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Madrasah.de/.at
Brief an einen Pseudo-Mujahid
Von Imām Zaid Shakir
Übersetzt von
Muhammed F. Bayraktar
Madrasah.de/.at
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Entwicklungen der letzten Zeit veranlassten mich, einige Angelegenheiten zu
unterbrechen und dir diesen Brief zu schreiben. Du magst fragen, woher ich dich kenne. Ich
traf dich auf Studentenveranstaltungen, in Moscheen und Konferenzen. Ich lauschte deinen
Argumenten und sprach Gegenargumente. Oftmals waren meine Argumente formell. So
dachte ich daran dir einen Brief zu schreiben, da dies viel persönlicher und weit weniger
formell ist. Vielleicht wirst du dann geneigter sein, mir zuzuhören.
Um anzufangen: Wann auch immer du kritisiert wirst für deine blutige anarchistische
Ideologie, weist du auf die blutigen Missbräuche der amerikanischen Kriegsmaschinerie oder
ihre zionistischen Komplizen hin. Dieses Ablenkungsmanöver deinerseits, beeindruckt
ernsthafte und nachdenkliche Personen nicht. Es ist einfach eine Loslösung von deiner
moralischen Verantwortung. Es ist, als würdest du sagen, du hättest das Recht etablierte
islamische Prinzipien zu missachten, wie z.B. jene, die unschuldigem Leben Schutz
zusprechen, weil das amerikanische Militär oder die IDF ebenfalls das unschuldige
muslimische Leben nicht respektieren. Dies wäre ein glaubwürdiges Argument, wenn das
amerikanische Militär oder die IDF behaupten würden, dass sie auf Basis der islamischen
Prinzipien operieren. Sie tun es jedoch nicht - aber du tust es. Ich hoffe, ohne darauf weiter
eingehen zu müssen, dass du sofort das moralische Dilemma, welches du für dich selbst
schaffst, verspüren kannst.
Erlaube mir auch, dich zwischen diesen Zeilen an etwas anderes zu erinnern. Dein
fehlgeleiteter Versuch, unschuldige Amerikaner zu töten und zu verstümmeln, macht es dem
amerikanischen Militär nur leichter, noch ungestrafter mehr Muslime zu töten. Deine
Handlungen sind behilflich darin, ein politisches Klima fern von jeglichen moralischen
Skrupeln hinsichtlich des amerikanischen Militärs, der IDF und schon bald der Mächte der in
Indien zunehmenden hinduistischen nationalistischen bewaffneten Kräfte zu schaffen. Wie
du siehst, ist Angst eine sehr fruchtbare Emotion und, vorsichtig manipuliert, kann sie zu
irrationaler Politik führen. Die extremste Form dieser Art von Politik wird auch Genozid
genannt.
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Die Angst kann besonders gefährlich werden, wenn sie mit einer anderen Emotion
einhergeht: der Unsicherheit. Du lebst so abseits von der Wirklichkeit, dass du vielleicht noch
nicht bemerkt hast, dass eine große Anzahl von Amerikanern sich momentan sehr unsicher
fühlen, insbesondere die weiße Mittelklasse oder das, was noch von ihr übrig ist. Sie wissen
nicht, ob sie schon bald das Dach über ihren Köpfen verlieren werden, ob sie morgen noch
ihre Arbeit haben, ob ihr Geld nächste Woche noch auf der Bank sein wird, ob sie es schaffen
werden, ihre Kinder aufs College zu schicken oder ob ihnen ihre Rente geraubt oder sie
vollkommen entwertet wird. Diese Unsicherheit gemeinsam mit dem Phantom des
‚muslimischen Terroristen nebenan‘ ist eine tödliche Kombination, welche Menschen, die
Demagogen genannt werden, ausnutzen, um ihren Vernichtungskrieg gegen Muslime zu
rechtfertigen.
Diese Demagogen nutzen die Angst vor DIR, um Menschen vom Aufbau bodenständiger
und bekannter Bewegungen abzuhalten, die notwendig sind, um die kooperative
Vergewaltigung unserer Gesellschaft und die zerstörerische Logik des ständigen Krieges
anzufechten. Erinnerst du dich beispielsweise an die anwachsende Bewegung gegen das
aggressive Durchsuchungsprozedere der amerikanischen Sicherheitsbehörde TSA an
Flughäfen? Bemerktest du, wie diese Bewegung sich auflöste, nachdem ein Möchtegern
Mujahid in Portland sich auf den Plan einließ, eine Weihnachtsbaumzeremonie in die Luft zu
jagen? Denkst du dieser Moment war ein Zufall? Es ist eine Schande, dass du und
deinesgleichen sich so unbedacht auf solche Pläne stürzen.
Jetzt denkst du, die Mujahids könnten ein Vernichtungskrieg gegen die Amerikaner
gewinnen. Schau doch, was die Mujahids ihnen in Afghanistan antun. Es tut mir leid, aber
Vernichtungskriege gleichen nicht jenem in Afghanistan. Ich werde dir einen Abriss von dem
Aussehen eines solchen Vernichtungskrieges geben. Erinnerst du dich, als vor einigen Jahren
die Israelis den Gazastreifen bombardierten und die palästinensischen Muslime, trotz ihrer
Courage, nichts anderes tun konnten als sich an die Mächte außerhalb zu wenden, um diesem
Blutbad ein Ende zu bereiten? Oder einige Jahre vorher, als Jenin dem Erdboden gleich
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gemacht wurde? Jetzt stell dir vor, dieses Ausmaß der Vernichtung trifft alle großen Städte
der muslimischen Welt. Stell dir vor, die USA entwirft eine neue Generation ‚taktischer‘
Nuklearwaffen, die speziell gegen muslimische Ziele genutzt werden sollen, die auf
muslimische Großstädte herabregnen, während es keine muslimischen strategischen
Abschreckungsmittel gibt, sie davon abzuhalten. AK-47s und RPGs werden dann nicht von
Nutzen sein. Stell dir die Aufrufe an Menschenrechtsorganisationen vor, damit diese diesem
Massaker ein Ende bereiten und wie diesen Rufen kein Gehör geschenkt wird, weil die neo-
faschistischen Mächte, die DEINE Idiotie losgelöst hat, diese Organisationen in ihrem
wahnsinnigen Treiben vernichteten.
