dementsprechend wohl nicht in Richtung der Pariser oder Londoner Struktur verändern.

4.1. USA/ Washington D.C.

4.1.1. Historische Entwicklung des US-amerikanischen Pressemarkts

Durch ihre ereignisreiche und für viele andere Nationen zum Vorbild gereichende Pressegeschichte nahm die USA lange eine Vorreiterrolle in der internationalen Medienentwicklung ein. Erste Zeitungen gab es bereits in der Kolonialzeit und die älteste bekannte Publikation ist das Blättchen „Publick Occurences Both Foreign and Domestick“, das erstmals (und einmalig) in Boston im Jahre 1690 erschien. 1830, im Zuge der modernen Massenpresse, erschienen die ersten One-Penny-Blätter angeführt von „The Sun“. Nachdem in den USA die ersten Telegraphen entwickelt worden waren, entstanden in der Folge auch Nachrichtenagenturen, welche die Presselandschaft und die Informationsinfrastruktur für immer verändern sollten. Die US-amerikanischen Zeitungen waren zudem Pioniere bei der Verwendung von automatischen Setzmaschinen (Linotype, ab 1886) und beim Einsatz von fotographischen Abbildungen und Comics (ab 1889).

Als erster Zeitungsmogul trat William Randolph Hearst189 (1863 – 1951) auf, der sich dem Sensationsjournalismus verschrieben hatte und seine Zeitungen zur Förderung seiner eigenen politischen Ambitionen einsetzte. Sein Widersacher war Joseph Pulitzer190 (1847 – 1911), der immer wieder die ethischen Konventionen der Branche zur Sprache brachte und der den Anstoß zur Gründung der Columbia School of Journalism gab. Diese Journalistenschule stand Modell für nachfolgende Schulen dieser Art und ist außerdem Namensgeberin für den renommierten Pulitzer-Preis, den die Schule jährlich an Journalisten vergibt.

Heute kommt die Presse in den Vereinigten Staaten auf eine Gesamtauflage von 60 Millionen Exemplaren. Die meisten Tageszeitungen erscheinen mit lokalem Profil, worauf auch die Nennung des Ortsnamens in vielen Titel schließen lässt. Gründe für diese Entwicklung waren ursprünglich technischer Art, da die Größe des Landes eine nationale Verbreitung kaum möglich machte. Erst in den 1970er Jahren gab es die erste überregionale Tageszeitung, die sich schnell zum landesweit auflagenstärksten Titel entwickelte. „USA Today“ machte vor, was bald auch von anderen Zeitungshäusern eingesetzt werden sollte: Satellitentechnik machte den zeitgleichen Druck der Zeitung an weit entfernten Standorten möglich, was die zeitgleiche Distribution von tagesaktuellen Ausgaben praktikabel machte. Allerdings wird die überwiegende Mehrheit der US-

189 Burkhard, Kai (2008): Hearst, William Randolph. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 151ff. 190 Meier, Christian (2008): Pulitzer, Joseph. In: Hachmeister, Lutz (Hg.) (2008): Grundlagen der Medienpolitik. München: DVA, 323ff.

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amerikanischen Tageszeitungen weiterhin nur lokal verbreitet. Die Dezentralität der Zeitungslandschaft wirkt sich auch auf die Auflagenhöhe aus: Sie erreichte niemals die Werte der auflagenstarken überregionalen Zeitungen Europas191.

Auch Zeitschriften haben eine lange Tradition in den USA. 1732 gab Benjamin Franklin erstmals den „Poor Richard´s Almanack“ heraus. Im 19. Jahrhundert gab es bereits eine weit gefächerte Zeitschriftenlandschaft. Auch politischen Wochenmagazinen spielten auf dem US-amerikanischen Pressemarkt eine wichtige Rolle, so etwa das 1923 gegründete Magazin „Time“ oder der spätere Konkurrent „Newsweek“, Vorbild für das spätere deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Heute ist die Zeitschriftenlandschaft stark ausdifferenziert, wobei die auflagenstärksten Medien solche aus dem Unterhaltungs- und Servicebereich sind. Die am häufigsten verkaufte Publikation ist „Reader´s Digest“, die auch Ausgaben in einer Vielzahl von Ländern und Sprachen führt und weltweit erfolgreich ist. Die meisten Zeitschriftenverlage in den USA konzentrierten sich allerdings auf den heimischen Markt192.

In den Vereinigten Staaten hat seit 2001 ein zunächst langsames, dann immer stärker Konturen annehmendes Zeitungssterben eingesetzt. Die Auflage fällt kontinuierlich, zuletzt entstand bei Tageszeitungen ein Minus von 2,5 Prozent im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr und es war ein Rückgang von 3,3 Prozent bei Sonntagszeitungen zu verzeichnen. Die Gesamtreichweite der Zeitungsunternehmen inklusive ihrer Onlineauftritte und Nischenprodukte steigt zwar, aber dies geht nicht mit einem Anstieg der Werbeeinnahmen einher.

Die Werbeeinnahmen, die im Jahr 2006 stabil blieben, fielen 2007 branchenweit um sieben Prozent. Das Zerplatzen der „Real Estate – Blase“ 2007 löste zusätzlich einen massiven Rückgang der Werbeeinnahmen aus, nicht zuletzt durch das Fehlen der Bauunternehmen als Investoren193.

4.1.2. Ökonomische Entwicklung

Online- und Printmedien in den USA erwirtschaften rund 45,5 Milliarden US-Dollar pro Jahr an Werbeeinnahmen. Allerdings sanken die Werbeinnahmen der Zeitungen im Jahr 2007 um etwa sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr und auch auf dem Aktienmarkt machte sich die Krise bemerkbar. Der Kurs sank in den vergangenen drei Jahren um rund 42 Prozent. In den zwei vorangegangenen Jahren waren es jeweils 11 bzw. 20 Prozent. Die Marktprognosen für die zukünftige Marktentwicklung fallen eher pessimistisch aus.

Der Zeitschriftenmarkt entwickelte sich dagegen besser. Insgesamt verzeichnete die Zeitschriftenindustrie 2007 nur einen leichten Rückgang, die Anzahl der Werbeseiten verringerte sich nur um etwa ein Prozent. Allerdings konnten die drei großen traditionellen Politikmagazine nicht von diesem Trend profitieren. Alle drei verloren 2007 an Anzeigenseiten, von vier Prozent bei den „U.S. News“ bis zu 18 Prozent bei „Time“. Einigte profilierte Titel in der Nachrichtenkategorie – „The Economist“, „The Week“ und „The New Yorker“ – konnten dem Abwärtstrend jedoch entgegensteuern: Sie gewannen sowohl an Anzeigevolumen als auch an Umsatz.

Die Gesamtzahl der Tageszeitungen sank 2006 leicht ab auf 1.437 gegenüber dem Vorjahr mit 1.452 auf dem Markt vertretenen Titeln. Besonders von der Reduktion betroffen sind viele Abendzeitungen, die entweder zusammengelegt oder aber durch Morgenausgaben ersetzt wurden. 2006 waren im Vergleich zum Vorjahr 31 Abendtitel weniger auf dem Markt. Dagegen gibt es auf der anderen Seite einen anhaltenden Trend im Wachstum der Morgenzeitungen mit einem Zuwachs von 16 Blättern im Jahr 2006. Die Anzahl der Sonntagsausgaben blieb weitgehend stabil, allerdings ließ sich eine leichte Fluktuation innerhalb der letzten zehn Jahre verzeichnen. 2006 gab es 907 Sonntagszeitungen, 914 im Jahr 2005. Dies war damit das fünfte Jahr in Folge mit einem (wenn auch geringen) Rückgang.

Übergreifend stellen auch die steigenden Druckkosten für viele Printmedien eine Existenzbedrohung dar. Auch Gratiszeitungen haben etwas an Wachstum eingebüßt. Einige der Ausgaben von „Metro“ machten in jüngster Vergangenheit Verluste und stehen zum Verkauf. Die Ausgaben des „Examiner“ in Washington und Baltimore werden vorerst nicht, wie geplant, expandieren. Die erfolgreichsten Gratiszeitungen sind Ableger von etablierten Dachmarken, wie etwa der Titel „Red Eye“ von der Chicago Tribune.

191 Vgl. Kleinsteuber, Hans J. (2005): Das Mediensystem der USA. In: Hans-Bredow-Institut (Hg.) (2005): Internationales Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden: Nomos, 1081-1094, hier: 1081-1082. 192 Vgl. ebd., 1083-1084. 193 Project For Exellence in Journalism (2008): The State of the News Media. An Annual Report on American Journalism. Newspapers. Internetressource: http://www.stateofthenewsmedia.org/2008/, überprüft am 04.12.2008.

70

Auch die Auflagenentwicklung der US-Printmedien ist rückläufig. Für die Monate März bis September 2007 verzeichnete das Audit Bureau of Circulations (ABC) einen Rückgang der Auflage um 2,5 Prozent bei den Tageszeitungen und 3,3 Prozent bei den Sonntagsausgaben verglichen mit dem entsprechenden Zeitraum im Vorjahr. Insgesamt hatten die Tageszeitungen 2007 gegenüber 2001 eine um 8,4 Prozent geringere Auflage, die Sonntagszeitungen verzeichneten sogar ein Minus von 11,4 Prozent. Der Rückgang der Verkaufsauflage hat verschiedene Gründe, die mit den Veränderungen des Mediensystems durch das Hinzutreten des Internets einhergehen. Die meisten Rezipienten in den USA nutzen heute eine Kombination aus drei oder vier verschiedenen Medien.

Wie die Auflage sind auch die Reichweiten der Zeitungen rückläufig. Und dieser Trend gilt für nahezu jede demographische Gruppe, unabhängig von Alter, Volkszugehörigkeit, Bildung oder Einkommen194.

Tab. 10: Verkaufsauflage Tageszeitungen (2007)

Titel Sprache Herausgeber Auflage

USA Today Englisch Gannett Company Inc. 2,293

The Wall Stresst Journal Englisch Dow Jones & Co. Inc. 2,012

The New York Times Englisch The New York Times Company 1,038

The Los Angeles Times Englisch Tribune Publishing Company 780

New York Daily News Englisch New York Daily News 681

New York Post Englisch New York Post Corp. 667

The Washington Post Englisch Washington Post Company 635

Chicago Tribune Englisch Tribune Publishing Company 559

Houston Chronicle Englisch Hearst Newspapers 507

Lond Island Newsday Englisch Tribune Publishing Company 388

Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trend 2008, 897; eigene Darstellung.

194 Ebd.

71

Tab. 11: Auflagenstärkste Gratiszeitungen (2007)

Titel Gründungsjahr Spreche Herausgeber Auflage (000)

The Examiner 2003 Englisch Clarity Media Group (Anschutz) 700

Metro 2000 Englisch Metro International/ The New York Times Company 646

AM New York 2003 Englisch The Tribune Company & Russel Pergament 320

Red Eye 2002 Englisch Tribune Company 200

Hoy 1998 Spanisch Tribune Company/ ImpreMedia (NY) 200

Express 2003 Englisch Washington Post 190

Quick 2003 Englisch Belo (The Dallas Morning News) 150

Boston Now 2007 Englisch 365 Media USA (Dagsbrun, Iceland) 85

Today´s Local News 2005 Englisch Copley Press, Inc. 75

Palo Alto Daily News 1995 Englisch MediaNews (Price, Pavelich & Danforth) 70

Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trend 2008, 897; eigene Darstellung.

