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FRANKFURT – Stadt an der OderAnsichten der Stadt am Oderstrom durch die Jahrhunderte
E I N B I L D K A L E N D E R F Ü R D A S J A H R 2 0 1 6
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Neujahr Heilige 3 Könige
JANUAR 2016
Franckfurt an der Oder. Hans Rudolf Manuel, genannt Deutsch [1525-1571], nach Frantz Friderich [um 1520-1584] , Basel, 1548. Sign.: RMD, kolorierter Holzschnitt, 20,0 x 29,0 cm, aus: Sebastian Münster [1489-1552] Cosmographey: das ist / Beschreibung aller Länder, Herrschafften vnd fuernemesten Stetten des gantzen Erdbodens … Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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Valentinstag
FEBRUAR 2016
Blick über die Brückenschanze auf die Stadt. Anonym, Frankfurt (Oder), um 1627. Wasserfarben, 9,5 x 13,2 cm, aus: Album des Akademikers Balthasar Fünster [Finster] [1605-1648] 1625-1631. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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Karfreitag
Ostern
MÄRZ 2016
Aus der Vogelschau gesehen – Franckfurt an der Oder. Anonym (wohl Matthäus Merian [1593-1650]), um 1640. Kolorierter Kupferstich, 20,0 x 27,1 cm, aus: Matthäus Merian (Ansichten)/ Martin Zeiller [1589-1661] (Texte), Topographia … das ist Beschreibung der Vornembsten vnd bekantisten Stätte vnd Plätz in dem … Churfürstenthum vnd March Brandenburg; vnd dem Hertzogtum Pommeren …, Frankfurt am Main 1652. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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APRIL 2016
Die Stadt Francfurt an der Oder mit Leopolds Monument. Anonym (wohl Johann Friedrich Nagel [1765-1825]), um 1788, Radierung mit Gouache übermalt, 21,2 x 32,3 cm, aus: Jean Morino u. Comp., Topographie pittoresque des Etats Prussiens. Sammlung aller schönen und merkwürdigen Gegenden in sämmtlichen Königlich Preussischen Staaten, viertes Heft. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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Maifeiertag
Himmelfahrt
Muttertag
Pfingsten Fronleichnam
MAI 2016
Frankfurt vom Uferrand der Haakwiesen gesehen. Anonym (wohl Johann Friedrich Nagel), um 1792, Radierung mit Gouache übermalt, 21,0 x 31,5 cm, aus: Jean Morino u. Comp., Topographie pittoresque des Etats Prussiens. Sammlung aller schönen und merkwürdigen Gegenden in sämmtlichen Königlich Preussischen Staaten. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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JUNI 2016
Frankfurt a. O. vom Schäfferey-Berge. Julius Gottheil [1810-1868] (Zeichner) / Johann Poppel [1807-1882] und Georg Michael Kurz [1815-1883] (Stecher), 1856. Sign.: J. Gottheil del. / Poppel u. Kurz sc., kolorierter Stahlstich, 17,4 x 23,3 cm, aus: B. S. Berendsohn’s Kunstverlag, Hamburg, 1847ff. Brandenburgisches Album, Blatt 28. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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JULI 2016
Frankfurt a. d. Oder – Blick vom Damm mit Oderbrücke. Anonym, um 1857. Kolorierter Stahlstich, 10,4 x 15,4 cm, aus: Friedrich Hofmann [1813-1888] (Hrsg., bis Bd. 18 Joseph Meyer [1796-1856]), Meyer’s Universum oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde, wohl Band 19, erschienen in der Kunstanstalt des Bibliographischen Instituts. Hildburghausen und New York, 1857 (1858). Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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Mariä Himmelfahrt
AUGUST 2016
Badeanstalt an der Oder. Christian Gottlieb Ludwig [1802-1877], Frankfurt (Oder), 1860. Sign.: Ludwig 1860, Tuschzeichnung, 22,1 x 35,7 cm. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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SEPTEMBER 2016
