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FACHDIDAKTISCHES PROSEMINAR:
SCHULBÜCHER UND LEHRPLÄNE FÜR DAS FACH GEOGRAPHIE UND WIRTSCHAFTSKUNDE AN
ALLGEMEINBILDENDEN UND BERUFSBILDENDEN HÖHEREN SCHULEN
AUSGEWÄHLTE THEMEN ZUR SCHULBUCH- UND LEHRPLANANALYSE
SS 2007 - LV-NR.: 290307 HTTP://HOMEPAGE.UNIVIE.AC.AT/CHRISTIAN.SITTE/FD/
VON UNIV. LEKTOR MAG. DR. CHRISTIAN SITTE
SEMINARARBEIT
UNTERNEHMERFÜHRERSCHEIN & SCHULBUCH
EIN VERGLEICH
VORGELEGT VON:
CHRISTOPH HEHER, 9805550, A 333 456
ALEXANDER LEHKIJ, 9406937, A 313 456
REGINA STACHELBERGER, 9502986, A 190 456 406
Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
- 2 -
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung .............................................................................................. 3
2. Zielformulierungen …………………………………………………. 5
2.1. Ziele des GW-Unterrichts 5
2.2. Ziele des Unternehmerführerscheins 8
3. Modul A ………………………………………………………………………… 10
3.1. Inhalte 10
3.2. Inhaltlicher Vergleich mit verschiedenen Schulbüchern 12
3.3. Lernzielkontrolle – Übungsfragen 17
3.4. Layout 21
3.5. Bild, Grafik, Karikatur 21
3.6. Fazit A 23
4. Modul B …………………………………………………………………………… 25
4.1. Überblick 25
4.2. Inhalte 26
4.3. Vergleich mit Schulbüchern 28
4.4. Lernziele und Übungsfragen 31
4.5. Layout, Bilder und Grafiken 32
4.6. Fazit B 33
5. Modul C …………………………………………………………………………… 35
5.1. Überblick 35
5.2. Allgemeine Bemerkungen 36
5.3. Die Lernziele 38
5.4. Inhalte 38
5.5. Vergleich mit den Schulbüchern 40
5.6. Übungsfragen 42
5.7. Bilder und Graphiken 43
5.8. Fazit 44
Bibliographie 45
Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 1. Einleitung
Nach 1945 dominierte das Konzept der Schulländerkunde den Geographieunterricht 1. Erste
Versuche, wirtschaftskundliche Elemente in das Fach zu integrieren, führten nach 1962 zu einer rein
additiven Verknüpfung, bei der wirtschaftskundliche Inhalte kurzerhand an die traditionelle
Länderkunde angehängt wurden. Erst in den siebziger Jahren, allerdings nur für die Unterstufe und im
Schulversuch für die 10-14jährigen, konnte von der auf Länder zentrierten Sichtweise abgerückt
werden und der Grundstein für ein zielorientiertes und thematisches Anordnungsprinzip gelegt
werden, bei dem anhand von spezifischen exemplarischen Themen nun integriert räumliche,
ökonomische, soziale und politische Aspekte im Geographie und Wirtschaftskunde-Unterricht
thematisiert werden könnten. Die Sichtweise von Geographie UND Wirtschaftskunde als Einheit wurde
durch den Paradigmenwechsel in den achtziger Jahren möglich (LP 1985 und LP 1989). Die neue
didaktische Basis bildet ein gesellschaftsorientiertes Handlungskonzept: Motive, Regelhaftigkeiten,
Probleme und Auswirkungen von erdräumlichen und ökonomischen Aktivitäten menschlicher Gruppen
und Individuen sollen erkannt, verstanden und beurteilt werden, was in weiterer Folge zu kritischer
Reflexion eigener und fremder Einstellungen und Handlungen führen soll.2
Wirtschaftskundliche Inhalte wurden also nicht als reines Faktenwissen in den GW-Unterricht
implementiert und auch nicht mehr als Anhängsel der Schulländerkunde betrachtet. Geographie und
Wirtschaftskunde sollten vernetzt werden, um menschliches Handeln raum-, wirtschafts- und
gesellschaftsbezogen zu betrachten. Diese Vernetzung ist zum Beispiel im Lehrplan der Unterstufe
(1999/2000) explizit festgeschrieben. Zu den didaktischen Grundsätzen heißt es da „Geographische
und wirtschaftskundliche Inhalte sollen im Unterricht nicht nebeneinander stehend getrennt, sondern
in starkem Maße miteinander verflochten“3 werden.
Dass nahezu alle Lebensbereiche auch von ökonomischen Fragen betroffen sind, gibt auch
wirtschaftskundlichen Inhalten ein hohes Gewicht. Im Lehrplan der AHS-Oberstufe (2004 - aber
auch schon 1989) ist Wirtschaftskunde durch verschiedene Rahmenthemen in jede Schulstufe
integriert. Der 2004er LP ist kein Rahmenlehrplan, sondern in den Themen und Zielen verbindlich 4.
In der fünften und sechsten Klasse stehen dabei zum Beispiel die wirtschaftlichen Bedürfnisse von
Menschen und, im Rahmen des Europabegriffs, die Wettbewerbs- und Regionalpolitik sowie die im
Wandel befindlichen Produktionsgebiete im Zentrum. In der siebenten Klasse werden im Lehrplan die
Themen „Wirtschaftsstandort Österreich“, „Wirtschafts- und Sozialpolitik“, „Unternehmen“ und
„Berufsorientierung“ näher beleuchtet.5
1 Vgl. Genese bei SITTE Ch 1989 Hhttp://homepage.univie.ac.at/Christian.Sitte/Dissinhalt.htmH 2 Vgl.: SITTE, WOLFGANG (2000): Entstehungen und Konzepte des Unterrichtsfaches Geographie und Wirtschaftskunde (GW). Online: Hhttp://gw.eduhi.at/didaktik/woess/sitte.htm#versucheH Aktualisiert: 18. Mai 2000 3 BMUKK (2006): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der Unterstufe. (auch auf Hwww.gw.eduhi.atH ) Online:Hhttp://www.bmukk.gv.at/medienpool/784/ahs9.pdfH Abgerufen: 25. Oktober. 2007, S. 2 4 vgl. SITTE 2004a, Der neue Lehrplan… Hhttp://www.eduhi.at/dl/LP2004wn125.pdfH 5 Vgl.: BMUKK (1978): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der AHS-Oberstufe. online:Hhttp://www.bmukk.gv.at/medienpool/11858/lp_neu_ahs_06.pdfH Abgerufen: 25. Oktober. 2007, S. 2-3
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Die Wirtschaftskammer Österreich gibt seit kurzem ein Lehrwerk mit dem Namen
„Unternehmerführerschein“ heraus, der zusätzlich zum Geographie- und Wirtschaftskunde-Unterricht
für Schülerinnen und Schüler konzipiert ist und wie Informationen aus Lehrerkreisen (etwa bei ARGE-
Veranstaltungen) vermelden, sehr gerne insbesondere im Wahlpflichtfachbereich genutztb wird. Das
dahinterliegende didaktische Konzept scheint aber im Widerspruch zum seit den achtziger Jahren
bestehenden gesellschaftsorientierten Handlungskonzept in GW zu stehen, dessen Entwicklung und
grundlegende Gedanken eingangs zusammenfassend skizziert wurde – insbesondere was die die
Ziele von GW und die INTEGRATION von „G“ und „W“ zu GW betrifft.
Der Homepage zum Unternehmensführerschein ist unter anderem zu entnehmen, es soll in diesem
Lehrgang „das wirtschaftliche Wissen, das in den Schulen vermittelt wird, […] modern, praxisorientiert
und schülergerecht aufbereitet werden.“ 6 Am Anfang steht hier das Wissen, also Fakten. Die
Vernetzung von wirtschaftskundlichen Inhalten mit gesellschaftlichen Prozessen fehlt in diesem
einleitenden Satz zum Unternehmerführerschein.
In der vorliegenden Arbeit zur Lehrveranstaltung Schulbücher und Lehrpläne für das Fach Geographie
und Wirtschaftskunde am Institut für Geographie der Uni Wien, soll nun untersucht werden, ob der
Unternehmerführerschein die Vorgaben der GW Lehrpläne erfüllt. Verschiedene Aspekte sollen dabei
auch mit Entsprechungen / Umsetzungen in ausgewählten Schulbüchern der Oberstufe zum
Unterrichtsfach GW verglichen werden.
Zuerst sollen die Ziele des Unternehmerführerscheins mit jenen des GW-Unterrichts verglichen
werden, danach soll der Inhalt diskutiert werden. Die Qualität der Lernergebniskontrollen, der
Kontrollfragen zum Text, soll dabei mit Fragestellungen aus GW-Büchern kontrastiert werden.
Der Bearbeitung von Zielen und Inhalten folgt jene der Aufbereitung der jeweiligen Inhalte. Dabei wird
vor allem die Art der Darstellung in den Vordergrund gerückt. Werden zum Beispiel Grafiken und
Bilder verwendet und welchen methodisch-didaktischen Kriterien entsprechen sie? Sind Grafiken zum
Beispiel rein illustrativ eingesetzt?
All diese Vergleiche sollen am Ende dieser Arbeit die Beantwortung der Frage zulassen, WAS der
Unternehmerführerschein im Vergleich zu den Schulbüchern leistet. Werden wirtschaftskundliche
Inhalte im Unternehmerführerschein dem Lehrplan und Schulbüchern entsprechend präsentiert?
Kann der Unernehmensführerschein den Wirtschaftskundeunterricht in den Schulen sogar ersetzen,
oder leistet der Unterricht (im Idealfall) etwas, das der Unternehmerführerschein vermissen lässt ?
6 WKO (2007): Der Unternehmerführerschein – Homepage. Hhttp://www.unternehmerfuehrerschein.at/welcome_uf.htmH
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 2. Zielformulierungen
2.1. Ziele des GW-Unterrichts an allgemeinbildenden Schulen
Zuerst sollen die Ziele des GW-Unterrichts mit jenen des Unternehmerführerscheins verglichen
werden. Welche Ziele der Geographie- und Wirtschaftskunde-Unterrichts verfolgt, ist dem Lehrplan
und der den Lehrplan kommentierenden Literatur zu entnehmen.
Im Lehrplankommentar von 19857 zum Unterstufenlehrplan (dessen Paradigma auch die LPe
1999/2000 und Oberstufe 2004 beibehalten haben) wird festgehalten, dass der GW-Unterricht „das
typische Verhalten und Handeln des Menschen in beiden eng miteinander verflochtenen Bereichen
Raum und Wirtschaft“8 zeigen soll und dabei in weiterer Folge auch unterschiedliche Konflikte von
Gruppen oder Individuen, sowie Motive und Auswirkungen von menschlichem Handeln verdeutlicht
werden. Themenblöcke bilden die didaktischen Einheiten mit den zwei Prinzipien der zunehmenden
Komplexität und der zunehmenden Qualifikation. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht nicht das
Faktenwissen sondern Fähigkeiten, Fertigkeiten und Qualifikationen der Schülerinnen und Schüler,
die im Unterricht zu selbständigem und eigenverantwortlichen Handeln animiert werden sollen.9
Die Oberstufe betreffend sollen, wie schon in der Einleitung erwähnt, Schülerinnen und Schüler im
GW-Unterricht, dem gesellschaftsbezogenen Handlungskonzept folgend, einen Weg vom
Wahrnehmen über das Verstehen und Beurteilen bis zum verantwortungsbewussten Handeln
beschreiten.
Dieses schon auf den Paradigmenwechsel in Geographie und Wirtschaftskunde in Österreich seit dem
LP 1985 zurückgehende Lehrplankonzept ist auf der nächsten Seite in Abbildung 1 dargestellt. Der LP
1999/2000 für die Unterstufe, als auch der AHS-Oberstufenlehrplan 2004 10 fußen weiterhin auf
diesem Paradigma des doppelpoligen Zentrierfaches
Über die erdräumlichen und ökonomischen Aktivitäten von Menschen und deren Motive,
Regelhaftigkeiten, Probleme und Auswirkungen hinaus wird jedoch auf sechs Kompetenzbereiche
Wert gelegt. Neben Methoden-, Orientierungs-, Umwelt-, Gesellschafts- und Wirtschaftskompetenz
wird im Lehrplan zur Oberstufe die Synthesekompetenz bei den Didaktischen Grundsätzen
hervorgehoben. Vernetztes Denken und Transferieren von Gelerntem in andere Wissens- und
Erfahrungsbereiche, sowie das Verknüpfen und Anwenden von Wissen stehen am Ende jeder
Oberstufenklasse und vor allem in der achten Klasse im Vordergrund.11
7 Christian Sitte plädiert in einem (für den Studiengebrauch zusammengestellten Online-Auszug (s.u. bei 6.) im Vorwort dafür, die theoretischen didaktischen Überlegungen des bis heute gültigen Paradigmenwechsel in den achtziger Jahren weiter zu kommunizieren und auch den Kommentaren zu neuen Lehrplänen voranzustellen. 8 SITTE, CHRISTIAN: Einleitende Anmerkungen zur Genese und Einordnung der Kommentarhefte von Christian Sitte und Auszüge aus dem Kommentar zum Lehrplan „GW 1985/86 der SI in Österreich. Online: Hhttp://homepage.univie.ac.at/Christian.Sitte/FD/KommLP85.htm#AH Abgerufen: 25. Oktober 2007 9 Vgl.: ebda. 10 Vgl. SITTE, CHRISTIAN 2004a Hwww.eduhi.at/dl/LP2004wn125.pdfH 11 Vgl.: BMUKK (1985): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der AHS-Oberstufe (online). a.a.O. bzw. online auch via Hwww.gw.eduhi.atH >> Lehrpläne
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
Wahrnehmen
Verstehen
Beurteilen
Handeln
erdräumliche und
ökonomische AKTIVITÄTEN
menschlicher Gruppen
und Individuen
Probleme
Auswirkungen
Regelhaftigkeiten
Motive
Abb.1: Bildungsaufgabe des Faches Geographie und Wirtschaftskunde. Quelle: Sitte, W. (2000) Geographieund Wirtschaftskunde. S. 163 – es entstammt ursprünglich dem Kommentarband zum Unterstufenlehrplan 1985
Neben den Zielformulierungen des Lehrplans ist auch der für alle Schulfächer geltende
Grundsatzerlass zur Politischen Bildung (vgl. dazu auch bei SITTE Ch. 2004, T.1) für einen
Vergleich zwischen Schulbüchern und Unternehmerführerschein von Bedeutung. In diesem Erlass
wird politische Bildung definiert als: 12
• Vermittlung von Wissen: Einblick in Gesellschaft, Interessen und Konflikte
• Entwicklung von Fähigkeiten & Einsichten: Fähigkeit zum Erkennen von Zusammenhängen
und zum kritischen Urteil als Grundlage für eine Meinungsbildung
• Wecken von Bereitschaft zu verantwortungsbewusstem Handeln: Politische Vorgänge sollen
aktiv mitgestaltet werden
• All das auf der Grundlage der Grundwerte Friede, Gleichheit und Gerechtigkeit
Die Ziele des Grundsatzerlasses sind:13
• Gesellschaftliche Strukturen in ihrer Art und Bedingtheit erkennen (Normen, Macht…)
• Erkennen, dass Demokratie Engagement erfordert; Zivilcourage fördern
• Denken in politischen Alternativen: Meinungsunterschiede sollen toleriert werden
12 Vgl.: BMUKK (1978): Politische Bildung. Grundsatzerlass des BMUK zur Politischen Bildung. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur in Wien vom 11. April 1978; ZI. 33.464/6-19a/1978. Online:Hhttp://www.eduhi.at/go/loading.php?artikel_id=43761&id=44905H Oder:Hhttp://www.univie.ac.at/geographie/ifgr/stzw/lehramt/fachdidaktik/home/Virtuell/POLITIK1.HTM 13 Vgl.: ebda.
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Diese Ziele sollen unter sieben Grundbedingungen, die Heinz Fassmann in einem Artikel in GW-
UNTERRICHT zu drei zentralen Bedingungen zusammengefasst hat, verwirklicht werden:14
• Lebensweltliche Anbindung – Im Erfahrungsbereich der Schüler ansetzen
• Indoktrinationsverbot – Die Lehrperson darf keine Werbung für die eigene Meinung machen
• Kontroversitätsgebot – Abweichende Meinungen sollen aufgezeigt und toleriert werden
Der Grundsatzerlass zur politischen Bildung ist im Zusammenhang mit dieser hier vorliegenden Arbeit
von nicht zu unterschätzender Relevanz, da die Ziele und Grundbedingungen als Unterrichtsprinzip
gelten. Das heißt, dass Politische Bildung in alle Gegenstände, Schulstufen und –arten durch
planvolles Zusammenwirken aller Lehrer (inkl. Schüler/Schülerinnen und Eltern) anzustreben ist und
daher meiner Meinung nach auch für den Unterricht ergänzende Unterrichtsmaterialen wie den
Unternehmerführerschein gelten muss.15 Ch. Sitte hat dazu in einem Artikel 2004 die Präsenz in den
einzelnen Fachlehrplantexten des Oberstufenlehrplans 2004 analysiert und verglichen 16.
Dabei kann das Prinzip der Politischen Bildung natürlich nicht „losgelöst von fachlichen Inhalten“17
realisiert werden.
Der Inhalt und die Aufbereitung dieser Inhalte im Unternehmerführerschein sollen also in Bezug auf
die im Lehrplan formulierten Ziele und in Bezug auf die Ziele und Bedingungen, die der
Grundsatzerlass zur Politischen Bildung als Unterrichtsprinzip in alle Fächer integriert wissen will,
untersucht und mit Schulbüchern verglichen werden. Da Lehrpläne „Vorgaben für Lehrbücher“18 sind
und der Unternehmerführerschein in der Lehrerbegleitunterlage als „an den Lehrplan angelehnt“
präsentiert wird, darf auch der Lehrplantext als Bewertungsgrundlage herangezogen werden.
Das heißt, es soll einerseits untersucht werden, ob die Darstellungen im Unternehmerführschein …
• Motive, Regelhaftigkeiten, Auswirkungen und Probleme ökonomischen Handelns von
Gruppen oder Individuen…
…behandeln und ob die Inhalte in irgendeiner Form dem Weg vom…
• Wahrnehmen über das Verstehen und Beurteilen zum Handeln…
…zulassen oder sogar vorzeichnen.
