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BEURTEILUNGSPRAXIS VERSUS GESETZLICHE VORGABEN
Spielraum und Spielregeln der Leistungsbeurteilung in der NMS
Christoph.Hofbauer@zls‐nmseb.atZentrum für lernende Schulen –NMS‐Entwicklungsbegleitung
ÜberblickAlles neu??
Ein Blick auf die Schulkultur
Die 3 K‘s der Leistungsbeurteilung
Zusammenfassung
* Krainz-Dürr, M.(2003), 7 Thesen zur Wirksamkeit von Schulentwicklungsprozessen. In Journal für Schulentwicklung, 7(2),
• Die NMS als Kristallisationskern für „Probleme aller Art“
• Hoch aufgeladen mit Erwartungen• Schul‐ und Systementwicklung „in der Auslage“• Bruchlinien stellen Entwicklungsfenster dar:
Nutzen wir es!!!
Veränderung braucht Anlässe*
Die alten Probleme Die NMS verdeutlicht die Konturen der alten Probleme: Diversität // Inklusion // Organisationsformen // Leistungsbeurteilung, …
Die Praxis und die Rechtslage klaffen auseinander (s. Eder et al, Nationaler Bildungsbericht 2009 Band 2)– Sozialnorm,
Exkurs: An welcher Norm orientieren wir uns? kriterienbezogene Beurteilung:
Sachnorm (kriterienorientiert, gemessen an Lernzielen)
gruppenbezogene Beurteilung : Sozialnorm (gruppenorientiert/ gemessen an der Normalverteilung der Klasse)
individuelle Beurteilung : Individualnorm (personenbezogen/Lernfortschritt gemessen am Lernfortschritt des Schülers / der Schülerin
Die alten Probleme Die NMS verdeutlicht die Konturen der alten Probleme: Diversität // Inklusion // Organisationsformen // Leistungsbeurteilung, …
Die Praxis und die Rechtslage klaffen auseinander (s. Eder et al, Nationaler Bildungsbericht 2009 Band 2) – Sozialnorm, – Normalverteilung von Noten, – Wertigkeit der SA,– Was ist Mitarbeit?– Benotung von Hausübung, – LP≠ Lehrbuch, …
Die neuen Probleme
Heterogene Lerngruppen auch in M, D, E Team‐Teaching „Clash of Cultures“: Landes‐Bundeslehrer/innen‐Sicht auf Lernen & Leisten
Vertiefte & grundlegende Allgemeinbildung: „Grad der Komplexität“
NMS als „kreative Störung“: Grundhaltungen gegenüber Veränderung
EarlyAdopters
Sharp Ones
Dead Wood
Wood
Eraser
Elemente von Schulkultur:Was wirkt?
Wie wir mit‐
einander arbeiten
Wie wir mit Schüler/innen
arbeiten
Wie wir Probleme lösen
Karen Seashore Louis, University of Minnesota
Louis, K. S. (2012). Learning communities in learning schools: Developing the social capacity for change. New York: Routledge.
Elemente von Schulkultur:Was wirkt? (Lee & Louis 2012)
Wie wir mit‐
einander arbeiten
Wie wir mit Schüler/innen
arbeiten
Wie wir Probleme lösen
Vom Lernen und Lehren
„Ich kann in 4 bis 7 Worten zusammenfassen, was ich als Lehrer letztendlich lernte: Die 7‐Wort‐Variante ist: Lernen ist nicht das Produkt von Lehren.Die 4-Wort-Variante ist: Lehren erzeugt kein Lernen.Lerner erzeugen Lernen. Der Grund, warum dies vergessen wurde, ist, dass die Tätigkeit des Lernens zu einem Produkt, genannt ‚Bildung‘, gemacht wurde…“
–John Holt (2009), „In jeder wachen Stunde“. In: Jan Hunt: Das Freilerner-Buch.
nach Carol Ann Tomlinson:
Es ist bekannt, dass Kinder unterschiedlich sind…
…und trotzdem wird unterrichtet, als ob sie gleich wären.
Carol Ann Tomlinson, University of Virginia
Gedanke 3: Die Praxis als Phänomen des Dazwischen
Praxis erstreckt sich über Menschen und Räume.
Praxis entsteht in den Interaktionen. Praxis ist situiert und wird von der Situation konstruiert.
Die Situation ermöglicht Praxis und schränkt sie ein, je nachdem wer und was (Werkzeuge, Routinen, Strukturen) vorhanden sind.
Jim Spillane, NorthwesternUniversity
Denkpause Welche Werkzeuge, Routinen, Strukturen in Bezug auf (Leistungs‐) Rückmeldung erleben Schülerinnen und Schüler bei Ihnen an der Schule?
