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Universität Zürich 日本麻薬戦争 Japans Krieg gegen die Drogen Historisches Seminar, Frühjahrssemester 2015 Stephan Bruhin BA-Seminar „Von den Opiumkriegen zur Opiumprohibition“ [email protected] Dozentin: Judith Fröhlich 01.09.2015 Historisches Seminar der Universität Zürich Bachelor-Seminar „Von den Opiumkriegen zur Opiumprohibition“ Frühjahrssemester 2015 Dozentin: Judith Fröhlich 日本麻薬戦争 Japans Krieg gegen die Drogen - Eine rechtsgeschichtliche Analyse der japanischen Gesetzgebung und Rechtsanwendung betreffend Opium in der Meiji-Zeit (1868-1912) Verfasst von Stephan Bruhin Webergasse 28 CH-8640 Rapperswil SG +41 (0)79 595 51 41 Fächerkombination: Geschichte Hauptfach 90 KP Japanologie Hauptfach 90 KP Viertes Semester Abgabedatum: 01.09.2015

日本麻薬戦争 - Japans Krieg gegen die Drogen

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Universität Zürich 日本麻薬戦争 Japans Krieg gegen die DrogenHistorisches Seminar, Frühjahrssemester 2015 Stephan BruhinBA-Seminar „Von den Opiumkriegen zur Opiumprohibition“ [email protected]: Judith Fröhlich 01.09.2015

Historisches Seminar der Universität Zürich

Bachelor-Seminar „Von den Opiumkriegen zur Opiumprohibition“

Frühjahrssemester 2015

Dozentin:

Judith Fröhlich

日本麻薬戦争 Japans Krieg gegen die Drogen

-

Eine rechtsgeschichtliche Analyse der japanischen Gesetzgebung undRechtsanwendung betreffend Opium in der Meiji-Zeit (1868-1912)

Verfasst von

Stephan Bruhin

Webergasse 28

CH-8640 Rapperswil SG

+41 (0)79 595 51 41

Fächerkombination:

Geschichte Hauptfach 90 KP Japanologie Hauptfach 90 KP

Viertes Semester

Abgabedatum: 01.09.2015

Universität Zürich 日本麻薬戦争 Japans Krieg gegen die DrogenHistorisches Seminar, Frühjahrssemester 2015 Stephan BruhinBA-Seminar „Von den Opiumkriegen zur Opiumprohibition“ [email protected]: Judith Fröhlich 01.09.2015

Inhalt

1 Einleitung 3

1.1 Einführung, Kontext und Relevanz 3

1.2 Forschungsfragen, Hypothesen und Theorien 4

2 Hauptteil 6

2.1 1868: Initiierung eines Moralischen Kreuzzugs 6

2.2 1870: Stigmatisierung des „chinesischen Lasters“ 9

2.3 1880: Das Alte Strafgesetz und das Problem mit China 11

2.4 1897: Vom Drogenkrieg zum Opium-Monopol 14

2.5 1907: Das Meiji-Strafgesetzbuch und die Etablierung eines

moralischen Zivilisations-Konzeptes 16

3 Konklusion 18

4 Anhang 21

4.1 Dank 21

4.2 Fakten zu Opium 21

4.3 Bibliographie 22

4.3.1 Gedruckte Haupt-Quellen (Rechtstexte) 22

4.3.2 Geschichtswissenschaftliche Literatur 23

4.3.3 Rechtswissenschaftliche Literatur 26

4.4 Glossar 27

4.5 Fachvokabular 36

4.6 Verwendete Rechtstexte und deren Übersetzungen 37

4.6.1 Vorschriften betr. Verkauf von Rauchopium Art. 521f. 37

4.6.2 Bestimmungen zum Umgang mit Rohopium (1870) 39

4.6.3 Vorschriften betr. Verkauf von Rauchopium Art. 523f. 40

4.6.4 Opiumgesetz (Gesetz Nr. 27 von 1897) 42

4.6.5 Altes Strafgesetz (Kabinettserlass Nr. 36 von 1880) 50

4.6.6 Meiji-Strafgesetzbuch (Gesetz Nr. 36 von 1907) 52

4.7 Selbständigkeitserklärung 54

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1 Einleitung

1.1 Einführung, Kontext und Relevanz

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Japans Rolle bei der Entstehung und

Konzeptualisierung einer systematisch gegen Drogen gerichteten Politik zu

beleuchten. Die Geburtsstunde und Konkretisierung dieser Idee lässt sich in der

Gesetzgebung und Rechtsanwendung betreffend Opium im Japan zur Herrschaftszeit

des Meiji-Tennō (1868-1912) finden. Auch wenn jedoch die tatsächliche Rolle des

Stoffes Opium1 in den geschichtlichen Ereignissen des 19. und 20. Jahrhunderts in Asien

umstritten ist, seine symbolische Bedeutung prägte das chinesische und japanische

Gedankengut in Bezug auf Rauschmittel und deren Einfluss auf die Gesellschaft.2

Vor diesem Hintergrund zeigt sich die Relevanz, welche der japanischen

Gesetzgebung und Rechtsanwendung bezüglich Opium in der Meiji-Zeit zukommt:

Hier lässt sich zum ersten Mal das systematische Vorgehen gegen Produktion, Handel

und Konsum von Drogen mithilfe von im westlichen Sinne modernen gesetzlichen,

politischen und militärischen Mitteln betrachten.3

Aus diesem Grund soll in der vorliegenden Arbeit die Vorreiterrolle Japans im

Hinblick auf die spätere internationale Anti-Drogen-Politik aufgezeigt werden. Dies

spiegelt sich im Titel 日本麻薬戦争 (Nihon Mayaku Sensō) Japans Krieg gegen die

Drogen wider. Primäres Ziel wird es deshalb im Folgenden sein, die Ausprägungen

und Hintergründe des Vorgehens gegen Opium zu analysieren und somit zu

verstehen, wie sich der japanische Krieg gegen die Drogen unter den Meiji-

Autoritäten ausprägte.

1 Bezüglich Opium und Rauchopium: vgl. Punkt 4.2 Fakten zu Opium, sowie Dormandy 2012, S. 7-111;Meyer und Parssinen 1998, S. xv-xviii; Chouvy 2010, S. 1-12; Dabringhaus 2005, S. 103-114; Blue 2000,S. 31-37; Bello 2005, S. 1-21; Trocki 1999, S. 33-57; Dikötter / Laamann / Zhou 2007, S. 19-28; Brook /Wakabayashi 2000, S. 1-27; Tan 1978, S. 1-12, 222-230.2 Vgl. Des Forges 2000, S. 167-185; Dabringhaus 2005, S. 114-125; Brook / Wakabayashi 2000, S. 19-27; sowie Dikötter / Laamann / Zhou 2007, S. 33-37.3 Zur Opium-Gesetzgebung in Japan: Kingsberg 2011, S. 88–106; Kingsberg 2014; Jennings 1997; Wakabayashi 1992, S. 1-25; Wakabayashi 2000, S. 55-75.

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Der Fokus dieser rechtsgeschichtlichen Analyse4 auf die Jahre der Meiji-Herrschaft

begründet sich mit den entscheidenden gesetzlichen Schritten im Kampf gegen

Opium, welche von den neuen Machthabern im Rahmen der allgemeinen

Umgestaltung der japanischen Gesellschaft bereits 1868 vorgenommen und bis 1912

weiter ausgearbeitet wurden. So handelt es sich bei den im Folgenden bearbeiteten

Quellen um die bedeutendsten Rechtstexte der Meiji-Zeit zum Thema Opium.

Das Jahr 1912 stellt mit der International Opium Convention auch insofern einen

angemessenen Schlusspunkt der Betrachtung dar, als dass nun die internationale

Staatengemeinschaft unter Führung der USA die Vorreiterrolle bei der Opium- und

Drogenbekämpfung übernahm.5

1.2 Forschungsfragen, Hypothesen und Theorien

Für die Analyse stellt sich nun die grundlegende Frage, vor welchem moralischen,6

politischen und soziokulturellen Hintergrund sich die gesetzliche Handhabung von

Opium entwickeln und verändern konnte. Konkret formuliert lauten die

Forschungsfragen: Wieso erliessen die Meiji-Autoritäten strikte und konsequent

angewendete Gesetze bezüglich Rauchopium und Opium für den medizinischen

Gebrauch? Was bedeutete Opium in der Meiji-Zeit grundsätzlich für die Autoritäten in

Japan? Welche moralischen Beweggründe, welche Normen, Werte und Intentionen

prägten sich in dieser Gesetzgebung aus und ermöglichte deren Anwendung und

Veränderung?

Folgende Hypothesen sollen bei der Aufarbeitung dieser Fragen massgebend sein:

Durch die Ereignisse in China im Zusammenhang mit Opium und dem westlichen

Imperialismus (im Folgenden als Chinesische Erfahrung bezeichnet), wurde Opium

zum zentralen Inhalt einer erlebten Bedrohungssituation in Japan. Die Meiji-

Autoritäten starteten deshalb gemäss ihrer Weltanschauung, welche sich zu einer

4 Zu den jeweiligen Chancen und Schwierigkeiten der rechts- und geschichtswissenschaftlichen Heran-gehensweise an die Rechtsgeschichte stellt Schenck 1997, S. 18-20 fruchtbare Überlegungen an.5 Zur Vorreiterrolle der USA im 21. Jahrhundert siehe War on Drugs im Glossar. 6 Zur Abgrenzung von Moral, Ethik und Werten, vgl. die Definitionen und Ausführungen im Glossar,welche auf den Ansatzpunkten von Kingsberg 2014, S. 1, und Fussnote 3, S. 201, basieren.

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Form des Sozialdarwinismus entwickeln sollte,7 einen War on Drugs, auch wenn dieses

Vorgehen damals noch nicht so bezeichnet wurde. Eine andere Vorgehensweise war

in ihrer Denkweise nicht möglich, die völlige Unterdrückung von Opium mit allen

Mitteln stellte somit einen Denkzwang dar. Diese Art der Drogenpolitik prägte sich in

der Form eines Moralischen Kreuzzuges8 aus, welcher als Vorbild für das

internationale Vorgehen gegen Drogen bis heute nachwirkt.

Auf theoretischer Ebene wird insbesondere das Denkstil-Modell von Felix Mäder

Anwendung finden. Dieses wurde ebenfalls für eine soziohistorische Analyse der

Drogenthematik verwendet: Mäder geht im Rahmen des sozialen Konstruktivismus

davon aus, dass der Denkweise eines Individuums (und einer Gesellschaft) immer

gewisse Grenzen gesetzt sind, innerhalb derer soziale Tatsachen produziert,

ausserhalb derer aber gar nichts gedacht werden kann.9 In der vorliegenden Arbeit

nun soll darüber hinaus das neue Modell eines Paradigmas der Denkzwänge

eingeführt werden. Diese stecken im Anschluss an das Modell von Mäder die Grenzen

ab, innerhalb derer überhaupt etwas gedacht werden kann.10 Dieses Meiji-zeitliche

Denkzwang-Paradigma soll anhand verschiedener Theorien analysiert werden.

In Anlehnung an Michel Foucaults Werke Überwachen und Strafen. Die Geburt des

Gefängnisses (1976) sowie Die Wahrheit und die juristischen Formen (2002) wird es

hierbei vor allem um die Konstitution von Machstrukturen gehen, welche sich

insbesondere in Justiz und Strafwesen materiell ausdrücken. Vorstellungen von

sozialer Konformität und Devianz;11 rassistisches Überlegenheitsdenken und

staatszentrierter kultureller Nationalismus in Verbindung mit Konvergenz- und

Partikularismus-Theorien;12 der Konflikt von Tradition und Modernisierung in der

japanischen Entwicklung und die „Erfindung von Traditionen“;13 sowie insbesondere

7 Vgl. zum japanischen Sozialdarwinismus: Kingsberg 2011, S. 93.8 Miriam Kingsbergs Definition eines Moralischen Kreuzzuges (Moral Crusade) soll auch für die vorlie-gende Arbeit massgebend sein, vgl. Kingsberg 2014, S. 1-2 und Fussnote 5, S. 201-202.9 Vgl. Mäder 1999, S. 7-21, insbesondere S. 10 für eine grafische Darstellung des Modells, welches inder vorliegenden Arbeit um Gesetzgebung und Rechtsanwendung ergänzt werden soll. 10 Vgl. Mäder 1999, S. 14-15 zum Begriff des Denkzwangs.11 Zur Devianz: vgl. Best 2011.12 Zum kulturellen Nationalismus: vgl. Hein 2008, S. 450-451; zur Konvergenztheorie: vgl. Sugimoto2014, S. 24-28.13 Zum Konflikt von Tradition und Modernisierung: vgl. Hirakawa 1989, S. 487-498; zu „erfundenenTraditionen“: vgl. Hobsbawm 2004, S. 1-5.

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das von Michaela Moser entwickelte Konzept der Dionysischen Welten14 sollen als

Hintergründe dieser Machtstrukturen in die folgende Analyse miteinbezogen werden.

Während zur allgemeinen Opium-Thematik in Ostasien und zur Rechtsgeschichte in

Japan eine umfangreiche wissenschaftliche Literatur in westlichen Sprachen besteht,

so existieren nur wenige Werke zu Opium in Japan und noch weniger zur Opium-

Gesetzgebung in der Meiji-Zeit.15

Schliesslich muss darauf hingewiesen werden, dass aufgrund der Sprachbarriere und

Verfügbarkeit des Quellenmaterials im Rahmen dieser Arbeit erhebliche

Einschränkungen für die Analyse eines Meiji-zeitlichen Diskurses gegeben sind.16

Nichtsdestotrotz soll auch der Überzeugung Ausdruck verliehen werden, dass die im

Folgenden bearbeiteten Rechtsquellen bei gründlicher Analyse einen erhellenden

Einblick in die Kernpunkte des besagten Diskurses ermöglichen und somit als Ansatz

den Weg für eine vertieftere Forschung auf Basis von Originalquellen bereiten. Es ist

ein erklärtes Ziel der vorliegenden Arbeit, hierzu einen Beitrag zu leisten.17

2 Hauptteil

2.1 1868: Initiierung eines Moralischen Kreuzzugs

Die zwei Opiumkriege und die zunehmende Einflussnahme der westlichen Mächte in

China wurden in Japan mit Besorgnis rezipiert und kritisch bewertet.18 Diese

Chinesische Erfahrung führte zusammen mit inneren und äusseren Krisen in der

14 Vgl. Moser 2001, S. 23-29. Die grundlegende Idee dieses Konzeptes ist, dass dionysische Rauschwel-ten, wie sie unter anderem durch Drogen herbeigeführt werden und welche den Gefühlen mehr Spiel-raum auf Kosten der Vernunft zur Verfügung stellen, einen essentiellen Bestandteil gesellschaftlicherMachstrukturen darstellen. Eine ausführlichere Definition findet sich im Glossar.15 Forschungsüberblick: Zum Opium in Ostasien: Derks 2012; zur Meiji-Zeit und Modernisierung in Ja-pan: Beasley 1995; Hirakawa 1989, S. 432-498; zur japanischen Rechtsgeschichte: Botsman 2005; Röhl 1997, S. 145-160; Röhl 2002, S. 185-207; Röhl 2005; Schenck 1997; 16 Auf die relativ geringe Überlieferungsdichte japanischer Quellen im Bereich der Meiji-zeitlichenRechtsgeschichte aufgrund verschiedener historischer Faktoren weist Schenck 1997, S. 25 hin.17 Vor diesem Hintergrund stellt die Übersetzung der Originalquellen einen wichtigen Bestandteil dervorliegenden Arbeit dar. Auf diesen Umstand sei hier insbesondere deshalb hingewiesen, weil eineÜbersetzung immer bereits eine Interpretation darstellt und auch als solche behandelt werden muss.Im Anhang sind deshalb sowohl die Transkriptionen und die URL der digitalisierten Originaltexte, wieauch die für diese Arbeit angefertigten und verwendeten Übersetzungen zu finden.18 Zur Rezeption der beiden Opiumkriege in Japan: vgl. Masuda 2000, S. 35-86; Dower 2010, S. 2-4, 22;Van Gulik 1940, S. 497-500; Wakabayashi 1992, S. 1-25. Wakabayashi spricht hierbei von einem„Schock“ für Japan und einer „lesson in what to avoid“, 2000, S. 58.