Ich höre schon, wie du widersprichst, ein solches Argument sei die Manifestation eines
mangelnden Glaubens. Gott habe doch den Gläubigen den Sieg versprochen! Wahrlich, das
hat Er, jedoch ist es sehr anmaßend von dir zu denken, dass sich dreiste ungestrafte Mörder
von Frauen, Kindern und Unschuldigen im Namen Gottes die Gläubigen seien, denen Er den
Sieg versprach. Er hat den Sieg den Gläubigen versprochen - doch dieser Sieg ist nicht ohne
Bedingungen. Gott wird den Sieg nicht jenen gewähren, die in Seinem heiligen Namen
unschuldige Menschen ermorden.
Ich applaudiere jedoch deiner Courage, doch mich verwirrt, wie du sie zeigst. Du hast
die Courage, durch die halbe Welt zu fliegen und dich einem bewaffneten Kampf
anzuschließen, aber du hast nicht die Courage, an die Tür deines Nachbarn zu klopfen, um
ihm den Islam zu eröffnen oder ihm deine Hilfe in weltlichen Angelegenheiten anzubieten.
Ebenfalls bin ich erstaunt darüber, wie du in sein Gesicht lächeln kannst, während du aber
bereit bist ihn in die Luft zu jagen, wenn er zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Welchen
Maßstab besitzt du, um der Annahme zu verfallen, dass er sich deine Botschaft nicht anhört?
Was hat er dir angetan, dass er die Zielscheibe deines Blutdurstes wird?
Du behauptest, ein geläutertes Verständnis des Islams zu haben, so rein, dass du große
Entscheidungen in Bezug auf Leben und Tod fällen kannst – Entscheidungen von großer
strategischer Bedeutung – doch du scheinst nichts wahrzunehmen über die göttliche
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Weisheit deines Daseins in diesem Land. Du hast die Möglichkeit, ein Erzieher zu sein in einer
Zeit, in der die Menschen nach neuen Wegen suchen. Du hast die Möglichkeit, ein Anführer
zu sein in einer Zeit, in der die Menschen neue Richtungen suchen. Du hast die Möglichkeit,
Quelle spirituellen Trostes zu sein in einer Zeit, in der die Menschen verwirrt, wütend und
ängstlich sind. Du hast die Möglichkeit, ein feuriger Verteidiger der Wahrheit in einer Zeit zu
sein, in der Lügen das Bild deiner Religion verzerren und die Richtung deines Landes
verändern. Du hast die Fähigkeiten, die Beherrschung der Sprache, das Wissen über die
Menschen, um all dies und noch viel mehr zu tun, doch du entscheidest dich lieber von diesem
Kampf zu fliehen und dich einem anzuschließen, von dem du nicht einmal weißt, wer ihn
anführt.
Erwähnte ich das schon? „Dich einem Kampf anzuschließen, von dem du nicht einmal
weißt, wer ihn anführt“? Nein! Ich tat es noch nicht. Denkst du, dass, wenn das FBI falsche
Mujāhids in die Moscheen in ganz Amerika einschleusen kann, um verletzliche und verwirrte
Muslime zu finden, mit ihnen gefälschte Attentatspläne mit Bombenattrappen mit sehr
reellen politischen Zielen zu bauen, die CIA nicht das Gleiche im Ausland tun kann? Nein,
warte eine Minute – hat nicht die CIA das afghanische Mujahidin-Netzwerk aufgebaut?
Beschrieb nicht, wie hieß er nochmal, Zbigniew Brzezinski, die afghanische Operation als die
„goldene Stunde der CIA“?
Sie würden niemals falsche Mujahids nutzen, durch gefälschte Webseiten arbeiten, um
verwirrte und verzweifelte muslimische Jugendliche anzuwerben, damit das Klima der Angst
überlebt, oder? Sie würden dies nicht tun, um blutsaugende, Bodenschätze fördernde Kriege
am Leben zu halten in Zeiten, in denen es kein Geld für die Armen, die Alten, die
Gesundheitsversorgung, die Erziehung, die Infrastruktur oder das Investment in die grüne
Wirtschaft gibt. Nein! Es ist absurd. Dies wären ja sonst psychologische Operationen
(Operative Information) und das würde ja Betrug heißen. ,,Amerika betrügt niemals, wir sind
die guten Jungs!”
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Entschuldige! Ich weiche vom Thema ab. Um ernst zu bleiben, hoffe ich, dass Du dich
nicht eines Tages so dumm und ausgenutzt fühlst, wie der junge Antonio Martinez oder
Mahomed Osman Mohamud, das somalische Kind aus Oregon, sich gerade fühlen. Sie wurden
von falschen Mujahids getäuscht, betrogen, benutzt und missbraucht und dann in ein Verlies
geworfen, damit sie für den Rest ihres Lebens dort verrotten. Denkst du, dein Schicksal wird
anders sein? Sei doch kein Narr!
Mit freundlichen Grüßen,
Imām Zaid Shakir
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Die folgenden Fragen wurden mir von vielen Individuen als Antwort auf meine Schrift ‚Brief an
den Möchtegern-Mujahid‘ zugesandt. Ich hoffe, diese Antworten, von denen einige lang sind, werden
behilflich dabei sein Fragen zu beantworten, welche für viele unserer jungen Geschwister verwirrend
sind.
Frage: Deine Gewaltlosigkeit verweigert Muslimen das Recht, ihre Heimatländer zu
verteidigen und die Besatzer zurückzuschlagen.
Antwort: Ich betone definitiv die Gewaltlosigkeit für Muslime, die in pluralistischen
Gesellschaften im Westen leben. Dies ist eine fundamentale islamische Verantwortung. Doch
Muslime in mehrheitlich muslimischen Ländern haben jegliches Recht ihr Land, ihre
Rohstoffe, ihre Häuser sowie ihre Familien zu verteidigen, wenn ihre politischen und
religiösen Anführer diese Verteidigung als das für sie angemessenste Vorhaben sehen. Die
Angelegenheit, die ich besprach, war nicht das universell anerkannte Recht der
Selbstverteidigung, welches für Muslime und für alle anderen Menschen gilt. Ich spreche
mich jedoch dagegen aus, dass Massenmord an Zivilisten ein Teil des Islams sein soll. Dies ist
moralisch verwerflich und strategisch kontraproduktiv. Jeder beachtliche strategische Erfolg
der Muslime in letzter Zeit geschah durch öffentlichen Widerstand und nicht durch
vigilantistische Morde und Morde durch Söldner.
Frage: Warum versuchst Du mich durch deine intellektuellen Argumente zu
überzeugen, den Jihad aufzugeben, wo doch die wörtliche Bedeutung des Koran ganz klar
über die Pflicht spricht, die Ungläubigen überall dort zu töten, wo man sie auffindet?