4.1.3 Konzentrationsprozesse

In den USA gibt es derzeit über 1800 Fernsehstationen, 10.000 Tages- und Wochenzeitungen und 15.000 Radiosender, außerdem Zeitschriften, Anzeigenblätter und andere Medien. Der Medienmarkt ist damit stark ausdifferenziert, allerdings gibt es im Medienbereich seit den 1980er Jahren einen Trend der Deregulierung der Eigentumsverhältnisse. 1983 teilten sich noch etwa 50 Unternehmen die überwiegende Anzahl der Medienbetriebe, dagegen waren es 1992 bereits nur noch etwa zwei Dutzend Unternehmen. Bis zum Jahr 2007 hatte sich die Zahl auf fünf Mischkonzerne verringert, die etwa 90 Prozent des Medienmarktes kontrollieren: Time Warner, Disney, Newscorp., General Electric/ NBC und CBS (zuvor Viacom).195

Die Liste der Presseverlage ist seit 2001 um vier Unternehmen geschrumpft. Im Kampf gegen Umsatzrückgänge und zum größtmöglichen Ausschöpfen des Werbepotenzials im Onlinebereich schließen immer mehr Zeitungen Kooperationsabkommen oder werden verkauft. Nachdem Pulitzer 2005 von Lee aufgekauft wurde, hat McClatchy im Jahr 2006 Knight Ridder geschluckt. Diese Transaktion war in soweit spektakulär, als das die Knight Ridder-Verlagsgruppe mehr als doppelt so groß war wie McClatchy. Knight Ridder gehörten 32 Zeitungen, darunter der „Philadelphia Inquirer“, der „Miami Herald“ und die „San Jose Mercury News“. McClatchy kontrollierte dagegen nur zwölf Tageszeitungen, wie die „Star Tribune“ in Minneapolis, den „News Observer“ in Raleigh, North Carolina, und die „Sacramento Bee“.

Rupert Murdoch´s News Corporation übernahm 2007 den Verlag Dow Jones, der das „Wall Street Journal“ herausgibt. Sam Zell übernahm Tribune (u.a. „Los Angeles Times“) für 8,2 Milliarden US-Dollar. Auf dem Zeitschriftenmarkt teilen sich zwei Verlage den ersten Platz der höchsten Jahresgewinne: Time Warner, Inhaber des „Time“-Magazine, und Advance Publications, dem unter anderem der Zeitschriftenverlag Condé Nast angehört. Beide Unternehmen verbuchen mehr als drei Milliarden Dollar im jährlichen Zeitschriftengeschäft. Der Konzern Hearst rangiert dahinter mit zwei Milliarden US-Dollar Jahresgewinn. Neben Time Warner wird der Zeitschriftenmarkt damit nicht von den großen amerikanischen Medienunternehmen, sondern von kleineren Verlagen dominiert196.

195Vgl. Hovestät, Dagmar (o.J.): Die Macht der Konzerne: Das Mediensystem der USA. In: Bundeszentrale für politische Bildung Online: Dossier USA. Internetressource: http://www.bpb.de/themen/61ZEPD,0,0,Die_Macht_der_Konzerne:.html, überprüft am 31.12.2008. 196Vgl. Project For Exellence in Journalism (2008): The State of the News Media. An Annual Report on American Journalism. Ownership. Internetressource: http://www.stateofthenewsmedia.org/2008/, überprüft am 31.12.2008.

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Tab. 12: Verlage (2006)

Verlag Jahresumsatz (USA, in Mio. US-Dollar)

Gannett 5.662,5

Tribune 4.072,7

The New York Times 3.174,7

McClatchy 2.929,1

Advance Publications 2.238,8

Hearst 1.521

Cox Enterprises 1.400

MediaNews Group 1.347

Dow Jones 1.187,2

Lee Enterprises 1.164,6

Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trends 2008, 897; eigene Darstellung.

4.1.4. Presserecht

Eine wichtige Grundlage des Presserechts in den Vereinigten Staaten ist der Freedom of Information Act (erstmals 1966), der allen Bürgern freien Zugang zu öffentlichen Dokumenten garantiert und staatlichen Behörden nur in bestimmten Fällen erlaubt, die Herausgabe von Dokumenten zu verweigern. Diese Transparenz kommt vor allem Journalisten zu Gute197. Am 18. Dezember 2007 stimmte der Kongress mit einer überwältigenden Mehrheit für einen Gesetzesentwurf zur Stärkung des Freedom of Information Act (FOIA) und reagierte somit auf das Vorgehen einiger Regierungsbüros, die ihrer Auskunftspflicht in den vergangenen Jahren häufig nur mangelhaft nachgekommen waren. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Dokumente der Regierung schneller der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden müssen. Im Moment müssen Regierungsbüros dem FOIA innerhalb von 20 Tagen nachkommen, aber in der Praxis dauert der Prozess häufig Monate oder Jahre. Nach dem 11. September 2001 rechtfertigen viele Dienststellen die Nichtpreisgabe von Dokumenten mit dem Verweis auf die nationale Sicherheit und die Gefahr von terroristischen Aktivitäten. Das neue Gesetz jedoch soll den Zugang zu Informationen für alle US-amerikanischen Bürger erleichtern.

Die Federal Communications Commission´s (FCC) ist eine unabhängige Regulationsbehörde für Medien mit Sitz in Washington D.C. Sie änderte 2007 das Gesetz zur Verflechtung von Zeitungsverlagen und Rundfunkanbietern, die eine begrenzte Erleichterung für Print- und Rundfunkverflechtungen ermöglicht. Im Bereich der zwanzig größten Unternehmen gilt, dass Verlage nur entweder einen Fernseh- oder einen Radiosender betreiben dürfen, nicht aber beides. Außerdem ist es Verlagen verboten, Fernsehsender zu übernehmen, die zu den vier reichweitenstärksten ihrer Region gehören. Für alle anderen Medienunternehmen gelten weniger strikte Regeln, da hier keine marktbeherrschenden Positionen vermutet werden. Die gesetzlichen Regelungen in diesem Marktsegment beziehen sich hauptsächlich auf die Sicherung lokaler Nachrichten, so dass die Medienunternehmen einen bestimmten Umfang an lokaler Berichterstattung sicherstellen müssen.

Im Jahr 2007 wurde außerdem das Free Flow of Information Act auf den Weg gebracht. Das Gesetz soll den Schutz geheimer Informanten oder Quellen in der Berichterstattung gewährleisten, in dem ein einheitlicher Standard für Verhandlungen vor dem Verfassungsgericht festgelegt wird. Im Februar 2008 war eine frühere Reporterin von „USA Today“ in Beugehaft genommen worden, weil sie sich geweigert hatte, Quellen preiszugeben, die sie im Jahre 2002 in zwei Artikeln zitiert hatte. Die Journalistin muss nun mit Geldstrafen von 500 bis zu 5000 US-Dollar rechnen. In vergangenen Jahren waren Dutzende Journalisten von Staatsanwälten zu ihren Quellen befragt worden198.

197Vgl. Kleinsteuber, Hans J. (2005): Das Mediensystem der USA. In: Hans-Bredow-Institut (Hg.) (2005): Internationales Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden: Nomos, 1081-1094, hier: 1081-1082. 198 Vgl. World Association of Newspapers (2008): World Press Trends 2008. Paris: World Association of Newspapers, 893

73

4.1.5 Pressemarkt Washington D.C.

Die wichtigsten Titel auf dem Pressemarkt Washingtons stellen die Tageszeitungen „Washington Post“ und deren größter Konkurrent „Washington Times“ dar. Die „Washington Post“ ist nicht nur die älteste Zeitung Washingtons, sondern auch diejenige mit der größten Reichweite. Bekannt für investigativen Journalismus, wie etwa im Fall der Watergate-Affäre, genießt sie landesweit eine hohe Reputation. Unter ihrer Dachmarke erscheint auch die Gratiszeitung „Express“, die Veranstaltungshinweise, Sportereignisse und Unterhaltung bietet. Die Tageszeitung „Washington Times“ und die Gratiswochenzeitung „Washington City Paper“ haben ebenfalls eine beachtliche Reichweite. Im Jahr 2005 erschien erstmals die kostenfreie Boulevardzeitung „Washington Examiner“, die aus einer Reihe von vorstädtischen Zeitungen hervorgegangen war. „The Politico“ ist eine in Washington DC ansässige Organisation für politischen Journalismus, die ihre Inhalte über eine eigene Tageszeitung, das Fernsehen, das Internet und das Radio verbreitet. Es erscheinen außerdem noch einige themenspezifische Wochenzeitungen, wie zum Beispiel „Washington Blade“, „Metro Weekly“, „Washington Informer“ und das zweiwöchentlich erscheinende Obdachlosenmagazin „Street Sense“.

Viele Stadtteile haben eigene Gemeindeblätter, darunter „The Current Newspapers“ mit Ausgaben in sechs Bezirken. Außerdem werden einige auf den US-Kongress spezialisierte Zeitungen publiziert, wie „Roll Call“ und „The Hill“.

Tab. 13: Gesamte durchschnittliche Verkaufsauflage (März – September 2008)

Titel Erscheinungstag Erscheinungsweise Gesamtauflage*

Afro-American & Tribune, Washington

Samstag Wochenzeitung 8,374

Times, Washington Sonntag Tageszeitung 37,946

Times, Washington Samstag Tageszeitung 71,274

Times, Washington Montag - Freitag Tageszeitung 81,104

Washington Post, Washington Samstag Tageszeitung 584,313

Washington Post, Washington Montag-Freitag Tageszeitung 622,714

Washington Post, Washington Sonntag Tageszeitung 866,057

USA Today, Washington Montag-Freitag Tageszeitung 2,293,310

* Total Circulation = Total Average Paid Circulation

Quelle: Audit Bureau of Circulations

4.1.6 Zeitungsportraits (Auswahl)

Washington Post

Zwar zählten nach Erscheinen der Erstausgabe am 6. Dezember 1877 noch ehrenwerte Männer wie Joseph Pulitzer und der junge Theodore Roosevelt zu den Autoren, doch mit der Übernahme durch den Demokraten John McLean 1905 kamen Sensationsschlagzeilen, Comics und Skandale. Das Blatt sank auf das Niveau des „Yellow Journalism“. 1933 ersteigerte der konservative Investor Eugene Meyer die mittlerweile bankrotte Zeitung, engagierte einen erstklassigen Stab an Journalisten und brachte die Post auf Kurs. 1946 übergab er das mittlerweile profitable Geschäft an seinen Schwiegersohn Philip Graham. Dieser eröffnete Korrespondentenbüros in Europa und kaufte Radio- und TV-Stationen sowie das „Newsweek“-Magazin (1961). Der große Coup gelang ihm indes 1954 mit der Übernahme des traditionellen Rivalen „Washington Times-Herald“. Über Nacht verdoppelte sich die Auflage der Post auf 395.000, auf dem Markt für Morgenzeitungen im Raum Washington war ein Fast-Monopol entstanden. Nach Grahams Tod 1963 wurde seine Frau Katharine Herausgeberin der Zeitung und Vorsitzende der Washington Post Company. Unter ihrer Führung machte sich die „Washington Post“ weltweit einen Namen, als die „Post“-Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein 1972/73 den Watergate-Skandal

74

aufdeckten, der zum Rücktritt von Richard Nixon führte. Das Familiengeschäft expandierte unter Katharine Graham in den 1970er und 80er Jahren durch den Zukauf von Regionalzeitungen und TV-Kabelnetzen zu einem milliardenschweren Medienkonglomerat. 1991 übernahm Katharine Grahams Sohn Donald das Ruder. Er kaufte 1992 84 Prozent der Anteile an Gaithersburg Gazette, Inc. (15 Lokalzeitungen) und investierte in elektronische Inhalte: 1996 ging die Post online, und im Juni 2000 entstand die (inzwischen eingestellte) gemeinsame Internet-Plattform der Nachrichten-Schwergewichte MSNBC, NBC News und Newsweek.

Im Jahre 2004 war auch für die „Washington Post“ die Zeit gekommen, drei Monate nach der „New York Times“ ihre weitgehend unkritische Berichterstattung vor und während des Irak-Krieges zu bedauern. „Post“-Medienkritiker Howard Kurtz zählte über 140 Front-Page-Stories, die sich von der Rhetorik der Bush-Regierung kaum noch unterschieden hätten. Die Reporterin Karen DeYoung sagte dazu: „The caution and the questioning was buried underneath the drumbeat”199.

