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Arbeitsbeziehungen

Seminar: Globalisierung und soziale Ungleichheit

Dozent: Prof. AndreßReferentin: Katharina RohrbachDatum: 09.01.2007

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Gliederung

1. Definition ‚Arbeitsbeziehungen‘

2. Untersuchungsgegenstand von Kittel und Traxler

2.1 Indikator für Wettbewerbsfähigkeit

2.2 Koordination der Arbeitsbeziehungen nach Kittel

3. Ergebnisse der Untersuchung

4. Fazit

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Definition

Der Begriff Arbeitsbeziehungen bezeichnet die Gesamtheit der Beziehungen zwischen Arbeit-nehmern und Arbeitgebern auf betrieblicher, sektoraler und nationaler Ebene

Kittel und Traxler konzentrieren sich auf die Ebene der nationalen Beziehungen:

► Im Mittelpunkt stehen die Dach-verbände der Arbeitnehmer und Arbeit-geber sowie ihr Verhältnis zum Staat

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Untersuchungsgegenstand/Hypothese

Konventionelle Wirtschaftstheorie: Jede Abweichung vom Idealtypus des freien Wettbewerbs am Arbeitsmarkt hat negative Konsequenzen für die Gesamtwohlfahrt

Kittel/Traxler: Überprüfung des Kausal-zusammenhangs zwischen Organisation der Arbeitsbeziehungen und der Konkurrenzfähigkeit der Produktionsweise

International vergleichende empirische Analyse von 20 Ländern, unterteilt in verschiedene Perioden von 1970-1990 bzw. 1995

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Löhne unmittelbarer Gegenstand von Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und -nehmern

Zentraler Parameter der Diskussion über Produktionskosten eines Standortes

Lohnstückkosten als Indikator für die Veränderung der wettbewerbsrelevanten Arbeitskosten

Internationale Vergleichbarkeit durch Relativität und Umrechnung in gemeinsame Währung (US$) mittels nominellem Wechselkurs

Indikator für Wettbewerbsfähigkeit

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Indikator für Wettbewerbsfähigkeit

Lohnsstückkosten =

Arbeitskosten

Produktivität

Relative Lohnsstückkosten =

Index der Lohnstückkosten*

Geometrischer Mittelwert der Lohnstückkosten anderer Länder

* Index von der OECD entwickelt: Anstieg bedeutet Verschlechterung

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Koordination der Arbeitsbeziehungen

Strukturmerkmale des Verbandssystems

Fähigkeit zur Rekrutierung von Mitgliedern▫ Organisationsgrad: Verhältnis der Anzahl der

Verbands-mitglieder zur Gesamtzahl der Individuen im Rekrutierungsbereich des Verbandes

Fähigkeit zur Vereinheitlichung der Mitglieder-interessen▫ Konzentrations- bzw. Fragmentierungsgrad: Ausmaß

des Vertretungsanspruchs Fähigkeit, Mitglieder auf das Verbandsziel hin

zu verpflichten▫ Zentralisation: Machtverteilung zwischen

Dachverband und Mitgliedsverbänden

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Koordination der Arbeitsbeziehungen

Rekrutierungsfähigkeit(Organisationsgrad)

Vereinheitlichungsfähigkeit(Konzentrationsgrad)

Verpflichtungsfähigkeit (Zentralisationsgrad)

niedrig hoch

niedrig niedrig partikular,defensiv

partikular,offensiv

hoch partikular,offensiv

partikular,offensiv

hoch niedrig universal,defensiv

universal,defensiv

hoch universal,defensiv

universal,offensiv

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Strukturmerkmale des Tarifsystems

Zentralisation▫ Ebene, auf der Tarifverträge vorrangig verhandelt

werden (zentral, sektoral, lokal)

Koordination ▫ Ausmaß, in dem Tarifverhandlungen verschiedener

Wirtschaftssektoren aufeinander Bezug nehmen

Regierbarkeit▫ Kapazität des Tarifsystems, zentrale Vereinbarungen

gegenüber nachgeordneten Verhandlungsebenen durchzusetzen

Koordination der Arbeitsbeziehungen

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Horizontale Koordination

Autoritative Lohnfestlegung (Staatsregulierung) Interverbandliche Koordination: Dachverbände

koordinieren Lohnverhandlungen auf zentraler Ebene Intraverbandliche Koordination: Dachverbände

koordinieren die Verhandlungspolitik ihrer Teilorganisationen (strategische Ausrichtung)

Lohnführerschaft: Leitsektor führt Lohnverhandlung an

Tripartismus: Intervention des Staates als Mediator oder dritter Tauschpartner

Unkoordiniertes Tarifsystem: Lohnverhandlungen unkoordiniert

Koordination der Arbeitsbeziehungen

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Vertikale Koordination

Regierbarkeit des Tarifsystems▫ Gesetzliche Erzwingbarkeit zentraler

Tarifvereinbarungen▫ Gesetzliche Friedenspflicht während der

Geltungsdauer► Sind diese zwei Instrumente vorhanden,

lassen sich zentralisierte Tarifsysteme sowohl horizontal als auch vertikal koordinieren und eine gesamt-wirtschaftlich orientierte Lohnpolitik durchsetzen

Koordination der Arbeitsbeziehungen

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Exkurs: Gewerkschaften in Deutschland

Dachverbände:

▫ Deutscher Gewerkschaftsbund bzw.

