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Zahlen 501 × 911 Das Einmaleins der Produktenamen Computational Biology Lässt sich das Leben mit Mathematik erklären? Sudoku Fred Stalder vertritt die Schweiz an der Weltmeisterschaft Das Magazin der Zürcher Kantonalbank 2 / 2014 Wirtschafts Magazin Zürcher

Zürcher Wirtschafts Magazin

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Zahlen

501 × 911 Das Einmaleins der Produktenamen

Computational Biology Lässt sich das Leben mit Mathematik erklären?

Sudoku Fred Stalder vertritt die Schweiz an der Weltmeisterschaft

Das Magazin der Zürcher Kantonalbank 2 / 2014

WirtschaftsMagazin

Zürcher

2 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Editorial

Impressum Herausgeberin: Zürcher Kantonalbank Redaktion: Othmar Köchle (Chefredaktor), Roman Oberholzer (stv. Chefredaktor), Luca Aloisi, Kenan Hochuli, Franziska Imhoff, Lucrezia Gilli, Simona Sigrist Mitarbeit: Patrik Schwendimann, Dr. Cornelia Luchsinger Gestaltung: Minz, Agentur für visuelle Kommunikation, www.minz.ch Bildquellen: gettyimages (Titelbild); Minz (Kompositionen S. 3 links und 4 – 7 aus Bildern von iStockphoto und Shutterstock, Komposition S. 3 Mitte und 8 – 9, Komposition 14 – 15 aus Bildern von 123RF, iStockphoto und Shutterstock, Komposition 26 – 27 aus Bildern von Shutterstock und 123RF); Geri Krischker (S. 3 rechts); iStockphoto (S. 30 links, S. 31), 123RF (S. 30 rechts) Druck: pmc, Oetwil am See, erscheint viermal jährlich Abonnemente: Gratisabonnemente oder Adressänderungen mit dem beiliegenden Talon oder telefonisch 0844 850 860 Adresse der Redaktion: Zürcher Kantonalbank, Redaktion ZWM, Postfach, 8010 Zürich, [email protected], Telefon 044 292 20 75 Auflage: 55‘000 Copyright: Zürcher Kantonalbank. Nachdruck nach Absprache mit der Redaktion unter Quellenangabe gestattet.

Liebe Leserinnen, liebe LeserVor etwa 30 Jahren hat der Sprachforscher und Missionar Daniel L. Everett im Amazonasgebiet einen Indianerstamm, die Pirahã, besucht und lange Zeit mit den Indios zusammengelebt. Dabei hat er festgestellt, dass die Sprache des indigenen Volkes unter anderen Eigentümlichkeiten keine Zahlbegriffe kennt. Eine Entdeckung,

die heute noch Erstaunen und Grundsatzdiskussionen unter Sprachwissen-schaftlern auslöst.

Denn was ist ein Leben ohne Zahlen? Wir könnten keine Symphonien hören, keinen Handel treiben, weder Wissenschaft noch Forschung vorantreiben, Tennismatches hätten keine Sieger und Geburtstage blieben ungefeiert und das digitale Zeitalter hätte nie stattgefunden. Entwicklungspsychologen sehen die Aneignung der Zahlenwelt als einen der Meilensteine in der individuellen Entwicklung. Im Alter von vier Jahren können Kinder die Anzahl einer hand-voll Gegenstände richtig benennen und werden von da an – sei es in der Schule oder später im Beruf – nicht mehr von Zahlen losgelassen.

Die vorliegende Ausgabe des «Zürcher Wirtschaftsmagazins» hat sich der Zahlen in verschiedenen Beiträgen angenommen: Lesen Sie mehr über die legendären Zahlenmarken von 501 bis 911, erfahren Sie, wie das Asperger-Syndrom zum Vor- teil wird, oder lernen Sie den aktuellen Schweizer Meister im Sudoku kennen.

Ich wünsche Ihnen eine anregende und spannende Lektüre.

Martin Scholl, CEO

Zürcher Kantonalbank

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Inhalt

Fokus Zahlen

20Sport, Kultur oder Natur? Profitieren Sie von Ihrer ZKB Karte in vielfältiger Weise

22«Das Handelsumfeld ist noch anspruchsvoller geworden» Felix Oegerli, Handelschef der Zürcher Kantonalbank, lässt hinter die Kulissen blicken

26Kompetent und zugänglich – auch im Netz www.zkb.ch im neuen Kleid

28Holen Sie mehr aus Ihrer Kreditkarte heraus Was Ihre Kreditkarte sonst noch alles kann

29Immobilienangebote

30Luxusgüter: auch 2020 eine glamouröse Branche

32EZB greift in die geldpolitische Trickkiste

Aktuell

Ihre Bank

Geld und Anlagen

Laut Verschwörungstheoretikern eine mysteriöse Zahl: Der Anschlag auf das WTC war am 11.9.2001 (11+ 9 +2+1= 23), Cäsar wurde mit 23 Messerstichen getötet und die Mayas prophe- zeiten das Ende der Welt auf den 23. Dezember. Da kommt einem das Gruseln.

Zurück auf die Quersumme von 23.

Wir gratulieren zur silbernen Hochzeit.

Direkt weiter zur Perlenhochzeit.

Einmal aussetzen, falls heute zu allem Unglück noch Freitag ist.

Die erste Schnapszahl, das «dreckige Dutzend» und die Zahl der Narren.

Zurück auf Feld 5, zu den 5 Weisen.

Was uns die Wolke 7 ist, ist den Angelsachsen die Cloud 9. Und weil eine Katze 9 Leben hat, dürfen Sie nochmals würfeln.

Aller guten Dinge sind 3. Weiter zu Feld 9 und sich wie im 7. Himmel fühlen.

Unglückszahl in China, klingt auf Chinesisch wie «Tod».

Schnell zurück auf Feld 2.

Die Märchenzahl: 7 Zwerge, 7 Fliegen auf einen Streich, 7 Geisslein, manchmal auch Bücher mit 7 Siegeln: Siebenmeilenstiefel anziehen und 7 Felder nach vorne schreiten.

Bei den Mathematikern eine vollkommene Zahl. Weshalb, lesen Sie am besten auf Wikipedia nach. Einmal aussetzen.

Bei Black Jack würden Sie jetzt abräumen.

Weiter auf Feld 26.

Zahl der Vollendung, das Alter Jesu bei seinem Tod.

Direkt ins Ziel mit Ihnen.

Als Spielernatur kennen Sie sicher die 38 Zahlen des Roulettes. Rien ne va plus. Einmal aussetzen.

Unglückszahl in Italien. Stärken Sie sich mit einem Teller Spaghetti. Einmal aussetzen.

Perlenhochzeit: Die gemeinsamen Jahre reihen sich aneinander wie an einer Perlenkette. Leider ist 30 auch die Zahl des «Judaslohns». Zurück auf die 20.

Zahl der Flucht und der Vorbereitung. 40 Tage verschwinden die Plejaden hinter der Sonne, 40 Tage war Jesus in der Wüste, 40 Tage dauerte die Sintflut und gleich viele Tage sass Moses auf dem Berg Sinai.

40 Felder zurück.

04Das Einmaleins der ProduktenamenWie aus Zahlen Marken werden

14Kuriose Zahlen aus dem Kanton ZürichStatistische Überraschungen aus dem Datenberg des Statistischen Amts

08Das Leiterlispiel der ZahlensymbolikBei 13 einmal aussetzen

16In aller Ruhe das Potenzial ausschöpfenWas Menschen mit Asperger- Syndrom im richtigen Umfeld leisten können

10«Frau Iber, lässt sich das Leben mit Mathematik erklären?»Dagmar Iber, Assistenzprofessorin an der ETH, erzählt über ihre spannende Forschung

34«Herumflicken ist nicht elegant»Frédéric Stalder ist der beste Sudokuspieler der Schweiz

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Fokus Zahlen

Das Einmaleins der Produktenamen501, 911 oder Cola Zero sind viel mehr als natürliche Zahlen oder alphanumerische Zeichen. Dank eigenständiger Werbung haben sie sich von ihren abstrakten Ursprüngen zu faszinierenden Markenikonen emanzipiert. Zahlen als Schlüssel zu echten Markenklassikern? Von Luca Aloisi

Gut Ding will Weile haben. So auch die vernietete Arbeiterhose der amerikanischen Pioniere des Westens, der Bergarbeiter und Cowboys. 1873 erhielten Levi Strauss und Jacob Davis das Patent auf das robuste Beinkleid aus blauem Denim. Es verging dann nahezu ein Jahrhundert, bis ihre Hose, dank Filmikonen wie Marlon Brando und James Dean sowie später den frie- densbewegten Jugendlichen und Rockmusikern, zum Markenzeichen der jungen Wilden avancierte. Die Jeans symbolisierte Rebellion, Freiheitsliebe und erotische Lässigkeit. Allerdings mit dem Effekt, dass sie von der Modeindustrie vereinnahmt und zum Massenprodukt gemacht wurde. Unzählige Nachahmerprodukte und Neuinterpretationen, wie Schlagjeans, Cordhosen und Damenjeans, machten dem Original den Markt strei-tig und verwässerten sein authentisches Image.

Eine Zahl wird zum Coolness-SymbolErst Mitte der 1980er Jahre verhalfen die kreativen Köpfe der jungen Londoner Werbeagentur BBH, John Hegarty und Nigel Bogle, der Ur-Jeans mit der zugeordneten Produktions-Charge 501 zum modischen Revival. Sie kreierten eine TV-Spot-Kampagne, die der ersten MTV-Generation auf den Leib geschneidert war, das Modell mit dem geknöpften Hosenstall zum Must-have-Modestück und Levi Strauss & Co. wieder zum globalen Marktführer für Jeans machte. Ihr Werbekonzept sah eine Abkehr von der tradierten Bildsprache der Marke vor. Diese bediente sich seit Jahren bei den typischen Amerika-Klischees, eine Ikono- grafie, die jener der Tabakindustrie zum Verwechseln ähnlich sah, verkörperte sie doch den biederen Werte-konservatismus der damaligen Reagan-Ära. Auf die radikale Kurskorrektur liess sich Levi’s ein und wurde schon bald mit dem Werbestreifen «Launderette» für den Mut belohnt: Bereits die erste Einstellung mit dem vorbeiziehenden Pontiac-Oldtimer und den ersten Takten von «I Heard It Through the Grapevine» versetze den Zuschauer in die 50er Jahre. Mit Schmalztolle und Ray-Ban bestückt betritt ein Rebell-

verschnitt einen öffentlichen Waschsalon. Ungeniert zieht er sich vor den Blicken der Kundschaft bis auf die Boxershorts aus, startet die Waschmaschine und wartet, ungestört in einem Magazin blätternd, bis er seine 501 wieder anziehen kann. Verstärkt wurde das Lebensgefühl der «Fifties» durch adaptierte Anzeigen, die Wiederauflage von Marvin Gayes R&B-Stück, das in der Folge an die Spitze der Hit- paraden schnellte. Die Effizienz der Kampagne ist legendär: Innert eines Jahres verachtfachten sich die Absätze des beworbenen Modells. Sogar Boxershorts waren plötzlich wieder gefragt, und die Musikstücke der folgenden Werbespots, ob Oldies oder Neuent-deckungen, klassierten sich in den Charts der halben Welt. Im Jahresrhythmus beluden die Werbekreativen die 501 mit neuen Sinnbildern und Allegorien. Die Baumwollröhre 501 schenkte den Trägern das Gefühl, eine coole, immer souveräne Persönlichkeit zu sein, und entpuppte sich für Jeanshersteller Levi’s als Ticket zur unverwechselbaren, ja unsterblichen Marke. Umso härter wurde der Bekleidungskonzern aus seiner lethargischen Erfolgssicherheit geweckt, als er um die Jahrtausendwende feststellen musste, dass er den Generationenwechsel seiner Kunden verschlafen hatte.

