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505 Zur l'heorie der miiylichen W6rkwng tyom Strahlung azif Atornkerne Ton G. I. Pokrowskci (Mit 2 Figuren) Hier tvird eine mogliche M'irkung kurzwelliger Strahlung auf Atomkerne betrachtet. Diese Tirkung besteht darin, daB die Eiraftfelder des Kerns und Quants in solcher Weise sicli iiberlagern, daB eine entsprechende Potentialschwelle geandert wird und geladene Teilchen positiver Energie aus dem Kerne ins Freie komnien konnen. Im Zusammenhange mit einigen ineiner Experiniente uber die Wirkung kurzwelliger Strahlung auf Atomkerne wurden unter anderen Fragen aufgestellt , melcher Art diese Wirkung sein konnte. l) Es ist hier nainlich die Schwierigkeit folgender Art vorhanden. Falls ein beobachtbarer Effekt durch die Wirkung von kurzwelligen Strahlen auf Btonikerne hervorgerufen merden konnte, miiBte man eine relativ groBe -4bsorptionsfahigkeit der Kerne fur solche Strahlung zulassen. I)as widerspricht aber vielen theoretischen und experimentellen Tatsachen, insbesondere, wenn man eiuen Effekt nicht nur bei y-Strahlen, sondern auch bei Rontgenstrahlen zulaht. Es mu8 somit der groBte Teil des genannten Eflekts nicht durch Absorption hervorgerufen sein. Mit anderen Worten mu8 die Wirkung des Quants eine solche sein, daB dieses Quant keine Energie verliert. Prinzipiell kaun es sieh dabei nur urn die Auslosung von exothermen Prozessen handeln. Dabei kann nicht nur eine Sbsorption gleich Null, sondern anch eiue negative Absorption, also eine Zunahme der Strahlungsenergie eintreten. I) N. Feather, Phys. Rev. 35. S. 705. 1930; H. Herszfinkel und H.Dobrowolska, Ztsehr. f. Phys. 68. S. 432. 1930.

Zur Theorie der möglichen Wirkung von Strahlung auf Atomkerne

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Zur l'heorie der miiyl ichen W6rkwng tyom Strahlung azif Atornkerne

T o n G. I. Pokrowskci (Mit 2 Figuren)

Hier tvird eine mogliche M'irkung kurzwelliger Strahlung auf Atomkerne betrachtet. Diese Tirkung besteht darin, daB die Eiraftfelder des Kerns und Quants in solcher Weise sicli iiberlagern, daB eine entsprechende Potentialschwelle geandert wird und geladene Teilchen positiver Energie aus dem Kerne ins Freie komnien konnen.

Im Zusammenhange mit einigen ineiner Experiniente uber die Wirkung kurzwelliger Strahlung auf Atomkerne wurden unter anderen Fragen aufgestellt , melcher Art diese Wirkung sein konnte. l) Es ist hier nainlich die Schwierigkeit folgender Art vorhanden.

Falls ein beobachtbarer Effekt durch die Wirkung von kurzwelligen Strahlen auf Btonikerne hervorgerufen merden konnte, miiBte man eine relativ groBe -4bsorptionsfahigkeit der Kerne fur solche Strahlung zulassen. I)as widerspricht aber vielen theoretischen und experimentellen Tatsachen, insbesondere, wenn man eiuen Effekt nicht nur bei y-Strahlen, sondern auch bei Rontgenstrahlen zulaht. Es mu8 somit der groBte Teil des genannten Eflekts nicht durch Absorption hervorgerufen sein. Mit anderen Worten mu8 die Wirkung des Quants eine solche sein, daB dieses Quant keine Energie verliert. Prinzipiell kaun es sieh dabei nur urn die Auslosung von exothermen Prozessen handeln. Dabei kann nicht nur eine Sbsorption gleich Null, sondern anch eiue negative Absorption, also eine Zunahme der Strahlungsenergie eintreten.

I) N. Fea the r , Phys. Rev. 35. S. 705. 1930; H. Herszf inke l und H.Dobrowolska, Ztsehr. f. Phys. 68. S. 432. 1930.

50 ti G. I . Pokrowski

Da das Zerspalten Ton radioaktiven Kernen, sowie von Kernen schwererer nicht radioaktiver Elemeute 1) exotherm ist, so ist es berechtigt, hier iiber ahnliche Erscheinungen zu sprechen. Es ist aucli miiglich ngher den Mechanismus einer solchen Erscheinung zu betrachten.