Andererseits soll untersucht werden, ob die Darstellungen im Unternehmerführerschein mit den Zielen
und Grundbedingungen des Grundsatzerlasses zur Politischen Bildung vereinbar sind, also ob….
14 Vgl.: FASSMANN, HEINZ (2006): Wie politisch ist die Geographie? Zum Verhältnis GW und PB. In: GW-
Unterricht 101 / 2006 S. 5ff online:Hhttp://www.univie.ac.at/geographie/fachdidaktik/FD/artikel/Fassmann_Wie%20politisch_101_GWU.pdf
15 Vgl: BMUKK (1978): Grundsatzerlass des BMUK zur Politischen Bildung(online). a.a.O. 16 SITTE, CHRISTIAN (2004) Wie politisch ist GW ?
Hhttp://homepage.univie.ac.at/Christian.Sitte/FD/artikel/PBinGWK.htmH 17 VIELHABER, CHRISTIAN (1998): Politische Bildung in der Schulgeographie. In Sitte, Wolfgang und H.
Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 335
18 SITTE, CHRISTIAN (2000): Lehrpläne I. In Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. A.a.O, S. 216
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
• Gesellschaftliche Strukturen in Bezug auf Normen und Macht sowie das Denken in politischen
Alternativen ….
…eine Rolle spielen und ob die Darstellungen im Unternehmerführerschein mit den
Grundbedingungen…
• Lebensweltliche Anbindung, Indoktrinationsverbot und Kontroversitätsgebot….
…vereinbar sind.
2.2. Ziele des Unternehmerführerscheins
Die Homepage zum Unternehmerführerschein gibt Einblick in dessen Ziele. Der
Unternehmerführerschein ist unterteilt in vier Module. Das erste Modul, oder Modul A, behandelt
grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge. Im Modul B werden volkswirtschaftliche Inhalte
behandelt, betriebswirtschaftliche Grundlagen im Modul C. Das vierte Modul, Modul UP, soll
vertiefende BWL-Inhalte auf dem Niveau der Unternehmerprüfung behandeln.
Das erste Modul ist für die Unterstufe konzipiert, das zweite und dritte ist laut den Informationen auf
der Homepage an den Lehrplan der Oberstufe angelehnt. Das vierte Modul geht über den AHS-
Lehrplan hinaus und wird deshalb im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt.19
Die Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler der Hauptschule und der AHS. Ziel des
Unternehmerführerscheins ist es20
• …wirtschaftliches Wissen und
• …soziale Kompetenz der Jugendlichen früh zu stärken und
• …die Wirtschaft als Motor für Arbeitsplätze und den sozialen Wohlstand eines Landes zu
vermitteln
• … zu einer positiven Einstellung zur Wirtschaft im Allgemeinen beizutragen
• … und durch Förderung der Motivation und der Qualifikation zur Selbständigkeit
Schwellenängste zum Unternehmersein abzubauen.
Vergleicht man diese Zielformulierungen mit jenen des Lehrplans, so fällt auf, dass im Mittelpunkt
nicht mehr der Mensch oder die ökonomischen Aktivitäten des Menschen mit allen Konsequenzen im
Mittelpunkt stehen, sondern einerseits „wirtschaftliches Wissen“ und andererseits die Förderung einer
bestimmten Einstellung zur „Wirtschaft“. Eine positive Einstellung zu Wirtschaft und zum
Unternehmertum soll gefördert werden.
In den Zielformulierungen wird also Faktenwissen in den Vordergrund gerückt, und diese
Schwerpunktsetzung steht in deutlichem Gegensatz zum Lehrplan, der durch die in der Einleitung kurz
skizzierte Entwicklung nicht Fakten sondern verschiedene Kompetenzen in den Mittelpunkt des
Unterrichts rückt. Zum Beispiel wird unter Wirtschaftskompetenz im Lehrplan unter anderem
verstanden: „Wirtschaftspolitik als wesentlichen Bestandteil der Politik erkennen, ihre Modelle und
deren reale Umsetzung in unterschiedlichen Systemen einschätzen können.“21
19 Vgl.: WKO (2007): Der Unternehmerführerschein – Hwww.unternehmerfuehrerschein.at/welcome_uf.htmH 20 Vgl.: ebda. 21 BMUKK (2007): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der AHS-Oberstufe (online). a.a.O., S. 1
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 In Bezug zum Unternehmerführerschein wird immerhin die soziale Kompetenz von Jugendlichen
angesprochen, es wird allerdings nicht näher definiert, was darunter genau zu verstehen sein soll.
Auf der Homepage der Wirtschaftskammer zum Unternehmerführerschein ist auch ein methodisch-
didaktisches Konzept zu finden:
Jugendliche sollen über volks- und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge informiert werden, und
Selbständigkeit als etwas Positives, Erstrebenswertes begreifen. Das Wissen soll anwendungs- und
handlungsorientiert sowie schülerzentriert vermittelt werden. Nachdem nun auf der Homepage in den
sowohl mit den einleitenden Worten als auch bei den Zielen, dem Konzept und dem Aufbau und auch
zu Beginn des methodisch-didaktischen Konzepts das „Wissen“ betont wurde, steht erst im letzten
Satz als schwacher Gegenpol zu der Dominanz des Wissens, dass nicht die Reproduktion sondern
das Anwenden von Wissen im Vordergrund stehen soll.22
Die Zielsetzung, Jugendlichen eine „positive Einstellung“ zur Wirtschaft und zur Selbständigkeit zu
vermitteln, steht in Widerspruch zum Kontroversitätsgebot im Grundsatzerlass zur Politischen Bildung.
Es soll Meinungsbildung betrieben werden, Selbständigkeit als rein positiv dargestellt werden was,
hält man sich einige Formen der Selbständigkeit (oder „neuen“ Selbständigkeit) ohne soziale
Absicherung und unsicherer Arbeitssituation vor Augen, problematisch sein kann.
Im nun folgenden Kapitel werden Inhalte und Präsentation des Unternehmerführerscheins mit Inhalten
und Präsentation von Schulbüchern der AHS-Oberstufe verglichen. Dem inhaltlichen Vergleich folgt
ein Vergleich der Umsetzung dieser Inhalte. Auf die in diesem Kapitel dargelegten Zielformulierungen
wird in Bezug auf die Ergebnisse der beiden Vergleiche im Resümee jeweils noch einzugehen sein.
nach oben >
22 WKO (2007): Der Unternehmerführerschein. Homepage. Hwww.unternehmerfuehrerschein.at/welcome_uf.htmH
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 3. Modul A
3.1. Inhalte
Wie schon erwähnt ist der Unternehmerführerschein in drei Basismodule und ein Zusatzmodul
unterteilt.
Die Themen des Moduls A sind an verschiedene Themen des Unterstufenlehrplans angelehnt.
Der Unterstufenlehrplan beinhaltet neben der allgemeinen Bildungs- und Lehraufgabe, die schon im
letzten Kapitel thematisiert wurde und die den Menschen und das menschliche Handeln ins Zentrum
des GW-Unterrichts stellt, auch Hinweise darauf, welchen Beitrag der GW-Unterricht zu einzelnen
Bildungsbereichen leisten soll und er beinhaltet vor allem auch noch didaktische Grundsätze zum GW-
Unterricht.
Zentrale Aspekte sind Begriffe, Fertigkeiten und Einsichten, die, bei zunehmender Komplexität der
Darstellung, von Schülerinnen und Schülern erworben und gewonnen werden sollen.23
In Bezug auf die Wirtschaftskunde steht „das Wechselspiel zwischen Produktion und Konsum bzw.
Angebot und Nachfrage sowie ihr Zusammenwirken für die Preisbildung, betriebswirtschaftliche und
nationalökonomische Prozesse“24 im Zentrum.
Nun zu dem Modul selbst. Das Modul A ist in sechs Kapitel unterteilt und jedes Kapitel wird im
jeweiligen Vorwort bestimmten Themen verschiedener Unterstufenklassen zugeordnet.
Jedes Kapitel umfasst durchschnittlich 35 Seiten und besteht aus dem Inhaltsteil, dessen
Zusammenfassung, Tipps und passende Links und einem Übungsteil (die Lösungen zu diesem
Übungsteil befinden sich im Anhang des Kapitels).
Dabei ist anzumerken, dass die wirtschaftskundlichen Inhalte selbst durchschnittlich 25 Seiten
einnehmen, 6 Seiten werden durchschnittlich für Übungen aufgewendet.
Durchschnittlich neun Seiten benötigen die Übungsblätter und Lösungen und sieben Seiten sind den
didaktischen Anregungen gewidmet.
Das erste Kapitel im Modul A trägt den Titel „Unserer Arbeitswelt“, behandelt wirtschaftskundliche
Grundbegriffe und beginnt mit der Maslow’schen Bedürfnispyramide. Davon ausgehend, werden die
Entstehung eines Marktes (durch Tausch), Akteure am Markt (Unternehmen und Haushalte; der Staat
fehlt hier noch), Effizienz und Arbeit (unselbständige vs. selbständige) und historische
Konjunkturzyklen und die damit veränderten Formen für Arbeit thematisiert.
Theoretische Modelle werden dabei nicht explizit angesprochen (bis auf die Bedürfnispyramide von
Maslow), sondern knapp erklärt oder an Beispielen erläutert. Es ist zum Beispiel nicht von Kondratjew-
Wellen die Rede, aber es wird das Prinzip der Transformation der Gesellschaftsform durch
Innovationen erklärt. Das ökonomische Prinzip wird anhand der Geschichte eines Schülers Christian
erzählt, dem die Schülerin oder der Schüler bei der Entscheidung helfen soll, ob er sein erspartes
Geld nach dem Maximumprinzip oder Minimumprinzip einsetzen soll; das Optimumprinzip steht
allerdings nicht zur Auswahl. An solchen Beispielen ist der didaktische Anspruch erkennbar. Die 23 Vgl.: BMUKK (2006): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der Unterstufe.(online) a.a.O., S. 2 24 Ebd. S. 2
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Inhalte sollen an die Lebenswelt der Jugendlichen anknüpfen und wollen damit Interesse für
wirtschaftskundliche Fragen wecken.
Die Arbeitswelt betreffend werden die Faktoren „Globalisierung“, „Computereinsatz“ und
„Dienstleistungen“ hervorgehoben. Als Anforderungen an Mitarbeiter werden Lernbereitschaft,
Eigenverantwortung, Flexibilität, Selbstvertrauen, Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, Konfliktfähigkeit
und Innovation betont.
An die sehr einfache Darstellung eines Marktes, der nur von Unternehmen und Haushalten beherrscht
wird, knüpft das zweite Kapitel an und integriert den Staat in den Wirtschaftskreislauf. Danach wird die
Rolle des Staates, mit Bezug auf Österreich, in der sozialen Marktwirtschaft definiert. Dabei ist
festzuhalten, dass die Gegenüberstellung der „Systeme“ der freien Marktwirtschaft, der sozialen
Marktwirtschaft und der ökosozialen Marktwirtschaft nicht ohne Einwände bleiben kann. Die Nachteile
der freien Marktwirtschaft, zum Beispiel Verarmung der wirtschaftlich schwächsten Akteure, werden
dem Idealtyp einer sozialen Marktwirtschaft gegenübergestellt, die diese Nachteile abfedert. Die
Argumentation findet dabei auf zwei unterschiedlichen Ebenen statt. Danach wird allerdings erklärt,
dass der Realtyp der sozialen Marktwirtschaft, also die Nachteile dieser Spielform wie beispielsweise
hohe staatliche Ausgaben mit der Notwendigkeit des Abbaus von „überflüssigen Spielregeln“25, also
mehr Liberalisierung beantwortet. Die Nachteile einer freien Marktwirtschaft gleicht also die soziale
Marktwirtschaft aus und deren Nachteile gleicht wiederum die freie Marktwirtschaft aus? Hier soll wohl
eine Art „vergoldeter“ Mittelweg beworben werden. Als moderne und zukunftsorientierte Lösung wird
schließlich das populäre Modell der ökosozialen Marktwirtschaft präsentiert.
Im zweiten Teil dieses Kapitels wird die Funktion des Geldes als Tauschmittel, Recheneinheit und
Wertaufbewahrung erklärt. Die Inflation und die Rolle der Nationalbanken werden nur äußerst kurz auf
knapp zwei Seiten besprochen, während die Möglichkeiten von Zahlungen (Bar, Überweisung, Karte)
auf neun Seiten vergleichsweise detailliert behandelt werden.
Dieses zweite Kapitel soll zum Thema „Einblicke in die Arbeitswelt“ der zweiten Klasse passen.
Genauer: „Erkennen, dass in der Wirtschaft unterschiedliche Interessen aufeinander treffen und dass
die Methoden des Interessenausgleichs einem Wandel unterworfen wird“26. Auch mit großer Mühe ist
den vorhandenen Inhalten kein Aufeinandertreffen von Interessen zu entnehmen. Nur in den
„Weiterführenden didaktischen Anregungen“ in der Lehrerbegleitunterlage wird ein Rollenspiel
angeregt, indem ein Interessenskonflikt um die Öffnung von Geschäften an Sonn- und Feiertagen
simuliert wird. Das Rollenspiel ist gut dazu geeignet in einem handlungsorientierten Unterricht
Interessenskonflikte erfahrbar zu machen, ein Zusammenhang mit den Inhalten des Kapitels wird
allerdings durch die Lektüre der Texte nicht deutlich.27
Die Anregung zur Inflation ist hingegen gut gelungen. Ein Warenkorb soll zusammengestellt und die
Preisveränderungen über das Schuljahr beobachtet werden.28 Dadurch kommt es tatsächlich zum
25 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2006): Unternehmerführerschein. Modul A. Wien: Bit Media , S. 51 26 BMUKK (2006): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der Unterstufe. (online) a.a.O., S. 4 27 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2006): Unternehmerführerschein. Lehrerbegleitunterlage Modul A. Wien: Bit Media , S. 19 28 VGL: ebd., S. 22
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 „Erfassen grundlegender Marktprozesse“29, wie im Vorwort aus dem Lehrplan der Unterstufe zitiert
wird.
Das dritte Kapitel erklärt verschiedene Möglichkeiten, Betriebe in Gruppen einzuteilen (Leistung,
Größe, Wirtschaftszweig). Diese Einteilungen und die Wirtschaftssektoren (primär, sekundär, tertiär)
werden auf den folgenden einundzwanzig Seiten behandelt (v.a. Industrie, Tourismus und Handel).
Auf den restlichen vier Seiten wird der Unterschied von Außen- und Binnenhandel erklärt. Diese
Aufteilung lässt erkennen, dass im Modul A betriebswirtschaftliche Schwerpunkte vorherrschen. Der
Außenhandel wird aber im Modul B ausführlicher behandelt.
Das vierte Kapitel widmet sich v. a. betriebswirtschaftlichen Aspekten. Einleitend wird der Weg von
einer Idee zum Produkt beschrieben, um danach auf betriebliche Leistungsbereiche überzugehen.
Das gesamte restliche Kapitel thematisiert die Bereiche Forschung und Entwicklung, Beschaffung,
Produktion, Absatz, Finanzierung und Investition sowie Management und Führung. Dabei werden
Führungsstile (demokratisch, autoritär, …) ebenso behandelt wie Organigramme oder
Organisationsformen. Das vierte Kapitel ist inhaltlich überzeugender als die ersten drei Kapitel. Der
Grund dafür liegt schlicht und einfach daran, dass den einzelnen Aspekten mehr Platz eingeräumt
wird und nicht versucht wird die Beschaffung und Lagerung ähnlich wie die Inflation im zweiten Kapitel
in nur einem Absatz darzustellen. Aber es fehlen auch relevante Aspekte. Just-in-time Produktion wird
im Abschnitt zur Lagerung und Materialwirtschaft beispielsweise nicht erwähnt.
Das fünfte Kapitel behandelt in sieben Seiten, also vergleichsweise ausführlich, das Thema Marketing
und als zweiten Schwerpunkt das Thema der Preisbildung und Kalkulation (12 Seiten). Deutlich kürzer
(3 Seiten) werden Marktformen wie zum Beispiel das Monopol u.a. behandelt.
Das sechste Kapitel simuliert die Gründung eines Unternehmens. Die ersten sechs Seiten behandeln
die grundlegenden Entscheidungen, Gründungsmotive und Voraussetzungen, die ein Unternehmer
mitbringen muss. Danach werden unternehmerische Entscheidungen wie Produktpolitik, Preispolitik,
Absatzpolitik, der Marketingmix und Standortentscheidungen erläutert.
3.2. Inhaltlicher Vergleich mit verschiedenen Schulbüchern
Das Modul A des Unternehmerführerscheins bezieht sich zwar auf die Unterstufe, dennoch soll hier in
erster Linie nicht der Lehrplan der Unterstufe als Maßstab gelten, sondern vor allem jener der
Oberstufe und auch die zu Vergleichszwecken herangezogenen Schulbücher sind für die 5. und 7.
Klasse einer AHS-Oberstufe konzipiert. Begründet wird dies damit, dass einige relevante Inhalte des
Moduls A in der 5. Klasse in den Schulbüchern zu finden sind. So ist die Bedürfnispyramide nach
Maslow in den Büchern zur fünften Klasse, also in Raum – Gesellschaft – Wirtschaft 5 (S. 53) , in
Durchblick 5 (S. 50) in GW Kompetent 1 (S. 52) und in System Erde 5/6 (S. 131) thematisiert.
Inhalten aus folgenden sieben Schulbüchern sollen zu Vergleichszwecken fallweise den
entsprechenden Themen des Unternehmerführerscheins gegenübergestellt werden.
29 Ebd., S. 18
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
• Raum – Gesellschaft – Wirtschaft 5 und 7
• Durchblick 5 und 7
• GW Kompetent 1 und 2
• System Erde 5/6
Ein detaillierter Vergleich des gesamten Moduls mit allen Entsprechungen in den genannten
Schulbüchern würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen.
Daher sollen verschiedene Aspekte in den folgenden Abschnitten exemplarisch an ausgewählten
Beispielen aus dem Modul A genauer betrachtet werden. Für einen inhaltlichen Vergleich soll das
erste Kapitel herangezogen werden. Welche Inhalte werden in diesem Kapitel behandelt und für
welche Klassen sind diese in den Schulbüchern aufbereitet?
