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  • Sprachwandel

    Gerrit Kentner

    21. Januar 2011

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  • Zur Klausur

    Vier Teilbereiche

    Phonetik/ Phonologie

    Morphologie

    Syntax

    Semantik/ Pragmatik

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  • Zur Klausur

    Zu jedem Teilbereich gibt es 4 Aufgaben, von denen 3 bearbeitetwerden sollen.Jede korrekt gelöste Aufgabe bringt 10 Punkte (es können alsomaximal 30 P pro Teilbereich und insgesamt 120 P erreichtwerden).Die Klausur gilt als bestanden, wenn in jedem Teilbereichmindestens 10 Punkte erreicht werden.Sie können zu einer mündlichen Wiederholungsprüfung (gilt nochals Teil des Erstversuchs) antreten, wenn Sie die Klausur inhöchstens einem Teilbereich nicht bestanden haben, aber in denanderen Teilbereichen zusammen mindestens 40 Punkte erreichthaben.

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  • Lektüre

    Meibauer et al. (2007). Einführung in die germanistischeLinguistik. Metzler, Kap. VIII

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  • In ananginne uuas uuort itni thaz uuort uuas mit gote inti gotselbo uuas thaz uuort.

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  • Althochdeutsch, ca. 7. Jhd – 1050

    In ananginne uuas uuort itni thaz uuort uuas mit gote inti gotselbo uuas thaz uuort.

    Am Anfang war das Wort und das Wort war mit Gott und Gottselber war das Wort

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  • Althochdeutsch, ca. 7. Jhd – 1050

    Vater unsir. du in himile bist. din namo werde giheiliget. din richechome. din wille giskehe in erda von mennisgen. also in himile fonden engilen. Unsir tagelich prot gib uns hiuto. unde unsere sculdebelazh uns. also ouh uuir firlazhen unseren sculdenaren. unde in diachorunga neleitist du unsih. suntir irlose unsih fona demo ubile.Amen.

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  • Mittelhochdeutsch, ca. 1050 – 1350

    vater unser der da bist in den himeln. geheiliget wert din name.zuo kom din rich. din wille gewerde in der erden als in dem himele.unser tegelich brot gip uns hiute. unt vergip uns unser schulde, alswir vergeben unseren schuldigern. unt enleite uns nit in bekorunge,sunder verloese uns von übele.

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  • Frühneuhochdeutsch, ca. 1350 – 1650

    Vnser vater ynn dem hymel. Deyn name sey heylig. Deyn reychkome. Deyn wille geschehe auff erden wie ynn dem hymele. Vnserteglich brott gib vnns heutt, vnd vergib vns vnsere schulde, wie wyrvnsernn schuldigern vergeben, vnd fure vns nitt ynn versuchung,sondern erlose vns von dem vbel, denn deyn ist das reych, vnd diekrafft, vnd die herlickeyt in ewickeyt.

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  • Neuhochdeutsch, ca. 1650 –

    Aus einer Zeitungsmeldung vom 8.1.1863

    [...] machte die Alte ihrem Mann den Vorschlag, die Dame zuermorden. Der Mann wollte davon nichts wissen, die Frau suchteihn deshalb zu entfernen und schickte ihn fort, Branntwein zuholen. Jetzt warf sich die Alte über das Mädchen und schnitt ihrdie Kehle ab. [...] Der Mann fiel in Wahnsinn, die Mörderin ist imGefängnis.

    zitiert in Linke, Nussbaumer, Portmann(1996): Studienbuch Linguistik,

    Niemeyer

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  • Sprachwandel

    Sprache ist stetigem Wandel unterworfen.

    In den obigen Beispielen ist mehr oder weniger deutlich zuerkennen, dass es sich um Varianten des Deutschen handelt.Offenbar sind gewisse Aspekte dieser Texte über die Zeit stabil(nur so ist ein Wiedererkennen möglich). Andere Aspekte sind vonVeränderungen betroffen.

    Was ändert sich??

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  • Sprachwandel

    Welche sprachlichen Aspekte sind von Wandel betroffen?

    Teilsysteme von Regeln und Einheiten für die grammatischeKorrektheit von sprachlichen Ausdrücken (phonologische,morphologische, syntaktische, semantische Regeln).

    Teilsysteme von Regeln der pragmatischen Angemessenheitvon Ausdrucksverwendungen (in best. Textsorten, Situationenetc.)

    lexikalische Einheiten

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  • Neuhochdeutsch, ca. 1650 –

    Aus einer Zeitungsmeldung vom 8.1.1863

    [...] machte die Alte ihrem Mann den Vorschlag, die Dame zuermorden. Der Mann wollte davon nichts wissen, die Frau suchteihn deshalb zu entfernen und schickte ihn fort, Branntwein zuholen. Jetzt warf sich die Alte über das Mädchen und schnitt ihrdie Kehle ab. [...] Der Mann fiel in Wahnsinn, die Mörderin ist imGefängnis.

    zitiert in Linke, Nussbaumer, Portmann(1996): Studienbuch Linguistik,

    Niemeyer

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  • Neue Wörter – aussterbende Wörter

    (1) email, chatten, simsen, Computer, Waschmaschine, faxen,googeln, Wiki, Blog, Internet, Web, Latte Macchiato

    (2) fürbass, Aussteuer, Geschmeide, Halunke, Kartätsche,Schrapnell

    http://ngrams.googlelabs.com

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  • 15 / 33

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  • Lautwandel

    Vereinfachungsprozesse: z.B. Assimilation

    Kontaktassimilationmhd. tump – nhd. dumm;lamp – Lamm;zimber – Zimmer(kann auch als Tilgung des finalen Plosivs aufgefasst werden)

    Fernassimilationmhd. altA , elt-iN – Alter;starchA, sterch-iN – StärkekraftN , kreft-igA – kräftig(Stammvokal assimiliert an Vokal des Suffix’ hinsichtlich derHöhe – vgl. Vokalviereck!!)