Im Jahr 2007 hatte die Washington Post eine Gesamtauflage von 635.000 Exemplaren. Das bedeutet einen Rückgang von 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.200

Washington Times

Die Tageszeitung „Washington Times“ wurde 1982 als konservative Alternative zur „Washington Post“ gegründet und hatte 2008 eine Auflage von 81.104201, also etwa ein Siebtel der Auflage des Konkurrenten „Washington Post“. Die Gründung der „Times“ vollzog sich ein Jahr nach der Schließung der ehemals zweitplazierten Tageszeitung „Washington Star“, die nach über hundert Jahren eingestellt wurde. Ein großer Teil der redaktionellen Mitarbeiter des „Washington Star“ wechselte zur neu gegründeten “Times“. Als eine der wenigen Tageszeitungen zu dieser Zeit publizierte die „Washington Times“ von Beginn an farbige Titelseiten und Fotos.

Gründungsmitglieder waren das Oberhaupt Mun Sun Myung Moon und andere Mitglieder der Vereinigungskirche, einer synkretistischen religiösen Bewegung in den USA. Sun Myung Moon hat zwar offiziell keine Einfluss auf die Zeitung und ist auch kein Aufsichtsratsmitglied des Verlags News World Communication Cooperation, der die „Washington Times“ verlegt. Allerdings sind alle Aufsichtsratsmitglieder auch Angehörige von Moons Verteidigungskirche. Moon hat nach Angaben von Beschäftigten bis zum Jahr 2002 etwa 1,7 Milliarden US-Dollar in die Zeitung investiert. Weiterhin beabsichtigte er nach eigenem Bekunden, die Zeitung zu einem Kommunikationsinstrument zu machen, um die „Wahrheit über Gott und die Welt“ zu verbreiten202. Die Verluste, die der Verlag News World Communications Cooperation mit der „Times“ verzeichnete (rund die Milliarden US-Dollar) wurde von der Verteidigungskirche in Form von Subventionen getragen203.

Die konservative Tageszeitung galt als Lieblingsblatt des ehemaligen US-Päsidenten Ronald Reagan, der 1997 über die Times sagte: „The American people know the truth. You, my friends at The Washington Times, have told it to them. It wasn't always the popular thing to do. But you were a loud and powerful voice. Like me, you arrived in Washington at the beginning of the most momentous decade of the century. Together, we rolled up our sleeves and got to work. And - oh, yes - we won the Cold War”204.

199 Zitiert nach: Kurtz, Howard (2004): The Post on WMDs: An Inside Story. In: Washington Post vom 12.08.2004, A01. 200 Killian, Erin (2007): Washington Post Circulation Decline Continues , USA Today circulation increases. In: Washington Business Journal, 5. November 2007, Internetressource: http://www.bizjournals.com/washington/stories/2007/11/05/daily9.html, überprüft am 31.12.08. 201 März – September 2008, siehe dazu auch Abb. 1. 202 Ahrens, Frank (2002): Moon Speech Raises Old Ghosts as the Times Turns 20. In: Washington Post vom 23.05.2002, E01. 203 Vgl. Freedman, Allan (1995): Washington´s Other Paper. Is it the right time for the Times? In: Columbia Journalism Review March/April 1995. Internetressource: http://backissues.cjrarchives.org/year/95/2/times.asp, überprüft am 31.12.08. 204 Gorenfeld, John (2005): Dear Leader's Paper Moon. In: The American Prospect vom 19.06.2005. Internetressource: http://www.prospect.org/cs/articles?articleId=9868, überprüft am 31.12.08.

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4.1.7 Konzernportrait: Washington Post Company

Die Washington Post Company ist mit Abstand der größte Medienkonzern in Washington, D.C.205 Sie wurde 1877 gegründet und ist seit 1971 eine Aktiengesellschaft. Der Hauptsitz ist in Washington D.C. und 2007 betrug der Jahresumsatz 4,18 Milliarden US-Dollar (ca. 3,034 Milliarden Euro). Angestammte Kernbranche der Washington Post Co. ist die Herausgabe von Tageszeitungen und Magazinen. Zur Newspaper Division zählen neben dem Flaggschiff „Washington Post“ (Gesamtauflage 2007: 635.000), „The Herald“, Tageszeitung im Staat Washington (Auflage 2007: 48,506), die Community Newspaper Division, u. a. Herausgeber von 39 lokalen Wochenblättern im Staat Maryland, seit August 2003 das Washingtoner Tabloid-Gratisblatt „Express“ (Auflage 2008: 190.000), seit Mai 2004 „El Tiempo Latino“, spanische Gratis-Wochenzeitung für den Raum Washington D.C., und „Washingtonpost.Newsweek Interactive“, die für die Internet-Auftritte der hauseigenen Vorzeigeblätter zuständige Filiale.

Spitzenprodukt der Magazine Publishing Division ist „Newsweek“ (New York, gegründet 1933). Dazu kommen Arthur Frommer’s Budget Travel (monatliches Reisemagazin, Auflage 2007: 631,000) und die Post Newsweek Tech Media Group, Herausgeber von Branchen- und Online-Diensten mit Technologie-Schwerpunkt. Newsweek Prods. schließlich produziert Nonfiction-Programme für Kabelsender wie PBS, A&E, The History Channel und National Geographic Television – zum Teil in Kooperation mit der britischen TV-Firma Carlton Television (jetzt ITV). Post-Newsweek Stations besitzt und betreibt sechs terrestrische TV-Sendestationen, fünf davon network-gebunden (affiliated), allesamt indes Lokalsender: zwei NBC-Partnersender (WDIV in Detroit und KPRC in Houston), zwei Stationen im ABC-Netzwerk (WPLG in Miami und KSAT in San Antonio), in Zusammenarbeit mit CBS noch WKMG in Orlando und die unabhängige Station WJXT in Jacksonville.

Mitte März 2008 überraschte die Washington Post Company mit einer scheinbar graduellen, im Grunde aber fundamentalen Richtungsänderung ihrer Unternehmenspolitik: Man verstehe sich nicht mehr als Media and Education Company, sondern im Gegenteil als Education and Media Company. Grund dafür ist das rasante Wachstum der Bildungssparte innerhalb des Konzerns: Kaplan Inc. hatte in den vergangenen Jahren die anderen Unternehmensbereiche mit seinen immensen Gewinnzuwächsen schnell in den Schatten gestellt und in 2007 zeitweise sogar über 50 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. Gleichzeitig brachen die Auflagen und Umsätze ein, im traditionellen Zeitungsgeschäft um sieben Prozent und bei den Magazinen sogar um 13 Prozent.

Dass es der Washington Post Company wirtschaftlich dennoch nicht so kalt erwischt hat wie die meisten anderen Zeitungsverlage, wird der breiten Aufstellung des Konzern auf dem Markt, allen voran den Investitionen in das Weiterbildungsstandbein Kaplan Inc. Zugeschrieben, das mittlerweile über die Hälfte des Umsatzes generiert.206 Andere Unternehmen wie The McClatchy Company, die durch ihren Kauf des angeschlagenen Knight Ridder-Zeitungskonzerns seit 2005 fast 80 Prozent ihres Aktienwertes hat einbüßen müssen, oder Lee Enterprises, die nach der Akquise des Pulitzer-Verlags, immerhin der viertgrößte der USA, nur noch ein Viertel so viel wert waren wie vorher, hat es durch die Konzentration auf publizistische Aktivitäten schwer getroffen. Auch die altehrwürdige New York Times Company hat innerhalb von vier Jahren über 50 Prozent ihres Börsenwerts verloren.

Gleichzeitig wuchsen im Zuge des Verkaufs des Dow Jones-Verlagshauses („Wall Street Journal“) an den globalen Medienunternehmer Rupert Murdoch die Zweifel am Willen der Inhaberfamilie der Post, ihre Qualitätszeitung angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten weiter gegen Versuche der Einflussnahme seitens der Börse zu verteidigen. Diese Befürchtungen wurden nicht allein durch den Wandel der Firmenphilosophie geschürt, sondern auch durch das Verhalten Donald Grahams, der seit 1993 das Familienunternehmen lenkt: Aus privaten Gründen, wie die „Washington Post“ berichtete, wandelte er über ein Viertel seiner Aktienanteile der Klasse A in frei handelbare Aktien der Klasse B, um Kapital zu gewinnen. Die Entscheidungshoheit über die Geschicke des Unternehmens soll aber – vorerst – weiterhin in den Händen der Grahams verbleiben.

205 www.mediadb.eu 206 www.mediadb.eu

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4.2. Frankreich/ Paris

4.2.1. Historische Entwicklung des französischen Pressemarktes

Die Presselandschaft Frankreichs ist vergleichsweise jung, da nach dem Zweiten Weltkrieg viele Zeitungen wegen Kollaboration mit der Vichy-Regierung geschlossen wurden. Diese Schließungen (und spätere Neueröffnungen) waren ein wichtiger Schritt, denn sie markierten den Bruch mit der Vergangenheit und standen für einen Neuanfang. Allerdings eröffneten viele Redaktionen erneut unter einem anderen Namen, aber unveränderter Aufmachung, sodass sie von den Lesern leicht wieder zugeordnet werden konnten (wie zum Beispiel „Le Temps“, die zu „Le Monde“ wurde). Nur wenige Zeitungen, die ihre Auflage früh genug eingestellt hatten, konnten nach dem zweiten Weltkrieg ihre Arbeit in ihrer Originalkonfiguration fortsetzen, wie z.B. „Le Figaro“ 207.

Obwohl Frankreich im Hinblick auf die Vielfalt und Auflagenstärke von Zeitungen und Zeitschriften im weltweiten Vergleich respektable Ergebnisse erzielt, wird besonders dem überregionalen Tageszeitungsmarkt seit einigen Jahren eine krisenhafte Entwicklung attestiert. Dagegen behaupten sich Publikumszeitschriften und Wochenzeitschriften erfolgreich am Markt und konnten trotz hoher Verkaufspreise ihren Absatz noch erhöhen.

4.2.2 Ökonomische Entwicklung

In Frankreich hat das Verfassungsgericht, der Conseil Constitutionnel, mit seiner Rechtsprechung dem so genannten „doppelten Pluralismusgebot“ Verfassungsrang eingeräumt. Dieses umfasst die Sicherung der Angebotsvielfalt sowie des Informationszugangs der Bürger. Durch das 1947 in Kraft getretene Bichet-Gesetz sollte der gleichberechtigte Zugang einzelner Verleger zum Distributionsnetz gesichert werden. Die Pressedistribution in Frankreich erfolgt in einem mehrstufigen System über Verlegergenossenschaften, in deren Besitz sich Verteiler-Firmen befinden. Diese beliefern über ein Netz von eigenen Transportunternehmen und Zwischenhändlern schließlich die Einzelhändler. Trotz der genossenschaftlichen Organisation und des im Bichet-Gesetz formulierten Diskriminierungsverbots konnte es dem Hachette-Konzern (siehe oben) gelingen, eine signifikante Machtposition im Mediensystem zu erlangen208.

Gegenwärtig liegt die Gesamtdruckauflage von französischen Zeitungen und Zeitschriften bei neun Milliarden Exemplaren, die sich auf etwa 20.000 publizistische Einheiten verteilen. Allerdings nimmt die Zahl der Zeitschriften stetig zu, während jene der Zeitungen abnimmt. Parallel zum Zeitungssterben sank die verkaufte Auflage der Tagespresse in den letzten Jahren kontinuierlich, während sich die Wochenmagazine auf hohem Niveau stabilisieren konnten. Der Hauptstadtpresse erwuchs zudem neue Konkurrenz in Form von Gratiszeitungen. Von den etwa 15 Millionen verteilten Exemplaren pro Tag entfallen nur 2,2 Millionen auf nationale Zeitungen. Besonders dramatisch ist die Situation im Großraum Paris: Während dort die Bevölkerung um ein Drittel wuchs, schrumpfte die Gesamtauflage der vor Ort erscheinenden Tageszeitungen um 34 Prozent. Zwischen 1997 und 2003 hat die nationale Tagespresse 12 Prozent bzw. etwa 800.000 Leser verloren. Die Zeitungsdichte entspricht etwa 150 Exemplaren je 1000 Einwohner, das ist etwa nur halb so viel wie beim europäischen Nachbarn Deutschland209.

