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BAWBiologischAbbaubare Werkstoffe
PflanzenRohstoffeProdukte
Herausgeber
FACHAGENTUR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE e. V.Hofplatz 1 · 18276 GülzowTelefon: 0 38 43/69 30-0 · Fax: 0 38 43/69 30-1 02www.fnr.de · info@fnr.de
Gefördert durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Impressum
Herausgeber:Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.Hofplatz 1, 18276 Gülzowinfo@fnr.dewww.fnr.de
Text:Jürgen Lörcks, Unternehmensberatung Bioplasticsjuergen.loercks@t-online.de
Barbara Wenig, FNRb.wenig@fnr.de
Gestaltung und Realisierung:WPR COMMUNICATION GmbH & Co. KG
Bilder:Apack AG, BASF, Cargill Dow, Cargill Saaten, Cater-Back,Compopure, CMA, Dincertco, Dr. Boy GmbH & Co. KG, Eastman,Fuchs Petrolub AG, Hans Weber Maschinenfabrik GmbH, ITGHannover, natura Verpackungs GmbH, Novamont GmbH, Storopack,Swisspack, Tegut Kassel, UFOP
Inhaltsverzeichnis
Biokunststoffe – was ist das eigentlich? 4
Rohstoffe – die Stärke(n) der Natur nutzen 8
Biokunststoffe – ein Steckbrief 10
Kunststoffe – vom Rohstoff zum Endprodukt 18
Kunststoffe – Verarbeitungsverfahren 20
Verwendungsbereiche – wo können Biokunststoffe punkten? 24
Gesetzliche Rahmenbedingungen 30
Potenzial und Perspektiven 32
Weiterführende Literatur 36
Glossar Biokunststoffe 37
Quellenangaben 42
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Kohlenstoffdioxid und Biomasse (Kompost)übrigbleiben, die von der Natur weiter ver-wertet werden. Wenn dieser biologischeAbbau sehr schnell – innerhalb einesKompostzyklus – vollzogen wird, dann sprichtman von kompostierbaren Materialien.
Biokunststoffe eröffnen nicht nur ganz neueEntsorgungsmöglichkeiten, auch ökologischläuft alles rund. Egal ob die Biokunststoffenach Gebrauch in die Kompostierunggehen, in einer Vergärungsanlage zurEnergiegewinnung genutzt oder thermischverwertet werden: Stoff- und CO2-Kreislaufsind geschlossen. Zumindest, sofern es sichum BAW handelt, die aus nachwachsendenRohstoffen wie Stärke, Zucker oderPflanzenölen produziert wurden. Denn auchaus fossilen Rohstoffen ist die Herstellungvon biologisch abbaubaren Kunststoffenmöglich.
Im Interesse des nachhaltigen Wirtschaftensist die Entwicklung der Biokunststoffe der-zeit in vollem Gang. Das war nicht immerso, wenngleich sie in den Anfängen derKunststoffgeschichte eine wichtige Rollespielten. Denn die ersten Massenkunststoffewurden durch chemische Umwandlung vonNaturstoffen gewonnen. 1869 eröffnetendie Gebrüder Hyatt (USA) ihre erste Fabrikzur Herstellung von Celluloid, einem ther-moplastischen Kunststoff. Damit beganndas Zeitalter der Kunststoffe. Ein Preisaus-schreiben gab damals den legendären
Biokunststoffe –was ist das eigentlich?Kunststoffe sind sehr stabil, gebrauchstaug-lich, lassen sich vielfältig verarbeiten undsind noch dazu leichter als die meistenanderen Materialien. Deswegen und auchaus Kostengründen sind sie in vielen indus-triellen und gewerblichen Anwendungenerste Wahl. Die Statistik macht es eindrucksvoll deutlich:die Kunststoffindustrie beschäftigt mehr alseine Million Menschen in Europa und setztjährlich 135 Billionen Euro um. Von den dort
erzeugten 49 Mio. Tonnen Kunststoffenstammt etwa ein Drittel aus Deutschland.Nicht nur für Verpackungen (27 Prozent) undBaumaterialien (27 Prozent), sondern auchzur Automobil- und Möbelherstellung sowievon der Elektroindustrie und der Haushalts-warenherstellung werden sie benötigt.
Dementsprechend steigt der Verbrauchkontinuierlich an; weltweit von 60 Mio.Tonnen im Jahr 1980 auf voraussichtlich260 Mio. Tonnen im Jahr 2010.
Kunststoff ist allerdings nicht gleichKunststoff: während duroplastische Kunst-stoffe nach dem Aushärten für immer festbleiben, lassen sich thermoplastische durchErwärmen verformen. Diese thermoplasti-schen Kunststoffe sind mit einem Markt-anteil von 80 Prozent am weitesten verbrei-tet. Elastomere, eine weitere Gruppe dehn-barer oder gummielastischer Kunststoffe,werden im Rahmen dieser Broschüre nichtbehandelt.
Biologisch abbaubare Werkstoffe (BAW),auch Biokunststoffe oder englisch “biopla-stics”, gibt es erst seit wenigen Jahren.Diese innovativen Kunststoffe können miteiner besonderen Eigenschaft aufwarten:sie sind vollständig biologisch abbaubar undzerfallen daher wieder in natürlich vorkom-mende, ungiftige Ausgangsprodukte. Mi-kroorganismen wie Pilze, Bakterien undEnzyme sorgen dafür, dass nur noch Wasser,
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Verpackungschips aus Stärke – Schutz für kostbare
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rende Rohstoffe und Produktionsverfahrensowie ein naturnahes Recycling durch Kom-postierung oder Vergärung, gekoppelt mitEnergiegewinnung. Biokunststoffe tragennicht nur dazu bei, dass begrenzte Vorrätean fossilen Rohstoffen geschont werden,sondern sichern mit ihrem Bedarf an heimi-schen Rohstoffen darüber hinaus Arbeits-plätze in der Landwirtschaft. NachhaltigeTechnologien werden entwickelt und umge-setzt und bieten Chancen für den späterenAusstieg aus demnächst überholten oderveralteten Technologien.
mit Polyvinylidenchlorid beschichtet werdenund verliert dadurch seine biologisch Ab-baubarkeit.
Die ersten Kunststoffe gerieten im Laufe derweiteren Entwicklung bald ins Hintertreffen;fossile Rohstoffe rückten in den Mittelpunktdes Interesses. Die Forschungen in der orga-nischen Chemie führten zur Entdeckungvon Bakelite (1907), Acrylglas (besserbekannt als Plexiglas, 1930), dann Nylon,Perlon, Polystyrol und Teflon (1930 – 1950).Schließlich gelang ab 1956 die großtechni-sche Herstellung der heutigen Standard-kunststoffe Polyethylen (PE) und Polypropy-len (PP). Mit der industriellen Herstellungvon Kunststoffen entwickelten sich im Laufder Jahre vielfältige Verfahrenstechniken zuihrer Verarbeitung. Erst ab 1980 setzen Forschung und Ent-wicklung von Biokunststoffen wieder ein.Erneuerbare Rohstoffe, geschlossene Stoff-kreisläufe und Kompostierbarkeit sind nun
die entscheidenden Argumente. Ein sprung-hafter Anstieg der Patentaktivitäten ist alsIndiz für die enormen Forschungsaktivitätenund zukünftigen Marktmöglichkeiten derKunststoffindustrie auf dem Gebiet dermodernen Biokunststoffe zu bewerten.
Der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt seit derKonferenz in Rio und den lokalen Agenda-21-Prozessen eine wichtige Rolle. Tech-nische Innovationen im Sinne der Kreislauf-wirtschaft gewinnen an Bedeutung. Dennsie nutzen abfallarme und ressourcenspa-
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Anstoß für die Entwicklung eines Kunst-stoffes, der das teure Elfenbein in denBillardkugeln ersetzen sollte. Celluloid ausCellulose – einem Holzbestandteil – undCampher machte das Rennen und wurderasch auch für Filme, dekorative Manufak-turware, Brillengestelle, Kämme, Tisch-tennisbälle und andere Produkte verwen-det. Moderne Thermoplaste haben dasleicht entflammbare Material heute jedochfast völlig verdrängt.
Etwa 1923 setzte die Massenproduktionvon Zellglas ein, einem weiteren Kunststoffaus nachwachsenden Rohstoffen. Die Pro-duktion der glasklaren und knisterndenZellglasfolien ist jedoch teuer und daherstark rückläufig. Eine weitere Eigenschaftdes Celluloseprodukts wirkt sich nachteiligaus: wegen seiner Wasserempfindlichkeitund Wasserdampfdurchlässigkeit muss es
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Anstieg der Patentaktivitäten auf dem Gebiet der modernen Biokunststoffe
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· Die Anzahl der Patente und Patent-anmeldungen auf dem Gebiet der moder-nen Biokunststoffe von 1980 bis heutezeigt einen deutlichen Anstieg in denForschungs- und Entwicklungsarbeitender Industrie und der Institute.· Die überwiegende Anzahl der Patentebefasst sich mit Biokunststoffen auf derBasis nachwachsender Rohstoffe, jeweilszur Hälfte mit Stärkekunststoffen und mitnatürlichen Polyestern.· Nur etwa 25-30 Prozent der Patente be-treffen petrochemische Kunststoffe.
