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Der Patient zwischen Hypoglykämie und Angiopathie; welcher Zielwert nützt unseren Patienten?
Dr. Andreas TriebelFacharzt für Innere Medizin-Spezielle Diabetologie-
14.04.2011
Der Patient zwischen Hypoglykämie und Angiopathie; welcher Zielwert nützt unseren Patienten? 2. Die gute Einstellung eines Patienten mit Diabetes 3. Epidemiologie
4. Die blutdrucksenkende Behandlung5. Die großen Studien und die neuen Zielvorgaben6. Die Pathophysiologie der diabetischen Herzkrankheit7. Risikoanstieg bei sehr intensiver Blutdruckabsenkung?8. Strenge Blutdruckkontrolle bei Diabetes- Patienten mit KHK9. Die Bedeutung des diastolischen Blutdrucks10. Pathophysiologie des diastolischen Blutdrucks11. Der Blutdruckzielkorridor
12. Die Erfolge einer intensiven Insulintherapie13. Die Mortalität bei einer strikten Glykämiekontrolle14. Assoziation zwischen HbA1c und Mortalität15. Blutzuckerkontrolle und Komorbidität
16. Alter und Hypoglykämie 17. Bedeutung der postprandialen Werte18. Hypoglykämie und Behandlungszufriedenheit19. Wahrgenommene und unbemerkte Hypoglykämien20. Hypoglykämien und Gegenregulation21. Verminderte Gegenregulation22. Absenkung der Wahrnehmungsschwelle23. Hypoglykämie und Herzinfarkt24. Hypoglykämie und Demenz
25. Die Endpunktstudien und die Therapieziele26. Klassifizierung älterer Patienten27. Therapeutische Interventionen
Epidemiologie
Auch bei zunächst Stoffwechselgesunden steigt das KHK- Risiko ab einem HBA1c von 5,5 und verdoppelt sich bis zu einem Wert von 6,5% und verdreifacht sich für den Schlaganfall
Diabetiker mit frühem Beginn und langer Diabetes- Dauer haben ein ebenso hohes Risiko für KHK- Ereignisse wie Infarktpatienten.
Ca. 75% aller Diabetiker sterben an Herz- und Kreislauferkrankungen, in der Regel am Herzinfarkt aber auch am Schlaganfall.
Die blutdrucksenkende Behandlung des älteren Diabetes- Patienten
Unter der Therapie sinkt die Gesamtmortalität um relative 14 Prozent.Die absolute Risikoreduktion ist umso größer , je älter die Patienten sind:Um ein Ereignis zu verhindern, müssen bei den unter 65- jährigen 118 Personen behandelt werden. In der Altersgruppe zwischen 65 und 74 Jahren sind es 71 und ab dem 75. Lebensjahr sind es nur noch 21. (ADVANCE)
Die großen Studien und die neuen Zielvorgaben
Die Koexistenz von Bluthochdruck und Diabetes erhöht das Auftreten von Schlaganfall, KHK, Herzinsuffizienz und AVK. (UKPDS)
Umgekehrt verbessert eine Blutdruckreduktion die Glucosetoleranz; das Risiko für makrovaskuläre Ereignisse wird durch eine Blutdruckreduktion sogar effektiver als durch die Korrektur der Hyperglykämie reduziert.(ADVANCE)
Die Leitlinien der deutschen Hochdruckliga empfahlen bis Ende 2010 die Senkung des Blutdrucks auf Werte unter 130/80mmHg.Die großen, jetzt ausgewerteten Studien zur Behandlung der Diabetes- Patienten (ACCORD, ADVANCE, VADT)untersuchten die Parameter Schlaganfall, Herzinfarkt und Mortalität. Sie führten zu einer differenzierteren Betrachtung der Behandlung des Blutdrucks und des Blutzuckers:Die Zielvorgaben eines Blutdrucks unter 130 mmHg und eines Blutzuckers von 6,5 bis 7% sind so allgemein nicht mehr gültig.
Die diabetische Herzkrankheit
verminderte Koronarperfusion meist sind mehrere Gefäße parallel und langstreckig betroffen Blutdruckspitzen begünstigen Blutgerinnsel Bypässe und beschichtete Stents sollen gleichwertige Verfahren sein struktureller Umbau des Herzens, Steatosis cordis Lipide und Glucose verringern die metabolische Anpassung der Ge- fäße in Belastungssituationen diastolische Dysfunktion und Herzinsuffizienz eine Dysglykämie ist mit diastolischer Dysfunktion gekoppelt autonome Neuropathie erhöhte Anfälligkeit für bösartige Rhythmusstörungen (besonders in der Hypoglykämie) und hochgradige Disposition zu Frequenzstarre, Tachykardie und Vorhofflimmern
Ein Risikoanstieg bei sehr intensiver Blutdruckabsenkung?