In jüngster Zeit durchlebt auch die Presse in Frankreich eine strukturelle Krise bedingt durch die technischen Neuerungen, die den Rückgang von Werbeerlösen zur Folge hatten. Zwar subventioniert der Staat die Presse in Frankreich jährlich mit zehn Milliarden Euro, was etwa zehn Prozent des Presseumsatzes entspricht210. Doch ist die Presse stark abhängig vom Anzeigenmarkt: In 2007 beliefen sich die Werbeinnahmen der französischen Tageszeitungen insgesamt auf 2,295 Milliarden Euro, wobei die kostenpflichtigen Zeitungen 1,399 Milliarden Euro Erlöse aus dem Anzeigengeschäft erwirtschaften konnten. Die Gratiszeitungen lagen in ihrem Ergebnis knapp dahinter bei 1,196 Milliarden Euro. Kostenpflichtige überregionale Tageszeitungen generierten 331 Millionen Euro durch Werbung.

Die Ausgaben der Werbeindustrie für den Printbereich beliefen sich 2007 insgesamt auf 4,396 Milliarden Euro, dabei entfielen 2,205 Milliarden Euro auf Zeitungen und 2,191 Milliarden Euro auf Zeitschriften.

207 Kempf, Udo (2007): Das politische System Frankreichs, 4., aktualisierte und erw. Aufl., Wiesbaden: VS-Verlag, 293. 208 Vgl.: Haller, Michael (2006): Informationsfreiheit und Pressevertrieb in Europa. Zur Funktionsleistung des Grosso- Systems in ausgewählten Staaten der Europäischen Union. 2., aktualisierte Auflage. Baden-Baden: Nomos, 30ff. 209 Ebd., 294ff. 210 Schiffrin, André (2007) Die Kontrolle über das gedruckte Wort. In: eurotopics vom 20.12.2007. Internetressource: http://www.eurotopics.net/de/magazin/wirtschaft-verteilerseite-neu/medienmaerkte-2007-12/eurozine-schiffrin/?EUTOPICS=a3f5ec3a8a4bdc66d500764fdf13b204, überprüft am 31.12.08.

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4.2.3. Konzentrationsprozesse

Seit den 1960er Jahren ist eine starke Konzentration auf dem französischen Medienmarkt zu verzeichnen. Sechs führende Konzerne kontrollieren den Großteil den Marktes (ca. 70 Prozent der Presseerzeugnisse und Buchpublikationen), daneben agieren die öffentlich-rechtlichen Unternehmen France Télévision (nur Fernsehen) und Radio France. Bei den Medienkonzernen handelt es sich zumeist um Mischkonzerne, die ihr Kerngeschäft in verschiedenen Industriezweigen haben (und zum Teil freundschaftliche Beziehungen zu Staatschef Sarkozy pflegen211). Der Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtkonzern Lagardère ist Inhaber des Medienhauses Hachette Filipacchin Média, dem Zeitschriften wie „Elle“ und „Paris Match“ angehören, der einige Regionalzeitungen verlegt und dem außerdem der Radiosender Europe 1 gehört. Lagardère ist zusätzlich mit 25 Prozent an der Amaury-Gruppe beteiligt („Le Parisien“/ „Aujourd´hui en France“). Der Mobilfunkanbieter und Bauriese Bouyges besitzt 43 Prozent am TV-Sender TF1 und 34 Prozent an der Gratiszeitung „Métro“. Bouyges ist außerdem beteiligt an dem französischen Nachrichtensender La Chaîne Info und dem Sportkanal Eurosport. Dem Unternehmen Dassault (Rüstung, Luftfahrt, Elektronik) gehört die konservative Tageszeitung „Le Figaro“, die nach „Le Monde“ und der Sportzeitung „L´Equipe“ die drittgrößte Auflage in Franzreich hat. Außerdem gehört dem Konzern die Verlagsgruppe Socpresse (neben „Le Figaro“ auch 30 Prozent der regionalen Zeitungen, z.B. „Les Dernières Nouvelles d´Alsace“, „Le Progrès“, „Le Dauphiné Libéré“ u.a.) an. Weitere Unternehmen, die auf dem Medienmarkt agieren sind Prisma Presse (gehört zu Bertelsmann), Le Monde, Bayard Presse, Ouest-Presse und Groupe Sud Ouest212.

211 Vgl. Weber, Lars (2007): Die französischen Medien im Präsidentschaftswahlkampf, Frankreich-Info. Paris: Friedrich Ebert Stiftung, 4. 212 Vgl. Bourgeois, Isabelle (2004): Medienangebot und Medienpolitik. In: Bundeszentrale für politische Bildung Online: Gesellschaft im Wandel. Internetressource: http://www.bpb.de/publikationen/4A4ZQ0,6,0,Gesellschaft_im_Wandel.html, überprüft am 31.12.2008.

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Tab. 14: Größte Verlagshäuser (2007)

Verlag Gesamtauflage (000)

Quest France 793,790

Le Monde 358,655

Le Figaro 344,479

Le Parisien 342,396

L´Equipe 336,929

Sue Quest 318,872

La Voix du Nord 292,049

Le Journals du Dimanche 268,806

Le dauphiné Libéré 249,817

International Herald Tribune 241,740

Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trends 2008; eigene Darstellung.

Tab. 15: Entwicklung der Anzahl überregionaler Tages- und Gratiszeitungen

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Gesamtzahl 85 85 85 94 94 93 95

Gesamtzahl kostenpflichtige Tageszeitungen

85 85 85 85 85 85 85

Kostenpflichtige überregionale, Tageszeitungen

24 24 24 24 24 24 24

Regionale und lokale kostenpflichtige Tageszeitungen

61 61 61 61 61 61 61

Gesamtzahl Gratistageszeitungen - - - 9 9 8 10

Kostenpflichtige Sonntagszeitungen 32 32 32 32 33 34 37

Überregionale kostenpflichtige Sonntagszeitungen

2 2 2 2 3 3 3

Regionale und lokale kostenpflichtige Sonntagszeitungen

30 30 30 30 30 31 34

Quelle: World Association of Newspapers – World Press Trends 2008; eigene Darstellung.

4.2.4 Presserecht

Das französische Presserecht sieht vor, dass stille Partner in Zeitungsverlagen nicht geduldet werden und Anteilseigner im Handelsregister veröffentlicht werden müssen. Als Verleger wird jeweils der Inhaber der Anteilsmehrheit eingetragen.

Ausländische Unternehmen oder Investoren dürfen nicht mehr als 20 Prozent des Kapitals eines Zeitungsverlages besitzen. Kein Anteilseigner darf mehr als 49 Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte verfügen.

Seit 1986 ist die Verflechtung von Printverlagen und Rundfunkunternehmen verboten. Um Verflechtungen zu verhindern, gibt es auf nationaler bzw. auf regionaler und lokaler Ebene verschiedene Regelungen. Auf nationaler Ebene werden keine Verflechtungen mit Printprodukten zugelassen, wenn der Antragssteller bereits über Fernsehlizenzen verfügt, die für einen Verbreitungsraum mit mehr als vier Millionen Einwohnern gelten. Dies gilt ebenso für Radiolizenzen, deren Programme ein Gebiet mit einer Bevölkerung von 30 Millionen Menschen abdecken. Außerdem untersagt werden Verflechtungen mit Anbietern von Verteilservices, die einen Verbreitungsraum von sechs Millionen Menschen versorgen.

Auf regionaler und lokaler Ebene gelten strengere Regelungen – auch für Kabel- und Rundfunknetzbetreiber. Personen, die in der betreffenden Region über Lizenzen für Fernsehprogramme verfügen, welche über terrestrischen Rundfunk verbreitet

79

werden, erhalten keine Bewilligungen für Beteiligungen oder Herausgabe von Printprodukten. Gleiches gilt für Inhaber einer oder mehrerer Lizenzen von Radioprogrammen (sowohl national als auch regional), deren potentielle Hörerschaft zehn Prozent der Gesamthörerschaft im jeweiligen Verbreitungsgebiet entspricht. Schließlich wird Inhabern einer oder mehrerer Lizenzen zum Betrieb von Kabelnetzen, über die Rundfunkprogramme übertragen werden, die Herausgabe von Printprodukten untersagt.

Anteilseigner an Verlagen dürfen nicht mehr als 49 Prozent des Kapitals oder der Stimmrechte (weder direkt noch indirekt) eines TV-Senders halten, wenn das durchschnittliche Jahrespublikum des Unternehmens größer als 2,5 Prozent des Gesamtpublikums ist.

Das Gesetz zur Freiheit der Kommunikation von 1986 verbietet außerdem Beteiligungen an Printunternehmen unter falschem Namen. Die Teilhaber von Gemeinschaftsunternehmen müssen registriert und jeder Transfer verwaltungsrechtlich erfasst werden. Handelt es sich beim jeweiligen Unternehmen nicht um eine juristische Person, dann müssen in jeder Zeitungsausgabe die Namen der Herausgeber aufgeführt werden. Andernfalls müssen Sitz, Rechtsbehörde, Rechtsform und den Namen des zuständigen Vertreters genannt werden.

Das Gesetz verbietet die Liquidierung, die Übernahme oder Führung einer der meinungsbildenden Tageszeitungen durch eine andere Rechtseinheit oder eine Gruppe, wenn ein solcher Vorgang direkte oder indirekte Einflussnahme erlauben würde. Dies gilt für Produkte mit einer Reichweite von mehr als 30 Prozent der Gesamtreichweite vergleichbarer Printprodukte im jeweiligen Verbreitungsgebiet213.

4.2.5 Pariser Presse

Frankreich ist vor allem bekannt für seine profilstarken überregionalen Tageszeitungen „Le Monde“, „Le Figaro“ und „Libération“. Am heimischen Markt erfolgreicher sind jedoch Wochenzeitungen und -zeitschriften wie „Le Canard enchaîné“, „LÉxpress“ und „Le Poin“. Darüber hinaus gibt es 14-tägliche Publikationen, Monatsausgaben und Periodika mit unregelmäßigem Erscheinungsdatum. Die überregionalen Zeitungen Frankreichs werden auch „Pariser Presse“ genannt, da sie neben nationalen Nachrichten hauptsächlich lokale Nachrichten und solche aus Paris publizieren, dafür indes die Regionalberichterstattung vernachlässigen. Neben der auflagenstarken Boulevardzeitung „Le Parisien“, der Pariser Ausgabe von „Aujourd´hui en France“, besteht der Pariser Pressemarkt im Wesentlichen aus den in Paris ansässigen überregionalen Zeitungen. Daneben gibt es einige große Regionalzeitungen, die hauptsächlich die Leserschaft außerhalb von Paris bedienen, wie „Ouest-France“ (Frankreichs größte Regionalzeitung), „L´Indépendent“ oder „Les Dernières Nouvelles d´Alsace“. Außerdem gibt es einen stark wachsenden Markt für Gratiszeitungen („20 Minute“, „Metro“)214.

213 World Association of Newspapers (2008): World Press Trends 2008. Paris: World Association of Newspapers, 378-379. 214 Vgl. ebd., 293-294.

80

Tab. 16: Überregionale Tageszeitungen Frankreich (08/2007 – 07/2008)

Titel Verkaufte Auflage Verkaufte Gesamtauflage Gesamtauflage

Aujourd´hui en France 189.543 192.776 193.711

Bilto 13.241 13.823 193.711

Les Echos

L´équipe Edition Générale 323.835 332.580 336.665

Le Figaro 322.482 332.920 339.236

La Croix 94.642 96.021 102.976

Libération 126.390 131.991 344.053

Le Monde 304.083 339.991 344.053

Le Parisien

L´Humanité 49.384 49.495 52.107

Paris Courses 35.022 37.716 37.716

Paris Turf 71.261 76.898 77.645

Tierce Magazine 23.539 25.267 25.267

La Tribune 76.535 77.457 82.023

Week-End 23.493 25.226 25.329

Quelle: Association pour le contrôle de la diffusion des médias: Presse Payante ; eigene Darstellung.