Themen in Kapitel 1 von Modul A In den Schulbüchern der… Bedürfnisse/ Bedürfnispyramide 5. Klasse
Knappheit 5. Klasse Markt (Angebot/Nachfrage) 5. Klasse
Ökonomisches Prinzip 5. Klasse Konjunkturzyklen 7. Klasse
Veränderung der Arbeitswelt 7. Klasse Tab. 1: Zentrale Themen i. Kapitel 1, Modul A und ihre Entsprechung in Schulbüchern zur AHS-Oberstufe. Die meisten Themen aus Kapitel 1 sind also in den Schulbüchern zur 5. Klasse wiederzufinden. Die
entsprechende Stelle im Lehrplan lautet: „Die Bedeutung der Märkte und der Preisbildung für die
Verteilung knapper Güter und für die grenzenlosen Bedürfnisse erkennen“30
An dieser Stelle soll angemerkt werden, dass von der ersten Ausgabe des Unternehmerführerscheins
(2004) auf die aktuelle Ausgabe (2006) nur minimale Inhaltliche Veränderungen vorgenommen
wurden. Das Layout wurde eingehend überarbeitet (was auch notwendig war), die didaktischen
Anregungen in eine Lehrerbegleitunterlage ausgelagert und die Grafiken sind nicht mehr als Folien,
sondern in Form einer Powerpoint-Präsentationsdatei auf CD beigelegt. Im ersten Kapitel wird die
Bedürfnispyramide von Maslow genauer erklärt, die Darstellung der Entstehung eines Marktes durch
Tausch wurde mit einigen Beispielen ergänzt und es wurden drei Merksätze eingefügt. Ein Beispiel:
„Unter Wirtschaft versteht man alle Tätigkeiten zur planvollen Befriedigung von menschlichen
Bedürfnissen“31
Die Themen Bedürfnisse, Knappheit, Markt und Ökonomisches Prinzip beanspruchen im ersten
Kapitel 12 Seiten (In der ersten Ausgabe des Wirtschaftsführerscheins ist der gleiche Inhalt bei
größerer Schriftgröße und größerem Zeilenabstand auf nur 6 Seiten verteilt) . Der Vergleich von
Seitenzahlen in verschiedenen Büchern ist natürlich aufgrund unterschiedlicher Formatierungen nicht
ganz einfach. Doch die Schriftgröße, der Zeilenabstand, leere Seitenabschnitte und die Größe der
Grafiken lassen vermuten, dass eine Seite im Modul A des Unternehmerführerscheins drei bis vier
Seiten in den vorliegenden Schulbüchern entspricht). In Buch Raum – Gesellschaft – Wirtschaft 5
benötigen dieselben Themen fünf Seiten, was also 15 bis 20 Seiten im Modul A entspricht. Das Buch
30 BMUKK (2007): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der AHS-Oberstufe. (online) a.a.O., S. 3 31 WKO (HRSG.)(2006): Unternehmerführerschein. Modul A. a.a.O., S. 13
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Durchblick 5 verwendet sogar zehn Seiten für dieses Thema und GW Kompetent acht Seiten. Die
Quantität alleine ist natürlich nicht entscheidend, dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob im
Unternehmerführerschein die einzelnen Themen nicht zu kurz kommen, um eingehend bearbeitet zu
werden. Daher verwundert es nicht, dass auch die „inhaltliche Tiefe“ nicht jener der Schulbücher
entspricht.
Die Begriffe Bedürfnis und Bedarf werden im Unternehmerführerschein nicht unterschieden. Im RGW
5 erfährt man zum Beispiel, dass Bedürfnisse individuell empfunden werden und sich in Wünschen
äußern, während der Bedarf eine tatsächliche Nachfrage bedeutet, dem das Angebot
gegenübersteht.32 Auch in Durchblicke 5 und in System Erde 5/6 wird diese Unterscheidung getroffen,
um danach das System von Angebot und Nachfrage zu erklären. Im Unterschied zu den Schulbüchern
ist auch keine grafische Darstellung von Angebot und Nachfrage zu finden. Die Preisbildung wird im
Zusammenhang mit dem Markt an dieser Stelle nicht erwähnt. Sie wird aus Unternehmenssicht
(Preisgestaltung im Unternehmen) erst im fünften Kapitel behandelt, so wie auch die meisten anderen
Kapitel eine betriebswirtschaftliche „Schlagseite“ aufweisen und kaum eine andere als die
Unternehmerperspektive zulassen.
Märkte werden im Anschluss an die Erkenntnis, dass nicht alle Bedürfnisse erfüllt werden können, als
Mittel zur Bedürfnisbefriedigung vorgestellt. „Damit Anbieter und Nachfrager ihre Bedürfnisse
befriedigen können, müssen sie einander irgendwo treffen, um voneinander zu erfahren und auch den
angemessenen Geldpreis auszuhandeln. Dort, wo sie sich treffen ist der Markt.“33 Bei dieser
Feststellung und einer Grafik, die Unternehmen und Haushalte zeigt, die Güter und Dienstleistungen
tauschen bleibt es im Unternehmerführerschein auch schon. In den Schulbüchern wird weiter
gegangen und die gesellschaftliche Rolle von Konsum und Bedürfnissen, die durch Werbung
stimuliert werden sollen, kritisch hinterfragt.34
Insgesamt kann diesem Kapitelteil keine übertriebene inhaltliche Fülle nachgesagt werde. In wenigen
Sätzen wird erklärt was Bedürfnisse sind, dass der Markt aus Anbieter und Nachfrager besteht und
was unter dem Maximalprinzip und dem Minimalprinzip zu verstehen ist. Die „Bedeutung der Märkte
für die Preisbildung und Verteilung knapper Güter“ wie es der Lehrplan in Zusammenhang mit den
Bedürfnissen fordert wird nicht überzeugend herausgearbeitet. Wissensvermittlung steht im
Vordergrund, wobei selbst das reine Faktenwissen recht kurz kommt.
Legt man die Forderungen des Grundsatzerlasses zur Politischen Bildung als Maßstab an, so werden
auch keine gesellschaftlichen Strukturen in Bezug auf Normen und Macht sichtbar. In Durchblick 5
wird die Frage gestellt ob „alle Menschen das Recht [haben], ihre Bedürfnisse zu befriedigen“35,
wodurch sich eine Diskussion über Basic needs und Grundsicherung anbietet. Im
Unternehmerführerschein fehlen solche Ansätze.
32 HITZ, HARALD/ G. KRAMER/ W. MALCIK/ F. ZACH (1998): Raum – Gesellschaft – Wirtschaft im Wandel der Zeit. Lehr- und Arbeitsbuch für die 5. Klasse an allgemeinbildenden höheren Schulen. Wien: Hölzel, S. 54 33 WKO (HRSG.)(2006): Unternehmerführerschein. Modul A. a.a.O, S. 17 34 HOFMANN-SCHNELLER, M./ M. DERFLINGER/ G. MENSCHICK/ W. Tuschek (2004): Durchblick 5. Geographie und Wirtschaftskunde für die 9. Schulstufe. Neuer Lehrplan. Wien: Westermann, S. 52-53 und KLAPPBACHER, OSWALD UND GERHARD KARL LIEB (2005): GW Kompetent 1. Geographie und Wirtschaftskunde für die 9. Schulstufe. Linz: Veritas, S. 55 35 Durchblick 5, a.a.O. S. 51
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Dass eine lebensweltliche Anbindung zum pädagogisch-didaktischen Konzept des
Unternehmerführerscheins gehört, ist spürbar. Großen Wert legen die Autoren (oder Autorinnen?;
weder den Modulen, noch der Homepage sind Informationen zur Autorschaft zu entnehmen!) darauf,
das Zielpublikum auf einer persönlichen Ebene zu erreichen. Immer wieder stößt man auf persönliche
Anreden („Wie du sicher bereits weißt, …“36) und Beispiele mit Jugendlichen als Akteure (Christian
überlegt wie er sein Geld ausgeben soll37). Doch das Kontroversitätsgebot wird vernachlässigt, da
keine kritischen Meinungen beispielsweise zu Konsum und Werbung vorhanden sind.
Man könnte einwenden, dass das Modul für die Unterstufe konzipiert ist und die vorgebrachte Kritik
daher überzogen sei. Auch in dieser Hinsicht genügt der Inhalt den Anforderungen des Lehrplans
nicht. Von der Trias „Begriffe, Fertigkeiten, Einsichten“ werden vor allem die Begriffe bedient.
Bei der Erstellung der neuen Ausgabe des Unternehmerführerscheins wurde neben dem Layout
offensichtlich auch der Übungsteil überarbeitet. In der ursprünglichen Fassung wird im Übungsteil zum
Beispiel folgende Frage gestellt: „Die Wirtschaft stellt uns Güter zur Erfüllung unserer Wünsche
(Bedürfnisse) zur Verfügung. Oft weckt sie aber erst auch diese Wünsche in uns. Finde drei Beispiele
für Bedürfnisse, die zuerst geweckt (z.B. durch die Werbung) und dann erst durch die Wirtschaft
befriedigt werden. Beispiel: Mit Handys Fotos schießen können.“38 Diese Übungsfrage ließe eine
kritische Diskussion zum Thema Konsum, Bedürfnisbefriedigung und Werbung zu. Im neuen
Unternehmerführerschein fehlt sie. Die Qualität der Übungsfragen soll allerdings erst in einem
späteren Abschnitt thematisiert werden, jetzt soll das Augenmerk weiter auf den inhaltlichen Aspekt
gelegt werden. Dieser Frage (die, wie erwähnt, im neuen Unternehmerführerschein schein nicht
enthalten ist) entsprechen 2 Seiten samt Arbeitsfragen, einem Regionalen Beispiel und Bezug zum
Taschengeld von Jugendlichen in Durchblick 5.39 Die Überlegungen zu diesem problematischen
Aspekt von Konsum wird durch nichts im Text angeregt, eingeleitet oder unterstützt.
Bei den ‚didaktischen Anregungen’ werden zwei offene Fragestellungen für eine Diskussion
angeboten, für die ein Zeitrahmen von fünf Minuten veranschlagt wird. Die Fragestellungen: „Die
Schlagzeile einer Zeitung lautet: ‚Österreichs Unternehmen haben im letzten Jahr gut gewirtschaftet!’
Was ist damit gemeint? – Wann wirtschaften die Schüler mit ihrem Taschengeld gut?“ Eine Diskussion
zu diesen Fragen kann als Einstieg Sensibilität gegenüber dem Verhältnis von Unternehmen und
Haushalten und gegenüber dem Begriff „wirtschaften“ fördern. Doch auch diese Übung geht am Text
vorbei, außer es sollen einfach die jeweiligen Inhalte (Maximalprinzip, Minimalprinzip) referiert werden,
was aber ein niedriges Komplexitätsniveau bedeuten würde. Warum wurde dieser wichtige, weil
kritische Ansatz nicht ins neue Modul integriert oder sogar ausgebaut?
Der Unternehmerführerschein verfolgt offensichtlich nicht vorrangig die Ziele des Lehrplans sondern
will, was die inhaltliche Zusammenstellung betrifft, nur die selbst formulierten Ziele erreichen.
Wirtschaftliches Wissen steht im Vordergrund, wobei dieses wirtschaftliche Wissen auch in den
Schulbüchern enthalten ist, dort allerdings in größere Zusammenhänge und nicht nur im
betriebswirtschaftlichen Bereich eingebettet ist.
36 WKO (HRSG.)(2006): Unternehmerführerschein. Modul A. a.a.O, 16 37 Ebd., S. 19 38 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2004): Unternehmerführerschein. Modul A. Wien: Manz Crossmedia S. 31 39 Vgl. Durchblick 5. a.a.O., S. 52-53
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Bleibt noch die positive Einstellung der Wirtschaft gegenüber, die bei Jugendlichen gefördert werden
soll. Kontroverse Ansichten sucht man im Unternehmerführerschein vergeblich, der Aspekt der
politischen Bildung wird vernachlässigt.
Auch anderen Kapiteln des Moduls sind ähnliche Mängel festzustellen. Die verkürzte Darstellung
reduziert den Inhalt auf Fakten und Beispiele. Das Komplexitätsniveau ist äußerst gering, die
Grundsätze der politischen Bildung bleiben weitgehend unberücksichtigt und die Ziele des Lehrplans
(sowohl jene der Unterstufe, als auch der Oberstufe) werden nicht genügend erfüllt.
Als zweites Beispiel kann die zweite Hälfte des ersten Kapitels erwähnt werden, die als Thema die
sich verändernde Arbeitswelt und damit in Zusammenhang einen an Kondratjew angelehnten
Konjunkturzyklus und aktuelle Anforderungen an Mitabeiter thematisiert. Die Themen werden in den
Schulbüchern zur 7. Klasse anders aufgeteilt. Konjunkturzyklen sind in den Kapiteln zur
Wirtschaftspolitik zu finden, allerdings sind hier mittelfristige Zyklen das Thema und nicht die von
Kondratjew visualisierten langfristigen Schwankungen. Die Veränderung der Arbeitswelt ist in den
Schulbüchern im Kapitel zur Berufsorientierung integriert.
Im Unternehmerführerschein werden persönliche Qualifikationen der Mitarbeiter ins Zentrum gerückt.
Abgesehen davon, dass die Art der Darstellung der entsprechenden Grafik auf Seite 29 irreführen
ist40, wird der Schwerpunkt bei der Arbeitswelt in den Schulbüchern wird anders gesetzt. Im RGW 7
wird die große Bedeutung des Dienstleistungssektors und die Veränderungen in der Produktion durch
viele Beispiele in verschiedenen Berufsparten verdeutlicht und die Berufsorientierung im Kapitel
„Matura – was nun?“ dennoch nicht vernachlässigt.41 Ähnlich verhält es sich mit Durchblick 7: Wege
nach der Matura werden aufgezeigt und dann auf drei Seiten die veränderte Arbeitswelt behandelt.
Wieder wird die politische Bildung im Unternehmerführerschein vernachlässigt. Die Gründung neuer
Unternehmen wird mit einem Hinweis auf die Erfolgsgeschichte von Microsoft gelobt; Risiken, die
atypischen Beschäftigungsverhältnissen eingeschrieben sind werden in einem Satz erwähnt.42 Die
Schulbücher bieten diese Diskussion und anderes interessantes Material an. Durchblick 7 thematisiert
Probleme der Teilzeitbeschäftigung und der Arbeitslosigkeit43. RGW 7 leitet Schülerinnen und Schüler
dazu an, Stellenanzeigen in Zeitungen zu lesen und versucht so Aspekte der realen Arbeitswelt in den
Unterricht zu integrieren.44 Dem Unternehmerführerschein ähnlich ist in diesem Punkt das Buch GW
Kompetent 3. Es verwendet die gleiche Grafik um den Einfluss von Beschäftigungsentwicklung
(Dienstleistungen), stärkerem Computereinsatz und Globalisierung auf den Menschen darzustellen.
Über den Hinweis, dass Faktoren wie lebenslanges Lernen, Flexibilität u. a. zu den Anforderungen an
Arbeitnehmer gehören kommt auch dieses Schulbuch nicht hinaus.45
40 Die in dieser Grafik genannten Eigenschaften sind wohl als gleichwertig zu betrachten, sie sind aber nicht gleichwertig abgebildet. „Zielstrebigkeit“ und „Lernbereitschaft“ stehen im Zentrum und gewinnen dadurch mehr Bedeutung. „Teamfähigkeit“ steht weit unten und die entsprechende Fläche ist viel kleiner als z.B. jene in der die Eigenschaft „Innovation“ genannt wird. 41 MALCIK W. , SITTE, W. / C. SITTE/ (2006): RGW 7neu. Raum – Gesellschaft – Wirtschaft. Lehr- und Arbeitsbuch für die 7. Klasse an allgemein bildenden höheren Schulen. Wien: Hölzel, S. 97-101 42 Vgl. WKO (HRSG.)(2006): Unternehmerführerschein. Modul A. a.a.O., S. 28 43 HOFMANN-SCHNELLER, M./ M. DERFLINGER/ G. MENSCHICK/ P. RAK (2006): Durchblick 7. Geographie und Wirtschaftskunde für die 11. Schulstufe. Neuer Lehrplan. Wien: Westermann , S. 218 44 Vgl. RGW 7. a.a.O., S. 102 45 Vgl. KLAPPBACHER, OSWALD UND GERHARD KARL LIEB (2006): GW Kompetent 3. Geografie und Wirtschaftskunde für die 11. Schulstufe. Linz: Veritas, 97-98
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
3.3. Lernzielkontrolle – Übungsfragen
In diesem Abschnitt sollen die Fragen im den Übungsteil zu Kapitel 1 analysiert und mit Fragen in
Schulbüchern verglichen werden. Werden im Übungsteil des Unternehmerführerscheins nur Inhalte
abgefragt, oder werden auch Aufgaben auf höherem Niveaus gestellt?
In diesem Zusammenhang sind Gedanken zur Taxonomie von Bedeutung. Bei Taxonomie handelt es
sich um „ein Klassifikationsschema, das Lernziele nach theoretischen Kriterien aufsteigend ordnet
(hierarchisiert), wobei die niedrigere Kategorie jeweils Element der höheren ist.“46
Der kognitive Aspekt, der hier im Zentrum der Diskussion stehen soll, ist neben dem affektiven und
dem psychomotorischen nur einer von drei Bereichen der Taxonomie.
Eine auf drei Stufen reduzierte Einstufung bietet Wolfgang Sitte in einem Aufsatz zur
Lernergebniskontrolle und Leistungsbeurteilung an. Die Inhalte eines Tests werden, je nach Art der
Fragestellung, in die drei Kategorien Reproduzieren, Beschreiben und erklären, Selbständig denken
und handeln eingeteilt.