Obwohl iiber die Struktur von Atomkernen sehr vieles geschrieben ist, ist es bisher nicht moglich, etwas Endgiiltiges iibw die Einzelheiten dieser Struktur zu sagen. Man mu6 sich somit mit ganz allgemeinen Tatsachen begniigen.

Es durfte wohl zugelassen werden, daB die einzelnen Be- standteile des Kerns, Protonen und Elektronen, in verscliiodenen Entfernungen Torn Kernzentrum sich befinden. L)a aber die Dimensionen der Kerne nicht groljer sind als der klassische Halbmesser des Elektrons, ist es kaum berechtigt iiber die Bewegung diskreter Teilchen im Kerne zu sprechen. Es ist aber jedenfalls nicht inoglich, daB die Ladungsdichte im Kern ganz lionstant wgre. Soniit iiiul3 diese Dichte gewissen Schwankungen nnterworfen sein. M-enn man dabei wie ge- tviihnlich dem Kerne eine kugelsymmetrische Struktur zu- schreibt, so erhalt man in erster Nalierung ein System vou verschieden geladenen konzentrischen Spharen. L)a in deu Kernen Protonen und Elektronen anwesend sind, so miissen die genannten Sphgren teils positiv und teils negativ ge- laden sein.

Jetzt gehen wir zur potentiellen Energie eines geladenen ‘Ieilchens als Funktion des Abstands vom Kernzentrum iiber. Gewiihnlich wird diese Funktion folgendermaben ausgedriickt :

wo 7, die Ladung des Teilchens, 7, die Ladung des Kerns, r der Abstand Tom Teilchenzentruni bis zum Kernzentrurn, K und n Konstanten, wobei n > 1 ist.

Bei cTer obenerwabntcn Sphiiirenstrnktur des Kerns erhalt iuan clagcgen : E=[,Z&-+-LE~ 1 _ - _ . K

r,, 1- P 1””

1 ) Vgl. G. G a i n o w , Proc. Boy. SOC. London (A) 126. S. 632. 1930; G. I. P o k r o w s k i , Ztschr. f. Phys. C3. S. 561. 1930.

Theorie der nhoybichen Wirkung vori Sirah luwg auf A fonikcriie 507

Hier sind Zm die Spharenladungen, deren Halbmesser rm grofier als r sind, 12, Ladungen mit entsprechenden Halbmessern rp< r.

Die Werte von Zm und l p sind positiv und negativ. Des- lialb muB die Funktion

E =fP) durch eine Kurve dargestellt werden , deren allgemeiner Cha- rakter in Fig. 1 wiedergegeben ist. Es kann soniit die gesamte Potentialschwelle in eine Reihe kleinerer Schwellen zerfallen. Falls das Herausschleudern des entsprechenden Teilchens

gewissen Hohe Efz befinden. - - _.

Dabei kann das Teilclien -"-- 4

exotherm ist, muB sich in Fig. 1 dieses Teilchen in einer

in verschiedenen passenden Stellen zwisclien xwei Poten- tialschwellen eine langere Zeit verweilen.

irgendwelcher M'eixe im Kerrie zix beeinflussen, ist es notig den Gang der Kurve E = f ( r ) durch uberlagerung eines BuBern Feldes zu iindern oder das Niveau En durch Energiezufuhr xu Iieben. So wird z. B. bei der Atoinzertriiminerung durch w'l'eilchen die niitige Hebung cler Protonen durch die Energie dieser Teilchen bedingt. Doch ist dabei wahrscheinlich unmijglich, einen grijBeren Eft'ekt (ins- besondere bei scliwereren Kernen) zu erzielen, wegen der Ab- stoBung des Kerns und des a-Teilchens. Infolge dieser Ab- stoBung wird selten eine bedent.ende Niiherung des Teilchens an den Kern erhalten, bei welcher nur eine entsprechende Energieiibertragung entstehen kann.

Ganz anders sind die Verhiiltnisse beim ,,Durchgelten" von Stralilungsquanten durch den Kern. 1st die entsprec,liende \4'elleiilange groB in1 Vergleich niit den Iieriidimensionen (was fiir alle Stralilungsarten, auBer den hiirtesten pStrahlen und Hijhenstrahlen, giiltig bleibt!, so ktinn der Kern die Fort- pflanzungsriclitung des Quants kaum beeinflussen. Deshalb bekomint man liier eine besonders giinstige fjberlagerung der

Um die Teilchen in Fig. 1

508 G. I . Pokrowski

Iiraftfelder , oline daW dabei eine Energieiibertragung statt- finden wird.