Antwort: Ich denke der wichtigste Punkt, der klargestellt werden muss in Bezug auf
diese Frage ist die Verwendung der Vernunft. Das Thema, die Nichtmuslime ‚überall dort zu
töten, wo man sie auffindet‘ wird in der darauffolgenden Frage erörtert. Der Koran selbst ruft
uns dazu auf, die Vernunft zu verwenden. Dies ist von Anfang an schon beim Eintritt des
Islams der Fall. Allah gebietet: „Es gibt keinen Zwang in der Religion. Wahrheit ist nunmehr deutlich
unterscheidbar von Irrtum…“ (2:256)
Der Gelehrte Ibn Kathīr - möge Allāh barmherzig mit ihm sein – sagt über diesen Vers:
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»Der Allerhabene gebietet: „Es gibt keinen Zwang in der Religion…“, das heißt, du
kannst niemanden zum Eintritt in die Religion des Islams zwingen, denn sie ist klar und
offensichtlich. Seine Beweise und Hinweise sind so wahrnehmbar, dass niemand
gezwungen werden muss, ihn zu betreten, sondern, wen auch immer Allah mit dem
Islam rechtleitet, dessen Brust er öffnet und dessen innere Sicht er erleuchtet; dieser
betritt die Religion auf Basis der Klarheit. Wer jedoch sein Herz durch Allah erblindet
findet, seine Sicht und sein Gehör versiegelt; für den gibt es keinen Nutzen im Betreten
des Islams durch Zwang und Gewalt. Es wird erwähnt, dass die Offenbarung dieses
Verses sich auf eine Gruppe der Anṣār bezieht, auch wenn seine Regelung
allgemeingültig ist.«
Die Beweise und Hinweise, auf welche Ibn Kathīr sich bezieht, können nicht ohne einen
gesunden Menschenverstand wahrgenommen werden, weswegen sich alle muslimischen
Gelehrten einig sind, dass eine Person, die keinen Besitz über ihre mentalen Fähigkeit hat,
nicht religiös verantwortbar ist (ghayr mukallaf). Die Haltung der Gelehrten in dieser
Angelegenheit wird abgeleitet von der Aussage des Propheten - Segen und Friede seien auf
ihm: „Der Stift ist von dreien gehoben: Vom Wahnsinnigen, bis er zur Vernunft kommt; vom Kind, bis
es die Pubertät erreicht und vom Schlafenden, bis er erwacht.“ (Abū Dāwūd, 4403; Ibn Mājah, 2041)
Der Koran sagt auch über Vernunft, Intellekt, Nachdenken und sich darauf beziehende
Konzepte: „Machen sie sich denn keine Gedanken über den Koran? Wenn er von jemand anderem als
(von) Allah wäre, würden sie in ihm viel Widerspruch finden.“ (4:82)
Ibn Kathīr kommentiert diesen Vers mit folgenden Worten:
»Der Allerhöchste befiehlt ihnen über den Koran nachzudenken, verbietet ihnen
die Abwendung von ihm und seinen eindeutigen Bedeutungen und klaren Aussagen,
und informiert sie, dass es darin keine divergente Ansichten, Unstimmigkeiten und
Widersprüche gibt. Dies ist, weil es die Offenbarung des Mächtigen und Gepriesenen ist.
Somit ist es die Wahrheit vom Wahren. Aus diesem Grund gebietet Er: „Machen sie sich
denn keine Gedanken über den Koran? Oder sind ihre Herzen versiegelt?“ (47:24)«
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Dann sagt er - möge Allah barmherzig mit ihm sein:
»„Wenn er von jemand anderem als (von) Allah wäre, würden sie in ihm viel Widerspruch
finden“, das heißt, wäre er von Menschen oder eine Fälschung, wie es die Ignoranten
unter den Götzendienern und Heuchler in ihren geheimen Sitzungen behaupteten,
würden sie viel Divergentes in ihm finden – und zwar viele Unstimmigkeiten und
Widersprüche. Jedoch ist dieses Schreiben fern von Divergentem, da es nämlich von
Allah ist.“
Wie findet man divergente Ansichten, Unstimmigkeiten und Widersprüche, wenn nicht
durch das Nachdenken und die Reflektion, deren Wurzel die Vernunft ist? Die folgenden Verse
sollten die Rolle des Verstands im Islam klarer machen. Allah erwähnt im Koran:
„Er ist es, Der dir das Buch herabgesandt hat. Darin sind eindeutig klare Verse - sie sind die
Grundlage des Buches - und andere, die verschieden zu deuten sind. Doch diejenigen, in deren Herzen
(Neigung zur) Abkehr ist, folgen dem, was darin verschieden zu deuten ist, um Zwietracht
herbeizuführen und Deutelei zu suchen, (indem sie) nach ihrer abwegigen Deutung trachten. Aber
niemand kennt ihre Deutung außer Allah. Diejenigen aber, die ein tief begründetes Wissen haben, sagen:
„Wir glauben wahrlich daran. Alles ist von unserem Herrn.“ Aber nur diejenigen, die Vernunft haben,
lassen sich mahnen.“ (3:7)
Anders als die Verse, welche zum Nachdenken über die Wunder in der Schöpfung Allahs
aufrufen, behandelt dieser Vers ein bestimmtes theologisches Thema. Um dieses Thema
vollständig begreifen zu können, benötigt man gesunde Vernunft. Ibn Kathīr kommentiert
die Aussage: „Aber nur diejenigen, die Verstand haben, lassen sich mahnen“ wie folgt:
»Nur jene, die gesunde Vernunft und aufrechte Kräfte der Wahrnehmung haben
verstehen, begreifen intellektuell und nehmen die Bedeutungen akkurat auf.«
Ich führte die Aussagen Ibn Kathīrs in diesem Falle an, weil er als ein konservativer
Exeget anerkannt ist, der nicht dafür bekannt ist, seine Erläuterung des Korans auf Vernunft
und Intellekt aufzubauen.
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Fakhr ad-Dīn ar-Rāzī ist expliziter in der Betonung der Rolle des Intellekts, um die
Botschaft des Koran zu verstehen. Über die Aussage: „Aber nur diejenigen, die Vernunft haben,
lassen sich mahnen“ sagt er:
»Dies ist ein Lob Allahs für jene, die sagen: „Wir glauben daran“, was bedeutet:
Niemand wird überzeugt von dem, was der Koran übermittelt, außer denjenigen, die
eine reife Vernunft besitzen. Diese Aussage ist ein Hinweis darauf, dass sie ihre Vernunft
nutzen, um den Koran zu verstehen.«
Unser Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Für wen Allah - Erhaben und
Makellos ist Er – etwas Gutes wünscht, dem gibt Er tiefes Verständnis über die Religion…“ (Bukhārī, 71;
Muslim, 1037) Verständnis ist sehr wichtig, um zur Wahrheit dieser Religion zu gelangen.