Zellglas – glasklares Celluloseprodukt
Kunststoffherstellung Potenzial. Cellulose-ester beispielsweise sind amorphe Thermo-plaste, die spezielle Weichmacher enthaltenoder mit anderen Polymeren modifiziertsind. Sie zeichnen sich durch hohe Zähigkeitaus und lassen sich zu Endprodukten wiez. B. für Garten- oder Friedhofsartikel ver-wenden, die nach der Gebrauchsphase aufdem Komposthaufen verrotten.
Auch die klarsichtige Cellophan-Folie fürVerpackungen, auch Zellglas genannt, istein Celluloseprodukt. Sie hat ihren ehemalshohen Marktanteil heute jedoch an die deut-lich billigeren Polypropylen-Folien verloren.
ZuckerZucker (auch Saccharose) aus Zuckerrübenoder Zuckerrohr ist ein Disaccharid und derStärke als Rohstoff in vielen Belangen eben-bürtig. Weltweit wurden im Jahr 2000 etwa130 Mio. Tonnen Zucker (davon drei ViertelRohrzucker) erzeugt, in der EU waren es 17 Mio. Tonnen. Da Zucker technisch viel-fältig einsetzbar ist, bietet seine Nutzung alsnachwachsender Rohstoff interessante Per-spektiven.
Was sonst noch Potenzial birgtZahlreiche weitere natürliche Rohstoffe wie· Casein, ein Protein aus Magermilch,· Chitin und Citosan aus Krabbenschalen,· Gelatine, ein Kollagen-Protein
aus tierischen Knochen oder Haut, · Pflanzenöle und· Proteine aus Getreide (Weizen oder Mais)kommen für die Entwicklung und Herstellungvon Biokunststoffen in Frage, spielen heuteallerdings nur eine untergeordnete Rolle.
Rohstoffe – die Stärke(n)der Natur nutzen
Biokunststoffe lassen sich zwar aus sehr vie-len pflanzlichen Rohstoffen herstellen, dieStärke nimmt dabei jedoch eine Schlüssel-rolle ein. Eine gewisse Bedeutung habendaneben noch Cellulose und Zucker.
StärkeStärke ist für die Entwicklung und Herstel-lung von Biokunststoffen wohl der interes-santeste Rohstoff. Denn sie ist nicht nurüberall verfügbar, sondern bietet auch einbesonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.In Form von mikroskopisch kleinen Körnernist sie in zahlreichen Pflanzen gespeichert.Während Mais, Weizen und Kartoffeln inEuropa, Amerika und Südafrika die wichtig-sten Stärkelieferanten sind, greift man inAsien vorwiegend auf Tapioka zurück.Industrielle Verfahren trennen Beiproduktewie Proteine, Öle oder Pflanzenfasern ab, sodass nur die hochreine Stärke übrig bleibt.Auch stärkehaltige Mehle sind für dieHerstellung von Biokunststoffen und biolo-gisch abbaubaren Produkten vielfach gutgeeignet.
Stärke gehört wie die Cellulose chemisch zuden Kohlenhydraten. Sie setzt sich aus zweiKomponenten zusammen. Die unverzweig-te Amylose wird dabei vom verzweigt poly-merisierten Amylopektin, dem Hauptbe-standteil der Stärke, umhüllt.
Weltweit werden heute jährlich über 45 Mio.Tonnen Stärke industriell erzeugt, davonknapp 10 Mio. Tonnen in Europa und knapp
2 Mio. Tonnen in Deutschland. Fast dieHälfte davon fließt mittlerweile in techni-sche Anwendungen, ein hoher Anteil dererzeugten Stärke wird unmittelbar in kon-tinuierlichen, biotechnologischen Verfahrenin Glucose, auch Stärkezucker genannt,umgewandelt.
Für die Herstellung von Biokunststoffen istnicht nur das Polymer Stärke selbst bedeut-sam, auch ihr Monomer, die Glucose, findetVerwendung. In biotechnologischen und/oder chemischen Verfahren werden darausthermoplastische Polyester und Polyuretha-ne hergestellt. Als besonders preisgünstigeRohstoffe spielen auch die Müllereierzeug-nisse Mehl und Grieß sowie Pellets oderPulver aus Getreide, Kartoffeln oder Mais inbestimmten Anwendungen eine Rolle.Nebenprodukte aus der Stärkeindustriekönnen zudem als Rohstoffe für Fermen-tationsverfahren genutzt werden.
CelluloseCellulose ist in den meisten Pflanzen in gro-ßer Menge enthalten. Bei Baumwolle be-trägt ihr Anteil ca. 95 Prozent, bei Hartholz40 – 75 und bei Weichholz 30 – 50 Prozent.Neben Holz ist Cellulose der mengenmäßigbedeutendste nachwachsende Rohstoff –weltweit werden jährlich etwa 1,3 Mrd.Tonnen für technische Anwendungen “ge-erntet”. Allerdings sind chemische Verfah-ren nötig, um die Cellulosefasern von uner-wünschten Begleitstoffen wie Lignin undPentosen abzutrennen. Das EndproduktZellstoff wird hauptsächlich zur Herstellungvon Papier und Pappe, aber auch fürTextilien wie z. B. Viskosefasern verwendet. Die Cellulose bietet jedoch auch für die
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Biokunststoffe –ein Steckbrief180 Mio. Tonnen Kunststoffe wurden imJahr 2000 weltweit verbraucht, mehr alsdoppelt soviel wie zehn Jahre zuvor. Im Jahr2010 sollen es dann schon 260 Mio. TonnenKunststoffe sein, die die Menschheit benö-tigt. Der Kunststoffmarkt ist also ein echterMassenmarkt, an dem Europa mit fasteinem Viertel einen erheblichen Anteil hat.Für derzeit 15,5 Mio. Tonnen oder gut achtProzent sind deutsche Verbraucher verant-wortlich. Allein die Verpackungsindustriebenötigt ein Viertel der als Granulat gehan-delten Kunststoffe: in Europa sind es 9 Mio. t,in Deutschland 3 Mio. t.
Nicht nur die Rohstoffherstellung (60.000Beschäftigte) und -verarbeitung (290.000Beschäftigte), sondern auch der Kunststoff-Maschinen- und -anlagenbau binden zahl-reiche Arbeitskräfte. Im Jahr 2000 erwirt-schafteten die 50 deutschen Unternehmender Kunststoff erzeugenden Industrieimmerhin 19,9 Mrd. € Umsatz, dazu kom-men noch 40,2 Mrd. € Umsatz der 6.000Betriebe der Kunststoff-Verarbeitung. Zuden dort hauptsächlich verarbeiteten Roh-stoffen zählen die aus der Kennzeichnungvon Verpackungen bekannten MaterialienPE (Polyethylen), PS (Polystyrol), PP (Polypro-pylen) und PVC (Polyvinylchlorid).
Da die dafür erforderlichen Chemierohstof-fe wie Ethylen, Propylen und Styrol aus Erdöl
gewonnen wer-den, sind sie dendamit verbunde-nen Preisschwan-kungen unter-worfen. Pro Ton-ne PE, PS, PPoder PVC zahltdie Industrie heu-te rund 700 bis1.000 €.
Wer alternativauf Biokunststof-fe zurückgreifenwill, muss heuteallerdings deut-lich tiefer in die
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Tasche greifen: biologisch abbaubare Ma-terialien aus nachwachsenden Rohstoffenkosten etwa viermal soviel wie Standard-kunststoffe.
Denn erst seit wenigen Jahren arbeitet dieForschung daran, Kunststoffe aus Stärke,Cellulose oder Zucker herzustellen. Und dieEntwicklung neuer Verfahren und Ma-terialien kostet viel Zeit und Geld. Zudemwerden Biokunststoffe bisher noch in sehrkleinen Mengen hergestellt, was ihreProduktion verhältnismäßig kostspieligmacht. Kein Wunder also, dass Biokunst-stoffe heute noch erheblich teurer sind alsihre fossilen Konkurrenten.
Preise vergleichbar denen herkömmlicherKunststoffe sind jedoch nur eine Frage derZeit. Denn dazu wird es kommen, sobalddie Produktion der Biokunststoffe in groß-
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Produktvielfalt aus Biokunststoffen
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Am Ende des Extruders tritt die geschmolze-ne, thermoplastische Stärke als Strangdurch eine Düsenplatte aus und wird nachdem Abkühlen granuliert.
Da das Endprodukt, die thermoplastischeStärke, nun keine kristallinen Anteile mehrenthält, ist sie für die Vermischung mit wei-teren Polymerkomponenten bestens geeig-net. Letztere werden meist zur Verbes-serung der Materialeigenschaften zuge-setzt, denn thermoplastische Stärke neigtdazu Wasser aufzunehmen, wodurch dieOberfläche klebrig wird und sich die physi-kalischen Eigenschaften je nach Klimabe-dingungen ändern. Eine Verwendung in derreinen Form als Werkstoff beschränkt sichdaher auf Nischenanwendungen wie z. B.als Kapseln für Medikamente in derPharmaindustrie.