Eine weitere Möglichkeit der Einteilung ist jene nach H. Roth, der die vier Stufen: Reproduktion des
Wissens, Reorganisation des Wissens (eigene Verarbeitung), Transfer (Übertragung auf andere
Wissenschaftsbereiche) und Problemlösen (Wissen selbst produzieren).47
Die folgende Taxonomie geht zurück auf Bloom und verwendet sechs Kategorien:
Kategorien der kognitiven Taxonomie nach Bloom:
Kenntnisse Verstehen
Anwendung Analyse
Synthese Bewertung
Abb.2: Kategorien der kognitiven Taxonomie nach Bloom. Vgl.:Sitte Wolfgang (2000): Taxonomie. S. 473-474
Die niedrigste Kategorie der kognitiven Taxonomie nach Bloom sind Kenntnisse von Fakten und erst
die zweite Stufe meint das Verstehen. Während Kenntnisse wortgetreu wiedergegeben werden
können, umfasst das Verstehen auch die Formulierung von Zusammenhängen in eigenen Worten, wofür Einsicht in Prozesse als notwendige Voraussetzung gilt. Auf der dritten Niveaustufe soll
46 SITTE, WOLFGANG (2000): Taxonomie. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 473-475 47 Vgl. SITTE, WOLFGANG (2001): Lernergebniskontrolle und Leistungsbeurteilung.. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): a.a.O, S. 280
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Verstandenes auch problemlösend angewendet werden. Bei der Analyse soll aus vorhandener
Information das wesentliche herausgefiltert werden können und darüber hinaus sollen auch
Behauptungen auf ihre Aussagekraft hin untersucht werden können. Problemlösung, bei der
verschiedene Informationen zu einer in den einzelnen Informationen nicht vorhandenen Erkenntnis
zusammengeführt werden, ist mit der Stufe des Synthetisierens gemeint. Auf der Basis von Analyse
und Synthese, Sachverhalte zu kritisieren und damit zu bewerten und zu einer eigenen begründeten
Meinung zu gelangen beschreibt die ‚Bewertung’, die höchste Stufe der kognitiven Taxonomie.48
Ich meine, die Taxonomie von Bloom ist als erste Bewertung der Übungsfragen im
Unternehmerschein zu gebrauchen, auch wenn es sich dabei nur um eine sehr grobe Einteilung von
Zielen handelt wie Wolfgang Sitte im zitierten Artikel anmerkt.
Welchen Stufen nach Bloom können die Übungsfragen des Unternehmerscheins zugeordnet werden?
Im Folgenden sollen die Fragen zum ersten Teil des Kapitels kurz angeführt werden.
Die didaktische Stoßrichtung ist deutlich erkennbar: Die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler soll
bei so vielen Fragen wie möglich einfließen und die Beispiele sollen aus dem „täglichen Leben“
stammen. Welchen kognitiven Bereichen sind diese Fragen nun im Einzelnen zuzuordnen?
Thema Kenntnisse Verstehen Frage 1 Bedürfnisse x Frage 2 Bedürfnisse x Frage 3 Kaufkraft x Frage 4 persönl. Ziele x Frage 5 ökonom. Prinzip x Frage 6 Markt (Güter) x Frage 7 Markt (Güter) x Frage 8 Dienstleistungen x Frage 9 Ökonom. Prinzip x
Frage 10 Arbeitswelt x Frage 11 Arbeitswelt x Frage 12 Arbeitswelt x Frage 13 Arbeitswelt x
Über das zweite Niveau gehen die Fragen nicht hinaus. Alle Fragen sind aus dem Text zu
beantworten. Ein Grund dafür muss auch der Inhalt sein, auf den sich diese Fragen beziehen. Je
geringer die Komplexität des Inhalts und auch je geringer die Inhaltsfülle, desto weniger und weniger
anspruchsvolle Fragen können gestellt werden. Wolfgang Sitte schreibt zur Anlage informeller Texts,
diese sollen „nicht nur Aufgaben enthalten, die bloß einfache Reproduktion von Faktenwissen
verlangen, sondern immer auch Aufgaben mit höheren kognitiven Anforderungen.“49
Reines Reproduzieren von Faktenwissen, im Sinne von „im genauen Wortlaut wiedergeben“
verlangen die Übungen im Unternehmerführerschin zwar nicht immer, aber höhere Niveaus als das
grundsätzliche Verständnis des Inhalts und wiedergeben werden auch nicht verlangt. Eine
eingehende Auseinadersetzung auf der Ebene der Analyse, Synthese oder gar Bewertung wird weder 48 Vgl. SITTE, WOLFGANG (2000): Taxonomie. a.a.O., S. 473-475 49 SITTE, WOLFGANG (2001): Lernergebniskontrolle und Leistungsbeurteilung.. a.a.O., S. 280
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 durch den Inhalt noch die Übungsfragen initiiert. Prinzipiell handelt es nicht um besonders komplexe
Fragestellungen.
Unterscheiden sich Schulbücher in Bezug auf die Fragestellungen vom Unternehmerführerschein?
Natürlich arbeiten auch Schulbücher mit Fragen zu den Texten, bei denen Wissen reproduziert
werden soll, doch es stellt sich die Frage, ob es darin auch Aufgaben gibt, die höhere kognitive
Anforderungen stellen; etwas, das im Modul A nicht zu finden ist.
Ein Beispiel ist die Frage „Welche Auswirkungen hat der soziale Stand auf die Bedürfnisse?“50 im
Buch Durchblick 5. Diese Frage ist aus dem Wortlaut des Textes nicht eindeutig zu beantworten. Dazu
muss ein Textteil auf der folgenden Seite bearbeitet werden, der Faktoren vorstellt, die Bedürfnisse
beeinflussen können. Informationen müssen aus einem Text herausgefiltert werden, daher ist diese
Frage im Bereich der Analyse angesiedelt.
Die Fragen im Schulbuch GW-Kompetent 1 bleiben mehrheitlich auch auf niedrigem Niveau. Zu den
Bedürfnissen sind vier von acht Fragen offen und verlangen individuelle Antworten wie z.B.:
„Betrachte die Bedürfnispyramide: Entspricht sie deiner persönlichen Bedürfnishierarchie? Wo gibt es
Abweichungen?“51 Dennoch gibt es auch in diesem Buch eine Frage höherer Komplexität. Eine
Grafik, die die Abhängigkeit des Preises von Angebot und Nachfrage soll analysiert und erklärt
werden: „Beschreibe und erkläre Abb.2 mit eigenen Worten!“52
Das Niveau der Fragen bewegt sich auch in den anderen Kapiteln des Modul A im Bereich der ersten
beiden Niveaustufen nach Bloom.
Inhaltlich gibt es zwischen der neuen Ausgabe des Unternehmerführerscheins und der ersten
Ausgabe kaum Unterschiede. Neben dem Layout wurde allerdings der Übungsteil erkennbar
überarbeitet. Auch die erste Ausgabe enthielt mehrheitlich Fragen, die Reproduktion von Wissen
förderten. Eine Ausnahme bildete scheinbar das Übungsblatt 4 zum Thema Außenhandel im dritten
Kapitel von Modul A. Drei Fragen dieses Übungsblattes seien an dieser Stelle angeführt:53
1. „Handel darf keine Einbahnstraße sein!“, lautet eine Forderung im Außenhandel. Was
bedeutet dies? Tipp: Überlege, welche Auswirkungen es hätte, wenn wir nur importieren und
nichts exportieren würden.
2. Michael sagt zu seinem Freund Peter: „Ich würde es nicht zulassen, dass so viele Leute nach
Österreich auf Urlaub kommen. Sie verursachen nur Verkehrsstaus und die vielen Hotels
verschandeln unsere Landschaft.“ Bist du auch dieser Meinung? Begründe deine Antwort.
Tipp: Denke an die Bedeutung des Tourismus für die österreichische Wirtschaft.
3. Internetsuche: Gehe auf die Homepage der Statistik Austria, www.statistik.at. Unter
„Publikationen“ klicke „Statistisches Jahrbuch“ an. Im Inhaltsverzeichnis findest du den Punkt
„Außenhandel“. Klicke ihn an. Lass die den Kapitelinhalt als pdf-File anzeigen. Suche nach
der Übersicht, die dir Auskunft gibt, mit welchen Ländern Österreich Außenhandel betreibt. In 50 Durchblick 5, a.a.O., S. 50 51 GW-Kompetent 1, a.a.O., S. 52 52 Ebd., S. 59 53 WKO (HRSG.)(2004): Unternehmerführerschein. Modul A. a.a.O., S. 38
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
welche fünf Staaten exportieren wir die meisten Güter? Aus welchen fünf Staaten importieren
wir die meisten Güter?
4. Denksportaufgabe. Warum ist es auch für Österreich wichtig, dass sich die Wirtschaft in
unseren Haupt-Exportländern gut entwickelt?
Nur dieses Übungsblatt bewegte sich scheinbar über das Niveau der Erkenntnis und des Verstehens
hinaus. Die zweite Frage verlangt eine Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt zu untersuchen, es könnte
sich also um eine Frage im Bereich der Analyse handeln. Im dritten Kapitel steht in Zusammenhang
mit dem Tourismus, er bringe Geld ins Land, schaffe Arbeitsplätze und helfe dabei Kulturstätten zu
erhalten und Vorurteile abzubauen. Diese Vorteile werden näher erläutert bis ein Problem des
Tourismus wie folgt beschrieben wird: „Natürlich müssen wir darauf achten, dass wir trotz Tourismus
unsere Umwelt sauber und gesund erhalten. Daher dürfen z.B. nicht unbegrenzt Skipisten angelegt
und Seilbahnen gebaut werden. Auch der Verkehrsausbau muss gut überlegt werden.“54 Die Frage
deckt sich fast wortwörtlich mit dieser Aussage und die Antwort auf die Frage muss natürlich lauten:
„Nein, Tourismus bringt folgende Vorteile…“ Es handelt sich also sogar um eine Frage auf der
niedrigsten Stufe nach Bloom, jener der Reproduktion.
Auch die erste Frage verlangt ausschließlich Reproduktion. Die richtige Antwort kann aus dem
Inhaltsteil abgeschrieben werden: „Der Export stellt für jeden Staat ein notwendiges Gegengewicht
zum Import dar. […] Wir bringen also unser in Österreich verdientes Geld ins Ausland und kurbeln dort
die Wirtschaft an. Dieses Geld fehlt uns im Inland. Also müssen wir Leute aus dem Ausland dazu
bringen österreichische Waren zu kaufen, damit ein Gegenwicht zum Import geschaffen wird.“55 Ein
Teil dieser Antwort hilft auch die vierte Frage zu beantworten. Diese Frage ist nicht nur reine
Reproduktion, hier ist wieder die Stufe des Verstehens erreicht.
Es stellt sich die Frage, ob die dritte Übungsaufgabe zum Bereich der Anwendung zu zählen ist.
Positiv an der Aufgabe ist, dass die Schülerin oder der Schüler mehr oder weniger selbständig
Informationen aus dem Internet beziehen soll. Die Anleitung ist allerdings sehr genau. Dennoch wird
durch diese Übungsaufgabe anwendbares Wissen gefördert. Ob sich Jugendliche noch an den
Namen des viertwichtigsten Exportlandes für Österreich erinnern können sei dahingestellt, aber woher
diese Informationen bezogen werden können, dürfte danach bekannt sein. Die Übung ist nur leider in
keinen größeren Sinnzusammenhang eingebettet.
Echte Analysefragen gab es freilich auch im alten Unternehmerführerschein nicht auch die neuere
Ausgabe will im Übungsteil die Inhalte reproduziert sehen. Fragen auf dem Niveau der Analyse oder
der Synthese würden allerdings auch andere Inhalte voraussetzen. Im Unternehmerführerschein sind
keine Originaltexte, oder überarbeitete Originaltexte zu finden. Keine Berichte, die noch bearbeitet
werden müssten, um die wesentlichen Informationen aus ihnen herauszuarbeiten. Der Inhalt des
Unternehmerführerscheins lässt kaum anderes als Wissensreproduktion zu.
54 Ebd., S. 20 55 Ebd., S. 30
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
3.4. Layout
Das Layout wurde für den neuen Unternehmerführerschein eingehend überarbeitet. Die Schriftgröße
entspricht in etwa einer Formatierung der Schriftart Arial, 10 bis 11 pkt. und bei einem Zeilenabstand
von 1. Zusätzlich sind alle Absätze durch eine Leerzeile voneinander getrennt. Die Blattgröße
entspricht dem Größe A4 und ist damit so groß wie die Seiten der Schulbücher. Der Text benötigt im
Unternehmerführerschein aber nur ¾ der Seite, am Außen- und Innenrand jeder Seite sind zwei
Spalten von insgesamt ¼ der Seitenbreite frei. Auch die Schulbücher verwenden ein ähnliches
Layout. In GW-Kompetent und System Erde 5/6 werden ebenfalls ¾ der Seite für die Hauptinformation
verwendet, in RGW 5 und Durchblick 5 sind es sogar nur zwei Drittel.
Die Spalte, die dadurch zur Verfügung steht, wird in allen Schulbüchern ähnlich genützt. Das Buch
RGW 5 setzt beispielsweise in diesen Bereich, im Kapitel zu den Bedürfnissen und zum
Ökonomischen Prinzip, am Anfang drei, das Thema einleitende Fragen. Durch dieses methodische
Element in dem Buch soll am Kapitelanfang sofort klar werden welche Inhalte in diesem Kapitel
behandelt werden. Weiters sind in dieser Spalte zahlreiche Arbeitsfragen zu finden, weiters
Karikaturen, Tabellen, Grafiken, Bilder und zusätzliche Anmerkungen.56 Die andern Schulbücher
nutzen diesen Bereich auf die gleiche Art. Was befindet sich im Unternehmerführerschein in dieser
Spalte? Nichts. Nichts, bis auf ein paar Bilder, die nur als Seitenschmuck dienen und Symbole, die
den jeweiligen Textteil spezifizieren (Information, Erweiterung, Übungsbeispiele, Zuordnung zu
Übungsblättern). Die freie Spalte im Unternehmerführerschein wird nicht genutzt und macht daher
wenig Sinn, es passt nur weniger Text auf jede Seite.
Die farbliche Gestaltung ist nicht mehr so eintönig blau wie in der ersten Ausgabe des
Unternehmerführerscheins. Der Text ist nun in einer übersichtlichen und ansprechenden Kombination
aus grün und schwarz gehalten. Darüber hinaus fehlen allerdings immer noch jegliche farbliche Reize.
Es sei wieder auf Schulbücher hingewiesen, die viele Farbfotos, färbige Grafiken und Überschriften
enthalten und, wie im Fall von GW-Kompetent, jedes Kapitel mit einer eigenen Farbe am oberen Rand
der Seite kennzeichnen.
3.5. Bild, Grafik, Karikatur
Kritik muss auch an der Verwendung des Bildmaterials geübt werden, wenn man von der fehlenden
Farbe absieht.
Bilder können einen Bezug zur realen Umwelt der SchülerInnen und Schüler herstellen. Eine wichtige
Erkenntnis, die durch den Einsatz von Bildmaterial gewonnen werden kann ist die subjektiver und
selektive Gestaltung und auch Wahrnehmung von Bildern.57
Das Thema zu den Bedürfnissen, dem ökonomischen Prinzip und dem Markt weist vier Grafiken auf:
Die Bedürfnispyramide, beteiligte der Wirtschaft, der Markt und das ökonomische Prinzip. Die
56 Vgl. RGW 5, a.a.O., S. 53-63 57 SITTE, WOLFGANG (1999): Bildmedien. In Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 48-49
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Abbildungen sind nicht nummeriert und es gibt auch zu keiner Grafik einen Titel (wobei die
Komplexität der Grafiken eher gering ist).
Welche Funktion erfüllen die Abbildungen? Die meisten Grafiken werden wie die Bedürfnispyramide
oder auch wie das ökonomische Prinzip durch den Text erkläre und sind somit rein illustrativ. Eine
grafische Darstellung im nächsten Thema in Kapitel 1 (S. 21), zeigt die Anforderungen der Arbeitswelt
an den Menschen. Jeder einzelne Punkt dieser Grafik wird im nachfolgenden Text genau er- und
geklärt. Die gleiche Grafik befindet sich auch im Buch GW-Kompetent 358. Der Text dazu behandelt
zwar auch das gleiche Thema, erklärt die Grafik allerdings nicht restlos. Bild und Text ergänzen
einander in diesem Schulbuch, während der Text im Unternehmerführerschein die Darstellung
ersetzen könnte und umgekehrt.
Karikaturen, die ökonomische Prozesse und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft oder auf
Individuen kritische reflektiert darstellen können, gibt es im Unternehmerführerschein nicht. Ebenso
gibt es keine Fotos, Tabellen oder komplexe Grafiken in denen Datenmaterial verarbeitet ist.
Dieses Kapitel abschließend ist zu bemerken, dass eine weitgehend selbständige
Auseinandersetzung von Schülerinnen und Schülern mit dem Unternehmerführerschein möglich ist.
Es gibt Arbeitsaufgaben und Lösungen zu diesen Aufgaben. Grafiken, Bilder und Diagramme werden
in diese Arbeitsaufgaben allerdings nur sehr sparsam eingebunden und das Komplexitätsniveau der
Fragestellungen ist meist sehr niedrig.
3.6. Fazit zu A Christian Reiner, der ein für Deutschland konzipiertes, dem Unternehmerführerschein vergleichbares
Werk, das Werk OeC, untersuchte, stellte am Ende seiner Ausführungen die Frage, ob dieses Werk
ein gutes Buch der Wirtschaftswissenschaften darstellt. Reiner beantwortet diese Frage mit „Nein“.59
Ich habe Eingangs die Frage gestellt, ob der Unternehmerführerschein die wirtschaftskundlichen Teile
der Schulbücher ersetzen kann und auch ich muss diese Frage negativ beantworten.
Wie in der inhaltlichen Gegenüberstellung schon deutlich werden sollte, kommt es zwar zur
vereinfachten Darstellung von Regelhaftigkeiten ökonomischer Prozesse, schon seltener um jene
ökonomischer Handlungen. Motive, Auswirkungen und vor allem Probleme ökonomischen Handelns
werden so gut wie nicht thematisiert. Damit muss kritisches Bewerten dieser Handlungen auch
ausbleiben.
Die Inhalte sollen wahrgenommen und auch verstanden werden. Auf die Beurteilung der Inhalte wird
wenig Wert gelegt. Der Arbeitsmarkt zum Beispiel wird thematisiert, es fehlen allerdings Inputs, die auf
problematische Aspekte des Arbeitsmarktes aufmerksam machen und Analysen oder Bewertungen zu
diesem Thema möglich machen. Gefragt ist rein „technisches“ Verständnis der Inhalte. Beispiele
bleiben meist BWL-zentriert (wie die Aufgabe zum Arbeitsmarkt auf der Seite 14 der
Lehrerbegleitausgabe deutlich macht.)
