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Telemedizin in der Stottertherapie: Vergleich einer reinen Präsenztherapie mit einem teletherapeutischen Ansatz Kristina Jung, Frank Jassens, Kristin Golchert & Alexander Wolff von Gudenberg Institut der Kasseler Stottertherapie, PARLO – Institut für Forschung und Lehre in der Sprachtherapie Einleitung Ergebnisse Diskussion Methode 2 Wochen 4-6 Wochen 3 Tage 3 Tage 4 Monate 4 3 Auffris ch- ungs- wochen- ende 3 Tage 5 Monate 12 Monate nach letzter therapeu- tischer Intervent ion Intens iv- kurs 1 2 Nachbe- reitung s- wochen- ende Teletherapiegruppe Kontrollgruppe - Die Kasseler Stottertherapie (KST) ist eine computergestützte Intensivtherapie für stotternde Menschen ab 6 Jahren mit strukturierter Nachsorgephase über ein Jahr - Gründung 1996 von Dr. Alexander Wolff von Gudenberg - Fluency-Shaping Konzept : Erlernen eines neuen weichen Sprechmusters - Über 2000 behandelte Patienten Kostenübernahme durch die Krankenkassen - Stetige unabhängige Evaluation von bis zu 10 Jahren > 75% zeigen positive Langzeiteffekte (z.B. Euler et al., 2009) - 14-tägiger Intensivkurs (IK)+ 3 Auffrischungswochenenden (1, 5 und 10 Monate nach Intensivkurs) + tägliches Üben mit der Therapiesoftware flunatic! + Hausaufgaben - Zur Reduktion von Rückschritten der Sprechflüssigkeit und zur hochfrequenteren Intervention wurden anstelle des 2. Auffrischungswochenendes 16 Onlinetherapiesitzungen in 2-3- wöchigen Abständen integriert - Forschungsfragen: 1. Welche Elemente der herkömmlichen Therapie mit 3 Auffrischungswochenenden können online durchgeführt werden? 2. Beeinflusst Teletherapie die Adhärenz der Patienten? 3. Wie entwickelt sich die Sprechflüssigkeit in der Teletherapiegruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe? - 62 Patienten: 33 Teletherapiegruppe (TG), 29 Kontrollgruppe (KG) Dropouts: 7 TG, 2 KG Kontrollgruppe: N= 29 -Übliche Präsenztherapie + 3 Auffrischungswochenenden Teletherapiegruppe: N= 33 -Übliche Präsenztherapie + 1. und 3. Auffrischungswochenende -anstelle des 2. Auffrischungswochenendes nach 5 Monaten nahmen die Patienten über 9 Monate an 16 1,5-stündigen Onlinesitzungen unter Einsatz einer speziell modifizierten Konferenzsoftware teil 2 Wochen 4-6 Wochen 3 Tage 3 Tage 14 Teletherapiesitzungen alle 2-3 Wochen über die Dauer von 9 Monaten 2 4 12 Monate nach letzter therapeu- tischer Intervent ion 1 3 2 1 1 6 9 7 6 5 4 3 1 0 1 1 1 5 1 4 1 2 1 3 - Subjektive (Fragebögen) und objektive Sprechdaten (4 verschiedene Sprechsituationen) - Vor IK; nach IK; 5, 12 Monate nach IK - Fragebogen nach jeder Onlinesitzung zur Beurteilung der 1. Welche Elemente der herkömmlichen Therapie mit 3 Auffrischungswochenenden können online durchgeführt werden? Therapieinhalte Umsetzung Üben mit der Therapiesoftware „flunatic!“ Software integriert Sprechtraining mit Videoanalyse Videorekordermodul integriert Diskussionen und Rollenspiele Webcam Telefontraining Webcam/Videorekorder optional Diskussionen/Erfahrungsaustausch mit der Gruppe/anderen Patienten Strukturierte Diskussionen durch Mikrofon und Gesten In-Vivo-Training, z.B. Sprechübungen während Einkaufssituationen Limitiert Auditives Monitoring über Mobiltelefon Entspannungs-, Körper-, Atem- und Wahrnehmungsübungen Limitiert Nur bei bestimmten Übungen möglich 2. Beeinflusst Teletherapie die Adhärenz der Patienten? 596 gültige Fragebögen aus 202 Onlinesitzungen 3. Wie entwickelt sich die Sprechflüssigkeit in der Teletherapiegruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe? Die Umsetzung von Elementen aus der Präsenz- in Onlinetherapie wurde in ¾ der Onlinesitzungen mit gut bis sehr gut bewertet Über 90% der Onlinesitzungen wurden mit gut bis sehr gut bewertet > 60% der Klienten der Onlinesitzungen absolvierten die geforderten Sprechaufgaben und bewerteten die Organisation und Bewältigung dieser mit gut bis sehr gut Sprechaufgaben wurden von der Kontrollgruppe nur zu 50% erfüllt 1= sehr gut 6=unge- nügend Tab.1: Umsetzung der Therapieinhalte von Präsenz- in Onlinetherapie Abb. 3: Evaluation der Onlinesitzungen Abb. 4: Patientenadhärenz Abb. 1: Studiendesign der Teletherapiegruppe Abb. 2: Studiendesign der Kontrollgruppe Abb. 5: Vergleich der Stotterhäufigkeiten von Teletherapie- und Kontrollgruppe Beide Gruppen verbesserten sich signifikant von vor IK zu nach IK (p=……) und 12 Monate nach IK M3 und M4 gemittelt, da keine signifikanten Unterschiede TG: d=0.93 M3/M4 M2 M1 1. Wichtige Elemente der Nachsorge-Präsenztherapie können online umgesetzt werden Entwicklung einer speziellen E-Learningplattform Gruppenaspekt bleibt erhalten Integration von Videorecorder, Webcam, Therapiesoftware „flunatic!“, Mikrofon und Gesten Sprechrechte flexibel zuweisbar Telefontraining möglich ABER: X In-Vivo Transferaufgaben nicht direkt durchführbar! kein therapeutischer Input, Anleitung, direkte Auswertung und Feedback Lösung: Monitoring über Mobiltelefon bzw. verspätetes Abhören der Audioaufnahmen X Entspannungs-, Körper-, Atem- und Wahrnehmungsübungen nur vereinzelt durchführbar Teletherapie ist an PC, Headset und Mikrofon gebunden Bewegung im Raum + Kommunikation mit Therapeuten und Mitklienten schwer möglich Lösung: spezifische Übungsauswahl (z.B. Übungen im Sitzen) 2. Die Adhärenz der Patienten war in der TG höher als in der KG TG kontinuierliche therapeutische Intervention <> KG lange Phasen ohne Intervention TG: regelmäßige Sprech- und Transferübungen in der Gruppe TG: Hausaufgaben die zeitnah kontrolliert und ausgewertet werden durch erhöhte therapeutische Präsenz und Kontrolle scheint Motivation, Selbstdisziplin und Selbstmanagement anzusteigen (TG) 3.Teletherapie in der Nachsorgephase ist gleichwertig effektiv wie ein weiteres Auffrischungswochenende nach 5 Monaten ABER Teletherapie ist… Euler, H. A., Wolff von Gudenberg, A., Jung, K. & Neumann, K. (2009). Computergestützte Therapie bei Redeflussstörungen: Die langfristige Wirksamkeit der Kasseler Stottertherapie (KST). Sprache – Stimme – Gehör, 33, 193-201. Abschlu ss- wochen- ende Intens iv- kurs Nachbe- reitung s- wochen- ende Abschlu ss- wochen- ende

