View
108
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
Meilensteine auf dem Weg zur Gesundheitsförderung
(nach: Franzkowiak/Sabo (1989)
• Präambel der WHO-Verfassung (1946) enthält vielzitierte Umschreibung von Gesundheit als „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen“
• flüssiger „state“ - fixierter „Zustand“;
• Übersetzungsvorschlag heute: „Potential für umfassendes Wohlbefinden
•
Elkeles 2001
Wesentliche Elemente der WHO-Verfassung für im positiven Sinne utopische Präventionsdiskussion
(nach: Franzkowiak/Sabo (1989) • Gesundheit als allgemeines, globales
Menschen- und Grundrecht
• Einklagen der Beseitigung aller gesellschaftlichen und globalen Ungleichheiten
• Hierzu ausdrückliche Verpflichtung der politischen Entscheidungsträger aller Länder
Traditionelle Perspektiven (zeittypische Beschränkungen)
aus heutiger Sicht(nach: Franzkowiak/Sabo 1998)
• Orientierung auf Experten
• „Erster-Welt-Blick“ auf die gesundheitliche AufklärungVorrangig soll medizinisches und psychologisches Wissen verbreitet werden; soziokulturelle, ökologische und systemische Wissens- und Handlungsbestände werden noch nicht als relevant für Prävention angesehen
• Aktive Mitarbeit der Bevölkerung und Aufklärung der Öffentlichkeit zwar herausgestellt, beides jedoch weiter in ein „expertokratisches“ Grundmodell eingebettet
Elkeles 2001
Deklaration der Internationalen Konferenz zur Primären Gesundheitsversorgung,
Alma-Ata 1978• Verabschiedung der Strategie „Gesundheit für
alle“, Keimzelle für die Gesundheitsförderung
• „Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“: globale Verpflichtung nicht nur für WHO, sondern auch für alle nationalen Regierungen
• Herstellung sozialer Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd als Zielvorgabe von Gesundheitspolitik und Gesundheitserziehung
Elkeles 2001
Kern der Alma-Ata-Deklaration:Forderung nach „Public Health Care“
• Im Deutschen zunächst mit „Gemeinschaftlicher Gesundheitssicherung“ übersetzt, heute eher mit
• „öffentlicher Gesundheitspflege“ oder
• „primärer Gesundheitsversorgung“
Grundelemente von Public Health Care
• Sicherstellung notwendiger Gesundheitsbetreuung und -pflege
• umfassende Sicherung von Ressourcen in den (...) Rahmenbedingungen
• breit gefächerte Gesundheitserziehung• intersektorale, ressortübergreifende Angebote der
Gesundheitspflege und -sicherung• partizipativer Einbezug der Adressaten, Klienten und
Patienten gesundheitsbezogener Dienstleistungen
Elkeles 2001
WHO-Dokumente als Zwischenschritte zur
Gesundheitsförderung
• Alma-Ata-Deklaration:
erste vorsichtige Lösung vom medizinischen Erklärungs- und Behandlungsmonopol in der Prävention („health workers“; community workers“)
Europäisches Regionalprogramm, Konkretisierung von Zielen im
Aktionsprogramm „Gesundheit für alle im Jahr 2000
nach: Franzkowiak/Sabo (1998)
• 3 „Hauptaktivitätsbereiche“: Gesundheitsförderung, präventive Gesundheitserziehung, unterstützende Gesundheitserziehung
• Gesundheitsförderung erstmals eigener Platz• Gesundheitserziehung neu definiert: Schwerpunkte auf Befähigung, Aktivierung und
Teilnahme von Betroffenen verlagert (d.h. Integration und Nutzung des sog. Laiensystems in der Prävention)
• Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung in weiten Teilen noch unverbunden nebeneinander
• WHO-Euro: noch „Unsicherheit über diesen neuen Modebegriff“• Programm reflektiert noch konzeptionelle Unsicherheit; nicht eindeutig vom
Dominanzanspruch einer Gesundheitserziehung gelöst
Elkeles 2001
Ottawa-Charta der WHO (1986)1. Internationale Konferenz zur
Gesundheitsförderung
• Kristallisationspunkt einer „Emanzipation der Prävention von der Biomedizin“ (Green/Raeburn 1988)
• Sozial-ökologische Wende in der Prävention
• Konzept Gesundheitsförderung als neues „Paradigma“ für die Prävention und Gesundheitsförderung
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• GesundheitsförderungGesundheitsförderung zielt auf einen Prozeß, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Um ein umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, daß sowohl einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnungen wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre Umwelt meistern bzw.. sie verändern können.
In diesem Sinne ist die Gesundheit als ein wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens zu verstehen und nicht als vorrangiges Lebensziel.
Gesundheit steht für ein positives Konzept, das die Bedeutung sozialer und individueller Ressourcen für die Gesundheit ebenso betont wie die körperlichen Fähigkeiten.
Die Verantwortung für Gesundheitsförderung liegt deshalb nicht nur bei dem Gesundheitssektor, sondern bei allen Politikbereichen und zielt über die Entwicklung gesünderer Lebensweisen hinaus auf die Förderung von umfassendem Wohlbefinden.
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Vier grundlegende Handlungsstrategieen in der Gesundheitsförderung
- Voraussetzungen für die Gesundheit sichern
- Interessen vertreten (advocacy)
- Befähigen und ermöglichen (enabling)
- Vermitteln und vernetzen (mediating)
Elkeles 2001
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
Voraussetzungen für die Gesundheit
Grundlegende Bedingungen und konstituierende Momente von Gesundheit:
Frieden,
angemessene Wohnbedingungen,
Bildung,
Ernährung,
ein stabiles Ökosystem,
eine sorgfältige Verwendung vorhandener Naturressourcen,
Soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit
Jede Verbesserung des Gesundheitszustandes ist zwangsläufig fest an diese
Grundvoraussetzungen gebunden
.
Elkeles 2001
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Interessen vertreten (advocacy)
Ein guter Gesundheitszustand ist eine wesentliche Bedingung für soziale, ökonomische und persönliche Entwicklung und ein entscheidender Bestandteil der Lebensqualität.
Politische, ökonomische, soziale, kulturelle, biologische sowie Umwelt- und Verhaltensfaktoren können alle entweder der Gesundheit zuträglich sein oder auch sie schädigen.
Gesundheitsförderndes Handeln zielt darauf ab, durch aktives, anwaltschaftliches Eintreten diese Faktoren positiv zu beeinflussen und der Gesundheit zuträglich zu machen.
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Befähigen und ermöglichen (enabling)
Gesundheitsförderung ist auf Chancengleichheit auf dem Gebiet der Gesundheit gerichtet.
Gesundheitsförderndes Handeln bemüht sich darum, bestehende soziale Unterschiede des
Gesundheitszustandes zu verringern sowie gleiche Möglichkeiten und Voraussetzungen zu
schaffen, damit alle Menschen befähigt werden, ihr größtmögliches Gesundheitspotential zu
verwirklichen.