KunststoffblendsThermoplastische Stärke ist nur eine derKomponenten, aus der moderne Stärke-kunststoffe hergestellt werden. Der zweiteGrundbestandteil der sogenannten Kunst-stoffblends sind wasserabweisende, biolo-gisch abbaubare Polymeren wie Polyester,Polyesteramide, Polyesterurethane oderPolyvinylalkohol.
Ein Kunststoffblend besteht somit aus zweiPhasen – der kontinuierlichen und hydro-phoben Polymerphase und der dispersen
und hydrophilen Stärkephase. In der heißen,wasserfreien Schmelze im Extruder ver-mischt sich die wasserlösliche, disperseStärkephase mit der wasserunlöslichen,kontinuierlichen Kunststoffphase zu einemwasserfesten Stärkekunststoff.
Diese Erfindungen waren für den Durch-bruch der Stärkekunststoffe wegweisend(EP 0596437, EP 0799335).
Blends oder Compounds werden maßge-schneidert für die weitere Verarbeitung inder Kunststoff verarbeitenden Industrie her-gestellt. In Granulatform verfügbar, könnensie auf den vorhandenen Anlagen zu Folien,tiefziehbaren Flachfolien, Spritzgussartikelnoder Beschichtungen verarbeitet werden.
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technischen Mengen und Anlagen anläuft.Heute stehen Werkstoffe aus nachwachsen-den Rohstoffen jedoch noch am Anfang derindustriellen Umsetzung. Am gesamtenweltweiten Kunststoffmarkt ist ihr Anteilmit rund 25.000 Tonnen pro Jahr verschwin-dend gering.
Thermoplastische StärkeDie 1988 erfundene thermoplastischeStärke (EP 0397819) ist mit einem geschätz-ten Marktanteil von etwa 80 Prozent füh-rend im Bereich der Biokunststoffe.
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Prinzipskizze der Einzugszone eines Extruders
Um native Stärke zum thermoplastischenWerkstoff zu machen, müssen natürlicheWeichmacher und Plastifizierungsmittel wieGlycerin oder Sorbitol beigegeben werden.
Die Mischung erfolgt im Extruder, einer spe-ziellen Mischmaschine: ein Motor betreibteine oder häufig zwei Schnecken (Doppel-schneckenextruder) innerhalb eines beheiz-baren Zylinders. Die Rohstoffe werden darinvermischt, erwärmt und in eine homogeneSchmelze überführt, aus der das Wasserentfernt wird.
Granulat aus destrukturierter und komplexierter
Stärke und abbaubaren Polymeren natürlicher
Herkunft
Kunststoffe durch die Copolymerisation vonPLA mit weiteren Monomeren wie beispiels-weise Glykolsäure. Ob zäh oder viskos: diedaraus gewonnenen Copolymeren könnenso ziemlich jede Eigenschaft haben.
Polylactide und ihre Copolymeren sind jenach Zusammensetzung schnell bis kaumbiologisch abbaubar. Während reines Poly-L-Lactid dazu Jahre und PolyglykolidMonate braucht, zersetzt sich Polylactid ausD- und L-Lactid schon in einigen Wochen.
Das zeigt dann auch die besondere Vielfaltdieses Biokunststoffes, der wahlweiseschnell biologisch abbaubar oder auch jah-relang funktionsfähig eingestellt werdenkann. Weitere Vorteile der Polylactid-Kunst-stoffe sind die hohe Festigkeit, die Trans-parenz der Folien, Becher und Behälter, dieThermoplastizität und gute Verarbeitungauf den vorhandenen Anlagen der Kunst-stoff verarbeitenden Industrie.
Nichtsdestotrotz hat PLA aber auchNachteile: da der Erweichungspunkt beietwa 60 Grad Celsius liegt, ist das Materialfür die Herstellung von Trinkbechern fürHeißgetränke nur bedingt geeignet. EineVielzahl von weltweit erfolgten Patentan-meldungen zeigen den Eifer der Forscherauf der Suche nach einer Lösung. DieCopolymerisation zu hitzebeständigerenPolymeren oder der Zusatz von Füllstoffenkönnen für größere Temperaturstabilitätsorgen.
Für die Herstellung von PLA aus Glucoseüber die Zwischenschritte Milchsäure undDilactid existieren bereits kontinuierlicheVerfahren. Damit ist die Industrie in derLage, das Material kostengünstig undmittelfristig wettbewerbsfähig gegenüberMassenkunststoffen herzustellen. Die welt-weit erste größere PLA-Produktionsanlagemit 140.000 t Jahreskapazität wurde 2002in den USA in Betrieb genommen.
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Beispiele dafür sind Tragetaschen, Joghurt-oder Trinkbecher, Pflanztöpfe, Besteck,Windelfolien, beschichtete Papiere undPappen.
Auch durch chemische Veränderung (Um-setzung zu Stärkeestern oder Stärkeethernmit hohem Substitutionsgrad) kann Stärkethermoplastisch modifiziert werden. Diese
Verfahren haben sich aber wegen der damitverbundenen hohen Kosten noch nichtdurchgesetzt.
MilchsäureMilchsäure ist ein Zwischenprodukt, dasdurch Fermentation aus Zucker oder Stärkeentsteht. Mikroorganismen wie Milchsäure-bakterien werden dazu industriell genutzt.Denn ihnen muss die Glucose schmecken,damit sie sie zu Milchsäure vergären. ZuPolymilchsäure (oder Polylactid (PLA)) poly-merisiert bietet Milchsäure aufgrund seinerVielfalt ungeahnte Perspektiven für die Her-stellung von Biokunststoffen.
Das Monomer Milchsäure kommt in zweiunterschiedlichen Isomeren vor, der D- undder L-Form. Je nach Verknüpfung dieserIsomere können drei unterschiedlicheLactide entstehen: das Meso-Lactid, das D-Lactid und das L-Lactid. Diese Variabilitätmacht sich der Chemiker zunutze. Bei derPolymerisierung kombiniert er die Lactideso, dass der daraus gewonnene PLA-Kunststoff die von ihm gewünschtenEigenschaften hat. Die Reinheit derAusgangsstoffe ist entscheidend für dieerfolgreiche Polymerisation und zugleichökonomischer Knackpunkt des Verfahrens.Denn bislang ist die Reinigung der auf demFermentationsweg hergestellten Milchsäurerelativ aufwändig. Erweitert wird das Spektrum der möglichen
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Für umweltfreundlichen Genuß – biologisch abbau-
bares BesteckOlympiareif – Trinkbecher aus PLA
Mikroorganismen bislang nicht denkbar.1924 entdeckten Wissenschaftler am PariserPasteur-Institut, dass Bakterien in der Lagesind, PHB aus Zucker oder Stärke herzustellen.In den 70-er und 80-er Jahren gelang diekommerzielle Herstellung von PHB und ihrerCopolymeren aus Zucker oder Glucose durchOptimierung der Fermentationsbedingungen.
Für die Granulatherstellung wird das Poly-mer PHB vom Zellmaterial getrennt, gerei-nigt und compoundiert. PHB hat einenSchmelzpunkt von über 130 °C, bildet klareFilme und besticht durch seine mechani-schen Eigenschaften. Neben einigen mittel-ständigen Herstellern beabsichtigt nun diesüdamerikanische Zuckerindustrie die Her-stellung von PHB im industriellen Maßstab,um Preise unter 5 €/kg zu realisieren. DieZüchtung arbeitet mittlerweile an transge-nen Pflanzen, die PHB als Energiespeicherbilden. Bis aber tatsächlich ein Biokunststoffaus nachwachsenden Rohstoffen direktgeerntet werden kann, wird es wohl nocheinige Jahre dauern.
Auch das gibt es: vollsynthetische biologisch abbaubare WerkstoffeVollsynthetische biologisch abbaubare Ther-moplaste sind seit längerem bekannt. Vorallem Materialien auf Esterbasis wie Polyca-prolacton (PCL) waren in den ersten Jahrenals hydrophobe Polymerkomponente inCompounds mit Stärke weit verbreitet. Heute werden auch biologisch abbaubare
Kunststoffe aus fossilen Rohstoffquellenentwickelt und hergestellt. Am gebräuch-lichsten sind Polyesteramide und Polyester-copolymeren. Letztere sind als Kunststoffzur Herstellung transparenter Folien, aberauch für die Compoundierung mit thermo-plastischer Stärke oder mit PLA gut geeig-net. Diese compoundierten Biokunststoffeauf Stärkebasis besitzen zurzeit den größtenMarktanteil. Sie werden hauptsächlich fürabbaubare Folienprodukte eingesetzt.