Telemedizin in der Stottertherapie - Poster

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Page 1: Telemedizin in der Stottertherapie - Poster

Telemedizin in der Stottertherapie: Vergleich einer reinen Präsenztherapie mit einem teletherapeutischen Ansatz

Kristina Jung, Frank Jassens, Kristin Golchert & Alexander Wolff von GudenbergInstitut der Kasseler Stottertherapie, PARLO – Institut für Forschung und Lehre in der Sprachtherapie

Einleitung Ergebnisse Diskussion

Methode

2 Wochen

4-6 Wochen 3 Tage 3 Tage4 Monate

43

Auffrisch-ungs-

wochen-ende

3 Tage 5 Monate

12 Monate nach letzter therapeu-

tischer Intervention

Intensiv-kurs1 2

Nachbe-reitungs-wochen-

ende

Teletherapiegruppe

Kontrollgruppe

- Die Kasseler Stottertherapie (KST) ist eine computergestützte Intensivtherapie für stotternde Menschen ab 6 Jahren mit strukturierter Nachsorgephase über ein Jahr

- Gründung 1996 von Dr. Alexander Wolff von Gudenberg- Fluency-Shaping Konzept : Erlernen eines neuen weichen Sprechmusters- Über 2000 behandelte Patienten Kostenübernahme durch die Krankenkassen- Stetige unabhängige Evaluation von bis zu 10 Jahren > 75% zeigen positive

Langzeiteffekte (z.B. Euler et al., 2009)

- 14-tägiger Intensivkurs (IK)+ 3 Auffrischungswochenenden (1, 5 und 10 Monate nach Intensivkurs) + tägliches Üben mit der Therapiesoftware flunatic! + Hausaufgaben

- Zur Reduktion von Rückschritten der Sprechflüssigkeit und zur hochfrequenteren Intervention wurden anstelle des 2. Auffrischungswochenendes 16 Onlinetherapiesitzungen in 2-3-wöchigen Abständen integriert

- Forschungsfragen:1. Welche Elemente der herkömmlichen Therapie mit 3

Auffrischungswochenenden können online durchgeführt werden?2. Beeinflusst Teletherapie die Adhärenz der Patienten?3. Wie entwickelt sich die Sprechflüssigkeit in der Teletherapiegruppe im

Vergleich zur Kontrollgruppe?