Dies umfaßt sowohl Geborgenheit und Verwurzelung in einer unterstützenden sozialen
Umwelt, den Zugang zu allen wesentlichen Informationen und die Entfaltung von praktischen
Fertigkeiten als auch die Möglichkeit, selber Entscheidungen in bezug auf die persönliche
Gesundheit treffen zu können.
Menschen können ihr Gesundheitspotential nur dann weitestgehend entfalten, wenn
sie auf die Faktoren, die ihre Gesundheit beeinflussen, auch Einfluß nehmen können.
Dies gilt für Frauen ebenso wie für Männer.
Elkeles 2001
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Vermitteln und vernetzen (mediating)
Der Gesundheitssektor allein ist nicht in der Lage, die Voraussetzungen und guten
Perspektiven für die Gesundheit zu garantieren. Gesundheitsförderung verlangt
vielmehr ein koordiniertes Zusammenwirken unter Beteiligung der
Verantwortlichen in Regierungen, im Gesundheits-, Sozial- und Wirtschaftssektor,
in nichtstaatlichen und selbstorganisierten Verbänden und Initiativen sowie in
lokalen Institutionen, in der Industrie und in den Medien. Menschen in allen
Lebensbereichen sind daran zu beteiligen als einzelne, als Familien und als
Gemeinschaften. Die Berufsgruppen und sozialen Gruppierungen sowie die
Mitarbeiter des Gesundheitswesens tragen große Verantwortung für eine
gesundheitsorientierte Vermittlung zwischen den unterschiedlichen Interessen in
der Gesellschaft.
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Fünf Aktionsfelder
- eine gesundheitsfördernde Gesamtpolitik entwickeln
- gesundheitsförderliche Lebenswelten schaffen
- die Gesundheitsdienste neu orientieren
- gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen unterstützen
- persönliche Kompetenzen entwickeln
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Aktives, gesundheitsförderndes Handeln erfordert:
Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik
Gesundheitsförderung beinhaltet weit mehr als medizinische und soziale Versorgung.
Gesundheit muß auf allen Ebenen und in allen Politiksektoren auf die politische
Tagesordnung gesetzt werden. Politikern müssen dabei die gesundheitlichen
Konsequenzen ihrer Entscheidungen und ihre Verantwortung für die Gesundheit
verdeutlicht werden. (...) Ein solches gemeinsames Handeln führt dazu, ungefährli-
chere Produkte, gesündere Konsumgüter und gesundheitsförderlichere soziale Dienste
zu entwickeln sowie eine gesündere und erholsamere Umwelt zu schaffen.
Eine Politik der Gesundheitsförderung muß Hindernisse identifizieren, die einer
gesundheitsgerechteren Gestaltung politischer Entscheidungen und Programme
entgegenstehen. (...)
Ziel muß es sein, auch politischen Entscheidungsträgern die gesundheitsgerechtere
Entscheidung zur leichteren Entscheidung zu machen.
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Gesundheitsförderliche Lebenswelten schaffen
Unsere Gesellschaften sind durch Komplexität und enge Verknüpfung geprägt;
Gesundheit kann nicht von anderen Zielsetzungen getrennt werden. Die enge Bindung
zwischen Mensch und Umwelt bildet die Grundlage für einen sozialökologischen Weg
zur Gesundheit. Oberstes Leitprinzip für die Welt, die Länder, die Regionen und
Gemeinschaften ist das Bedürfnis, die gegenseitige Unterstützung zu fördern - sich um
den anderen, um unsere Gemeinschaften und unsere natürlichere Umwelt zu sorgen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Erhaltung der natürlichen Ressourcen als
globale Aufgabe.
Die sich verändernden Lebens-, Arbeits- und Freizeitbedingungen haben
entscheidenden Einfluß auf die Gesundheit. Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft
die Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die Freizeit organisiert, sollte eine Quelle der
Gesundheit und nicht der Krankheit sein. Gesundheitsförderung schafft sichere,
anregende, befriedigende und angenehme Arbeits- und Lebensbedingungen. (...)
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen unterstützen
Gesundheitsförderung wird realisiert im Rahmen konkreter und wirksamer Aktivitäten
von Bürgern in ihrer Gemeinde: in der Erarbeitung von Prioritäten, der Herbeiführung
von Entscheidungen sowie bei der Planung und Umsetzung von Strategien. Die Unter-
stützung von Nachbarschaften und Gemeinden im Sinne einer vermehrten
Selbstbestimmung, ihre Autonomie und Kontrolle über die eigenen Gesundheitsbelange
zu stärken, ist ein zentrales Anliegen der Gesundheitsförderung.
Die Stärkung von Nachbarschaften und Gemeinden baut auf den vorhandenen mensch-
lichen und materiellen Möglichkeiten auf. Selbsthilfe und soziale Unterstützung sowie
flexible Möglichkeiten der größeren öffentlichen Teilnahme und Mitbestimmung für
Gesundheitsbelange sind dabei zu unterstützen bzw.. neu zu entwickeln. Notwendige
Voraussetzungen dafür sind der kontinuierliche Zugang zu allen Informationen, die
Schaffung von gesundheitsorientierten Lernmöglichkeiten sowie angemessene
finanzielle Unterstützung gemeinschaftlicher Initiativen.
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Persönliche Kompetenzen entwickeln
Gesundheitsförderung unterstützt die Entwicklung von Persönlichkeit und sozialen
Fähigkeiten durch Information,gesundheitsbezogene Bildung sowie die Verbesserung
sozialer Kompetenzen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Sie will den
Menschen helfen, mehr Einfluß auf ihre eigene Gesundheit und ihre Lebenswelt
auszuüben, und will ihnen zugleich ermöglichen, Entscheidungen in ihrem Lebensalltag
zu treffen, die ihrer Gesundheit zugute kommen.
Es gilt, Menschen zu lebenslangem Lernen zu befähigen und ihnen zu helfen, die ver-
schiedenen Phasen ihres Lebens sowie eventuelle chronische Erkrankungen und Behin-
derungen angemessen zu bewältigen. Dieser Lernprozeß muß sowohl in Schulen wie
auch zu Hause, am Arbeitsplatz und innerhalb der Gemeinde erleichtert werden.
Öffentliche Körperschaften,Privatwirtschaft und gemeinnützige Organisationen sind
hier ebenso zum Handeln aufgerufen wie die traditionellen Bildungs- und
Gesundheitsinstitutionen.
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Die Gesundheitsdienste neu orientieren
Die Verantwortung für die Gesundheitsförderung wird in den Gesundheitsdiensten
von Einzelpersonen, Gruppen, den Ärzten und anderen Mitarbeitern des Gesundheits-
wesens, den Gesundheitseinrichtungen und dem Staat getragen. Sie müssen darauf
hinarbeiten, ein Versorgungssystem zu entwickeln, das auf die stärkere Förderung von
Gesundheit ausgerichtet ist und weit über die medizinisch-kurativen Betreuungs-
leistungen hinausgeht.