Jemand, der ein Mangel an Verständnis hat, wird verdammt sein, sich und andere
irrezuführen, was vom Propheten - Segen und Friede seien auf ihm – auch als eine der
Zustände beschrieben wurde, die auftreten werden, wenn die Gelehrten verschwinden:
„Allah entfernt das Wissen nicht plötzlich, indem Er es den Dienern entreißt, sondern er entfernt
es, indem er die Gelehrten nimmt, bis nicht ein einziger Gelehrter mehr bleibt. Die Menschen nehmen
dann Unwissende als ihre Führer. Sie werden gefragt und sie antworten ohne Wissen. Sie sind in der Irre
und sie leiten andere in die Irre.“ (Bukhārī, 100)
Unkritischer Buchstabenglaube führte dazu, dass der Jihad sich von einem Mittel, um
die Interessen des göttlichen Gesetzes zu erlangen und durchzusetzen, wandelte und zum
End- und Selbstziel wurde. In den Worten eines der führenden Theoretiker der Jihad-
Bewegung, Abdus-Salaam Faraj, ist es die verlorene Pflicht (al-Fariḍa al-Ghāʾiba). Diese
Verwandlung führte dazu, dass viele glauben, dass sie zu kämpfen haben, einerlei was die
Konsequenzen sein - ob nun durch ihr Kämpfen die Interessen der Umma vorankommen oder
einen Rückschlag erleben.
Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – wies daraufhin, dass der Jihad nicht ein
End- und Selbstziel ist. Tatsächlich kann der Jihad sogar mit falschen Gründen geführt
werden. Ein Beispiel hierfür finden wir im Ḥadīth des Abū Ayyub al-Anṣārī. Er berichtet
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folgendes: „Der Gesandte Allahs wurde gefragt über einen Mann, der kämpft, um seinen Mut
zu zeigen, über einen, der kämpft aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit und einen anderen,
der mit seinem Kampf angeben will. Wer von ihnen sei auf dem Weg Allahs? Der Gesandte
Allahs - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Derjenige der kämpfte, damit das Wort Allahs
am allerhöchsten ist. Dieser ist auf dem Weg Allahs.“ (Bukhārī, 7458; Muslim, 1904)
Wie der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – uns erinnert, gibt es auch weltliche
und außerweltliche Konsequenzen für das Kämpfen, insbesondere für die falschen Gründe.
Beispielsweise erzählt uns der Prophet über einen Mann, der behauptet, er habe auf dem Weg
Allahs gekämpft und sei auf diesem Weg gestorben, welcher dennoch in die Hölle geworfen
wird. Er - Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Die erste Person am Tag des Gerichts, die zur
Rechenschaft gezogen wird, ist der Märtyrer. Er wird nach vorne gebracht und Allah erinnert ihn an die
Segnungen, die er erhielt und er wird sie bestätigen. Er wird fragen: „Was hast du getan für diese
Segnungen?“, und der Mann wird antworten: „Ich kämpfte für dein Wohlgefallen bis ich zum Märtyrer
wurde.“, und Allah wird erwidern: „Du lügst, denn du kämpftest, damit es heißt, dass du mutig warst,
und dies wurde auch gesagt.“ Dann wird befohlen, dass er auf seinem Angesicht ins Höllenfeuer
geschliffen wird und dort hineingeworfen wird.“ (Muslim, 1905)
Oftmals werden die Hinweise der Buchstabengläubigen – auch Literalisten - nicht
vollständig durchdacht. Wenn wir beispielsweise folgenden Ḥadīth beachten: „Verlangt nicht
danach, dem Feind zu begegnen, sondern fragt Allah um Wohlergehen. Wenn ihr dem Feind jedoch
begegnet, dann harrt aus und wisset, dass das Paradies im Schatten des Schwertes liegt.“ (Bukhārī,
2965; Muslim, 1742) In diesem Ḥadīth warnt uns der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm
– davor, nach den Heimsuchungen des Konflikts zu verlangen und befiehlt seiner
Gemeinschaft das Beten für Frieden und Wohlergehen. Dieses Gebet stimmt überein mit der
Basis (asl) der menschlichen Beziehungen, welches Friede und Wohlergehen ist. Krieg und
Seuchen widersprechen diesem Wohlergehen. Dann sagt er, wenn du dem Feind begegnest,
dann harre aus. Eines der Manifestationen des Ausharrens im Konflikt, ist das Einhalten der
Grenzen Allāhs und seines Gesandten, wie das Wahren der Sicherheit der Unschuldigen und
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Zivilisten. Daraufhin sagt er, und dies ist der Punkt, den ich im Kontext der Erörterung des
Buchstabenglaubens betonen will: „…und wisse, dass das Paradies im Schatten der Schwerter liegt.“
Unser Prophet - Segen und Friede seien auf ihm – sagte, dass das Paradies im Schatten der
Schwerter liegt. Gemäß diesem Ḥadīth, wenn wortwörtlich verstanden, liegt es nicht im
Schatten der AK-47s und RPG-7s, oder anderen modernen Waffen. Der einzige Weg, um diesen
Ḥadīth auf moderne Kämpfe auszuweiten, ist durch metaphorische Interpretation oder das
Heranziehen eines anderen Textes.
Dies ist ein kleines Beispiel für die beschränkte Effektivität des Buchstabenglaubens
beim Verstehen der göttlichen Texte. Letztlich wird der Buchstabenglaube in diesem Bereich
nur dazu dienen, vorherige Schlussfolgerungen zu verstärken, nämlich, dass der Massenmord
ein fester Bestandteil des Islams sei. Wenn es jedoch seine Befürworter mit Dilemmata des
Verständnisses konfrontiert, die nur durch die Ablehnung dieser Sache gelöst werden
können, ist das übliche Verfahren das einfache Ignorieren dieses Dilemmas.
Frage: Wie kannst du friedvolle und freundliche Beziehungen zu den Nicht-Muslimen
vertreten, während der ‚Schwertvers‘ (9:5) alle vorherigen milden Verse, die du zur
Untermauerung deiner Worte nutzt, aufhebt?