Oderufer mit Ladestelle und Kran. Christian Gottlieb Ludwig, Frankfurt (Oder), 1863. Sign.: 1863 Ludwig, Tuschzeichnung, 19,5 x 27,0 cm. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
OKTOBER 20161 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo
Erntedank
Tag der Dt. Einheit
Reformationstag
Blick vom Holzmarkt auf die alte Oderbrücke. Christian Gottlieb Ludwig, Frankfurt (Oder), 1865. Sign.: Ludwig. 1865. Tuschzeichnung, 21,5 x 33,0 cm. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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Allerheiligen
Martinstag
Volkstrauertag
Buß und Bettag
Totensonntag
1. Advent
NOVEMBER 2016
Die alte Oderbrücke aus Holz, mit Raddampfer Loewe. Hugo Mühle [1841-1901], Frankfurt (Oder), 1876. Sign.: H. Mühle. 22. 6. 1876, Aquarell, 31,6 x 48,3 cm. Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
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2. Advent Nikolaus 3. Advent 4. Advent Heiligabend
1. und 2. Weihnachtstag
Silvester
DEZEMBER 2016
Die Oder im Dezember – Blick vom Prinzenufer auf Frankfurt. Joachim Petersen [1895-1971], Frankfurt, 1939. Sign.: Joach. Petersen Dez. 39, Aquarell, 28,5 x 43,0 cm. Stadtarchiv Frank-furt (Oder)
Frankfurt – Stadt an der OderDie Oder ist heute ein Grenzstrom und zugleich ein verbindender Strom. Er entspringt in 634 Meter über dem Meeresspiegel, im südlichen Teil der mährischen Senke, im heutigen Tschechien. Nach 912 Kilometern mündet er bei Swinoujscie in die Ostsee. Unser Frankfurt, gelegen am Strom-Kilo-meter 584,15 (Stadtbrücke), verdankt dem Strom im 13. Jahrhundert seine Entstehung, damals noch mehr des Überganges wegen, als in seiner Nut-zung als Wasserstraße. Bei der späteren Stadt Frankfurt verengte sich das Odertal auf eine Breite von nur zwei Kilometern. Den sich verstärkenden Handelszügen bot sich der Frankfurter Pass bald als günstigster Oderüber-gang in Norddeutschland an. Die hier entstandene Marktsiedlung wurde im Jahr 1253 zur Stadt erhoben. Die Stadt wuchs und entwickelte sich in den vergangenen Jahrhunderten, dabei lebte man mit und von dem Strom. Stadt und Oder waren und sind untrennbar verbunden – weshalb die Zeich-ner, wann immer sie einst die Stadt abbildeten, meist den Blick von Osten, über die Oder auf die Stadt, wählten.
JanuarFür seine „Beschreibung aller Länder, Herrschafften vnd fuernemesten Stet-ten des gantzen Erdbodens …“ wandte sich der große Kosmograph Sebas-tian Münster auch an das brandenburgische Frankfurt, beabsichtigte er doch, unsere Handels- und Universitätsstadt darin aufzunehmen. Frank-furt an der Oder war zu dieser Zeit die bedeutendste brandenburgische Stadt. Er bat den Rat um eine Beschreibung und Skizze der Stadt. Das Erhal-tene muss von guter Qualität gewesen sein, denn er lobte in seinem Werk Frankfurt, hätte er doch „der Stett in Teutschlandt nicht viel gefunden die auff mein einfeltiges Schreiben mir in meinem Fürnemmen so gutwillig gewesen“. Nach der vom Frankfurter Medailleur und Holzschneider Frantz Friderich gefertigten Skizze ließ Münster 1548 in Basel durch seinen Zeich-ner Hans Rudolf Manuel die hier als Januar-Blatt gezeigte Ansicht fertigen. Die erstmals in der „Cosmographia“-Ausgabe 1550 gedruckte Stadtansicht ist in allen weiteren Auflagen des noch in den 1620er Jahren erscheinenden Werkes enthalten. Auf der Stadtansicht geht der Blick über den durch regen Warenverkehr gekennzeichneten Strom und die Holzbrücke mit dem Häus-chen für die Erhebung des Brückengeldes, durch das Brückentor zur Stadt. Am westlichen Ufer die Niederlage, in der Silhouette die Türme und Türm-chen von Frankfurts Stadtbefestigung, Kirchen und Klöstern. Diese Stadt-ansicht ist nicht nur die älteste gedruckte Ansicht der Stadt, sondern die erste gedruckte Ansicht einer brandenburgischen Stadt überhaupt.