Die Gesundheitsdienste müssen dabei eine Haltung einnehmen, die sensibel ist für die
unterschiedlichen kulturellen Bedürfnisse, sie anerkennt und respektiert. Sie sollten
dabei die Wünsche von Individuen und sozialen Gruppen nach einem gesünderen
Leben aufgreifen und unterstützen und die Möglichkeiten der besseren Koordination
zwischen dem Gesundheitssektor und anderen gesundheitsrelevanten sozialen,
politischen und ökonomischen Kräften eröffnen.
Eine solche Neuorientierung von Gesundheitsdiensten erfordert zugleich eine stärkere Aufmerksamkeit für
gesundheitsbezogene Forschung und Veränderungen in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Ziel dieser Bemühungen soll
ein Wandel der Einstellungen und der Organisationsformen sein, die eine Orientierung auf die Bedürfnisse des Menschen als
ganzheitliche Persönlichkeit ermöglichen.
OTTAWA-CHARTAzur Gesundheitsförderung
• Auf dem Weg in die Zukunft
(Schluß, vor Aufruf zu gemeinsamer Verpflichtung und internationalem Handeln )
Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und
gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben.
Gesundheit entsteht dadurch, daß man sich um sich selbst und für andere sorgt, daß
man in die Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über
die eigenen Lebensumstände auszuüben sowie dadurch, daß die Gesellschaft, in der
man lebt, Bedingungen herstellt, die all ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen.
Füreinander Sorge zu tragen, Ganzheitlichkeit und ökologisches Denken sind
Kernelemente der Entwicklung der Gesundheitsförderung. Alle Beteiligten sollten
anerkennen, daß in jeder Phase der Planung, Umsetzung und Bewertung von
gesundheitsfördernden Handlungen Frauen und Männer gleichberechtigte Partner sind.
Elkeles 2001
Innovative Elemente der Ottawa-Charta
nach: Franzkowiak/Sabo (1998)
• Individualisierte Krankheitsvorbeugung nicht mehr im Zentrum
• Selbstbestimmung im individuellen und sozialen Kontext
• Erweiterung der Gesundheitsdefinition um sozialökologische Aspekte
• Gleichberechtigung von Frauen und Männern
• Komplette Reorientierung des professionellen Selbstverständnisses und Handelns; politische (Selbst-) Verpflichtung der Prävention und Beseitigung gesundheitlicher Ungleichheiten
Innovative Elemente der Ottawa-Charta
nach: Franzkowiak/Sabo (1998)
• Gemeinschaftliche Orientierung als Voraussetzung;
soz. Unterstützungsnetze, Selbsthilfe und Selbstorganisation mit Ziel gesundheitlicher Autonomie und Kontrolle; Unterstützung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen somit weiterer Kern der neuen Prävention
• Traditionelle Gesundheitserziehung in neue professionelle Philosophie unter neuem Leitbegriff „Entwicklung persönlicher Kompetenzen“ integriert
• Absicherung durch gesundheitsförderliche Gesamtpolitik weit über Gesundheitssektor hinaus
Gesundheitswissenschaftliche Grundlagen zur Strategie des
gesundheitsfördernden KrankenhausesPelikan/Halbmeyer (1998)
• Die Begriffe Gesundheit und Krankheit• WHO-Definition: nicht nur negativ als Freisein (Gegensatz), sondern
positiv als zusätzliches Mehr;
Damit bestätigt, daß über Gesundheit nicht zu kommunizieren, ohne (zumindest auch) über Krankheit
• Wichtigster Unterschied in Definitionen sei, was als ‚markierter Raum‘ betrachtet wird,
• z.B. Krankheit als markierter Wert bzw.. Anschlußwert (Luhmann),Gesundheit als Reflexionswert,
Konsequenz: viele Krankheiten, aber nur eine Gesundheit,
viele Krankheits-, aber wenige Gesundheitsindikatoren
Elkeles 2001
Die Begriffe Gesundheit und Krankheit
Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Führt WHO-Definition Gesundheit als zusätzlichen markierten Raum ein? Wie?
- nicht als dichotomen Gegensatz bzw. binären Code (durch Negation in beide Seiten zu wechseln)
- nicht als einfaches Kontinuum
Die Begriffe Gesundheit und Krankheit
Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Bestimmung von Krankheit in WHO-Definition:• Lediglich Unterscheidung zwischen Krankheit und Gebrechen
(heute: eher Behinderung), damit Raum für Ausdifferenzierung wie• Disease
medizinischer Krankheitsstatus, Die Krankheit• Illness• Krankheitsbefinden, -erleben, Das Kranksein• Sickness• Gesellschaftlich zugeschriebene bzw. sozial abweichende
(Kranken-) Rolle
Die Begriffe Gesundheit und Krankheit
Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Bestimmung von Gesundheit in WHO-Definition:
• ‚Mehr‘ durch „Zustand völligen Wohlbefindens“
• Dieses „eher undynamische Output-Konzept“ heute durch ein eher dynamisches Input-Konzept ‚Potential/Ressourcen‘ zu ersetzen: körperliche, psychische und soziale Funktionstüchtigkeit
• Unter dem Aspekt der Gesundheit als Ressource Vorschlag zum Dilemma des Verhältnisses von Gesundheit und Krankheit in WHO-Definition
Abb. 1
Krankheit(en)
auf spezifische Krankheiten bezogener auf allg. Gesundheitszustand bezogener
Verlust vonGesundheit
Verlust vonGesundheit
Wiedergewinn vonGesundheit
Gewinn vonGesundheit
Abb.1 Verhältnis/Zusammenwirken von Krankheit und Gesundheit: Möglichkeiten für potentielle Gesundheitsgewinne und -verlusteQuelle: Pelikan/Halbmeyer 1998
Gesundheit
Elkeles 2001
Die Begriffe Gesundheit und Krankheit
Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Aussagen der zweidimensionalen Konzeption:• Gesundheit als ein zumindest funktionierendes, sich selbst
reproduzierendes System• Krankheit als Untermenge von Gesundheit (‚Krankheit der
Gesundheit‘)• Krankheit und Gesundheit können teilweise unabhängig
voneinander variieren:• Gesundheit mit zwei Grenzen (Möglichkeiten der
Veränderung: Gesundheitsgewinn, Gesundheitsverlust• Krankheit mit nur einer äußeren Grenze
Elkeles 2001
Die Begriffe Gesundheit und Krankheit
Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Aussagen der zweidimensionalen Konzeption
• Ausbreitung von Krankheit: zwangsläufige Reduktion von Gesundheit, u.U. zeitversetzt als „objektiver“ medizinischer Befundwert, Wohlbefinden
• Rückgang von Krankheit: mehr Gesundheit an innerer Grenze möglich, u.U. nur durch zusätzliche Maßnahmen (Reha) auch tatsächlich wiedergewonnen
• Gesundheit kann auch unabhängig von innerer Grenze an äußerer Grenze wachsen (z.B. durch Betätigung) oder durch Nichtbetätigung (z.B. Altersschwäche)
Elkeles 2001
Die Begriffe Gesundheit und Krankheit
Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Dimensionen von Gesundheit/Krankheit:• Somato-psycho-sozial bzw. sozio-psycho-somatisch• WHO: Positive Gesundheit als Wohlbefinden: körperliches,
geistiges (heute: psychisches) und soziales Phänomen• analog körperliche, psychische und soziale Krankheit• Ganzheitlicher dreidimensionaler Gesundheits- bzw.