Englisch klingen Zahlenbrands besserWoran liegt es, dass es neben Marken wie 8 × 4, 3M oder 7-Eleven, die sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben, immer mehr Produkt- und Marken-namen mit Zahlen oder alphanumerischen Kombina-tionen gibt, wie Cola Zero oder Basketball-Modebrand AND1? Marketing-Forscher wie William T. Rost oder Kunter Gunasti, Professoren an verschiedenen US-Universitäten, führen die Beliebtheit solcher Phantasie-namen auf den Technologieboom und die damit ein- hergehenden kürzeren Produkt-Lebenszyklen zurück, auf die starke Marktsegmentierung, die zunehmende Schwierigkeit, geeignete neue Markennamen zu finden, und daher auch auf den Versuch, erfolgreiche

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Markennamen auf neue Produkte auszuweiten mit aufgesteckten Zahlen-Buchstaben-Kombinationen. Es überrascht nicht, dass die Anzahl wissenschaftlicher Studien, mit denen man dem Phänomen der Zahlen- und alphanumerischen Marke auf die Spur kommen will, seit Mitte der 1980er Jahre zunimmt. Im Zentrum der Untersuchungen stehen die Wahrnehmung, Interpretation und Akzeptanz solcher Marken bei den Konsumenten. Ihnen sollten diese Namenskonstruk-tionen ein Koordinatensystem im unüberschaubaren Markenmeer Orientierung und Sinn geben, so zumin-dest die Absicht von Werbern und Markenstrategen. Sprachpsychologen, Ethnologen und Forscher anderer Disziplinen stellten jedoch bald schon fest, dass die Marken-Arithmetik einer Rechnung mit unzähligen Va- riablen und Faktoren gleicht, die je nach Ausgangs-lage und Fragestellung sehr unterschiedliche Ergebnisse liefert, und dass kein allgemeingültiges, schlüssiges, logisches Muster belegbar ist. «Die Problematik der Zahlen gründet bereits darin, dass sie in jeder Sprache

anders klingen und dass ihre Länge beschränkt ist, da sie sich sonst kaum einprägen lassen», sagt Markus Gut, Geschäftsführer Kreation und Chief Creative Officer für die Y&R Group Switzerland. Bereits der vertrautere und trendiger wirkende Sprachklang sieht in vielen Fällen die englische Version im Vorteil. Es mache einen grossen Unterschied, ob die 501 in ihrer Originalsprache als «five o one» oder «Fünf­hunderteinser» genannt wird. Schwingt in der ersten, neudeutschen Variante ein gewisser Coolness-Faktor mit, klingt die eingedeutschte Jeans deutlich weniger kultig. Ein Fakt, den übrigens auch der Jugendradio-sender mit den gleichen Ziffern, aber in umgekehrter Reihenfolge, beachtet. Sowieso stellt Markus Gut fest, dass, mit wenigen europäischen Ausnahmen, die berühmtesten Zahlen-Brands aus dem angel-sächsischen Raum stammen, was darauf zurückzu-führen sei, dass sich aus dortiger Sicht Englisch in der globalisierten, vernetzten Welt längst durch-gesetzt hat. a

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Fokus Zahlen

Tatsächlich: Allein in den USA sind laut dem dortigen Patentamt Millionen solcher Marken registriert.

Gibt es die Erfolgszahlen?In Untersuchungen stellte man fest, dass Konsumenten bei Produktkategorien wie Autos, technischen und chemischen Produkten eine deutlich höhere Akzeptanz für Zahlenmarken haben als beispielsweise bei Nah-rungsmitteln – sofern es sich nicht um Functional Food handelt. Wobei sich kaum jemand in die Assozia-tionswelt von Zahlenmarken oder Typenbezeichnun-gen mit den technischen Spezifikationen der Geräte vertieft. Kann der Konsument in einem transparenten Markt die Produkte vergleichen, so die empirische Erkenntnis der Marketingstrategen, beeinflussen Zahlen in der Marke seine Kaufentscheidung und seine Bereitschaft, einen höheren Preis zu zahlen. Die Teil- nehmer einer Untersuchung von Teresa Pavia und Janeen Costa in den 1990er Jahren waren überzeugt, dass höhere Zahlen auf eine grössere Komplexität, Raffinesse, Präzision und ein innovativeres Produkt rückschliessen lassen. Modelle mit höheren Zahlen werden generell positiver bewertet als solche mit nied- rigeren Nummern, weil die Mehrheit der Konsumenten der Logik folgt, dass höher besser ist. Aus demselben Grund werden Produkte mit einem höheren Preis oft als qualitativ besser wahrgenommen. Im Gegensatz dazu, so die gleiche Studie, drücken niedrige Zahlen in anderen Produktkategorien, wie etwa Kosmetik, Rarität und Exklusivität aus – so wie bei Chanel No 5 oder Calvin Kleins Unisex-Duft CK One.

2009 erbrachten Dan King und Chris Janiszewski von der University of Florida sogar den Nachweis, dass Konsumenten Zahlen in Marken deutlich positiver wahr- nehmen, wenn diese Ergebnisse einer Multiplikation aus Faktoren zwischen 1 und 12 entsprechen, als wenn es sich um Primzahlen handelt. Ein konkretes Beispiel aus dem Versuchslabor: Axe16, in dem 2 mal 8 oder 4 mal 4 herauszulesen ist, wurde besser bewertet als Axe17. Den Befund führen die Forscher auf das aus-wendig gelernte Einmaleins aus unserer Schulzeit zurück. Andere Studien sind in noch tiefere Sphären unserer Psyche vorgedrungen, um die Erfolgschancen

bestimmter Zahlenmarken zu erforschen. In ihrer jüngs-ten Untersuchung «How and When Alphanumeric Brand Names Affect Consumer Preferences» kommen Gunasti und Ross zum Schluss, dass die Konsumenten in ihrem Kaufentscheidungsprozess im Fall von stei-genden Zahlen im Produktnamen relativ leicht manipu-lierbar sind, weil sie sich von strategisch geschickt in Online- und Printkanälen eingesetzten Informationen bestätigt sehen. Dass aber durchschnittliche Pro-duktleistungen oft unerwähnt bleiben, würden viele geflissentlich übersehen. Wenn Zahlenmarken sich nicht auszahlenNicht der Preis, sondern vielmehr das sportliche Image steht beim «Neunelfer» im Zentrum. Der Porsche 911 ist das legendärste Modell aus der Stuttgarter Edel-karossen-Schmiede und gilt als Inbegriff dieser Marke. So sehr die charismatische Identität dieses Sport-wagens von unzähligen Rennsiegen und Heldenge-schichten umrankt ist, so wenig ist der zufällige Ursprung seiner drei Ziffern bekannt. 1963 feierte der Nachfolger des Porsche 356 seine Premiere auf der IAA in Frankfurt noch als 901, bei der Zahl handelte es sich um die Konstruktionsnummer des Motors. Doch waren alle dreistelligen Zahlen mit einer Null in der Mitte durch Peugeot für dessen Modellbezeich-nung geschützt, so dass Porsche seinen Wagen ein Jahr später als Porsche 911 auf den Markt brachte. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass die zufällige Zahlen-kombination auch für die US-Notfallnummer sowie die Terroranschläge «nine eleven» steht. Die Marken-persönlichkeit des Flitzers ist aber so stark und positiv besetzt, dass er selbst solche ungewollten Parallelen und Vorfälle leicht wegsteckt.

Was aber nicht heisse, dass Markenentwickler die Zahlensymbolik, die von einem Kulturraum zum anderen sehr unterschiedlich sein kann, auf die leichte Schulter nehmen dürften, weiss Michel Gabriel, CEO der Zürcher Interbrand-Niederlassung. Ermöglicht eine Zahl oder Zahlenkombination in einem Land positive Assoziationen zu einem Produkt, so können die gleichen Zahlen in einem anderen Land Gift für die Marke sein. k

Fokus Zahlen

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«Der Kommunikationsaufwand ist bei Zahlenmarken grösser als bei Wortmarken»Das Interview mit Dominique von Matt führte Luca Aloisi

Hinter 1664 steckt ein berühmtes Bier, 1881 steht für edle Stoffe und Mode und Cola Zero setzt schon nach wenigen Jahren mehr um als die Light-Variante. Zahlen scheinen das Zeug zur starken Markenidentität zu haben. Stimmt dieser Eindruck?Dominique von Matt: Reine Zahlenmarken, die so entstanden sind, gibt es eigentlich nicht. Die meisten Marken, die wir heute als Zahlenbrands empfinden, hatten einen anderen Start. Nehmen wir die 501, die ursprünglich nur als Bestandteil mit dem Hersteller-brand Levi’s verwendet wurde. Erst durch eine gut konzipierte Werbekampagne erhielt die Zahl eine Markenpersönlichkeit. Am Ende dieser Entwicklung genügte es, von 501 zu sprechen, und man wusste schon, worum es geht. Ähnlich mutierten das als Porsche 911 lancierte Modell zum «Neunelfer» oder Echt Kölnisch Wasser zu «4711», die ehemalige Haus-nummer des Kölner Stammhauses. Das zeigt, dass eine Zahlenmarke typischerweise erst dann entsteht, wenn sie vorher als Teil eines komplexeren Marken-namens schon aufgebaut worden ist und dieser eine gewisse Bekanntheit erreicht hat. Das kommt daher, dass eine Zahl allein noch keine Assoziationen schafft.

Sie würden ein Produkt also nicht mit einem reinen Zahlenbrand an den Start schicken? Nein, das empfehle ich nicht. Der Kommunikations-aufwand, um Zahlenmarken mit positiven Assoziationen und Bedeutung aufzufüllen, ist viel grösser als bei Wortmarken, seien diese Kennzeichnungs-, Phantasie-worte oder speziell klingende Silbenanreihungen. Zudem ist die Merkfähigkeit einer Zahl schlechter als bei einer Wortkreation. Ich glaube, dass Zahlen nur als Kunstwort, also in Verbindung mit einem bereits

existierenden Begriff funktionieren, wie bei Radio 24, oder als inhaltliche Kombination mit einer Dienstleis-tung, wie beim Einzelhändler 7-Eleven. Die gleichen Nachteile haben meiner Meinung nach auch Akronyme. Kunden, die sich für solche zusammengesetzte Kurz-worte interessieren, rate ich mit der Begründung ab, dass selbst JFK nicht als Akronym zur Welt kam, sondern als John F. Kennedy. Erst nachdem er eine sehr hohe Bekanntheit hatte, wurde er zur Ikone mit Akronym.

Was braucht es, damit sich Zahlen trotzdem ins kollektive Konsumentengedächtnis einbrennen?Eine interessante, einleuchtende Story sowie eine überraschende und faszinierende Umsetzungsidee, mit der Sie die Geschichte erzählen. Löst sich allerdings die Zahl vom Namen und entwickelt sie eine Eigendyna- mik, haben sie zwei Probleme: Erstens sind die Mög-lichkeiten des Markenschutzes von Zahlen sehr stark eingegrenzt und zweitens könnten Konsumenten den Brand auf dieses eine berühmte Produkt reduzieren, was kaum im Sinne der Dachmarke sein kann. k

Dominique von Matt

(55) ist Mitgründer und

Mehrheitseigner der

Kommunikationsagentur

Jung von Matt / Limmat

und der Brandingagentur

Jung von Matt / brand

identity. Der promovierte

Ökonom ist ein aner-

kannter Experte im

Bereich der Markenführung und ist Lehrbeauftragter für

Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen.

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Fokus Zahlen

«Frau Iber, lässt sich das Leben mit Mathematik erklären?»Die Begegnung mit der 36-jährigen Dagmar Iber, Professorin für Computational Biology an der ETH Zürich, ist eine Bereicherung. Lebendig und sehr klar im Denken, spricht sie packend und verständlich über Organentwicklung, neue Perspektiven der Tumorbekämpfung oder die kreative Seite der Mathematik. Von Franziska Imhoff; Fotos: Geri Krischker

Frau Iber, Sie haben an der ETH Zürich die Assis-tenzprofessur für Computational Biology inne. Können Sie in einfachen Worten beschreiben, womit Sie sich beschäftigen?Wir untersuchen, wie die biologische Funktion, z. B. ein Organ, in Raum und Zeit entsteht. Wenn der Körper ein Organ entwickelt, muss er das einerseits zeitlich organisieren, andererseits räumlich – was wächst wann und wo. Bei der Lunge zum Beispiel gibt es sehr viele Verzweigungspunkte. Wenn der Organismus dieses Verzweigungsmuster bei einem so kleinen Brust- korb wie dem unseren effizient ausgestalten will, kann das Wachstum nicht zufällig erfolgen. Wir be- schäftigen uns mit der Frage: Was ist die Regel? Wie funktioniert das?