Antwort: Die Behauptung, der ‚Schwertvers‘ würde die friedvolleren und toleranteren
Verse des Koran aufheben, ist aus mehreren Gründen fehlerhaft. Zuallererst sind die
gewichtigsten Kommentare des Korans der Ansicht, dass der ‚Schwertvers ‘ selbst aufgehoben
ist durch den Vers: „Wenn ihr (auf einem Feldzug) mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann haut
(ihnen mit dem Schwert) auf den Nacken! Wenn ihr sie schließlich vollständig bekämpft habt, dann legt
(sie) in Fesseln, (um sie) später entweder auf dem Gnadenweg oder gegen Lösegeld (freizugeben)!“
(Qur’an 47:4) Hier ist anzumerken: wenn es einen uneingeschränkten Befehl geben würde,
Nicht-Muslime zu töten, wie kann es dann sein, dass man die freie Wahl hat zwischen Lösegeld
und Gnadenweg? Auch sollte der Befehl ‚haut auf den Nacken‘ im Kontext der momentanen
Schlacht gesehen werden. Viele Polemiker gegen den Islam benutzen diesen Vers, um zu
behaupten, es sei den Muslimen anbefohlen, unschuldigen Menschen den Kopf abzuschlagen.
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Imām al-Qurtubī erwähnt, dass al-Ḍaḥḥāk, ʿAṭā und andere der Ansicht waren, dass der
oben erwähnte Vers (47:4) den ‚Schwertvers ‘ aufhebt. Ath-Thawrī überliefert von Juwaybir,
dass al-Ḍaḥḥāk sagte: „Tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie auch findet…“ (9:5) wurde durch:
„…(um sie) später entweder auf dem Gnadenweg oder gegen Lösegeld (freizugeben)!“, aufgehoben.
Imām Ṭabarī kommt, in Bezug auf den Vers 47:4, zu folgendem Schluss, nachdem er die
Beweise jener anführt, welche der Meinung sind, dass dies aufgehoben ist oder den
‚Schwertvers‘ aufhebt:
»Die korrekte Ansicht in dieser Diskussion ist - dies ist unsere Meinung - dass dieser
Vers (47:4) noch gültig und nicht aufgehoben ist, denn die Definition des Aufgehobenen und
Aufhebenden, die wir nun an mehr als einer Stelle in unserem Buch anführten, ist, dass dies
nur dann geschieht, wenn es unmöglich ist, zwei sich widersprechende Rechtsurteile in
Versen zusammenzuführen, oder wenn es einen überzeugenden Beweis gibt, dass eines der
Urteile das andere aufhebt. (In diesem Fall) ist es naheliegend zu sagen, dass es dem
Gesandten Gottes und jenen, welche die Angelegenheiten der Gemeinschaft nach ihm lenken,
freigestellt ist zwischen Freiheit, Lösegeld oder Exekution der nichtmuslimischen Soldaten
zu entscheiden.«
Zweitens: Die Behauptung der ‚Schwertvers‘ hebe andere Verse, welche zum Frieden
und zur Toleranz aufrufen, auf, wird von vielen Korankommentatoren angezweifelt.
Beispielsweise wird behauptet, der Vers: „Und wenn sie sich dem Frieden zuneigen, dann neige
(auch du) dich ihm zu (und laß vom Kampf ab)! Und vertrau auf Allah! Er ist der, der (alles) hört und
weiß.“ (8:61), sei aufgehoben durch den ‚Schwertvers‘. Imām al-Qurtubī erörtert in einer
langen Ausarbeitung, warum dieser Vers nicht aufgehoben ist. Im Kontext seiner Erörterung
sagt er, dass dieser die Basis dafür ist, dass die Muslime ein Friedensvertrag mit den Nicht-
Muslimen schließen können, der ewig währt.
Imam al-Ṭabarī lehnt gleichermaßen die Ansicht ab, dass dieser Vers aufgehoben
wurde. Er sagt: »Und jene, welche die Aussage des Qatada und der anderen über die
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Aufhebung dieses Verses beständig wiederholen, so sind diese Worte unfundierte Aussagen,
die keinen Halt haben im Koran, der Sunna und der gesunden Vernunft.«
Ibn Kathīr lehnt diese Ansicht besonders ab, nachdem er die Meinungen darlegt, dass
der Vers aufgehoben sei. Er sagt: »Hier gibt es keinen Widerspruch (tanafi), keine Aufhebung
(nāskh) und keine Spezifizierung (takhsīs).“
Zusätzlich zu den Ansichten, dass der ‚Schwertvers‘ selbst aufgehoben sei und er nicht
die Verse aufhebe, die Zurückhaltung, Friede und Toleranz zwischen Muslimen und den
Gemeinschaften anderer Glauben betonen, sind viele Gelehrte der Ansicht, dass sich dieser
Vers nicht einmal auf Juden und Christen bezieht. Somit kann es nicht als Beweis dafür
benutzt werden, dass der Koran die willkürliche Ermordung von Juden und Christen gutheißt.
Beispielsweise sagt Imām al-Qurtubī, bekannt für sein Koranerläuterungswerk mit
Rechtsurteilen:
»… Es ist zulässig zu verstehen, dass die Aussage „Polytheisten“ nicht die Juden und
Christen (Ahl al-Kitāb) miteinschließt.«
Diese Meinung wird verstärkt durch die Interpretation eines Ḥadīth: „Mir wurde
anbefohlen die Menschen zu bekämpfen bis sie bezeugen, dass es keine Gottheit außer Allāh gibt…“
Imam Nawawī erwähnt in seinem Kommentar über den Ḥadīth:
»Al-Khaṭṭābī sagte: ‚Es ist sehr wohl bekannt, dass hier die Menschen der
Götzendienerei gemeint sind und nicht die Leute des Buches, die Juden und Christen.“ Imām
Abū Ḥanīfa, Imām Aḥmad, und viele andere Gelehrte sind der Ansicht, dass nur die
Polytheisten gemeint sind mit dem ‚Schwertvers‘, die zur Zeit der Offenbarung auf der
Arabischen Halbinsel lebten. Gemäß dieser Ansicht bezieht sich dieser Vers nicht auf die
Polytheisten außerhalb der Arabischen Halbinsel.