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ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Japan bei einer Reihe von Samurai zu der

Überzeugung, dass eine grundlegende Erneuerung der japanischen Innen- und

Aussenpolitik notwendig sei, um ein ähnliches Schicksal wie dasjenige von China

abzuwenden.19 Über die genauen Ausprägungen dieser Erneuerung waren sich die

unzufriedenen Samurai zwar nicht immer einig, in einer Sache jedoch herrschte

Konsens: Rauchopium stelle einen Kernpunkt der Bedrohung dar und dessen

Ausbreitung in Japan sei mit allen Mitteln zu verhindern.20 So wurden die Ungleichen

Verträge mit den westlichen Mächten nicht zuletzt deshalb geschlossen, weil darin

Japan das Recht zugesprochen erhielt, ein fast vollständiges Verbot auf die Einfuhr

von Opium zu erlassen.21

Die Angst und Unzufriedenheit unter den Samurai fand schliesslich ihren Ausdruck in

der Meiji-Restauration 1868. Die Bewegung, welche sich durchsetzte und das neue

Japan regierte, vertrat die Idee einer umfassenden Neugestaltung von Staat und

Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Dies sollte durch Modernisierung im Sinne der

westlichen Mächte geschehen, um an deren politische, wirtschaftliche und

militärische Überlegenheit anzuschliessen.22 Miriam Kingsberg spricht in diesem

Zusammenhang von einer Krise politischer Legitimität in Japan: „For moral

entrepreneurs, opium represented a ‚crisis [kiki]’ in its literal sense of ‚dangerous

opportunity’.“23 Diese Krise habe als Reaktion einen Moralischen Kreuzzug gegen

Opium ausgelöst, welcher eine grosse Nachwirkung und mehrere weiterer solche

Kreuzzüge in Japan und anderen Teilen der Welt nach sich zog. Allerdings setzt

Kingsberg als Startpunkt für diesen Kreuzzug das Jahr 1895 fest.24

Die junge Meiji-Oligarchie sah sich mit einer Reihe komplexer Staatsaufgaben

konfrontiert.25 Die von Sozialdarwinismus geprägte Ideologie der imperialistischen

19 Vgl. Dower 2010, S. 22-23. Einen Überblick zu den internen und externen Krisen und deren Rezepti-on in Japan gibt Beasley 1995, S. 1-37. Vgl. ausserdem Schenck 1997, S. 41-52; Wakabayashi 1992, S. 1-2, 25; sowie Wakabayashi 2000, S. 57-64.20 Vgl. Jennings 1997, S. 5-8; Wakabayashi 2000, S. 55-75; sowie Kingsberg 2011, S. 95.21 Vgl. Kingsberg 2011, S. 88-92; zu den Verhandlungen betreffend der ersten Ungleichen Verträge Ja-pans mit den USA und deren Bedeutung vor dem Hintergrund des Zweiten Opiumkrieges, vgl. Beasley1995, S. 29-34; Masuda 2000, S. 35-67.22 Vgl. Beasley 1995, S. 54-69.23 Kingsberg 2014, S. 4.24 Vgl. Kingsberg 2014, S. 1-5.25 Zu den Zielen und ersten Aufgaben der Meiji-Autoritäten, insbesondere der kokutai-Ideologie einerloyalen Volksgemeinschaft: vgl. Beasley 1995, S. 54-101; Schenck 1997, S. 52-66, 222-224.

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Mächte hatte die Errichtung einer modernen Nation als westliches Vorrecht definiert

und damit auch den asiatischen Völkern einen rassistischen Stempel von geringerer

Zivilisiertheit aufgedrückt.26 Opium war dabei als ein typisches „orientalisches Laster“

und als Abgrenzung zur westlichen „Alkohol-Kultur“ instrumentalisiert worden.

Wollte Japan aus dem Schatten des Westens treten, so musste alles „Orientalische“

verbannt werden, und mit ihm Opium als eines seiner Hauptattribute.27 Die Theorie

der erfundenen Traditionen kann vor diesem Hintergrund gewinnbringend auf das

Vorgehen der Meiji-Autoritäten angewendet werden, und so betont auch Miriam

Kingsberg die japanische „invented tradition of abstinence from narcotics.“28

Aufgrund verschiedener Vorbedingungen war Japan bis 1868 kaum mit Rauchopium

in Kontakt gekommen.29 Nun wurde diese Tatsache jedoch durch die Meiji-

Autoritäten zu einer sake-Tradition stilisiert, welche die kulturelle Nähe Japans zu

den westlichen Alkohol-Kulturen und die Abgrenzung zur „orientalen Opium-Kultur“

demonstrieren sollte: Opium entspräche nicht dem „Wesen der Japaner“, in

deutlichem Unterschied zum „Wesen der Asiaten“.30 Diese Selbstdefinition als

drogenfreie Gesellschaft stellt die essentielle Grundlage für den gesamten folgenden

moralischen Anti-Opium-Kreuzzug Meiji-Japans dar. Ein weiterer Hauptpunkt, der für

eine strikte Opiumkontrolle sprach, ergibt sich ebenfalls aus den Zielen der Meiji-

Regierung: Um eine moderne Nation mit aufopferungsbereitem Staatsvolk zu

schaffen, mussten dionysische Welten verunmöglicht werden, da diese das Volk der

Regierungskontrolle entziehen könnten.31 Als soziale Konstruktion wurde das

Opiumrauchen deshalb zur Gefahr für die Gesellschaft und zur Devianz erklärt; es

sollte gar nicht erst in Japan Fuss fassen können.32

Alle diese Aspekte prägten die Denkweise der Meiji-Autoritäten und steckten

zusammen mit den Vorbedingungen aus der Tokugawa-Zeit den Rahmen ab, in

welchem der beginnende Krieg gegen die Drogen stattfinden sollte. Die Grundzüge

des Denkzwang-Paradigmas hatten sich geformt und fanden ihren ersten Ausdruck in26 Vgl. Hein 2008, S. 447; Trocki 1999, S. 1.27 Vgl. Kingsberg 2014, S. 9-15.28 Kingsberg 2014, S. 181.29 Vgl. Jennings 1997, S. 5-8; Wakabayashi 2000, S. 66, 71.30 Vgl. Kingsberg 2011, S. 95-98; Kingsberg 2014, S. 18; Wakabayashi 2000, S. 71-73.31 Vgl. Moser 2001, S. 11-69. Zum Schaffen einer Nation: vgl. Botsmann 2005, S. 116.32 Vgl. Wakabayashi 1992, S. 16-17; Kingsberg 2011, S. 91-101.

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den Opium-Verboten von 1868, welche Kauf, Verkauf und Konsum von Rauchopium

unter schwere Strafe stellten.33

2.2 1870: Stigmatisierung des „chinesischen Lasters“

Bereits im August 1870 folgte eine Konkretisierung des Opium-Verbots, in Form der

zwei Gesetze Hanbai Ahen En Ritsu (Vorschriften betreffend Verkauf von Rauchopium)

und Nama Ahen Toriatsukai Kisoku (Bestimmungen zum Umgang mit Rohopium).34

Ersteres bestimmte dabei die Strafen, welche für Vergehen im Hinblick auf

Rauchopium zum Tragen kamen, und deutlich lassen sich in ihm die Muster des

traditionellen japanischen Strafrechts erkennen:35 Auf den Verkauf von Rauchopium

stand der Tod durch Enthauptung, eine der strengen Bestrafungsarten, welche sich

aus dem althergebrachten Strafsystem Japans erhalten hatte.36 Tod durch den Strang

stand auf das Vergehen, andere zum Konsum verführt zu haben. Insbesondere

Beamten, die sich im Zusammenhang mit Rauchopium der Rechtsbeugung schuldig

gemacht hatten, sollten ebenfalls hart bestraft werden – hier zeigt sich das

abschreckende Negativbeispiel der korrupten Qing-Beamtenschaft, welche in der

japanischen Imagination bestand.37 Weitere Vergehen wie Beihilfe oder Kauf wurden

im milderen Rahmen mit Verbannung oder Freiheitsentzug bestraft. Selbstanzeige

konnte, je nach Art des Vergehens, Milderung oder gar Erlass der Strafe bewirken.

Insbesondere hierin offenbart sich das konfuzianistische Gedankengut, welches das

traditionelle japanische Recht geprägt hatte. Dieses war nämlich auf Grundlage des

altchinesischen Rechtsdenkens geschaffen worden.38 Unter den Tokugawa hatte

Japan grösstenteils ohne einheitliches und geschriebenes Recht die Ordnung aufrecht

erhalten können.39 Die Meiji-Regierung war bestrebt, einen modernen Staat zu

errichten und für Vereinheitlichung und Kodifikation des Rechts zu sorgen, in den

33 Vgl. Jennings 1997, S. 8.34 Die Transkriptionen der Originaltexte und deren Übersetzungen sind im Anhang unter Punkt 4.3 ein-sehbar und die zitierten oder paraphrasierten Stellen per Jahreszahl und Artikelnummer auffindbar.35 1870, Art. 521.36 Vgl. Botsmann 2005, S. 18-20, 28-33, 71-73, 141-165.37 Vgl. Dower 2010, S. 19-20.38 Zum traditionellen japanischen Recht, seinen altchinesischen Ursprüngen und seiner geschichtlichenEntwicklung: vgl. Hess / Murayama 1980, S. 23-33.39 Vgl. Beasley 1995, S. 6; Röhl 1997, S. 145-149.

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ersten Jahren zeigte sich jedoch ganz deutlich der Rückgriff auf althergebrachte

Rechtspraktiken nach chinesischem Muster.40

Die westliche Welt war nicht bereit, Japan einen gleichberechtigten Platz in den

Reihen ihrer Grossmächte zuzugestehen. Grund dafür waren insbesondere die

fortgesetzte Praktizierung von Körperstrafen und Folter, welche der Westen als

barbarisch und grausam abzulehnen begonnen hatte.41 Eines der obersten

aussenpolitischen Ziele der Meiji-Oligarchie stellte die Revision der Ungleichen

Verträge dar, um die verlorene Souveränität zurückzugewinnen. Aus westlicher Sicht

war diese Revision jedoch an die Aufgabe der unmenschlichen Strafpraktiken

geknüpft.42 Die Modernisierung des Rechts blieb folglich eine Hauptpendenz der

Meiji-Regierung.

Die Nama Ahen Toriatsukai Kisoku bestimmten, wie Apotheker und Ärzte mit

Rohopium umzugehen hatten, dessen Verwendung für den medizinischen Gebrauch

im eingeschränkten Rahmen erlaubt war. Es mussten genaue Angaben zum

verwendeten Rohopium an die offiziellen Stellen gemacht werden, und nur bei

akutem Mangel durfte dieses aus dem Ausland importiert werden, damit die

Staatskontrolle stets gewahrt bliebe.43 Im ersten Absatz von Art. 522 sowie in Art. 523

wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle diese Bestimmungen auch für

chinesische Einwohner in Japan gelten, und in Art. 524 werden noch detaillierter die

Gründe dargelegt, welche hinter diesen Gesetzen stehen. So wird von einer

„Vergiftung“ durch Opium gesprochen und von der „Lektion“, welche Japan aus der

Chinesischen Erfahrung ziehen müsse, um sich besser zu schützen. Insbesondere

müssten opiumsüchtige chinesische Immigranten an der Einreise nach Japan

gehindert oder des Landes verweisen werden. Diese explizite Nennung von Chinesen

als potentieller Opium-Gefahr spiegelt deren beginnende Stigmatisierung in Japan

und Assoziierung mit dem Rauchopium-Konsum als „chinesischem Laster“ wieder..44

Zum einen wurde zu Beginn der Meiji-Zeit die frühere Bewunderung für die

40 Vgl. Schenck 1997, S. 8841 Vgl. Botsmann 2005, S. 131-14242 Vgl. Schenck 1997, S. 42-48; Botsmann 2005, S. 2-6, 129-146.43 1870, Art. 522.44 Vgl. Kingsberg 2011, S. 89, 92; Wakabayashi 2002, S. 71-72; Kingsberg 2014, S. 2-3, 6, 12-13, 200;Brook / Wakabayashi 2000, S. 24-25.

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Hochkultur Chinas immer mehr durch eine Verachtung für den angeblichen

Niedergang derselben abgelöst,45 während bereits in der Tokugawa-Zeit

Denkströmungen entstanden waren, die der eigenen japanischen Kultur einen

Vorrang zusprachen.46 Zum anderen wurden die Chinesen immer stärker als

eigentliche Quelle einer Opium-Gefahr angesehen, denn die Importverbote auf Opium

in den Ungleichen Verträgen hatten sich als wirksames Mittel gegen die Ausbreitung

des Opiumrauchens in Japan erwiesen und die Gefahr einer Opiumeinfuhr durch den

Westen minimiert.47 Diese beginnende Verachtung Chinas und gleichzeitige Furcht

vor einer „Opium-Kontamination“ spiegelt sich in der Anordnung, durch strikte

Kontrollen auch Zuwiderhandlungen von Chinesen im Verborgenen aufzuspüren und

zu verhindern.48

2.3 1880: Das Alte Strafgesetz und das Problem mit China

Im Unterschied zu den Verträgen mit dem Westen gelang es Meiji-Japan nicht, die

Qing-Dynastie zur Unterzeichnung eines Importverbots von Opium nach Japan zu

bewegen. Ebenso bestanden die chinesischen Aufenthalter in Japan darauf, das

Opiumrauchen als eine für ihr soziales Leben wichtige Praktik aufrechtzuerhalten.

Schliesslich wurde 1871 ein Vertrag zwischen Qing-China und Meiji-Japan

geschlossen, der als Gleicher Vertrag beiden Parteien das Recht der Exterritorialität

zugestehen sollte. Dies führte dazu, dass in Japan befindliche Chinesen nicht mehr an

die Opium-Verbote des Meiji-Staates gebunden waren, weil der Qing-Staat

Opiumimporte als Konsequenz des Zweiten Opiumkrieges legalisiert hatte.