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Was Polylactid kannDas durchsichtige Polylactid (PLA) gleichtherkömmlichen thermoplastischen Massen-kunststoffen nicht nur in seinen Eigen-schaften, sondern lässt sich auch auf denvorhandenen Anlagen ohne weiteres verar-beiten. PLA und PLA-Blends werden alsGranulate in verschiedenen Qualitäten fürdie Kunststoff verarbeitende Industrie zurHerstellung von Folien, Formteilen, Dosen,Bechern, Flaschen und sonstigen Gebrauchs-gegenständen angeboten. Vor allem fürkurzlebige Verpackungsfolien oder Tiefzieh-produkte (z. B. Getränke- oder Joghurt-becher, Obst-, Gemüse- und Fleischschalen)birgt der Rohstoff großes Potenzial. Denn der Weltmarkt für das Marktsegment“Transparente Kunststoffe” beträgt immer-hin 15 Mio. Tonnen (2001). Nicht nur beiVerpackungen weiß man die Durchsich-tigkeit zu schätzen, auch für Anwendungenin der Bauindustrie, Technik, Optik und imAutomobilbau hat sie Vorteile.Außerdem gibt es lukrative Spezialmärkte,
zum Beispiel im medizinischen und pharma-zeutischen Bereich, wo PLA bereits seit län-gerem erfolgreich zum Einsatz kommt. VomKörper resorbierbare Schrauben, Nägel,Implantate und Platten aus PLA oder PLA-Copolymeren werden zur Stabilisierung vonKnochenbrüchen verwendet. Auch resor-bierbares Nahtmaterial und Wirkstoffdepotsaus PLA sind schon lange im Gebrauch.
Polyhydroxybuttersäure und andere Polyhydroxyfettsäuren – heute aus Bakterien, zukünftig direkt aus Pflanzen?Polyhydroxybuttersäure (PHB) zählt wohl zueinem der interessantesten Biokunststoffe.Ähnlich wie PLA wäre sie ohne die Hilfe von
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100.000 t PLA-Kunststoffe aus nachwach-senden Rohstoffen entsprechen einerGetreidemenge (Weizen) von ca. 240.000Tonnen, die auf einer Landwirtschafts-fläche von ca. 50.000 Hektar angebautwerden. Mittels der neuartigen biotechno-logischen Verfahrenstechnik wachsen aufeinem Hektar Ackerland die Rohstoffe fürumgerechnet 2 Tonnen PLA-Kunststoffeheran, die äquivalent zur Herstellung von100.000 Tragetaschen geeignet sind.
PLA-Klappboxen – ideale Trays für Obst und Gemüse
PLA-Flowpacks im Praxiseinsatz
esterurethan) und Fließhilfsmittel sind nötig. Je nach Temperatur, Druck und Einstellungvon Schnecke, Düse und eingefüllter Mi-schung entstehen aus dem Stärkeschaum dieunterschiedlichsten harten oder weichenFormteile: Verpackungschips, die sich ingefärbtem Zustand auch als Kinderspielzeugeignen, Zigarettenfilter, Formkörper, Scha-len etc. Da der Stärkeschaum durchBefeuchten mit Wasser klebaktiv wird, las-sen sich aus einzelnen Lagen Sandwich-platten mit Deck- und Unterseite aus Papieroder Pappe herstellen.
Das Einspritz-Expansionsverfahren ist demBacken von Waffeln vergleichbar: den Waf-felteig ersetzt hier jedoch eine Stärkesus-pension. Dabei werden mehrere gusseiser-ne, zwei- oder dreiteiligen Formwerkzeugeauf einer Kette durch einen beheizten Ofengefahren. Durch das Verdampfen desWassers expandiert die Stärkemasse in derForm, nach etwa einer Minute ist dasgeschäumte Formteil fertig.
Ohne Zusatzstoffe kommt der Teig aus nati-ven oder modifizierten Stärken oder Getrei-
demehlen auch hier nicht aus. KaltlöslicheStärken oder Celluloseether verdicken denTeig und Polyvinylalkohol und Wachse sor-gen für Wasserfestigkeit. Im Mischer wer-den außerdem Füllstoffe, Fasern sowieLebensmittelfarbstoffe zugefügt.Stärkeschaum-Formteile werden als Scha-len, so genannte Trays, zum Verpacken vonLebensmitteln, Fleisch, Obst, Snacks, Pra-linen, Gemüse und Tiefkühlkost eingesetzt.Im Fast-Food-Bereich sind sie als Becher undTeller bekannt.
Thermoplastische KunststoffeThermoplastische Kunststoffe sind in derVerarbeitung und der Anwendung weitausflexibler. Sie lassen sich nicht nur extrudie-ren und compoundieren, sondern auch aufden verschiedensten Wegen zu Folien undFormteilen verarbeiten, schäumen, schwei-ßen und kleben.
Für die weitere Verarbeitung von Biokunst-stoffen ist in der Regel das Compoundierenim Extruder die Grundlage: ein oder mehre-re thermoplastische Kunststoffe und Addi-tive werden aufgeschmolzen und vermischt.Der Doppelschneckenextruder hat sichdabei besonders bewährt. Denn er plastifi-ziert nicht nur relativ rasch und schonend,sondern kann durch veränderliche Geomet-rie der beiden Schnecken auch sehr variabeleingestellt werden. Je nach Bedarf wird derKunststoffstrang am Ende entweder abge-kühlt und zu Granulat zerschnitten oderdurch weitere formgebende Werkzeugegeleitet. Mit ihnen lassen sich Halbzeugewie Platten, Rohre, Profile und Flachfolienzur Weiterverarbeitung herstellen.
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Biokunststoffe –was ist das eigentlich?Biologisch abbaubare Werkstoffe,Pflanzen für
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Kunststoffe – vom Roh-stoff zum EndproduktAus Kunststoffen und Biokunststoffen machtdie Industrie in einer Vielzahl von Ver-arbeitungsverfahren sowohl feste Formteileals auch Folien, die durch weitere Konfek-tionierungsverfahren zu flexiblen oder hartenVerpackungen und anderen Endproduktenverarbeitet werden. Dabei unterscheidet manzwischen duroplastischen und thermoplas-tischen Kunststoffen. Während sich Ersterenach der Formgebung nicht mehr verändernlassen, können thermoplastische Materialienimmer wieder aufgeschmolzen und plastifi-ziert werden. In diesem Zustand lassen sie sichumformen oder verschweißen und behaltennach dem Abkühlen die neue Gestalt.
Duroplastische BiokunststoffeAufgrund ihrer Eigenschaften haben duro-plastische Biokunststoffe verhältnismäßiggeringe Bedeutung. Sie bestehen aus che-misch oder physikalisch modifizierten Stär-ken, Spezialstärken oder stärkehaltigen Roh-stoffen wie Mehl, Grieß oder Pellets und las-sen sich sowohl mit dem Extruder als auchmit der Expansionsformanlage herstellen.Im Extruder sorgen Schnecken für die Durch-mischung und Erwärmung der eingefülltenduroplastischen Masse. Sie tritt über eineDüsenplatte mit runden, profilierten oderschlitzartigen Öffnungen als Schaum aus, dersich entweder zu Chips konfektionieren odernoch heiß zu Formteilen pressen lässt.Während der Verarbeitung werden der Stärkenicht nur Wasser und Treibmittel (Backpulver)beigegeben, auch Hydrophobierungsmittel (z. B. Polyvinylalkohol, Öl, Naturwachs), Flexi-bilisierungsmittel (z. B. Polycaprolacton, Poly-
Kompostierbare Verpackungschips
Die Verarbeitung nachwachsender Roh-stoffe im Spritzgussverfahren ist bereitsStandard. Mit dieser Technik entstehenkurzlebige Einwegprodukte und Gebrauchs-gegenstände für Catering, Gartenbau undandere Zwecke.
Das Blasen von FolienUm Folien zu blasen wird dem Extruder amEnde eine Ringdüse nachgeschaltet. Dieplastifizierte Kunststoffmasse wird zu einemSchlauch gepresst, der mit Luft auf einMehrfaches des ursprünglichen Durch-messers aufgeblasen und mit erhöhterGeschwindigkeit nach oben abgezogenwird. Nicht nur der Zug in Längs- undQuerrichtung, sondern auch der Zeitpunktdes Abkühlens entscheiden über dieFoliendicke.
Flach zusammengelegt wird der Schlauchdann entweder als Schlauchfolie oder seitlichaufgeschnitten als Flachfolie aufgewickelt.
Folien auf Stärkebasis werden in großenMengen auf Folienblas-Extrudern herge-stellt. Die biologisch abbaubaren Folien-erzeugnisse kommen als Verpackungen,Müllsammelsäcke und Beutel für Biomüll,Hygienefolien für Windeln, Versandhüllen,Einmalhandschuhe und Tragetaschen in denHandel.
Spritzblasen von FlaschenUm Hohlkörper wie Flaschen herzustellen,muss man thermoplastische Kunststoffespritzblasen. Mit einem Extruder wird dabeizunächst ein Schlauch ausgepresst. AlsVorformling ins Blaswerkzeug eingeführt,wird er am unteren Ende verschlossen undverschweißt. Am oberen Ende wird dieFlaschenmündung mit Gewinde geformt
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Kunststoffe –VerarbeitungsverfahrenVerarbeitung im SpritzgussNahezu alle Größen und Formen vonKunststoff-Formteilen können im Spritzgusshergestellt werden. Ein Extruder sorgt fürdie Plastifizierung der Kunststoffmasse, diedann durch erwärmte Düsen und Kanäle ineiner genau dosierten Menge unter Druckin den Hohlraum der kalten Form, desWerkzeugs, eingespritzt wird. Der Kunst-stoff kühlt an der Wandung des Werkzeugsab und wird als gebrauchsfertiges Formteilausgestoßen.