Das wird zu eiiier Deformation der Kurve in Fig. 1 fuliren. Es wird sozusagen das Kratermodell des Kerns ein ,,Erdbeben'i erleiclen. Die clahei rnijgliclie Senkung der Potential- schlvellen kann die Wahrsclieinliclilreit des Durcligaigs ent- spreahender Teilchen sehr vergroBern. Es ist dabei moglich, claB Teilchen, welclie sicli bereits hinter deni aders ten ,,I<rater-

wall" befinden, ins Freie gelangen konnen.

Bei selir kurzwelligen Quanten liij~inen d a h i die Potentialscliwellen sv verkleinert werden, daW ein di- -1-jfl ' - - r - - rektes Uberspringen der Teilclien mijglich wird, die Holie der Schwelle wird also kleiner als die Energie cles Teilcliens. Andernfalls wird die

Fig. 2 I)ifiusionsw~t2i~sclieinlichkeit durali die Scliwelle eritsprecliend geandert

und xwar iiiimer verkleiuert. Man hat z. B. fur den einfaclisten Fall einer reoliteckigen Potentialscliwelle (Fig. 2) von der Hohe I : aud Hreite T cine Zerfallskoiistante nacli Gamow l) :

f l L- -

P

B c v n , . j. il = s.c- 1

wo A und B gewisse Konstanten liedeuten. W i d jetzt l i uin einen Wert 1(: geandert, so ergibt sicli:

B ( 1/u--En-,: 1 . 1' A ' = d . e - Jst z ldein iiii Vergleicli niit ll; - En, so kann gesc-hrieben werden:

Daracs ergibt sicli R x i

Falls Quanten durc,h den Kern sich fortpflanzen , wird iiii allgemeinen z positive und negative Werte annehmen. Der niittlere Wert von h'lh wird dann gleich:

1) G. G a m o w , Ztschr. f. Phys. 61. S. 204. 1928.

Th.eorie der moglichen Wirkmg von, Strahlung auf Atont kerne 509

B6 IG 1"6 .... > 1 - 1 + - - + + L - Be x2 rs BL z4 r4 -++.L ---+ - 8 ( U - En) 384 ( U - E,,)j 46080 ( U - En)'

sein.l) Es Rird somit iminer eine Besclileuiiiguiig des Zerfalls stattfinden.

Im Falle einer komplizierteren Potentialscliwelle ergiht sich entsprecliend:

Suf Grund der erhalteneii Formeln l%Bt sich auch die niogliclie GroBenordnung des Effekts iu verscliiedeuen E'Bllen bererhnen. Da

ist (m-Masse des Teilchens), so ergibt sicdi fur a-Teilchen

1st z. B. 1' = - 10-12 cn1,

___- - N 10-2 X I T - E ,

und

so erhklt man tl: = - erg .

A ( t) = 10-3.

Alles das kanu zu einem beobachtbaren Effekt fuhren, ins- hesondere, wenn eine Wirkung der Quaiiten auch auf teilweise durcli die Potentialscliwelleii diffundierte Teilclien zugelassen werden kann, hzw. die Potentialscln~elle in mehrere Schwellen zerfiillt.

Jetzt kann auch die Tlieorie fiir den Fall eines Strahlungs- feldes erweitert werden. Denn alles friilier Gesagte ist selbst-

1) Bei einer kugelsymmetrischen Schwelle muB selbstverstandlich an Stelle von x eine effektive Gr?il(e eingestellt werden.

510 G. I . Pokrowski

verstandlich nur fur die Zeit gultig, wenn sich die Kraftfelder CLcs Kerns uncl des Quauts suiiimieren. Da J e r Ranin ini nll- gemeinen nicht luclienlos mit (&anten erfullt ist, so niuB der beschriebene Effekt entsprechend 1 erkleinert werden.

Die Ti'ahrscheinlichkeit, daB cin Kern sich ,.in einem Quant befindet" ist gleich dem Verhsltnis:

;- 1

n o q das Voluinen des Quants und Q das Volumen, in melclieni sich ein Quant befindet, bedeuten. Somit inuR in

sein, und entsprechend in einem F d l e annkhernil

B2

8 win, wo B,2 = -- ist, falls nian von komplizierterer Struktur des Quants absieht.

I)er entsprecliende Mittelwert ist dam:

Wurde man weiter annehmen, ilnW

p = ~ a 3

ist, wio cs iifters angenornmen wirdl), und claB

J d b

ist, wo J die Tntensitiit der Strahlung, ql, qz Konstantcn und h die Wellcnlrhge hedeuten, so ergibt sich

orler h i dcr Annnliine, rlaB 2 = It tr = '- ist: b

.T i2 1: - E,, (;)"= 1 + y - -

(y ist eine entsprecliende Konstante).