4.2.6 Zeitungsportraits (Auswahl)

Le Monde

„Le Monde“ ist eine überregionale französische Tageszeitung mit Sitz in Paris, die dem Verlag Groupe de La Vie – Le Monde angehört. Sie erschien erstmals 1944. Die Chefredakteure sind Laurent Greilsamer, Patrick Jarreau, Michel Kajman und Sylvie Kauffmann und herausgegeben wird Le Monde von Eric Fottorino.

1944 von Hubert Beuve-Méry gegründet, gilt die linksliberale „Le Monde“ heute als eine der wichtigsten meinungsbildenden Zeitungen Frankreichs. Le Monde gehört zu 53 Prozent Angestellten und Mitarbeitern und 47 Prozent teilen sich Danone, die Bank BNP Paribas und der Milliardär François Pinault215.

215 Vgl. LeMonde (2002) : Qui sommes nous? In: LeMonde.fr vom 05.02.2002. Internetressource: http://www.lemonde.fr/qui-sommes-nous/article/2002/02/05/le-monde_261404_3386.html, überprüft am 31.12.2008.

81

Abb. 13: Auflage von „Le Monde“ in den Jahren 2004 – 2007

Le Monde

Verkaufte Auflage (FR)

300.000

305.000

310.000

315.000

320.000

325.000

330.000

335.000

2004 2005 2006 2007

Quelle: OJD ; eigene Darstellung

Le Figaro

Liberalkonservative, überregionale Tageszeitung mit Sitz in Paris, die 1826 gegründet wurde und nach „Le Monde“ die wichtigste meinungsbildende Tageszeitung Frankreichs darstellt. Die Zeitung gehört dem Socpresse-Verlag an, der im Besitz des Mischkonzerns Groupe Dassault ist. Dassault ist der größte Konkurrent des Unternehmens Lagagère auf dem Pressemarkt216.

Abb. 14.: Auflage von „Le Figaro“ in den Jahren 2004 -2007

Le Figaro

Verkaufte Auflage (FR)

318.000

320.000

322.000

324.000

326.000

328.000

330.000

332.000

2004 2005 2006 2007

Quelle: OJD; eigene Darstellung

Libération

Linksliberale Pariser Tageszeitung, die 1973 vom französischen Philosophen Jean-Paul Sartre gegründet wurde. Sie ist nach „Le Monde“ und „Le Figaro“ die wichtigste überregionale Zeitungen Frankreichs. Die „Libération“ galt als Sprachrohr der 68-Bewegung in Frankreich und hatte berühmte Mitarbeiter, darunter auch Michel Foucault.

Im Jahre 2005 verringerte der jahrelange Hauptaktionär, die Gewerkschaft Societeé civile des personnels de Libéartion (SCPL), ihren Anteil an der „Libération“ von 39,4 Prozent auf knapp 20 Prozent. Neuer Hauptaktionär wurde der Pferdestallbesitzer Edouard de Rothschild, der mit 37 Prozent an der Zeitung beteiligt ist217.

216 Vgl. Ecole Supérieur de Journalisme de Lille (o.J.): Le Figaro. Internetressource: http://www.esj-lille.fr/spip.php?article257, überprüft am 31.12.2008. 217 Vgl. Simons, Stefan (2006): Das letzte Gefecht der „Libération“. In: Spiegel Online vom 03.12.2006. Internetressource: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,451989,00.html, überprüft am 31.12.2008.

82

Abb. 15: Auflage von „Libération“ in den Jahren 2004 – 2007

Libération

Verkaufte Auflage (FR)

120.000122.000

124.000126.000

128.000130.000

132.000134.000

136.000138.000

140.000142.000

2004 2005 2006 2007

Quelle: OJD; eigene Darstellung

Le Parisien/Aujourd’hui en France

„Le Parisien“ ist die größte Boulevardzeitung Frankreichs und gehört zur überregional erscheinenden Ausgabe „Aujourd´hui en France“. Gemeinsam haben die Zeitungen eine Auflage von über 500.000 Exemplaren und die größte Reichweite französischer Tageszeitungen. „Le Parisien“ gehört zur Mediengruppe Editions Philippe Amoury. (E.P.A.)218.

Abb. 16: Auflage von Le Parisien/ Aujourd´hui en France in den Jahren 2004 - 2007

Le Parisien + Aujourd´hui en France

Verkaufte Auflage (FR)

485.000

490.000

495.000

500.000

505.000

510.000

515.000

520.000

525.000

530.000

2007 2006 2005 2004

Quelle: OJD; eigene Darstellung

4.2.7 Konzernportraits (Auswahl)

Lagardère Media

Die Lagardère-Gruppe ist ein milliardenschwerer Mischkonzern. Einerseits ist er in den Medienbereichen Presse, Verlage, Pressevertrieb sowie Fernsehen, Radio und Multimedia aktiv. Dazu verbirgt sich hinter dem Geschäftsbereich Hochtechnologie ein Anteil von 7,5 Prozent am europäischen Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtkonzern EADS (dieser Bereich wird im Folgenden nicht einbezogen). Lagardère Media ist in mehr als 40 Ländern vertreten und hat über 30.000 Mitarbeiter in 235 Tochterfirmen.

218 Vgl. Ecole Supérieur de Journalisme de Lille (o.J.): Amaury – Le Parisien – L’Equipe. Internetressource : http://www.esj-lille.fr/spip.php?article172, überprüft am 31.12.2008.

83

Tab. 17: Ökonomische Basisdaten von Lagardère Media

2002 2003 2004 2005 2006 2007

Umsatz Gesamt 13.216 12.454 13.389 13.013 13.999 8.582*

Umsatz Medien 8.095 7.944 8.594 7.901 8.092 8.582

Gewinn Medien 37 334 390 431 270 151

Aktienkurs (in €, Jahresende) 38,71 45,77 53,1 65 61 51,26

Dividende (pro Aktie in €) 0,82 0,9 1 1,1 1,2 1,3

Beschäftigte (Medien) 27.147 26.239 30.786 30.863 31.528 32.810

*seit dem 1.1.2007 werden Umsatz/ Gewinn aus dem EADS-Anteil nicht mehr mit den Lagardère-Zahlen proportional konsolidiert. Der Konzernumsatz entspricht nunmehr dem Umsatz aus dem Mediengeschäft.

Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik; eigene Darstellung.

Tab. 18: Medienumsatz von Lagardère Media nach Geschäftsfeldern (in Mio. €)

2002 2003 2004 2005 2006 2007

Verlage 950 959 1.431 1.644 1.975 2.130

Presse 2.113 2.072 2.120 1.863 1.848 1.782

Pressevertrieb 4.464 4.333 4.366 3.773 3.679 3.721

Lagardère Active 568 580 677 621 590 509

Lagardère Sports 440

Gesamt 8.095 7.944 8.594 7.901 8.092 8.582

Quelle: Institut für Medien- und Kommunikationspolitik; eigene Darstellung.

Dassault Communication

Die Holding Dassault Communication ist eine Tochterfirma des Konzerns Groupe Industriel Marcel Dassault (GIMD) SA, der ebenfalls Eigentümer des Socpresse-Verlags ist. Präsident ist Olivier Dassault, der außerdem als Abgeordneter der UMP in Oise tätig ist. Das Unternehmen machte im Jahre 2004 einen Umsatz von ca. 27 Millionen Euro.

Dassault Communication ist Anteilseigner (33,33 Prozent) am Unternehmen Groupe Valmonde, die übrigen zwei Drittel wurden an den Medienkonzern Sud communication verkauft.

Gegründet wurde das Unternehmen von Raymond Bourgine. Er war zunächst Unternehmenseigentümer und später Aufsichtsratsvorsitzender. Bourgine übte dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahre 1990 aus. Vorstandsvorsitzender ist derzeit Pierre-Yves Revol, den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden hat Olivier Dassault inne. Der Umsatz des Unternehmens betrug im Jahre 2005 rund 13 Millionen Euro.

1993 erwarb Dassault 49 Prozent des „Journal des Finances“ und verkaufte es danach mehrheitlich an das Tochterunternehmen Le Figaro SA, das auch die Tageszeitung „Le Figaro“ und einige Supplements herausgibt. Direktor der Groupe Figaro ist Francis Morel. Das Unternehmen machte im Jahre 2007 einen Umsatz von 547 Millionen Euro und beschäftigte in selbigem Geschäftsjahr 2097 Mitarbeiter.

Die Société d’Edition de Médias d’Information Franciliens (SEMIF), ein Verlag für Regionalzeitungen und Wochenblätter, wurde 2001 von France-Antilles an die Dassault-Gruppe verkauft und wird von Jean-Pierre Bechter geleitet. Die Zeitungen „Le Républicain“ (Essonne), „Toutes les Nouvelles“ (Versailles) und „La Gazette du Val-d’Oise“ wurden im April 2005 an das Unternehmen Ouest France verkauft219.

219 Vgl. Ecole Supérieure de Journalisme de Lille (o.J.): Dassault Communication. Internetressource: http://www.esj-lille.fr/spip.php?article238, überprüft am 31.12.08.

84

4.3. Großbritannien/ London

4.3.1. Historische Entwicklung

Großbritannien besitzt eine vitale und traditionsreiche Presselandschaft. 2005 existierten 112 Tageszeitungstitel, acht von ihnen waren Gratisblätter220. Zu diesen hinzu kamen noch 1176 Sonntags- und Wochenzeitungen sowie über 10.000 Zeitschriftentitel. 84 Prozent der Erwachsenen lesen eine Lokalzeitung und über die Hälfte liest eine national verbreitete Zeitung. London, das unangefochtene wirtschaftliche, kulturelle und politische Zentrum Großbritanniens, nimmt in der Presselandschaft eine herausragende Stellung ein. Alle überregionalen Zeitungen in Großbritannien haben ihren Sitz in London. Von den zehn auflagenstärksten Zeitungen erscheinen neun in der Hauptstadt. Zudem nimmt der „London Evening Standard“ den zweiten Platz in der Rangliste der Regionalzeitungen ein221. Bei den Gratiszeitungen erreicht die „Metro London“ die höchsten Auflagenzahlen. Komplementär zur Londoner national verbreiteten Presse besteht aber eine durchaus einflussreiche Regionalpresse, die einen wichtigen Werbemarkt darstellt. Regionale und lokale Zeitungen erscheinen in Großbritannien häufig abends222. Die Zeitungsstadt London ist historisch eng verknüpft mit der Fleet Street, die noch immer Synonym der hektischen Hauptstadtpresse ist. Allerdings haben die Redaktionen und Druckereien dort mittlerweile nicht mehr ihren Sitz.

Das britische System des Pressevertriebs hat seine Wurzeln in der Tradition des Straßenverkaufs sowie im Vertrauen auf Common Law und Marktkräfte. So besteht kein formelles Pressevertriebsrecht. Vorgaben ergeben sich aus Maßnahmen zur Konzentrationskontrolle wie dem Fair Trading Act von 1973. Die Verteilung der Druckerzeugnisse erfolgt in vier Stufen: Die Verlage beliefern Nationalvertriebe, diese beliefern verlagsunabhängige Grossisten, welche für die Verteilung der Presseerzeugnisse an die Verkaufsstellen zuständig sind. Zeitungen werden im Unterschied zu Zeitschriften in der Regel direkt an die Grossisten geliefert. Die drei größten von ihnen kommen zusammen auf einen Marktanteil von 78 Prozent bei Zeitungen und 86 Prozent bei Zeitschriften: Surridge Dawson, John Menzies und W. H. Smith. Zu einer darüber hinaus gehenden Marktkonzentration kommt es auf den letzten beiden Stufen der Vertriebskette. Grossist W. H. Smith besitzt gleichzeitig die gleichnamige größte Presseverkaufskette, die auf 43 Prozent Marktanteil kommt. In Großbritannien existieren insgesamt ca. 55.000 Verkaufsstellen, 8.300 davon in London223.