Spritzguss-Erzeugnisse kennen wir als Töp-fe, Eimer u. a. Gefäße, Gartenmöbel, Stoß-stangen, Getränkekästen, Knöpfe, mecha-nische Kleinteile usw.
Spritzgussautomat
Folienblasen
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1 Einzugszone 2 Schnecke 3 Zylinder 4 Kunststoff 5 Werkzeug 6 Formteil
Schematischer Aufbau eines Spritzgussautomaten
zen und mit einem Treibmittel – z. B. Koh-lenstoffdioxid oder Stickstoff – versehen.Auch ein Zellbildner – z. B. ein Gemisch ausZitronensäure und Natriumbicarbonat – istnötig. Nach dem Mischen wird das Materialauf die erforderliche Ausformungstempera-tur gekühlt und endlos ausgespritzt. Sowohlgeschäumte Formteile als auch thermoplas-tisch umformbare Folien sind damit herstell-bar. Sie können im Anschluss durch thermo-plastisches Umformen, Warmumformungoder Tiefziehen zu Endprodukten mit viel-seitigen Anwendungen verarbeitet werden.Becher, Tellern, Schalen, Portionsverpackun-gen, Tabletts oder Folien bestechen durchihr geringes Gewicht und ihre Isoliereigen-schaften.
Wenngleich prinzipiell für Biokunststoffeanwendbar, ist dieses Verfahren noch keinindustrieller Standard.
Formkörper aus HalbzeugenThermoplaste werden ab einer gewissenTemperatur so weich, dass sie sich in eineForm ziehen lassen, die sie nach demAbkühlen auch behalten. Wer thermoplasti-sche Halbzeuge wie Flachfolien zu Form-körpern weiterverarbeiten will, hat die Wahlzwischen verschiedenen Verfahren. BeimTiefziehen wird die erwärmte und erweich-te Flachfolie eines Thermoplasten beispiels-weise durch einen Stempel geformt; bei derWarmumformung sorgen Druckluft oder
Vakuum für die Übernahme einer vorgege-benen Form.
Thermoplastische Kunststoffe lassen sichnicht nur Kleben, sondern unter demEinfluss von Druck und Wärme auch ver-schweißen. So können Rohre zusammenge-fügt oder Behälter, Verpackungen, Trage-taschen, Beutel und Säcke hergestellt wer-den. Dieses Prinzip der Kunststoffver-arbeitung durch Schweißen ist in vielenVariationen weit verbreitet und hat alsFolienschweißgerät zum Verpacken vonLebensmitteln in PE-Folienbeuteln bereitsEinzug in viele Haushalte gehalten.
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und die Flasche anschließend gegen dieWerkzeugwandung aufgeblasen. Von die-ser Flasche müssen nur noch die überste-henden Teile am Boden und am Hals abge-trennt werden.
Diese Verfahrenstechnik mit ihren verschie-denen Varianten und die Weiterentwicklungdes Kunststoffs PET (Polyethylentereph-thalat) haben gemeinsam zu dem wirt-schaftlichen Erfolg der Leichtkunststoff-Flasche beigetragen, deren BAW-Ära jedochnoch nicht begonnen hat. Aus PLA herge-stellte Flaschen wurden jedoch bereits alserste Muster gezeigt.
KalandrierenFür die Herstellung von Folien speziell aus PVC(Polyvinylchlorid) und PET (Polyethylentere-
phthalat) greift die Industrie auf großeKalanderanlagen zurück. Vier bis fünf Ka-lander, große Mangeln, walzen thermoplas-tische Polymermassen darin zu Folien aus.Da die Maschinenkosten immens sind, wer-den sie nur zur Formgebung der Kunst-stoffmasse benutzt. Zum homogenenMischen der Komponenten und zur Plasti-fizierung ist ein Extruder in die Kaland-rierstraße integriert. Zum Kühlen, Recken,Prägen, Mattieren, Formatieren oder Auf-wickeln sind weitere Maschinen nachge-schaltet. Mit Kalanderanlagen lassen sichhochwertige Kunststoff-Folien in Dicken-bereichen von etwa 25 – 1.000 µm herstel-len, für Bodenbeläge sind größere Stärkenmöglich. Ob diese Verfahrenstechnik je-doch für Biokunststoffe wie beispielsweisePLA anwendbar ist, muss noch erforschtwerden.
Herstellung von Schaumkunst-stoffenMit dem Schäumextruderlassen sich Schaumkunst-stoffe mit gleichmäßigerZellstruktur oder solchemit einem geschäumtenKern und einer kompaktenRandzone (Integralschaum)produzieren. Das thermo-plastische Granulat wirdim Extruder aufgeschmol-
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Tragetasche aus Mais- oder KartoffelstärkeBAW – auch für Friedhofsartikel geeignet
Verwendungsbereiche –wo können Biokunst-stoffe punkten?
Verpackungen mit vorprogram-mierter Kompostierung Die biologische Abbaubarkeit der Werk-stoffe aus nachwachsenden Rohstoffenführt dazu, dass sie im Verpackungsbereich
neuerdings bevorzugt Verwendung finden. Neben den einfach aufgeschäumten duro-plastischen Verpackungschips auf Stärke-basis gibt es mittlerweile eine Vielzahl vonProdukten. Denn technisch ist fast allesmöglich: Biokunststoffe lassen sich alsFolien oder Mehrschichtfolien blasen, alsFlachfolie extrudieren, sie sind thermover-form- und tiefziehbar, bedruck-, schweiß-,spritz- und verklebbar und können mit dengängigen Kunststofftechniken zu Ver-packungen konfektioniert werden. Kurzum:Verpackungsmittelhersteller und Abpacker
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können biologisch abbaubare Werkstoffeauf fast allen herkömmlichen Maschinenohne Probleme verarbeiten.Etablierte Verpackungsanwendungen vonBiokunststoffen sind Tragetaschen, die alsSammelbeutel für kompostierbare Kü-chen- und Gartenabfälle noch einenZweitnutzen haben, Schalen für Obst,Gemüse, Fleisch und Eier, Becher fürMolkereiprodukte, Flaschen, Netze oderBeutel für Obst und Gemüse. AuchBlisterverpackungen, bei denen sich dieFolie dem verpackten Produkt direktanschmiegt, sind möglich. Für den Kos-metikbedarf gibt es Dosen oder Tuben.Packstoffe aus Biokunststoffen mit Sperr-wirkung, Aromadichte und guter Maschi-
nengängigkeit sind verfügbar und werdenpermanent weiterentwickelt.Beschichtungen von Papier- und Kartonver-bunden mit Biokunststoffen führen zu neu-en Verpackungen mit kompostierbarenEigenschaften.Während ein Großteil der Bioverpackungenauf dem Markt noch ein Nischendaseinführt, haben kompostierbare Säcke und Beu-tel zum Sammeln von Biomüll bereits einenführenden Marktanteil.
Kein Wunder, dass es der Verpackungs-bereich ist, dem das größte Potenzial fürBiokunststoffe zugesprochen wird. Anwen-der, Abpacker und Markenartikler profitie-ren von den verbraucherfreundlichen Ver-
packungen. Dieum etwa 1 €/kgniedrigeren Ent-sorgungskostenvon zertifizierten,kompostierbarenVerpackungen imVergleich zu Kunst-stoffverpackun-gen, die über dasDuale System ent-sorgt werden, wä-ren ein weitererVorteil, der zumTragen kommt,wenn die Bioton-ne als Sammelsys-tem bundesweitzur Verfügungsteht.
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Marktentwicklung der Kunststoffverpackungen in Deutschland
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2001
Stärketragetaschen eignen sich auch als Bio-
abfallsack
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Kostensparend sind auch BAW-Bindegarne,-Bänder und -Clips zum Befestigen vonhochwachsenden Pflanzen wie beispiels-weise Tomaten. Während die bisher inGemüsebaubetrieben eingesetzten Produk-te nach der Ernte von Hilfskräften mühsamwieder abgesammelt werden müssen, kön-nen die Biokunststoffvarianten mitsamt derPflanzen auf den Kompost wandern.
Auch kompostierbare Samenbänder undWirkstoffverkapselungen aus Biokunststof-
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Cateringprodukte – Abspülen überflüssigÄhnlich kurzlebig wie Verpackungen sind inder Regel auch Cateringprodukte. Einmalverwendet wandern Becher, Teller undBesteck mitsamt der anhaftenden Essens-reste in den Müll – der sich bei Festen undanderen Großveranstaltungen zu wahrenBergen anhäuft. Auch hier bieten BAWdurch die Möglichkeit der Kompostierungnicht nur ökologisch echte Alternativen.Auch die Entsorgungskosten lassen sich da-mit erheblich verringern. Die Herstellerhaben das erkannt: ob Geschirr, Becher,Besteck, Schalen, Trinkhalme oder Ein-wickelfolien für Hamburger, die ganze
Palette des Cateringbedarfs wird mittlerwei-le auch aus Biokunststoffen hergestellt.Dem gestalterischen Anspruch des Nutzerssind dabei keine Grenzen gesetzt, jedeFarbe und Form ist möglich.
Fast-Food-Unternehmen seien diese Cate-ringprodukte aus Biokunststoffen ebenfallsbestens empfohlen. Wenn in der System-gastronomie nur noch kompostierbare Ver-packungen eingesetzt würden, wäre dortauch nur noch ein Abfallbehälter für kom-postierbare oder vergärbare Abfälle not-wendig.