Gesellschaftliche Strukturen, Normen und Macht spielen keine Rolle. Das Denken in politischen
Alternativen wird definitiv nicht geschult. Zum Beispiel wird die Frage nach einem Recht auf eine 58 GW-Kompetent 3, a.a.O., S. 97 59 Vgl.: REINER, CHRISTIAN (2007): „OeC.“ – Ein neues Handbuch der Wirtschaftskunde. Anregungen, Materialien und Kritik als Impulse für den eigenen (G)W-Unterricht unter besonderer Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Fragestellungen. In: GW-Unterricht 106. Wien, S. 99
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Befriedigung von Grundbedürfnissen im Unternehmerschein nicht gestellt. Hier geht es einzig und
allein um das Verständnis, dass jeder Mensch Bedürfnisse hat, diese erfüllt werden wollen, dazu
Kaufkraft nötig ist und sich im Endeffekt durch die Nachfrage und das Angebot ein Markt bildet. Über
den betriebswirtschaftlichen Tellerrand wird nur selten geblickt.
Die lebensweltliche Anbindung wird durch die angeführten Beispiele ganz gut hergestellt, doch das
Kontroversitätsgebot durch fehlende alternative Sichtweisen übergangen.
Kurz: Wirtschaft ist das Thema des Unternehmerführerscheins, allein es fehlt an Wirtschaftserziehung.
Die Wirtschaftserziehung ist in den Schulen nach Wolfgang Sitte wichtig, um die „Heranwachsenden
zu überlegt handelnden ‚Wirtschaftsbürgern’ zu erziehen“60
Sie umfasst die Bereiche Konsumökonomie, Arbeitsökonomie und Gesellschaftsökonomie.
Konsumökonomie zielt auf ‚Verbrauchererziehung ab. Kaufentscheidungen sollen hinterfragt und sie
betreffende Mechanismen offengelegt werden. Die Arbeitsökonomie betrifft den Bereich der
Arbeitswelt und der Wahl der Ausbildung. Wolfgang Sitte nennt hier auch die für die Arbeitswelt immer
wichtiger werdenden Schlüsselqualifikationen. Gesellschaftsökonomie meint das Offenlegen
gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge und Probleme wobei auch theoretische Modelle reflektiert
und kritisch im Unterricht behandelt werden sollen.61
Die zuvor betrachteten Themen des ersten Kapitels betreffen vor allem die Bereiche der
Gesellschaftsökonomie und der Konsumökonomie. Es wurde dabei schon festgestellt, dass die
kritische Reflexion der Inhalte fehlt. Genauso findet keine Übertragung in einen anderen Bereich oder
die Anwendung der Inhalte statt.
Christian Sitte (2000) schlägt in einem Artikel zur Schulbuchanalyse einen Raster mit vierzehn Fragen
vor, der die Bewertung von Schulbüchern erleichtern soll. Einige dieser Bewertungsfragen seien an
dieser Stelle abschließend in Hinblick auf die in dieser Arbeit diskutierten Aspekte für den
Unternehmerführerschein gestellt und beantwortet : 62
• Entspricht der Buchinhalt der gegenwärtigen fachdidaktischen Konzeption des
Unterrichtsfaches?
Im Unterstufenlehrplan sind, wie schon erwähnt, „Begriffe, Fertigkeiten und Einsichten“ vorrangig. Der
Unternehmerführerschein konzentriert sich auf die Begriffe. Fertigkeiten und Einsichten werden
vernachlässigt. Legt man den Oberstufenlehrplan als Maßstab an, so stehen im
Unternehmerführerschein nicht menschliches ökonomisches Handeln im Vordergrund, sondern
(betriebs-) wirtschaftliche Prozesse und Theorien.
60 SITTE, WOLFGANG (2000): Wirtschaftserziehung. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 546 61 Vgl.: ebda., S. 546-551 62 Vgl.: SITTE, CHRISTIAN (2000): Das GW-Schulbuch. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): a.a.O S. 467 Hwww.univie.ac.at/geographie/ifgr/stzw/lehramt/fachdidaktik/home/chsSCHULBUCH.htm
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
• Wird Wirtschaftskunde als Wirtschaftserziehung aufgefasst und wie weit berücksichtigt das
Buch das Unterrichtsprinzip „Politische Bildung“?
Die Wirtschaftskunde wird im Unternehmerführerschein definitiv NICHT als „Wirtschaftserziehung“
aufgefasst. Die Schulbücher hingegen behandeln auch problematische Auswirkungen und Motive
ökonomischer Handlungen und laden weit stärker zu kritischer Reflexion dieser Handlungen ein. Der
Kontroversität (einem Grundanliegen das PB kontroverse Positionen in der Gesellschaft auch
kontrovers darstellen soll) hier also der wirtschaftlichen Realität, wird der Unternehmerschein nicht
gerecht und damit eigentlich auch nicht den Zielen des Grundsatzerlasses zur Politischen Bildung. Die
Anbindung an die Lebenswelt der Jugendlichen wird zwar durch Beispiele forciert. Da jedoch keine
Originaltexte (z.B. Zeitungsberichte) oder zumindest Fotos verwendet werden, verzichtet man über
diese Elemente auf Anbindung an „reale“ Ereignisse.
Die Wirtschaftskunde wird im Unternehmerführerschein also nicht den Zielen des Lehrplans
entsprechend präsentiert und vernachlässigt auch Ziele des Grundsatzerlasses zur Politischen
Bildung. Den Wirtschaftskundeunterricht kann daher durch den Unternehmerführerschein nicht ersetzt
werden. Selbstverständlich können Materialien aus dem Unternehmerführerschein gezielt ausgewählt
werden, um den Unterricht zu ergänzen (oder um mit Schülern gemeinsam Schulbuch und
Unternehmerführerschein zu vergleichen, um die Vor- und Nachteile beider Lehrwerke
herauszuarbeiten).
Das Schulbuch bleibt allerdings nach unserer Analyse die bessere Alternative, denn auch wenn
zwischen den einzelnen am Markt befindlichen Schulbüchern durchaus (inhaltlich wie auch
methodisch) Qualitätsunterschiede feststellbar sind, ist das Angebot in ihnen reicher, fordernder,
umfangreicher, differenzierter, lebendiger, bunter und damit besser den Zielen des
Unterrichtsgegenstandes GW entsprechend als das Angebot des Unternehmerführerscheins.
nach oben >
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 4. Modul B
4.1. Überblick
Das Modul B der Unterlagen für den Unternehmerführerschein befasst sich, wie im Vorwort des
Lehrbuches vermerkt, „mit der Volkswirtschaft und richtet sich primär an 14- bis 19-Jährige. Es geht
um Bruttosozial- und Bruttonationalprodukt, Konjunktur und Wirtschaftswachstum, Geld und Geldwert,
Budget und Steuerpolitik.“63 Das im Vorwort angegebene, übergeordnete Ziel dieses Lehrbuchs ist,
„Schüler noch besser auf die Zukunft und die Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten“64, da
Erfolg im Beruf, neben guten EDV-Kenntnissen, auch das Wissen über die Funktionsweisen der
Wirtschaft bedinge und dies eine Schlüsselqualifikation hierfür darstelle. Daraus wird deutlich, das das
Hauptaugenmerk auf den „beruflichen“ Erfolg und das bestehen können im marktwirtschaftlichen
Umfeld gelegt wird. Dem entsprechen auch die auf der Umschlagrückseite des Lehrbuchs formulierten
Vorteile die der Unternehmerführerschein bieten soll.
Die angeführten Punkte sind:
● Nachweisbarer Lernerfolg [durch ein offiziell anerkanntes Zertifikat]
● Leichtere Berufsorientierung [durch Kennen lernen von Wirtschaft und
Arbeitsleben]
● Bessere Berufschancen [durch unternehmerisches Denken]
● Besserer Start an der Uni bzw. den Fachhochschulen
● Besserer Start als Unternehmer
● Ersatz der Unternehmerprüfung [kaufmännischer Teil]
Diese allgemeine Ausrichtung sollte bei der Betrachtung des Moduls und beim Vergleich mit den
Schulbüchern nicht außer Acht gelassen werden. Im Vorwort wird weiters auf die speziell für
SchülerInnen ausgelegte Konzeption des Unterrichtsmaterials hingewiesen. Kurz zusammengefasst
sollen die SchülerInnen demnach auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorbereitet und somit „fit“ für
die Zukunft gemacht werden.65
In der Lehrerbegleitunterlage zum Modul B wird außerdem darauf hingewiesen, dass alle Kapitel auf
den Lehrplan (2004) des Fachs Geographie und Wirtschaftkunde der AHS-Oberstufe abgestimmt sind
und jedes Kapitel für fünf Unterrichtseinheiten konzipiert ist.66
63 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2007): UnternehmerführerscheinAT. Modul B. Graz: bit media e-Learning solution, S. 3. 64 Ebd. 65 Ebd. 66 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2007): UnternehmerführerscheinAT Lehrerbegleitunterlage Modul B. Graz: bit media e-Learning solution, S. 6.
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
4.2. Inhalte
Modul B der Unterlagen für den Unternehmerführerschein gliedert sich in folgende fünf Hauptkapitel:
● Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung - Konjunktur
● Geld & Geldwert - Welchen Wert hat der Euro?
● Staatshaushalt - Wie wirtschaftet ein Staat?
● Wirtschaftswelt – Weltwirtschaft
● Im Zentrum Europas [v. a. EU-Integration]
Jedes Kapitel beginnt mit einer Übersicht der Lernziele beziehungsweise einer Vorausschau auf die
Fähigkeiten, die nach der Lektüre vorhanden sein sollten. Am Ende der Kapitel folgen stets eine
Zusammenfassung, eine Linksammlung und Tipps67 sowie eine Anzahl von Übungsblättern. Am Ende
des gesamten Bandes finden sich, wie bei den anderen Modulen, ein Kapitel mit den Lösungen zu
den Übungsaufgaben, ein Glossar mit den wichtigsten Begriffsdefinitionen, ein Index der Schlagwörter
mit Seitenangaben und Platz für eigene Notizen. In Summe besteht das gesamte Modul B aus 240
Seiten. Die fünf Hauptkapitel weisen, ohne Berücksichtigung der Zusammenfassungen, den Tipps und
Links sowie den Übungsblättern, zwischen 20 und 30 Seiten an Umfang auf.
Im ersten Kapitel „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung – Konjunktur“ werden in Unterpunkten die
folgenden Themen behandelt:
● Wie geht es unserer Wirtschaft?
● Das Bruttoinlandsprodukt (BIP)
● Nominelles und reales Wachstum
● Entstehung, Verwendung und Verteilung des BIP
● Wirtschaftswachstum
● Konjunktur – das Auf und Ab der Wirtschaft
● Konjunkturpolitik
Dazu ist anzumerkend, das in allen Unterkapiteln hauptsächlich Definitionen und kurze Erklärungen
von wichtigen wirtschaftlichen Begriffen beziehungsweise wichtiger Kenngrößen, wie zum Beispiel die
„Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung“ (VGR), das „Bruttonlandsprodukt“ (BIP) oder die
„Wertschöpfung“ im Zentrum der Vermittlung stehen. Nur selten gibt es Beispiele zu den
angesprochenen Bereichen. Kritische Bemerkungen zu den vermittelten Sachverhalten gibt es in
diesem Kapitel nur an zwei Stellen. Einerseits bezüglich der im BIP nicht enthaltenen Leistungen, wie
Tätigkeiten im Haushalt, „do it yourself“ – Tätigkeiten und die Arbeitsleistungen der Schattenwirtschaft
und andererseits zu den Problemen bei der Verwendung des BIPs als Wohlstandsmaß. Theoretische
Modelle werden generell keine behandelt und auch an jenen Stellen nicht angesprochen, an denen es
zwei Darstellungen einer Kondratjew-Welle (in den Konjunkturkapiteln) gibt.
67 Mit Ausnahme von Kapitel 1 „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung – Konjunktur“, das keine Tipps enthält.
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Im zweiten Kapitel zum Thema „Geld & Geldwert - Welchen Wert hat der Euro?“ werden
nachstehende Punkte behandelt:
● Funktion des Geldes
● Arten von Geld
● Der Kreislauf des Bargeldes
● Geldmenge
● Der Wert des Geldes
● Geldverkehr mit dem Ausland
● Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
● Geldpolitik des Eurosystems
Wie schon im ersten Kapitel wird viel Wert auf Definitionen und Erklärungen von bestimmten, als
wichtig erachteten Sachverhalten gelegt. Beispiele hierfür sind die Definitionen für Geld, Geldmenge,
Kaufkraft, Binnenwert oder Infaltionsrate, um nur einige zu nennen. Thematisch werden, wie oben
ersichtlich, Geld, Geldwert, Geldverkehr mit dem Ausland sowie die Geldpolitik beleuchtet. Kritische
Betrachtungen oder Erläuterungen zu den eingesetzten Theorien gibt es in diesem Kapitel nicht. Zur
Veranschaulichung gibt es einige Beispiele, die gut zu erkennen immer gelb eingerahmt sind. Themen
wie der „Kreislauf der Geldes“, „Nominaler und realer Geldwert“, „Ankaufs- und Verkaufskurs“, etc.
werden dadurch ein wenig anschaulicher dargestellt. Es gibt jedoch keine Abbildungen oder
Diagramme zu den Beispielen, das heißt, sie sind rein textlicher und sehr theoretischer Natur. Leider
wurde auch verabsäumt an der Lebenswelt der Kinder anzuknüpfen, obwohl dieser Weg für Beispiele
die das Verständnis erleichtern sollen gut wäre.
Das dritte Kapitel „Staatshaushalt - Wie wirtschaftet ein Staat?“ ist folgendermaßen unterteilt:
● Wie wirtschaftet der Staat?
● Die Einnahmen des Staates
● Abgabenquote
● Die Aufgabe des Staates
● Das Budget
Der Staat und seine Haushaltsführung stehen im Zentrum des dritten Kapitels und das Thema wird,
wie schon in den beiden Kapiteln zuvor, in einfachen und leicht verständlichen Sätzen dargelegt. Das
Abstraktionsniveau ist relativ hoch und die Erklärungen beinhalten wieder sehr viele Definitionen. Es
werden sehr häufig Schaubilder, Diagramme und Tabellen eingesetzt, jedoch fehlen dem Kapitel fast
vollständig anschauliche Beispiele. Lediglich ein kurzes ist zur Erläuterung von den Steuerstufen
bezüglich des Jahreseinkommens vorhanden. Im letzten Kapitel, „das Budget“, wird der Einfluss der
Europäischen Union (Maastricht-Kriterien) bezüglich der Budgetgestaltung in Österreich dargelegt und
damit der bis dahin reine Österreichbezug gesprengt.
Im vierten Kapitel „Wirtschaftswelt – Weltwirtschaft“ werden diese Punkte behandelt:
● Außenhandel
● Zahlungs- und Leistungsbilanz
● Österreichischer Außenhandel
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 ● Außenhandel der Europäischen Union
● Welthandel
● Internationale Handelsorganisationen und –vereinbarungen
● Handelshemmnisse
● Globalisierung
Die internationalen Wirtschaftsverflechtungen stehen im Mittelpunkt des vierten Kapitels. Dabei wird
deutlich weniger auf reine Definitionen zurückgegriffen und es gibt viel mehr erklärenden Text als in
den Kapiteln zuvor. Wie in Kapitel drei fehlen jedoch Beispiele zu Erläuterung. Klärung und
Veranschaulichungen von komplexeren Bereichen bieten nur einige Block- und Tortendiagramme
beziehungsweise Tabellen und Graphiken. Die Darstellung ist rein deskriptiv und kritisch/
emanzipatorische Ansätze gibt in diesem Kapitel nicht. Auch die vereinzelt in den Text eingebauten
Übungen, wie zum Beispiel zur Globalisierung, bedienen sich keiner Gegenüberstellung von konträren
Ansichten. Einzig bezüglich der Veränderungen am Arbeitsmarkt und der kulturellen Veränderungen
die durch die Globalisierung verursacht sein sollen, werden kritische Bemerkungen gemacht.
Das letzte, fünfte Großkapitel „Im Zentrum Europas“ gliedert sich in folgende zwei Unterkapitel:
● EU-Vertiefung
● EU-Erweiterung
Das letzte, fünfte Kapitel befasst sich ausschließlich mit der Europäische Union. Relativ viel Platz wird
dabei der historischen Entwicklung der Union eingeräumt und die deren Ziele durch Originalzitate aus
Erklärungen und Verfassungsentwürfen veranschaulicht. Der zweite Schwerpunkt liegt auf der
Darstellung der Struktur der Union und der EU-Erweiterung. Bei letzterem Thema, das in den Medien
häufig vorkommt und meistens sehr emotional debattiert wird, wurde auf kontroversielle Darstellungen
und kritische Betrachtung des Themas leider nicht eingegangen. Lediglich die Vorteile und Chancen
werden herausgestrichen.
4.3. Vergleich mit den approbierten Schulbüchern
Vorweg ein Überblick über die Gliederungen der folgenden zum Vergleich mit dem Modul B
herangezogenen Schulbücher.
Durchblick 7 - Geographie und Wirtschaftskunde für die 11. Schulstufe (Westermann) –
Neuer Lehrplan
● Gesamtwirtschaftliche Leistungen und Probleme – Wirtschafts- und Sozialpolitik
● Wirtschaftsstandort Österreich I – gesamtwirtschaftliche Aspekte und regionale
Industrieentwicklung
● Wirtschaftsstandort Österreich II – Handel, Verkehr, Tourismus, Land- und Forstwirtschaft
● „Fit für die Wirtschaft I“ – Unternehmensformen und Organisation des betrieblichen Alltags
● „Fit für die Wirtschaft II“ – Kunden, Konten, Kennzahlen
● Berufsorientierung und Arbeitswelt
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
GW kompetent 3 - Geographie und Wirtschaftskunde für die 11. Schulstufe (Veritas)
● Gesamtwirtschaftliche Leistungen und Probleme – Wirtschaft und Sozialpolitik
● Wirtschaftsstandort Österreich
● Unternehmen und Berufsorientierung
● Zusatz für wirtschaftskundliche Realgymnasien
RGW 7 neu – Raum-Gesellschaft-Wirtschaft – Lehr- und Arbeitsbuch für die 7. Klasse an allgemein
bildenden höheren Schulen (Ed Hölzel)
● Die österreichische Volkswirtschaft im Überblick
● Wirtschaftsstandort Österreich
● Unternehmen und Berufsorientierung
● Zur Erweiterung und Vertiefung für das wirtschaftskundliche Realgymnasium und für das
Wahlpflichtfach
Die thematischen Großgliederungen der drei zur Untersuchung herangezogenen Schulbücher weisen
untereinander nur geringe Unterschiede auf. Alle behandeln die Aspekte und Themen der
„Gesamtwirtschaftlichen Betrachtung“, den „Wirtschaftsstandort Österreich“ und „Unternehmen“ und
„Berufsorientierung“.