Biologie ist sehr komplex. Man weiss zwar, wie die Genome aufgebaut sind, und kennt die einzelnen Elemente. Aber man weiss nicht, wie sie zusammen-spielen. Ein bildhafter Vergleich: Es ist, wie wenn man anhand eines Telefonbuchs sagen sollte, wie eine Stadt funktioniert. Eine der grössten Überraschungen bei der Sequenzierung der Genome war, dass der Mensch deutlich weniger Gene hat als so manche Pflanze, die viel einfacher gebaut ist. Aber diese wenigen Komponenten agieren ungleich vielfältiger als bei anderen Organismen. Und wir steuern differen-zierter, wie diese Komponenten produziert werden.

Wenn ich ein solch komplexes System vor mir habe, genügen lineare Modelle nicht mehr zur Erklärung. Das menschliche Gehirn kann jedoch nicht lineare Pro-zesse schlecht oder überhaupt nicht nachvollziehen, deshalb kommt die Mathematik ins Spiel. Welche Rolle spielt die Mathematik konkret?Nehmen wir wieder das Beispiel der Lunge (steht an die Wandtafel und zeichnet alles auf). In der Genetik

hat man herausgefunden, dass die Lunge für ihre Verzweigungen zwei bestimmte Proteine braucht – entfernt man diese aus dem Organismus, funktioniert die Verzweigungsbildung nicht mehr. Die Frage ist, wie diese Proteine die Verzweigungen bestimmen. Es gibt ein ganz altes Modell von Alan Turing, einem britischen Logiker und Mathematiker, der als einer der einflussreichsten Theoretiker der Computerentwick-lung und Informatik gilt. Er ist einem bestimmten Mechanismus auf die Spur gekommen, mit dem man Muster aus homogenen Verteilungen erzeugen kann. Nun gibt es Gleichungen, die diesen Mechanismus beschreiben. Und wir haben zum Beispiel herausge-funden, dass diese Gleichungen die Interaktion unserer Verzweigungs-Proteine mit ihren Rezeptoren eins zu eins beschreiben.

Und Sie simulieren diese mathematischen Modelle mithilfe des Computers?Genau. Wir haben von verschiedenen Entwicklungssta-dien der Mauslunge 3-D-Bilder gemacht und simulie- ren auf diesen Geometrien. Wir vergleichen dann die vorhergesagten Wachstumsbereiche mit den gemes-senen. Dadurch sehen wir, ob unser Mechanismus die richtigen Verzweigungspunkte zum richtigen Zeit-punkt vorhersagt. Damit können wir unsere Ideen, aber auch Ideen anderer Kollegen testen. Vielleicht ist die Lösung letztlich eine Mischung aus verschie denen Ideen. Die mathematische Biologie ist recht alt, aber lange Zeit konnte man diese Konzepte nicht testen, weil die Technologien noch nicht reif waren.

In unserem Fachgebiet machen wir ständig Dinge, die «on the edge» sind. Technisch sind wir momentan so weit, dass richtig gutes 3-D-Imaging möglich ist. Dieses hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Die Erweiterung der Computertechnologie und der Mikroskopie helfen uns extrem, genauso wie die a

«Dank der Mathematik kann ich meine Konzepte visualisieren, beschreiben und testen. Ebenso ist es mit der Informatik – sie eröffnet eine neue Welt.» Dagmar Iber, Professorin für Computational Biology, ETH Zürich

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Fokus Zahlen

Weiterentwicklung der Algorithmen und der bio-logischen Techniken, die in den letzten Jahren auch nochmals massive Fortschritte gemacht haben.

Folglich eröffnen sich in der Forschung neue Dimensionen, wenn die Computertechnologie wieder so weit nachrückt, dass sie das richtige Werkzeug bietet.Ja, richtig. Vor fünf Jahren haben wir angefangen, an diesen räumlichen Fragen zu arbeiten. Da haben die Kollegen noch gesagt: «Du bist verrückt, das klappt nicht.» Ich hatte aber das Glück, dass viele Dinge, die wir heute machen, fortlaufend und sozu-sagen gerade für uns durch den technologischen Fortschritt möglich wurden. Ich hatte auf diese Ent-wicklung gehofft, war aber nie sicher, ob sie zu unse-ren Gunsten verlaufen würde. Es war nicht einfach, wir hatten viele Hürden zu überwinden. Trotzdem war für mich immer klar, dass ich an genau diesen The-men arbeiten möchte.

Sie leisten Pionierarbeit.Als ich anfing, gab es mein Feld quasi nicht. Dann hatte ich schlicht und einfach Glück, dass das Gebiet mit mir gewachsen ist. Wenn man unbedingt in der Wissenschaft bleiben will, sollte man sicher nicht so riskant arbeiten. Aber mir war immer klar: Entweder das klappt und du machst etwas wirklich Neues, Spannendes, das ein ganz anderes Verständnis der Biologie ermöglicht – oder du verlässt die Wissen-schaft und orientierst dich neu.

Sie bewegen sich an der Schnittstelle von Mathematik und Biologie. Hatten Sie denn schon immer vor, diese Disziplinen miteinander zu verbinden?Witzigerweise mussten wir in Deutschland zwei Abitur-fächer wählen, und meine beiden waren Mathe und Bio. Aber ich habe damals keine Verbindung zwischen den beiden gesehen. Später wollte ich die Biologie schlicht besser verstehen. Ich fand, in den Lehrbüchern wurden die wirklich wichtigen Fragen nicht beant-wortet. Dann habe ich mit dem Biochemie-Studium begonnen und war total frustriert. Immer wenn es interessant wurde, hörte die Vorlesung auf. Ich habe dann selber nach passenden Grundkonzepten recher-chiert und kam auf ein paar mathematische Modelle. Irgendwann bin ich auf einen tollen Artikel im For-schungsmagazin «Nature» gestossen, der ansatzweise in die Richtung ging, die mir vorschwebte. Mir wurde

klar, dass ich die Angewandte Mathematik beherrschen musste – und die lernte ich in Oxford. Dann kam eins zum anderen.

Mathematik ist im Unterschied zur Biologie für viele Menschen ein Buch mit sieben Siegeln. Was fasziniert Sie daran?Für mich ist die Mathematik ein Werkzeug. Ein reiner Mathematiker würde sicher von ihrer Schönheit sprechen. Ich persönlich habe keine intrinsische Faszi-nation für Mathematik. Aber wenn Schüler in der Schule sagen «Bäh, Mathe» oder Erwachsene stolz darauf sind, dass sie Mathematik nie verstanden haben, denke ich jeweils: Mathematik ist doch wie Schreiben, wie eine Sprache. Keiner wäre stolz darauf, nicht lesen und schreiben zu können. Ein Missver-ständnis ist auch, dass viele Menschen meinen, Sprache und Kunst ermöglichen Kreativität, während Mathe als unkreatives Fach ohne viel Gestaltungsraum gilt. Dabei ermöglicht die Mathematik mindestens genau- so viel kreatives Schaffen!

Ist Mathematik denn so uncool in der Schule?Ja, absolut. Darum müsste man den Schülern zeigen, was man Tolles damit machen kann. Und ich meine damit nicht, die Handytarife zu berechnen! Dank der Mathematik kann ich meine Konzepte visualisieren, beschreiben und testen. Ebenso ist es mit der Infor-matik – sie eröffnet eine neue Welt.

Zurück zu Ihrem Forschungsgebiet: Welchen Nutzen haben Ihre Erkenntnisse? Wir betreiben in erster Linie Grundlagenforschung. Doch interessieren uns auch konkrete Anwendungen. Wir haben zum Beispiel vor kurzem einen Antrag für ein Anwendungsprojekt geschrieben und warten ab, ob die EU diesen unterstützt. Es geht um Angio-genese, also Blutgefässe-Entwicklung. Wir möchten die molekularen Mechanismen verstehen, die bestim-men, wie die unterschiedlichen makroskopischen Muster der Blutgefässe in Tumoren und normalem Ge- webe zustande kommen. Solche sogenannten Multi-skalen-Probleme sind sehr schwierig. Um zu besseren Therapien zu kommen, müssen wir komplexe Systeme jedoch tiefer verstehen. Wir müssen analysieren, wie komplexe makroskopische Beobachtungen aus dem Zusammenspiel molekularer Faktoren folgen. Die Pharmaindustrie ist natürlich auch interessiert daran, deshalb haben wir jemanden im Projekt dabei. Aber bis zu einer besseren Therapie ist es sehr weit.

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 13

Dagmar Iber. Aufgewachsen in Kleve in Deutschland, studierte

Dagmar Iber Mathematik und Biochemie in Regensburg, Cambridge

und Oxford. Sie dissertierte in beiden Disziplinen. Während drei

Jahren war sie als Junior Research Fellow in Oxford tätig und wech-

selte dann als Dozentin für Angewandte Mathematik nach

London ans Imperial College. Nach einem einjährigen Abstecher

ins Investment Banking wurde sie 2008 an die ETH Zürich be-

rufen und hat seither die Assistenzprofessur für Computational

Biology inne. In ihrer Freizeit treibt sie gerne Sport.

Ein weiterer Anwendungsbereich Ihrer Forschung ist das Züchten von Organen?Ja, das sogenannte Tissue Engineering ist das andere Feld. Die neuesten Technologien im 3-D-Drucken von Zellen sollten da spannende Möglichkeiten eröffnen. Ein anderes Thema, das uns fasziniert, ist die Frage der Körperproportionen. Kleine und grosse Tiere nut- zen die gleichen oder zumindest ähnliche Mechanis-men, um ihre Entwicklungsprogramme zu steuern. Aber es ist nicht trivial, wie sich die Mechanismen auf die jeweilige Körpergrösse einstellen und die Propor-tionen erhalten. Da haben wir eine Erklärung gefunden, es ist ein bisschen komplizierter (schmunzelt). Ein anderes fundamentales Problem ist, wie die Grösse von Organen kontrolliert wird: Woher wissen zum Beispiel unsere Gliedmassen, wann sie aufhören müssen zu wachsen, so dass wir zwei gleich lange Arme und Beine haben?

Das ist wirklich Arbeit an den grundlegendsten Fragen. Sind diese nicht längst erforscht?Nein, überhaupt nicht. Der Grossteil der Prozesse im menschlichen Organismus ist noch nicht erklärt. Für uns ist das natürlich ein Eldorado. Ich erinnere mich, dass mein Doktorvater ein wenig enttäuscht war, dass die Generation vor ihm die fundamentalen Mechanismen in der Molekularbiologie bereits ent-deckt hatte. Wir haben das Glück, dass seitdem un- glaublich viele Technologien entwickelt wurden. Meine Gene ration hat nun die Chance zu erklären, wie die komplexen Eigenschaften des Lebens aus dem Zusam-menwirken molekularer Interaktionen entstehen.

Bleibt der menschliche Organismus letztlich nicht unberechenbar?Die Entwicklungsbiologie ist sehr verlässlich und damit wohl ganz gut berechenbar. Ihre Frage führt aber in die Philosophie. Wir wissen alle, dass wir die Freiheit haben, hier- oder dorthin zu laufen. Gleichzeitig kann man aus den «Big Data» vieles über menschliches Verhalten vorhersagen. Aber wir können es nicht im Detail, nicht für den Einzelnen. Bei den Krebser-krankungen zum Beispiel bleibt immer der Zufall entscheidend.

Ich bin überzeugt davon, dass wir die Grundprozesse des menschlichen Organismus sehr tiefgreifend ver-stehen und dadurch zu ganz neuen therapeutischen Möglichkeiten gelangen werden. Doch wir werden den Menschen nie «ausrechnen» können. k

Fokus Zahlen

03 Die Männer holen aufIm Kanton Zürich

lebten 2012 zirka 1‘400‘000 Menschen. 1900 waren es etwas weniger als ein Drittel nämlich rund 430‘000. Wann immer man die Bevölkerung seither zählte, immer wurden mehr weibliche Bewohnerinnen gemessen als männliche Bewohner. Bei den Zu - gezogenen sind zwar die Männer seit den 1960er Jahren in der Überzahl, bei der inländischen Bevölkerung aber ist es eindeutig: Die Frauen sind in der Mehrheit.

Nun kommt aber das Paradox: Jedes Jahr werden mehr Knaben geboren als Mädchen, während fast jedes Jahr etwas mehr Frauen sterben als Männer. Der Frauen-überhang nimmt also langsam, aber sicher ab, und dies, obwohl die Frauen eine deutlich höhere Lebenserwartung haben. Geht es im aktuellen Rhythmus weiter, haben die Männer 2050 aufge-holt. Wie wird das bloss enden?