Frage: Du zitierst ständig den Vers: „…Wenn jemand einen Menschen tötet ohne, dass dieser
einen Mord begangen hätte oder ohne, dass ein Unheil im Lande geschehen wäre, es so sein soll als hätte
er die ganze Menschheit getötet; und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, es so sein soll als
hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten. … (5:32)”, doch du zitierst nie den
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darauffolgenden Vers: „Der Lohn derer, die gegen Allah und Seinen Gesandten Krieg führen und
Verderben im Lande zu erregen trachten, soll sein, dass sie getötet oder gekreuzigt werden oder, dass
ihnen Hände und Füße wechselweise abgeschlagen werden oder, dass sie aus dem Lande vertrieben
werden. Das wird für sie eine Schmach in dieser Welt sein und im Jenseits wird ihnen eine schwere Strafe
zuteil.“(5:33)
Antwort: Die Wichtigkeit des Verses: „Wenn jemand einen Menschen tötet…“, ist zu groß,
als dass man sie einfach ignorieren könnte. Jedoch werde ich nicht lange darauf eingehen und
mich mit zwei Kommentaren der zwei größten Korankommentatoren zufrieden geben:
Imām Fakhr ad-Dīn al-Rāzī sagt über diesen Vers:
»Wenn er (ein Mörder) die Absicht fasst, eine unschuldige Person zu töten, hat er die
Anordnungen seines Blutdurstes und seines Zornes denen Allahs vorgezogen. Wenn diese
Neuordnung der Prioritäten geschieht, fasst er in seinem Herzen die Absicht, wenn er könnte,
jeden zu töten, der sich seinem Wunsch entgegenstellt.«
Imām al-Qurtubī sagt: »Die Bedeutung ist, dass, wenn jemand es als erlaubt erklärt
einem unschuldigen Menschen das Leben zu nehmen, er es für erlaubt erklärt hat, allen
Menschen das Leben zu nehmen, denn er hat das göttliche Gesetz, welches das Töten
Unschuldiger verbietet, abgelehnt.«
Es sollte eine ausreichende Warnung für jeden sein, dass die absichtliche Ermordung
eines unschuldigen Menschen von den größten Gelehrten in der islamischen Geschichte als
eine Ablehnung der islamischen Gesetzgebung erachtet wird.
Es ist interessant, dass gerade ein ‚Jihadist‘ auf den darauffolgenden Vers aufmerksam
macht, denn er bezieht sich auf die Anarchie, die oft im Namen des ‚Jihad‘ geschieht, da die
Kommentatoren und Juristen übereinstimmen, dass dieser Vers sich auf jene bezieht, die den
öffentlichen Frieden stören (muḥaraba/ḥiraba). Die einzige Meinungsverschiedenheit hier
liegt darin, ob die Störung des öffentlichen Friedens sich nur auf ländliche Gebiete oder auch
auf die Stadt bezieht. Imām Mālik, al-Awzāʿī, Layth b. Saʿd, al-Schāfiʿī und Aḥmad b. Ḥanbal
sind der Ansicht, dass sich diese Störung des öffentlichen Friedens auf das Land und auf die
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Stadt bezieht. Doch Imām Abū Ḥanīfa und seine Rechtsschule sind der Ansicht, dass sich dies
nur auf das Land bezieht, da die Menschen in den Stadtgebieten viel leichter um Hilfe rufen
können und Hilfe erhalten können, da es Wachen und dergleichen gibt, welche diese
Verbrechen unter normalen Umständen aufhalten sollten.
Nach einer ausgiebigen Untersuchung des Offenbarungsgrundes des Verses 5:33,
beschreibt Ibn Kathīr die Strafe, die in Zusammenhang mit dem Verbrechen steht. Er sagt:
»Die Mehrheit der Gelehrten sagt: Dieser Vers wurde für verschiedene Situationen
offenbart, wie es erwähnt wurde von Abū ʿAbdullah asch-Schāfiʿī. Er sagte: Uns wurde
berichtete von Ibrāhīm b. Abī Yaḥyā, von Ṣāliḥ al-Tawʿama, von Ibn ʿAbbās über das
Verbrechen der Wegelagerei: Wenn die Verbrecher töten und Güter klauen, werden sie
getötet und gekreuzigt. Wenn sie nur töten und sie klauen nichts, dann werden sie getötet,
aber nicht gekreuzigt. Wenn sie klauen aber nicht töteten, dann werden ihre Hände und Füße
kreuzüber abgeschlagen. Wenn sie die Menschen terrorisieren, aber ihre Güter nicht klauen,
werden sie ins Exil verbannt.“
Niemand sagt, dass diese Art der Bestrafung an jemandem angewandt werden kann, der
nicht direkt an den von Ibn ʿAbbās beschriebenen Verbrechen schuldig ist. Deswegen ist es
eine haltlose Fehlinterpretation, wenn man diesen Vers benutzt, um das Ermorden
unschuldiger Zivilisten zu rechtfertigen.
Frage: Die USA, Israel und ihre Komplizen haben keine Barmherzigkeit im Töten
unschuldiger muslimischer Zivilisten, wieso sollten wir dann Barmherzigkeit mit ihren
Zivilisten haben?
Antwort: Allah - Erhaben und Makellos ist Er - sagt: „Töte das von Allah bewahrte Leben
nicht grundlos…“ Welcher Grund kann heraufbeschworen werden, um die Ermordung
unschuldiger Zivilisten, die vielleicht sogar Muslime sind, zu rechtfertigen? Die Tatsache, dass
die USA und Israel oder sonst wer dies tut, ist keine angemessene Rechtfertigung. Keiner der
Koranverse, welche die Vergeltung erwähnen, sind für diese Situation gemäß dem Ḥadīth: „Es
gibt keinen Schaden oder die Vergeltung eines Schadens…“ und die damit zusammenhängenden
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juristischen Maxime: „Schaden muss beseitigt werden“ anwendbar. Das Töten unschuldiger
Nichtmuslime schafft einzig und allein nur eine Atmosphäre und einen Umstand, der es
leichter macht, vielmehr muslimische Zivilisten willkürlich zu ermorden. Somit zieht eine
solche Handlung mehr Schaden nach sich, der jedoch vermieden werden soll.