Krankheitsbegriff• Jede der Dimensionen (Körper, Psyche, sozialer Status)
weiter ausdifferenzierbar, vielfältige Wechselwirkungen
Elkeles 2001
Die Begriffe Gesundheit und Krankheit
Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Perspektiven von Gesundheit/Krankheit:
• ExpertInnen- versus „subjektive“ LaiInnenbeschreibungen
• WHO-Definition: Zweiteilung in ‚objektiv‘ von ExpertInnen zu diagnostizierendes und subjektiv von LaiInnen empfundenes und zu beurteilendes Wohlbefinden
• Auch in Medizin heute Messung von Krankheitsstatus (clinical/ medical outcome) einerseits und des Wohlbefindens der PatientInnen unter Konzepten der Lebensqualität oder PatientInnenzufriedenheit andererseits
Wie entsteht Gesundheit und Krankheit?Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Aufeinander abgestimmte Reproduktion: Pathogenese wie Salutogenese sind ein Produkt der Interaktion der Person mit ihrer Umwelt, nur selten ausschließlich Effekt der Umwelt oder der Person
• Ergebnis gelungener oder mißlungener körperlicher, psychischer oder sozialer Reproduktion; sowohl interne personale Zustände wie auch Charakteristika externer Umwelten können als potentiell salutogen/pathogen angenommen bzw. nachgewiesen werden
• Kurz: Die Gesundheit/Krankheit einer Person ist eine Funktion der Salutogenität/Pathogenität der Person und ihrer relevanten Umwelten
Elkeles 2001
Wie entsteht Gesundheit und Krankheit?Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
- unintendiertes Nebenprodukt von alltäglichen, an unterschied-
lichen anderen Zielen orientierten Verhaltensweisen bzw. Handlungen
- Ergebnis spezialisierter Handlungen, Rollen, Organisationen, Funktionssysteme, die Gesundheit/Krankheit explizit als Ziel oder Aufgabe verfolgen (z.B. Heilen, Arztrolle, Krankenhaus, Krankenbehandlungssystem)
- eingeführt in die Abläufe anderer sozialer Handlungen , Rollen, Organisationen, Funktionssysteme (z.B. Gesundheitsschutz in Betrieben)
Elkeles 2001
Wie entsteht Gesundheit und Krankheit?Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
• Gesundheit als Produkt komplexer pathogener bzw. salutogener Interaktionsprozesse zwischen Personen und ihren Umwelten:
• Es ist unwahrscheinlich, daß Krankheit durch einfache isolierte Interventionen reduziert oder Gesundheit durch einfache Interventionen direkt vermehrt werden kann
• „Es können immer nur die unterschiedlichen Determinanten (persönliche und situative Möglichkeits- und Selektionsstrukturen) von gesundheits- bzw. krankheitsrelevanten Handlungen beeinflußt bzw. verändert werden“
Gesundheitsförderung nach der Ottawa - Charta
(...) Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
„sehr umfassendes Konzept der Gesundheitspolitik oder besser der Politik für Gesundheit“:
• orientiert sich an Krankheit und Gesundheit gleichermaßen,
• berücksichtigt körperliche, psychische und soziale Aspekte von Gesundheit und Krankheit,
• setzt sowohl an Personen wie Situationen bzw. an deren Möglichkeitsstrukturen und Selektionskulturen an,
• zielt auf die Wiederherstellung, Sicherung und Vergrößerung von Gesundheit und
• kann entweder auf einzelne Personen oder bestimmte (Risiko)populationen oder konkrete soziale Settings bezogen sein
Elkeles 2001
Was heißt Gesundheitsförderung als Veränderung von sozialen
Settings? Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
Health Promotion Glossary (WHO 1998, S. 19):
„Settings for Health: the place or social context in which people
engage in daily activities, in which environmental, organisational and personal factors interact to effect health and well-beeing“
Settings haben (Erläuterungen):
- physische Grenzen
- Menge von Menschen mit definierten Rollen
- Organisationsstruktur
Was heißt Gesundheitsförderung als Veränderung von sozialen
Settings? Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
spezifisch für Settings:
- in ihnen nutzen und gestalten Menschen aktiv eine Umwelt
- auf diese Weise erzeugen oder lösen sie gesundheitliche Probleme
Drei Nutzungsmöglichkeiten von Settings für Gesundheitsförderung:
- durch Organisationsentwicklung
- als Zugang zum Erreichen von Personen, die dort arbeiten oder
Dienste in Anspruch nehmen
- durch Interaktion des Setting mit der weiteren „community“
Elkeles 2001
Was heißt Gesundheitsförderung als Veränderung von sozialen
Settings? Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
genannte Beispiele für Settings:
• Schulen
• Arbeitsplätze
• Dörfer und Städte
• Krankenhäuser
Was heißt Gesundheitsförderung als Veränderung von sozialen
Settings?(...) Fortsetzung Pelikan/Halbmeyer (1998)
Effektivität des Setting-Ansatzes:
(...) Versuch, soziale Systeme als Kerne sozialer Settings zu beeinflussen, die indirekt die Gesundheit vieler Personen (mit-) determinieren, ist in der Regel sowohl effektivere als auch effizientere Gesundheitsförderungsstrategie, als diese vielen Personen direkt - als
einzelne Personen - beeinflussen zu wollen.
