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Bachelor-Thesis 2019
Florin Schneeberger florin.schneeberger@gmail.com
Sherab Shklovsky sherab.shklovsky@gmail.com
▶Gesundheit│Physiotherapie
Ansätze der Mechanotransduktion im
physiotherapeutischen Kontext - eine TheoriearbeitFlorin Schneeberger, Sherab Shklovsky, BSc PHY 16
EinleitungMechanotransduktion ist die Fähigkeit der Zelle, einen
mechanischen Reiz zu registrieren und diesen in eine intrazelluläre
biochemische Antwort umzuformen [1]. Mechanische Reize
induzieren durch Mechanotransduktion Genexpressions-
änderungen und regulieren dadurch Maturation, Proliferation und
Zelldifferenzierung. Sie sind somit wesentlich an der Steuerung
grundlegender Zellfunktionen beteiligt [2]. Physiotherapie kann als
Mechanotherapie verstanden werden, allerdings werden die
Auswirkungen physiotherapeutischer Massnahmen auf Zellebene
oftmals vernachlässigt [3]. Zu klären gilt es: Wie erkennt eine Zelle
spezifische mechanische Reize, um einen adäquaten adaptiven
Prozess zu initiieren? Voraussetzungen scheinen hierfür das
Tensegrity-Modell und mechanotransduktotische Signalkaskaden
zu sein.
Literatur:[1] Ingber, D. E. (2006). Cellular mechanotransduction: putting all the pieces together again. FASEB Jounal, S. 811–827.
[2] Dunn, S. L., & Olmedo, M. L. (December 2015). Mechanotransduction: Relevance to Physical Therapist Practice -
Understanding Our Ability to Affect Genetic Expression Through Mechanical Forces. Physical Therapy, S. 712.
[3] Rogan, S. (2019). Mobilität im Alter. pt Zeitschrift für Physiotherapeuten, S. 52-65.
[4] Ingber, D. E. (2008). Tensegrity-Based Mechanosensing from Macro to Micro. Progress in Biophysics & Molecular
Biology, S. 163-179.
[5] Le Beyec, J. et al. (2007), Cell shape regulates global Histone acetylation in human mammary epithelial cells.
Experimental Cell Research, 3066-3075.
[6] Cao, T. V. et al. (2015). Duration and magnitude of myofascial release in 3-dimensional bioengineered tendons: effects
on wound healing. The Journal of the American Osteopathic Assosiation, 72-82.
Zielsetzung und Methodik
Literatursuche
Systematische Literatursuche auf den Datenbanken: Cochrane,
PEDro und PubMed; Schlüsselwörter: Mechanotransduction,
Tensegrity, Biotensegrity, Mechanotherapy, Epigenetics, Gene
expression, Transcription regulation, Fibroblast, Osteocyte und
Myocyte. Zusätzlich erfolgte eine Suche auf Google Scholar.
1. Tensegrity-Modell
Das Tensegrity-Modell lässt sich von der molekularen Ebene über
die Zellebene bis hin zur Gesamtkörperebene anwenden. Das
Cytoskelett besteht aus kontinuierlich zugaufnehmenden
Mikrofilamenten (Abb. 1 in grün) und Intermediärfilamenten, welche
durch die diskontinuierlich druckbelasteten Mikrotubuli (Abb. 1 in
rot) aufgespannt werden. Diese Konstruktion garantiert die
Stabilität der Zelle und ermöglicht ihr gleichzeitig eine Anpassung
an äussere mechanische Reize [4].
Abbildung 1: Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme von Cytoskeletten mehrerer Zellen. Grün sind
die Mikrofilamete, rot die Mikrotubuli und blau ist der Nucleus angefärbt.
2. Mechanotransduktorische Signalkaskaden
Mechanosensible Transmembranrezeptoren wie die Integrine,
lösen aufgrund mechanischer Reizung (Manuelle Therapie,
Krafttraining) intrazelluläre Signalkaskaden (Abb. 2) aus, welche
die Genaktivität via Transkriptionsfaktoren regulieren. Das
Cytoskelett stellt eine direkte Verbindung zwischen der
extrazellulären Matrix (EZM) und dem Nucleus dar und übermittelt
mechanische Reize, was die Kondensation und Struktur des
Chromatins beeinflusst und mit einer Erhöhung der
Transkriptionsrate korreliert [5].
Abbildung 2: Mechanotransduktorische Pfade von der EZM übers Cytoplasma in den Nucleus
schematisch dargestellt.
Klinische RelevanzKrafttraining wirkt auf die Muskulatur, ebenso wie
Weichteiltechniken, über die entstehenden Zug- und Scherkräfte,
welche die Transmembranrezeptoren in den Nucleus
transduzieren. Für die Aktivierung solcher Rezeptoren gibt es
spezifische Reizschwellen und wenn man diese kennt, kann man
auf zellulärer Ebene selektiver therapieren. Beispielsweise kann
man bei einer myofascialen Verletzung die Fibroblasten so
aktivieren, dass man sie in einem geringen Dehnungsausmass
(3%) während längerer Reizdauer (5 min.) behandelt, wodurch
wundheilungsfördernde Prozesse optimal provoziert werden [6].
Schlussfolgerung
Diese Theoriearbeit hatte zum Ziel, das Wissen um die
Mechanotransduktion in der Physiotherapie zu verbreiten und
dabei darzustellen, welche mechanischen Reize nötig sind, um
eine intrazelluläre mechanotransduktorische Signalkaskade mit
einer resultierenden Genexpressionsänderung zu initiieren.
Die Mechanotherapie setzt als Auslöser der Mechanotransduktion,
aktivierende/inhibierende zelluläre Signalkaskaden in Gang, die
genregulierend wirken. Das Verständnis der Mechanotherapie
ermöglicht die Anwendung gezielter und adäquater Massnahmen
auf Muskel-, Knochen und Lymphgewebe, im Bereich der
Trainingslehre sowie in der muskuloskelettalen Rehabilitation. Die
zelluläre Mechanobiologie sollte bereits im Curriculum von
Bachelorstudiengängen stärker berücksichtigt und integriert
werden.
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