Eine intensive Blutdruckabsenkung auf Werte unter 130mmHg führte insgesamt zu einer relativen Risikoreduktion für einen Schlaganfall von 40%.Bei Patienten mit KHK aber führte die intensive Senkung zu einem erneuten Anstieg des Risikos; dieser Risikoverlauf drückt sich in eine U- Kurve aus.(INVEST, 2006)
Einfluss des diastolischen Blutdrucks auf die kardiovaskulären Ereignisse bei Diabetikern > 65 Jahre
Pathophysiologie
Wahrscheinlich beeinträchtigt ein sehr niedriger diastolischer Druck (kritischer Wert: < 74mmHg) die koronare Perfusion und verursacht eine kardiale Ischämie. Entsprechend findet man einen sehr niedrigen diastolischen Druck bei einer Sklerose der großen Arterien, also bei einer fortgeschrittenen vaskulären Erkrankung.(Messerli et al, 2006)
Schlussfolgerung:
Eine strenge Kontrolle des systolischen BDs bei Patienten mit Diabetes und KHK war im Vergleich zu normaler Kontrolle nicht mit günstigeren kardiovaskulären Ergebnissen assoziiert.(JAMA, 2010)
Der Blutdruckzielkorridor
Bei älteren Diabetes- Patienten sollte eine Blutdruckabsenkung in den unteren Bereich eines Zielkorridors von systolisch 130 bis 139 und diastolisch von 80 bis 85 mmHg angestrebt werden.( Deutsche Hochdruckliga, Sept 2010)
Ein Zielwert von weniger als 130 mmHg ist sehr schwer zu erreichen und wird durch Hinweise aus Studien nicht unterstützt.
Erfolge einer intensiven Insulintherapie in der DCCT
Einfluss einer strikteren vs. weniger strikten Glykämiekontrolle auf die Mortalität aus jeglichen Gründen
(Diabetologia, 2009)
SCHLUSSFOLGERUNG:
Eine striktere Glucosekontrolle verringert die Inzidenz schwerwiegender makrovaskulärer Ereignisse nur mäßig und erhöht schwere hypoglykämische Ereignisse bei Patienten mit T2DM
U- förmige Assoziation zwischen HbA1c- Werten und der Mortalität bzw. einer Erkrankung der großen Gefäße
(The Lancet, 2010)
HbA1 und Mortalität
Sowohl niedrige als auch hohe HbA1- Werte waren mit einer Erhöhung der Mortalität jeglicher Ursache und kardialen Ereignissen assoziiert. U- Kurve(The Lancet, 2010)
Patienten mit beträchtlicher Komorbidität, wie sie bei T2DM häufig vorkommt, haben einen geringeren kardiovaskulären Vorteil von einer strikteren Blutglucosekontrolle.(Annals of Internal Medicine, 2009)
Alter und Hypoglykämie
Je besser die Einstellung des Blutzuckers, desto besser die KognitionEin hirnorganisches Psychosyndrom(HOPS) bessert sich.Aber die Wahrnehmungsschwelle für Hypoglykämien sinkt und das Risiko für eine schwere Hypoglykämie steigt.Andererseits führt die schlechte Einstellung, eine Glykierung, zu verminderter Immunsuppression verschlechterter Hämorrheologie beschleunigter Atherosklerose
22Mod. nach: Bradley C et al. Diabetologia 2010; 53 (Suppl. 1): S234, Abstr. 580
Hypoglykämien: ... es geht um die Behandlungszufriedenheit des Patienten
PANORAMA Pan-European Study:
Diabetes-spezifische Lebensqualität
(ADDQoL [AWI*])
-1,6
-2,7
-5
-4
-3
-2
-1
0
1
2
3
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letzten 12 Monaten
Mindestens eineschwereHypoglykämie in den
letzten 12 Monaten
Behandlungszufriedenheit (DTSQ)
29,9
27,7
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
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Keine schwereHypoglykämie in den
letzten 12 Monaten
Mindestens eineschwereHypoglykämie in den
letzten 12 Monaten
ADDQoL = Audit of Diabetes-Dependent Quality-of-LifeAWI = Average weighted impact (score)DTSQ = Diabetes Treatment Satisfaction Questionnaire
23
Hypoglykämien: ... es kann um Leben oder Tod gehen
• Eine nicht erkannteschwere Hypoglykämiekann dramatischeFolgen haben!