FebruarVon 1625 bis 1628 studierte der spätere Brandenburgische Hof- und Kam-mergerichtsrat Balthasar Fünster (eigentl. Finster), Sohn eines Tuchmachers aus dem schlesischen Lüben, in Frankfurt. Zur Erinnerung daran ließ er sich 1626 oder 1627 eine Ansicht der Oderstadt für sein persönliches Album fertigen. Es war die Zeit, als die Stadt erstmals mit dem Kriegsgeschehen des 30jährigen Krieges in Berührung gekommen war: im Juli 1626 durch-zogen die von Wallenstein bei Dessau geschlagenen Truppen des Ernst von Mansfeld die Stadt. Das kleine Blatt – eingeklebt im Stammbuch – zeigt die Stadt als feste Stadt. Im Vordergrund des Bildes, rechts neben dem alten Zollhaus, ist die spätestens am Beginn des Krieges errichtete sternenför-mige Schanze zu sehen, mit der die Brücke von Osten geschützt wurde. Zwei Soldaten wachen darauf. Die Schanze wurde nach dem Ende des Krie-ges abgerissen und 1662 durch eine neue, noch größere Schanze ersetzt. Links von dem mit einem goldenes Hahn gekrönten Brückentor sind das
Schlachthaus und das sog. neue Seelhaus zu erkennen. Im Hintergrund das Rathaus, wohl erstmals mit dem 1610 fertiggestellten Turm dargestellt, auf dem ebenfalls Wächter zu sehen sind.
MärzDie Ansicht des März-Blattes erschien 1652. Es war jedoch nicht das erste Mal, schon zehn Jahre zuvor hatte Johann Angelius von Werdenhagen in der zweiten Auflage seiner Schrift „De Rebuspublicis Hanseatiticis …“ die-sen Kupferstich veröffentlicht. Bei der Matthäus Merian d. Ä. zugeschrie-benen Ansicht blickt man aus der Vogelschau auf die von Weinbergen umgebene Stadt. Martin Zeiller, Textautor der 1652 von Merians Erben herausgebrachten „Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae …“ war es wert, dies extra hervorzuheben: „Der Wein aber so da wächst / wird weit verführet“. Bei der Betrachtung des Bildes blickt man auf die feste Stadtmauer mit den Toren und der doppelten Wall- und Gra-benanlage sowie der Brückenschanze. Die Oder selbst fließt noch in ihrem Hauptbett entlang des Dammes (einst „Alte Oder“ – heute Słubice). An der Niederlage (heute Holzmarkt) werden die Oderkähne, das waren kleinere Segelschiffe, die flussaufwärts getreidelt wurden, be- und entladen. Bei der Endausfertigung der Zeichnung für die Kupferplatte unterliefen Merian kleine Fehler, so verwechselte er die Namen der Vorstadtkirchen. Ist der falsche Standort des Galgenberges aber ein Fehler oder geschah dies mit Absicht? Der große Galgen und die beiden Stangen für das Rad, am unte-ren Bildrand zu sehen, waren für jeden Betrachter der damaligen Zeit Aus-druck einer großen Stadt. In seiner tatsächlichen Lage hoch oben in der Lebuser Vorstadt wäre der Galgenberg vielleicht nicht mehr im Blatt ent-halten gewesen.