Über Settings nicht nur gleichzeitig sehr viele Personen erreichbar, sondern auch relevante nicht-personelle Umwelten, die für tatsächliches Realisieren gesunden Lebensstils notwendige Voraussetzung sind
Institutionen und Strukturen der Prävention (und
Gesundheitsförderung)nach: Walter/Schwartz (1998)
• Zahlreiche präventive Aufgaben institutionalisiert und
• routinisiert (im Alltag kaum noch wahr-genommen;z.B. Trinkwasseraufbereitung, Lebensmittelüberwachung, Verkehrs-,
Produktsicherheit; Impfungen, Vorsorgeuntersuchungen
• Auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene ca. 900 Einrichtungen geschätzt (1988)
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
1) BundesministerienGesundheitsministeriumErrichtungserlaß 1961: „zuständig für alle Fragen des Gesundheitswesens,
einschließlich Reinhaltung der Luft, Lärmbekämpfung, Wassergüte, Hygiene des
Wassers und des Abwassers, des Gesundheitsschutzes gegen die Gefahren
ionisierender Strahlen sowie des Verbraucherschutzes vor Täuschung bei
Arzneimitteln und Lebensmitteln“
• D.h. klassische Verhältnisprävention (in der Folge teilweise erweitert, teilweise an andere Ministerien abgegeben
ferner (BMG seit 1991)
• Aufsicht über Ausbildungsinhalte von Gesundheitsberufen
• Finanzierung von Gesundheitsforschung
• Gesundheitsberichterstattung
Elkeles 2001
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
1) Bundesministerien
Forschungsministerium• Forschungsvorhaben zur Prävention und Gesundheitsförderung,
insbesondere im Rahmen der Public-Health-Forschung
Arbeitsministerium • weiterhin zuständig für Rehabilitation (RV) und
Pflegeversicherung mit den dort enthaltenen präventiven Aufgaben („Reha vor Pflege“)
Elkeles 2001
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
2) Bundesinstitute
Alle gesundheitlichen Bundesinstitute/Behörden
wesentlich mit präventiven Aufgaben befaßt
(z.T. Nachfolgeeinrichtungen des Bundesgesundheitsamtes)• Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin
(BgVV): u.a. Ernährungsmedizin (z.B. Diabetiker-Lebensmittel, Jodsalzprophylaxe, Höchstmengenverordnungen)
• Paul-Ehrlich-Institut (PEI), Bundesamt für Sera und Impfstoffe: Entwicklung, Testung und Bewertung von Impfstoffen
Elkeles 2001
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
2) Bundesinstitute
• Robert-Koch-Institut (RKI), Bundesinstitut für Infektionskrankheiten und nicht-übertragbare Krankheiten:
u.a. Auftrag, wissenschaftliche Erkenntnisse aufzuarbeiten, Gesundheitsrisiken zu erkennen, Lösungen zu erarbeiten,
Beratung von Bundesregierung, Bundesländer, Beteiligte im Gesundheitswesen
• Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte:
u.a. Zulassung von Fertigarzneimitteln, Meldung über unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
3) Einrichtungen zum Arbeitsschutz
• Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
- koordinierende und fördernde Funktionen im Arbeitsschutz (BMA),
- hervorgegangen aus Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallfor-
schung (Dortmund) sowie Bundesanstalt für Arbeitsmedizin (Bln-O)
- klassische Fragen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung
(z.B. Ergonomie, Sicherheitstechnik, Umgang mit gefährlichen
Stoffen u.a.)
• Berufsgenossenschaften (BGen), Unfallversicherungsverbände
- Gesetzliche Unfallversicherung (neben staatlicher Gewerbeaufsicht)
- gesetzliche Aufgaben nach SGB VII: Verhütung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
3) Einrichtungen zum Arbeitsschutz
• Klassischer Arbeitsschutz
- Präventive Anforderungen hinsichtlich Beleuchtung, Lüftung,
Gerätesicherheit, Unfallverhütung, Strahlenschutz u.a.
- sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Überwachung
- Arbeitszeitschutz (z.B. Höchstarbeitszeiten, Ruhepausen)
- besonders schutzbedürftige Gruppen (z.B. Beschäftigungs-
beschränkungen im Jugendarbeitsschutz, Mutterschutz u.a.)• Erweiterter Arbeitsschutz
Einbezug moderner Arbeitsbedingungen, präventive Orientierung,
menschengerechte Arbeitsgestaltung, Schnittpunkte mit (betrieblicher) Gesundheitsförderung
Elkeles 2001
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
4) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
• Koordinierung und Verstärkung von Gesundheitserziehung und
-aufklärung (1967, Köln; BMG) • Entwicklung von Konzepten und Materialien • Streuung in ausgewählten Zielgruppen• Evaluation der Maßnahmen
• Schwerpunkte:
AIDS-Aufklärung, Sucht- und Drogenprävention, Sexualaufklärung, Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
Elkeles 2001
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
5) Bundesvereinigung für Gesundheit e.V. (BfGe)
• Kooperations- und Informationszentrum, ca. 160 Mitgliedsinstitutionen (1954, Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung)
• Koordination von Initiativen• Durchführung von Veranstaltungen
• Sowohl Primärprävention als auch Gesundheitsförderung
• Schwerpunkte: Projektarbeit
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
7) Einrichtungen im ärztlichen Bereich• Vorsorge- und Krankheitsfrüherkennungsmaßnahmen durch die vertragsärztliche
Versorgung nach SGB V:
• Durchführung und Evaluation der Programme zur Mutterschaftsvorsorge, der Krebsfrüherkennung und des sog. Gesundheits-Check-up (§ 25)
(Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland;
Forschungseinrichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder)
• Bundesärztekammer (BÄK, Arbeitsgemeinschaft der Landesärztekammern): Fortschreibung der Fort- und Weiterbildung
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
8) Krankenkassen• seit den 70er Jahren Entwicklungen zur „Präventionsöffnung“,
„Gesundheitskassen“,
einzelne Angebote zur primären Verhaltensprävention
• 1989 - 1996: § 20 SGB V
- Maßnahmen der Gesundheitsförderung als Kassenleistung
- „allgemeine“ und betriebliche Gesundheitsförderungs-
Maßnahmen als (meist verhaltensbezogene) Angebote
(„nachfragedeterminiert“, „maßnahmenorientiert“)
- unter wettbewerblichen Rahmenbedingungen „teilweise unter
Marketingaspekten“
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
8) Krankenkassen• Zum 1.1.97 Beitragsentlastungsgesetz: mit dem Argument fehlender Effektivität fast vollständige Streichung des § 20
- Streichung der Möglichkeit, aus Beitragsmitteln der Kassen
Leistungen der Gesundheitsförderung durchzuführen
- ursprüngliche Intention abgewehrt, § 20 auf Impfungen zu
reduzieren
- Erhalt der Mitarbeit bei der „Verhütung arbeitsbedingter
Gesundheitsgefahren
dadurch Möglichkeit für einige Kassen, die neu geschaffenen
Organisationsstrukturen zu erhalten und auszubauen• „Wiedereinführung“ mit GKV-Gesundheitsreform 2000
• 1989 - 1996: § 20 SGB V
- Maßnahmen der Gesundheitsförderung als Kassenleistung
- „allgemeine“ und betriebliche Gesundheitsförderungs-
Maßnahmen als (meist verhaltensbezogene) Angebote
(„nachfragedeterminiert“, „maßnahmenorientiert“)
- unter wettbewerblichen Rahmenbedingungen „teilweise unter
Marketingaspekten“
Elkeles 2001
