Digitale Demenz und Digitaler Analphabetismus

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FHO Fachhochschule Ostschweiz

Digitaler Analphabetismus

Wie verändern digitale Technologien unser Denken und Handeln?

Methodische Zugänge Analytisch §  Weniger-Mehr §  Grösser-Kleiner

faktengeleitet

SHA (Alltagsabstraktion) §  Prozent §  Intelligenz

Wertend §  Richtig-Falsch §  Gut-Schlecht

wertegeleitet

Ersatz-SHA §  Wider die

menschliche Natur

Digitale Demenz

Effekte müssten in grossen

Studien erkennbar sein

Demenzerkrankungen

www.berlin-institut.org/; www.swissneuro.ch/demenz; www.alz.ch

Demenz ist eine Alterserkrankung

1. Test zur Digitalen Demenz

Annahme: Wenn digitale Technologien das Gehirn schädigen, dann müsste seit 1990 die Anzahl der jungen Demenzkranken sprunghaft angestiegen sein.

Die individuelle Demenzgefahr nimmt ab!

§  Prävalenzentwicklung 2009 – 2015 7.5% – 6.6%

§  Prävalenz unter 60 liegt konstant bei ca. 0.3‰

§  Absolute Anzahl folgt Lebenserwartung und Geburtenraten

www.alz.co.uk; www.berlin-institut.de

Kein Zersetzungsprozess bei den Jungen!

Flynn-Effekt Die Ergebnisse von IQ-Tests steigen kontinuierlich

Was ist Intelligenz?

§  Psychologisches Konzept §  Geistige Leistungsfähigkeit §  Problemlösungsstrategien auf verschiedenen

Komplexitätsstufen §  Keine Aussage zur alltäglichen Anwendung §  Keine moralische Bewertung!

Vor der modernen Psychologie:

„Intelligenz“ = soziale Eliten

Was ist Intelligenz?

Hochintelligent

Höchst- intelligent

Normal

Alltags-handicap

Intelligenz ist dynamisch!

§  Intelligenz entwickelt sich das ganze Leben lang

§  Optimal erreicht man im Alter die Höchstleistung

§  Intelligenz kann auch zurückgehen

2. Test zur Digitalen Demenz

Annahme: Wenn es eine Verdummung durch digitale Technologien und Medien gibt, dann müssten die IQ-Werte ab 1995 klar abfallen.

Wir finden steigende geistige Leistungsfähigkeit!

Pietschnig & Voracek (2010) http://www.iapsych.com/iqmr/fe/LinkedDocuments/pietschnig2015.pdf

So gewaltige Leistungssteigerungen muss man sich verbildlichen!

Gedankenexperiment: Vergleichen wir die Jugend mit Einstein Annahme: Die IQ-Entwicklung ist weitgehend linear, dann ist die eine Standardabweichung vor den ersten IQ-Messungen für die Generation der um 1870 Geborenen zu erwarten.

Gedankenexperiment: Vergleichen wir die Jugend mit Einstein

Generation Einstein Professoren (~1905)

Ausgangslage (~1890)

Gedankenexperiment: Vergleichen wir die Jugend mit Einstein

Generation Einstein Zwischenkriegsgeneration

1.  Standardabweichung (~1920) Beginn der beobachteten Daten

Gedankenexperiment: Vergleichen wir die Jugend mit Einstein

Generation Einstein Baby Boomers

2. Standardabweichung (~1955)

Gedankenexperiment: Vergleichen wir die Jugend mit Einstein

Generation Einstein Digital Natives

3. Standardabweichung (~2010)

Gedankenexperiment: Vergleichen wir die Jugend mit Einstein

Generation Einstein Digital Natives

Beobachtete IQ-Gewinne über alle Intelligenzformen

Mehr als 80% der heutigen Jugend kann komplexe

Probleme auf dem Niveau Einsteins bewältigen

Gedankenexperiment: Vergleichen wir die Jugend mit Einstein

Wird Einstein damit dumm? Nein, Einstein bleibt ein Kind seiner Zeit Einsteins Leistungen können nur in diesem Kontext interpretiert werden

Warum steigert sich die Intelligenz so sehr? §  Höhere Lebenserwartung und bessere Ernährung §  Spätere Erstgeburten, geringere Geburtenraten und

Kindersterblichkeit §  Mehr Generationenkontakte §  Mehr Freizeit §  Verbesserte Erziehungsmethoden §  Bildungssystem und lebenslange Weiterbildung §  Automatisierung und Technologisierung des Alltags §  Intellektuell anspruchsvollere Medienangebote und deren Nutzung

Wir denken heute anders als früher Wir machen mehr und komplexere Erfahrungen

Flynn, 2010

Intelligenz und Technologie?

Metastudien zum Flynn Effekt zeigen keinen Einfluss der Technologienutzung auf den IQ §  Technologie beeinflusst den beobachteten Anstieg

nicht!

Das Bildungssystem hat einen dauerhaften Einfluss auf die lebenslange Intelligenzentwicklung §  Bildung beeinflusst den beobachteten Anstieg direkt!