AprilJean Morino, ein etwa seit 1782 in Berlin tätiger Kunsthändler, ließ sich unter anderem von Johann Friedrich Nagel, einem an der Dresdener Aka-demie ausgebildeten Landschaftsmaler und späteren Mitarbeiter der Mei-ßener Porzellanmanufaktur, Zeichnungen von ausgewählten preußischen Landschaften herstellen. Die „nach der Natur“ gefertigten Zeichnungen waren die Grundlage für Umrißradierungen, die Morino in seiner „…Samm-lung aller schoenen und merkwürdigen Parthien in saemmtlichen Koenigl. Preussischen Staaten …“ in mindestens acht Lieferungen mit jeweils sechs Blättern veröffentlichte. Es gab die Lieferungen in zwei Ausfüh rungen, die eine als reine Druckausführung, die andere „mit natürlichen Farben erleuchtet“, also als Gouache ausgefertigt und damit wie eine originale Zeichnung aussehend. Im vierten, 1788 erschienenen Heft – mit der Num-mer XXIII – wird unserer Stadt das erste und hier gezeigte Blatt gewid-met. Im Vordergrund des Blattes, am östlichen Oderufer, ist das Denkmal für Leopold von Braunschweig zu sehen. Der Herzog, der seit 1776 das hie-sige Regiment kommandierte, war am 27. April 1785, beim Versuch Men-schen aus den Hochwasserfluten zu retten, selbst umgekommen. Sein Tod wurde in ganz Europa betrauert. Ihm zum Andenken schuf der Berliner Akademiepräsident Bernhard Rode das Denkmal. Von dem am 11. August 1787 eingeweihten Denkmal am Prinzenufer in der Dammvorstadt (heute ul. Nadodrzanska, Słubice) geht der Blick des Betrachters über die Oder zu der noch mit einer Mauer umgebenen nordöstlichen Stadtecke sowie der Lebuser Vorstadt. Links auf dem Bild, hinter dem städtischen Arbeitshaus (später Gefängnis, heute Musikschule), erhebt sich der Turm der barock ausgestalteten Reformierten Kirche (heute Friedenskirche). Beim genauen Hinsehen erkennt man das westlich am Kirchturm angebaute Haus der französisch-reformierten Gemeinde. Nördlich davon die Unterkirche (heute
Konzerthalle) und im Hof der Kirche, der Karzer und die Kommunität der Universität. In der Bildmitte sind die Anlagen des Lebuser Stadt-Tores zu erkennen und weiter nördlich das große, 1741 erbaute Königliche Maga-zingebäude.
MaiWie die im Vormonat gezeigte Ansicht stammt auch die Maiansicht wahr-scheinlich von Johann Friedrich Nagel. Der Blick des Betrachters richtet sich zuerst auf die kleine Schiffsanlegestelle unterhalb des Haak-Sees, eine einstmals beliebte Anlegestelle für Schmuggler, die „ausländische Waren, deren Einfuhr verboten war, zu den Messen und bei anderen Gelegenhei-ten durch die Stadtaccise zu schmuggeln trachteten“. Die langgestreck-ten, sich in der Oder spiegelnden weißen Gebäude auf der Westseite sind Teil des erst wenige Jahre zuvor errichteten Kasernenkomplexes. Wachpos-ten und die hohe, die Kasernen verbindende Mauer verhinderten, dass die Soldaten des Regimentes desertierten. Dahinter erhebt sich die Marien-kirche noch mit ihren beiden Türmen. Die königliche Steuerbehörde (heute Museum) wird vom entfernt gelegenen Barockturm der Reformierten Kir-che überragt. Rechts ist die große Seidenmanufaktur zu erkennen, die 1769, an der Stelle der 1662 errichteten und inzwischen abgerissenen zweiten Brückenschanze, fertiggestellt wurde.
JuniIm Juni 1856 kam der in Hamburg lebende Maler und Graphiker Prof. Julius Gottheil nach Frankfurt, um hier Skizzen für die von ihm beabsichtigten vier Frankfurt-Motive zu machen. Sie sollten dann noch im gleichen Jahr im „Brandenburgischen Album“ beim Kunstverlag von B. S. Berendsohn in Hamburg erscheinen. Für sein Frankfurt-Panorama begab sich Gottheil über die Oder, zum Fuße des Schäfereiberges. Von diesem Standort unweit der Grundschäferei hatte man – mindestens seit der Frankfurter Zeichen-lehrer Ludwig (vgl. August) diesen Platz für sich entdeckte und bekannt machte – einen guten Blick auf die Oder mit den in der Sonne leuchtenden Segeln der Oderkähne und auf die Stadt. Deutlich erhebt sich Marien kirche, die seit dem Einsturz des Südturmes im Jahr 1826 nur noch einen Turm besitzt. Alexander Schiefers Buch- und Kunsthandlung in der Richtstraße, die das Album in Frankfurt an gut 45 Subskribenten vertrieb, verkaufte die Stahlstiche dann auch einzeln zu je 9 Silbergroschen.