Gleichzeitig verstärkte sich jedoch die japanische Tendenz der Ablehnung des

Chinesischen und Furcht vor „Vergiftung“ durch chinesische Opiumraucher.49 Bereits

1868 waren Schreckensmeldungen zu hören gewesen, welche den Chinesen

Opiumverkauf im grossen Stil unterstellten, in dessen Folge bereits Todesopfer zu

beklagen gewesen seien.50 Unter den Zuwiderhandelnden gegen die Opiumverbote

fanden sich in den folgenden Jahren die Chinesen in deutlicher Mehrheit51, und die45 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 65-66; sowie Osterhammel 2013, S. 36.46 Vgl. Beasley 1995, S. 15-20; Van Gulik 1940, S. 496-500.47 Vgl. Wakabayashi 2002, S. 55, 57, 64-65, 70-73; Kingsberg 2011, S. 91-92; Jennings 1997, S. 11-14.48 1870, Art. 522-523.49 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 64-69.50 Vgl. Kingsberg 2011; S. 91; Jennings 1997; S. 12-14.51 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 67.

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japanischen Autoritäten reagierten mit Durchsuchungen chinesischer Häuser, wie es

in den Vorschriften aus dem Jahre 1870 angekündigt worden war.52 Dies wurde von

den Qing-Autoritäten als Eingriff in Privatsphäre und Eigentumsrecht von Chinesen

vehement abgelehnt, obwohl sie eigentlich Unterstützung in der Opiumkontrolle

zugesichert hatten.53 Die Meiji-Autoritäten ergriffen insbesondere ab 1876 strikte

Massnahmen gegen die chinesischen Missetäter im Inland.54 Nachdem auch der

japanische Aussenminister 1878 eine Forderung in diesem Sinne ausgesprochen

hatte, wurde 1880 im ersten japanischen Strafgesetzbuch nach westlichem Muster

(welches 1882 in Kraft trat, nach mehreren provisorischen Vorstufen55) die

Kriminalisierung von Rauchopium kodifiziert.56

In Form und Inhalt spiegelt dieses Alte Strafgesetzbuch (Kyū Keihō) seinen

Entstehungszusammenhang wieder:57 Sowohl die Anlehnung an Standards des

Westens, um sich dessen Anerkennung und Gleichbehandlung zu sichern, als auch die

verstärkte Ablehnung des chinesischen „orientalischen“ Kulturgutes drücken sich in

der Kodifikation nach westlichem Muster aus, ebenso wie die Bannung einer

Opiumgefahr für Staatsvolk und Finanzen und die Unterdrückung der erwähnten

dionysischen Welten.58 Die sprachliche Form sowie die Definitionen der Vergehen

und Strafarten weisen eindeutig auf den Einfluss insbesondere französischen Rechts

hin, welches von einer Vielzahl europäischer Rechtsberater in Japan eingeführt

wurde.59 So sind die traditionellen chinesischen Strafformen fast ausnahmslos durch

die ungleich milder erscheinenden Gefängnis- und Arbeitsstrafen ersetzt worden,

welche vom Westen als aufgeklärt und zivilisiert angesehen wurden.60 Ebenso wurde

auf einen Erlass bei Selbstanzeige verzichtet; klare einheitliche Regelungen anstelle

von konfuzianistischer Mildtätigkeit im individuellen Ermessen des Herrschers

52 1970, Art. 522-524.53 Vgl. Jennings 1997, S. 15.54 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 69; Jennings 1997, S. 14.55 Vgl. Hess / Murayama 1980, S. 27; Botsmann 2005, S. 143-145.56 Vgl. Kingsberg 2011, S. 91-92. 57 Zum Kyū Keihō und zu dessen Entstehung: vgl. Botsmann 2005, S. 167-171; Hess / Murayama 1980,S. 27-29; Schenck 1997, S. 93-96; Röhl 2002, S. 203.58 1980, Art. 237-242.59 Vgl. Beasley 1995, S. 87-88; Schenck 1997, S. 14, 54-71; Hirakawa 1989, S. 473-475; Hess / Muraya -ma 1980, S. 27-30; Röhl 2002, S. 185-188.60 Vgl. Botsmann 2005, S. 165-171.

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sollten die öffentliche Ordnung bestimmen. Der Westen forderte jedoch trotz der

vorliegenden Kodifikation auch eine entsprechende Anpassung der

Rechtsanwendung, welche noch nicht vollzogen worden sei.61 Inhaltlich hingegen

zeigte sich das japanische Recht innovativ: Ein Verbot von Opium in dieser modernen

Form existierte nämlich in der westlichen Vorbilds-Gesetzgebung noch gar nicht.62 In

China und Japan war man aber schon lange von einer „Doppelmoral“ der westlichen

Mächte ausgegangen, welche Opium zwar nach China lieferten, es im eigenen Lande

aber strikte verböten.63 Im Denkzwang der Meiji-Autoritäten musste sich die

Auffassung festgesetzt haben, dass nur mit einer solchen Doppelmoral ein starker

moderner Staat errichtet werden könne, ein Vorbote des japanischen

Drogenimperiums in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.64

Das Kyū Keihō weist noch auf einen weiteren bedeutsamen Aspekt der japanischen

Rechtsgeschichte hin: Die Erkenntnis der Meiji-Oligarchie, dass eine Modernisierung

des Rechts dazu dienen kann, einen starken, autoritären Staat zu schaffen.65 Indem die

alten feudalen Machtstrukturen und öffentlich zelebrierten Körperstrafen durch

neue, verschleierte Strafmassnahmen ersetzt wurden, sollte gerade mit dem

Gefängniswesen eine effektivere Machtausübung erreicht werden.66 Diesen Prozess

und die Bedeutung von Recht, Gesetz und Strafpraktiken für die gesellschaftlichen

Machtbeziehungen beschreibt Michel Foucault gewinnbringend für die westlichen

Gesellschaften insbesondere des 19. Jahrhunderts,67 und im Japan der Meiji-Zeit lässt

sich eine Übernahme und damit auch Parallelisierung, gleichzeitig aber auch den

eigenen Verhältnissen Rechnung tragende Anpassung dieser Praktik entdecken.68

61 Vgl. Botsmann 2005, S. 145-146, 167-171.62 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 70.63 Wakabayashi 2000 spricht von „moral duplicity“, vgl. S. 60, 72-73.64 Zum japanischen Drogenimperium: vgl. Jennings 1997; Derks 2012, S. 493-530; Brook / Wakabaya-shi 2000, S. 15-19; sowie Meyer / Parssinen 1998, S. 176-233.65 Vgl. Röhl 2002, S. 203-205.66 Vgl. Botsmann 2005, S. 141-143.67 Vgl. insbesondere Foucault 1976, S. 19-43, 93-170, 329; sowie Foucault 2002, S. 13, 50-51, 77-112. 68 Vgl. Botsmann 2005, S. 18-20, 129, 143-146. Bull 2008, S. 48-50, zeigt eindrücklich auf, wie sich dievon Foucault beschriebenen Macht- und Überwachungsstrukturen mit der einsetzenden Opium-Stig-matisierung im Europa des 19. Jahrhunderts, insbesondere in Grossbritannien, verbinden lassen.

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2.4 1897: Vom Drogenkrieg zum Opium-Monopol

Die Modernisierung begann Japan allmähliche Erfolge in den Beziehungen zu den

westlichen Mächten einzubringen, der Konflikt mit China und dessen Opiumrauchern

spitze sich jedoch zu und das japanische Vorgehen nahm immer mehr die Ausmasse

eines Krieges an. Gewaltsame Zusammenstösse zwischen Ordnungskräften und

Untertanen der Qing-Dynastie belasteten die Beziehungen der beiden Staaten, aber

eine Bannung der in Japan erlebten Opium-Gefährdung konnte nicht erreicht werden.

Schliesslich sollte der Erste Sino-Japanische Krieg die Entscheidung bringen.69

Zu dessen Ursachen herrschen in der Forschung unterschiedliche Meinungen vor:

Während Bob Tadashi Wakabayashi davon ausgeht, dass die Abschaffung der

chinesischen Exterritorialität in Japan als Absicherung Japans gegen eine „Opium-

Kontamination“ einen Hauptgrund des Krieges darstellte,70 sieht Paul-Christian

Schenck den Krieg als Mittel, um die inneren Spannungen in der neuen japanischen

Gesellschaft nach aussen abzuleiten,71 und John M. Jennings vertritt die Ansicht, dass

die Opium-Streitpunkte Ende der 1880er Jahren hinter gewichtigeren Fragen wie

derjenigen des Einflusses in Korea zurücktraten.72

Der japanische Sieg zwang die Qing-Dynastie dazu, die Exterritorialität ihrer

Untertanen in Bezug auf die Opiumgesetze abzuschaffen.73 Dieser militärische Erfolg

markierte die Etablierung Japans als eine „new kind of nation“:74 Während das

unterlegene China endgültig als „orientalisch“ abgestempelt wurde, akzeptierte der

Westen Japan nun als modern und zivilisiert und willigte auf eine Revision der

ungleichen Verträge ein.75 Die Triple Intervention 1895 verdeutlichte die fortgesetzte

Notwendigkeit für Japan, sich dem Westen anzupassen und Stärke zu zeigen.76 Die

grundlegenden Strukturen des etablierten Denkzwang-Paradigmas wurden dadurch

aufrechterhalten und bestärkt. Das Recht sollte weiterhin an westliche Standards

angenähert und gleichzeitig immer mehr zur Stärkung der eigenen Autorität69 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 57, 70.70 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 68-71.71 Vgl. Schenck 1997, S. 327-329.72 Vgl. Jennings 1997, S. 14-15.73 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 70.74 Botsmann 2005, S. 198.75 Vgl. Botsmann 2005, S. 198-200. 76 In der sogenannten Triple Intervention zwangen Frankreich, Deutschland und Russland die Meiji-Führung dazu, Gebietsforderungen in China aufzugeben, vgl. Botsmann 2005, S. 205.

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innerhalb Japans verwendet werden. Zunächst fand eine Abwendung vom liberalen

Recht französischer oder angelsächsischer Prägung und stattdessen eine

Hinwendung zur autoritären preussisch-deutschen Gesetzgebung statt. Diese wurde

als angemessener für die japanischen Gegebenheiten und gewinnbringender für eine

autoritäre Kontrolle und nationale Stärkung des Staatsvolkes angesehen.77

Aus dem Grundsatz, dass die Stärken der westlichen Moderne zu übernehmen und

mit Rückbesinnung auf das „Japanische“ zu kombinieren seien,78 sollte sich vor allem

im frühen 20. Jahrhundert ein staatszentrierter kultureller Nationalismus japanischer

Prägung entwickeln.79 Ein Blick auf die sprachliche Form der japanischen Opium-

Gesetzgebung liefert interessante Einblicke in diese verstärkte Ausrichtung auf das

Eigene: Während in den zwei Gesetzen von 1870 teilweise ganze Abschnitte in

traditioneller chinesischer Schriftsprache verfasst sind, so finden sich im Alten

Strafgesetzbuch und in den folgenden Gesetzestexten Formulierungen aus der

japanischen Schriftsprache und ein vermehrter Einsatz japanischer Silbenzeichen.

Für die Gesetzgebung in der Meiji-Zeit kann somit durchaus ein Schwanken zwischen

Konvergenz zum Westen und eigenem japanischen Partikularismus ausgemacht

werden, wie es Yoshio Sugimoto vergleichbar für die Entwicklung im späten 20.

Jahrhundert beschreibt.80 Aus den bisher dargelegten Beobachtungen soll allerdings

der Schluss gezogen werden, dass die Meiji-Autoritäten durch die Vermengung

westlicher Einflüsse mit eigenen Praktiken einen neuen Weg der Modernisierung

beschritten, welcher sich als eigene „Mischung“ von Japanischem, Chinesischem und

Westlichem darstellte.

Eine Ausprägung erfuhr diese neue Art der Modernisierung in der Errichtung eines

Opium-Monopols in Japan. Nachdem in der Folge der Bestimmungen zum Umgang mit

Rohopium von 1870 verschiedene Massnahmen ergriffen worden waren, um die

inländische Produktion und Qualität von medizinischem Opium zu erhöhen und eine

effizientere Kontrolle zu erreichen, erliessen die Meiji-Autoritäten 1897 das Ahenhō,

77 Vgl. Nakai 2002, S. 22-23; Hess / Murayama 1980, S. 30.78 Vgl. Andō 2002, S. 180-183; Schenck 1997, S. 11-16, 54-83; Hirakawa 1989, S. 476-498; sowie Röhl1997, S. 157-159.79 Vgl. Hein 2008, . 450-451.80 Vgl. Sugimoto 2014, S. 24-28.

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das Opium-Gesetz.81 Dessen Bestimmungen konstituierten ein Staatsmonopol

bezüglich Opium für den medizinischen Gebrauch, regelten die staatliche Kontrolle

von Herstellung, Qualität, Verwahrung, Verteilung und Verkauf sowie Import und

Export von Opium,82 und die Strafen bei Zuwiderhandlungen.83 Vorbild für diese

Regelungen war das Opium-Monopol in der neuen Kolonie Taiwan, welches ebenfalls

1897 erlassen wurde.84 Weil dieses wiederum an die Monopole der südostasiatischen

Kolonien der westlichen Mächte angelehnt war,85 lässt sich hier ein illustratives

Beispiel für die Übernahme westlicher Praktiken und deren individuelle

Weiterentwicklung zeigen, indem das japanische Mutterland ein vergleichbares

Monopol erhielt und konsequent anwendete. Obwohl bis zum Ende der Meiji-Zeit nur

wenige Zuwiderhandlungen auftraten, wurde die Mehrzahl der registrierten Fälle

strikt mit Freiheits- oder Arbeitsstrafe geahndet. Nach wie vor war Rauchopium mit

den moralischen Zielen der Autoritäten unvereinbar.86

2.5 1907: Das Meiji-Strafgesetzbuch und die Etablierung eines moralischen

Zivilisations-Konzeptes

Während die Meiji-Autoritäten weiterhin den Krieg gegen die Drogen aufrecht

erhielten, sowohl im Mutterland wie in den Kolonien, etablierte sich immer mehr

ebenjene Doppelmoral, welche einst als Charakteristikum des Westens definiert

worden war.87 Die Unterdrückung des Opiumhandels und –Konsums auf den

japanischen Hauptinseln und in Taiwan wurde fortgesetzt, aber gleichzeitig

profitierte die Kolonialregierung von den Einnahmen aus dem Opium-Monopol und

war somit nicht bestrebt, den Konsum von Rauchopium gänzlich zu unterdrücken.88

Die eigene Bevölkerung jedoch sollte weiterhin um jeden Preis von Opium

ferngehalten werden, gerade weil sich dieses nun in grösseren Mengen im Umlauf

befand und viele der neuen kolonialen Untertanen Opiumraucher waren.

81 Vgl. Jennings 1997, S. 9-11.82 1897, Art. 1-8.83 1897, Art. 9-13.84 Vgl. Kingsberg 2011, S. 101.85 Vgl. Kingsberg 2011, S. 97.86 Vgl. Kingsberg 2011, S. 101; Zur Moral-Definition durch die Meiji-Autoritäten: vgl. Jansen 1989, S. 6.87 Vgl. Wakabayashi 2000, S. 72-73.88 Vgl. Kingsberg 2011, S. 101-102; Kingsberg 2014, S. 9-49; Jennings 1997, S. 17-27.