4.3.2 Konzentrationsprozesse

Der britische Pressemarkt unterliegt einer starken Unternehmenskonzentration. Drei Verlage kontrollieren zusammen über drei Viertel des überregionalen Pressemarktes. Diese sind Rupert Murdochs News Corporation (37,2 Prozent; “The Times”, “The Sun”), Trinity Mirror plc (20,5 Prozent; “The Mirror”) sowie Daily Mail and General Trust plc (18,7 Prozent; “Daily Mail”).224

220 World Association of Newspapers (2006): World Press Trends 2006. Paris: World Association of Newspapers 459. 221 Ebd., 462. 222 Vgl. Quick, Amanda C. (Hg.) (2003): World Press Encyclopedia. A Survey of Press Systems Worldwide. Detroit: Thomson, Gale, 997. 223 Vgl. Haller, Michael (2006): Informationsfreiheit und Pressevertrieb in Europa. Zur Funktionsleistung des Grosso-Systems in ausgewählten Staaten der Europäischen Union. 2., aktualisierte Auflage. Baden-Baden: Nomos, 47-53. 224 Humphreys, Peter (2004): Das Mediensystem Großbritanniens. In: Hans-Bredow-Institut (Hg.) (2004): Internationales Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden: Nomos, 326-339, hier: 329.

85

Tab. 19: Die wichtigsten Akteure auf dem nationalen Tageszeitungsmarkt (Marktanteil in Prozent inkl. Sonntagszeitungen)

News Corporation 37,2

Trinity Mirror PLC 20,5

Daily Mail and General Trust PLC 18,7

Northern and Shell 9,8

Telegraph Group 7,0

Guardian Media Group 3,3

Pearson Group 1,9

Independent News and Media 1,8

Quelle: Internationales Handbuch Medien 2004/2005; eigene Darstellung.

Tab. 20: Auflage und Verbreitung der auflagenstärksten Tageszeitungen in Großbritannien

Titel Verlag Auflage Reichw. Preis (£)

The Sun News International 3 263 000 8 869 000 0,30

The Daily Mail Associated Newspapers 2 374 000 5 665 000 0,40

Daily Mirror Trinity Mirror 1 728 000 4 734 000 0,35

The Daily Telegraph Telegraph Group 907 000 2 218 000 0,60

Daily Express Express Newspapers 875 000 2 089 000 0,40

Daily Star Express Newspapers 847 000 1 935 000 0,35

The Times News International 685 000 1 629 000 0,50

Daily Record – Scotland Trinity Mirror 456 000 1 241 000 0,50

Financial Times Financial Times 426 000 495 000 1,00

The Guardian Guardian Newspapers 375 000 1 027 000 0,60

Quelle: World Press Trends 2006; eigene Darstellung.

4.3.3 Presserecht

Das britische Presserecht fußt in erster Linie auf einer Selbstregulierung durch die 1991 gegründete Press Complaints Commission (PCC). Diese wacht über die Einhaltung eines Verhaltenskodex für die Presse. Einschränkungen für die Berichterstattung ergeben sich zudem aus Persönlichkeitsrecht und Datenschutz. Insbesondere die Berichterstattung der Tabloids hatte zu wiederholter Kritik geführt, was schließlich zur Einführung des Kodex geführt hatte. Zuletzt war die Selbstverpflichtung 1997 als Folge der Berichterstattung über den Tod Prinzessin Dianas verschärft worden.225

4.3.4 Londoner Pressemarkt

Die Aufhebung der Pressefreiheitsrestriktionen wurden in England nach und nach erkämpft. Die ersten Nachrichtenblätter waren zu Beginn des 17. Jahrhunderts aufgekommen. 1694 wurde die Vorzensur abgeschafft und 1792 wurden durch den „Libel Act“ Urteile in Fragen der Ehrverletzung der richterlichen Entscheidung entzogen und in die Verantwortung von Juryentscheidungen gelegt226. Steuern auf Papier, Druck und Werbeanzeigen wurden in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts jedoch aufrechterhalten. Die so erreichte Verteuerung sollte die Arbeiterklasse vom Zeitungslesen und -herausgeben abhalten. Die Folge dieser „Taxes on Knowledge“ war jedoch die Entstehung einer Fülle von illegal hergestellten und distribuierten Arbeiterzeitungen, der so genannten „radical press“. Diese setzten sich mit dem politischen

225 Ebd., 327 226 Boston, Ray (1990): The Essential Fleet Street. London: Blandford, 56.

86

Geschehen auseinander und hatten aufgrund hoher, landesweiter Reichweiten einen enormen Einfluss auf das Entstehen von Klassenbewusstsein und Gewerkschaftsbewegung. Der Widerstand gegen die Pressesteuern wurde letztendlich von liberaler Seite organisiert. Man sah die Meinungsfreiheit in hohem Maße beeinträchtigt. Die Bewegung zur Abschaffung der Steuern führte zu deren sukzessiver Aufhebung 1853-1861.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Londoner Presselandschaft revolutioniert: Verleger Alfred Harmsworth gilt als der Prototyp eines Medientycoons und die von ihm geschaffene „Daily Mail“ als der Anfangspunkt der modernen Massenpresse. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stieg der Konzentrationsgrad auf dem Londoner Zeitungsmarkt in Folge von Übernahmen stark an. In den 30er Jahren dominierten vier Pressebarone die Zeitungslandschaft: Lord Beaverbrook, Lord Rothermere, Lord Camrose und Lord Kemsley227.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden Beschränkungen für die Presse eingeführt, die erst 1956 wieder abgeschafft wurden. 1957 konnte in der Folge ein Spitzenwert der Gesamtauflage erreicht werden. Aufgrund veränderten Leseverhaltens und des Aufkommens des Fernsehens nahm dieser in den folgenden Jahrzehnten jedoch kontinuierlich ab. In dieser Zeit änderte sich auch die Besitzstruktur durch den Einstieg ausländischer Investoren in den Pressemarkt. Exemplarisch ist hierfür die Besitzgeschichte der Tageszeitung „The Times“: Der gebürtige Kanadier Lord Thomson (The Thomson Corporation) übernahm die „Times“ 1967, um sie Anfang der 80er Jahre an Rupert Murdochs News International, einem Teil der News Corporation, weiter zu verkaufen. Murdoch läutete mit dem Umzug der Redaktion und dem Aufbau eines neuen Druckhauses in den Londoner Docklands das Ende der Fleet Street als traditionsreiches Zentrum der britischen Presse ein. 1986 gelang es mit dem Start des Titels „The Independent“ zum ersten Mal seit 113 Jahren, eine neue Qualitätszeitung auf dem Markt zu etablieren228.

Tabelle 21: Londoner Tageszeitungen nach Typus

Qualitäts-Tageszeitungen � Guardian � The Times � The Independent � The Daily Telegraph � The financial Times

Boulevard/Tabloid � Daily Mail* � Daily Express* � The Sun � Daily Star � Daily Mirror

Regionalzeitung � London Evening Standard Gratisblätter � Metro London

� City AM � The London Paper � London Lite

Quelle: Internationales Handbuch Medien, eigene Darstellung; Die *-gekennzeichneten Zeitungen ordnet die World Press Encyclopedia einer dritten Kategorie zu, dem mid-market.

227 Quick, Amanda C. (Hg.) (2003): World Press Encyclopedia. A Survey of Press Systems Worldwide. Detroit: Thomson, Gale, 997-998. 228 Negrine, Ralph (1989): Politics and the Mass Media in Britain. London/New York: Routledge, 58.

87

Abb. 17: Verbreitung der auflagenstärksten Tageszeitungen in London (ohne Tabloids) in Tsd. Oktober 2006 bis März 2007

Quelle: Newspaper Marketing Agency; eigene Darstellung

Abb. 18: Verbreitung von Tabloids in London in Tsd. Von April 2006 bis September 2006

Quelle: Newspaper Marketing Agency; eigene Darstellung

88

4.3.5 Zeitungsportraits (Auswahl)

The Times

Die dem konservativen Publikationsspektrum zugerechnete „Times“, die häufig in Abgrenzung zu international bekannten Zeitungstiteln wie der „New York Times“ auch als „London Times“ bezeichnet wird, wurde im späten 18. Jahrhundert gegründet und entwickelte sich im Laufe der folgenden 100 Jahre zu einem Flaggschiff des unabhängigen Journalismus, indem John Walter Jr., der aufstrebende Sohn des Zeitungsgründers, offensiv auf Distanz zur politischen Kaste und den Regierungsinstanzen setze und sich dadurch landesweite Reputation erarbeitete. Seit 1981 gehört die „Times“ zum australischen Medienkonzern Newscorp. und büßte unter dem neuen, einmischungsfreudigen Hausherrn zahlreiche renommierte Redakteure ein, die das Blatt aus Protest verließen. Heute hat die Tageszeitung eine Auflage von etwa 650.000 Exemplaren (2008) und erscheint seit 2004 im kompakten Tabloid-Format, um durch einen handlicheren Umgang neue Leserschichten anzusprechen und zugleich Druckkosten zu sparen.

The Daily Telegraph

Die konservative Tageszeitung „The Daily Telegraph“ erscheint seit 1855 im Herzen Londons. Mit einer weitgehend konstanten Auflage von über 900.000 Exemplaren ist sie die meistgelesene Zeitung Großbritanniens. Bekannt ist der „Daily Telegraph“ durch seine eher nationalistisch und anti-europäisch ausgerichtete Berichterstattung. In der Redaktionsorganisation jedoch setzt das britische Zeitungshaus auf ein innovatives Kooperationskonzept, wodurch es seine Ressourcen in der Redaktionsarbeit in bestimmten Bereichen mit anderen Medienunternehmen in Deutschland (Axel Springer), Frankreich (LeFagaro) und Spanien (ABC) bündelt.

The Guardian

Die als liberal geltende Qualitätszeitung „Guardian“ wurde im Jahr 1821 gegründet und bis 1959 unter dem Titel „The Manchester Guardian“ veröffentlicht. Die Tageszeitung befindet sich in Besitz der Guardian Media Group, die der Stiftung Scott Trust angehört, welche sich der Pflege journalistischer Prinzipien verpflichtet hat. Mit einer Auflage von etwa 380.000 Exemplaren (2008) liegt der „Guardian“ an dritter Stelle hinter den großen nationalen Zeitungstiteln „The Times“ und „The Daily Telegraph“. Im Jahr 2006 stieß Chefredakteur Alan Rusbridger eine „Online-First“-Strategie für seine Zeitung an, deren Ziel es ist, Nachrichten auf dem schnellsten Wege zum Leser zu bringen229.

229 Vgl. Rusbridger, Alan (2006): „Warum bis morgen warten, um zu erfahren, was heute geschehen ist?“ In: Spiegel Online vom 27.6.2006. Internetressource: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,423745,00.html, überprüft am 27.11.2008.

89

The Sun

„The Sun“ ist eine Boulevardzeitung mit der höchsten Auflage englischsprachiger Tageszeitungen (November 2008: 3.045.899 ). Das Blatt wurde 1964 als Ersatz für das Gewerkschaftszeitung Daily Herald gegründet und richtete sich an die Arbeiterschaft. Herausgegeben wird die Zeitung von News Group Newspapers der News International, einem Tochterunternehmen von Rupert Murdochs News Corporation. Die Zeitung erscheint im kompakten Tabloid-Zeitungsformat (30 x 36,5cm). „The Sun“ erwirtschaftet schätzungsweise 100 Millionen Pfund jährlich. Die Boulevardzeitung wird häufig aufgrund ihrer reißerischen Titelgeschichten und ihrer unpräzisen Berichterstattung kritisiert.