Kuriose Zahlen aus dem Kanton ZürichDas Statistische Amt des Kantons Zürich veröffentlicht mit dem «Statistischen Jahrbuch» einen wahren «Steinbruch» an Daten, welche die Kernzahlen zu Bevölkerung, Wirtschaft, Umwelt und Politik ausweisen. Daneben birgt es auch einige Kuriositäten und Überraschungen: hier eine Auswahl. Von Othmar Köchle

01 Drei Hunderter-noten auf dem SitzVor bald 30 Jahren

regte sich nach dem Ja zum Kre- dit für den Umbau des Opern-hauses in der Höhe von 60 Millio-nen Franken grosser Widerstand aus den Reihen der alternativen Zürcher Jugendszene. Man fühlte sich übergangen und an den Rand gedrängt. Was darauf folgte waren heftige gewaltsame Aus-einandersetzungen, die als 80er Unruhen in die Geschichte Zürichs eingingen.

Heute regt sich kaum noch Wider-stand gegen den Geldsegen, der den etablierten Bühnen von Opernhaus und Schauspielhaus Jahr für Jahr aus der öffentlichen Hand von Stadt und Kanton zuteil wird. Allein das Opernhaus erhält 80 der insgesamt 91,5 Millionen Franken, die der Kanton für Kulturförderung bereithält. Mit anderen Worten: Bei jeder Vorstellung liegen auf jedem Platz des Opernhauses 326 Franken aus der Staatsschatulle. Von daher: ab ins Opernhaus; allein mit zwei Opernbesuchen holt sich ein Zürcher Paar über 1’200 Franken Steuern zurück.

02 Totgesagte leben längereBooks, Tablets,

Digital Ink und was dergleichen mehr ist und noch kommen mag, verheisst nichts Gutes für die Zukunft von bedrucktem Papier, insbesondere von Büchern. Google arbeitet fieberhaft an der Digitalisierung der Weltbibliothek, und die Auguren prophezeien seit geraumer Zeit den langsamen Tod des guten alten Buches.

Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Zumindest, wenn man sich die Bücherauslei-hen in den grössten Bibliotheken im Kanton anschaut. Sowohl die Bibliothek der ETH als auch die Zentralbibliothek konnten die Zahl der Ausleihungen seit 2005 konti nuierlich steigern. Die ETH lieh im Jahr 2012 fast 500‘000 Bücher aus, die Zentralbibliothek fast 960‘000. Zumindest in der Studentenschaft scheint der Bücherwurm nicht auszusterben.

14 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Fokus Zahlen

06 Elin und Nevio, die ChartstürmerAlle werdenden

Eltern kennen Sie: die Vor- namens statistik und ihre Dauer-brenner der letzten zehn Jahre, die da heissen: David, Luca, Tim, Sara, Julia oder Nina. Aber wel- che Namen tauchen neu auf, die früher kaum jemand kannte?

Zwei Mädchen wurden 2002 auf den Namen Elin getauft und ein Junge auf den Namen Nevio. Zehn Jahre später kommen 47 Elins auf die Welt und 38 männ-liche Babys werden Nevio ge- rufen und schaffen es damit in die Top 30 der aktuellsten Vor-namenshitparade des Kantons Zürich.

05 Kulturelle Hotspots in der Peripherie

Dass die grossen Städte viel für Kultur- und Freizeitangebote ausgeben, überrascht niemanden. Pro Einwohner gab die Stadt Zürich 2012 649 Franken aus. Etwas dahinter folgt Winterthur mit 574 Franken.

Interessant ist der Vergleich der an Zürich angrenzenden Seegemein-den mit ihren vielen gutbetuchten Steuerzahlern. Hier schlägt die «Pfnüselküste» mit Kilchberg, das mit 865 Franken pro Einwohner alles in den Schatten stellt, die «Goldküste» klar. Zollikon beschei-det sich mit 178 Franken pro Einwohner, und auch Küsnacht bleibt mit 286 Franken unter dem kantonalen Schnitt. Einige peri-phere Gemeinden vermögen zu überraschen. Flurlingen zum Beispiel, das 500 Franken pro Einwohner ausgibt, oder Ober-stammheim mit 410 Franken. Otelfingen, Hofstetten, Hüttikon oder Benken blieben dagegen unter 30 Franken. Dass diese Werte je nach Investitionen schwanken können, darf natürlich nicht vergessen werden.

04 In 300 Jahren hat jeder seinen persönlichen Arzt

Wenn die Menschheit mit jedem praktizierenden Arzt gesünder würde, wäre dies wohl eine gute Nachricht. Die Ärztedichte hat sich in den letzten 30 Jahren an- nähernd verdoppelt. 1980 kamen noch 754 Einwohnerinnen und Einwohner auf einen Arzt. 2012 sank dieser Wert erstmals unter 400. Wenn das so weiterginge, käme in 300 Jahren auf jeden Einwohner eine Ärztin oder ein Arzt. Doch das werden wir uns wohl nicht leisten können.

Interessant ist, dass die Zahnarzt-dichte im gleichen Zeitraum fast konstant blieb und erst in den letzten 10 Jahren um etwa 10 Prozent zunahm. 2012 kamen 1‘749 Einwohner auf einen Zahn-arzt. Dass Zahnarztrechnungen meist selber bezahlt werden, könnte einen Einfluss gehabt haben.

Kanton Zürich in Zahlen

Jedes Jahr gibt die Zürcher Kantonal-

bank in Zusammenarbeit mit dem

Statistischen Amt des Kantons

Zürich die Broschüre «Kanton Zürich

in Zahlen» heraus. Die Publikation

bietet interessante und überraschen-

de Daten und Fakten, verständlich

und unterhaltsam formuliert.

Beziehen Sie sie gratis in den

Filialen oder unter www.zkb.ch.

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 15

16 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Fokus Zahlen

import java.io.*;import java.nio.charset.Charset;

import java.util.Arrays;public class EncodingGuess

{ public static void main( String[] args ) throws IOException

{ String dir = ( args.length > 0 && args[0].trim().length() > 0 ) ? args[0] : ".";

showGuessedEncodingsFromFilesInDir( dir ); }

public static void showGuessedEncodingsFromFilesInDir( String dir ) throws IOException {

String[] files = (new File( dir )).list(); Arrays.sort( files );

for( String file : files ) { File datei = new File( dir + File.separator + file );

if( datei.isFile() && !datei.getName().endsWith( ".class" ) ) { guessEncodingFromFile( datei, true );

} }

}

public static String guessEncodingFromFile( File datei, boolean showMsg ) throws IOException {

String encoding = null; FileInputStream fis = new FileInputStream( datei );

try { encoding = guessEncoding( fis, showMsg );

} finally { fis.close();

} if( showMsg ) {

BufferedReader isr = new BufferedReader( new InputStreamReader( new FileInputStream( datei ), encoding ) ); try {

System.out.println( "Datei " + datei + ", erste Zeile \"" + isr.readLine() + "\": \nEncoding = " + encoding + "\n" ); } finally {

isr.close(); }

} return encoding;

}

public static String guessEncoding( InputStream is, boolean showMsg ) throws IOException {

final String[] boms = { "0000FEFF", "UTF-32BE", "FFFE0000", "UTF-32LE", "EFBBBF", "UTF-8", "FEFF", "UTF-16BE", "FFFE", "UTF-16LE" };

final String euroUtf16BE = "20AC"; final String euroUtf16LE = "AC20";

byte[] ba = new byte[400]; int len, posArray = ba.length / 2, posStream = 0;

int anzahlNull = 0, anzahlNonUtf8 = 0, anzahlUtf8 = 0, anzahlUtf16BE = 0, anzahlUtf16LE = 0; boolean exists809F = false, existsNonAscii = false;

boolean ready = false; while( (len = is.read( ba, ba.length / 2, ba.length / 2 )) > 0 && !ready ) {

if( showMsg && posStream == 0 ) { System.out.print( "Erste Zeichen in Hex: " );

for( int i = ba.length / 2; i < ba.length / 2 + Math.min( len, 30 ); i++ ) { System.out.printf( "%02X ", Byte.valueOf( ba[i] ) );

} System.out.println();

} for( int i = ba.length / 2; i < ba.length / 2 + len; i++ ) {

if( ba[i] == 0 ) { anzahlNull++; } if( ba[i] < 0 ) { existsNonAscii = true; }

int bi = ba[i] & 0xFF; if( bi >= 0x80 && bi <= 0x9F ) { exists809F = true; }

} int posArrayMax = Math.min( ba.length / 2 + len - 1, ba.length - 4 );

for( ; posArray < posArrayMax && !ready; posArray++ ) { // Auf UTF-16 pruefen:

boolean u16 = false; if( posArray % 2 == 0 ) {

String hex2 = toHexString( ba, posArray, 2 ); if( (ba[posArray] == 0 && ba[posArray+1] != 0) || euroUtf16BE.equals( hex2 ) ) {

anzahlUtf16BE++; posArray++;

u16 = true; } else if( (ba[posArray] != 0 && ba[posArray+1] == 0) || euroUtf16LE.equals( hex2 ) ) {

anzahlUtf16LE++; posArray++;

u16 = true; if( !u16 && ba[posArray] <= 0 ) {

if( posStream == 0 && posArray == ba.length / 2 ) { String hex = toHexString( ba, posArray, 4 );

In aller Ruhe das Potenzial ausschöpfenDie Firma Asperger Informatik AG mit Sitz in Stäfa beschäftigt Menschen mit dem Asperger-Syndrom, einer leichten Form des Autismus. Das funktioniert so gut, dass in Bern und Basel bald weitere Filialen eröffnet werden. Von Kenan Hochuli; Fotos: Meinrad Schade

«Sind Sie mit dem Zug gekommen?», fragt Susan Conza gleich nach einem freundlichen «Grüezi!» und bittet in die Räumlichkeiten der Firma Asperger Infor-matik AG, welche im Parterre eines Mehrfamilienhauses in Stäfa untergebracht ist. Nichts deutet darauf hin, dass die Firmenchefin das interessierte Nachfragen im Laufe ihres Lebens bewusst erlernen musste, wie sie später im Gespräch erklärt. «Eigentlich interessiert es mich nicht, wie Sie hierher gekommen sind. Das ist doch nicht relevant», sagt sie ganz offen. Susan Conza hat die Diagnose «Asperger-Syndrom», das als schwä-chere Ausprägung einer autistischen Entwicklungs-störung gilt, seinerzeit mit grosser Erleichterung als Erklärung für ihr Anderssein aufgenommen. Nach einer erfolgreichen Karriere als Wirtschaftsinforma-tikerin, die aber geprägt war von Schwierigkeiten im «normalen» Arbeitsalltag, gründete sie 2008 die Firma Asperger Informatik, welche ausschliesslich Menschen mit Asperger-Syndrom (AS) beschäftigt und sich auf die Erstellung und Testung von Web- und Softwareinhalten spezialisiert hat.

Bewerbungsgespräch über ChatDass gerade die Informatik ein geeignetes Arbeitsfeld für Menschen mit AS darstelle, sei kein Zufall, erklärt Susan Conza. Menschen mit AS seien sehr gut darin, analytisch und präzise zu denken. «Die Arbeit mit Zahlen und Codes kommt diesen Fähigkeiten entge-gen.» Unter geeigneten Rahmenbedingungen seien Menschen mit AS fähig, mindestens gleichwertige Leistungen zu erbringen wie ihre «neurotypischen» Mitmenschen. «In der Qualitätsprüfung von Software sind wir sogar besser», sagt Susan Conza und be-gründet dies damit, dass es für Menschen mit AS kein Problem darstelle, sich stundenlang hochkonzentriert mit Details auseinanderzusetzen.

Praktisch täglich treffen auf dem Mailaccount der Firma Blindbewerbungen von Menschen mit AS ein, die entweder eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz su- chen. «Von 10 Menschen mit AS wollen 7 Applika-tionsentwickler werden», sagt Susan Conza. Nur sind die zumeist jungen Leute überfordert mit den sozialen Erwartungen, die in einem «normalen» Betrieb an sie gestellt werden. «Sie scheitern oft schon beim Vor- stellungsgespräch, wo sie sich entweder gar nicht erst hintrauen oder dann von sich aus keinen Satz sagen.»