    Tilgung / Abschwächung alth. gibirgi – Gebirge

    enti – Endelobon – lobenaus Vollvokal wird schwa

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  • 1. Lautverschiebung (ab 500 v. Chr.)

    Übergang vom Proto-Indoeuropäischen zum Proto-Germanischen

    stimmlose Plosive >stimmlose Frikative (p >f, t >T, k >h)

    stimmhafte Plosive >stimmlose Plosive ( b >p, d >t, g >k)

    stimmhafte behauchte Plosive >stimmhafte Plosive (bh >b,dh >d, gh >g)

    Romanische vs. Germanische Sprachen

    padre, père – Vaterpor, pour – fürciento, cent – Hundertcorazon, coeur – Herzgrano, grain – Korn

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  • 2. Lautverschiebung (ab 500 n. Chr.)

    niederdeutsch, englisch – oberdeutsch

    Appel – Apfel; peper, pepper – Pfefferdat, wat, eten – das, was, essenTid – ZeitDag – Tagmaken – machen, ik – ichthorn, thistle – Dorn, Distel

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  • Morpho-Phonologischer Wandel

    Ein besonderer Vogel: GrasmückeEine morphologische Analyse des Wortes Grasmücke:

    synchron: Gras – mücke

    diachron: gra – smuckaein grau geschmückter Vogel

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  • Morphologischer Wandel

    Althochdeutsch NeuhochdeutschSingular Plural Singular Plural

    Nom/Akk tag tag-a Tag Tag-eGen tag-es tag-o Tag-(e)s Tag-eDat tag-e tag-um Tag(e) Tag-e-nInstr tag-u

    Wegfall von Morphemen – Zunahme von Synkretismen

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  • Morphologischer Wandel

    Wegfall von Morphemen – Zunahme von Synkretismen

    Wegfall des Instrumental-Kasus hat syntaktische Folgen.

    Nutzung von Präpositionalphrasen

    Hans haut mit der Hand auf den Tisch

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  • Morphologischer Wandel

    ‘Verdunkelte’ Komposita

    *alja - landja (‘ausser Landes seiend’) >ahd.: elilenti >Elend

    mhd.: kirch-mess >Kirmes

    mhd.: junc-herre >Junker

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  • Morphologischer Wandel

    WortbildungswandelFreie Morpheme im Althochdeutschen:

    heit – ‘Person, Persönlichkeit’scaf – ‘Beschaffenheit’scaft – ‘Schöpfung’tuom – ‘Urteil’

    Grammatikalisierung dieser Morpheme zu Wortbildungssuffixen(-heit, -schaft, -tum)

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  • Syntaktischer Wandel

    weil-V2-Sätze im heutigen Deutsch

    Peter ist nach Hause gegangen, weil er müde war.

    Peter ist nach Hause gegangen, weil er war müde.

    Peter ist nach Hause gegangen, weil seine Jacke hängt nichtmehr an der Garderobe.

    ?Peter ist nach Hause gegangen, weil seine Jacke nicht mehran der Garderobe hängt.

    Ñ Voranstellung nicht möglich!!*Weil er war müde ist Peter nach Hause gegangen.

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  • Syntaktischer Wandel

    (3) Gegenwartsdeutsch

    a. Das Haus der Freunde.b. *Der Freunde Haus.c. Annas Haus.

    (4) Althochdeutsch

    a. thaz uuirdit ginennit gotes barndas (dieses Kind) wird Gottes Sohn genannt

    b. fona paradises bliidhnissavon der Freude auf das Paradies

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  • Semantischer Wandel

    Ein Waldgebiet in der Nähe von Oldenburg (i.O.) heisst

    Barneführer Holz

    Welche Bedeutung (im Vergleich zum Gegenwartsdeutsch) hat‘Holz’ in diesem Namen?

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  • Semantischer Wandel

    Marschall

    Althochdt.: Pferdeknecht

    Mhd.: höherer städt. Beamter

    Nhd.: hoher milit. Rang

    ñ Bedeutungsverbesserung

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  • Knecht

    mhd.: Knabe, junger Mann

    nhd.: dienende männliche Person (körperliche Arbeit)

    ñ Bedeutungsverschlechterung

    Vergleiche englisch: knight

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  • geil

    mhd.: lebensfroh

    später Bedeutungsverengung: sexuell attraktiv

    in jüngerer Zeit: Bedeutungserweiterung: allgemein attraktiv

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    OrganisatorischesSprachwandelLexikalischer WandelLautwandelMorphologischer WandelSyntaktischer WandelBedeutungswandel


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