The Independent

Die Tageszeitung „The Independent“ gehört zu den größten vier britischen Qualitätstageszeitungen und wurde 1986 erstmal veröffentlicht. Sie hat eine Auflage von 201.113 Exemplaren (Stand: November 2008) und damit einen leichten Leserrückgang im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. „The Independent“ wird von Independent News und Media PLC herausgegeben.

4.3.6 Konzernportraits (Auswahl)

News Corporation

Das Medienreich des australischen Unternehmers Rupert Murdochs umfasst auflagenstarke Boulevardblätter wie „The Sun“ in Großbritannien, Sport- und Nachrichtensender von China über Europa bis Lateinamerika, Filmproduktionen in Hollywood, die Online-Community MySpace und seit 2007 den renommierten Dow Jones Verlag, der unter anderem das „Wall Street Journal“ herausgibt. Eine wichtige Neuerung erlebte die News Corporation im Oktober 2004, als die Konzernzentrale von Australien nach New York übersiedelte. Murdochs Ziel des Umzugs war es, in die Ratings der Börsenanalysten zu kommen: Das Medienimperium ist seither an der New Yorker Börse hauptnotiert230.

Daily Mail and General Trust plc

Das britische Medienhaus Daily Mail and General Trust plc (DMGT) ist in den Feldern nationaler und regionaler Zeitungen, Fernsehen und Radio aktiv. Obwohl DMGT international operiert, sind die wichtigsten Geschäftseinheiten in Großbritannien angesiedelt. Zugpferd des Konzerns ist das Tabloid "Daily Mail", das erstmals 1896 publiziert wurde und Großbritanniens zweit meist verkaufte Tageszeitung nach "The Sun" darstellt. Zunehmend bemüht sich DMGT daneben um vom Zeitungsmarkt unabbängige Aktivitäten. 2007/ 08 stammten bereits 62% (Vorjahr: 53%) des operativen Ergebnisses aus solchen Geschäftsfeldern, vor allem im Business-to-Business-Bereich.231

230 Krönig, Jürgen/Barthel, Nadine/Wäscher, Till (2008): News Corp. Ltd. In: Mediendatenbank mediadb.eu. Internetressource: http://www.mediadb.eu/datenbanken/internationale-medienkonzerne/news-corp-ltd.html, überprüft am 31.12.2008. 231 Grimberg, Steffen/Bartels, Christian (2008): Daily Mail & General Trust plc. In: Mediendatenbank mediadb.eu. Internetressource: http://www.mediadb.eu/datenbanken/internationale-medienkonzerne/daily-mail-general-trust-plc.html, überprüft am 31.12.2008.

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5. Schlussfolgerungen und medienpolitische Handlungsempfehlungen

Die Entwicklung des Berliner Pressemarktes ist in vielerlei Hinsicht beispiellos. Die Feststellung seines exzeptionellen Ranges ist keinesfalls zu hoch gegriffen, hatte die Berliner Presse im Laufe ihrer Historie, auch im Vergleich mit anderen Hauptstädten, gegen besonders schwierige politische und wirtschaftliche Widrigkeiten anzukämpfen. Besonders die Teilung Deutschlands lastete schwer auf den Berliner Pressetiteln und hemmte ihre Entwicklung, vor allem nach der durch den Bau der Mauer manifestierten Spaltung der Stadt in einen Ost- und einen Westteil. Der Sonderstatus Berlins, der aus seiner Doppelrolle als ehemalige Exklave des Westens bzw. zentralistisch geführter Mittelpunkt des öffentlichen Lebens der DDR resultiert, grenzt die deutsche Hauptstadt klar von den Regierungssitzen in den Ländern USA, Großbritannien oder auch Frankreich ab, die mit teils einflussreicheren und wirtschaftlich tragfähigeren Zeitungstiteln von nationalem und internationalem Rang aufwarten können. Für die weitere Entwicklung der Berliner Presselandschaft hat dieser Status folgende Implikationen:

- Der Berliner Pressemarkt ist wie kein anderer gekennzeichnet von Diskontinuitäten und wurde nicht nur einmal zum Schlachtfeld von prestigeträchtigen Presseprojekten, die jedoch meistens zum Scheitern verurteilt waren. Herausgebildet hat sich vielmehr ein zwar nicht schwacher, aber auch nicht vitaler Lokalpressemarkt, der nur langsam ein stabiles Fundament herausbildete. So gibt es nur zwei bundesweite Zeitungen aus Berlin von bundesweiter Bedeutung: die linksorientierte und genossenschaftlich organisierte „tageszeitung“ und die als eher konservativ geltende „Welt“ aus dem Axel Springer Verlag, die beide auf Basis ihrer jeweiligen Geschäftsstrukturen schon immer mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Auch heute noch, so lässt sich anhand der historischen und ökonomischen Analyse des Berliner Pressemarktes feststellen, hat sich die deutsche Hauptstadt noch nicht von diesen Rückstand durch die 40 Jahre andauernde Staatenteilung erholt.

- Zweifellos hatte die Implementierung völlig unterschiedlicher Pressesysteme seitens der Staatsführungen in der Bundesrepublik und in der DDR nirgendwo solche nachhaltigen Auswirkungen wie im Berliner Stadtgebiet. Dass sich vor allem die Leserschaft in Ost- und West-Berlin weiterhin zumindest habituell in ihrer Zeitungspräferenz unterscheidet, zeigt sich an der Verbreitungsanalyse des traditionell im Westen gelesenen „Tagesspiegel“ und der weiterhin im Osten bevorzugten „Berliner Zeitung“. Bis dato gelang es keinem der beiden Titel, sich zur führenden Hauptstadtzeitung zu entwickeln, die beide Publika gleichermaßen an sich bindet.

- Wie die strukturelle Entwicklung der größten Berliner Presseverlage sowie die derzeitige Marktsituation belegen, steht der Berliner Zeitungsmarkt weiterhin vor großen Herausforderungen. Trotz einer fehlenden Hauptstadtzeitung von bundesweiter Ausstrahlung erweist sich Berlin als traditionell starker Regionalzeitungsmarkt mit einem Anteil lokal ansässiger Titel von über 90 Prozent. Die seit Jahren stagnierenden oder teils rückläufigen Auflagenzahlen der Berliner Tageszeitungen weisen darauf hin, dass neue Ideen bei der Zeitungsproduktion gefragt sind, welche den Status der Zeitung als zentrales Informationsmedium untermauern232. Jedoch macht die sich dramatisch verschärfende Medienkrise, die sich eindrucksvoll an den sinkenden Auflagenwerten der traditionsreichen Zeitungstitel auch in London, Paris und Washington DC nachvollziehen lässt, deutlich, dass im gesamten Printbereich künftig eher noch mehr Einsparungen als nachhaltige Investitionen in journalistische Qualität zu erwarten sind.

- Auch wenn in jüngster Zeit entscheidende Geschäfte im Printsektor abgeschlossen worden sind, bedingt etwa durch den Umzug der Redaktionen von „Bild“ und „Bild am Sonntag“ in die Hauptstadt (womit der Axel Springer Konzern seine führende Marktposition vor Ort und gegenüber seinem Konkurrenten Georg von Holtzbrinck ausbauen konnte), hat das jüngste Drama um den Berliner Verlag vor Augen geführt, dass Zeitungshäuser auf dem globalisierten Medienmarkt latent gefährdet sind, durch profitorientierte Geschäfte internationaler Finanzspekulanten, sich zuspitzende Konzentrationsprozesse und harsche Rationalisierungs-anstrengungen zur Profitsteigerung auszubluten. Am Beispiel Mecom hat sich die Furcht vor ‚feindlichen’ Übernahmen multinationaler Konzerne als berechtigt herausgestellt, führte das Engagement des europaweit operierenden Unternehmens doch dazu, dass vor allem in den Redaktionen und damit an journalistischer Qualität gespart wurde. Dass es (bislang) nicht zu einer Verschmelzung publizistischer Einheiten (bspw. durch die redaktionelle Zusammenlegung von „Netzeitung“ und „Berliner Zeitung“) gekommen ist, bedeutet nicht, dass die Gefahr solcher Entwicklungen – sowie

232 Vgl. auch: Weichert, Stephan/ Kramp, Leif (2009): Das Verschwinden der Zeitung? Internationale Trends und medienpolitische Problemfelder. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung.

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in letzter Konsequenz von Meinungs- und Informationskartellen – ausgeräumt ist. Vielmehr ist weltweit ein besorgniserregender Trend festzustellen, der den Qualitätsjournalismus in seiner Kernbestimmung, glaubwürdige und unabhängige Informationen zu vermitteln, konsequent zu unterwandern droht. Journalismus, das ist eine Lehre aus dem Berliner Intermezzo der Mecom Group, ist in der Perspektive großer Konzerne nur noch ein Produkt unter vielen, das künftig noch stärker den oftmals volatilen Marktbedingungen unterliegt.

- Wie dargestellt, wurde der Einstieg von Mecom in den Berliner Pressemarkt durch die Entscheidung des Bundeskartellamts begünstigt, wonach es dem Holtzbrinck-Verlag untersagt wurde, den Berliner Verlag zu kaufen. Holtzbrinck hätte im Falle einer Genehmigung sein Tageszeitungsportfolio um die „Berliner Zeitung“ und den „Berliner Kurier“ erweitern und damit zur Axel Springer AG mit ihren drei lokalen Tageszeitungstiteln aufschließen können. Letzere jedoch leistete erbitterten Widerstand und drohte gar öffentlich, bei einer zustande kommenden Übernahme durch Holtzbrinck sein publizistisches Flaggschiff „Die Welt“ einzustellen. Das Engagement ausländischer Investoren wurde in der Öffentlichkeit emotional diskutiert und teils heftig kritisiert. Vor allem die ausgreifenden Rationalisierungsanstrengungen, darunter auch ein umfassender Personalabbau, bereiten vielen Medienschaffenden anhaltende Sorgen. Die Strategien der Finanzplaner zur Rentabilitätssteigerung und Gewinnmaximierung, so die Befürchtung, könnten Qualitätseinbußen zur Folge haben und die journalistische Profilbildung gefährden. 2008 geht als Jahr der Unruhe und Ungewissheit in die Berliner Pressegeschichte ein: Das Drama um den Berliner Verlag und sein Flaggschiff „Berliner Zeitung“, das einstmals ambitioniert als „deutsche Washington Post“233 in die Ära der „Berliner Republik“ gestartet war, sowie die „Netzeitung“ als vormals innovatives Online-Only-Modell schadete auch dem Ruf beider publizistischer Einheiten als unabhängige und zuverlässige Informationsquellen.

- Gerade auf einem so stark von freien Journalisten bevölkerten Pressemarkt wie Berlin, drohen Entlassungen von festangestellten Mitarbeitern die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter zu verschärfen und die Erfolgschancen arbeitssuchender Journalisten im Mittel zu verringern. Die zahlenmäßige Diskrepanz zwischen fest beschäftigen und freischaffenden Journalisten ist ohnehin schon eklatant. Bei der Freisetzung hochqualifizierten Personals ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich der Druck auf die Selbständigen erheblich vergrößern wird und sich ebenfalls negativ auf die Zahl der in Berlin tätigen Journalisten auswirken könnte, was mittelfristig die Gefahr einer Abwanderung journalistischen Personals in sich birgt. Die angespannte Lage auf dem Berliner Pressemarkt findet auch Ausdruck in der regen Problematisierung des ökonomischen Schicksals des Berliner Verlags. Der Verkauf des Verlags durch den britischen Medienkonzern Mecom nach einem harten Sparkurs, der nach Expertenmeinung wenig gefruchtet hat, stellt, nach der geplatzten Übernahme des Berliner Verlags durch den Holtzbrinck Verlag, wiederholt die Frage nach der Neuordnung des Berliner Pressemarktes. Anfang 2009 hat sich mit Du Mont Schauberg mit Sitz in Köln und unter Federführung von Alfred Neven Du Mont überraschend ein Verlagshaus ohne bisherige Präsenz in Berlin bei der Bieterschlacht um den Kauf des traditionsreichen Verlagshauses am Alexanderplatz durchsetzen können. Damit besteht zweifellos die (erneute) Chance eines selbstbewussten Presseengagements, das frischen Wind in die bislang schwierige Situation im Berliner Tageszeitungsgeschäft verspricht.