Lächeln, auch wenn es nicht lustig istDamit möglichst viele junge Menschen mit AS den Einstieg in das Berufsleben schaffen, plant Susan Conza im Herbst des nächsten Jahres in Bern und Basel zwei weitere Filialen zu eröffnen. Ihr Fernziel besteht darin, in allen grösseren Schweizer Städten Arbeitsplätze mit Rahmenbedingungen zu schaffen, unter welchen Menschen mit AS ihr Potenzial abrufen können. Denn Menschen mit AS sind darauf angewiesen, a

Asperger-Syndrom

Das Asperger-Syndrom (AS) gilt als schwächere Ausprägung

einer autistischen Entwicklungsstörung, wobei Betroffene

über normale Sprachfähigkeiten und normale, teilweise

überdurchschnittliche Intelligenz verfügen. Menschen mit

AS zeigen häufig Schwierigkeiten beim Erkennen und

Einordnen von nonverbalen Signalen, die Aufschluss geben

über Gefühle und Intentionen eines Gegenübers. Das

Asperger-Syndrom wurde 1991 in das medizinische Klassi-

fikationssystem der Weltgesundheitsorganisation aufge-

nommen. Die Einordnung des Asperger-Syndroms inner-

halb des Autismusspektrums sowie seine Abgrenzung

gegenüber anderen Entwicklungsauffälligkeiten werden in

Fachkreisen bis heute kontrovers diskutiert.

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 17

Lucas Dietrich, Lehrlingsausbildner

bei Asperger Informatik, zusammen mit

Hund Choya

Menschen mit Asperger-Syndrom sind gut darin, analytisch zu denken. Susan Conza, Asperger Informatik AG

Die Arbeit mit Zahlen und Codes wird von Menschen mit Asperger-Syndrom oftmals bevorzugt.

Jonas Maurer bezeichnet sich wegen seines Interesses

für Kommunikation als «Sonderling unter Autisten»

Fokus Zahlen

int nu8b = anzahlUtf8Bytes( ba, posArray ); if( nu8b <= 0 ) { anzahlNonUtf8++; } else { anzahlUtf8++; posArray += nu8b - 1; } } ready = anzahlNonUtf8 + anzahlUtf8 + anzahlUtf16BE + anzahlUtf16LE > 50; } posStream += len; posArray -= ba.length / 2; ba = Arrays.copyOf( Arrays.copyOfRange( ba, ba.length / 2, ba.length ), ba.length ); } if( showMsg ) { System.out.println( "exists809F=" + exists809F + ", anzahlNonUtf8=" + anzahlNonUtf8 + ", anzahlUtf8=" + anzahlUtf8 + ", anzahlUtf16BE=" + anzahlUtf16BE + ", anzahlUtf16LE=" + anzahlUtf16LE ); } if( !existsNonAscii && anzahlNull == 0 ) { return "US-ASCII"; } if( anzahlUtf16LE > anzahlUtf16BE && anzahlUtf16LE > anzahlUtf8 && anzahlUtf16LE > anzahlNonUtf8 ) { return "UTF-16LE"; } if( anzahlUtf16BE > anzahlUtf8 && anzahlUtf16BE > anzahlNonUtf8 ) { return "UTF-16BE"; } if( anzahlUtf8 > 0 && anzahlNonUtf8 == 0 ) { return "UTF-8"; } if( exists809F && Charset.availableCharsets().containsKey( "windows-1252" ) ) { return "windows-1252"; } return ( existsNonAscii ) ? "ISO-8859-1" : "US-ASCII"; } public static int anzahlUtf8Bytes( byte[] ba, int pos ) { if( ba[pos] >= 0 ) { return 1; } int i1 = ba[pos+0] & 0xFF; if( i1 >= 0x80 && i1 <= 0xC1 ) { return 0; } if( i1 >= 0xF5 && i1 <= 0xFF ) { return 0; } int i2 = ba[pos+1] & 0xFF; if( i2 < 0x80 || i2 > 0xBF ) { return 0; } if( i1 >= 0xC2 && i1 <= 0xDF ) { return 2; } int i3 = ba[pos+2] & 0xFF; if( i3 < 0x80 || i3 > 0xBF ) { return 0; } if( i1 >= 0xE0 && i1 <= 0xEF ) { return 3; } int i4 = ba[pos+3] & 0xFF; if( i4 < 0x80 || i4 > 0xBF ) { return 0; } if( i1 >= 0xF0 && i1 <= 0xF4 ) { return 4; } return 0; public static String toHexString( byte[] ba, int pos, int len ) StringBuffer hex = new StringBuffer(); int posEnde = Math.min( pos + len, ba.length ); for( int i = pos; i < posEnde; i++ ) { if( ba[i] >= 0 && ba[i] < 0x10 ) { hex.append( "0" ); } hex.append( Integer.toHexString( ba[i] & 0xFF ) ); return hex.toString().toUpperCase();

Asperger Informatik AG

Gegründet: Oktober 2008

Mitarbeiter: 10, darunter 3 Lehrlinge und 1 Ausbildner

Angebotene Dienstleistungen:

Webentwicklung, Software-Testing und Entwicklung

Adresse: Zehntentrotte 6, 8712 Stäfa

www.asperger-informatik.ch

ohne Druck und nach individuell festgelegter Struktur arbeiten zu können. Selbst scheinbar einfache Dinge wie das Entgegennehmen von Telefonaten oder das Öffnen der Tür müssen erlernt werden. Stetig arbeitet Susan Conza an der Verbesserung der Kommunika-tionsfähigkeiten ihrer Mitarbeitenden, die den Bedürf-nissen von «Neurotypen» angepasst werden. «Ich muss meinen Leuten erklären, dass es wichtig sein kann zu lächeln, auch wenn man etwas überhaupt nicht lustig findet», erklärt sie und ergänzt – ohne mit der Wimper zu zucken: «Im Grunde lernen wir schwindeln.» Machtkämpfe, unterschiedliche Rollen, zweideutige Bemerkungen: Es ist diese Welt, die Menschen mit AS, die untereinander fast nie in Kon-flikt geraten, so fremd erscheint.

Was bedeutet «Guten Morgen!»?Aber nicht alle Menschen mit AS scheuen die «neuro-typische» Welt: Jonas Maurer, der an der ETH Zürich Computing Science studiert und zurzeit bei Asperger Informatik ein Praktikum absolviert, «liebt» es, sich mit «neurotypischen» Freunden über Themen wie Liebes- oder Freundschaftsbeziehungen, soziales Ver- halten oder Kommunikation auszutauschen. «Mein Ziel ist es zu lernen, was normale Personen von mir erwarten», sagt er und vergleicht seine Situation mit jener eines Schafes, das in einer Herde weisser Schafe sein Fell ganz bewusst weiss färbe: «Dazu brauche ich Menschen, deren Verhalten ich imitieren kann.» Sein Interesse für Psychologie und Kommu-nikation mache ihn schon fast zu einem «Sonderling unter Autisten», sagt Jonas Maurer, der von seiner Chefin als «hochintelligent und sehr analytisch» be­ zeichnet wird.

Auf die Schwierigkeiten im Umgang zwischen «neuro-typischen» Menschen und Menschen mit AS ange-sprochen, verweist Jonas Maurer auf die unterschied-lichen Bedeutungen, die eine simple Begrüssung wie «Guten Tag!» beinhalten könne: «Wenn zwei neurotypische Personen sich begegnen und einer dem anderen einen guten Tag wünscht, so erwartet dieser eine passende Erwiderung des Grusses.» Der Gruss könne als soziale Geste gemeint sein, als Gesprächs-eröffnung gedacht oder ironisch intoniert sein, sagt Maurer. «Das sind viele Deutungsmöglichkeiten, wenn man bedenkt, dass gerade mal zwei Worte ausge-tauscht wurden.» Werde hingegen ein Autist mit «Guten Tag!» begrüsst, bleibe er oft still. «Der Satz ent- hält keine explizite Frage, folglich erkennt ein Autist auch keine Aufforderung zur Antwort.»

Rechnen mit NummernschildernUnd wie ist das mit dem Verhältnis von Menschen mit AS zu Zahlen – immerhin wird in Fachkreisen gerne darüber spekuliert, ob Berühmtheiten wie Albert Einstein, Mozart oder Bill Gates erst durch das Asperger-Syndrom zu ihren aussergewöhnlichen Leistungen befähigt wurden? Einige der Mitarbeitenden von Asperger Informatik haben Anekdoten zu bieten, wel- che auf ein spezifisches Interesse an Zahlen deuten. Da gäbe es beispielsweise die Geschichte von Peter Vollenweider, der auf seinem Arbeitsweg auf dem Velo jeweils zahlreichen Auto-Nummernschildern be- gegnet und vor einem Jahr damit angefangen hat, mit diesen Zahlen Rechnungen durchzuführen: «Ein netter Zeitvertrieb während der Fahrt, der hilft, ange-nehme Gedanken zu haben.» Oder die Geschichte von Lucas Dietrich, der sich immer darüber wunderte, dass niemand das Muster der Zahlenfolge seiner Telefonnummer bemerkte; bis zu jenem Tag, an dem er sie einem Mitarbeiter von Asperger Informatik nannte, welcher die Besonderheit der Nummer auf An- hieb erkannte. Aber ob Zahlen für Menschen mit AS eine spezielle Bedeutung haben? Jonas Maurer stimmt zu. «Zahlen sind eindeutig definierte mathematische Einheiten», sagt er. Gerade dass sie einfach und unmissverständlich sind, mache sie für Menschen mit AS zu etwas «Wundervollem». Auch er zähle die Nummernschilder, die ihm begegnen. «Das ist tat-sächlich entspannend.»

Vielleicht liegt die Vorliebe von Menschen mit AS für Zahlen also darin begründet, dass diese in Form von Codes und Formeln unmissverständliche Informa-tionen liefern, die nichts verbergen zwischen den Zeilen, keinen sozialen Subtext, keine Ironie, keine Mehrdeutigkeit.

Und trotzdem: Selbst in der «neurotypischen» Welt bleibt dem Besucher nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die nette Verabschiedung der Mitarbeitenden der Firma am Ende des Gesprächs ernst gemeint war – und auf der anderen Seite auch so verstanden wurde. k

18 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

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20 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Aktuell

Sommernachts-Songs in der BarfussbarDie Barfussbar in der Frauenbadi hat ihre Sommersaison eröffnet. Jeden Mittwoch, Donnerstag und Sonntag heisst es auch diese Saison wieder für Mann und Frau: Schuhe weg und in das romantische Am-biente an der Limmat eintauchen. Die Badi-Planken werden zu Tanzdielen, zu Theaterbrettern, zur Musikbühne oder zum Lesepodium. Das diesjährige Pro-gramm lässt auf einen musikalischen Sommer hoffen. Anna Rossinelli, Lea Lu, Knackeboul, Nubya. Am 23. Juli singt Michael von der Heide Sommernacht-Songs im Duo mit Martin Buess.

www.barfussbar.ch

Poeten des Jazz im Museum RietbergIm Rahmen der Festspiele Zürich und der «Prometheus meets Jazz»-Konzertreihe, die in Kooperation von Moods und Mu-seum Rietberg diesen Sommer über die Bühne geht, spielen Gianni Coscia (Akkor-deon) und der hervorragende Jazzklari-nettist Gianluigi Trovesi gemeinsam im Duo. Bekannt wurden die hochvirtuosen norditalienischen Musiker in dieser Be-setzung international mit den ECM-CDs «In cerca di cibo» und «Round About Weill». Ihre Konzerte sind ein einzigarti-ges sinnliches Wechselbad zwischen frei-em Jazz und mediterraner Kunstmusik, Witz und Ernsthaftigkeit, Intellekt und Emotion – ein ureigener musikalischer Kosmos. Konzertbeginn 19.30 Uhr.

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www.moods.ch

Sommerkonzert Musikverein Harmonie Zürich WollishofenDer bereits 1877 gegründete Blasmusik-Verband, in dem aktuell 155 Vereine mit rund 5’600 Jugendlichen und Erwachse-nen zusammengeschlossen sind, verfolgt das Ziel der Pflege und Förderung der Blasmusik im Kanton Zürich. Im Sommer finden zahlreiche Platzkonzerte in allen Regionen des Kanton Zürichs statt. Zum Beispiel das Sommerkonzert an der Füssli-strasse: Der Musikverein Harmonie Zürich Wollishofen spielt um 19.30 Uhr auf.

www.zhbv.ch

23.10.10.