Produkte für Garten- undLandschaftsbau –auf das Timing kommt es anIm Gartenbau spielt die einstellbare Lebens-dauer der Biokunststoffe eine besondereRolle. Sinnvoll eingesetzt kann sie demGärtner eine Menge Arbeit sparen. Mulch-folien aus BAW müssen nach Gebrauchnicht mühsam wieder aufgesammelt wer-den, sondern lassen sich unterpflügen.Pflanz- und Anzuchttöpfe zersetzen sich imBoden und fallen erst gar nicht mehr alsAbfall an. Schalen aus Biokunststoffen fürBlumen- und Gemüsepflanzen können aufdem heimischen Komposthaufen gemein-sam mit den Küchen- und Gartenabfällenkompostieren.
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fen sind gebräuchlich. Abbaubare Folien undNetze werden in der Pilzzucht verwendet,ebenso für die Ummantelung von Baum-und Strauchwurzeln als Verkaufsware. Fo-lien, Bänder und Netze aus Biokunststoffensollen frisch angelegte Böschungen befesti-gen und die Bodenerosion verhindern, bissie durch Pflanzen stabilisiert werden. Fried-hofsprodukte wie Pflanzschalen, Töpfe oder“Ewige Lichter” mit biologisch abbaubarenHüllen und Dekorationsmaterial können anOrt und Stelle nach der Gebrauchsphasekompostiert werden. Für Betreiber von Golf-plätzen sind biologisch abbaubare Abschlag-halter des Golfballs eine interessante Alter-native: das Aufsammeln entfällt, durch Ver-rotten erledigt sich das Problem von selbst.
Umweltfreundliches Einweggeschirr aus BAW Kostensparend – Bindegarne, -Clips oder -Bänder,
die nach Gebrauch nicht mehr eingesammelt wer-
den müssen
Mulchfolien – zerfallen auf dem Feld
Von der Windel bis zurUrne – was es sonst nochso gibtBesondere Eigenschaften be-stimmter Biokunststoffe prädesti-nieren sie auch für Hygienear-tikel: diese Materialien lassenzwar Wasserdampf durch, sindzugleich aber wasserdicht. AlsWindelfolie, Bettunterlage, fürInkontinenzprodukte, Damenhy-gieneerzeugnisse und Einmal-handschuhe werden diese “at-menden” und weichen Biofolienbereits verwendet. Auch Overalls und Schutzanzügewerden aus diesen Biofolien pro-duziert, weil sie den Tragekom-fort erhöhen und als Klimamem-bran fungieren. Ob sie sich auchfür Sportbekleidung nutzen las-sen, wird sich zeigen.
Als Spielzeug für die ganz Kleinenerfreuen sich farbige Verpackungs-chips großer Beliebtheit, für Tieregibt es BAW-Kauknochen.
Auch Autoreifen mit einem Füllmaterial aufStärkebasis werden angeboten. ExtrudierteStärke substituiert Silica in den Laufflä-chenmischungen und sorgt für Kraftstoffsparenden, niedrigeren Rollwiderstand undbessere Fahreigenschaften.
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Pharma- undMedizinanwendungenAnwendungen nachwachsender Rohstoffeim medizinischen Bereich gehen von ganzanderen Grundvoraussetzungen aus, als diesbei Verpackungen oder Cateringproduktender Fall ist. Da hier besondere Qualitäten ge-fordert werden, sind die Rohstoffe auch be-sonders teuer: zum Teil über 1.000 €/kg. Die Anwendungsmöglichkeiten für resor-bierbare Biokunststoffe sind vielfältig: ther-moplastische Stärke stellt beispielsweiseeine Alternative zur Gelatine als Kapsel-
material dar. Polylactide und deren Copoly-meren werden als chirurgisches Nahtma-terial, als Wirkstoffdepot oder als resorbier-bare Implantate wie Schrauben, Nägel undPlatten verwendet.
Der Chirurg hat die Auswahl unter verschie-denen Polymerzusammensetzungen mit be-stimmbaren Zeiten, in denen das Implantatvom Körper resorbiert wird. Für die notwen-dige Dauer der mechanischen Stützung z. B.eines Knochenbruches wird das Implantatmit der optimalen Polymerzusammenset-zung ausgewählt. In jedem Fall wird dadurcheine zweite Operation wie bei metallenenImplantaten überflüssig, denn die Implan-tate aus geeigneten Biokunststoffen lösensich im Körper in berechenbaren Zeiten auf.
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Auch bei Hygieneartikeln kann konventioneller
Kunststoff eingespart werden
Seit einigen Jahren schließlich bietet einHersteller ein ganzes Sortiment an Urnen ausBAW an.
Bunte Maischips – Bastelspaß für die Kleinen
Biologisch abbaubare Windelfolie gegen den
Abfallberg
Grundvoraussetzung: es dürfen bei der Ent-sorgung keine störenden Begleitstoffe inden Naturkreislauf gelangen. Nationale undinternationale Normen zur Abbaubarkeitvon polymeren Werkstoffen und Produktenbeugen diesem Problem inzwischen vor.
DIN V 54900 – genormteKompostierbarkeitAnhand standardisierterVerfahren wird geprüft,ob das betreffende Mate-rial vollständig biologischabbaubar ist. Erfüllen Biokunststoffe unddaraus hergestellte Produkte die Anforde-rungen der Norm, können sie registriertwerden. In Deutschland ist die Zertifizie-rungsgesellschaft DIN CERTCO dafür zu-ständig, eine Konformitätserklärung (Begut-achtung über die normgerechte Ausfüh-rung) für den Werkstoff zu erstellen und dasFühren des Kennzeichens für kompostierba-re Produkte zu gestatten. Ein Werkstoff, derdas Kompostierbarkeitslogo tragen darf,baut sich innerhalb von sechs bis zwölf Wo-chen in der Kompostierungsanlage vollstän-dig ab.
Die von der DIN V 54900 festgelegteKompostierbarkeit wird von weiteren ge-setzlichen Rahmenbedingungen flankiert.Dazu zählen die EU-Verpackungsrichtlinie94/62/EG und ein Entwurf für eine EU-Bioabfall-Direktive, die Verpackungs- unddie Bioabfallverordnung. Die Verpackungs-verordnung (mit Regelungen für kompos-tierbare Verpackungen) und die Bioabfall-verordnung (mit Regelungen für biologischabbaubare Produkte aus nachwachsendenRohstoffen) gibt es auch für Deutschland.
Die VerpackungsverordnungDie Verpackungsverordnung (VerpackV 1998)regelt auch für Biokunststoffe ganz klar dieRücknahme- und Verwertungspflichten. Sieerfasst explizit Verpackungen, die unmittelbaraus nachwachsenden Rohstoffen bestehen,und Kunststoffverpackungen, die überwie-gend aus biologisch abbaubaren Werkstoffenauf der Basis nachwachsender Rohstoffe her-gestellt wurden und deren sämtliche Be-standteile kompostierbar sind. Deren Verwer-tung über die Kompostierung wird jedoch nurdann akzeptiert, “... wenn der Systembe-treiber geeignete Maßnahmen ergriffen hat,damit ein möglichst hoher Anteil der in dasSystem eingebrachten Verpackungen einerKompostierung zugeführt wird.” Eine Samm-lung über die Biotonne oder ein eigenesEntsorgungssystem ist also nach Verpa-ckungsverordnung Grundvoraussetzung.
Die BioabfallverordnungAuch die Bioabfallverordnung (BioAbfV1998) berücksichtigt BAW aus nachwach-senden Rohstoffen. Sie zählen zu den Bio-abfällen, die in Form von Kompost auflandwirtschaftlichen, forstwirtschaftlich undgärtnerisch genutzten Böden grundsätzlichausgebracht werden dürfen. Die Sammlungder biologisch abbaubaren Produkte ausnachwachsenden Rohstoffen erfolgt auchnach dieser Regelung am sinnvollsten überdie Biotonne. Ihre Verbreitung als flächen-deckendes Sammelsystem ist eine Voraus-setzung für das Praktizieren dieser Kreis-laufwirtschaft mit Biokunststoffen.
Das Ausbringen der erzeugten Komposte ausder getrennten Bioabfallsammlung unterliegtden Regeln der Düngemittelverordnung.
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31
GesetzlicheRahmenbedingungenSeit die Menschen in großen Mengen Werk-stoffe wie z. B. Kunststoffe verwenden, diesich nicht im biologischen Kreislauf bewe-gen, gibt es das Problem ihrer Entsorgung.Weder die Ablagerung auf Deponien nochdie CO2-Emissionen hervorrufende Verbren-nung sind ideale Lösungen. Auch das Re-cycling von Werkstoffen wie beispielsweiseKunststoffabfällen ist nicht der Königswegund geht oft mit hohen Kosten undbeträchtlichen Qualitätseinbußen einher.