Einrichtungen auf BundesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
9) Pflegekassen
• gesetzlicher Auftrag (SGB XI § 5 Abs. 1)Pflegekassen sollen „ bei den zuständigen Leistungsträgern darauf hinwirken, daß frühzeitig alle geeigneten Maßnahmen der Prävention, der Krankenbehandlung und der Rehabilitation eingeleitet werden, um den Eintritt von Pflegebedürftigkeit zu verhindern“
• Weitere gesetzliche Aufforderungen (§ 7 Abs. 1, § 45 Abs. 1)
• „Prävention von Gesundheitsstörungen (...) stand seltener im Mittelpunkt“
• „Prävention von Pflegebedürftigkeit (...) kaum entwickelt“
Elkeles 2001
Einrichtungen auf LandesebeneFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
• Ministerien (Gesundheitsministerium, Fachabteilung für Gesundheit)
• Landesvereinigungen und -arbeitsgemeinschaften für Gesundheit
• Gewerbeaufsichts- und Landesuntersuchungsämter
• Deutsches Hygiene-Museum Dresden
Elkeles 2001
Einrichtungen auf kommunaler Ebene
1) GesundheitsämterFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
• Gesetzliche Aufträge, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und zu fördern
• Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, Impfungen, Beratungen für Schwangere, Mütter, Kinder; AIDS-Kranke
• Schulgesundheitspflege: Reihenuntersuchungen, Beratungen
• Veranstaltungen zu Primärprävention, Gesundheitsförderung
• Aura der Kontrollfunktion, „geringe Ressourcen“, wenig gestalterische Spielräume
Elkeles 2001
Einrichtungen auf kommunaler Ebene
2) Ärztlicher BereichFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
• in der GKV verankerte Untersuchungen z.T. wissenschaftlich fraglich, nicht effektiv (Beteiligungsraten)
• ärztliche Beratung könnte hinsichtlich präventiver Breitenwirkung sehr wirksam sein, entsprechende Ausbildung und Schulung vorausgesetzt
• präventive Beratung durch niedergelassene Ärzte in Deutschland zur Zeit unsystematisch, nimmt nur marginalen Stellenwert ein
• Definition und Anwendung möglichst optimaler Prävention vor allem für chronisch Kranke im Rahmen von Disease Management
Elkeles 2001
Einrichtungen auf kommunaler Ebene
3) Weitere EinrichtungenFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
• Apotheken• Verbraucherzentralen• Ernährungsberatungsstellen• Volkshochschulen• Sportvereine• Kindergärten, Schulen
gemeinsames Pausenfrühstück, Gruppenprophylaxe zur Zahngesundheit, Bewegungs- und Entspannungsangebote, Kooperationen im WHO-Netzwerk Gesundheitsfördernde Schulen
• Kantinen• Selbsthilfegruppen
Einrichtungen auf kommunaler Ebene
4) BewertungFortsetzung: Walter/Schwartz (1998)
• nur noch geringe Rolle für klassische Hygiene und Bekämpfung von Infektionskrankheiten
• Rolle chronischer Erkrankungen erfordert präventive Interventionen• in Deutschland „im Prinzip bereits ausreichende Infrastruktur“• vorhandene Infrastruktur könnte „bei stärkerer struktureller Vernetzung
mit den Bereichen Kuration, Rehabilitation und Pflege und vermehrter wissenschaftlicher Unterstützung heute sehr viel effektiver sein“
Abb. 11-3, 11-4 und weitere Folgerungen
Elkeles 2002 60
• Begriff und Konzept der Gesundheitsförderung in Deutsch- land populär,
• Ottawa-Charta meistzitiertes Dokument in Ges.politik
Ausgangsbedingungen für diesen Erfolg
• BRD nach 1945 präventionspolitisch ein Entwicklungsland
• Gesundheitspolitik auf Medizinpolitik reduziert
• niedergelassener Arzt Leitfigur Gesundheitssicherung
• ÖGD demontiert
• Bevölkerungsbezogene Konzepte: mehr Inanspruchnahme; mehr Technik; umfangreiche, wirkungsarme Früherkennung
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 61
• Ab 60er Jahre Artikulation eines Modernisierungsstaus
• Akademischer Bereich: Hans Schaefer, Christian von Ferber, Manfred Pflanz, Frieder Naschold (...)
• Soziale Bewegungen: Studentenbewegung, populäre Zeitschriften, Gesudheitstage ab 1980 (...)
Gemeinsamkeiten:
- Kritik am herrschenden medizinzentrierten ... Paradigma, Be-
tonung gesellschaftlicher Bedingtheit von Gesundheit und
Krankheit sowie der Prävention
- Unfähigkeit, gemeinsame Plattform zu entwickeln
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 62
• Da Boden bereits von vielen beackert, fiel Ottawa-Charta auf fruchtbaren Boden
• Ottawa-Charta bündelte Kritik an Defiziten und Grenzen des individuell/kurativen Umgangs mit Gesundheit/Krankheit
• Ottawa-Charta versah sie mit Handlungsperspektive
• Aktivisten der „Gesundheitsszene“ maßgeblichen Anteil an ihrer Initiierung und Formulierung
• Damit Wiederanschluß der Gesundheitsdiskussionen an internationalen Stand
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 63
Umsetzungschancen der Ottawa - Charta
• zügiger und erheblicher Impact
(stets: Hindernisse der Aktivierung und Interessenwahrnehmung überwinden, um Betroffene selbst zu Akteuren ihrer eigenen Verhältnisprävention zu machen und sie damit dann auch zur Veränderung ihres eigenen Gesundheitsverhaltens zu machen - nicht umgekehrt)
• dominante Kräfte in Medizin und Staat aber ausgenommen
• widersprüchliches Ergebnis aufgrund eines häufig übersehenen Charakteristikums der Ottawa-Charta, die zugleich deren Wirksamkeit eingrenzte:
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 64
Umsetzungschancen der Ottawa - Charta
• als Produkt einer internationalen Organisation wendet sich Ottawa-Charta an alle Akteure, damit an niemand Konkreten
• für Welt ohne Widersprüche formuliert
• zugrundeliegende, aber nicht explizit formulierte Politik- konfiguration: demokratisch und auf Chancengleichheit orientierte Professionals, die durch ergebnisorientierten, rationalen und sozial verantwortlichen Diskurs zum Konsens und zu gemeinsamem Handeln kommen
• so allerdings ist weder die Welt im allgemeinen noch die der Gesundheitspolitik im besonderen gebaut
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Umsetzungschancen der Ottawa - Charta• Wegen Abwesenheit von Akteuren und Interessen: Charta erlaubt es
jedem, sich positiv auf sie zu beziehen• Aus 5 Handlungsfeldern wird: Kramladen; Herausklauben von
Programmversatzstücken zu unverbindlicher Sozialbelletristik, Sonntagsreden, kommerzielle Reklame
• sperrig und damit auch wirksam: dann, wenn soziale Emanzipationsbewegungen sich darauf beziehen
Fazit• Ottawa-Charta enthält Material für Visionen ...• Charta enthält aber keine Leitlinien für Umsetzung in realer Welt von
Widersprüchen und Interessen
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 66
Programm und Wirklichkeit
• in einer Reihe von Handlungsfeldern großer programmatischer, aber relativ geringer praktischer Impact
• (Staat, Länder, Gesundheitsämter, models of good practice;
daneben Beispiele, wo Ottawa-Charta Steinbruch für Werbeslogans von Verkaufsbemühungen)
• These: Defizite weder primär auf mangelnden guten Willen oder Sachverstand noch Fehlen von Konzepten, sondern darauf zurückzuführen, daß alle diese Institutionen ziemlich anreizgerecht handeln und Konflikte mit Innen-und Außenwelt möglichst vermeiden ...