Welche begünstigen nachhaltigen Kompetenzaufbau, welche behindern diesen?
3‐K Orientierung für die Beurteilungspraxis
Leistungs‐beurteilung
Kompetenzen
Komplexitäts‐grad
Kriterien
Ad Kompetenz
Kernideen: Jede/r ist kompetent.
Kompetenz zeigt sich erst in Handlungen.
„Die Lernzielformulierungen beschreiben lehrplankonform, welche Kompetenz(en) am Ende beurteilt werden.“
Denkpause Mit einem/einer Nachbar/in: Was fällt mir ein, wenn ich Kompetenz höre?
Was meine ich, wenn ich sage, „Er/Sie ist kompetent“?
Was heißt es, etwas kompetent zu machen?
Welche Verben werden mit kompetent häufig gekoppelt? (kompetent lesen? kompetent wissen? kompetent…?)
Zweck des Lernens ist Kompetenzaufbau …
WissenKenntnisse
KönnenFertigkeiten
DispositionEinstellung
…um in neuen Situationen eigenständig handeln zu können (Transferleistung).
Kompetenz ist das Zusammenspiel von …
Kennen & Können (Waldenfels, 2000)
• Das Kennen verweist auf eine Geschichte des Kennenlernens, das Können auf eine Geschichte der Eingewöhnung durch Bestätigung.
• Der Erwerb von beiden ist ein Prozess der Verallgemeinerung, damit sie uns über die Situation hinaus zur Verfügung stehen
• Der Erwerb kann passiv oder aktiv sein• Kennen = etwas als etwas wiedererkennen• Können = eine Gewohnheit• Kenntnisse können vergessen, Können kann verlernt werden
Waldenfels, B. (2000). Das leibliche Selbst: Vorlesungen zur Phänomenologie des Leibes. Frankfurt: Suhrkamp.
Um Kompetenzen zu beurteilen…
…braucht es Aufgaben, die das volle Spektrum an Transfer (Eigenständigkeit, Anwendung von Wissen & Können auf neuartige Aufgaben) sichtbar machen,
Kriterien, die für die Beurteilung der Qualität des Ergebnisses der Handlung herangezogen werden,
Was ist ein Kriterium?
Etwas, das uns hilft, eine Entscheidung zu treffen. Ein Maßstab, wonach wir beurteilen
Ohne Kriterien könnten wir keine Entscheidung
treffen. Sie gehören zum Leben!
An apple a day: Nach welchen Kriterien kaufst du Äpfel? Makellosigkeit Glanz Farbe Geschmack Haltbarkeit Größe Verwendungszweck Preis Herkunft
Warum diese Äpfel (und nicht jene), Frau Lehrerin?
Weil sie herrvoraggend schmecken, sich ideal für Strudel eignen und Bioäpfel sind!Kriterien: Geschmack Verwendungszweck Herkunft
Kriterien sind eine Voraussetzung!
Wenn Kriterien nicht auf dem Tisch sind, bleibt jegliche (Selbst)Einschätzung bzw. Bewertung in der Subjektivität und Beliebigkeitverhaftet.
wird die Entwicklung von Fachverständnis und Kompetenz gehemmt.
Ist es unmöglich, Kompetenzentwicklung zu dokumentieren.
5.‐6. Schulstufe
1234
5
Minimalanforderungder Schulstufe
Maximalanforderung der Schulstufe
Fachlehrplan
BildungsstandardsLeistungsbeu
rteilungsverordn
ung
NMS‐Lehrplan
7.‐8. Schulstufe
123434
5
Minimalanforderung vertiefter Allgemeinbildung
Maximalanforderung vertiefter Allgemeinbildung
Minimalanforderung grundlegender Allgemeinbildung
Fachlehrplan
Bildungsstandards
Leistungsbeu
rteilungsverordn
ung
NMS‐Lehrplan
Zwei Hinweise im Gesetz (Artikel 1 Schog, S. 2-3)
§ 8 / lit. n) unter differenzierten Pflichtgegenständen die Unterrichtsgegenstände D, M und LF, in denen an der NMS ab der 7. Schulstufe eine Unterscheidung nach grundlegender
und vertiefter Allgemeinbildung erfolgt, wobei die Inhalte der vertieften Allgemeinbildung eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden Bildungsinhalten in einer über die Grundanforderungen hinausgehenden Art auf einem höheren Komplexitätsgrad vorzusehen haben
§ 21b. (2) Im Lehrplan ist für die 7. und 8. Schulstufe in den differenzierten Pflichtgegenständen eine Unterscheidung nach grundlegender und vertiefter
Allgemeinbildung vorzusehen. Die Anforderungen der Vertiefunghaben jenen der Unterstufe der allgemein bildenden höheren Schule zu entsprechen.