Wer Lösungen sucht, muss zwangsläufigweiter vorne in der Nutzungskette ansetzenund sich überlegen, wie die von ihm ver-wendeten Materialien beschaffen sein müs-sen, um möglichst wenig Müllprobleme zuverursachen. Der Stoffkreislauf der Naturgibt Lösungsansätze vor, die von nachwach-senden Rohstoffen in idealer Weise aufge-griffen werden. Sie lassen sich wie Kunst-stoffe verarbeiten und nutzen; im Gegen-satz zu diesen nach Gebrauch aber wahl-weise kompostieren oder thermisch verwer-ten. Denn auch die thermische Verwertungvon Kunststoffen auf Basis nachwachsenderRohstoffe macht Sinn: damit lässt sich CO2-neutral Energie gewinnen.
Produkthersteller müssen nach den Aus-führungen des Kreislaufwirtschafts- undAbfallgesetzes ihre “... Erzeugnisse so ge-stalten, dass bei der Herstellung und Ver-wendung Abfall vermindert und die um-weltverträgliche Verwertung und Besei-tigung nach Gebrauch sichergestellt ist.”Gewisse Rahmenbedingungen sind dabei
ordnungen steht für die meisten Biokunst-stoffe noch bevor. BiotechnologischeVerfahren sind dabei ebenso Hoffnungs-träger wie auf Stärke basierende, qualitativhochwertige Blends.
Sobald die Produktion in industriellemMaßstab abläuft, dürften die Kosten fürBiokunststoffe erheblich fallen. Expertengehen davon aus, dass Stärkekunststoffeund Polylactide dann für unter zwei Europro Kilogramm produzierbar wären. DieseKosten kämen denen der Standard-Thermo-plaste bereits sehr nahe. Berechnet manauch die um etwa einen Euro je Kilogrammgeringeren Entsorgungsgebühren für dieKompostierung von Biokunststoffen mit ein,ergibt sich bald eine konkurrenzfähigeSituation. Dabei finden die positiven As-pekte der CO2-Minderung und des vorbeu-genden Klimaschutzes finanziell noch nichteinmal Berücksichtigung.
Aussagen über die Potenziale von Bio-kunststoffen sind stark davon abhängig, obes gelingt mit positiven Rahmenbedingun-gen das Interesse der Kunststoff erzeugen-den Industrie an Biokunststoffen verstärktzu wecken.
Fast 40 Prozent der 14 Mio. Tonnen Ver-packungen, die jährlich in Deutschland ver-braucht werden, sind aus Kunststoff. Rund
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Potenzial undPerspektivenRohstoffe für Standard-Thermoplaste koste-ten im Jahr 2002 zwischen 66 Cent und ei-nem Euro je Kilogramm (PE: 0,72 – 0,89 €/kg,PS: 0,89 – 1,00 €/kg, PVC: 0,66 – 0,70 €/kg,PP 0,80 – 0,90 €/kg). Biokunststoffe sindmit Rohstoffpreisen zwischen drei und fünfEuro je Kilogramm da kaum konkurrenzfä-hig. Ihnen bleibt momentan daher nur dieChance, sich eigene Märkte zu erschließenund Marktanteile aufzubauen.
Denn der Aufbau einer kostengünstigenProduktion in üblichen industriellen Größen-
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1,8 Mio. Tonnen davon entfallen auf kurzle-bige Kunststoff-Verpackungen wie Folien,Tragetaschen, Beutel, Säcke, Becher oderCateringprodukte – Produkte also, die pro-blemlos aus Stärkekunststoffen und Polylactiden hergestellt werden könnten.
Wachstumspotenzial – Folienherstellung auf Basis
von nachwachsenden Rohstoffen
Vom Rohstoff zum Endprodukt
Auch die COPA (Committeeof Agricultural Organisa-tions in the European Union)und die COGECA (GeneralCommittee for the Agri-cultural Cooperation in theEuropean Union) haben sichdamit beschäftigt. In einemPositionspapier von 2001stellten sie für Biokunst-stoffe (bioplastics) aus nach-wachsenden Rohstoffen diein der nebenstehenden Ta-belle aufgeführten Poten-ziale für Europa fest.
COPA und COGECA schlagen für biologischabbaubare Werkstoffe aus nachwachsendenRohstoffen einen niedrigeren Mehrwert-steuersatz von beispielsweise vier Prozentvor. Damit soll die CO2-Einsparung in derÖkobilanz dieser Produkte positiv in Wertgesetzt werden.
Nachwachsende Rohstoffe bergen Chancen.Sie helfen nicht nur die begrenzten Vorrätean fossilen Rohstoffen zu schonen underöffnen der Landwirtschaft neue Einkom-
mensalternativen, sondern leisten uns auchin puncto Nachhaltigkeit wichtige Dienste.
An uns liegt es daher, das Potenzial derBiokunststoffe zu nutzen. KompostierbareVerpackungen aus modernen Biokunststof-fen sind dabei der erste Schritt. Ihre breiteEinführung macht allerdings erst dann Sinn,wenn die flächendeckende Rücknahmegebrauchter Verpackungen zur stofflichenVerwertung in der Biotonne oder zur ener-getischen Nutzung gesichert ist.
35
Aufgrund dieser Tatsache halten Expertenein Potenzial für Biokunststoffe in Deutsch-land von etwa einer Million Tonnen für rea-listisch. Auch europaweit ist davon auszu-gehen, dass etwa die Hälfte der sechs Mio.Tonnen Verpackungen durch Biokunststoffeersetzt werden könnten. Da auf demKunststoffmarkt jedoch starke Wettbe-werbsstrukturen herrschen, können Bio-kunststoffe mit dem derzeitigen Preis-Leistungs-Verhältnis noch nicht mithalten.
Zudem der Kostenvorteil für die Entsorgungbzw. Verwertung kompostierbarer Ver-packungen nur zum Tragen kommt, wennein flächendeckendes Sammelsystem wiedie Biotonne zur Verfügung steht.
Potenzial bergen Biokunststoffe auch fürden Gartenbau: jährlich 12.000 bis 20.000Tonnen Pflanzgefäße aus diesem Materialwären realistisch. Dazu kommen noch etwa1.500 Tonnen an Mulchfolien.
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Potenzial für Biokunststoffe in Europa (Schätzungen der COPA und COGECA von 2001)
Catering 450 000 t/a
Säcke zum Sammeln von Biomüll 100 000 t/a
bioabbaubare Mulchfolien 130 000 t/a
bioabbaubare Folien für Windeln 80 000 t/a
Windeln, vollständig aus BAW 240 000 t/a
Leichtverpackungen, Schalen und Dosen 400 000 t/a
Gemüseverpackungen 400 000 t/a
Komponenten für Fahrzeugreifen 200 000 t/a
Gesamt 2.000 000 t/a
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1990 1995 2000 2005 2010 2020
Potenzial bei realistischer Betrachtung
Potenzial bei optimistischer Betrachtung
Potenzial für Biokunststoffe
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Glossar Biokunststoffe
AAmorph nichtkristallin, glasartig mit
ungeordneten Kristallgittern
Amylopektin verzweigtes Stärke-Molekül
mit sehr hohem
Molekulargewicht
Amylose unverzweigtes Stärke-Molekül
mit hohem Molekulargewicht
BBAW Biologisch abbaubarer Werk-
stoff, Biokunststoff, Bioplastik
Biokunststoff BAW, biologisch abbaubarer
Werkstoff, bioplastic
Blend Kunststoffmischung, Polymer-
legierung aus mindestens
zwei mikroskopisch dispergier-
ten und molekular fein verteil-
ten Basispolymeren
Blister Verpackung aus einer planen
Unterlage (Karton) mit einer
formstabilen, transparenten
Folie als Abdeckung
Biotechnologie integrierte Anwendung von
Natur- und Ingenieurwissen-
schaften mit dem Ziel, biolo-
gische Stoffumwandlungspro-
zesse zur Herstellung von
Produkten zu verwenden
Weiterführende Literatur
Groot, L.; Paruschke, K.; Schüsseler, P.; We-ber, C.; von Zabeltitz, C.:Biologisch abbaubare Werkstoffe im Gar-tenbau (Veröff. des KTBL) , Darmstadt 2000,ISBN: 3-7843-2111-9.
Tänzer, Wolfgang: Biologisch abbaubarePolymere, Weinheim 1999, ISBN:3527309632.
Korn, M. “Nachwachsende und Bioabbau-bare Materialien im Verpackungsbereich”,München 1993, ISBN: 3-92845-39-9
Steinbüchel, Alexander (Hrsg.): Biopoly-mers, mehrere Bände, Weinheim, unter-schiedl. Jahre.
Imam, Syed H. (Hrsg.): Biopolymers;Utilizing Nature`s Advances Materials,Oxford 1999, ISBN: 0841236070.
Kaplan, David L.: Biopolymers fromRenewable Ressources, Heidelberg 1998,ISBN: 354063567.