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Die Stigmatisierung des „chinesischen Lasters“ und der „Chinesen“ im Allgemeinen

nahm weiter zu, einerseits aufgrund der fortgesetzten Angst vor einer Opiumplage,

andererseits wegen der zunehmenden Verachtung der militärischen und politischen

Schwäche Chinas.89 Diese Sicht auf Opium fand ihren Ausdruck im Jahre 1907 in

einem neuen Strafgesetzbuch, welches als Meiji Keihō (Meiji-Strafgesetzbuch)

bezeichnet wird. Das Alte Strafgesetzbuch von 1880 war in seiner Gesamtheit als

nicht durchsetzbar erkannt und der Kritik ausgesetzt worden, und mit dem Einsetzen

des konservativen Nationalismus wurde 1899 ein Vorentwurf zur Revision gemäss

deutschem Muster verfasst.90 Nach diversen Änderungen wurde das Gesetz 1907

erlassen; später als in anderen Rechtsbereichen hatte jetzt auch das Strafrecht den

deutschen Einfluss aufgenommen.91 Das neue Strafgesetzbuch stellte nun nicht mehr

eine reine Übernahme westlicher Kodifikation dar, lehnte sich aber äusserlich an das

deutsche Reichsstrafgesetzbuch von 1871 an.92 Auch in der Gesetzgebung zum

Rauchopium lässt sich dieser autoritäre Einfluss feststellen: Während die

betreffenden Artikel inhaltlich sehr ähnlich aufgebaut sind wie im Alten

Strafgesetzbuch, so fallen die Bestrafungen fast durchgehend deutlich strenger aus

und sind eindeutig als Zuchthaus mit klarem Mindest- und Höchstmass für die

Strafdauer definiert.93 Ausserdem wird explizit angemerkt, dass bereits der Versuch

der beschriebenen Delikte strafbar sei – ein solcher Abschnitt war im Vorgänger-

Gesetz nicht existent.94 Die „begriffliche Schärfe“95 der preussisch-deutschen

Gesetzgebung findet also hier ihre sichtbare Ausprägung.

Inhaltlich jedoch wird getreu der japanischen „Tradition“ eine fortgesetzte Definition

von Opiumrauchen als secondary deviance vorgenommen, also eines abweichenden

Verhaltens, welches für eine Gesellschaft in solchem Masse inakzeptabel erscheint,

dass die deviante Person aus der Gemeinschaft ausgestossen wird.96 Wer sich dem

hingebungsvollen Dienst am Tennō und damit am Vaterland und der gesamten

Volkgemeinschaft verschloss, wurde als deviant abgestempelt und musste „gebessert“89 Vgl. Kingsberg 2011, S. 92-102; Jennings 1997, S. 19-21; Wakabayashi 2000 S. 64-66, 71. 90 Vgl. Schenck 1997, S. 93-96, 315-317. Für eine deutsche Übersetzung siehe Okada 1899 S. 34. 91 Vgl. Röhl 2002, S. 203.92 Vgl. Schenck 1997, S. 316-317. 93 1907, Art. 136-140.94 1907, Art. 141.95 Röhl 1997, S. 155.96 Das soziologische Konzept von primary & secondary deviance und dessen Anwendung auf das Japander Meiji-Zeit beschreiben Hess / Murayama 1980, S. 38-39.

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oder „unschädlich“ gemacht werden.97 Dies deckt sich mit Foucaults Bild einer

modernen Straf- und Disziplinargesellschaft, welche anhand von Diskursen wie

jenem zum Opium Machtstrukturen konstruiert und diesen in Gesetzen materiellen

Ausdruck verleiht.98 Dionysische Welten konnten das Individuum durch

Rauschzustände für die Einflussnahme der Autoritäten unzugänglich machen und

mussten deshalb unterdrückt werden, so auch Opium.99

Japan war nach dem Sieg über Russland 1905 endgültig eine moderne Grossmacht

westlicher Prägung und „weltgesellschaftsfähig“ geworden,100 und darüber hinaus

sogar ein Vorbild für die Weltmächte, eine Moral Nation,101 die sich im Kreuzzug

gegen eine Substanz befand, welche von der Weltgemeinschaft als unmoralisch

definiert worden war.102 Die Erfolge in der Opium-Unterdrückung sollten zeigen, dass

Japan durch sein moralisch vorbildliches Verhalten das Prädikat einer „zivilisierten

Nation“ mit daraus folgendem Anspruch auf Einfluss und Verantwortung im

Weltgeschehen verdiente. Als definierendes Merkmal von Japans Status als Moral

Nation, diente also ein Krieg gegen die Drogen.103

3 Konklusion

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die rechtsgeschichtliche Aufarbeitung der

Gesetzgebung und Rechtsanwendung betreffend Opium im Japan der Meiji-Zeit aus

juristischer und historischer Sicht. Als Quellen dienten fünf Rechtstexte aus den

Jahren 1870 bis 1907, welche sich mit dem Verbot von Rauchopium und der

Kontrolle von Opium für den medizinischen Gebrauch befassen. Diese Quellen

wurden zu diesem Zwecke eigens aus dem Japanischen ins Deutsche übersetzt. Im

97 Vgl. Kingsberg 2014, S. 12-13, 30, 50-51, 118, 133-134; Botsmann 2005, S. 116, 166. 98 Vgl. Krasmann 2002, S. 85-91; Foucault 1976, S. 99, 101-104, 133-170; Foucault 2002, S. 13, 50-51,80-112.99 Vgl. Kingsberg 2014, S. 48-49; Moser 2001, S. 14, 25-29, 34, 41-49, 52-57.100 Vgl. Schenck 1997, S. 24.101 Miriam Kingsberg definiert Japan in ihrem gleichnamigen Werk als Moral Nation mit Vorbildcharak-ter für die Staaten mit Weltmachtambitionen. Dabei handelt es sich um eine Nation im modernen west-lichen Sinne, welche durch ihre moralische Integrität als zivilisiert und somit legitimiert angesehenwird, auch globale Verantwortung zu übernehmen. Japan habe dies zuerst vorgemacht, in dem es „Opi-um-Abstinenz“ als eine moralische Notwendigkeit definiert, selbst konsequent durchgeführt und auchinternational zu verbreiten versucht habe (vgl. S. 1-8).102 Vgl. Kingsberg 2014, S. 1-8.103 Vgl. Kingsberg 2014, S. 9-10.

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Fokus der Arbeit lagdabei primär die Frage, inwiefern sich das Meiji-zeitliche

japanische Vorgehen gegen Opium als ein Krieg gegen die Drogen ausprägte.

Im Zentrum stand dabei die Frage, vor welchem moralischen, politischen und sozio-

kulturellen Hintergrund sich dieses Vorgehen gegen Opium entwickeln konnte und

wie es sich in der Jurisdiktion ausprägte und veränderte. Dabei wurde argumentiert,

dass sich die Führung des Meiji-Staates in einem Denkzwang-Paradigma befand,

welches als einzige mögliche Reaktion auf die imperialistische Bedrohung und die

damit einhergehende Opium-Gefahr die Errichtung eines starken modernen Staates

mit aufopferungsbereitem, loyalem Staatsvolke und strikter, effektiver

Opiumprohibition vorsah. Dies prägte sich als ein Moralischer Kreuzzug aus. Dabei

musste das Überwachungs- und Strafsystem dieser neuen Ordnung in Japan an

moderne westliche Standards angenähert werden – sowohl um dem Westen ein

zivilisiertes Image zu präsentieren, als auch um eine effektivere Kontrolle der eigenen

Bevölkerung mit modernen Mitteln sicherzustellen. Hierin kann ein Machtdiskurs im

foucaultschen Sinne festgestellt werden, wie auch der Versuch, alle abweichenden

Verhaltensweisen und nicht kontrollierbaren dionysischen Rauschwelten zu

unterdrücken.

Immer mehr richtete sich das Augenmerk dabei auf China, welches als Ursprung der

Opiumplage sowohl verachtet als auch gefürchtet wurde. Die Stigmatisierung der

Chinesen und ihrer Praktik des Opiumrauchens sollte die japanische Bevölkerung

schützen, begünstigte aber gleichzeitig die Entstehung von Rassismus und

Überlegenheitsdenken gegenüber Chinesen. All dies diente im zeitgenössischen

Denkzwang-Paradigma der Abwendung von Gefahren durch Opium und

Imperialismus sowie der Etablierung von Machtstrukturen. Die Ziele dieser

Denkweise fanden ihren materiellen Niederschlag in der Opiumgesetzgebung. Um

diese als absolut notwendig erachteten Regelungen und Normen konsequent

durchsetzen zu können, wurde auch Gewalt als legitim erachtet. So diente der Erste

Sino-Japanische Krieg unter anderem dazu, die Gesetze zur Opiumkontrolle

umfassender durchsetzen zu können und stellt somit die deutlichste Ausprägung

eines japanischen War on Drugs dar.

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Schlussendlich gelang sowohl die Errichtung eines modernen Nationalstaates als

auch die Opiumprohibition in Japan.104 Die kleine Inselnation war zu einer globalen

Grossmacht im Kreise der imperialistischen Mächte und einer Moral Nation mit

Vorbildcharakter auch für den Westen geworden.

104 Vgl. Trocki 1999, S. 88-89.20/54

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4 Anhang

4.1 Dank

Für die grosszügige und kompetente Hilfe sowohl bei der Materialbeschaffung als

auch bei der Übersetzungsarbeit an den Quellen möchte ich mich ganz herzlich

bedanken bei Saitō Tsuyoshi, Kamiya Nobutake, Wu Chia-hsün, Sayako Bissig,

Katharina Thölen, Vroni Ammann, Dan Liu und Wenchong Ouyong Bonetti, ohne

deren wertvolle Unterstützung die Quellenarbeit nicht in diesem Umfange möglich

gewesen wäre.

Ferner bedanke ich mich ganz herzlich bei Judith Fröhlich, welche die vorliegende

Arbeit betreut und ermöglicht hat, und bei Roger Merki, welcher als juristischer

Berater und Mitübersetzer tätig war (so stammen die Übersetzungen des 旧刑法 und

des 明治刑法 aus seiner Feder, die restlichen sind gemeinsame Werke).

Schliesslich danke ich allen Gegenlesern, welche ein kritisches Auge auf diesen Text

geworfen haben, der Familie Merki für die Gastfreundschaft während der

gemeinsamen Arbeitsphasen, sowie meinen Freunden und meiner Familie für die

fortwährende Unterstützung und Ermutigung.

ありがとうございます。

4.2 Fakten zu Opium

Papaver somniferum, Schlafmohn, ist eine Kulturpflanze, deren Nutzung seit dem

Neolithikum nachgewiesen werden kann.105 Die betäubende Wirkung, welche

insbesondere vom getrockneten Milchsaft ihrer Samenkapseln ausgeht, scheint schon

früh medizinische Anwendung gefunden zu haben. Dieser getrocknete Saft wird

Opium oder Rohopium genannt; er kann weiter verarbeitet werden und bildet somit

die Grundlage für Opiat-Derivate. Die narkotischen Eigenschaften stammen dabei in

erster Linie vom Effekt des Opium-Alkaloids Morphin. Im Laufe der Geschichte

105 Vgl. zur allgemeinen Geschichte des Schlafmohns und des Opiums die folgenden Ausführungen, wel-che auch die Quellen des Text-Abschnittes zum Opium darstellen: Dormandy 2012, S. 7-111; Meyerund Parssinen 1998, S. xv-xviii; Chouvy 2010, S. 1-12.

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breitete sich Opium über weite Teile der Welt aus und wurde nach der Entdeckung

des Tabaks durch die Europäer verstärkt auch zu nicht medizinischen Zwecken mit

diesem zusammen konsumiert. Diese neue Praktik des Opium-Rauchens wurde

insbesondere für Asien bedeutsam, als britische Händler ab 1773 in grossem Umfang

mit dem Export von indischem Opium nach China begannen. Dort wurde dieses nun

ohne Tabak als reines Rauchopium konsumiert.

Die Herrscher der Qing-Dynastie (1644-1911) hatten zwar bereits im Jahre 1729

Verbotsdekrete gegen diese Form des Opiumkonsums erlassen, konnten sie aber

aufgrund inneren und äusseren Widerstandes nicht durchsetzen.106 Die

Folgeentwicklung führte zu den „Opiumkriegen“ (1839-1842 und 1856-1860), zur

imperialistischen Einflussnahme und der angeblichen Vergiftungspolitik der

westlichen Grossmächte und der daraus resultierenden Destabilisierung und

„Opiumplage“ in China, und stellt bis heute ein kontrovers diskutiertes Politikum dar,

nicht nur in der Geschichtswissenschaft.107

4.3 Bibliographie

4.3.1 Gedruckte Haupt-Quellen (Rechtstexte)

Alle Quellen sind einsehbar in der 国立国会図書館 [Nationale Parlamentsbibliothek

Japans] als digitalisierte Online-Ressourcen (siehe URL).

1870 販賣鴉片烟律 [Hanbai Ahen En Ritsu - Vorschriften betreffend Verkauf von

Rauchopium], in: 法令全書 明治三年 [Vollständige Gesetzessammlung 1870],

hg. von 内閣官報局 [Büro für das Amtsblatt der japanischen Regierung],

Tōkyō 1912, S. 31-32.

<http://dl.ndl.go.jp/info:ndljp/pid/787950/183> [Stand: 12.07.2015].

106 Vgl. zur allgemeinen Thematik des (Rauch-) Opiums in Asien bis 1868: Dabringhaus 2005, S. 103-114; Blue 2000, S. 31-37; Bello 2005, S. 1-21; Trocki 1999, S. 33-57; Dikötter / Laamann / Zhou 2007,S. 19-28; Brook / Wakabayashi 2000, S. 1-27.107 Bedeutsame Aspekte dieser Kontroverse diskutiert Tan 1978, S. 1-12 und S. 222-230. Zum „Mythosder Opiumplage“: vgl. Dikötter / Laamann / Zhou 2007, S. 19-37; zur Vergiftungspolitik vgl. Brook /Wakabayashi 2000, S. 1-3.

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1870 生鴉片取扱規則 [Nama Ahen Toriatsukai Kisoku - Bestimmungen zum Umgang

mit Rohopium], in: 法令全書 明治三年 [Vollständige Gesetzessammlung

1870], hg. von 内 閣 官 報 局 [Büro für das Amtsblatt der japanischen

Regierung], Tōkyō 1912, S. 32.

<http://dl.ndl.go.jp/info:ndljp/pid/787950/183> [Stand: 12.07.2015].

1880 旧刑法 [Kyū Keihō - Altes Strafgesetz], Art. 237-242 bezüglich der Strafbarkeit

von Rauchopium, in: Hidemitsu Sasaki: 改正刑法 ( 旧刑法対照 ) [Das

Revidierte Strafgesetz (in Gegenüberstellung zum Alten Strafgesetz)], hg. von

中 央 法 律 学 館 [Rechtswissenschaftliches Institut der Chūō-Universität],

Tōkyō 1907, S. 82-83.

<http://kindai.ndl.go.jp/info:ndljp/pid/793456/44> [Stand: 12.07.2015].

1897 阿片法 (明治30年法律第27号) [Ahenhō (Meiji Sanjū Nen Hōritsu Dai Nijūna-

na Gō - Opiumgesetz (Gesetz Nr. 27 von 1897)], in: 法令全書 明治 30 年

[Vollständige Gesetzessammlung 1897], hg. von 内閣官報局 [Büro für das

Amtsblatt der japanischen Regierung], Tōkyō 1912, S. 48-50.

<http://kindai.ndl.go.jp/info:ndljp/pid/788003/31> [Stand: 12.07.2015].