Unser Gesandter - Segen und Friede seien auf ihm – sagte, dass er ein Geschenk der
Barmherzigkeit ist. Er sprach: „Oh ihr Menschen! Wahrlich, ich bin eine geschenkte Barmherzigkeit!“
(Ḥākim, al-Mustadrak, 100). Er sagte auch: „Wer keine Barmherzigkeit zeigt, wird auch keine
Barmherzigkeit erleben.“ (Bukhārī, 5997; Muslim, 2318). Auch: „Wer auch immer der Menschheit
gegenüber keine Barmherzigkeit darbringt, wird von Allāh auch keine Barmherzigkeit empfangen.“
(Bukhari, 6013; Muslim, 2319). „Den barmherzigen Menschen wird Barmherzigkeit dargebracht vom
Allbarmherzigen; seid barmherzig zu jenen auf der Erde, damit die im Himmel barmherzig zu euch
sind.“ (Abū Dāwūd, 4941; Tirmidhī, 1924). „Ihr habt nicht wahrlich geglaubt, solange ihr nicht
barmherzig zueinander seid.“ Daraufhin sagten jene, die dies hörten: „Oh Gesandter Allāhs! Wir
alle sind Barmherzigkeit zueinander!“, worauf er - Segen und Friede seien auf ihm –
erwiderte: „Nicht die Barmherzigkeit euren Freunden und Gefährten gegenüber, sondern die
Barmherzigkeit allen Menschen gegenüber.“ Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm –
sprach auch: „Barmherzigkeit wird nur aus dem Herzen eines an die Hölle gebundenen Wichtes
entrissen.“ (Abu Dawud, 4942). Während der Schlacht von ʿUhud, als seine Feinde versuchten
ihn - Segen und Friede seien auf ihm – zu töten, bat man ihn um ein Gebet, damit seine Feinde
vernichtet werden. Er - Segen und Friede seien auf ihm – sprach: „Ich wurde als Barmherzigkeit
gesandt und nicht, um die Menschen zu verfluchen.“
Frage: Du spornst zu freundlichen Beziehungen mit den Nichtmuslimen an, während
Allāh - Erhaben und Makellos ist Er – uns verboten hat, sie als Freunde zu nehmen.
Antwort: Allah erwähnt im Koran: „Allah verbietet euch nicht, gegen diejenigen pietätvoll
und gerecht zu sein, die nicht der Religion wegen gegen euch gekämpft und, die euch nicht aus euren
Wohnungen vertrieben haben. Allah liebt die, die gerecht handeln.“ (Koran: 60:8). Es gibt einige, die
behaupten, dass dieser Vers aufgehoben wurde durch den ‚Schwertvers‘, jedoch sagt Imām
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al-Qurtubī bei seiner Erklärung dieses Verses, dass die meisten Exegeten der Ansicht sind,
dass dieser Vers gilt und sie die Ansicht ablehnen, dass dieser Vers aufgehoben ist. Die vielen
Gelehrten, die der Ansicht sind, dass dieser Vers noch gültig ist und nicht aufgehoben wurde,
begründen ihre Ansicht auf der Geschichte von Asmāʾ, der Tochter des Abū Bakr. Als ihre
Mutter sie in Medina besuchte, die zu der Zeit noch eine Götzendienerin war, zögerte sie das
Geschenk ihrer Mutter anzunehmen und lehnte es ab, sie im Haus aufzunehmen oder ihr
Einlass zu gewähren. Als der Prophet dies erfuhr, spornte er sie dazu an, das Geschenk
anzunehmen, sie zu bewirten und sie mit der besten Güte zu behandeln, auch wenn sie eine
Götzendienerin war.
Imām Ṭabarī sagt, nachdem er viele Interpretationen dieses Verses angeführt hat:
»Die beste und akkurateste Ansicht in Bezug auf diesem Vers sind folgende Worte: „Mit
diesem Vers sind alle Menschen jeder Lebensart und Religion gemeint: Dass du freundlich zu
ihnen bist, dass du mit ihnen verkehrst und sie gerecht behandelst.“, denn Allah - Erhaben
und Makellos ist Er - spricht hier eine allgemeine Aussage, welche jeden umschließt, der zu
der Beschreibung des Verses passt. Allah beschrieb oder wählte in diesem Vers nicht
bestimmte Menschen aus und schloss auch nicht bestimmte Menschen aus. Die Behauptung,
dieser Vers sei aufgehoben, ist sinnlos.«
Ibn Kathīr lehnt diese Ansicht ebenfalls ab, und auf den darauffolgenden Vers
hinweisend, sagt er:
»Vielmehr verbietet er dir, jene als Freunde zu nehmen, die dir gegenüber offenkundige
Feindschaft hegen, dich bekämpfen, dich vertrieben oder in deiner Vertreibung mitgewirkt
haben. Allah - Erhaben und Makellos ist Er – verbat es, diese als Freund zu nehmen.«
Wenn man die anderen Verse des Korans untersucht, die einen davor warnen, Freunde
aus anderen Religionsgemeinschaften zu haben, ist ersichtlich, dass all diese Warnungen an
Bedingungen geknüpft sind, wie es Ibn Kathīr hier erklärte. Beispielweise ist 3:28 an die
Bedingung geknüpft, dass sie den Gläubigen gegenüber voreingenommen sind; in 3:118 gibt
es die Bedingung, nicht mit jenen Freundschaft zu schließen, welche offenkundig ihren Hass
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für die Religion kundgetan haben und, die daran arbeiten, die Religion zu vernichten. 5:57
handelt über die Freundschaft mit jenen, welche den Islam erniedrigen. Wenn die in diesen
Versen erwähnten Bedingungen nicht existieren, dann hat das Verbot einer gerechten,
gleichgestellten und freundlichen Behandlung der Mitglieder anderer
Religionsgemeinschaften keine Kraft.
Es ist hier angemessen zu erwähnen, dass ein muslimischer Mann eine
nichtmuslimische Frau heiraten darf. Dies abzulehnen ist unmöglich. Allah - Erhaben und
Makellos ist Er - erwähnt im Koran: „Und zu seinen Zeichen gehört es, dass er euch aus euch selber
Gattinnen geschaffen hat, damit ihr Frieden bei ihnen findet. Und er hat bewirkt, dass ihr einander in
Liebe und Güte zugetan seid. Darin liegen Zeichen für Leute, die nachdenken.“ (30:21) Allah - Erhaben
und Makellos ist Er – sagt, dass er Liebe und Güte zwischen Ehemann und Ehefrau gelegt hat,
während die letztere eine Jüdin oder Christin sein könnte. Soll er jetzt die Liebe und Güte oder
die Freundschaft seiner Ehegattin ablehnen und sich blind an das angebliche Verbot der
Befreundung mit Andersgläubigen halten?
Frage: Was soll eine Person, welche genug von der willkürlichen Ermordung der
Muslime in der gesamten Welt von Seiten der USA hat, tun?
Antwort: Dies ist eine korrekte und wichtige Frage. Ich werde hier einige Ratschläge
geben.
1. Realisiere, dass nicht du das Durcheinander, die Schwäche und die politische
Inkompetenz der muslimischen Welt geschaffen hast und auch nicht du die Verantwortung
trägst, dies zu korrigieren und auch nicht fähig dazu bist. Oftmals werden wir von Dingen
gestresst, die außerhalb unserer Macht liegen. Der Prophet - Segen und Friede seien auf ihm
– sagte: „Das Gute vom Islam eines Menschen ist, dass er sich nicht in Dinge einmischt, die ihn nichts
angehen.“ Dinge, über die wir keine Kontrolle haben, gehen uns nichts an. Doch es gibt viele
Dinge, die zu tun wir fähig sind, aber oftmals vernachlässigen wir diese Dinge. Wir rennen
weg von Situationen, auf die wir maßgebend Einfluss nehmen könnten und die wir
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mitgestalten könnten, zu Ereignissen, über die wir keine Kontrolle haben. Dies ist dann das
Rezept für Frustration und ineffektivem Handeln.