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 67
Programm und Wirklichkeit
• ... bearbeitete Institutionen und Settings sind sämtlich nach anderen Kriterien gewichtet und funktionieren nach anderen als gesundheitlichen Zielen
• Gesundheit ist zwar moralisch starkes, aber nur schwach handlungsleitendes Motiv zur Veränderung
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 68
Faktoren des Bremsens und Behinderns von Prävention und Gesundheitsförderung
Unter vielen, nach Bereichen auch unterschiedlich wirksamen
Faktoren herausragend
• Ökonomismus
• Hegemonie des Medizinsystems
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
69
Ökonomismus als politische Grundhaltung
• in Entscheidungsprozessen von Staat und Unternehmen dominiert das ökonomische Moment über das gesundheitliche Argument
• Wirkung nicht nur als Be- oder Verhinderung, sondern auch auf die Gestaltung: Entwicklung, Produktion und Absatz, wenn Prävention als Waren und Dienstleistungen verkaufbar
• Bindung an Nachfrage filtert substantielle Elemente heraus
• Verteilung über Markt sorgt nicht dafür, daß diese Güter und Leistungen dort ankommen, wo am dringendsten gebraucht
(Markt kennt keine ‚positive Diskriminierung‘)
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 70
Hegemonie des Medizinsystems
• Umfang der medizinischen im Vergleich zur sozialen Prävention
• Dominanz des auf individuelle Patienten bezogenen Denkmusters weit über Bereich med. Prävention hinaus
‚Medikalisierung‘ nicht nur aufgrund wirtschaftlicher und interessenpolitischer Stärke, sondern auch aufgrund marktgesellschaftlicher Kompatibilität ...
Therapien, Sportkleidung u.ä. Waren haben bessere Realisierungschancen und mit weniger Kritik und Mißtrauen zu rechnen als Projekte sozialer Prävention
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 71
Trotz dieser Defizite auch Erfolgsgeschichten
3 Beispiele
• Aids-Prävention
• Betriebliche Gesundheitsförderung
• Akademisierung
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 72
Ausblick
• trotz aller, überwiegend vom Gesetzgeber zu verantwortenden Fehlsteuerungen hatte sich kassengetragene Prävention und Gesundheitsförderung (bis de facto-Abschaffung) zum größten und kurativsten Zweig spezifischer und unspezifischer Gesundheitsförderung entwickelt
• 1995 ca. 3 Mill. Teilnehmer: nur erster Anfang
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 73
Ausblick
• Mit § 20 hatten Kassen faktisch keine Befugnisse zur Durchsetzung wirksamer Prävention (Beschränkung auf Teilbereiche, die mit Überzeugung, freiwilliger Kooperation oder geringer materiellen Anreizen erreichbar sind;
• daher klares Überwiegen von Versuchen der Verhaltensänderung)
• Ursache nicht bei Kassen, sondern im Fehlen staatlich gewollten Gesamtkonzepts zu sehen
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 74
Ausblick
• durch Gesetzgeber eingeführte Konkurrenz der Kassen führte - trotz Risikostrukturausgleich - anreizgemäß zur Konkurrenz um gute Risiken:
• Fehlsteuerungen hinsichtlich Zielgruppen und Auswahl der Maßnahmen
• Angebote zielten eher auf tendenziell gesündere und weniger auf gefährdete Gruppen
• Inhalte manchmal eher nach Werbewirksamkeit als nach gesundheitlicher Wirksamkeit ausgewählt (‚Prävention zum Anfassen‘ statt mühsame Kooperationen, integrierte Projekte
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 75
Ausblick• moderne und sachgerechte Gesundheitspolitik hätte an Korrektur dieser
Fehlsteuerungen zu arbeiten
- z.B. Anreize zur Kooperation der Kassen untereinander sowie mit kommunalen Gesundheitsdiensten
- z.B. verbesserter Risikostrukturausgleich (‚pos.Diskriminierung‘)• Novellierung 1996 ein Rückschritt weit hinter Ottawa, jedoch kein isolierter
Ausrutscher, sondern Tendenz zur Auflösung des deutschen Modells zum Umgang mit Gesundheitsrisiken
• Gegentendenzielles Handeln insbesondere von Public Health-Experten erforderlich
Hemmende, fördernde Faktoren - 10 Jahre Erfahrungen
nach: Rosenbrock (1997)
Elkeles 2002 76
Gesundheitsförderungund Gesundheitsreformen
nach: Schwartz/Walter (1997)
Genese
• seit 60er Jahre pilothafte Entwicklung von Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen
• seit 70er Jahren gesetzlich eingeführt
• 1982-84: Feldversuch Gesundheitsberatung durch Ärzte, vertraglich nicht fortgeführt
• 80er Jahre: Beginn primärpräventiver nicht-ärztlicher Aktivitäten und Programme im Bereich von Kassen,
besonders Orts-und Betriebskrankenkassen
Elkeles 2002 77
Gesundheitsförderungund Gesundheitsreformen
nach: Schwartz/Walter (1997)
Genese
• 1988 Gesundheits-Reform-Gesetz (1.1.1989)
§ 20 SGB V: Maßnahmen der Gesundheitsförderung
kein zentraler Punkt der Reform
• Diskussion zu Prävention/Gesundheitsförderung:
- Prävention nicht als Investition in Kostendämpfung gesehen, vielmehr Erfordernis von Investition in Prävention betont (1988: 1% der Mittel für Medizin)
ärztlicherseits: Einwände gegen Umfang (zu Lasten med. Leistungen?) und (mangelnde) Art der Mitwirkung
Elkeles 2002 78
Gesundheitsförderungund Gesundheitsreformen
nach: Schwartz/Walter (1997)
Genese
• Wettbewerb um politische und gesellschaftliche Einflußnahme sowie Sicherung neu festzuschreibender Aufgaben
• dabei Tatsache verdeckt, daß Gesundheitsförderung mit eigentlichem Ziel, Kompetenz und Selbstverantwortung der Laien zu stärken, Ärzten, Betroffenen und Kassen gleichermaßen unbequem
Rütteln an traditionellen Rollenzuweisungen und ... unbegrenzten Leistungszusagen ...: Dt. Ärztetag (1988) zunächst Ablehnung der Gesundheitsförderung i.S. Ottawa
Elkeles 2002 79
Gesundheitsförderungund Gesundheitsreformen
nach: Schwartz/Walter (1997)
Genese
Vorgaben in §20-Entwurf und Begründung:
• zwar Auftragserteilung an Kassen, jedoch Verpflichtung, dabei mit Ärzten u.a. zusammenzuarbeiten
(später so nie umgesetzt)
• großer Wert auf Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den Kassen gelegt
(später ‚aufgegeben‘ zugunsten wettbewerblicher Orientierung der Kassen)
Elkeles 2001 80
SGB V§ 20 Gesundheitsförderung, Krankheitsverhütung
(GRG vom 20.12.1988)(1) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten
allgemein über Gesundheitsgefährdungen und über die Verhütung von Krankheiten aufzuklären und darüber zu beraten, wie Gefährdungen vermieden und Krankheiten verhütet werden können. Sie sollen den Ursachen von Gesundheitsgefährdungen und Gesundheitsschäden nachgehen und auf ihre Beseitigung hinwirken.