- 62 Patienten: 33 Teletherapiegruppe (TG), 29 Kontrollgruppe (KG)• Dropouts: 7 TG, 2 KG

Kontrollgruppe: N= 29-Übliche Präsenztherapie + 3 Auffrischungswochenenden

Teletherapiegruppe: N= 33-Übliche Präsenztherapie + 1. und 3. Auffrischungswochenende-anstelle des 2. Auffrischungswochenendes nach 5 Monaten nahmen die Patienten über 9 Monate an 16 1,5-stündigen Onlinesitzungen unter Einsatz einer speziell modifizierten Konferenzsoftware teil

2 Wochen 4-6 Wochen 3 Tage 3 Tage14 Teletherapiesitzungen alle 2-3 Wochen über die Dauer von 9

Monaten

2 4

12 Monate nach letzter therapeu-

tischer Intervention

1 32 1 16976543 10 11 151412 13

- Subjektive (Fragebögen) und objektive Sprechdaten (4 verschiedene Sprechsituationen)- Vor IK; nach IK; 5, 12 Monate nach IK- Fragebogen nach jeder Onlinesitzung zur Beurteilung der Teletherapie

1. Welche Elemente der herkömmlichen Therapie mit 3 Auffrischungswochenenden können online durchgeführt werden?

Therapieinhalte Umsetzung

Üben mit der Therapiesoftware „flunatic!“ Software integriert

Sprechtraining mit Videoanalyse Videorekordermodul integriert

Diskussionen und Rollenspiele Webcam

Telefontraining Webcam/Videorekorder optional

Diskussionen/Erfahrungsaustausch mit der Gruppe/anderen Patienten

Strukturierte Diskussionen durch Mikrofon und Gesten

In-Vivo-Training, z.B. Sprechübungen während Einkaufssituationen

LimitiertAuditives Monitoring über Mobiltelefon

Entspannungs-, Körper-, Atem- und Wahrnehmungsübungen

LimitiertNur bei bestimmten Übungen möglich

2. Beeinflusst Teletherapie die Adhärenz der Patienten?• 596 gültige Fragebögen aus 202 Onlinesitzungen

3. Wie entwickelt sich die Sprechflüssigkeit in der Teletherapiegruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe?

• Die Umsetzung von Elementen aus der Präsenz- in Onlinetherapie wurde in ¾ der Onlinesitzungen mit gut bis sehr gut bewertet

• Über 90% der Onlinesitzungen wurden mit gut bis sehr gut bewertet

• > 60% der Klienten der Onlinesitzungen absolvierten die geforderten Sprechaufgaben und bewerteten die Organisation und Bewältigung dieser mit gut bis sehr gut

• Sprechaufgaben wurden von der Kontrollgruppe nur zu 50% erfüllt

1= sehr gut6=unge-nügend

Tab.1: Umsetzung der Therapieinhalte von Präsenz- in Onlinetherapie

Abb. 3: Evaluation der Onlinesitzungen Abb. 4: Patientenadhärenz

Abb. 1: Studiendesign der Teletherapiegruppe

Abb. 2: Studiendesign der Kontrollgruppe

Abb. 5: Vergleich der Stotterhäufigkeiten von Teletherapie- und Kontrollgruppe

• Beide Gruppen verbesserten sich signifikant von vor IK zu nach IK (p=……) und 12 Monate nach IK

• M3 und M4 gemittelt, da keine signifikanten Unterschiede

• TG: d=0.93• KG: d=0.90

M3/M4M2M1

1. Wichtige Elemente der Nachsorge-Präsenztherapie können online umgesetzt werdenEntwicklung einer speziellen E-LearningplattformGruppenaspekt bleibt erhalten Integration von Videorecorder, Webcam,

Therapiesoftware „flunatic!“, Mikrofon und Gesten

Sprechrechte flexibel zuweisbarTelefontraining möglich

ABER: X In-Vivo Transferaufgaben nicht direkt durchführbar!

kein therapeutischer Input, Anleitung, direkte Auswertung und Feedback Lösung: Monitoring über Mobiltelefon bzw. verspätetes Abhören der

AudioaufnahmenX Entspannungs-, Körper-, Atem- und Wahrnehmungsübungen nur vereinzelt

durchführbarTeletherapie ist an PC, Headset und Mikrofon gebundenBewegung im Raum + Kommunikation mit Therapeuten und Mitklienten schwer

möglichLösung: spezifische Übungsauswahl (z.B. Übungen im Sitzen)

2. Die Adhärenz der Patienten war in der TG höher als in der KG

TG kontinuierliche therapeutische Intervention <> KG lange Phasen ohne Intervention

TG: regelmäßige Sprech- und Transferübungen in der Gruppe TG: Hausaufgaben die zeitnah kontrolliert und ausgewertet werden durch erhöhte therapeutische Präsenz und Kontrolle scheint Motivation,

Selbstdisziplin und Selbstmanagement anzusteigen (TG)

3. Teletherapie in der Nachsorgephase ist gleichwertig effektiv wie ein weiteres Auffrischungswochenende nach 5 Monaten

ABER Teletherapie ist…

Euler, H. A., Wolff von Gudenberg, A., Jung, K. & Neumann, K. (2009). Computergestützte Therapie bei Redeflussstörungen: Die langfristige Wirksamkeit der Kasseler Stottertherapie (KST). Sprache – Stimme – Gehör, 33, 193-201.

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