In den Büchern GW kompetent 3 und RGW 7 gibt es im Unterschied zum Lehrbuch Durchblick 7 noch
Zusatzkapitel, die sich in beiden Fällen als „Zusatz“ oder „Erweiterung“ für wirtschaftskundliche
Realgymnasien verstehen. Inhaltlich sind diese Zusatzteile jedoch sehr verschieden. Im GW
kompetent 3 geht es vor allem um Unternehmensformen, Planung und Organisation von
Unternehmen, um Kennzahleninterpretationen, betriebliches Rechnungswesen und das
(Kennen)Lernen von Unternehmen vor Ort. Im RGW 7 hingegen werden der österreichische
Binnenmarkt und die für Österreich wichtigen Wirtschaftsbereiche „Gewerbe“, „Tourismus“ und
„Banken- und Versicherungswesen“ im Zusatzkapitel behandelt. Ähnlich wie im GW kompetent 3 gibt
es auch Kapitel zum betrieblichen Rechnungswesen und zum Besuch eines Unternehmens (hier
speziell eines Dienstleistungsunternehmens).
Thematisch und vom Umfang her [Zahlen zeigen die Seitenanzahl pro Thema im jeweiligen Buch]
unterscheiden sich die jeweiligen Lernunterlagen wie folgt:
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Themen \ Lehrbuch Durchblick 7* GW komp. 3 RGW 7 neu* Modul B
VW-Gesamtrechnung (BIP) 4 3 6 19/7
Konjunktur 1 1 1 12/2
Geld & Geldwert (Inflation) 1 3 - 28/7
Staatshaushalt (Budget) 4 4 6 31/7
Wirtschaftspolitik 10 4 6 -
Sozial- und Wohlfahrtspolitik 12 5/3° 6 -
Österr. Außenhandel 3 3 4 31/8
Im Zentrum Europas (EU) 13/7+ 6/1 8 22/4
Wirtschaftsstandort Österr. 44/2+ 16/4 15 -
Unternehmen 55/8+ 9 8 -
Arbeitswelt (Recht) 7 - 8 -
Berufsorientierung 5 2/2“ 3 -
Kapitel f. Wiku.-Realgym. - 18 23 -
SUMME 159/17+ 74/10 94 143/35
[Seitenanzahl pro Thema / Anzahl der Übungsseiten pro Thema] * Auf jeder Seite dieser Bücher sind Fragen und/oder Übungsbeispiele in Nebenspalten vorhanden. ° Anzahl der Übungsseiten die auch Fragen zu allen darüber liegenden Themenbereichen beinhalten. “ Anzahl der Übungsseiten zu den Themen Unternehmen und Berufsorientierung. + Anzahl der Übungsseiten die zusätzlich zu den Übungen der Nebenspalten vorhanden sind. Zu oben stehender Tabelle muss erwähnt werden, dass der ausschließliche Vergleich der
Seitenzahlen, keinen Rückschluss auf den tatsächlichen Umfang und die Tiefe der behandelten
Themen zulässt. Vor allem die Seiten im Modul B sind nicht annähernd so dicht beschrieben wie jene
in den Schulbüchern. Für einen realen Vergleich müssten die Seitenzahlen des Moduls B in etwa
durch 2 bis 5 (Divisor geschätzt und je nach betrachteter Seite unterschiedlich) dividiert werden, um
mit den Schulbüchern im Umfang vergleichbar zu sein.
Deutlich aus der Tabelle abzulesen sind jedoch die Bereiche die im Modul B nicht und in den
Schulbüchern schon behandelt werden. Vor allem die wichtigen Bereiche Wirtschafts- Sozial- und
Wohlfahrtspolitik kommen im Modul B nicht vor. Die anderen nicht vorhandenen Teile werden
teilweise im Modul C, das später in der Arbeit noch beleuchtet wird, abgehandelt.
Doch auch unter den Schulbüchern gibt es geringe Unterschiede. Besonders auffallend ist das Fehlen
eines Kapitels zu Geld & Geldwert im RGW 7. Betrachtet man heute die Weltwirtschaft, so ist
festzustellen das Finanztransaktionen einen weit höheren finanziellen Umfang erreichen, als alle
Güterströme zusammen genommen. Auf Grund dieser großen Bedeutung des Finanzsektors und der
wirtschaftlichen Bedeutung des Geldes, ist das Fehlen eines diesbezüglichen Kapitels besonders
bedauerlich. Ebenso bedauerlich ist das Fehlen eines arbeitsrechtlichen Kapitels im Lehrbuch GW
kompetent 3. Für die Schüler und Schülerinnen ist die rechtliche Verankerung von Arbeit im
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Wirtschaftsleben ein Bereich, der alle früher oder später betreffen wird und deshalb ist es schwer
einzusehen, dass auf diesen Bereich hier nicht eingegangen wird.
Aus der Tabelle lässt sich über die Seitenanzahl vor allem die Schwerpunktsetzung der einzelnen
Publikationen herauslesen. Die Schulbücher sind generell versucht möglichst alle Gebiete des
Wirtschaftslebens zu thematisieren. Besonders die wirtschaftspolitischen Bereiche und der
Wirtschaftsstandort Österreich werden ausführlich behandelt. Die Dominanz des letzten
Themenschwerpunkts ist sicherlich der Tatsache geschuldet, das die Lernunterlagen sich nach der
Bezeichnung des Unterrichtsfachs eben auch auf die Geographie beziehen müssen und wollen.
Interessanterweise fehlen genau diese Bereiche im Modul B. Auffallend ist hier jedoch, das der
Bereich „Staatshaushalt (Budget)“ ähnlich schwer gewichtet wird, wie die Hauptschwerpunkte „Geld
und Geldwert“ und „Österreichischer Außenhandel“ und damit ebenfalls zu den drei großen
Schwerpunkten zu zählen ist.
Betrachtet man abschließend die Gesamtsummen der Seitenzahlen, fällt auf, dass im Lehrbuch
Durchblick 7 wirtschaftskundlichen und –geographischen Inhalten mit Abstand am meisten Raum
eingeräumt wird (159 Seiten). Danach folgen, mit großem Abstand, die Lehrbücher von RGW 7 (94
Seiten) und von GW kompetent 3 (74 Seiten). Absolut gesehen liegt das Modul B mit 143 Seiten an
zweiter Stelle. Berücksichtigt man jedoch, dass die Seiten wesentlich weniger dicht beschrieben sind
und würde man daher die Seitenzahl ausgleichend durch angenommen 3 dividieren, läge es mit nicht
ganz 48 Seiten, nur mehr an letzter Stelle.
4.4. Lernziele und Übungsfragen
Zurückgreifend auf die sechs Kategorien der kognitiven Taxonomie nach Bloom, die in aufsteigender
Reihenfolge die Stufen Kenntnisse – Verstehen – Anwenden – Analyse – Synthese – Bewertung68
umfassen, soll hier eine Bewertung der in den Lehrbücher angestrebten Lernziele und eingesetzten
Übungsfragen erfolgen. Auf die schon in den vorigen Kapiteln eingegangenen Eigenschaften der
einzelnen Kategorien wird hier nicht noch einmal eingegangen.
In den Übungsfragen des Moduls B wird hauptsächlich die Reproduktion von Wissen angestrebt. Die
Fragen haben beispielhaft folgendes Aussehen:
- Du hast gelernt, aus welchen Teilen das Volkseinkommen berechnet wird. Wie nennt sich der Anteil
der Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit? Schreibe die Antwort in die leere Zeile?69
- Du hast gelernt, dass manche Arten des Geldes als gesetzliche Zahlungsmittel dienen, manche
nicht. Welche der nachstehenden Aussagen sind richtig? Kreuze die richtigen Aussagen an!70
- In der Lektion „Globalisierung“ hast du erfahren, was zur Globalisierung geführt hat. Nenne die vier
Hauptursachen der Globalisierung!71
68 Vgl. SITTE, WOLFGANG (2000): Taxonomie. a.a.O., S. 473-475 69 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2007): UnternehmerführerscheinAT Lehrerbegleitunterlage Modul B. Graz: bit media e-Learning solution, S. 43. 70 Ebd. S. 81. 71 Ebd. S. 168.
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Die Antworten sind entweder einfach aufzuschreiben, in einen Lückentext einzufügen oder multiple
choice mäßig anzukreuzen und konzentrieren sich auf reines Wortwissen72. Somit reichen die
Anforderungen der Aufgaben nicht über die Ebene der Kenntnisse nach der Bloom´schen
Taxonomie73 hinaus. Interpretationen, Analysen oder Bewertungen sind keine Anforderungen die bei
der Beantwortung der Fragen eingefordert werden.
Anders sieht es dagegen bei den Übungsfragen in den Schulbüchern aus. Folgende Beispiele für
Fragen illustrieren die Anforderungen dort.
- Die Arbeitslosigkeit sinkt um 5000 Personen, die Zahl der Umschulungen steigt um 5000. Wie
reagieren Sie als Oppositionspolitiker/in, wie als Regierungspolitiker/in?74
- Bewerte die derzeitige Konjunktur. Welche der vier Phasen [Expansion/ Boom/ Rezession/
Depression] würdest du sie zuordnen? Begründe deine Aussage.75
- Kann man mit „Ökosteuern“ oder „Umweltabgaben“ gezielte Umweltpolitik machen? Begründen Sie
ihre Aussage.76
Deutlich wird sichtbar, dass es bei diesen Fragestellungen primär nicht mehr um die Reproduktion von
Wissen geht, sondern das hier Interpretationen, Stellungnahmen, begründete Argumentationen und
Bewertungen im Fordergrund stehen. Betrachtet man diese Anforderungen nach dem Bloom´schen
Schema, zeigt sich das die Anforderungen bis in die höchste Kategorie der Bewertung reichen.
4.5. Layout der Unterlagen
Das Modul B ist im Gegensatz zu den anderen Modulen dieser Serie in gelb gehalten. Es gibt
demnach auf alle Module bezogen ein Leitfarbensystem. Innerhalb des Moduls B sind die Kapitel
farblich nicht unterschieden, jedoch mittels in grün gehaltenen Symbolbildern am rechten Seitenrand
auch im zugeklappten Zustand leicht voneinander zu unterscheiden. Die Schrift ist durchgehend
einheitlich und variiert nur hinsichtlich der Schriftgröße beziehungsweise durch die Farbgebung (Gelb,
Schwarz, Braun und Weiß) oder Strichstärke. Dies ergibt in Summe ein anschauliches Schriftbild und
eine gutes und übersichtliches Layout.
Negativ zu bewerten sind hingegen die fast ausschließlich zur Illustration eingesetzten Bilder und
Photos. Sie stehen oberflächlich mit dem Lehrstoff in Verbindung, weisen aber kein
Vermittlungsinteresse auf und eignen sich nicht für Interpretationen. Auch verfügen sie über keine
Quellenangaben oder Bildunterschriften. Besser in den Text integriert sind die eingesetzten
Diagramme, Schaubilder und Tabellen. Sie werden zur Wissensvermittlung herangezogen und dienen
72 Vgl. auch SITTE, WOLFGANG (2001): Lernergebniskontrolle und Leistungsbeurteilung,. a.a.O., S. 285: „Aus sprachlichen und sachlichen Gründen ist von Lückentexten abzuraten“. 73 SITTE, WOLFGANG (2000): Taxonomie. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 474 74 HOFMANN-SCHNELLER, M./ M. DERFLINGER/ G. MENSCHICK/ P. RAK (2006): Durchblick 7. Geographie und Wirtschaftskunde für die 9. Schulstufe. Neuer Lehrplan. Wien: Westermann, S. 69. 75 KLAPPBACHER, OSWALD UND GERHARD KARL LIEB (2006): GW Kompetent 3. Geografie und Wirtschaftskunde für die 11. Schulstufe. Linz: Veritas, S. 59. 76 SITTE, C./ W. SITTE/ W. MALCIK (2006): RGW 7. Raum – Gesellschaft – Wirtschaft. Lehr- und Arbeitsbuch für die 7. Klasse an allgemein bildenden höheren Schulen. Wien: Hölzel, S. 56.
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 nicht als bloße Lückenfüller, wie die Bilder und Photos. Sie erleichtern das Verständnis und sind
optisch ansprechend gestaltet.
Zwei der Schulbücher sind vom Schriftbild her dem Modul B sehr ähnlich, obwohl die Seiten wie schon
erwähnt dichter beschrieben sind. Die Lehrbücher Durchblick 7 und GW kompetent 3 verwenden
ebenfalls nur einen Schrifttyp, jedoch nur in der Farbe Schwarz. Das Schriftbild im RGW 7 hebt sich
von den anderen ab, da mehr als eine Schriftart eingesetzt wird, wodurch ein uneinheitlicheres
Schriftbild und ein unansehnlicheres Seitenlayout entstehen. Allen Schulbüchern gemeinsam ist die
Verwendung von Bildern, Graphiken und Tabellen die durchgehend mit dem Text in Verbindung
stehen und ein gezieltes Vermittlungsinteresse aufweisen. Einzig einige Bilder im GW kompetent 3
weisen diesbezüglich Mängel auf. Es fehlen generell weder Quellenangaben noch Bildunterschriften.
Die Kapitel sind nur im GW kompetent 3 durch ein Farbleitsystem gut ersichtlich. Im Durchblick 7 sind
lediglich die Teile die sich auf die vertiefende Wirtschaftskunde beziehen färbig hervorgehoben, die
einzelnen Kapitel aber nicht. Letzteres trifft auch auf das RGW 7 zu, dass keinerlei Farbleitsystem
aufweist. Im GW kompetent 3 und im RGW 7 wäre es auch anzuraten etwas zeitgemäßere Bilder zu
verwenden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass keines der vier betrachteten Lehrbücher über ein optimales
Layout verfügt und es überall kleiner oder größer Mängel gibt. Diesem besonders wichtigen Punkt wird
scheinbar zu wenig Interesse geschenkt, obwohl dies für die Vermittlung von Lehrinhalten und den
publizistischen Erfolg des Mediums von entscheidender Bedeutung ist.
4.6. Fazit B
Durch das einseitige und geringe Anforderungsniveau des Lehrbuchs zum Modul B des
Unternehmerführerscheins, gegeben durch die Konzentration auf eine reine Wissens- und
Faktenvermittlung, stellt es wohl keine Alternative zu den gängigen Schulbüchern dar. Auch was die
Themenvielfalt und die Abstimmung auf die allgemeinen Bildungs- und Lehrziele angeht, kann das
Modul B nicht mit den Schulbüchern mithalten und dies obwohl eine Orientierung am Lehrplan des
Fachs Geographie und Wirtschaftskunde der AHS Oberstufe postuliert wurde.
Weder das Denken in Alternativen noch das Kontroversitätsgebot im Zuge der Politischen Bildung
werden hier realisiert. Besonders schwer wiegt die Absenz des „Menschen“ im gezeigten
Wirtschaftsleben. Viel wird über Definitionen, wirtschaftliche Mechanismen, zeitliche Abläufe,
Strukturen, Organisationsformen, etc. berichtet aber die gesellschaftlichen Implikationen werden in
keinster Weise berücksichtigt. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema wird auch dadurch
erschwert, weil selbst die eingesetzten Modelle und Theorien die zur Erklärung der Sachverhalte
herangezogen werden, nicht hinterfragt werden. Weiters fehlt eine Anbindung an die Lebenswelt der
SchülerInnen. Es gibt keine Beispiele die darauf Bezug nehmen, wodurch eine persönliche
Einbeziehung beziehungsweise die Herstellung eines Realitätsbezuges für die SchülerInnen kaum
möglich wird. Das Bild der Wirtschaft bleibt ungeheuer abstrakt, die Darstellung der ökonomischen
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Prozesse bleibt dadurch „leblos“ und erklärt nicht die Motive und Einflussmöglichkeiten der
wirtschaftlichen Akteure. Gesellschaftliche Auswirkungen und Probleme die in Bezug zum
ökonomischen Handeln entstehen müssen dadurch geradezu auf der Strecke bleiben.
Auch das wirtschaftlich von entscheidender Bedeutung seiende politische Umfeld wird nicht
berücksichtigt. Das hinter allen ökonomischen Handlungen auch Interessen, Interessensgruppen und
Lobbies stehen kann dadurch nicht beleuchtet werden. Machtstrukturen und Netzwerke im
Wirtschaftsleben bleiben dadurch unerkannt.
Dasselbe gilt für die mehr und mehr ins Blickfeld geratenen ökologischen Auswirkungen
wirtschaftlichen Handelns. Die zunehmende ökonomische Beeinflussung der menschlichen, tierischen
und pflanzlichen Lebenswelten und somit unserer Lebensgrundlagen wird ebenfalls nicht behandelt.
Dadurch, dass das Lehrbuch einen eher lexikalischen Charakter besitzt, könnte überspitzt zum
Abschluss formuliert werden, dass damit die in Modul B selbst gesteckten Ziele, nämlich die
SchülerInnen fit für die Zukunft zu machen beziehungsweise sie auf die Anforderungen der Arbeitswelt
vorzubereiten im Eigentlichen nicht erfüllt werden.
nach oben >
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 5. Modul C
5.1. Überblick über Modul C
Das Lehr- und Lernbuch des Moduls C77 ist in sechs Kapitel unterteilt. Die einzelnen Kapitel sind
einheitlich aufgebaut und gliedern sich – analog zu den anderen Modulen - in folgende Teile: Textteil,
Zusammenfassung, Tipps & Links und Übungsteil. Im Anschluss an die Kapitel befinden sich die
Lösungen zum Übungsteil, ein Glossar und der Index.78
Das Modul C, das die 14- bis 19-Jährigen SchülerInnen zur Zielgruppe hat, beschäftigt sich mit den
Grundlagen der Betriebswirtschaft. Es werden u.a. Themen wie Entwicklung und Umsetzung von
Geschäftsideen, Produkt-, Preis- und Vertriebspolitik, Marketing und Werbung behandelt. Weiters
erfahren die SchülerInnen das Wichtigste über die rechtlichen Grundlagen für Unternehmen wie z.B.
Arbeitsrecht- und Sozialrecht, und über das richtige Kommunizieren im Geschäftsalltag.
Auf diesen Inhalt aufbauend enthält das vierte und letzte Modul, genannt Modul UP, ergänzende
betriebswirtschaftliche Inhalte mit dem Schwerpunkt auf dem Bereich Rechnungswesen, wie z.B.