JuliDie für den Juli ausgewählte Ansicht zeigt Frankfurt vom rechten Oder-damm aus, mit der alten, noch auf die Brücktorstraße zugehende Holz-brücke. Sie dürfte eine der bekanntesten Ansichten der Stadt sein. Im Auftrage des von Joseph Meyer in Gotha begründeten und bald nach Hild-burghausen verlegten Verlagsunternehmens Bibliographisches Institut fertigte ein uns heute unbekannter Zeichner diese Ansicht. Als Stahlstich mit einem aussagekräftigen Text zur Stadt (unter anderem wird darin der hier geborene Dichter H. v. Kleist genannt) kam das Blatt 1857 (1858) im 19. Band der Reihe „Meyer’s Universum oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde“ heraus. 1860 erschien der Stahlstich auch in „Meyer’s Univer-sum. Ein Volksbuch … in 5 Bänden“ (Band 5, S. 50 – 54).
AugustVon Ostern 1827 bis zu seiner Pensionierung zu Ostern 1874 arbeitete der akademische Zeichenlehrer Christian Gottlieb Ludwig an der Frankfur-ter Oberschule (Realgymnasium). Es war aus Danzig, seiner Geburtsstadt,
Kopierung wie Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Frankfurter Stadtarchivs und der Kalender Manufaktur.
Anita-Augspurg-Platz 727283 VerdenTelefon: 04231 / 8000-0Telefax: 04231 / 8000-20
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Ein Unternehmen im Haus der Werbung Verden
KalenderManufaktur Verden
Stadtarchiv Frankfurt (Oder) Collegienstraße 8-9, 15230 Frankfurt (Oder)
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E-Mail: stadtarchiv@frankfurt-oder.de www.stadtarchiv-ffo.de
Dieser Kalender entstand in Zusammenarbeit der Kalender Manufaktur Verden mit dem Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
Idee und Texte: Ralf-Rüdiger Targiel, Stadtarchiv Frankfurt (Oder)
Die Monatsblätter wurden nach Originalen des Stadtarchivs Frankfurt (Oder) gefertigt
nach Frankfurt gekommen. Wie kein anderer Frankfurter Zeichenlehrer bis dahin ging er in die Natur, um die Stadt und ihre Umgebung mit Bleistift und Tusche auf dem Zeichenblock festzuhalten. Wurden bislang die Bilder der Stadt von auswärtigen, im Auftrag tätigen Künstlern geschaffen, so ent-standen nun mit Ludwig durch einen einheimischen Künstler Panoramen, Ansichten von Frankfurter Gebäuden und Stadtsituationen. Diese erschie-nen dann als Lithographien beim Frankfurter Druck- und Verlagshaus Tro-witzsch & Sohn. Nach seiner Pensionierung arbeitete er, in Erwartung sei-nes Nachfolgers Hugo Mühle, noch bis Michaelis 1874. Ludwig verstarb am 23. März 1877 in seiner Wohnung in der Dresdener Str. 23.Im Sommer 1860 zeichnete Ludwig das vom Kgl. Rechnungsrat Otto Grat-tenauer betriebene Strombad, Küstriner Str. 5 (heute Winterhafen). Die Badebassins – getrennt nach Geschlechtern – ermöglichten eine „beson-ders angenehme Durchströmung“. Von diesem Bad vermerkt Ludwigs Lehrerkollege Friedrich Gloatz in seinem Tagebuch, dass es „zwar etwas teu-rer, dafür aber bequemer, namentlich beim Aus- und Ankleiden, und ange-nehmer, da ein gewählteres Publikum hier verkehrte, als auf [der Badestelle am] …Ochsenwerder“. Am rechten Bildrand der Zeichnung ist der 1857 errichtete Schornstein der Gipsfabrik des Kaufmanns Rötscher (Küstriner Str. 3, später Teil der Steingutfabrik Paetsch) zu erkennen.