Stevens, Eugene: Green Plastics: AnIntroduction of the New Science ofBiodegradable Plastics, Princeton 2002,ISBN: 069104967X
Frost & Sullivan: European BioplasticsMarkets (Studie beim Unternehmen zubeziehen)
MarTech (Hrsg.): Biodegradable Polymers inNorth America & Europe, New York 1998.(Studie beim Unternehmen zu beziehen)
Internet-Informationsquellen:
www.fnr.dewww.ibaw.orgwww.apme.orgwww.plastica.itwww.bpf.co.ukwww.proplast.org/spmpwww.vke.dewww.kunststoffverpackungen.dewww.inaro.dewww.carmen-ev.dewww.kiweb.defbaw.itg.uni-hannover.dewww.umweltstiftung.dewww.maiskomitee.dewww.dincertco.dewww.nmn-ev.dewww.riko.netwww.nova-institut.dewww.martech-reports.com/MarketTR/
biopolymers.htmwww.proterra.nlwww.biopolymer.netwww.greenplastics.com
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36
Erneuerbare Solar-, Wind-, Bioenergie,
Energien Wasserkraft und Geothermie
Ethylen farb- und geruchloses Gas,
aus Naphtha (Erdöl) durch
Cracken hergestellt. Das
Monomer des Polymers PE
Extrusion Bezeichnung für das Mischen,
Aufschmelzen, Reagieren,
Homogenisieren und Ausfor-
men von Kunststoffen
FFermentation biochemische Reaktionen,
die durch Mikroorganismen
gesteuert werden
GGelatine Kollagen-Eiweiss aus Rinder-
knochen
Glucose Monomer der Stärke,
auch Stärkezucker genannt
Granulat Handelsform der Kunststoff-
Rohstoffe
HHalbzeug Kunststoff in Form von
Rundstäben, Platten, Folien
zur Weiterverarbeitung
39
CCellophan glasklare Folie auf Cellulose-
basis, auch Zellglas genannt
Cellulose hochmolekularer nachwach-
sender Rohstoff (Kohlen-
hydrat), aus Holz oder
Baumwolle zur Herstellung
von Papier, Kunststoffen und
Fasern
CEN Comité Européen
de Normalisation
Compound Kunststoffmischung aus
mehreren Rohstoffen
und/oder Additiven
Copolymer Kunststoff aus unterschied-
lichen Monomeren
DDichte Quotient aus Masse und Volu-
men des Kunststoffes, auch
spezifisches Gewicht oder
spezifische Masse genannt
DIN Deutsches Institut für
Normung
DIN-CERTCO unabhängige Zertifizierungs-
gesellschaft für die Prü-
fung der Konformität von
Biokunststoffen
DIN-FNK Fachnormenausschuss
Kunststoffe im DIN
DIN V 54900 Deutsche Norm zur Prüfung
der Kompostierbarkeit von
Kunststoffen
DIN EN 13432 Europäische Norm zur Prüfung
der Kompostierbarkeit von
Kunststoffen
Dispergieren das feine Verteilen in der
kontinuierlichen Phase von
nicht mischbaren Flüssigkeits-
tropfen zu einer homogenen,
stabilen Mischung
Duroplaste ausgehärtete Kunststoffe, die
durch Wärmeeinwirkung
nicht oder kaum erweichen
EElastomere formfeste, aber unter Kraft-
einwirkung elastisch verform-
bare Kunststoffe, auch
gummielastische, dehnbare
Kunststoffe genannt
Energetische Nutzung zur Strom- und
Verwertung Wärmeerzeugung
Enzyme Proteine, die als biologische
Katalysatoren wirken
Erneuerbare nachwachsende Rohstoffe
Rohstoffe
38
Hydrophil Eigenschaft: wasserfreundlich,
ein Kunststoff, der nicht
wasser- und wetterfest ist
Hydrophob Eigenschaft: wasserfest,
ein Kunststoff, der wasser-
und wetterfest ist
IIntegralschaum geschäumter Formkörper mit
geschlossener Oberfläche und
porösem Inneren
ISO International Organization
for Standardization
KKalandrieren Auswalzen von Kunststoffen
zu Flachfolien
Katalysator ermöglicht und beschleunigt
chemische Reaktionen
Kompostierbar zersetzt sich innerhalb
eines Kompostzyklus
Kompostzyklus Zeitraum, in dem eine Kom-
postanlage beschickt wird,
meist 6 bis 12 Wochen
Kristallin Kunststoff mit regelmässig
angeordneten Molekülen in
einer Gitterstruktur
PS Polystyrol, thermoplastischer
Kunststoff aus polymerisier-
tem Styrol
PVC Polyvinylchlorid, thermoplasti-
scher Kunststoff aus polymeri-
siertem Vinylchlorid
RRegenerative natürlich erneuerbare und
Rohstoffe nachwachsende Rohstoffe
Resorbierbare medizinische Anwendung von
Implantate Biokunststoffen zur Stabilisie-
rung von Knochenbrüchen
oder als Wirkstoffdepot,
wobei der Biokunststoff vom
Körper in einer definierten
Zeit in körpereigene Stoffe
umgewandelt wird, z. B.
Polymilchsäure in Milchsäure
SSorbitol Zuckeralkohol (Hexit), herge-
stellt aus Glucose durch kata-
lytische Hydrierung, Verwen-
dung als Weichmacher für
Biokunststoffe auf Stärkebasis
Spritzguss Kunststoff-Verarbeitungs-
verfahren zur Herstellung von
Formteilen
Stärke natürliches Polymer (Kohlen-
hydrat), bestehend aus
Amylose und Amylopektin,
gewonnen aus Mais, Kartof-
feln, Weizen, Tapioka etc.
Sustainable Ein auf der Konferenz der
Development UNO in Rio 1992 geprägter
Begriff. Globales Konzept für
nachhaltige und umweltge-
rechte Entwicklung im Sinne
eines Wirtschaftens unter
Erhalt von Optionen für
zukünftige Generationen.
TThermoplaste Kunststoffe, die beim Erwär-
men erweichen oder fliessen
und beim Abkühlen erstarren
Transgene Pflanzen, in die Gene
Pflanzen eingeführt wurden, die dann
zur Produktion von Biokunst-
stoffen dienen können
VViskos Eigenschaft von zähflüssigen
Werkstoffen
ZZellglas glasklare Folien auf Cellulose-
basis, die beidseitig lackiert
und dadurch wetterfest sind
Zucker Saccharose aus Rüben oder
Zuckerrohr, Rohstoff zur
biochemischen Herstellung
von PHB und PLA
41
Kunststoffe Werkstoffe mit grossen Mole-
külketten aus natürlichen
oder fossilen Rohstoffen,
hergestellt durch chemische
oder biochemische Reaktionen
MMolekül chemische Verbindung
Monomere kleine Moleküle, die durch
Polymerisation zu Molekül-
ketten verbunden werden
und dann Kunststoffe bilden
Mulchfolie Folie zur Bodenabdeckung
landwirtschaftlich genutzter
Flächen
NNachhaltige umweltgerechtes Wirtschaf-
Entwicklung ten unter Erhalt von Optionen
für zukünftige Generationen
Nachwachsende landwirtschaftliche Rohstoffe,
Rohstoffe die nicht als Nahrungs- oder
Futtermittel genutzt werden,
sondern als Rohstoff für
industrielle Produkte oder
zum Erzeugen von Energie
PPatent geschützte Erfindung für ein
Produkt, ein Verfahren zu
seiner Herstellung und
Verwendung
PCL Polycaprolacton, ein syntheti-
scher abbaubarer Biokunst-
stoff, Blendkomponente
PE Polyethylen, thermoplastischer
Kunststoff aus polymerisiertem
Ethylen
PET Polyethylenterephthalat, “un-
kaputtbarer” Leichtkunststoff
PHB Bezeichnung für den Biokunst-
stoff Polyhydroxybuttersäure
PLA Polylactid, ein Biokunststoff
aus polymerisierter Milchsäure
Polymerisat, Kunststoff, der durch Poly-
Polymer merisation von Monomeren
gewonnen wird
Polymerisation chemische Reaktion zum
Aufbau von sehr grossen
Molekülen aus Monomeren
zu Polymeren
Polymerlegierung molekular fein verteilte
Kunststoff-Mischung aus zwei
oder mehr Basispolymeren
PP Polypropylen, thermoplasti-
scher Kunststoff aus poly-
merisiertem Propylen
Protein Sammelbezeichnung für Ei-
weisskörper, aus Aminosäuren
zusammengesetzte, polymere
Makromoleküle
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Quellenangaben
Seite 1: Entwicklung und Prognose desKunststoffverbrauchs, Quelle der Daten:VKE (Verband Kunststofferzeugende Indus-trie e. V.), Graphik: J. Lörcks
Seite 2: Patentaktivitäten, Quelle der Daten:Recherchen J. Lörcks, Graphik: J. Lörcks
Seite 6: Verbrauch von Kunststoffen, Quelleder Daten: VKE, Graphik: J. Lörcks
Seite 8: Herstellungschema, Quelle: BIOTECJ.Lörcks, Vortrag SKZ Tagung
Seite 12: Schematischer Aufbau einesSpritzgussautomaten, Quelle: Hans WeberMaschinenfabrik GmbH, Kronach
Seite 14: Marktentwicklung d. Kunststoff-verpackungen, Quelle der Daten: IK (Indus-trieverband Kunststoffverpackungen e. V. ),Graphik: J. Lörcks
Seite 17: Kompostierbarkeitskennzeichen,Quelle: IBAW
Seite 19: Potenzial für Biokunststoffe,Quelle der Daten: Recherchen J. Lörcks,Graphik: J. Lörcks
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