Einnahmen- und Ausgabenrechnung, doppelte Buchhaltung, Einkommen- und Umsatzsteuer. Der
Unternehmerführerschein kann in Österreich nach Abschluss des letzten Moduls auf den
kaufmännischen Teil der Unternehmerprüfung angerechnet werden; siehe dazu
Unternehmerprüfungsordnung §8a: „Die Unternehmerprüfung entfällt weiters, wenn der
Prüfungswerber nachweist, dass er den Unternehmerführerschein der Wirtschaftskammer Österreich
erfolgreich absolviert hat.“.79
Im Einzelnen lauten die Kapitel wie folgt:
Kapitel 1 Von der Idee zur Marktchance: Das Management erfolgreicher Innovationen
Kapitel 2 Erfolgreich durch Marketing: Der Kunde im Mittelpunkt
Kapitel 3 Ein Unternehmen organisieren und mit anderen zusammenarbeiten
Kapitel 4 Der Business Plan: Die Grundlage für die Finanzierung
Kapitel 5 Rechtliche Grundlagen für Unternehmer
Kapitel 6 Business Kommunikation: Verständigung und Auftreten im Geschäftsleben
Die Textteile von Kapitel 2 und 3 sind am umfangreichsten, sie nehmen 53 bzw. 49 Seiten ein,
während das Kapitel über die korrekte und moderne Geschäftskorrespondenz (Kapitel 6) am
kürzesten ausgefallen ist und auf 13 Seiten abgehandelt wird. Im Anschluss an das jeweilige Kapitel 77 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2007): Unternehmerführerschein. Modul C. Wien: Bit Media 78 Eine stichprobenartige Überprüfung des Index von Modul C ergab, dass viele Begriffe mit falschen Seitenangaben versehen sind. Beispiele: Management bei Objectives, To-Do-Liste, Wertschöpfungskette. 79 Hhttp://www.sbg.ac.at/ver/links/bgbl/2004b114.pdfH. Abgerufen: 28. November 2007
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 sollen die SchülerInnen das Gelernte in Form von sehr kurz gehaltenen Fragen, zwischen 9 und 19 an
der Zahl, überprüfen, wobei es sich bei den meisten Fragen um Multiple-Choice-Fragen handelt (mehr
dazu in Kapitel 5.6. dieser Arbeit).
Zusätzlich zur Lernunterlage wird von bit media e-Learning solution GmbH & Co KG, dem Verlag der
vorliegenden Materialien, ein e-Learning Kurs zur Vorbereitung auf die
Unternehmerführerscheinprüfung angeboten, und zwar in Form einer CD-Rom. Dieser multimediale
Kurs, der die wesentlichen Inhalte vermittelt und interaktive Aufgaben zur Lernerfolgskontrolle enthält,
kann als kostenlose Demoversion unter
http://www.bitmedia.cc/inforum/contentview.php/de/produkte/uf2.ihtml (abgerufen am 28. November
2007) getestet werden.
Weiters ist zu Modul C, wie auch zu den anderen Modulen, eine Lehrerbegleitunterlage80 erhältlich, in
der zu den einzelnen Kapiteln sogenannte „weiterführende didaktische Anregungen“ (Vorschläge und
Anregungen für Gruppenarbeiten, Diskussionen, Internetrecherchen etc.) zu finden sind. Dieser
Unterlage ist eine CD mit Präsentationsfolien, Übungsblättern und Fragebögen beigelegt.
5.2. Allgemeine Bemerkungen
Das Modul C ist laut Angabe im Lehrerbegleitheft 81auf die Bildungs- und Lehraufgabe „Verständnis
grundlegender Zusammenhänge in betriebs-, volks- und weltwirtschaftlichen Bereichen sowie
Kenntnis gesamtwirtschaftlicher Gesetzmäßigkeiten, Strukturen und Probleme“ im Geographie- und
Wirtschaftskundelehrplan für die Oberstufe abgestimmt. Weitere Kommentare zur Ausrichtung am
Lehrplan sind in der Auflage von 2007 nicht zu finden.
Im Oberstufenlehrplan der AHS82 werden bei den Bildungs- und Lehraufgaben explizit weitere
Akzente hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Ausbildung der SchülerInnen gesetzt. So sollen die
SchülerInnen Einblicke in innerbetriebliches Geschehen und in den Wandel der Produktionsprozesse
erhalten. Weiters soll das Interesse für ein Erwerbsleben im selbständigen Bereich geweckt werden.
Es stellt sich nun hierbei die Frage, wie viel BWL notwendig ist, damit die SchülerInnen im Sinne von
„Wirtschaftserziehung“ wirtschaftliche Urteilsfähigkeit erlangen und zukünftige Aufgaben und
Probleme von bestimmten „Rollen“ (z.B. ArbeitnehmerIn bzw. ArbeitgeberIn) erkennen?
Im Zuge der Wirtschaftserziehung muss nach W. Sitte83 die wichtige Rolle des Unternehmers in der
heutigen Gesellschaft deutlich aufgezeigt werden, die Vermittlung von wirtschaftsberuflichem
Spezialwissen und die Vorbereitung des Schülers/der Schülerin auf dessen Rolle überlässt W. Sitte
dann doch den kaufmännischen Schulen wie Handelsakademie bzw. Handelsschule. In Anbetracht
80 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2007): Unternehmerführerschein. Lehrerbegleitunterlage Modul C. Wien: Bit Media 81 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2007): Unternehmerführerschein. Lehrerbegleitunterlage Modul C. Wien: Bit Media , S. 6. 82 (2007): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der AHS-Oberstufe (online). a.a.O. 83 SITTE, WOLFGANG (2000): Wirtschaftserziehung. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 545 f.
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 des schnellen technologischen und organisatorischen Wandels in den Betrieben verlangt die
Wirtschaft von MaturantInnen vielmehr Kompetenzen wie Selbständigkeit, Bereitschaft zur
Übernahme von Verantwortung, Kreativität und Flexibilität, Problemlösungs- und
Entscheidungskompetenz, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, also die sogenannten
Schlüsselqualifikationen, die erstmals 1974 von Mertens vorgestellt wurden. 84
Christian Reiner85 spricht sich für eine mehrperspektivische Betrachtung des Phänomens Betrieb bzw.
Unternehmen aus, da rein betriebswirtschaftliche Erkenntnisse oft nicht ausreichen, um die
vielschichtigen Facetten eines Unternehmens zu beleuchten. Nach Reiner haben GW-LehrerInnen oft
einen mehrperspektivischeren Blick, d.h. sie betrachten Probleme aus unterschiedlicheren
Perspektiven, als dies so manche studierte BWLerInnen tun.86
Die folgende Analyse des Inhalts des Moduls C – inklusive dem Vergleich mit ausgewählten
Schulbüchern der 7. Klasse – und der Beurteilung der in diesem Modul enthaltenen Übungsfragen,
Bilder und Graphiken werde ich mit einer kurzen Überprüfung der im Unternehmerführerschein am
Anfang jedes Kapitels angeführten Lernziele in Hinblick auf ihre Zielorientierung beginnen. Bei der
anschließenden Untersuchung der Inhalte der jeweiligen Kapitel werde ich folgende Fragen
berücksichtigen, die ich großteils aus dem Schulbuchraster zur Beurteilung von GW-Schulbüchern 87
entnommen habe:
• Entspricht der Inhalt den gegenwärtigen fachdidaktischen Konzeptionen des Unterrichtsfaches
Geographie- und Wirtschaftskunde? Steht menschliches (ökonomisches) Handeln im
Vordergrund, oder vielmehr betriebswirtschaftliche Theorien?
• Wird Wirtschaftskunde als Wirtschaftserziehung aufgefasst? Geht es um die Ausbildung von
wirtschaftlichem Urteilen und Handeln, oder um reine Vermittlung von betriebswirtschaftlichen
Grundbegriffen?
• Wird die Forderung nach Schülerorientierung erfüllt? Wird an die Erfahrungswelt der
SchülerInnen und an alltagsweltliche Probleme angeknüpft?
• Inwieweit wird der Auftrag zur Politischen Bildung berücksichtigt? (siehe dazu Ausführung in
der Einleitung)
84 Vgl. SITTE, WOLFGANG (2000): Wirtschaftserziehung. a.a.O., S. 549. 85 Vgl.: REINER, CHRISTIAN (2007): „OeC.“ – Ein neues Handbuch der Wirtschaftskunde. Anregungen, Materialien und Kritik als Impulse für den eigenen (G)W-Unterricht unter besonderer Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Fragestellungen. In: GW-Unterricht 106. Wien, S. 95-96 86 Vgl.: ebda., S. 96 87 Vgl.: SITTE, CHRISTIAN (2000): Das GW-Schulbuch. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 467f online:Hhttp://www.univie.ac.at/geographie/ifgr/stzw/lehramt/fachdidaktik/home/chsSCHULBUCH.htm
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
5.3. Die Lernziele
Nach W. Sitte 88 muss Unterricht Ziele haben, denn ein Unterricht ohne Lernziele wäre chaotisch, und
die Erziehungsfunktion ginge vollkommen unter.
Eine mögliche Klassifizierung der Lernziele ist jene in kognitive, psychomotorische, affektive und
soziale Ziele. Es geht also neben Wissen, Verständnis und Analyse um motorische Fähigkeiten und
einen angemessenen Umgang mit (wirtschaftskundlichen) Instrumenten. Weiters – und diese Punkte
sehe ich als ganz wesentlich an - ist die soziale und emotionale Kompetenz zu fördern, wobei es vor
allem um die Verinnerlichung von Werthaltungen und die Vermittlung sozialer Verhaltensweisen geht.
Auch wenn sich die beiden letzten Ziele nicht sinnvoll operationalisieren lassen und im Unterricht nicht
mit Lernkontrollen überprüft werden können, darf es keinesfalls eine Beschränkung auf die rein
kognitive Ebene geben.
Auf der ersten Seite jedes Kapitels im Lehrerbegleitheft zum Unternehmerführerschein wird ein
Überblick über den Inhalt („In diesem Kapitel erfahren Ihre Schüler…“) und die „Ziele“ („Nach diesem
Kapitel können Ihre Schüler…“) gegeben. SchülerInnen sollen so zum Beispiel „zwischen den
verschiedenen Formen der Erwerbstätigkeit unterscheiden“ können oder die „Möglichkeiten der
Findung von Geschäftsideen wiedergeben.“ Auch einige weitere Ziele in den anschließenden Kapiteln
erinnern eher an bloßes Abfragewissen als an eine Fokussierung auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten,
die es im Unterricht zu vermitteln gilt. Die Inhaltskomponente, d.h. der inhaltliche Bereich der
jeweiligen Kapitel, steht bei den vorzufindenden Formulierungen ganz klar im Vordergrund, Medien
und Verfahren sind in den angeführten Zielen gar nicht zu finden.
5.4. Inhalte
Das erste Kapitel des Moduls C hat den Titel „Von der Idee zur Marktchance“ und soll die Wichtigkeit
einer guten und wohlüberlegten Geschäftsidee für den Erfolg eines Unternehmens darstellen. Zu
Beginn werden die unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnisse durchgenommen, wobei den
atypischen Arbeitsverhältnissen nicht einmal ganz eine Seite gewidmet wird. Man beschränkt sich
dabei auf äußerst kurz gehaltene Erklärungen (ein Satz pro Typ) und die Bemerkung „Seit Anfang der
1980er Jahre ist ein starker Anstieg dieser Beschäftigungsverhältnisse in Europa zu verzeichnen“,
ohne die vielfältigen Gründe für dieses Steigen in irgendeiner Form zur Sprache zu bringen. Weiter
geht es mit dem Unterkapitel „Österreichs Unternehmen“, in dem die Kriterien für die Abgrenzung der
verschiedenen Unternehmensgrößen angeführt werden. In Bezug auf Österreich begnügt man sich
mit einer Tabelle mit dem prozentuellen Anteil der Unternehmen und der Beschäftigten in den
jeweiligen Unternehmensgrößen, wobei die Zahlen der Tabelle - genauso wie in der vorigen Auflage
200589 - aus dem Jahr 2003 stammen. Als Anmerkung sei zu erwähnen, dass am Text für die Auflage
88 Vgl.: SITTE, WOLFGANG (2000): Zielorientierung. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 555 89 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2005): Unternehmerführerschein. Modul C. Wien: Manz Crossmedia, S. 16
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 2007 gegenüber der vorhergehenden Auflage 2005 bis auf das Layout kaum etwas verändert wurde,
also auch keine Aktualisierung von Statistiken oder Daten vorgenommen wurde.
Anschließend werden die Chancen und Risiken der Selbständigkeit besprochen, ohne jegliche
realitätsnahe Beispiele. Man erfährt, dass 50 Prozent von neu gegründeten Unternehmen innerhalb
der ersten vier Jahre aufgeben (müssen), leider aber nicht, welcher Quelle diese Zahl entnommen ist
und aus welchem Jahr sie stammt. Danach soll gezeigt werden, wie neue Geschäftsideen entwickelt
und umgesetzt werden können, und mit welchen Kriterien ihre Chancen bewertet werden. Gerade
hier, wo es nicht um reproduzierbares Wissen geht, fällt sehr stark auf, dass den AutorInnen nicht viel
daran gelegen sein dürfte, Beispiele anzuführen und die Themen mit mehr Originalität aufzubereiten,
denn man begnügt sich damit, Innovationsgrad, Markt-, Kosten-, Zeitgerechtheit wie in einem
Nachschlagewerk bzw. Lexikon abzuhandeln. Meine größte Kritik diesbezüglich gilt jedoch der
Zusammenfassung (und dies gilt für alle in Modul C vorzufindenden Kapitel-Zusammenfassungen!), in
der sich diese Aufzählung von Begriffen inklusive (fragwürdigen) Erläuterungen weiter fortsetzt. „Eine
zeitbezogene Erfindung nennt sich Invention.“ oder „Ideen finden: Prognosetechniken dienen zum
Bestimmen von zukünftigen Trends, Kreativitätstechniken hingegen zum Finden von Ideen.“ Was war
die Intention, die hier dahinter steckt? Wollte man damit vielleicht Merktexte produzieren? Wenn ja, so
ist dies erstens kläglich an der inhaltlichen Darstellung gescheitert. Zweitens bieten
zusammenfassende Merktexte in dieser Form nach Ch. Sitte90 lediglich ein Wortwissen zum
Auswendiglernen an, was entschieden abzulehnen ist. Und drittens ist die Zusammenfassung von
Themen, die im davor liegenden Textteil mit kaum mehr Tiefe behandelt werden, mehr als fragwürdig.
Handelt es sich um sinnvolles Merkwissen, so fände ich die Idee eines selbstgestalteten
wirtschaftskundlichen Lexikons, das im Laufe der Schuljahre erweitert bzw. ergänzt wird und in dem
Begriffe in der eigenen Formulierung festgehalten werden, weitaus besser.
Am Ende des Kapitels finden sich die sogenannten Übungsblätter, auf die ich später zu sprechen
komme.
Kapitel zwei hat die Marketingplanung und –umwelt eines Unternehmens zum Thema und behandelt
unter anderem Arten der Datenerhebung, die Einteilung des Gesamtmarktes in Marktsegmente und
diverse Entscheidungen des Unternehmers im Rahmen seiner Produkt-, Distributions- und Preispolitik.
Bezüglich der Wirkung des Marketings auf die Gesellschaft wird stichwortartig eine Reihe von
positiven und auch negativen Aspekten aufgezählt, welche im Unterricht „ausbaufähig“ hinsichtlich
kritischer Beurteilung von Werbung-/Marketingstrategien wären. Durch das gesamte Kapitel zieht sich
das Beispiel von Viki und Robbie, die mit dem „Jodl-Pop“ im Musikgeschäft Fuß fassen möchten, die
Aufnahme von CDs und Videos planen und schließlich auch Konzerte geben wollen. Egal, ob es um
die Arten der sozialen Verantwortung, um die Einflüsse auf die Kaufentscheidung der Konsumenten
oder um die Phasen des Produktlebenszyklus geht, die überwiegend sachliche Abhandlung der
verschiedenen Themen wird durch die konkrete Einbindung des Beispiels bei insgesamt zwanzig
Bereichen des Marketingmixes zumindest ansatzweise im Sinne einer lebensweltlichen Darstellung
durchbrochen. 90 Vgl.: SITTE, CHRISTIAN (2000): Das GW-Schulbuch. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 450 online:Hhttp://www.univie.ac.at/geographie/ifgr/stzw/lehramt/fachdidaktik/home/chsSCHULBUCH.htm
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wie man ein Unternehmen sinnvoll organisieren und
steuern kann. Aufbau- und Ablauforganisation werden genauso besprochen wie verschiedene
Führungsstile, die Motivation der MitarbeiterInnen und die Zusammenarbeit im Team. Ausgangspunkt
der Überlegungen ist ein Auszug eines Berichtes aus der Internetausgabe der Tageszeitung „Die
Presse“ über die AUA-Gruppe und deren geplante Senkung der Gewinnprognose und Erhöhung der
Kerosinzuschläge. Das Unterkapitel Aufbauorganisation wird anhand eines Reisebüros realitätsnäher
gebracht. Die Steuerung eines Unternehmens wird relativ ausführlich behandelt und überzeugt im
Inhalt, da Unternehmer in ihrer Unternehmerpersönlichkeit für den Schüler und die Schülerin
greifbarer dargestellt sind als in den vorherigen Kapiteln.
Kapitel vier hat die Bausteine des Business Plans zum Inhalt, wobei das Hauptaugenmerk auf das
Thema Finanzierung bzw. Finanzierungsinstrumente gelegt wird. Ähnlich wie in Kapitel zwei zieht sich
wieder ein Beispiel, hier jenes des Unternehmers Web-Karli, quer durch die finanzplanerischen
Fragestellungen in einem Unternehmen. Die SchülerInnen lernen, wie eine Plan-Gewinn- und
Verlustrechnung aufgestellt wird, wie ein Leistungsbudget aussehen kann und was ein Finanzplan ist.
In Kapitel fünf werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln in
Österreich durchgenommen. Die SchülerInnen erhalten konkrete Hinweise, welche rechtlichen
Aspekte bei einer Unternehmensgründung zu beachten sind. Gewerbeberechtigung und
Rechtsformen für Unternehmen werden ebenso behandelt wie Grundzüge des Individualarbeitsrechts
und Kollektivarbeitsrechts.
Das letzte Kapitel, Kapitel sechs, beschäftigt sich auf 13 Seiten mit der korrekten
Geschäftskorrespondenz. Es wird erläutert, wie Visitenkarten, Memos und Geschäftsbriefe zu
gestalten sind und worauf bei Business Kommunikation mit E-Mail zu achten ist.