1907明治刑法 [Meiji Keihō - Meiji Strafgesetzbuch], Art. 136-141 bezüglich der Straf-

barkeit von Rauchopium, in: Hidemitsu Sasaki: 改正刑法 (旧刑法対照) [Das

Revidierte Strafgesetz (in Gegenüberstellung zum Alten Strafgesetz)], hg. von

中 央 法 律 学 館 [Rechtswissenschaftliches Institut der Chūō-Universität],

Tōkyō 1907, S. 82-83.

<http://kindai.ndl.go.jp/info:ndljp/pid/793456/44> [Stand: 12.07.2015].

4.3.2 Geschichtswissenschaftliche Literatur

Beasley, William G.: The Rise of Modern Japan. Political, Economic and Social Change

since 1850, New York 1995 (Second Edition [der 1990 erschienenen

Originalausgabe]).

Bello, David Anthony: Opium and the Limits of Empire. Drug Prohibition in the

Chinese Interior, 1729-1850, Cambridge (Massachusetts) 2005.

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Blue, Gregory: Opium for China. The British Connection, in: Timothy Brook / Bob

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Botsman, Daniel V.: Punishment and Power in the Making of Modern Japan,

Princeton New Jersey 2005.

Brook, Timothy / Wakabayashi, Bob Tadashi: Introduction. Opium’s History in China,

in: Dieselben (Hg.): Opium Regimes. China, Britain, and Japan, 1839-1952,

Berkeley, Los Angeles, London 2000, S. 1–27.

Bull, Melissa: Governing the Heroin Trade. From Treaties to Treatment, Hampshire,

Burlington 2008.

Chouvy, Pierre-Arnaud: Opium. Uncovering the Politics oft the Poppy, Cambridge

(Massachusetts) 2010.

Dabringhaus, Sabine: Vom Opiumhandel zum chinesischen Anti-Opium-Kampf. Die

Internationalität eines Problems und die Internationalisierung seiner Lösung,

in: Periplus. Jahrbuch für Außereuropäische Geschichte 15, 2005, S. 103–125.

Derks, Hans: History of the Opium Problem. The Assault on the East, ca. 1600-1950,

Leiden, Boston 2012 (Sinica Leidensia 105).

Des Forges, Alexander: Opium / Leisure / Shanghai. Urban Economies of

Consumption, in: Timothy Brook / Bob Tadashi Wakabayashi (Hg.): Opium

Regimes. China, Britain, and Japan, 1839-1952, Berkeley, Los Angeles, London

2000, S. 167–185.

Dikötter, Frank / Laamann, Lars / Zhou, Xun: China, British Imperialism and the

Myth of the „Opium Plague“, in: James H. Mills / Patricia Barton (Hg.): Drugs and

Empires. Essays in Modern Imperialism and Intoxication, c. 1500 – c. 1930,

Houndmills, New York 2007, S. 19-37.

Dormandy, Thomas: Opium. Reality’s Dark Dream, New Haven, London 2012.

Dower, John W.: The Opium War in Japanese Eyes. An Illustrated 1849 „Story from

Overseas“, in: MIT Visualizing Cultures, 2010,

<http://ocw.mit.edu/ans7870/21f/21f.027/opium_wars_japan/> [Stand: 13.06.

2015].

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Hein, Laura: The Cultural Career of the Japanese Economy. Developmental and

Cultural Nationalisms in Historical Perspective, in: Third World Quarterly 29

(3), 2008, S. 447–465.

Hirakawa, Sukehiro: Japan’s Turn to the West (übersetzt von Bob Tadashi

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Nineteenth Century, Cambridge 1989, S. 432-498.

Hobsbawm, Eric: Introduction. Inventing Traditions, in: Eric Hobsbawm / Terence

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1983 erschienen Originalausgabe]), S. 1-14.

Jansen, Marius B.: Introduction, in: Ders. (Hg.): The Cambridge History of Japan 5.

The Nineteenth Century, Cambridge 1989, S. 1-49.

Jennings, John M.: The Opium Empire. Japanese Imperialism and Drug Trafficking in

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Kingsberg, Miriam: Abstinent Nation, Addicted Empire. Opium and Japan in the Meiji

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Kingsberg, Miriam: Moral Nation. Modern Japan and Narcotics in Global History,

Berkeley 2014.

Mäder, Felix: „Wir sind alle irgendwie süchtig“. Denkstile in der Drogenprävention

der Schweiz von 1969 bis 1991, Lizentiatsarbeit der Philosophischen Fakultät

der Universität Zürich, Zürich 1999.

Masuda, Wataru: Japan and China. Mutual Representations in the Modern Era,

Richmond, Surrey 2000 (übersetzt von Joshua A. Fogel).

Meyer, Kathryn / Parssinen, Terry: Webs of Smoke. Smugglers, Warlords, Spies, and

the History of the International Drug Trade, Lanham, New York, Oxford u.a.

1998.

Moser, Michaela: Drogen und Politik. Dionysische Welten und die gereinigte

Gesellschaft. Überlegungen zur staatlichen Heroinabgabe anhand von

Erfahrungen aus Tirol, Frankfurt am Main 2001 (Beiträge zur Dissidenz 9).

Nakai, Akio: Das japanische Preussen-Bild in historischer Perspektive, in: Gerhard

Krebs (Hg.): Japan und Preussen, München 2002, S. 17-30 (Monographien aus

dem Deutschen Institut für Japanstudien 32).

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Osterhammel, Jürgen: Die Entzauberung Asiens. Europa und die asiatischen Reiche

im 18. Jahrhundert, München 2013 (Zweite Neuauflage [der 1998 erschienenen

Originalausgabe]).

Said, Edward W.: Orientalism, London 1978.

Sugimoto, Yoshio: An Introduction to Japanese Society, Cambridge 2014 (Fourth

Edition [der 1997 erschienenen Originalausgabe]).

Tan, Chung: China and the Brave New World. A Study of the Origins of the Opium

War (1840-42), Durham 1978.

Trocki, Carl A.: Opium, Empire and Global Political Economy. A Study of the Asian

Opium Trade 1750 – 1950, London 1999.

Van Gulik, R. H.: Kakkaron 隔 輩 論 : A Japanese Echo of the Opium War, in:

Monumenta Serica 4 (2), 1940, S. 478-545.

Wakabayashi, Bob Tadashi: Opium, Expulsion, Sovereignity. China’s Lessons for

Bakumatsu Japan, in: Monumenta Nipponica 47 (1), 1992, S. 1-25.

Wakabayashi, Bob Tadashi: From Peril to Profit. Opium in Late-Edo to Meiji Eyes, in:

Timothy Brook / Bob Tadashi Wakabayashi (Hg.): Opium Regimes. China,

Britain, and Japan, 1839-1952, Berkeley, Los Angeles, London 2000, S. 55-75.

4.3.3 Rechtswissenschaftliche Literatur

Andō, Junko: Japan und die Preussische Verfassung, in: Gerhard Krebs (Hg.): Japan

und Preussen, München 2002, S. 163-184 (Monographien aus dem Deutschen

Institut für Japanstudien 32).

Foucault, Michel: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt

am Main 1976 (übersetzt von Walter Seitter).

Foucault, Michel: Die Wahrheit und die juristischen Formen, Frankfurt am Main

2002 (übersetzt von Michael Bischoff).

Götze, Bernd. Japanisch-Deutsches Rechtswörterbuch. 和独法律用語辞典 , Tōkyō

2007.

Hess, Albert G. / Murayama, Shigeyo: Everyday Law in Japanese Folk Art. Daily Life

in Meiji Japan, as Seen through Petty Law Violations: Woodcuts, c. 1878, Aalen

1980.

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Jarman, Samuel: English-Japanese Legal Dictionary and Handbook. 英和法律用語辞

典, London u.a. 1995.

Oba, Shigema (Übersetzer): Strafgesetzbuch für das kaiserlich japanische Reich vom

23. April 1907, Berlin 1908 (Sammlung Ausserdeutscher Strafgesetzbücher in

Deutscher Übersetzung 23).

Okada, Assataro (Übersetzer): Vorentwurf zu einem Strafgesetz für das kaiserlich

japanische Reich, Berlin 1899 (Sammlung Ausserdeutscher Strafgesetzbücher in

Deutscher Übersetzung 14).

Röhl, Wilhelm: Rechtsauffassung in Europa und das Recht in der japanischen Kultur,

in: Günther Haasch / Albrecht Kloepfer (Hg.): Japan - Deutschland.

Wechselbeziehungen III, Berlin 1997, S. 145-160.

Röhl, Wilhelm: Die Einflüsse des deutschen Rechts auf Japan, in: Gerhard Krebs (Hg.):

Japan und Preussen, München 2002, S. 185-207 (Monographien aus dem

Deutschen Institut für Japanstudien 32).

Röhl, Wilhelm: History of Law in Japan since 1868, Leiden 2005.

Schenck, Paul-Christian: Der deutsche Anteil an der Gestaltung des modernen

japanischen Rechts- und Verfassungswesens. Deutsche Rechtsberater im Japan

der Meiji-Zeit, Stuttgart 1997 (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte

68).

4.4 Glossar

Die wichtigsten der in dieser Arbeit verwendeten Begriffe, Bezeichnungen und

fremdsprachlichen Ausdrücke werden im Folgenden so definiert, wie sie für die

Abfassung dieser Arbeit verstanden wurden und bei deren Lektüre aufgefasst werden

sollten.

Amerika: Sofern nicht speziell angegeben, bezeichnen „Amerika“ und „amerikanisch“

immer die Vereinigten Staaten von Amerika (USA, US-amerikanisch). Vgl. Westen;

Osten / Orient; Asien; Europa.

Arzneimittel: Natürliche oder synthetische Stoffe, welche aufgrund ihrer

Wirkungsweise auf den menschlichen Körper oder die menschliche Psyche

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medizinische Anwendung finden. Sofern medizinisch verwendet, können sich

Arzneimittel mit Drogen in ihrer Bedeutung überschneiden. Vgl. Drogen; Rauschmittel

/ Rauschgift.

Asien: Im weiteren Sinne der gesamte Teil des Eurasischen Kontinents, der nicht dem

geografischen oder kulturellen Raum Europas zugerechnet wird. Ostasien bezieht sich

dagegen nur auf China, Korea, Taiwan und Japan, während die Länder südlich von

China, Britisch-Indien und Burma bis zu Australien als Südostasien zusammengefasst

werden.108 Vgl. Europa; Amerika; Westen; Osten / Orient.

Barbaren: Gemäss der Zivilisationstheorie weniger weit fortgeschrittene

Gesellschaften, welche deshalb nicht als auf gleichwertiger Stufe stehend betrachtet

und oftmals mit rohen Sitten und Gebräuchen attribuiert werden. Im 19. Jahrhundert,

insbesondere zur Zeit des Hochimperialismus, ideologisch aufgeladenes

zeitgenössisches Schlagwort, welches die Überlegenheit der eigenen Kultur

hervorheben sollte. Vgl. Moderne; Zivilisation.

China: Staatsgebiet der Qing-Dynastie (1644-1911).

Denkzwang-Paradigma: Zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Gesellschaft oder

Gruppe von Menschen vorherrschende Ansichten, Überzeugungen und

Gedankenwelten, welche nicht anders gedacht werden können und für alle Mitglieder

dieser Gruppe oder Gesellschaft deshalb verbindlichen Charakter haben und die

Grenzen des überhaupt Denk- und Sagbaren konstituieren. Vgl. Ideologie; Diskurs;

Weltanschauung; Sozialer Konstruktivismus.

Diskurs: Im weiteren Sinne: Diskussion, Meinungsaustausch. Im engeren Sinne und

in Anlehnung an das Werk von Michel Foucault: Teilweise von Menschen

beeinflusstes, teilweise selbst Menschen beeinflussendes Gefüge von Aussagen,

Denkweisen und Bildern und Begriffen, welche auf das Denken, Sprechen und

Handeln von Menschen rückwirken und durch dieses wiederum selbst (neu) geprägt

werden. Vgl. Macht; Denkzwang-Paradigma.

Drogen: Natürliche oder synthetische Stoffe, welche direkt oder indirekt auf den

menschlichen Körper und die menschliche Psyche einwirken und Reaktionen

auslösen, welche von anregenden und euphorisierenden über betäubende und

108 Osterhammel 2013, S. 29-31 und S. 41-46, stellt erhellende Überlegungen zu den inneren und äusse-ren Grenzen „Europas“ und „Asiens“ an.

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sedative Effekte bis hin zu Anzeichen von Sucht reichen können. Vgl. Rauschmittel /

Rauschgift; Arzneimittel; Sucht.

Drogenkrieg: Im engeren Sinne ein Synonym für War on Drugs, im weiteren Sinne

jeglicher grössere Konflikt, in dem Drogen eine bedeutende Rolle spielen. Vgl. War on

Drugs; Krieg gegen (die) Drogen;

Drogenpolitik: Die Gesamtheit der Massnahmen, welche eine Autorität im Hinblick

auf Drogenproduktion, -Handel, -Verteilung und -Konsum ergreift. Vgl. Drogenkrieg.

Dionysische Welten: Die Welten, welche das menschliche Bewusstsein im Zustande

des Rausches (in Anlehnung an den altgriechischen Gott Dionysos) erfahren kann.

Diese Welten betäuben die Vernunft und schaffen somit Raum für eine weniger stark

kontrollierte Entfaltung der Gefühle und Emotionen, weshalb sie einerseits zur

Kontrolle von Individuen durch Autoritäten eingesetzt werden können, andererseits

paradoxerweise die Individuen dieser Kontrolle auch wieder entziehen können.

Somit stellen alle Quellen dionysischer Welten (zu denen neben Drogen z.B. auch

Sexualität gehört) einen wesentlichen Bestandteil autoritärer Machtstrukturen im

foucaultschen Sinne und auch des moralischen Kreuzzuges dar. Dieses Verständnis

basiert auf dem Konzept von Michaela Moser.109 Vgl. Macht; Diskurs; Moralischer

Kreuzzug.

Ethik: Philosophische Teildisziplin, welche nach dem richtigen menschlichen

Handeln und den Bedingungen für dasselbe sucht und deshalb auch ein Prinzip des

universellen „Guten“ beschreiben kann. Kurz: Was gesellschaftsunabhängig für die

Menschheit im Allgemeinen als „gut“ und „richtig“ gelten kann. In dieser Arbeit wird

konkret mit dem Ansatz von Miriam Kingsberg gearbeitet.110 Vgl. Moral.

Europa: Die eurasischen Staaten bis zur sibirischen Grenze Russlands und bis zum

Osmanischen Reich, insbesondere die imperialistischen Grossmächte Frankreich,

Grossbritannien, Niederlande, Russland sowie Preussen und ab 1871 das Deutsche

Kaiserreich. Vgl. Westen; Osten / Orient; Asien; Amerika.

Exterritorialität: Auch Extraterritorialität, bezeichnet eine rechtliche Situation, in

der Staatsangehörige auf fremdem Staatsgebiet nach dem Recht des eigenen Landes

und nicht nach demjenigen des Landes, in dem sie sich aufhalten, behandelt werden.

109 Vgl. Moser 2001, S. 23-29.110 Vgl. Kingsberg 2014, S. 1 und Fussnote 3, S. 201.

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In den Ungleichen Verträgen wurde die Exterritorialität von Angehörigen der

westlichen Staaten in China und Japan festgesetzt; diese unterlagen somit der

konsularischen Gerichtsbarkeit ihrer Heimatstaaten und nicht dem chinesischen oder

japanischen Recht. Vgl. Ungleiche Verträge.