• Eine nicht erkanntenächtliche Hypoglykämiekann eine Lebensgefahr-liche Bedrohung sein!
24
50% der Hypoglykämien verlaufen unbemerkt
… aber nicht folgenlos
Wahrgenommene Hypoglykämien
Mod. nach: Zick R et al. Diabetes Technol Ther 2007; 9: 483-92
50%
Hypoglykämien - unbemerkt
50%
Milde Hypoglykämien und Gegenregulation
26
Jede Hypoglykämie verschlechtert die Gegenregulation bei weiteren Hypoglykämien
0
1000
2000
3000
4000
5000
Day 1
-Pre
Day 2
-Pre
Pla
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(p
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l/L)
0
20
40
60
80
100
Day 1
-Pre
Day 2
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g/L
)
Was würden Sie schätzen, um wieviel Prozent reduziert sich die Gegenregulation bei der zweiten Hypoglykämie?
Mod. nach: Davis SN et al. Diabetes 2009; 58: 701-9
?% ?%-30% -30%
Tag 1 Tag 2 Tag 1 Tag 2
Tag 1: Gegenregulation in einer induzierten Hypoglykämie ohne vorhergehende HypoglykämieTag 2: Gegenregulation in einer induzierten Hypoglykämie nach einer Hypoglykämie am Vortag
27
Jede Hypoglykämie verzögert das Auftreten autonomer Symptome
• Spätes Einsetzen der Gegenregulation
Mod. nach: Cryer PE. Diabetes 2008; 57: 3169-76
KritischesZeitfenster
Zeit
Blut
zuck
er (m
g/dl
)
100
Schwelle zur autonomen Symptomatik (Epinephrin )
Schwelle zur schweren Hypoglykämie(Fremdhilfe erforderlich)
Verkürzte Reaktionszeit zurAbwehr der Hypoglykämie
Durch gehäufte Hypoglykämien ist die Wahrnehmungsschwelle abgesenktSchwelle zur autonomen Symptomatik (Epinephrin )
28
Hypoglykämien: Für Typ-2 Diabetiker ein Risikofaktor für Herzinfarkt
9,6
4,2
0,0
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
12,0
MI Ohne MI
Hy
po
gly
kä
mie
n (
%)
Mod. nach: Miller DR et al. Diabetologia 2009; 52 (Suppl. 1): S63, Abstr. 138; präsentiert auf dem EASD-Kongress 2009 in Wien
Deutlich höhere Rate an Hypoglykämien in der MI-Gruppe im Jahr vor dem Myokardinfarkt
Retrospektive Datenanalyse
Erhebungszeitraum: 2000-04
> 63.000 Fälle mit erstem MI
> 1 Mio Kontrollen ohne MI
30
Hypoglykämien bei Typ-2 Diabetikern:Risikofaktor für Myokardinfarkt und Demenz
• Deutlich höhere Rate an Demenz in Abhängigkeit von der vorausgegangen Anzahl schwerer Hypoglykämien
• Bei älteren Patienten mit T2DM war eine Anamnese schwerer Hypoglykämien mit einem höheren Risiko für Demenz assoziiert. Whitmer RA et al. JAMA 2009; 301: 1565-72
Whitmer RA et al. JAMA 2009; 301: 1565-72
Die in den letzten Jahren publizierten größeren Endpunktstudien haben folgende Botschaft erbracht:
Das Therapieziel der HBA1- Festlegung muss individuell erfolgen. Ältere Patienten profitieren von der Individualisierung besonders. Man kann drei Patientenkategorien definieren:
Klassifizierung älterer Patienten und HbA1c- Zielwerte
HbA1c < 6,5% : Guter funktioneller Status, kurze Diabetes- Dauer, keine kardiovaskuläre Erkrankung („Go- Go“)
HbA1c 7-8% : eingeschränkter funktioneller Status, längere Diabetes- Dauer, mit kardiovaskulärer Vorerkrankung („Slow- Go“)
HbA1c <8 % : schlechter funktioneller Status, geriatrisches Syndrom, „ (No- GO“)
Therapeutische Interventionen
Patienten mit multiplen Risikofaktoren brauchen eine mehrdimensionale Therapie
Lebensstilintervention: Rauchverzicht Bewegung Ernährungsmodifikation Blutdrucksenkende Therapie Antithrombotische Therapie Blutzuckersenkende Therapie Lipidstoffwechsel- normalisierende Therapie Diese Interventionen führen entsprechend der
Metaanalysen verschiedener Studien zu einer Gesamtrisikoreduktion von koronaren- und Infarktereignissen von 20%.
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