2. Ziehe Nutzen aus den Bildungsmöglichkeiten, die du hast und übe dich darin, etwas
Sinnvolles für die Muslime und für die Menschheit im Allgemeinen zu tun. Viele Menschen
in der durchschnittlichen muslimischen Gemeinschaft haben nicht die Möglichkeit, eine
hohe Bildung zu bekommen. Hier in der westlichen Gesellschaft haben wir diese Möglichkeit.
Anstelle über die Situation der Muslime in den verschiedenen Teilen dieser Welt uns
verzweifelte Gedanken zu machen, sollten wir uns bilden, damit wir die Fähigkeit haben,
etwas Bedeutungsvolles mit unserem Leben zu tun, damit wir einen Wechsel für das Leben
dieser Muslime bewirken können. Es ist bewiesen, dass Wissen Macht bedeutet und wir
sollten uns damit beschäftigen, uns Macht anzueignen.
3. Leiste in sinnvoller Weise etwas zu der Diskussion bei, welche das Islambild der
Amerikaner maßgeblich beeinflusst. Wir sollten nicht annehmen, dass jeder in diesem Land
von Geburt an gegen die Muslime ist. Wenn wir jedoch nicht anfangen, unsere Mitbürger über
unsere Religion, unsere Gemeinschaft, die Anstrengung unseres Volkes aufzuklären, dann
wird ein immer größerer Teil der Bevölkerung dem Islām gegenüber voreingenommen sein
und wir werden es sehr schwer dabei haben, diese Haltung zu korrigieren. Du kannst
Nachforschungen anstellen, um dabei behilflich zu sein, verleumderische und beleidigende
Ansichten über die islamischen Prinzipien und den islamischen Glauben zu widerlegen. Du
kannst etwas schreiben oder bloggen. Du kannst den Menschen Islām lehren in formeller oder
informeller Weise. Du kannst Sitzungen, Seminare oder Unterrichte an öffentlichen Plätzen
wie in Bibliotheken, Gemeinschaftshäusern und ähnlichen Orten arrangieren. Du kannst
private Veranstaltungen organisieren, in denen du deine Nachbarn, Freunde und Verwandte
einlädst. Du kannst Buchclubs ansprechen und dort Lesungen und Diskussionen von Büchern
vorschlagen, die den Islam akkurat darstellen.
4. Lerne eine Fähigkeit, die in der muslimischen Welt gebraucht wird und verbringe
deine Zeit damit, anderen Menschen in anderen Ländern zu dienen. Solche Fähigkeiten
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können Medizin, Krankenpflege, Informatik, Gesundheitspflege, Sanierungstechniken,
Umweltwissenschaften, Psychologie (auf der Basis therapeutischer Beratung), Automechanik
etc. sein. Indem du in diesen Bereichen dienst, kannst du zu der Stabilität der muslimischen
Gesellschaft, welche beschädigt und zerrüttet ist durch die Dekaden des Krieges, beisteuern.
5. Helfe den Gefangenen, den neuen Immigranten, den Armen, den Älteren und anderen
Bevölkerungsgruppen, deren Leben durch den Staat zerrüttet wurde. Das Bauen von Brücken
zwischen diesen Bevölkerungsgruppen wird ein Schlüsselfaktor in späterer Zeit sein, die
Koalitionen schafft, welche wirkungsvoll die hegemoniale soziopolitische Maschine
zurückdrängen können, die versucht, unser gesamtes Leben einzunehmen. Je ernster die
Finanzkrise des kapitalistischen Staates wird, desto mehr Menschen werden Dienste
benötigen. Dies ist eines der größten Dinge, die wir tun können, um gegen die Propaganda
über die Muslime zu arbeiten.
6. Schließe dich den Organisationen an, deren politischen Visionen es sind, die
Menschen zusammenzubringen und Spaltungen und Unterschiede zu überbrücken, welche
sie voneinander getrennt haben. Eine solche Arbeit kann im Kontext des politischen
Wahlsystems sein und im Kontext fundamentaler politischer Bildung und grundlegender
Organisationen. Es gibt auch viele muslimische Gruppen. Schließe dich diesen Gruppen an
und helfe ihnen finanziell und mit deinem Dasein.
7. Schließe dich den Bewegungen an, die versuchen, die Muslime näher an die
Mehrheitsgesellschaft mit muslimischer Kunst und Kultur zu bringen. Diese Bewegung ist
mächtig und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Bereiche dieser effektiven
Kommunikation schließen Film, Kunst, akzeptable Formen der Musik, Dichtung und viele
andere Dinge ein.
8. Schließe dich den Antikriegsbewegungen an. Antikriegsbewegungen waren
grundlegend am Ende des Vietnam-Krieges beteiligt und sie sind das einzige, welches den
angeblichen Krieg gegen den Terror beenden kann. Es gibt viele Organisationen und
Onlineinitiativen, welche Hilfe benötigen, um ihre Effizienz zu stärken. Muslime sollten sich
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solchen Gruppen in großer Anzahl anschließen, wenn sie in ihrem Wunsch den Krieg zu
beenden aufrichtig sind – einem Krieg, der zum Tod tausender Muslime und zur Vernichtung
muslimischer Gesellschaften führt.
Dies sind nur einige Ratschläge und es gibt noch viele andere Sachen. Nicht ein einziger
junger Muslim ist entschuldigt, um daheim geplagt von Langeweile herum zu sitzen und nicht
zu wissen, was er tun soll, nur um dann später in eine reaktionäre Schiene zu geraten, welche
nur dazu führt, dass die Muslime in diesem Land und anderswo unterdrückt werden.
Ich hoffe, dass diese Antworten ein wenig Klarheit schufen und jenen eine Richtung
aufwiesen, die diese Fragen gestellt haben und für jene, die ebenfalls diese Fragen mit sich
trugen. Letztlich ist kein Erfolg möglich ohne die göttliche Unterstützung Allahs. Wir bitten
Ihn darum, uns zu unterstützen und dass Er unsere Segel mit dem Wind seiner Unterstützung
und Seiner Liebe füllt in diesen schweren Zeiten. Möge Allah euch alle segnen, ob Freund oder
Feind.
Dein Bruder im Islam,
Imām Zaid Shakir
20/1/2011