I) Bezuglich dcr Literatur daruber vgl. z. R. (+. I. I ' o k r o w s k i , Ztsclir. f. Phys. 51. S. 730. 1928.

Theorie der moglichen Wirkung won Strahlung auf Atomkerne 511

1st der Kern solcher Art, daB der Zerfall nur beim gleich- zeitigen Herausschleudern von a-Teilchen und Elektronen sich vollziehen kann’), so muB die Wirkung der Quanten noch be- deutender sein. Rei Uberlagerung eines gleichartigen Peldes wird niimlich das Kernfeld so deforiniert, daB gleichzeitig die Elektronen von einer Seite und das cr-Teilchen von der andern den Kern verlassen kiinnen. Somit werden die Wahrscheinlich- keiten des Herausschleuderns aller Teilchen gleichzeitig ge- andert.

Im Falle von zwei Elektronen und einem a-Teilchen, ins- gesamt drei Teilchen, und bei der Annahme, daB die hie- rungen der entsprechenden Wahrscheinlichkeiten

A h , = - a $ ,

At?, = - c 5

dl, = - b $ ,

sind, ergibt sich nach dem Theorem cler Multiplikation von Wahrscheinlichkeiten

A + A A = (A, + A 1,) (1% + A A,) (A, + A 23) = A, a, a, + (nl a, c + A, A, h + A, 1, a) z

+ ( I , a b + h , a c + ~ , b c ) 2 2 + n b c z 3 , somit ist im Falle von drei Teilchen A A eine Funktion von II:

dritter Potenz. Man erh8lt daraus:

Sind A,, A,, A, und a, b, c einander gleich, so erhalt man un- giinstigenfalls eine dreifache Vergriifierung von A A bei den beschriebenen VerhAltnissen in bezug auf A A,.

AuBer dem beschriebenen Mechanismus der Wirkung von Quanten auf Atomkerne ist hier noch eiue ganz andere Miiglichkeit vorhanden. Es ist niinilich sehr wahrscheinlich, daB in den Kernen gewisse stabile Quantenniveaus fur die entsprechenden Teilchen existieren. Dabei mussen, wie ge- wiihnlich, die mijglichen Weglangen der Teilchen einer ganzen

1) G. G a m o w , Proc. Roy. SOC. London (A) 126. S. 632. 1930.

512 G. I . Pokroiuski. Mogl. Wirkurig von Sfrahlzing auf Atomkenie

Zahl von Phasenwellen gleich sein. Es ist nun ein solcher Fall leicht denkbar, wenn clie Quanteniiiveaus auf beiclen Seiten einer Potentialschwelle m r wenig verschieden sintl. TT'ird jetzt die Schwelle durch ein Quant in friiher be- scliriebener 15-eise deformiert, so miissen diese Niveaus sich auch entsprechend verandern. Es kann clabei ein soloher Zu- stand eintreten, daB die Niveaizs gleicli lioch werden. In einein solchen Falle tritt aber eine Resonanzerscheinung auf und clie Ubergmgswahrscheinlichkeit des Teilchens dnrch die i c h wel€e steigt sufierordentlich stark an. Dns mul3 selbstverstiiiidlich zu eiiier groRen Beschleunigung des moglichen Zerfdls des Kerns fiihren.

Blles Gesagte zeigt , claB vom theoretischen Standpunkte inehrere \\'irkungsarten der Strahluiig suf Atomkerne miiglicli sind und es ist schwer a priori zu behaupten, daB in alleu Piillen der EfYekt nnbeobachtbar klein sein niiif3te.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse clieser Mitteilung kijnnen folgendermaBen zusammengefaBt werden. Ganz abgesehen von jedein E q e r i - mentalergebnis und bei ganz allgemeinen Annahmen iiber die -4rt der Erscheinungen im Kern, kann gezeigt werden, dafi cxofhernzc Atom~ertrummerungs.proxessc d i m h BestrahluiiLi bc- sehleuriigt irerdeiL mussen. Der dabei entstehende Effekt niup i m n e r positiv sein, doch bleibt seine absolute Giifle ohne nahcre l imntn is der Ker?istruktur unbekannt. I m allgemeinen kan i

diese GriiBe (bei weiclieren Strahlen insbesondere) nicht be- deutenci sein, wenn man die moglichen Resonanzeffekte niclit in Eetracht zieht.

Moskau, Rontgentechnisehe Abteilung des Elektroteah- uischeu Stnatsinstitixts. Novemher 1930.

(Eingegaiigen 33. Febm:ir 1931)