Fortschritt: Westliches Verständnis der Entwicklung der menschlichen

Gesellschaft(en) hinaus aus der Barbarei hin zu Zivilisation, technologischer und

gesellschaftlicher Moderne und ganz grundsätzlich hin zum „Guten“. Vgl. Moderne.

Ideologie: Ein zumindest in Teilen bewusst konstruiertes und weiterentwickeltes

Konstrukt aus Ansichten, Überzeugungen und Gedankenwelten, welches einen

Absolutheitsanspruch erlangen kann, aber nicht die Grenzen des überhaupt Denk-

und Sagbaren konstituiert. Vgl. Denkzwang-Paradigma; Weltanschauung.

Imperialismus: Die Bestrebungen und Ideologie der europäischen Grossmächte und

Japans vor allem am Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts, grosse Teile der

Erdoberfläche unter eigene territoriale Kontrolle zu bringen (d.h. ein Imperium zu

errichten), sowohl durch Einverleibung fremder Territorien in den eigenen Staat als

auch durch Kolonialisierung und indirekt abhängige Marionettenregimes.

Japan: Mutterland des japanischen Staates zur Edo- und Meiji-Zeit, umfasst die vier

grossen Hauptinseln sowie die Okinawa- bzw. Ryūkyū-Inseln und alle weiteren

Inseln, welche zu dieser Zeit Teil Japans waren oder wurden, jedoch nicht die

Kolonien und besetzten Gebiete Japans wie Taiwan und Korea. Diese werden im Text

immer speziell und nicht mit dem Begriff „Japan“ bezeichnet.

Konvergenz- und Partikularismus-Theorien: Theorien, welche entweder davon

ausgehen, dass Gesellschaften oder Staaten eigene, von anderen grundlegend

unterscheidbare Wege beschreiten (Partikularismus), oder dass sich im Gegensatz

dazu durch die Entwicklung in einem Lebensbereich (z.B. in der Wirtschaft) auch die

meisten anderen Lebensbereiche an die „Vorbildkultur“ angleichen und somit

konvergieren. Vgl. Kultur; Tradition; Moderne.

Kultur: Die Gesamtheit der Praktiken, Denkweisen und Institutionen einer

spezifischen Gesellschaft. Vgl. Kultureller Nationalismus; Nation / Nationalismus;

Tradition.

Kultureller Nationalismus: Ausprägung des Nationalismus, welche den Fokus auf

eine „gemeinsame Kultur“ als Grundlage der Nation legt und diese oftmals als

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überlegen gegenüber den Kulturen anderer Nationen ansieht.111 Vgl. Kultur; Nation /

Nationalismus; Tradition.

Macht: Strukturelle Beziehung zwischen einer Autorität und einem Subjekt, welches

dieser untergeordnet, aber nicht völlig ausgeliefert ist. Vgl. Diskurs.

Meiji-Oligarchie: Deutsche Bezeichnung für die auf Japanisch als Hanbatsu bekannte

Führungsschicht der Meiji-Zeit und Träger der Meiji-Restauration Synonym werden

in dieser Arbeit die Begriffe Meiji-Autoritäten und Meiji-Regierung verwendet. Vgl.

Meiji-Restauration.

Meiji-Restauration: Übernahme der Macht in Japan durch die Meiji-Oligarchie sowie

formelle Rückgabe der Regierungsgewalt vom Shōgun aus dem Hause Tokugawa an

den Tennō Mutsuhito (Regierungsdevise und postumer Name Meiji 明治 ) im Jahre

1868. In der Folge grundlegende Umgestaltung der japanischen Gesellschaft, Politik

und Wirtschaft, geprägt durch zeitweise starke Anlehnung an die westliche

Modernisierung. Die Meiji-Zeit bzw. -Periode (japanisch 明治時代 Meiji Jidai) dauerte

von 1868 bis 1912 (Tod des Meiji- Tennō). Vgl. Meiji-Ishin; Meiji-Oligarchie.

Moderne: Grundlegende Umgestaltung und Neuordnung der meisten oder aller

Lebensbereiche nach dem Muster der westlichen politischen, gesellschaftlichen,

wirtschaftlichen und technologischen Revolutionen und Entwicklungen vor allem im

18., 19. und 20. Jahrhundert, welche einen völligen Bruch mit der Vergangenheit

darstellen. Modernisierung kann demzufolge auch bedeuten, dass eine andere

Gesellschaft diesem westlichen Muster in ihrer Entwicklung folgt.112 Vgl. Zivilisation;

Fortschritt; Barbaren; Tradition.

Moral: Das Verhalten, welches von einer Gesellschaft oder einem Individuum

gefordert wird, um gemäss den Werten der Gesellschaft und somit „gut“ und „richtig“

zu handeln. Kurz: Was innerhalb einer Gesellschaft als „gut“ und „richtig“ anerkannt

wird. In dieser Arbeit wird konkret mit dem Ansatz von Miriam Kingsberg

gearbeitet.113 Vgl. Ethik; Moralischer Kreuzzug; Moral Entrepreneurs.

111 Vgl. Hein 2008, S. 450-451.112 Zur Kritik des Begriffs Modernisierung: vgl. Schenck 1997, S. 20-24.113 Vgl. Kingsberg 2014, S. 1 und Fussnote 3, S. 201.

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Moral Nation: Nationalstaat mit Vorbildcharakter für die Staaten mit

Weltmachtambitionen. Dabei handelt es sich um eine Nation im modernen westlichen

Sinne, welche durch ihre moralische Integrität als zivilisiert und somit legitimiert

angesehen wird, auch globale Verantwortung und Einflussnahme zu übernehmen.

Morphin: Alkaloid im Opium (und somit sowohl Opiat als auch Opioid), welches

primär für die Wirkungsweise von Opium auf den menschlichen Körper

verantwortlich ist. Kann aus Opium extrahiert werden und stellte lange Zeit eines der

potentesten Schmerzmittel dar. Der Morphingehalt wurde und wird meist auch zur

Bestimmung der Qualität von Opium verwendet.

Nation / Nationalismus: Westliches Konzept eines auf historischer Grundlage

zusammengehörigen Staatsvolkes mit gemeinsame Kultur, welches sein eigenes

Staatsgebiet unabhängig und selbständig regieren solle. Dabei kann der eigenen

Nation auch einen Vorrang oder eine Überlegenheit gegenüber anderen Nationen

oder Völkern zugesprochen werden. Vgl. Rassismus; Kultur; Kultureller Nationalismus;

Tradition.

Opiumkrieg: Im engeren Sinne (umstrittene) Bezeichnung für die zwei Kriege

zwischen Grossbritannien und dem China der Qing-Dynastie 1839-1842 und 1856-

1860 (in diesem zweiten Konflikt mit Frankreich auf der Seite Grossbritanniens), in

denen gewaltsam britische Interessen in Bezug auf den Opiumhandel in China

durchgesetzt werden sollten. Im weiteren Sinne auch auf andere Kriege und Konflikte

ausgeweitet, in denen Opium eine Rolle spielte, so insbesondere auf den

Opiumhandel von Japan in China zur Zeit des Zweiten Sino-Japanischen Krieges

(1937-1945).

Opiummissbrauch: Der übermässige Konsum von Opium, welcher reale oder als real

erlebte negative Folgen für das konsumierende Individuum oder die Gesellschaft als

Ganzes haben kann. Vgl. Drogen;

Opiumplage: Englisch Opium Plague, stellt eine emotional und propagandistisch

konnotierte Bezeichnung für den massenhaften Handel und Konsum (später auch

Produktion) von Rauchopium im China der Qing-Dynastie dar, insbesondere im

späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Vgl. Vergiftungspolitik

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Osten / Orient: Gegenbegriffe zum Westen, welche eine diesem entgegengesetzte

Kultursphäre bezeichnen sollen und insbesondere seit Edward Said114 als Ausdruck

des westlichen Überlegenheitsdenkens im Sinne des Orientalismus verstanden

werden. Dabei wird dem „Orient“ ein tieferer Rang auf der „Skala der Zivilisation“

zugewiesen und die Länder des „Ostens“ als rückständig, barbarisch und

minderwertig definiert. In der geografischen Bedeutung können Osten, Orient und

Asien als Synonyme angesehen werden. Vgl. Asien; Westen; Europa; Amerika;

Prohibition: Systematische Anwendung von Verbots- und

Unterdrückungsmassnahmen zur Bekämpfung eines von den Autoritäten nicht

tolerierten gesellschaftlichen Phänomens. Vgl. War on Drugs.

Rassismus: Ideologie, Denkweise oder Verhalten, welches eine bestimmte Gruppe

von Menschen über eine andere Gruppe oder alle anderen Menschen stellt und ihr

dadurch mehr Wert zuspricht. Vgl. Sozialdarwinismus; Ideologie; Nationalismus.

Rauchopium: Das zu einer Paste weiterverarbeitete Rohopium, welches mit Tabak

vermischt oder pur meistens in hierfür speziell angefertigten Pfeifen mithilfe

weiterer spezifischer Gerätschaften zu primär nicht-medizinischen Zwecken geraucht

wird.

Rauschmittel: Synonym für Drogen. Vgl. Drogen; Arzneimittel.

Rohopium: Der getrocknete Milchsaft des Schlafmohns (papaver somniferum),

welcher den Grundstoff für weitere Opiate und Opioide darstellt.

Sozialdarwinismus: Ideologie, welche im 19. Jahrhundert aufkommt und die

Evolutions-Erkenntnisse von Charles Darwin auf die menschlichen Gesellschaften

überträgt. Dabei wird von einem Kampf der Arten ausgegangen, in welchem die am

besten angepassten Individuen und Arten überleben und die weniger Fitten

verdrängen. Vgl. Rassismus; Ideologie.

Sozialer Konstruktivismus: Soziologische Theorie, welche davon ausgeht, dass

Gesellschaften und deren Akteure Tatsachen, wie z.B. gesellschaftliche Probleme,

konstruieren können und somit die gesellschaftliche „Realität“ und Devianz

(abweichendes Verhalten) mitgestalten. Vgl. Denkzwang-Paradigma.

Sucht: Die körperliche oder psychische Abhängigkeit von Stoffen, welche sich durch

Entzugserscheinungen und Gewöhnung bemerkbar macht.

114 Said 1978.33/54

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Tradition: Neben der Definition von Eric Hobesbawn als konstruierte, „erfundene“

Eigenschaften, bezeichnet Tradition darüber hinaus die althergebrachten Praktiken,

Denkweisen und Institutionen, welche im Zuge der Modernisierung abgelöst und

verdrängt werden. Gegenbegriff zur Moderne. Vgl. Kultur; Nation / Nationalismus;

Kultureller Nationalismus; Moderne; Fortschritt.

Ungleiche Verträge: Zunächst zwischen China und den westlichen Mächten

geschlossene Verträge, welche für China wirtschaftlich und rechtlich nachteilige

Punkte enthielten und die wirtschaftliche „Ausbeutung“ Chinas erleichterten. Solche

Verträge wurden von 1854 bis 1873 auch Japan zur Unterzeichnung auferlegt. Die

Revision dieser Verträge wurde ein erklärtes Ziel der Meiji-Autoritäten, welches die

ersten Jahrzehnte ihrer Herrschaft bestimmen sollte. Insbesondere die Aufhebung

der japanischen Zoll- und Tarifautonomie und die Konsulargerichtsbarkeit, welche

den westlichen Staatsangehörigen Exterritorialität zusprach, wurden von Japan als

Verletzung der nationalen Souveränität und Ehre angesehen und sollten mit allen

Mitteln bekämpft werden.115 Vgl. Exterritorialität.

Vergiftungspolitik: Die von chinesischen Historikern und Politikern und weiteren

Vertretern des chinesischen Volkes insbesondere im 20. Jahrhundert dem Westen

vorgeworfene absichtliche Politik der Einfuhr von Opium nach China und der

Herbeiführung einer Opiumplage mit dem Ziel, China zu schwächen und auszubeuten.

Emotional und propagandistisch konnotierter Begriff.116 Vgl. Opiumplage.

War on Drugs: Bezeichnung für das systematische Vorgehen einzelner Staaten oder

der internationalen Staatengemeinschaft gegen Herstellung, Handel und Konsum von

Drogen. 1972 von Richard Nixon im Rahmen der US-amerikanischen Drogenpolitik

geprägt, bezieht sich der Begriff heute ebenso auf das Vorgehen weiterer einzelner

Staaten. Ausgehend davon, dass die Prohibition einen wesentlichen Bestandteil des

War on Drugs darstellt, wird der Begriff in dieser Arbeit rückwirkend auch auf die

Drogenpolitik Japans in der Meiji-Zeit angewendet. Vgl. Drogenkrieg; Prohibition.

Weltanschauung: Gesamtheit von Ansichten, Überzeugungen und Gedankenwelten

eines Individuums oder einer Gruppe zu einer bestimmten Zeit. Vgl. Denkzwang-

Paradigma; Ideologie.

115 Zu den rechtlichen Aspekten dieser Verträge: vgl. Schenck 1997, S. 41-48.116 Vgl. Brook / Wakabayashi 2000, S. 1-3.

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Westen: Gegenbegriff zum Osten / Orient, welcher die europäische und

amerikanische Zivilisation im Gegensatz zum „barbarischen Orient“ bezeichnen soll.

Geografisch kann der Begriff als Gesamtbezeichnung für die europäischen Staaten

und die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) dienen. Vgl. Osten / Orient; Europa;

Asien; Amerika.

Zivilisation: Universell angestrebte oder propagierte Entwicklungsstufe der

Gesamtheit oder eines Teils der Menschheit, welche die höchste Verfeinerung der

Sitten und Gebräuche sowie der Technik und Wissenschaften darstelle und in ihrer

Entwicklung weit fortgeschritten sei. Vgl. Moderne; Barbaren.

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4.5 Fachvokabular117

4.5.1 日本語 (Japanisch) 4.5.2 汉语 (Chinesisch)

阿片/ 鴉片/あへん/アヘン [Ahen] : Opium 阿片/鴉片 [Apiàn/Yāpiàn] : Opium

阿片戦争 [Ahen Sensō] : Opiumkrieg 毒化政策 [Dúhuà Zhèngcè] :

中国 [Chūgoku] : China Vergiftungspolitik.

懲役 [Chōeki] : Zuchthausstrafe 日本 [Rìběn] : Japan  

中毒 [Chūdoku]: Vergiftung, Sucht 鴉片戰爭 [Yāpiàn Zhànzhēng] :

藩閥 [Hanbatsu] : Meiji-Oligarchie Opiumkrieg

法/法律 [Hō/Hōritsu] : Gesetz / 中國 [Zhōngguó] : China

Rechtssystem

日本 [Nihon / Nippon] : Japan

危機 [Kiki] : Krise

禁錮 [Kinko] : Gefängnisstrafe

麻薬 [Mayaku] : Rauschmittel, Droge

麻薬戦争 [Mayaku Sensō] : Drogenkrieg

明治維新 [Meiji Ishin] : Meiji-Restauration

命令 [Meirei] : Verfügung

匁 [Monme] : Alte japanische Gewichtseinheit (ca. 3,75 g)

支那 [Shina] : China (veraltet)

所持 [Shoji] : Besitz

所有 [Shoyū] : Eigentum

有期徒刑 [Yūki Tokei] : Zeitstrafe mit Arbeitspflicht.

117 Die Romanisierung chinesischer Begriffe erfolgt gemäss dem Pinyin-System; japanische Begriffewerden gemäss dem modifizierten Hepburn-System transkribiert.