5.5. Vergleich mit den Schulbüchern
Für den Vergleich des Moduls C mit ausgewählten Inhalten in den Schulbüchern der 7. Klasse wird
hauptsächlich das Schulbuch Durchblick 791, erschienen im Westermann-Verlag, herangezogen. Ein
Blick in das Inhaltsverzeichnis des Schulbuches zeigt, dass sich die AutorInnen in Struktur und Aufbau
des Buches eng an den Lehrplan der 7. Klasse anlehnen. Die beiden Kapitel des Schulbuches, die
sich hauptsächlich mit betriebswirtschaftlichen Fragestellungen beschäftigen (Kapitel 8 und 9),
nehmen 50 Seiten ein, das sind rund 23% des gesamten Lehrwerkes. In Analogie zu den im
Lehrplan92 kursiv gesetzten Lernzielen für das Wirtschaftskundliche Realgymnasium werden in
Durchblick 7 jene Themenbereiche, die für diesen Schultyp verbindlich vorgesehen sind, mit der
Abkürzung WIKU gekennzeichnet. Im Vorwort93 weist man darauf hin, dass sich diese Inhalte gut als
Vertiefung bzw. Erweiterung in „allgemeinen“ Gymnasien eignen. Konkret handelt es sich im
vorliegenden Lehrbuch um zirka die Hälfte der betriebswirtschaftlichen Inhalte in den genannten
91 HOFMANN-SCHNELLER, M./ M. DERFLINGER/ G. MENSCHICK/ P. RAK (2006): Durchblick 7. Geographie und Wirtschaftskunde für die 11. Schulstufe. Neuer Lehrplan. Wien: Westermann 92 BMUKK (2007): Geographie und Wirtschaftskunde. Lehrplan der AHS-Oberstufe 2004. (online) a.a.O., S. 4 bzw. siehe SITTE Ch. (2004a) Hhttp://www.eduhi.at/dl/LP2004wn125.pdfH 93 Durchblick 7, a.a.O., S. 4
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 Kapiteln. Beim Vergleich mit dem Unternehmerführerschein soll in der Folge auf diese Unterscheidung
nicht eingegangen werden.
Der Einstieg in das Kapitel „Unternehmer sein in Österreich“ erfolgt im Schulbuch über
Zeitungsausschnitte, in denen dem Rekord an Unternehmungsgründungen der Rekord an
Insolvenzen gegenübergestellt wird. Der anschließende Text und die Tabelle über die Chancen und
Risiken der Selbständigkeit ermöglichen den SchülerInnen einen spannenden und neutralen
Blickwinkel beim Einstieg in das Thema. Außerdem wird durch die gestellten Aufgaben Raum für die
Frage nach weiteren Vor- und Nachteilen der Selbständigkeit zugelassen. Im
Unternehmerführerschein ist dagegen ein realitätsnaher Ansatz im ersten Kapitel, dessen Themen alle
auch im Schulbuch behandelt werden, nur sehr schwer erkennbar. Allgemein kann gesagt werden,
dass UnternehmerInnen, so wie sie in Kapitel 1 dargestellt werden, in ihrer Unternehmerpersönlichkeit
für die SchülerInnen nicht greifbar sind. Betrachtet man das Thema unternehmerische Selbständigkeit
als einen Teil der ökonomischen Kompetenzen, so wäre ein konkreter und lebensweltlicher Ansatz bei
der Beschäftigung mit Unternehmen im Kontext wirtschaftlicher Fragestellungen wünschenswert. So
könnten die SchülerInnen ihre Rolle und ihre möglicherweise zukünftige Verantwortung für ein
Unternehmen als Auszubildende oder als abhängige Beschäftigte besser reflektieren.
Das Thema Marketing, mit dem sich das zweite Kapitel von Modul C beschäftigt, ist wesentlich
umfangreicher als im Schulbuch ausgefallen, was aber nicht unbedingt bedeutet, dass die sachlich-
fachliche Tiefe generell gestiegen sei. Im Unternehmerführerschein dominieren in diesem Kapitel
Begriffsaufzählungen, die den Leser/die Leserin oft an ein Lexikon erinnern lassen. Arten von sozialer
Verantwortung, Arten von Käufern, Arten der Kaufentscheidung in einer Organisation oder Arten der
Preisdifferenzierung sind nur einige Beispiele.
Die Darstellung der Grundtypen betrieblicher Organisationsstrukturen ist eindeutig im Schulbuch
übersichtlicher und „wissenschaftlicher“ gelungen als in Modul C. Einlinien- und Mehrlinien-System,
Sparten- und Matrix-Organisation sind im Schulbuch visuell sehr anschaulich durch schematische
Darstellungen erklärt, während in Modul C Abteilungen nach Verrichtungen und nach Objekten
gegliedert werden.
In Modul C ist dem Businessplan ein eigenes Kapitel im Umfang von ca. 25 Seiten gewidmet, wobei
das Erstellen von Plan-Gewinn- und Verlustrechnung, Leistungsbudget, Finanzplan und Planbilanz
mehr im Detail beschrieben wird als im Schulbuch.
Das Thema „Rechtsformen von Unternehmen“ ist für SchülerInnen im Modul C besser aufbereitet als
im Schulbuch, da die einzelnen Rechtsformen mit Schaubildern visualisiert sind und immer wieder mit
Hilfe von Beispielen erklärt werden, während im Schulbuch lange Textteile dominieren. Dass die
Entscheidung, welche Rechtsform für das zukünftige Unternehmen gewählt wird, weitreichende
Folgen hat, wurde ebenfalls im Unternehmerführerschein besser herausgearbeitet.
Was den letzten Teil in Modul C, jenen zur Business-Kommunikation, betrifft, glaube ich, dass es doch
lohnenswert ist, den SchülerInnen als überlegt handelnde Personen im Wirtschaftsalltag Einblicke in
Verständigung und Auftreten im Geschäftsleben zu geben. Im Schulbuch findet man dazu nur
vereinzelt Ansätze.
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007
5.6. Übungsfragen
Am Ende jedes Kapitels der Lernunterlage zu Modul C befinden sich die sogenannten Übungsblätter.
Darin werden den SchülerInnen zwischen 9 und 19 Fragen gestellt, wobei es sich dabei in erster Linie
um Multiple-Choice-Frage (wie sie auch bei der Prüfung gestellt werden) und Lückentexten handelt.
Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die Aufgabentypen (in Anlehnung an W. Sitte94)
in den Übungsblättern.
Aufgabentyp Kap. 1 Kap. 2 Kap. 3 Kap. 4 Kap. 5 Kap. 6 Multiple-Choice-Aufgabe 6 13 13 11 13 7 Lückentext 2 3 1 1 2 - Ergänzen des Schaubildes 1 - - - - -
In die richtige Reihenfolge bringen - 2 3 - - -
Zuordnungsaufgabe - - 1 - - 1 Richtig-Falsch-Aufgabe - - - - 1 - Kurzantwortaufgabe - - 1 - 2 1 Summe 9 18 19 12 18 9
Tab.: Verteilung der Aufgabentypen in den Übungsblättern des Moduls C (in absoluten Zahlen).
In den Aufgaben wird großteils Reproduktionswissen verlangt („Was versteht man unter
Fremdfinanzierung?“, „Welche der folgenden Vertriebsarten gehören zum Direktvertrieb?“ oder
„Nennen Sie bitte die Arten der gebundenen Arbeitsabläufe!“). Auch die vorhandenen Lückentexte
weisen die Beschaffenheit auf, die Ch. Sitte über diese Art von Lernaufgabe schreibt 95: sie verlangen
bloß Wortwissen.96
Alle Aufgaben reichen über die Ebene der Kenntnisse (nach der Bloom´schen Taxonomie97), also
über das Wiederaufrufen von Faktenbestand, kaum hinaus und sind alleine darauf ausgerichtet, die
gestellten Fragen bei der Prüfung korrekt beantworten zu können. Zusammenhänge eigenständig zu
formulieren, wie die nächst komplexere Stufe der Bloom´schen Taxonomie fordert 98, wird hier nicht
verlangt.
In den Textteilen der jeweiligen Kapitel findet man ab und an Fragestellungen, die den Schüler/die
Schülerin zwischen der Vermittlung von mehr oder weniger abfragbaren Wissen zum Aktivwerden
auffordern. Die Lernenden sollen also zwischendurch zum eigenständigen Nachdenken angeregt
werden, indem zum Thema passend eine Frage gestellt wird und die SchülerInnen ihre Gedanken am
dafür vorhergesehenen Platz notieren sollen. Beispiele hierfür wären: „Was glauben Sie, sind die Vor-
und Nachteile der Sekundärforschung?“, „Was glauben Sie, bei welchen Produkten wird die
emotionale Kommunikation besonders gerne eingesetzt?“ oder „Was glauben Sie, warum ist es
überhaupt nötig, die fachliche Eignung der Gewerbetreibenden sicher zu stellen?“ Die SchülerInnen
müssen dabei weiterführende Überlegungen anstellen, da die Antworten nicht eins zu eins im Textteil 94 SITTE, WOLFGANG (2001): Lernergebniskontrolle und Leistungsbeurteilung,. a.a.O., S. 280-286 95Vgl. SITTE, CHRISTIAN (2000): Das GW-Schulbuch,. a.a.O., S. 458 96 Vgl. auch SITTE, WOLFGANG (2001): Lernergebniskontrolle und Leistungsbeurteilung,. a.a.O., S. 285: „Aus sprachlichen und sachlichen Gründen ist von Lückentexten abzuraten“. 97 SITTE, WOLFGANG (2000): Taxonomie. In: Sitte, Wolfgang und H. Wohlschlägl (Hrsg.)(2001): Beiträge zur Didaktik des „Geographie und Wirtschaftskunde“-Unterrichts. Materialien zur Didaktik der Geographie und Wirtschaftskunde, Bd. 16. Wien, S. 474 98 Ebd. S. 474
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 zu finden sind. Es ist jedoch schade, dass diese „aktiven Produktionen“ der SchülerInnen nicht bei der
Erarbeitung und Weiterführung der anschließenden Unterrichtsinhalte genutzt werden. Die
SchülerInnen werden lediglich dazu aufgefordert, sich im Lösungsteil ein Feedback zu holen.
Weitere Lernaufgaben befinden sich auf der CD, die der Lehrerbegleitunterlage99 beigelegt ist,
unterteilt in die Typen „Übungsblätter“ und „Fragebögen“, mit den entsprechenden Lösungen. Für die
Fragebögen gilt ähnliches wie für die Übungsblätter in der Lernunterlage: Sie sollen der gezielten
Vorbereitung auf die Prüfung und der Erfolgssicherung dienen, denn es geht vorrangig um die
Überprüfung von Faktenwissen mit Hilfe von Multiple-Choice-, Richtig-Falsch-, Zuordnungs-,
Kurzantwort- und Lückentextaufgaben. Ganz anders sind hingegen die Übungsblätter auf der CD
beschaffen, denn hier ist ein Bemühen um anwendungsorientierte Ansätze deutlich erkennbar. So
sind zum Beispiel Fehler in einem abgedruckten Geschäftsbrief herauszuarbeiten, das Organigramm
der Schule anzufertigen oder für das fiktive Unternehmen „CreARTiv“, das man mit den besten
Freunden plant, Zielgruppe, sinnvolle Art der Datenerhebung, Marketingplanung und eine
Werbekampagne zu überlegen. Die Arbeitsanweisungen erfordern eine aktivere Auseinandersetzung,
da sie auf die Bearbeitung von realitätsnahen betrieblichen Arbeits- und Geschäftsprozessen bezogen
sind.
5.7. Bilder und Graphiken
Der Textteil der Lernunterlage des Moduls C ist mit farbigen Fotos in der Größenordnung 4x3 cm
bestückt, von denen kein einziges eine Bildunterschrift trägt. Nach Ch. Sitte 100 können Bilder die
Funktion des Motivierens, des Emotionalisierens, des Illustrierens und des Förderns der selbsttätigen
Auseinandersetzung haben. Betrachtet man die Fotos im Unternehmerführerschein, so lässt sich eine
andere Funktion als die der „Auflockerung der Textmenge“ nur schwer erkennen. Die Absicht einer
fachlichen Ergänzung und Veranschaulichung des Textes kann den AutorInnen bei bestem Willen
nicht zugesprochen werden, eher noch jene eines Neugierigmachens. Es handelt sich also um Bilder,
die zwar zum Thema passen, aber weder in den Text noch in Arbeitsanregungen oder –aufträgen
integriert sind und somit, nach Ch. Sitte 101, als Lückenfüller bezeichnen werden könnten. So findet
man die gleiche Abbildung eines Taschenrechners beim Thema Bilanz und im Unterkapitel
Technische Kriterien der Umsetzbarkeit der Geschäftsidee. Die Voraussetzungen für das Ausüben
eines Gewerbes werden mit dem Foto von Aktenordnern „illustriert“. Und in Kapitel 2 und 3 wollte man
wohl an den Verlag der Unterlagen, nämlich bit media e-Learning solution GmbH & Co KG erinnern;
Themen wie zum Beispiel Bildmarke, Produkt-Mix und Preisdifferenzierung werden mit Fotos, die das
verlagseigene Produkt, die (lt. Verlagshomepage 102) € 19,80 teure Lern-CD zeigen, bereichert. Außer
Fotos enthält Modul C noch graphische Darstellungen, nämlich Blockdiagramme und Schaubilder.
Diese erklären nach Ch. Sitte 103 in anschaulicher Weise sehr gut Zusammenhänge und komplexe
99 WKO - WIRTSCHAFTSKAMMER ÖSTERREICH (HRSG.)(2007): Unternehmerführerschein. Lehrerbegleitunterlage Modul C. Wien: Bit Media 100 Vgl. SITTE, CHRISTIAN (2000): Das GW-Schulbuch,. In: Sitte W.u. Wohlschlägl H., hg. Beiträge … . S. 460. Online: Hhttp://homepage.univie.ac.at/Christian.Sitte/FD/artikel/chsSCHULBUCH.htmH 101 Ebd., S. 460 102 Hhttp://www.lernportal.at/warehouse/katalog/shop_external_subcategories.php?selkrit_category=39&H. Abgerufen: 28. November 2007 103 Vgl. SITTE, CHRISTIAN (2000): Das GW-Schulbuch,. a.a.O., S. 464
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 ökonomische Prozesse. In Modul C handelt es sich hauptsächlich um Baumdiagramme, die meist
Übersichten schaffen, und Flussdiagramme, die Wirkungsschemen in optisch einprägsamer Form
visualisieren. Karikaturen und Wirtschaftsgraphiken fehlen zur Gänze, was schade ist, geben sie doch
motivierende Impulse.
5.8. Fazit
Ausgehend von den in Eingangskapitel des Moduls C gestellten Fragen zur Beurteilung der
Lernunterlage lassen sich folgende Punkte zusammenfassend sagen:
Der Inhalt der Lernunterlage zum Modul C des Unternehmerführerscheins setzt wenig
gesellschaftspolitische Akzente hinsichtlich der Art, wie der Betrieb in seinen gesellschaftlichen
Bezügen gesehen wird. Besonders das Kontroversitätsgebot im Zuge der Politischen Bildung bleibt im
Verborgenen, da die Lernunterlage den SchülerInnen kaum Impulse gibt, sich mit abweichenden
Meinungen und mit Vorurteilen auseinanderzusetzen.
Weiters wird kaum ein problemorientierter Ansatz bei der Behandlung von betriebswirtschaftlichen
Themen verfolgt. Kritische Auseinandersetzungen mit den Inhalten werden sehr selten „provoziert“.
Aber gerade auch bei der Darstellung von betriebswirtschaftlichen Inhalten wäre es wichtig, zu
weiterführenden Fragen und zum Nachdenken anzuregen. Es genügt eben nicht, zu erklären, wie ein
Finanzplan zu erstellen ist oder was die Elemente der Aufbauorganisation in einem Unternehmen
sind. Wichtiger wäre es, zu ermitteln oder zu diskutieren, warum etwas erfolgt, verändert oder
unterlassen wird, und in wessen Interesse etwas geschieht, wobei auch Widersprüchlichkeiten
aufgedeckt werden sollen.
Wie im Lehrplan der Oberstufe angeführt ist, sind im Geographie- und Wirtschaftsunterricht Probleme
des Umweltschutzes aus betriebswirtschaftlicher Sicht unter Berücksichtigung technologischer
Aspekte mit einzubeziehen. Im Unternehmerführerschein werden an keiner Stelle die Probleme des
Verhältnisses von Ökonomie und Ökologie aufgezeigt.
Die Inhalte in Modul C sind leider wenig danach ausgerichtet, die Lebenssituation der SchülerInnen zu
erreichen. Das Schulbuch Durchblick 7 zeigt jedoch Beispiele, dass es auch bei
betriebswirtschaftlichen Fragestellungen und Prozessen möglich ist, diese Inhalte realitätsnah
aufzubereiten, und dass ellenlange Listen von Begriffserklärungen, wie es in Modul C sehr häufig
passiert, abwendbar sind.
Fehlende aktuelle Wirtschaftsgraphiken, Zeitungskommentare, Karikaturen etc. vervollständigen
meinen Schluss, dass der Unternehmerführerschein keinesfalls den gegenwärtigen fachdidaktischen
Konzeptionen von Geographie- und Wirtschaftskunde entspricht und die Wirtschaftserziehung grob
vernachlässigt. Die Lernunterlage unterstützt den Schüler/die Schülerin zwar, die Inhalte im Zuge der
Vorbereitung auf die Unternehmerführerscheinprüfung gezielt, vollständig und zeitsparend
aufzusaugen, um sie dann zu reproduzieren. Begriffs- und Faktenwissen sind zwar wünschenswert im
Sinne des Zugangs zur Information für alle StaatsbürgerInnen, vermitteln aber nicht die wirtschaftliche
Realität, die Menschen in ihr und die Probleme, Konflikte, Belastungen und Betroffenheiten im
ökonomischen Bereich. nach oben zum Inhalt >
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Fachdidaktisches Proseminar: Schulbücher und Lehrpläne für GW SS 2007 B I B L I O G R A P H I E PRIMÄRLITERATUR: HITZ, HARALD/ G. KRAMER/ W. MALCIK/ F. ZACH (1998): Raum – Gesellschaft – Wirtschaft im Wandel der Zeit. Lehr-
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