Elkeles 2001 81
SGB V§ 20 Gesundheitsförderung, Krankheitsverhütung
(GRG vom 20.12.1988)
(2) Die Krankenkassen können bei der Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren mitwirken. Sie arbeiten mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung zusammen und unterrichten diese über die Erkenntnisse, die sie über Zusammenhänge zwischen Erkrankungen und Arbeitsbedingungen gewonnen haben. (...)
SGB V§ 20 Gesundheitsförderung, Krankheitsverhütung
(GRG vom 20.12.1988)(3) Die Krankenkasse kann in der Satzung Ermessensleistungen
zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten vorsehen. (...)
(4) Die Krankenkassen sollen bei der Durchführung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Krankheits-verhütung mit den Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere mit den auf diesem Gebiet bereits tätigen und erfahrenen Ärzten sowie mit den dafür zuständigen Stellen, insbesondere den Gesundheitsämtern und der BZgA eng zusammenarbeiten (...)
Elkeles 2002 83
Gesundheitsförderungund Gesundheitsreformen
nach: Schwartz/Walter (1997)
Probleme der Umsetzung
• mit unbestimmten Formulierungen im § 20 den Kassen weitgehender Auftrag erteilt
• rascher Aufbau von Maßnahmen, Abteilungen und Instituten
• ab 1993 durch GSG starke Marketinganreize gesetzt
• Drohungen, gegen Marketing-Mißbrauch der Gesundheitsförderung vorzugehen
Elkeles 2002 84
Gesundheitsförderungund Gesundheitsreformen
nach: Schwartz/Walter (1997)
Probleme der Umsetzung
Evaluation (Kirschner et al. 1995):• viele Mängel der Angebote der Kassen• Defizite in Bedarfs- und Zielbestimmung,
zielgruppenspezifischen Mapnahmenbestimmungen• nachfrageorientierte, maßnahmenorientierte Angebotspolitik• Gesundheitsförderung damit kein ‚Programmcharakter‘• Aufbau von Angeboten wird zu Ziel an sich,
nicht Mittel zur Zielerreichung
85
Gesundheitsförderungund Gesundheitsreformen
nach: Schwartz/Walter (1997)
Probleme der Umsetzung
• Forderungen nach Wirksamkeitsprüfungen für Maßnahmen
• allerdings aufgeführte Kriterien zwar unverzichtbar für Konzeption von Präventionsprogrammen, jedoch nicht vollständig übertragbar auf Gesundheitsförderung im Sinne der Ottawa-Charta
• weitere Empfehlungen kamen zu spät
• 1996 überraschender Gesetzentwurf mit geplantem ersatzlosen Fortfall der Gesundheitsförderung, Erhalt nur des ‚medizinisch Sinnvollen‘ (Impfungen)
• Stellungnahmen verhinderten völlige Streichung
Elkeles 2001 86
SGB V§ 20 Krankheitsverhütung (BeitrEntlG zum 1.1.1997)
– (1) Die Krankenkassen arbeiten bei der Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung zusammen und unterrichten diese über ihre Erkenntnisse, die sie über Zusammenhänge zwischen Erkrankungen und Arbeitsbedingungen gewonnen haben. (...)
– (2) ... Satzung kann Schutzimpfungen vorsehen– (3) ... Krankenkassen können Selbsthilfegruppen ...
fördern
87
SGB V§ 20 Prävention und Selbsthilfe
(GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000)(1) Die Krankenkasse soll in der Satzung Leistungen zur primären
Prävention vorsehen, die die in den Sätzen 2 und 3 genannten Anforderungen erfüllen. Leistungen zur Primärprävention sollen den allgemeinen Gesundheits-zustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesund-heitschancen erbringen. Die Spitzenverbände der Kranken-kassen beschließen (...) unter Einbeziehung unabhängigen Sachverstandes prioritäre Handlungsfelder und Kriterien für Leistungen nach Satz 1, insbesondere hinsichtlich Bedarf, Zielgruppen, Zugangswegen, Inhalten und Methodik.
Elkeles 2001 88
SGB V§ 20 Prävention und Selbsthilfe
(GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000)
(2) Die Krankenkassen können den Arbeitsschutz ergänzende Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung durchführen; Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Die Krankenkassen arbeiten bei der Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung zusammen und unterrichten diese über die Erkenntnisse, die sie über Zusammenhänge zwischen Erkrankungen und Arbeitsbedingungen gewonnen haben.
Elkeles 2001 89
SGB V§ 20 Prävention und Selbsthilfe
(GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000)
(3) Die Ausgaben der Krankenkasse für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach den Absätzen 1 und 2 sollen insgesamt im Jahr 2000 für jeden ihrer Versicherten einen Betrag von fünf Deutschen Mark umfassen; sie sind in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches anzupassen.
SGB V§ 20 Prävention und Selbsthilfe
(GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000)(4) Die Krankenkasse soll Selbsthilfegruppen, -organisationen und -
kontaktstellen fördern, die sich die Prävention oder die Rehabilitation von Versicherten bei einer der im Verzeich-nis nach Satz 2 aufgeführten Krankheiten zum Ziel gesetzt haben. (...) Die Spitzenverbände der Krankenkassen be-schließen (...) ein Verzeichnis der Krankheitsbilder, bei de-ren Prävention oder Rehabilitation eine Förderung zulässig ist; (...) Förderung der gesundheitsbezogenen Arbeit von Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen durch Zuschüsse ist möglich.
(...) für jeden ihrer Versicherten einen Betrag von 1 DM (...)
Elkeles 2002 91
Gesundheitsförderungund Gesundheitsreformen
nach: Schwartz/Walter (1997)
Chancen, neue Ansätze, Alternativen• Neupositionierung der Kassen mit geändertem § 20• Verschiedene Teilentwicklungen: Sekundär- und
Tertiärpräventionsprogramme, Bonussystem AOK Nds., eigenständiges BKK-Institut
• Tendenz nicht zu verschließen, Output und Outcome zu evaluieren
• Gegenüber Deutschland (Rückfall in Reparaturmedizin) in anderen Ländern nationale Anstrengungen
Recommended