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4.6 Verwendete Rechtstexte und deren Übersetzungen

4.6.1 販賣鴉片烟律 [Hanbei Ahen Enritsu] Art. 521 et 522

Vorschriften betreffend Verkauf von Rauchopium

第五百二十一 八月九日(太政官)

一凡ソ鴉片烟ヲ販賣シテ利ヲ謀ル者首

ハ斬從ハ三等流自首スル者ハ一等ヲ減

一人ヲ引誘シ吸食セシムル者ハ絞從及

ヒ情ヲ知リ房屋ヲ給スル者ハ三等流引

誘セラレテ吸食スル者ハ徒一年 

一收買シテ未タ售賣セサル者首ハ三等

流從ハ徒三年買食スル者徒二年半自首

スル者ハ並に罪ヲ免シ鴉片烟ハ官ニ沒

收ス

Art. 521, 9. August (Staatsministerium)

Wer gewerbsmässig Rauchopium jedweder

Menge verkauft, wird mit dem Tod durch

Enthauptung bestraft. Wer hierzu Beihilfe

leistet, wird mit Verbannung dritter Stufe

bestraft. Bei Selbstanzeige wird die Strafe

um eine Stufe gemildert.

Wer andere zum Konsum (von

Rauchopium) verführt, wird mit dem Tod

durch den Strang bestraft. Wer hierzu

Beihilfe leistet oder (für den Konsum von

Rauchopium) wissentlich seine

Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, wird

mit Verbannung dritter Stufe bestraft. Wer

zum Konsum verführt worden ist, wird mit

einjähriger Freiheitsstrafe bestraft.

Wer (Rauchopium) zum Zweck des

Weiterverkaufs erwirbt, wird mit

Verbannung dritter Stufe bestraft. Wer

hierzu Beihilfe leistet, wird mit dreijähriger

Freiheitsstrafe bestraft. Wer (Rauchopium)

zum Zweck des (eigenen) Konsums erwirbt,

wird mit zweieinhalbjähriger Freiheits-

strafe bestraft. Wer sich selbst anzeigt,

dessen Strafe wird erlassen und er ist dazu

verpflichtet, (das erworbene) Rauchopium

den Behörden auszuhändigen.37/54

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一官吏知テ舉セサル者ハ並ニ與同罪財

ヲ受ル者ハ枉法ヲ以テ重キニ從テ論ス

右之通御定ニ相成候條此旨相達候事

Wer als Beamter einen Vorteil annimmt

dafür, dass er eine solche Straftat

wissentlich geschehen lässt, wird

entsprechend der Schwere seiner

Rechtsbeugung behandelt.

Der Inhalt dieses Gesetzes muss allgemein

bekannt gemacht werden.

第五百二十二 八月九日 (布) (太政官)

府 藩 縣 へ 

鴉片烟草ノ儀ハ兼テ嚴禁ノ處猶又今般

販賣鴉片烟律御定に相成各港在留ノ支

那人ヘモ嚴重禁止被仰出候且藥用ニ供

シ候生鴉片タリトモ勝手ニ取扱候儀不

相成別紙之通取扱規則ヲモ被爲立候條

各地方官ニ於テモ管内人民末々迄心得

違無之様屹度取締可致事

(別紙)

Art. 522, 9. August (Bekanntmachung)

(Staatsministerium)

Betrifft die Stadtpräfekturen (Osaka und

Kyoto), die Lehen und die Präfekturen

Die früheren strikten Regelungen bezüglich

der Rauchopium-Pflanzen und die neuen

Vorschriften betreffend Verkauf von

Rauchopium gelten gleichzeitig auch fuur

alle Chinesen, die sich in japanischen Häfen

aufhalten; ebenso wie die Bestimmungen

zum Umgang mit Rohopium im folgenden

Anhang, welche Opium für den

medizinischen Gebrauch regeln. Dies alles

gilt ebenso für die lokalen Behörden,

welche durch strikte Kontrollen dafür zu

sorgen haben, dass die Untertanen in ihren

Zuständigkeitsbereichen diese Regelungen

befolgen.

Anhang

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4.6.2 生鴉片取扱規則 [Nama Ahen Toriatsukai Kisoku]

Bestimmungen zum Umgang mit Rohopium

一藥店中現在所持ノ分ハ各地方官廳ニ

テ檢査ヲ遂ケ品位量目等委細簿記シ可

置事

一不得止藥用ニ供シ候儀有之賣買致し

條節ハ其度毎ニ藥店醫師ヨリモ品位量

目等委細官廳ヘ可届出事

一藥用欠乏ニ付外國ヨリ取寄度節ハ各

地方官ヨリ開港場ヘ申立候ハ、別段ノ

注文ヲ以テ取寄候様可致事

Apotheken sind dazu verpflichtet über das

in ihrem Besitz befindliche Opium

Untersuchungen bezüglich Qualität,

Gewicht, etc. durchführen, die Ergebnisse

dieser Untersuchungen zu dokumentieren

und diese der jeweiligen lokalen

Verwaltung vorzulegen.

Apotheken und Ärzte sind dazu verpflichtet

bei jedem Kauf oder Verkauf von Rohopium

zum medizinischen Gebrauch die

notwendigen Angaben bezüglich Qualität,

Gewicht, etc. der jeweiligen lokalen

Verwaltung anzugeben.

Wenn Mangel an (Rohopium für den

medizinischen Gebrauch) herrscht, so

müssen die lokalen Behörden an die für den

Aussenhandel geöffneten Häfen den Antrag

stellen, im Rahmen eines Sonderauftrags

Rohopium aus dem Ausland anfordern zu

dürfen.

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4.6.3 販賣鴉片烟律 [Hanbei Ahen Enritsu] Art. 523 et 524

Vorschriften betreffend Verkauf von Rauchopium

第五百二十三 八月九日(沙) 外務省

鴉片烟草ノ儀ハ兼テ嚴禁ニ候處猶又今般販賣鴉片烟律御定に相成候ニ付テハ各港

在留支那人ヘモ嚴重禁止ノ儀申諭シ竊ニ取扱候儀無之様之急度取締可致事

Art. 523, 9. August, Aussenministerium

Die früheren strikten Regelungen bezüglich der Rauchopium-Pflanzen und die neuen

Vorschriften betreffend Verkauf von Rauchopium gelten gleichzeitig auch fuur alle

Chinesen, die sich in japanischen Häfen aufhalten. Durch strikte Kontrollen ist dafür

zu sorgen, dass diesen Bestimmungen auch nicht im Verborgenen zuwider gehandelt

wird.

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第五百二十四 八月 (外務省) Art. 524, August (Aussenministerium)

外務省奉上諭前于各港府縣曉示在該港清國人等不得藏貯鴉片等因旋将買片烟之我

國人及賣付之清國等業已據罪懲治在案昔此物入清國流毒害民以至今日之甚是不可

不思之也爲此本政府新定防害律例頒示通商各港府縣申諭在港清國商民嗣後倘有毫

犯法在必行以熄惡燄凡清國人素有烟瘾刻難置其管笺者固不須言即量淺似喫白相者

亦所嚴禁斷不准其來港營生除将現住本港烟鬼徹底清查其或自能戒斷吸喫以遵禁令

者可其不能者當即自行去此囘鄉外奉到新諭律例以後仍有潜匿犯大禁者一經查出毋

庸分別原住新來立刻按律處治奉此特示

Gemäss Kaiserlichem Edikt informiert das Aussenministerium alle Häfen,

Stadtpräfekturen und Präfekturen, dass den Einwohnern die private Lagerung von

Opium untersagt ist und dass sowohl Chinesen und weitere Ausländer, welche Opium

verkaufen, als auch Einheimische, welche Opium erwerben, zu verhaften und

angemessen zu bestrafen sind.

Weil Opium seit seiner Einführung in das China der Qing-Dynastie die chinesische

Bevölkerung vergiftet, darf die Japanische Regierung diese Lektion nicht ausser Acht

lassen und es müssen Massnahmen ergriffen werden, um der Situation Herr zu

werden. Deshalb erlässt die Japanische Regierung diese neuen Gesetze und informiert

alle Häfen, Stadtpräfekturen und Präfekturen, dass chinesische Einwohner, welche

diese Gesetze brechen, streng zu bestrafen sind und dass die zuständigen Behörden

per sofort beginnen, diese Gesetzesbrecher gezielt aufzuspüren.

So wird Chinesen der Eintritt nach Japan verwehrt, wenn sie opiumabhängig sind und

den Konsum von Rauchopium nicht unterlassen können. Abhängige, die sich bereits

in Japan befinden, sollen dies gestehen und sich einer Rehabilitation unterziehen.

Bleibt diese wirkungslos und können sie den Konsum von Rauchopium deshalb nicht

unterlassen, so werden sie verbannt. Ob neu angekommene Migranten oder lokale

Einwohner; wer die Gesetze bricht, wird sofort nach den gesetzlichen Bestimmungen

behandelt.

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4.6.4 阿片法 [Ahenhō] (明治30年法律第27号)

Opiumgesetz (Gesetz Nr. 27 von 1897)

第一条 阿片ヲ製造セムトスル者ハ地

方長官ノ許可ヲ受クヘシ

第二条 

阿片製造人ハ地方長官ノ定ムル期日迄

ニ毎年其ノ製造シタル阿片ヲ政府ニ納

付スヘシ

2 前項ノ阿片ハ政府ニ於テ試験ヲ施

シ其ノ莫兒比涅含量所定ノ度ニ適スル

モノニハ賠償金ヲ交付シ其ノ不適品ハ

無償ニテ焼却ス

第三条 

阿片ハ政府ニ於テ医薬用品及製薬用品

ニ限リ封緘ヲ施シ之ヲ売下ケ又ハ交付

スルモノトス

2 阿片ハ政府ノ売下ケタルモノ又ハ

交付シタルモノニ非サレハ之ヲ売買授

受所有又ハ所持スルコトヲ得ス

Art. 1 Wer Opium herstellen will, benötigt

eine Genehmigung des Gouverneurs.

Art. 2

(1) Wer Opium herstellt, ist dazu

verpflichtet, alljährlich das produzierte

Opium spätestens bis zum vom Gouverneur

festgelegten Zeitpunkt der Verwaltung

abzuliefern.

(2) Opium, welches gem. Absatz 1 der

Verwaltung abgeliefert wird, ist einer

Qualitätskontrolle zu unterziehen. Kann die

Qualität bestätigt werden, so wird dem

Hersteller eine Entschädigung entrichtet.

Kann die Qualität nicht bestätigt werden,

wird das Opium entschädigungslos

verbrannt.

Art. 3

(1) Opium darf nur zu medizinischen

Zwecken und zur Herstellung von

Arzneimitteln und im versiegelten Zustand

von der Regierung verkauft oder

ausgehändigt werden.

(2) Abgesehen von Verkauf oder

Aushändigung durch die Regierung sind

Handel, Übergabe, Übernahme, Eigentum

sowie Besitz von Opium nicht gestattet.

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第三条ノ二 阿片ハ内務大臣ノ許可ヲ

受ケタル場合ヲ除クノ外之ヲ輸出スル

コト得ス

第四条 

第二条ニ依リ賠償金ヲ交付スヘキ阿片

ノ莫兒比涅含量及賠償金額並ニ第三条

ニ依リ売下クヘキ医薬用阿片ノ価格ハ

内務大臣之ヲ告示ス

2 賠償金ヲ交付スヘキ阿片ノ莫兒比

涅含量ヲ増加シ又ハ賠償金額ヲ低減セ

ムトスルトキハ一箇年以前ニ告示スヘ

第五条 医薬用阿片ハ地方長官ヲシテ

其ノ管内医薬品販売業者中相当ノ人員

ヲ限リ医薬用阿片販売人ヲ指定シテ売

下ケシム

Art. 3-2 Der Export von Opium ist nicht

gestattet, es sei denn, es liegt eine Erlaubnis

des Innenministers vor.

Art. 4

(1) Der Innenminister gibt die

Qualitätsanforderungen für das Opium,

welches nach Artikel 2 dieses Gesetzes mit

einer Entschädigung bedacht werden soll

sowie die Höhe dieser Entschädigung und

den Marktwert des Opiums, welches nach

Artikel 3 dieses Gesetzes verkauft werden

soll, öffentlich bekannt.

(2) Werden Bestimmungen über die

Qualitätsanforderungen oder die Höhe der

Entschädigungssumme geändert, so ist dies

mindestens ein Jahr im Voraus bekannt zu

geben.

Art. 5 Der Gouverneur bezeichnet in

seinem Zuständigkeitsbereich eine

angemessene Anzahl Arzneimittelhändler,

die das Privileg erhalten, Opium für den

medizinischen Gebrauch verkaufen zu

dürfen.

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第六条 

医師、歯科医師、獣医、薬剤師又ハ医

薬品製造業者医薬用阿片ヲ要スルトキ

ハ命令ニ別段ノ規定アル場合ヲ除クノ

外行政官庁ノ証明ヲ受ケ医薬用阿片販

売人ニ売渡ヲ請求スヘシ

2 医薬用阿片販売人販売用ノ阿片ヲ

販売ノ目的以外ニ供セムトスルトキハ

行政官庁ノ許可ヲ受クヘシ

第六条ノ二 

地方長官必要ト認ムルトキハ内務大臣

ノ認可ヲ受ケ医師、歯科医師、獣医、

薬剤師又ハ医薬品製造業者ニ対シ医薬

用阿片ヲ売下クルコトヲ得

Art. 6

(1) Vorbehaltlich allfälliger durch

Verfügung erlassener Spezial-

bestimmungen müssen Ärzte, Zahnärzte,

Tierärzte, Apotheker sowie

Arzneimittelhersteller, wenn sie (für ihre

berufliche Tätigkeit) Opium benötigen, eine

Bescheinigung durch die administrativen

Behörden erhalten. Sie können dann

verlangen, dass die Verkäufer von Opium

für den medizinischen Gebrauch ihnen

dieses verkaufen.

(2) Jeder Verkauf von Opium, der nicht von

einem Verkäufer von Opium für den

medizinischen Gebrauch vorgenommen

wird, bedarf einer Genehmigung der

administrativen Behörden.

Art. 6-2

Erachtet es der Gouverneur als notwendig,

so kann er mit Zustimmung des

Innenministers Ärzten, Zahnärzten,

Tierärzten, Apothekern sowie Arzneimittel-

herstellern Opium für den medizinischen

Gebrauch (direkt) verkaufen.

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第七条 

医薬用阿片ハ第六条第一項若ハ前条ニ

依ル場合又ハ命令ニ別段ノ規定アル場

合ヲ除クノ外医師、歯料医師又ハ獣医

ノ処方箋ヲ以テスルニ非サレハ之ヲ譲

渡シ又ハ譲受クルコトヲ得ス

第七条ノ二 

医薬用阿片販売人ハ第六条第一項ニ依ル

請求ヲ受ケタル場合ニ於テ正当ノ事由ナ

クシテ医薬用阿片ノ売渡ヲ拒ムコトヲ得

第七条ノ三 

医薬用阿片販売人ハ政府ノ定メタル価格

ヲ超エテ医薬用阿片ヲ販売スルコトヲ得

第八条 

医薬用阿片販売人ハ政府ノ封緘ヲ施シ

タル医薬用阿片ノ容器ヲ開披シ若ハ改

装シ又ハ封緘ヲ破毀スルコトヲ得ス

Art. 7

Vorbehaltlich allfälliger durch Verfügung

erlassener Spezialbestimmungen sowie

vorbehaltlich Artikel 6 Absatz 1 und der

diesem vorausgehenden Artikeln, ist

Übereignung oder Erwerb von Opium für

den medizinischen Gebrauch nicht

gestattet, ausser wenn es durch Ärzte,

Zahnärzte oder Tierärzte per Rezept

verschrieben wird.