JULIJULI

JULI

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 21

OrangeCinemaAm 4. Juli ist es so weit: Der Vorverkauf für das grösste Open-Air-Kino in Zürich startet. Vom 17. Juli bis 17. August lädt das OrangeCinema zum Filmgenuss un-ter freiem Himmel mit einzigartiger Sicht

auf den Zürichsee ein.

www.orangecinema.ch

Wildnispark-FestAm traditionellen Wildnispark-Fest vom Sonntag, 21. September, erwartet Sie ein vielseitiges Erlebnis für die ganze Familie. Verbinden Sie das Naturerlebnis im Lan-genberg und Sihlwald mit dem Konzert-erlebnis der Silberbüx und einer gemütli-chen Kutschenfahrt – und vieles mehr.

www.wildnispark.ch

21.SEPTEMBER

Theater SpektakelVom 14. bis 31. August 2014 treffen sich Zürcher und Zürcherinnen auf der Landi-wiese. Das Zürcher Theater Spektakel ist eines der wichtigsten europäischen Fes-tivals für Theaterkunst. Das Festivalpro-gramm umfasst internationale Produk-tionen aus den Sparten Theater, Tanz, Neue Musik und Performance-Kunst. Das Festivalgelände umfasst mehrere Spiel-stätten, Restaurants, Bars, Aufführun-gen unter freiem Himmel und Ad-hoc-Veranstaltungen.

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Landiwiese. Der Vorverkauf startet

am 9. Juli. Wer früh bucht und eine

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www.theaterspektakel.ch

14. – 31.17. – 17. AUGUST

JULI –AUGUST

Ihre Bank

Wir wollen unseren Kunden auch morgen noch diejenigen Handelsgeschäfte anbieten können, die wir heute versprochen haben. Verlässlichkeit geniesst bei uns einen hohen Stellenwert. Felix Oegerli, Leiter Bereich Handel, Verkauf und Kapitalmarkt der Zürcher Kantonalbank

22 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 23

«Das Handelsumfeld ist noch anspruchsvoller geworden»Handelschef Felix Oegerli spricht über das Kaufverhalten der Bankkunden, das High Frequency Trading und das Führen von Händlern. Das Interview führten Luca Aloisi und Roman Oberholzer; Fotos: Niklaus Spoerri

Ausschau halten, um ihre jährlichen Performance- ziele zu erreichen, ohne die Risiken aus den Augen zu verlieren. Diese Anleger kaufen verstärkt Unterneh-mensanleihen, während Staatsanleihen eher in den Hintergrund gerückt sind. Bei den privaten Anlegern hin gegen stellen wir eine vornehme Zurückhaltung fest. Sie sind vor allem durch die tiefen Zinsen verun-sichert, halten noch immer weit überdurchschnittlich hohe Cash-Bestände und warten auf einen günstigen Einstiegszeitpunkt.

Gibt es so etwas wie Gesetzmässigkeiten im Handel?Nein, das gibt es eben nicht. Natürlich erlebt auch unser Geschäft Auf- und Abschwung, aber die Zyklen lassen sich nicht vorhersagen. Ich glaube jedoch, dass die ganz grossen Ausschläge vorbei sein sollten – nicht zuletzt durch das beherzte Eingreifen des Regulators und der Zentralbanken im Nachgang zur Finanzmarktkrise. Was unsere geschäftlichen Aktivi-täten betrifft, achten wir bei der Zürcher Kantonalbank stark auf Kontinuität. Überspitzt formuliert, wollen wir unseren Kunden auch morgen noch diejenigen Handelsgeschäfte anbieten können, die wir heute versprochen haben. Verlässlichkeit geniesst bei uns einen hohen Stellenwert.

Handelt die Bank auch auf eigene Rechnung?Die Handelsstrategie der Züricher Kantonalbank stellt den Kunden ins Zentrum ihrer Aktivität. Wir handeln nicht losgelöst von unseren Kunden zum reinen Selbst-zweck, sondern stellen in ausgewählten Märkten Liquidität in einer breiten Auswahl von Instrumenten zur Verfügung. Wir bieten nachgefragte Produkte und Dienstleistungen für sämtliche Kundensegmente an.

Regelmässig taucht der Begriff des automatisierten Handels in den Schlagzeilen auf. Was muss man sich darunter vorstellen? a

Felix Oegerli, die Börsen in Europa und den USA notieren auf Höchstständen. Schlägt sich das auch im Handelsgeschäft nieder?Tatsächlich eilen die Aktienmärkte in jüngster Zeit von Rekordhoch zu Rekordhoch. Allerdings sind die Handelsvolumen heute deutlich kleiner als vor der Finanzmarktkrise. Das historisch tiefe Zinsumfeld, der sehr stabile Schweizer Franken/Euro-Wechselkurs sowie die generelle Entwicklung der Weltwirtschaft ohne klaren Trend haben die Kundenaktivitäten gegen-über früheren Jahren zurückgehen lassen. Diesen Umstand spüren auch wir. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Handelsgeschäft in diesem anspruchsvollen Umfeld unberechenbarer geworden ist.

Grosse Übernahmen oder Unternehmens-verkäufe sind wieder en vogue. Wie beflügelt das die Börse?Dies schafft natürlich Phantasien und treibt spezifische Aktien nach oben. Ich bin davon überzeugt, dass die Entwicklung im Kapitalmarktgeschäft noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hat und der positive Trend noch einige Zeit anhalten wird. Viele Unternehmen verfügen über eine stattliche Kriegskasse und wollen sich strategisch verstärken oder neu positionieren. Andere Firmen wiederum nutzen das positive Marktumfeld für attraktive Fremd­ und Eigenkapitalrefinanzierungen. Das schafft auch für uns Opportunitäten. Mit unserem Kapitalmarkt-Team sind wir im inländischen Sektor stark präsent. Das Jahr hat mit dem Börsengang der Thurgauer Kantonalbank, den wir begleiten konn- ten, vielversprechend begonnen. Und weitere Trans-aktionen befinden sich in der Pipeline.

Was kaufen denn die Kundinnen und Kunden?Aktiv sind gegenwärtig hauptsächlich die institu-tionellen Anleger wie beispielsweise Pensionskassen. Sie müssen gezielt nach gut rentierenden Anlagen

24 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Ihre Bank

stellen die Marktliquidität in verschiedenen Asset- Klassen im Sekundärmarkt sicher, helfen Kunden, ihre Zins- oder Fremdwährungsrisiken via Derivate ab-zusichern, und bieten unterstützend diverse Handels-dienstleistungen für das Anlagegeschäft an. Weiter arbeiten wir im Liquiditäts- und Bilanzrisikomanagement sehr eng mit der Treasury-Abteilung zusammen.

Als besonders risikoreich wird in der Öffent-lichkeit das Derivatgeschäft der Bank eingestuft. Stimmt dieser Eindruck?Natürlich gibt es immer wieder Schlagzeilen über grosse Zahlen und Risiken im Handel – gerade bezüglich des vorurteilsbehafteten Derivatgeschäfts. Nominal-volumen von mehreren hundert Milliarden Franken klingen auf den ersten Blick abschreckend. Auf den zweiten Blick geht es bei den relevanten Derivaten jedoch nicht um den Tausch von grossen Nominalbe- trägen, sondern zum Beispiel um Zins- oder Wäh-rungskursdifferenzen, die sich eben auf diese grossen Nominalbeträge beziehen. Wir sind bei diesen Ge-schäften Market Maker zwischen zwei Parteien und somit kaum Marktrisiken ausgesetzt. Die daraus resultierenden möglichen Ausfallrisiken gegenüber einer Partei sind tief und werden zusätzlich in aller Regel mit hochwertigen Sicherheiten gedeckt.

Sicherheit hat ihren Preis. Welchen Einfluss hat die Regulierung auf Ihre Tätigkeit?Der Einfluss ist sehr gross. Die verschärften Rahmen-bedingungen gelten zwar für alle Marktteilnehmer gleich, aber die Folgen in den einzelnen Instituten sind sehr unterschiedlich. Als Handelschef muss ich mir Gedanken machen, welche Auswirkungen die verschärf-ten Regeln auf die Geschäftsstrategie, aber auch auf unsere Prozesse haben.

Verstehen Sie, dass der Ruf nach einer schärferen Regulierung des Handelsgeschäfts laut wird, wenn es zu Manipulationen wie beispielsweise des Zinssatzes Libor kommt?Ja, das kann ich nachvollziehen. Als Konsequenz wird wohl das neue Finanzmarktinfrastruktur-Gesetz (FinfraG) eine staatliche Regulierung der Benchmarks vorsehen. Selbstregulierung – so wie bislang beim Libor – dürfte es dann nicht mehr geben. Eine stärkere Kontrolle wird Einzug halten. Natürlich gilt es dann

Der automatisierte Handel hat in den letzten Jahren eine ausgeprägte Entwicklung durchgemacht und an Bedeutung gewonnen. Die Regulation verlangt einen effizienten und somit möglichst preisgünstigen Zugang zu Marktliquidität. Das hat dem technolo-gischen Wettrüsten Tür und Tor geöffnet. Neue Markt-plätze haben seither das Monopol von lokalen Börsen gebrochen. Für negative Schlagzeilen haben vor allem das High Frequency Trading und der US Flash Crash vom 6. Mai 2010 gesorgt. Innerhalb von 6 Minuten brach der S&P 500 um 6 Prozent ein. Schuld war ein einzelner grosser institutioneller Anleger, der durch ein computergesteuertes Absicherungsgeschäft Kontrakte im Gegenwert von 4,1 Milliarden Dollar verkaufte, was entgegen ersten Vermutungen keinen direkten Zusammenhang mit High Frequency Trading hatte. Weiter hat das Buch des Erfolgsautors Michael Lewis, «Flash Boys», die Kontroverse über den Sinn oder Unsinn von High Frequency Trading neu angeheizt.

Wie ist Ihre persönliche Einstellung zum automatisierten Handel?Man muss zwischen Algorithmic Trading und High Frequency Trading unterscheiden. Wir bei der Zürcher Kantonalbank verwenden vor allem Algorithmic Trading, um Kundenaufträge schneller und preisgüns-tiger ausführen zu können. Skeptisch bin ich gegen-über dem High Frequency Trading eingestellt. High Frequency Trader nutzen mit eigenem Kapitaleinsatz kleinste Preis- und Liquiditätsunterschiede innerhalb von Millisekunden aus, um Profit zu machen. Diese Trader haben nicht wie ein Market Maker die Pflicht, dem Markt Liquidität zu geben, und sie erbringen keinen echten Mehrwert für die Volkswirtschaft. Auf High Frequency Trading verzichten wir deshalb be-wusst respektive haben ein Abwehrdispositiv erstellt, um uns dagegen zu schützen. Hier gilt es jedoch anzufügen, dass das Problem vielfach überzogen dar- gestellt wird, sind die Marktvolumen pro «Quote» in aller Regel doch eher unbedeutend.

Grundsatzfrage: Weshalb braucht die Zürcher Kantonalbank ein eigenes Handelsgeschäft?Für eine lokale Universalbank wie unsere ist der Handel Teil einer integrierten Wertschöpfungskette und somit von strategischer Bedeutung. Wir ermöglichen Unternehmen, Eigen- und Fremdkapital aufzunehmen,

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 25

Felix Oegerli (53) leitet seit 1. April 2014 den Bereich Handel,

Verkauf und Kapitalmarkt der Zürcher Kantonalbank. Zuvor führte

er den Bereich Cash Collateral Trading. Während 21 Jahren

war er für die UBS in London, New York und Zürich tätig – unter

anderem als Global Head of Prime Brokerage. Auch als Unternehmer

war Felix Oegerli aktiv: Die von ihm mitgegründete Beratungs-

und Software-Firma IFBS, die sich vor allem auf Securities Finance

und OTC Derivatives Collateral Management spezialisiert hatte,

verkaufte er erfolgreich an die Swisscom IT. Der verheiratete Vater

zweier Kinder verbringt seine Freizeit am liebsten mit Reisen

und Lesen.

noch, eine optimale Feinabstimmung vorzunehmen. Denn was ja auch nicht passieren darf, ist, dass sich am Schluss alle Marktteilnehmer zurückziehen und kein Libor mehr gehandelt werden kann.