Problematik „AHS‐Niveau“ (ad § 21b)
Wenn es um Schülerleistung geht, unterscheidet sich die AHS-Population kaum von der APS-Population (vgl. Eder 2004)
„AHS-Niveau“ ist vielmehr eine (Wert-)Vorstellung (Wert-)Vorstellungen sind nicht rational
… bleibt also: die Beurteilung einer Leistung entlang des Grades ihrer Komplexität (§8): „grundlegend“ und „vertieft“ entspricht somit „mehr“ oder „weniger komplex“
Was ist Komplexität? Wie können wir das umsetzen? Zwei Aspekte sind für die Praxis relevant: Komplexitätsgrad einer Aufgabe Komplexitätsgrad einer Leistung
Was ist Komplexität?
Komplexität als Fachbegriff im Schulwesen bezieht sichauf den kognitiven Anspruch: Die Art des Denkens, die von Schüler/innen verlangtwird, um eine Aufgabe erfolgreich zu lösen. Die Art und Weise, wie Schüler/innen sich mit den Inhalten auseinander setzen
Komplexität ≠ Schwierigkeit!Schwierigkeit bezieht sich auf die Häufigkeit von
korrekten Antworten zu einer Frage. Beispiel: „In welchem Jahr begann der 1. Weltkrieg?“ Wenn viele Prüflinge diese Frage beantworten können, ist es leicht. „An welchem Tag?“ Wenn wenige Prüflinge diese Frage beantworten können, ist es schwierig.
BEIDE Fragen stellen den gleichen kognitiven Anspruch: Erinnern!!!
Webbs Modell „Depths of Knowledge“
• Info bzw. Schlüsselkonzepte
anwenden• zwei oder mehrere Schritte durchführen
• Lösungswege überlegen
• Logisch denken• Plan entwickeln, Abstrahieren
• Belege/Daten, begründen
• mehrere Lösungswege denken
• Fakten, Informationen, Begriffe, einfache Verfahren wiedergeben
• vertraute Prozesse oder Formeln verwenden
• Untersuchen, erkunden• mehrere Faktoren berücksichtigen
• Vernetzen, in Beziehung setzen
• eine Lösungsstrategie aus vielen entwickeln und anwenden
ErweitertesDenken Erinnern
Fertigkeit/Konzept
StrategischesDenken
Webbs DepthsofKnowledge
Webb, N. (1997).Criteria for Alignment of Expectations andAssessments in Mathematics and Science Education.
Beispiele Webb Bereich 1
Zähle Tiere auf, die andere Tiere fressen. Finde die Informationen im Text. Beschreibe die Merkmale einer Wüste. Berechne den Umfang und die Fläche einesRechtecks.
Nenne die musikalischen Elemente in “Peter und der Wolf”.
Erkläre die Spielregeln für Volleyball.
Beispiele Webb Bereich 2
Vergleiche Wüste mit tropischem Regenwald. Fasse die Hauptereignisse der “Zauberflöte” zusammen. Stelle die noch heute erkennbaren Auswirkungen des ersten Weltkriegs dar. Beschreibe die Merkmale von 2‐ und 3‐dimensionalen Figuren. Beschreibe die Unterschiede der Musikstile “HipHop” und “Emo” (oder: “Pop” und “Klassik”)
Beispiele Bereich 3 Vergleiche das Konsumentenverhalten (z.B.:Einkaufenbei Handelsketten vs.lokalen Händlern) und beschreibederen Auswirkung auf die Umwelt.
Untersuche die Wirksamkeit von literarischen Elementenim Harry Potter‐Roman: Was wirkt warum?
Löse eine mehrschrittige Aufgabe (z.B.: Österreichrundreise: Reisekosten + Hotelkosten) und begründe deine Lösung mit einer mathematischenErklärung.
Erfinde einen Tanz, der die Merkmale einer Kultur zumAusdruck bringt.
Beispiele Bereich 4
Sammele, organisiere und werte Informationen von mehreren Quellen in einem Bericht aus. (z.B.: Sind Neonicotinoide wirklich so gefährlich für Bienen?) Analysiere den literarischen Stil eines Schriftstellers, einer Schriftstellerin. Entwirf einen gesunden Speiseplan für die Projektwoche nach den Prinzipien der Ernährungspyramide – und berücksichtige Budget und Gusto der TN
Zusammenfassung
Wie wir mit‐einander arbeiten
Wie wir mit Schüler/innen
arbeiten
Wie wir Probleme lösen
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