SeptemberEs scheint, dass Christian Gottlieb Ludwig aktuellen Veränderungen nach-spürte und diese im Bild festhielt. Wie von einem Chronisten mutet das Bild mit dem heute noch – jedoch an anderer Stelle – stehenden Handkran an. Auf der Schiffsentladestelle hinter dem Gefängnis (heute Musikschule) stellte die Stadt 1863 den von der noch jungen Maschinen-Fabrik und Schiffsbauwerkstatt Hermann Gruson in Buckau (Magdeburg) gelieferten Kran auf. Für den auf Walzen lagernden Kransockel und dem tonnenschwe-
ren Kranausleger mußte extra das Bollwerk erweitern werden. Es wurde eine Plattform gemauert, an dessen Oderseite Schiffe – im Bild ein neues Dampfschiff – anlegen konnten. Der Kran hob leicht ein Gewicht von 200 Zentnern in die Höhe und konnte es nach allen Seiten wenden. Mit dem Kran konnten nun auch leichter die hohen Masten der Segelschiffe aufge-richtet werden. Am 9. März 1863 wurde der Kran zur öffentlichen Benut-zung freigegeben. Seine Bedienung lag in den Händen des Schiffers Kanicke – vermutlich ist es derjenige, den Ludwig am Kran zeichnete. Gegenüber auf dem Bild ist die Strombadeanstalt des Tischlermeisters Klaus Runge und die alte Schiffsmühle zu sehen, beide mussten der von 1892 bis 1895 in Fortführung der Breiten Straße (heute Slubicer Straße) errichteten Stein-brücke weichen.
OktoberAuch das Oktoberblatt stammt vom akademischen Zeichenlehrer Christian Gottlieb Ludwig. In seiner Zeichnung hielt er die Situation beim Holzmarkt unterhalb der Kasernenstraße (heute Faberstraße) bildlich fest. Unmittel-bar am Oderufer bei der Schiffsanlegestelle ist das dem Magistrat gehörige kleine Haus Holzmarkt 6 – das alte Baumschreiberhaus – zu sehen. Dahin-ter das Wohnhaus und die Färberei von Färbermeister Franz Steuding (Holz-markt 7, heute Gasthaus Kartoffelhaus). War der Anlass, dass Ludwig die Zeichnung fertigte, der im Bild zu sehende Schornstein, der 1865 zur Befeu-erung eines Dampfkessels in der Färberei errichtet wurde? Im Bild links das zweistöckige Haus der Witwe Ritschel (Holzmarkt 5, heute unbebaut) und dahinter der große, dreistöckige, im Erdgeschoß gewölbte Getreidespeicher des Kaufmanns Böhm (einst St. Spiritus-Speicher, Holzmarkt 4A).
November
Der Nachfolger von C. G. Ludwig war Hugo Mühle, 1841 in Frankfurt an der Oder geboren. Mühle, an der Königlichen Akademie in Berlin zum akade-mischen Zeichenlehrer ausgebildet, trat 1874 sein Lehramt an der Frank-furter Oberschule an. Bis zum Ende seines Lebens unterrichtete er an die-ser Schule. Während des Unterrichts entdeckte er mit seinen Schülern die Natur. Auch in seiner Freizeit war er oft in der Umgebung und in den Stra-ßen der Stadt anzutreffen, wo er das pulsierende Leben wie Momentauf-nahmen im Bild festhielt. Unser Novemberblatt zeigt eine solche Moment-aufnahme vom 22. Juni 1876. An diesem Tag beobachtete er den regen Schiffsverkehr am Dampfschiff-Anlegeplatz am Lohhof (später wegen des Brückenneubaus verlegt). Im Bild hinter den Oderkähnen mit aufgerichte-ten hohen Segelmasten das Dampfschiff „Loewe“. Dieser Raddampfer war 1867 von der Frankfurter Firma Gaul und Hoffmann erbaut worden und zusammen mit dem gleichfalls in Frankfurt gefertigten Dampfschiff „Prinz Carl“ von der Stettiner Schleppschiffahrts AG in Dienst gestellt.
DezemberDie Vorlage für das Dezemberblatt schuf Joachim Petersen. Der 1895 in der Oderstadt geborene Petersen entstammte einer weit zurückreichenden Frankfurter Familie, deren Name heute noch in der Reihe der Frankfurter Ehrenbürger steht, in der Frankfurter Kunst- und Kulturgeschichte unver-gessen ist. Joachim Petersen war Studienrat und von 1936 bis 1945 Kunst-erzieher am Staatlichen Friedrichs-Gymnasium in der Gubener Straße. Sein Aquarell zeigt den Blick aus der Wohnung seines Lehrerkollegen Studien-rat Dr. Gerhard Beversdorff, Prinzenufer 7 (heute ul. Nadodrzanska, Słubice). Man sieht das schneebedeckte Frankfurter Bollwerk mit dem großen Lager-schuppen, dahinter die Unterkirche und daran angebaut das einstige städ-tische Krankenhaus, inzwischen das städtische Altersheim.
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