Ebenso problematisch und umstritten ist der Handel mit Agrarrohstoffen. Was ist Ihre Position?Die Bank hat im Zusammenhang mit Rohstoffanlagen Grundsatzentscheide getroffen, welche die Möglich-keiten der Anleger einschränken, gezielt und ungeprüft in einzelne Agrarrohstoffe zu investieren. Grund-sätzlich emittieren wir nur Produkte auf breit diversifi-zierte Rohstoffindizes oder Baskets, die den primären Investorenbedürfnissen nach Diversifikation dienen. Reine Absicherungsgeschäfte von Kunden, die einen Agrarrohstoff für ihre Produktion benötigen, können bewilligt werden.

Sie leiten einen Bereich mit rund 200 Mitarbei-tenden. Was reizt Sie an Ihrem Job? Die Märkte bewegen sich laufend, die Rahmenbedin-gungen ändern sich rasant. Ich habe das Privileg, mich jeden Tag mit hochmotivierten Mitarbeitenden und anspruchsvollen Kunden zu unterhalten, die uns immer wieder zu Höchstleistungen anspornen. Das breite Spektrum an Produkten und Dienstleis-tungen, die wir unseren Kunden anbieten können,

zahlreiche Schnittstellen innerhalb und ausserhalb der Bank sowie die Möglichkeit, Innovationen er-folgreich an den Markt zu führen – das alles erfüllt meinen Arbeitsalltag.

Abschliessende Frage: Wie führt man Händler? Von den knapp 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind nur ein Teil typische Händler. Bei uns arbeiten auch Verkäufer, Produkt- und Prozessentwickler oder Ingenieure. Die Gemeinsamkeit ist, dass es sich um Fachspezialisten handelt, die relativ autonom agieren. Als Handelschef muss ich die Persönlichkeiten meiner Mitarbeitenden verstehen und entsprechend nutzen. Entscheidend bei der Führung ist, dass mein Führungs- team und ich die Mitarbeitenden von unseren Wer-ten, der Vision und unseren strategischen Zielen über-zeugen können. Zudem ist es zentral, dass wir den Mitarbeitenden einen klar definierten Handlungsrah­ men vorgeben. Die vor allem marktgetriebenen Entwicklungen müssen frühzeitig wahrgenommen und die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden. Das heisst, der permanente Dialog zwischen den Spezialisten ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Natürlich müssen die Resultate der mit relativ grossen Freiräumen agierenden Spezialisten laufend kon-trolliert werden. Aufgrund der teilweise hohen Beträ-ge, die jeden Tag gehandelt werden, können Fehler im Handel sehr kostspielig sein. k

26 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Kompetent und zugänglich – auch im NetzÜber Smartphone, Tablet, Laptop oder PC: Die neue Website der Zürcher Kantonalbank orientiert sich am Surfverhalten ihrer Kundinnen und Kunden und besticht durch ein modernes Design. Von Kenan Hochuli

Mit über 35‘000 Aufrufen pro Tag stellt die Website der Zürcher Kantonalbank eines ihrer wichtigsten Kontaktmedien für Kundinnen und Kunden, Partner und die Öffentlichkeit dar. Weil sich die Ansprüche an eine moderne Website stetig ändern, wurde der Auf- tritt gründlich überarbeitet. Wer seit dem 17. Mai 2014 www.zkb.ch eingibt, dem präsentiert sich ein neu- gestalteter Auftritt, der mit klaren Strukturen, lese- freundlichen Schriften, einer modernen Bildsprache sowie mit umfassenden Informationen und Kommu-nikationsmöglichkeiten deutlich macht, dass die

Zürcher Kantonalbank auch in der virtuellen Welt auf Nähe setzt.

Doch nicht nur optisch überzeugt die Visitenkarte der Zürcher Kantonalbank im Web. Auch im Bereich der Zugänglichkeit setzt sie Standards. Die Inhalte der Web- site wurden spezifisch an die unterschiedlichen Benut-zergeräte angepasst und behalten ihren Informations-gehalt, unabhängig davon, ob sie über einen PC, ein Tablet oder ein Smartphone abgerufen werden. Das Erscheinungsbild und die Funktion der Website

Die neue Homepage, übersichtlicher

Einstiegspunkt mit schnellem Zugriff auf

Informationen und Services

Ihre Bank

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 27

passen sich also automatisch dem jeweiligen Endgerät an. Damit bewegt sie sich auf der Höhe der Zeit. Der erleichterte Zugang äussert sich ausserdem in der Barrierefreiheit der Seite, die Menschen mit besonde-ren Bedürfnissen das hindernislose Surfen erlaubt.

24 Stunden täglich offenDie Inhalte der Website verteilen sich auf die vier The- menbereiche: «Private», «Unternehmen», «Kontakt & Services» sowie «Über uns». Die Einstiege in die Onlinebank und in die Finanzinformationen sind an

prominenter Stelle platziert und ermöglichen einen schnellen Wechsel. Insbesondere der neugeschaffene Bereich «Kontakt & Services» bietet Kundinnen und Kunden ein hohes Mass an Selbstständigkeit bei der Erledigung ihrer Anliegen.

So können hier rund um die Uhr Adressänderungen vorgenommen oder Formulare und Broschüren bestellt werden. Wer die mutmassliche Höhe der nächsten Steuerrechnung errechnen möchte, ist hier ebenfalls richtig. k

Die Inhalte präsentieren sich übersichtlich. Verschiedene

Tools bieten die Möglichkeit, individuelle Informationen über

Anlagen, Hypotheken oder Steuern zu erlangen

Die Sucheingabe ermöglicht auf simple Art

den direkten Zugang zu Informationen

28 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Ihre Bank

Holen Sie mehr aus der Kreditkarte herausEine Kreditkarte kann mehr als nur bargeldlos bezahlen. Kurz vor der Feriensaison ist der richtige Zeitpunkt, sich die versteckten Vorteile einer Kreditkarte wieder einmal in Erinnerung zu rufen. Und wenn die Karte Teil von «ZKB inklusiv» ist, wird es besonders günstig. Von Othmar Köchle

Die Sommerferien stehen vor der Tür. Und Ferienzeit ist bekanntlich Reisezeit. Wer übers Internet bucht, weiss, eine Kreditkarte ist für die bequeme und schnelle Abwicklung unverzichtbar geworden, nur schon für die Reservation. Auch in den Ferien selbst ist die weltweit einsetzbare Karte ein treuer und hilfreicher Reisebegleiter. Das Risiko von Bargeldver-lusten lässt sich dank dem geringeren Bedarf an Bargeld minimieren.

Versicherungen inbegriffenDoch damit sind die Vorteile einer Kreditkarte noch lange nicht ausgeschöpft. Abgesehen von den primären Einsatzmöglichkeiten einer Kreditkarte machen di- verse Zusatzleistungen das Angebot noch attraktiver. Bei der Automiete, bei der man um eine Kreditkarte ohnehin kaum herumkommt, profitiert man mit dem Einsatz einer ZKB MasterCard Gold oder ZKB Visa Gold beispielsweise von der Mietwagen-Selbstbehalt-versicherung. Auf eine separate Versicherung, um den Selbstbehalt zu reduzieren, kann also verzichtet werden. Die Reiseannullierungskosten- und -unter-bruchversicherung ist selbst bei der ZKB MasterCard Standard und der ZKB Visa Standard inbegriffen.

Nie wieder ärgern, wenn das Produkt anderswo billiger istAuch beim Kauf einer neuen Kamera für die Ferien-fotos zum Beispiel kann sich die Kreditkarte lohnen. Wer nach dem Kauf feststellt, dass dasselbe Produkt bspw. in einem Online-Shop günstiger erhältlich ist, kann die Preisdifferenz dank der Bestpreis-Garantie ohne grosse Umstände zurückfordern.

Dies sind nur einige Beispiele. Entnehmen Sie die zahlreichen Vorteile der Tabelle: Es lohnt sich also, sich einmal etwas intensiver mit den Leistungen unserer Kreditkarten auseinanderzusetzen. Die Jah- resgebühr ist mit diesen Vorteilen schnell wieder reingeholt. k

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Wenn Sie sich für ein Dienstleistungspaket ZKB inklusiv,

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-unterbruchversicherung

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Rückführungsversicherung

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– Einkaufsversicherung

– Mietwagen-Selbstbehaltversicherung

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– Gepäckversicherung bei Diebstahl,

Verlust oder Beschädigung

– Platinum Service Line

(Concierge-Service)

– Visa Platinum Club Offers

– Priority Pass (4 Gratiseintritte pro Jahr)

– Mietwagen-Vollkaskoversicherung

– Auslandreise-Krankenversicherung

– Snow Comfort: bei Schneemangel

oder Krankheit / Unfall anteilsmässige

Kostenbeteiligung an Skipässen

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Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 29

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Anzahl Zimmer 5 ½

Wohnfläche ca. 148 m²

Parkplätze 2

Baujahr 2002

Verkaufsrichtpreis CHF 1’290’000

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Rietackerstrasse 7, 8610 Uster

Im Seehof 19, 8610 Uster

Langäckerstrasse 28, 8957 Spreitenbach

Gepflegtes Reiheneinfamilienhaus mit Abstellplatz

Anzahl Zimmer 5 ½

Wohnfläche ca. 132 m²

Parkplatz 1

Baujahr 1993

Verkaufsrichtpreis CHF 860’000

T 044 292 54 86, F 044 292 58 14

Gepflegte Maisonettewohnung mit Abstellplatz

Anzahl Zimmer 4 ½

Wohnfläche ca. 85 m²

Parkplatz 1

Baujahr 1965

Verkaufsrichtpreis CHF 380’000

T 044 292 54 36, F 044 292 58 14

Zollerstrasse 57, 8703 Erlenbach

Zweierstrasse 22, 8467 Truttikon

Bungertenstrasse 40 und 42, 8307 Effretikon

Bauland mit Wohnhaus

Grundstücksfläche 2’108 m²

Bauzone W2 / 30

Ausnützungsziffer max. 30 %

Liegenschaft voll erschlossen

Verkaufsrichtpreis CHF 6’100’000

T 044 292 55 06, F 044 292 58 14

Reiheneinfamilienhaus mit Garagenbox

Anzahl Zimmer 5 ½

Wohnfläche ca. 164 m²

Parkplatz 1

Baujahr 1979

Verkaufsrichtpreis CHF 530’000

T 044 292 54 77, F 044 292 58 14

2 Mehrfamilienhäuser

Anzahl Wohnungen 5 / 5

Wohnfläche ca. 326 / 328 m²

Parkplätze 5 / 3

Baujahr 1959

Verkaufsrichtpreis CHF 2’600’000

T 044 292 54 36, F 044 292 58 14

ImmobilienangeboteDie Zürcher Kantonalbank für Immobilien-Dienstleistungen. Das ganze Angebot finden Sie unter www.zkb.ch/immobilien.

30 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Geld und Anlagen

Luxusgüter: auch 2020 eine glamouröse BrancheDer Luxusgütersektor war an der Börse in den vergangenen zwölf Monaten nicht en vogue. Die mittel- und langfristigen Aussichten für den Sektor sind jedoch sehr gut. Über die Hälfte aller Luxusgüter werden auf Reisen gekauft und die wichtigste Käufer-gruppe – chinesische Touristen – könnte sich bis 2020 verdoppeln auf 200 Millionen. Aber nicht nur bei den Chinesen, sondern generell bei der weiter stark heranwachsenden Mittelschicht in den Schwellenländern sind europäische Luxusgüter begehrt. Von Patrik Schwendimann, Aktienresearch, Zürcher Kantonalbank

Der Luxusgütersektor bereitete den Investoren in den vergangenen zwölf Monaten weniger Freude als üblich. Während viele internationale Börsenplätze neue Kurshöchststände erklimmen konnten, konsolidierten die Luxusgüteraktien und befinden sich aktuell unter dem Kurshöchststand von 2013. Der harzige Ge-schäftsverlauf in China und der schwächere US-Dollar drückten auf die Stimmung. Die aggressive Korrup-tionsbekämpfung in China führte in den vergangenen zwei Jahren dazu, dass Staatsfunktionäre Luxusgüter gemieden haben. Der weltweit zweitgrösste Luxus-güterkonzern, Richemont, schätzt, dass wegen der Korruptionsbekämpfung rund 20 bis 30 Prozent des Geschäfts in Festlandchina verlorengegangen sind. Zudem kaufen die Chinesen wegen Preisvorteilen von 15 bis zu 40 Prozent Luxusgüter je länger, je lieber im Ausland.