▫ Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände

▫ Organisationsgrad: 22% bzw. ungefähr 80%

Mitgliedsverbände: z.B. IG Metall, Verdi

Rolle des Staates:

▫ Keine offizielle Funktion in der Tarifpolitik

▫ Gesetzlich festgelegte Mindeststandards

▫ Konzertierte Aktionen, z.B. Bündnis für Arbeit

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Gesetze:▫ Grundgesetz: Artikel 9 Abs. 3: Koalitionsfreiheit/

Tarifautonomie▫ Tarifvertragsgesetz

Arten von Verträgen:▫ Flächentarifvertrag▫ Firmen-/Haustarifverträge▫ Lohn- und Gehaltstarifverträge▫ Lohn- bzw. Gehaltsrahmentarifverträge▫ Manteltarifverträge

Exkurs: Gewerkschaften in Deutschland

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Empirische Analyse in zwei Schritten

1. Unterscheiden sich die Verhandlungssysteme in ihrer Wettbewerbsfähigkeit (unabhängig von ihrem vertikalen Koordinierungsvermögen)?

2. Untersuchung der Effekte differenziert nach der Existenz bzw. Nichtexistenz von gesetzlichen Verpflichtungshilfen

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Rechtliche Verpflichtungshilfen nur für koordinierte Verhandlungssysteme relevant (Tripartismus, inter- und intraverbandliche Koordinierung)

Geringer Bedarf an externen Verpflichtungshilfen bei Lohnführerschaft

Kein Bedarf an gesetzlicher Verpflichtungshilfe bei Staatsregulierung

In unkoordinierten Tarifsystemen hat jede Form der Rigidität negative Auswirkungen auf das Funktionieren des Marktes

Erwartete Ergebnisse der Untersuchung

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Zwei verschiedene Wettbewerbskonzepte:

Innovationsorientiert: Sicherung der Wettbewerbsvorteile in den Lohnstückkosten durch hohe Produktivitätszuwächse

► Positiver Effekt auf Produktivität bei zentralisierten, freiwilligen Formen der Koordinierung erwartet

Kostenorientiert: Verbesserung der Wettbewerbs-fähigkeit durch Lohnstückkosten-Senkung im Wege einer Niedriglohnstrategie

► Niedrigeres Wachstum der Löhne und Lohnstück-kosten bei unkoordinierten Systemen ohne gesetzliche Verpflichtungshilfen erwartet

Erwartete Ergebnisse der Untersuchung

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Ergebnisse: Nominelle Lohnkosten

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Ergebnisse: Arbeitsproduktivität

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Ergebnisse: Lohnstückkosten

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Ergebnisse: Reale Lohnkosten

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Ergebnisse der Untersuchung

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Ausgangspunkt▫ Die Organisation des Arbeitsmarktes treibt die

Lohnkosten in die Höhe und ▫ beeinflusst die Wettbewerbsfähigkeit negativ

► These erweist sich als zu undifferenziert Koordinierte Systeme erbringen im Hinblick auf die

Produktivität keine besseren Leistungen► Das Koordinationsmuster beeinflusst nur die Kostendimension der Wettbewerbsfähigkeit

Wichtige Rolle des Staates bei der Festlegung der Rahmenbedingungen

► Bestehen gesetzliche Verpflichtungshilfen, so kann ein zentral koordiniertes System eine zurückhaltende Lohnpolitik durchsetzen → langsamere Lohnstückkostenentwicklung

Fazit

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Fazit

Neoliberale These▫ Lohnkosten erweisen sich als relevanter Faktor der

Wettbewerbsfähigkeit▫ Aber: Deregulierte Systeme bringen im

internationalen Vergleich nicht die besten Ergebnisse hervor

Erfolgreichere Alternative: ▫ Koordiniertes System ▫ ohne Einmischung des Staates in die Verhandlungen ▫ Existenz von gesetzlichen Rahmenbedingungen▫ Ausrichtung der Lohnpolitik an die Produktivitäts-

entwicklung

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Diskussionsanstoß

Die DGB-Statistik spricht für sich. Die acht im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisierten Einzelgewerkschaften haben in den vergangenen zehn Jahren so viele Mitglieder verloren wie nie zuvor. 1995 gab es noch 9,35 Millionen Mitglieder in den DGB-Gewerkschaften, 2005 waren es nur noch 6,78 Millionen. In der Baubranche seien die dramatisch gesunkenen Beschäftigungs-zahlen der Hauptgrund für die Mitgliederentwicklung der Gewerkschaft, sagte ein Sprecher der IG Bau. Gewerkschaften finanzieren sich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder und müssen deshalb sparen, wenn diese Zahlen schrumpfen.

(Auszug aus einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 08.12.2006)

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Diskussionsanstoß

Wo ein Wandel unter Beteiligung der Gewerkschaften stattfindet, läuft er immer auch auf eine Dezentralisierung der industriellen Beziehungen und ihre „Liberalisierung“ im Sinne einer größeren Bedeutung freiwilliger statt obliga-torischer Lösungen sowie eines größeren Gestaltungs-spielraums für das einzelne Unternehmen hinaus. Damit werden die industriellen Beziehungen weiter ent-standardisiert und stärker als in der Vergangenheit von situationsspezifischen Wettbewerbszwängen geprägt, wobei gesellschaftsweite Sozialverträge zunehmend von betrieb-lichen abgelöst und die öffentlich Regulierung des Beschäftigungsverhältnisses tendenziell durch eine private ersetzt wird. (Auszug aus dem Aufsatz von W. Streeck)

Gewerkschaften als Repräsentanten der Beschäftigten?

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