Im Hinblick auf eine mögliche Förderung und nachhaltige Stärkung des gesamten Berliner Pressemarkts ergeben sich auf Basis des Gutachtens folgende medienpolitische Handlungsempfehlungen:

- Die Entwicklung rund um das missglückte Engagement des Mecom-Konzerns auf dem Berliner Pressemarkt sowie die dadurch zahlreich aufgeworfenen Probleme sollte nicht dazu führen, vorschnelle medienpolitische Konsequenzen zu ziehen. Bevor Initiativen für eine generelle Lockerung der Pressefusionskontrolle oder eine Revidierung des Medienkonzentrationsrechts angestrebt werden, müssen zunächst die tatsächlichen Problemherde des internationalen Medien- und speziell des Pressegeschäfts identifiziert werden: Die zunehmende Ökonomisierung und Globalisierung publizistischer Geschäftsmodelle aller Mediengattungen hat dazu geführt, dass nicht nur auf nationalen Märkten, sondern besonders auf internationaler Ebene die Möglichkeiten internationaler Machtkonglomerate zuungunsten der publizistischen Vielfalt und journalistischen Unabhängigkeit wachsen. Daher wird einerseits eine neue Form der Medienregulierung empfohlen, die ihre Kriterien aus der Beobachtung aller wesentlichen publizistischen Märkte (Presse, Rundfunk, Online, Entertainment) und deren

233 O.V. (1991): Andere Denke. In: Der Spiegel vom 11.03.1991, 94.

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Konvergenzen gewinnt; andererseits muss das komplexe Kartellrecht vereinfacht und transparenter gestaltet werden.

- Die aggressive Übernahme- und Sparpolitik international agierender Finanzinvestoren wie im Fall des Berliner Engagements des britischen Private-Equity-Managers David Montgomery vom Oktober 2005 bis Januar 2009 machen auf die Notwendigkeit medienpolitischer Schutzschilde für qualitätsjournalistische Strukturen nicht nur, aber in erster Linie im Pressesektor aufmerksam. Insbesondere der Vorrang wirtschaftlicher Interessen, also überzogener Renditedruck und Gewinnmaximierung bei massivem Stellenabbau und gestiegenem Sparzwang können als Hauptgründe genannt werden, aus denen sich gravierende Qualitätseinbußen – etwa die Einschränkung der Meinungsvielfalt im Hinblick auf die publizistische Leistungsfähigkeit der Presse – ableiten lassen. Die daraus folgende Unterwanderung journalistischer Integrität durch Finanzinvestoren nimmt die handelnde Politik in die Pflicht, neue Instrumentarien (der Selbstregulierung) gegen das ausgreifende Profitstreben innerhalb der Medienszenerie zu entwickeln.

- Das geltende Wettbewerbsrecht ist den Realitäten des globalisierten und konvergierten Medienmarktes nicht mehr gewachsen. Dennoch ist eine generelle Liberalisierung nicht angeraten, da die gesetzliche Regelung nach wie vor einen wirksamen Schutz vor Konzentrationstendenzen ermöglicht und daher ein wesentliches Mittel zur Sicherung der Pressevielfalt darstellt. Mittelfristig anzustreben ist jedoch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wettbewerb und Regulierung, das den veränderten Strukturen einer multimedial verorteten und zunehmend auf multinationaler Ebene operierenden Medienlandschaft Rechnung trägt. Eine Möglichkeit zur Anpassung besteht in der schrittweisen Lockerung der Pressefusionskontrolle in enger Rücksprache mit Verlagsvertretern und unter Gewährleistung umfassender Transparenz im Hinblick auf die jeweiligen Besitzverhältnisse der betreffenden Unternehmen. Auf diese Weise werden inländische Verlage dazu befähigt, ihre Leistungsfähigkeit auf den nationalen und regionalen Märkten zu steigern, um im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben.

- Eine Novellierung des Medienkonzentrationsrechts ist ebenfalls anzustreben, um künftig medienübergreifende Fusionen im nationalen Rahmen zu erleichtern und Verlagen damit die Möglichkeit an die Hand zu geben, sich im konvergierenden Medienfeld stärker zu positionieren. Hierzu müssen Regelungen getroffen werden, um eine zunehmende Akkumulation von Medienmacht weiterhin wirksam zu verhindern sowie die Balance und Chancengleichheit im Wettbewerb zu festigen. Die in den vergangenen Jahren stärker ausgeprägte Ökonomisierung und Internationalisierung des Mediensektors machen Megafusionen mit global agierenden Konzernen auch im deutschen Pressemarkt immer wahrscheinlicher. Daher gilt es, die gültigen Bestimmungen des Medienkonzentrationsrechts diesen Tendenzen mittelfristig anzupassen.

- Berlin hat sich trotz der jüngsten Rezession im Pressesektor seinen Nimbus als Experimentierfeld für innovative Presseerzeugnisse bewahrt. Seit Gründung der genossenschaftlichen „tageszeitung“, deren alternatives Geschäftsmodell zwar einen latenten Finanzmangel nach sich zog, sich aber auf lange Sicht als tragfähig erweisen konnte, hat konkret der Zeitungssektor zwar wesentliche Impulse vermissen lassen; umso lebhafter dagegen geriert sich der konzernunabhängige Zeitschriftenmarkt, dessen Innovationen sich zwar meist als massenuntauglich erweisen und auf Dauer ein Liebhaberdasein fristen müssen (Bsp. „Cicero“) . Gerade hier zeigt sich jedoch eindrucksvoll, dass der Berliner Lesermarkt journalistischen Druckerzeugnissen noch längst nicht abgeschworen hat – im Gegenteil: Entwicklungsbereitschaft, die marktführende Presseunternehmen allerdings nur selten zeigen, wird goutiert. Hier kann die Medienpolitik ansetzen, um die Rahmenbedingungen für journalistische Neugründungen zu verbessern.

- Zwar sind deutschen Pressetiteln allein schon aufgrund ihrer Sprachbarriere im Hinblick auf internationale Reichweite Grenzen gesetzt. Dennoch zeigen Einzelkooperationen, wie zwischen der Berliner Tageszeitung „Die Welt“ und dem Londoner „Daily Telegraph“, dass auch auf redaktioneller Ebene in spezifischen Feldern zusammengearbeitet werden kann. Auch gehört zum Teil die Möglichkeit des Korrespondententauschs zum Redaktionsalltag, wie im Fall des britischen „Times“-Reporters Roger Boyes, der zusätzlich regelmäßig für den „Tagesspiegel“ schreibt. Internationale Kooperationsprogramme, wie der gegenseitige Austausch von Redakteuren für eine bestimmte Zeitdauer oder ein verstärktes Angebot von Gasthospitanzen für ausländische Nachwuchsjournalisten sind ebenso wünschenswert wie Stipendienprogramme.

- Der Berliner Pressemarkt wird auch zukünftig vor allem auf lokaler Ebene sein Kerngeschäft verortet sehen (müssen) und zunächst allenfalls Potenziale entwickeln können, seine Position im Konzert der nationalen

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Printmedien zu stärken. Handlungsbedarf seitens der Medienpolitik besteht auch hier: Zielführend für die Berliner Medienpolitik muss die Verbesserung der Voraussetzungen für die Arbeit von Hauptstadtreportern und Parlamentskorrespondenten sein: Der historisch gewachsene Nachteil Berlins als Zeitungsstadt zugunsten anderer Verlagsstandorte wie Hamburg, Frankfurt und München, die bundesweiten Rang genießen, besteht nach der Eingewöhnungsphase der Bundespolitik in der so genannten „Berliner Republik“ die große Chance, durch einen geschliffenen und die Agenda bestimmenden Hauptstadtjournalismus weiterhin an Reputation und Expertise gegenüber etablierten überregionalen Zeitungen wie „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und „Süddeutsche Zeitung“ zu gewinnen.234 Hier halten „Der Tagesspiegel“ und auch die in ihrer Redaktionskapazität nach wie vor bedrohte „Berliner Zeitung“ wegen ihrer lokalen Vernetzung bei der Themensetzung Trümpfe in der Hand, die beispielsweise nicht durch wirtschaftliche Rationalisierungsmaßnahmen verspielt werden dürfen.

- Ein wesentliches Augenmerk sollte darüber hinaus auf den Online-Sektor gerichtet werden: Die gesamte Medienbranche – national wie international – arbeitet mit Hochdruck an ertragsfähigen Geschäftsmodellen für publizistische Angebote im Internet bzw. über digitale Verbreitungswege. Bisher mangelt es den Online-Angeboten mit publizistischer Schwerpunktsetzung jedoch noch an verlässlichen Erlösmodellen, um sich auch in der konvergierenden Medienlandschaft dauerhaft behaupten zu können. Berlin kann im Rahmen dieser Entwicklung eine Schlüsselposition einnehmen, verfügt die Stadt doch bereits über ein starkes Profil im Hinblick auf junge, experimentierfreudige Firmen im Medien- und Kommunikationssektor. Als europaweiter Anziehungspunkt für die Kreativindustrie hat Berlin das Rüstzeug, das zur erfolgreichen Transformation des journalistischen „Zeitenwechsels“235 eingesetzt werden kann. Hier gilt es vor allem, mithilfe medienpolitischer Förderprogramme und Einzelmaßnahmen entsprechende Ressourcen zu erschließen und gemeinsam mit Berlins Medienwirtschaft weiter zu entwickeln.

- Angesichts des fortgeschrittenen Online-Engagements einiger Medienunternehmen auf dem Berliner Pressemarkt sind vielseitige Ansatzpunkte denkbar, um mittels kooperativer Modelle zwischen Medienindustrie, Senat, vor allem aber auch privaten Initiativen, beispielsweise aus dem Umfeld der Weblog-Community, den Standort Berlin als Schmelztiegel eines neuen digitalen Qualitätsjournalismus zu entwerfen. Auf diese Weise könnten intra- und intermedial notwendig Synergieeffekte erzielt werden, um beim Ausbau des multimedialen Online-Marktes mit ausländischen Großunternehmen Schritt halten zu können. Denkbar ist etwa die Neupositionierung starker journalistischer Marken, wie sie bereits in den USA mit dem in Washington DC ansässigen politischen Online-Format „The Politico“ erfolgreich war. Als Regierungssitz mit national- und globalpolitischer Bedeutung hat Berlin inmitten Europas einen wertvollen Standortvorteil – und dadurch die Möglichkeit, seine Funktion als Kristallisationspunkt innerhalb der öffentlichen Debattenkultur weiter auszubauen und nachhaltig zu stärken. Die Nutzung neuer Technologien für einen allgemeinen Aufbruch ins Internet-Zeitalter, der auf absehbare Zeit alle Gesellschaftsschichten in Deutschland folgen werden, erfordert eine Profilstärkung der Bundeshauptstadt als journalistischer Standort von erstem Range. Konkrete medienpolitische Förderungs- und Regelungsmaßnahmen des Berliner Senats unter Einbeziehung beratender Einrichtungen wie des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik, das sich seit seiner Gründung 2005 als Think Tank der Medienpolitik profilieren konnte, sind dabei unumgänglich.

234 Vgl. auch Kramp, Leif/ Weichert, Stephan (2008): Journalismus in der Berliner Republik. Wer prägt die Agenda in der Bundeshauptstadt? Wiesbaden: Netzwerk Recherche. 235 Vgl. hierzu auch die Interviewserie des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik auf sueddeutsche.de: Kramp, Leif/Weichert, Stephan (2008): Zeitenwechsel – eine Serie zur Zukunft des Journalismus. In: sueddeutsche.de. Internetressource: http://www.sueddeutsche.de/kultur/27/307975/uebersicht/, überprüft am 31.12.2008.

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