Art. 7-2 Verkäufer von Opium für den

medizinischen Gebrauch dürfen den

Verkauf gemäss Artikel 6 Absatz 1 nicht

verweigern, wenn kein rechtfertigender

Grund dafür vorliegt.

Art. 7-3 Den Verkäufern von Opium für den

medizinischen Gebrauch ist es nicht

gestattet, dies zu höheren Preisen zu

verkaufen als von der Regierung

festgesetzt.

Art. 8

(1) Den Verkäufern von Opium für den

medizinischen Gebrauch ist es nicht

gestattet, Behältnisse zu öffnen, die Opium

für den medizinischen Gebrauch enthalten

und die von der Verwaltung versiegelt

wurden, wenn dabei etwas an den

Behältnissen verändert oder das Siegel

zerstört wird.

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2 医薬用阿片販売人ハ政府ノ封緘ヲ

施シタル医薬用阿片ニシテ封緘ノ無効

トナリタルモノ又ハ容器ヲ改装シタル

モノヲ販売スルコトヲ得ス

第八条ノ二 

製薬用阿片ノ売下ニ関スル事項ハ命令

ヲ以テ之ヲ定ム

2 前項ニ依リ売下ヲ受ケタル阿片ハ

命令ニ別段ノ規定アル場合ヲ除クノ外

之ヲ譲渡シ又ハ譲受クルコトヲ得ス

第八条ノ三 

官庁又ハ官立ノ病院若ハ学校ニ於テ阿

片ヲ要スルトキハ命令ノ定ムル所ニ依

リ交付ヲ受クヘシ

第九条 

第三条第二項又ハ第三条ノ二ニ違背シ

タル者ハ二年以下ノ懲役又ハ千円以下

ノ罰金ニ処ス

2 阿片ヲ輸入シタル者罰前項ニ同シ

(2) Den Verkäufern von Opium für den

medizinischen Gebrauch ist es nicht

gestattet, von der Verwaltung versiegeltes

Opium für den medizinischen Gebrauch zu

verkaufen, wenn das Siegel ungültig oder

das Behältnis verändert worden ist.

Art. 8-2

(1) Der Verkauf von Opium für die

Arzneimittelherstellung wird per

Verfügung geregelt.

(2) Übereignung oder Erwerb von Opium

ist nicht gestattet, wenn keine Verfügung

nach Absatz 1 besteht.

Art. 8-3

Benötigen Behörden, staatliche Kranken-

häuser oder Schulen Opium, so können sie

dieses durch Verfügung erhalten.

Art. 9

(1) Wer den Bestimmungen in Artikel 3

Absatz 2 oder Artikel 3-2 zuwiderhandelt,

wird mit Zuchthaus bis zu 2 Jahren oder

Geldstrafe bis zu 1000 Yen bestraft.

(2) Wer Opium importiert, wird mit

gleicher Strafe belegt.

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第十条 

第三条第二項ニ違背シテ所有又ハ所持

スル阿片ハ之ヲ没収ス

第十条ノ二 

第一条、第六条第二項、第七条乃至第

八条又ハ第八条ノ二第二項ニ違背シタ

ル者ハ一年以下ノ懲役又ハ五百円以下

ノ罰金ニ処ス

第十一条 

第二条第一項ニ違背シタル者ハ三百円

以下ノ罰金ニ処ス

第十二条 削除

Art. 10

Wer (widerrechtlich) Eigentum oder Besitz

an Opium erlangt hat, indem er den

Bestimmungen in Artikel 3 Absatz 2

zuwiderhandelt, dessen Opium wird

eingezogen.

Art. 10-2

Wer den Bestimmungen in Artikel 1, Artikel

6 Absatz 2, Artikel 7, Artikel 8 oder Artikel

8-2 Absatz 2 zuwiderhandelt, wird mit

Zuchthaus bis zu einem Jahr oder

Geldstrafe bis zu 500 Yen bestraft.

Art. 11

Wer den Bestimmungen in Artikel 2 Absatz

1 zuwiderhandelt wird mit Geldstrafe bis zu

300 Yen bestraft.

Art. 12 Aufgehoben.

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第十二条ノ二 

薬品営業者又ハ阿片製造人未成年者又

ハ禁治産者ナルトキハ本法又ハ本法ニ

基キテ発スル命令ニ依リ之ニ適用スル

罰則ハ之ヲ法定代理人ニ適用ス但シ其

ノ営業ニ関シ成年者ト同一ノ能力ヲ有

スル未成年者ニ付テハ此ノ限ニ在ラス

第十二条ノ三 

薬品営業者又ハ阿片製造人ハ其ノ代理

人同居者雇人其ノ他ノ従業者ニシテ其

ノ業務ニ関シ本法又ハ本法ニ基キテ発

スル命令ニ違背シタルトキハ自己ノ指

揮ニ出テサルノ故ヲ以テ処罰ヲ免カル

ルコトヲ得ス

第十二条ノ四 

明治三十三年法律第五十二号ハ本法又

ハ本法ニ基キテ発スル命令ニ依ル犯罪

ニ之ヲ準用ス

Art. 12-2

Die Strafbestimmungen dieses Gesetzes

sowie der Verfügungen, die aufgrund dieses

Gesetzes erlassen werden, treffen bei

minderjährigen und entmündigten

Betroffenen, welche im Arznei-

mittelgewerbe oder in der Opium-

produktion tätig sind, deren gesetzliche

Vertreter. Bei Minderjährigen jedoch,

welche in ihren Fähigkeiten den

Volljährigen in diesen Gewerben

ebenbürtig sind, kann diese Ausnahme

nicht angewendet werden (und es gelten

die üblichen Regelungen dieses Gesetzes).

Art. 12-3

Wer im Arzneimittelgewerbe oder in der

Opiumproduktion in einer verant-

wortlichen Position tätig ist, kann einer

Bestrafung nicht entgehen, wenn

Stellvertreter, Untermieter, Festangestellte

oder andere Mitarbeiter im Rahmen

besagter Gewerbe gegen dieses Gesetz oder

gegen Verfügungen verstossen, welche

aufgrund dieses Gesetzes erlassen wurden.

Art. 12-4

Das Gesetz Nr. 52, welches im Jahre 1900 in

Kraft treten wird, findet sinngemäss

Anwendung auf die Strafartikel dieses

Gesetzes und aller Verfügungen, die

aufgrund dieses Gesetzes erlassen werden.

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第十二条ノ五 

第十二条ノ二又ハ第十二条ノ三ニ依ル

場合ニ於テハ懲役、禁錮又ハ拘留ニ処

スルコトヲ得ス

第十二条ノ六 

第十二条ノ二乃至第十二条ノ四ノ規定

ハ第九条ノ犯罪ニ付之ヲ適用セス

第十三条 

阿片製造人又ハ医薬用阿片販売人此ノ

法律又ハ其ノ施行ニ関スル規則ニ違背

シタルトキハ地方長官ハ其ノ許可又ハ

指定ヲ取消スコトヲ得

Art. 12-5

Im Fall der Anwendung von Artikel 12-2

oder Artikel 12-3 ist eine Bestrafung durch

Zuchthaus, Gefängnis oder Haft nicht

gestattet.

Art. 12-6

Fuur die Regelungen der Artikel 12-2 bis

Artikel 12-4 ist das Strafmass von Artikel 9

(dieses Gesetzes) massgebend.

Art. 13

Der Gouverneur kann Herstellern und

Verkäufern von Opium für den

medizinischen Gebrauch die Genehmigung

beziehungsweise die Privilegien entziehen,

wenn sie gegen Bestimmungen dieses

Gesetzes oder gegen Verfügungen

verstossen, welche aufgrund dieses

Gesetzes erlassen werden.  

附則 (Zusatzartikel)

第十四条 此ノ法律ハ

明治三十年四月一日ヨリ施行ス

第十五条 

此ノ法律施行ノ日現ニ阿片製造人タル

ノ許可ヲ有スル者ハ第一条ノ許可ヲ受

ケタルモノト看做ス

Art. 14

Dieses Gesetz tritt am 01.04.1897 in Kraft.

Art. 15

Personen, welche zum Zeitpunkt des

Inkrafttretens dieses Gesetzes die Erlaubnis

besitzen, Opium herzustellen, werden

betrachtet als Personen, die eine

Genehmigung nach Artikel 1 dieses

Gesetzes besitzen.

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第十六条 

此ノ法律施行以前地方庁ニ預リ置キタ

ル阿片ハ之ヲ焼却ス

第十七条 

明治十一年布告第二十一号薬用阿片売

買並ニ製造規則ハ此ノ法律施行ノ日ヨ

リ廃止ス

Art. 16

Opium, welches bis zum Inkrafttreten

dieses Gesetzes bei der lokalen Verwaltung

verwahrt worden ist, wird verbrannt.

Art. 17

Das Edikt Nr. 21 von 1878 betreffend der

Regelungen von Handel und Herstellung

von Opium für den medizinischen Gebrauch

wird mit Inkrafttreten dieses Gesetzes

aufgehoben.

4.6.5 旧刑法 [Kyū Keihō] (明治13年太政官布告第36号)

Altes Strafgesetz (Kabinettserlass Nr. 36 von 1880)

第二百三十七條

阿片烟ヲ輸入シ及ヒ製造シ又ハ之ヲ販

賣シタル者ハ有期徒刑ニ處ス

第二百三十八條

阿片烟ヲ吸食スルノ器具ヲ輸入シ及ヒ

製造シ又ハ之ヲ販賣シタル者ハ輕懲役

ニ處ス

Art. 237

Die Bestrafung der Einfuhr und der

Herstellung von Rauchopium sowie von

Personen, die Rauchopium verkaufen,

erfolgt als Zeitstrafe mit Arbeitspflicht.

Art. 238

Die Bestrafung der Einfuhr und der

Herstellung von Geräten die dem Konsum

von Rauchopium dienen, sowie von

Personen, welche diese Geräte verkaufen,

erfolgt als leichte Form der Zuchthausstrafe

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Universität Zürich 日本麻薬戦争 Japans Krieg gegen die DrogenHistorisches Seminar, Frühjahrssemester 2015 Stephan BruhinBA-Seminar „Von den Opiumkriegen zur Opiumprohibition“ [email protected]: Judith Fröhlich 01.09.2015

第二百三十九條

税関官吏情ヲ知て阿片烟及ヒ其器具ヲ

輸入セシメタル者ハ前二條ノ刑ニ照シ

各一等ヲ加ス

第二百四十條

阿片煙ヲ吸食スル爲メ房屋ヲ給與シテ

利ヲ圖ル者ハ輕懲役ニ處ス

人ヲ引誘シテ阿片煙ヲ吸食セシメタル

者亦同シ

第二百四十一條

阿片烟ヲ吸食シタル者ハ二年以上三年

以下ノ重禁錮ニ處ス

第二百四十二條

阿片煙及ヒ吸食ノ器具ヲ所有シ又ハ受

寄シタル者ハ一月以上一年以下ノ重禁

錮ニ處ス

Art. 239

Jeder Zollbeamte, der wissentlich Personen

gewähren lässt, welche die Einfuhr von

Rauchopium oder Geräten betreiben, die zu

dessen Konsum dienen, ist nach der

Strafdrohung der vorgenannten Artikel zu

bestrafen, wobei die Strafart um eine Stufe

erhöht wird.

Art. 240

(1) Die Bestrafung von Personen, die zum

eigenen Vorteil, ihre Räumlichkeiten für

den Konsum von Rauchopium zur

Verfügung stellen, erfolgt als leichte Form

der Zuchthausstrafe.

(2) Wer andere Personen zum Konsum von

Rauchopium verführt, den trifft dieselbe

Strafe.

Art. 241

Personen, die Rauchopium konsumieren,

sind mit schwerer Gefängnisstrafe[8] nicht

unter zwei Jahren und nicht mehr als drei

Jahren zu bestrafen.

Art. 242

Personen, welche an Rauchopium oder an

Geräten, die zum dessen Konsum dienen,

Eigentum erlangen oder diese lagern, sind

mit schwerer Gefängnisstrafe nicht unter

einem Monat und nicht mehr als einem Jahr

zu bestrafen.

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4.6.6 明治刑法 [Meiji Keihō] (明治40年法律第45号)

Meiji-Strafgesetzbuch (Gesetz Nr. 36 von 1907)

第百三十六條 

阿片煙ヲ輸入、製造又ハ販賣シ若クハ

販賣ノ目的ヲ以テ之ヲ所持シタル者ハ

六月以上七年以下ノ懲役ニ處ス

第百三十七條

阿片煙ヲ吸食スル器具ヲ輸入、製造又

ハ販賣シ若クハ販賣ノ目的ヲ以テ之ヲ

所持シタル者ハ三月以上五年以下ノ懲

役ニ處ス

第百三十八條

税関官吏阿片煙又ハ阿片煙吸食ノ器具

ヲ輸入シ又ハ其輸入ヲ許シタルトキハ

一年以上十年以下ノ懲役ニ處ス

Art. 136

Die Einfuhr, die Herstellung, der Verkauf

von Rauchopium sowie der Besitz zu

Handelszwecken, wird mit Zuchthaus nicht

unter sechs Monaten und nicht mehr als

sieben Jahren bestraft.

Art. 137

Die Einfuhr, die Herstellung, der Verkauf

von Geräten, die dem Konsum von

Rauchopium dienen sowie der Besitz

dieser Geräte zu Handelszwecken, wird mit

Zuchthaus nicht unter drei Monaten und

nicht mehr als fünf Jahren bestraft.

Art. 138

Zollbeamte, welche die Einfuhr, von

Rauchopium oder Geräten, die zu dessen

Konsum dienen, betreiben, oder dies

erlauben, sind mit Zuchthaus nicht unter

einem Jahr und nicht mehr als zehn Jahren

zu bestrafen.

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第百三十九條

阿片煙ヲ吸食シタル者ハ三年以下ノ懲

役ニ處ス

阿片煙ヲ吸食スル爲メ房屋ヲ給與シテ

利ヲ圖リタル者ハ六月以上七年以下ノ

懲役ニ處ス

第百四十條

阿片煙又ハ阿片煙吸食ノ器具ヲ所持シ

タル者ハ一年以下ノ懲役ニ處ス

第百四十一條

本章ノ未遂罪ハ之ヲ罰ス

Art. 139

(1) Der Konsum von Rauchopium, wird mit

Zuchthaus bis zu drei Jahren bestraft.

(2) Personen, die zum eigenen Vorteil ihre

Räumlichkeiten für den Konsum von

Rauchopium zur Verfügung stellen, sind mit

Zuchthaus nicht unter sechs Monaten und

nicht mehr als sieben Jahren zu bestrafen.

Art. 140

Der Besitz von Rauchopium oder Geräten,

die zu dessen Konsum dienen, wird mit

Zuchthaus bis zu einem Jahr bestraft.

Art. 141

Der Versuch der in diesem Kapitel

beschriebenen Taten ist strafbar.

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4.5 Selbständigkeitserklärung

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