Pietschnig & Voracek (2010) http://www.iapsych.com/iqmr/fe/LinkedDocuments/pietschnig2015.pdf

Widerspruch zur These „degenerierende Technologie“

Intelligenz sagt uns nichts über die neuen Fähigkeiten mit digitalen Medien und Technologien

Digitale Kompetenzen und die OECD PISA Studien

§  Schweizer Schüler haben daheim einen Computer §  Schüler verbringen ca. 3:30 Stunden pro Woche

am Computer und im Internet §  In der Schule arbeiten sie

ca. 0:16 Stunden pro Woche am Computer

http://www.oecd-ilibrary.org/education/pisa_19963777

3. Test zur digitalen Demenz

Annahme: Bei einem schädigenden Einfluss des Computers auf die geistige Leistung, müssten die digitalen Kompetenzen deutlich unter den Werten der analogen Schulkompetenzen liegen.

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http://www.oecd-ilibrary.org/education/pisa_19963777

Schweizer Daten ähneln im analogen Teil

Digitale Leistungen sind gleich gut oder etwas besser!

Digitale Demenz? Kein Effekt in den Daten erkennbar §  Kein Effekt bei Demenzerkrankungen §  Kein Effekt bei Intelligenz §  Widerspruch zu den gemessenen Daten zu

Kulturtechniken (PISA)

Das Konzept spiegelt eine

Wertvorstellung = Ersatz-SHA

Digitale Fähigkeiten lernt man nicht in der Schule

§  Streueffekte übersteigen Primäreffekte

§  Verhältnis von Schule und Freizeit (1 : 12)

Was passiert da?

Reicht der ausserschulische Kontakt mit den digitalen Technologien?

Ausbildung in der 3. und 4. industriellen Revolution §  Die Lebens- und Berufswelt ist fast

durchgehend digitalisiert §  Analoge Technologien und Medien

verschwinden oder werden integriert §  Digitalisierung betrifft mindestens 47% der

heutigen Arbeitsplätze §  Hohe Qualifikation und Prestige reichen nicht

mehr aus §  „21st Century Skills“ werden immer wichtiger

Frey & Osborne (2013) The Future of Employment

Was bedeutet das z.B. für Ingenieure?

Brückenbauende Drohnen

ETH Zürich

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Verschwindende Berufe

Reicht der ausserschulische Kontakt mit den digitalen Technologien?

Digitaler Analphabetismus Typische Alltagsaufgaben können mit Hilfe von Kulturtechniken nicht selbständig bewältigt werden

§  Computer kann nicht oder nicht ausreichend bedient werden

§  Auf Information kann nicht zugegriffen und diese nicht genutzt werden (z.B. durch Kopieren)

§  Einfache Computerprobleme können nicht selbstständig gelöst werden

Test zum digitalen Analphabetismus Annahme: Sollte der ausserschulische Kontakt mit digitalen Technologien reichen, um ausreichende Fähigkeiten für den Berufsalltag zu erreichen, dann müsste es wenige digitale Analphabeten geben (spez. Altersgruppe: 16-35 Jahre).

OECD PIAAC Studie PIAAC Studie kann als PISA Studie für berufstätige Erwachsene verstanden werden. §  Altersgruppe: 16-65 Jahre Fokus auf berufliche Basisfähigkeiten §  Lesekompetenzen §  Numerische Kompetenzen §  Informationstechnologische

Kompetenzen

http://www.oecd-ilibrary.org/education/oecd-skills-outlook-2013_9789264204256-en

PIAAC und der digitale Analphabetismus

http://www.oecd-ilibrary.org/education/oecd-skills-outlook-2013_9789264204256-en

Digitaler Analphabetismus

Digitaler Alphabetismus

50-60% digitale Analphabeten

Bildung und digitaler Analphabetismus

§  Leistungen der PISA Studie zeigen sich bei den Berufstätigen nicht

§  Kaum Altersunterschiede (erst ab 50 und älter) §  Hochqualifizierte profitieren nicht von ihrer

Ausbildung

Ausserschulische Entwicklung

digitaler Kompetenzen reicht nicht!

Der Flynn-Effekt als Teil der Übernahme einer neuen Denkweise

2016?

1916?

Rogers, Diffusion of Innovation; Grafik angepasst von: https://de.wikipedia.org/wiki/Normalverteilung

Altes Denkmodell

Neues Denkmodell

Alle

Niemand

Beobachteter Flynn-Effekt

6 Standardabweichungen

Der Flynn-Effekt endet, wenn die aktuelle industrielle Revolution keine zusätzliche Denkoptimierung erfordert.

Ausblick Wir müssen stolz auf die Jugend und das gesamte Bildungssystem sein! §  Junge Menschen nutzen komplexe Strategien

und Konzepte im Alltag §  Junge Menschen erweitern selbstständig ihre

Kompetenzen §  Das Bildungssystem spielt eine entscheidende

Rolle bei der langfristigen Kompetenzentfaltung §  Das Bildungssystem unterstützt die Übernahme

des wissenschaftlichen Denkmodells

Ausblick

§  Flynn-Effekt beschreibt die Übernahme eines komplexeren und optimierten Denkmodells

§  Digitale Demenz lässt sich nicht als Massenphänomen nachweisen

§  Die 3./4. industrielle Revolution bringt neue Herausforderungen

§  Der digitale Analphabetismus kann zu einer gesellschaftlichen Barriere werden

FHO Fachhochschule Ostschweiz

Christian Glahn Blended Learning Center @phish108 @htwblc

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