200 Millionen chinesische Touristen sind keine Utopie2003 schrieben wir, dass in einigen Jahren mit 48 Millio- nen dreimal mehr Chinesen als Japaner auf Aus-landsreise sein könnten. Die damals gewagte Prognose wurde 2009 erreicht, und 2013 schnellte die Anzahl sogar auf 97 Millionen chinesische Auslandsreisende hoch – nach einem durchschnittlichen Wachstum von 17 Prozent pro Jahr in den vergangenen zehn Jahren.

200 Millionen im Jahr 2020 würde einem jährlichen Wachstum von 10,8 Prozent entsprechen, was an-gesichts der wachsenden Mittelschicht in China erneut nicht als utopisches Szenario erscheint. Von den 1,36 Milliarden Einwohnern in China haben über eine Milliarde das Land noch nie verlassen. Zudem führen über 60 Prozent der Auslandsreisen immer noch in die ehemaligen Kolonien Hongkong und Macao. Der Rest der Welt wird von den meisten Chinesen erst noch entdeckt werden. Aktuell gehen mehr als ein Fünftel der Auslandsreisen in den Raum Asien / Pazifik und erst rund 5 Prozent nach Europa und 3 Prozent nach Amerika.

Schwellenländer mit steigenden MittelschichtenDas Beratungsunternehmen Bain & Company schätzt die Anzahl Menschen, die sich 2013 Premium- oder Luxusgüterprodukte gekauft haben, auf 330 Millionen und erwartet, dass sich die Zahl bis 2020 auf 400 und bis 2030 auf 500 Millionen erhöhen wird, was unse-res Erachtens keine aggressive Schätzung ist. In China und in Indien werden sich voraussichtlich in den kom - menden zehn Jahren die Anzahl Haushalte mit einem verfügbaren Einkommen von mehr als 15‘000 US-Dollar (Indien USD 10‘000) auf über 200 Millionen verdoppeln bzw. auf über 100 Millionen verdreifa-chen. In anderen Schwellenländern wie Indonesien,

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 31

Malaysia oder Thailand sind zwar die absoluten Zah-len nicht so spektakulär, aber auch dort geht der langfristige Trend in Richtung Mittelschicht und höhere Einkommen. Erfahrungsgemäss konsumieren bereits Schichten mit mittleren Einkommen in den Emer-ging Markets Luxusgüter oder sie reisen ins Ausland. Wenn 100 Millionen zusätzliche chinesische Haushalte 5 Prozent des verfügbaren Einkommens von 15‘000 US-Dollar in tragbare Luxusgüter wie Uhren, Schmuck, Lederwaren / Mode und Kosmetik investieren, dann sind dies 75 Milliarden US-Dollar. Dies kommt fast einer Verdoppelung des aktuellen Luxusgütermarktes mit den chinesischen Konsumenten gleich. Und die Spitze der Einkommenspyramide, die Millionäre, sind hier noch nicht eingerechnet.

Keine Wolken am Horizont?Unseres Erachtens gibt es zwei Hauptrisiken für die Luxusgüterindustrie: eine unerwartet nachhaltige Konjunkturschwäche in den Schwellenländern sowie Schockereignisse, die den weltweiten Tourismus lähmen würden. Das grösste Risiko stellt China dar, falls es dort zu einer nachhaltigen Lähmung der Wirtschaft käme, beispielsweise wegen einer unkon-trollierten Immobilienkrise, oder zu sozialen Unruhen. Bei Schockereignissen hat sich die Luxusgüterindustrie dagegen in der Vergangenheit jeweils überraschend schnell erholt, wie die Terroranschläge vom 11. Septem-ber 2001 in New York oder die Lungenkrankheit Sars 2003 gezeigt haben. Die Branche ist seit 1995 jährlich um durchschnittlich 6 Prozent gewachsen trotz diesen

Schockereignissen, der Rezession Anfang des Jahr-tausends sowie der Finanz- und Weltwirtschaftskrise 2008 / 2009.

LVMH, Richemont & Swatch Group sind attraktivDie Vorzeichen stehen deshalb gut, dass die Luxus-güterbranche auch in den kommenden zehn Jahren um durchschnittlich 6 Prozent wachsen kann, und dies mit Traumgewinnmargen von 15 bis 40 Prozent. Angesichts dieser langfristig positiven Aussichten ist die aktuelle Bewertung des Luxusgütersektors ver- glichen mit anderen Branchen nicht hoch. Wir halten deshalb die beiden führenden Luxusgüterkonzerne LVMH (Moët Hennessy – Louis Vuitton) und Richemont sowie den führenden Uhrenkonzern Swatch Group für sehr interessant. k

Grafik 1: Mittelklasse in China und Indien

China Indien

Quellen: Zürcher Kantonalbank, Euromonitor, Bain & Company

250

200

150

100

50

02000 2005 2012 2023

Anzahl Haushalte in Mio. mit verfügbarem Einkommen von über USD 15’000 in China (über USD 10’000 in Indien)

32 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Geld und Anlagen

EZB greift in die geldpolitische TrickkisteDie Europäische Zentralbank (EZB) hat in ihrer jüngsten geldpolitischen Sitzung teils zu unkonventionellen Mitteln gegriffen, um den Trend der rückläufigen Inflationsraten in der Euro-Zone zu brechen. Hierzu gehört auch der erstmalig negative Zinssatz auf Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB. Was bedeutet dies für die Schweizerische National bank (SNB)? Von Dr. Cornelia Luchsinger, Investment Solutions, Zürcher Kantonalbank

Eurosätze (3 Monate) Renditen Staatsanleihen (10 Jahre) Devisenkurse Aktienmärkte Wirtschaftswachstum Inflation

Ende 2013

Anfang Juni

2014

+3 Mt. +12 Mt. Ende 2013

Anfang Juni

2014

+3 Mt. +12 Mt. Ende 2013

Anfang Juni

2014

+3 Mt. +12 Mt. Ende 2013

Anfang Juni

2014

+3 Mt. +12 Mt. 2012 2013*

2014*

2015*

2012 2013*

2014*

2015*

Schweiz 0,02 0,01 0,02 0,05 1,09 0,75 0,90 1,10 EUR/CHF 1,23 1,22 1,23 1,23 Schweiz SPI 7’838 8’537 8’950 9’500 Schweiz 1,0 2,0 2,2 2,3 –0,7 –0,2 0,0 0,5

Euro-Zone 0,27 0,27 0,20 0,20 2,84 2,05 2,30 2,50 USD/CHF 0,89 0,90 0,90 0,95 Euro-Zone STOXX 50 3’109 3’267 3’330 3’430 Euro-Zone –0,6 –0,4 1,5 1,7 2,5 1,4 0,9 1,8

Grossbritannien 0,53 0,53 0,50 0,80 3,03 2,68 2,70 3,40 GBP/CHF 1,47 1,50 1,52 1,54 Grossbritannien FT 100 6’749 6’813 7’040 7’150 Grossbritannien 0,3 1,7 3,3 3,2 2,8 2,6 1,7 1,9

USA 0,25 0,23 0,30 0,70 3,01 2,58 2,80 3,40 JPY/CHF 0,85 0,87 0,88 0,86 USA S&P 500 1’848 1’940 1’945 1’950 USA 2,8 1,9 2,7 3,2 2,1 1,5 1,8 2,3

Japan 0,15 0,14 0,20 0,20 0,74 0,60 0,70 1,00 Japan NIKKEI 16’291 15’079 14’900 15’500 Japan 1,4 1,6 1,5 1,3 0,0 0,4 2,7 1,8

Die negativen Zinsen auf Einlagen der Geschäftsban-ken sollen den Euro schwächen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für einen Stopp des aktuellen Disin-flationstrends in der Euro­Zone. Denn ein schwächerer Euro erhöht die Importpreisinflation, einen erheblichen Einflussfaktor für die Konsumentenpreisentwicklung. Die Effekte der anderen Massnahmen sind weniger klar. Insbesondere stellt die EZB den Geschäftsbanken bedingte langfristige Liquidität zur Verfügung: je hö- her der Bestand an Unternehmenskrediten und je höher die Neukreditvergabe, desto mehr können die Ge-schäftsbanken beantragen. Die EZB hat sozusagen die Pferde erneut zur Tränke geführt, ob diese auch saufen, bleibt aber offen.

Die SNB hält den KursAn der geldpolitischen Lagebeurteilung vom 19. Juni hat die SNB am aktuellen geldpolitischen Kurs festge-halten. Sie ortet explizit keinen Handlungsbedarf aufgrund der Negativzinsen in der Eurozone, und wir gehen vorerst nicht davon aus, dass sie diesen Kurs ändert. Tatsächlich hat sich der Schweizer Franken (Grafik 1) hat sich nach Ankündigung des Massnah-menpakets der EZB gegenüber dem Euro kaum verän-dert. Eine Annäherung an die Wechselkursuntergrenze von EUR / CHF 1,20 ist vorerst nicht zu erwarten.

Dies liegt unter anderem daran, dass der Schweizer Franken als sicherer Hafen ange sehen wird, der immer dann aufgesucht wird, wenn es im Rest der Welt zu grösseren Finanzmarktverwerfungen kommt. Dies ist aktuell nicht der Fall. Die Euro-Schuldenkrise ist derzeit «kein Thema», und die globale Konjunktur entwickelt sich robust. Erst wenn dies bezüglich schlechte Nachrichten aufkommen sollten, dürften sich Investoren wieder verstärkt in den Schweizer Franken flüchten und den Wechselkurs Richtung Untergrenze treiben.

0.99

0.96

0.93

0.90

0.87

0.84

0.81

1.27

1.26

1.25

1.24

1.23

1.22

1.21

1.20

Grafik 1: Wechselkursentwicklung

Quellen: Reuters Datastream, Zürcher Kantonalbank

01/13 03/13 05/13 07/13 09/13 11/13 01/14 03/14 05/14

USD / CHF EUR / CHF (rechts)

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 33

Solides Wachstum, schwächere SignaleIn der Schweiz wuchs das reale BIP im 1. Quartal 2014 gegenüber dem Vorquartal um 0,5 %. Gegenüber dem Vorjahresquartal ergab sich ein robustes Wachs-tum von 2,0 %. Damit wurden die Erwartungen er-füllt, und die Dynamik hat sich beschleunigt (Grafik 2). Der private Konsum und die Ausrüstungsinvestitionen haben mit einer Stagnation bzw. einem Rückgang allerdings enttäuscht. Die Bauinvestitionen erhöhten sich hingegen erneut kräftig, und auch die Export-industrie verzeichnet ein gutes Resultat. Fast das gesamte Wachstum des 1. Quartals stammt damit aus dem Aussenhandel. Die Schweizer Wirtschaft ist also gut unterwegs, und es zeichnet sich immer mehr ab, dass sich die Wachstumskräfte weg vom privaten Konsum hin zur Exportwirtschaft verschieben.

Ein Wermutstropfen für die aktuell guten Aussen-handelszahlen ist die Tatsache, dass sich die beiden bekanntesten wirtschaftlichen Vorlaufindikatoren,

das KOF-Konjunkturbarometer und der Schweizer Einkaufsmanagerindex (PMI), in den letzten Monaten abgeschwächt haben (Grafik 3). Der PMI befindet sich aktuell auf dem tiefsten Stand seit einem Jahr. Offenbar verliert die Schweizer Industrie nach einem starken Jahresauftakt im Gleichklang mit der globalen Entwicklung an Dynamik. Die Subkom-ponente Auftragsbestand schloss nur knapp oberhalb der Wachstumsgrenze von 50 Punkten. Das KOF- Konjunkturbarometer verbuchte im Mai den dritten Rückgang in Folge und liegt aktuell knapp unterhalb des langjährigen Durchschnittswertes. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass sich die Schweizer Kon-junktur über die Sommermonate etwas abkühlt. Dennoch gehen wir nach wie vor davon aus, dass die globalen Konjunkturkräfte in der zweiten Jahres-hälfte wieder an Stärke gewinnen. Entsprechend ist für die Schweiz zu erwarten, dass das BIP-Wachs-tum massgeblich durch den Aussenhandel ange-stossen wird. k

Eurosätze (3 Monate) Renditen Staatsanleihen (10 Jahre) Devisenkurse Aktienmärkte Wirtschaftswachstum Inflation

Ende 2013

Anfang Juni

2014

+3 Mt. +12 Mt. Ende 2013

Anfang Juni

2014

+3 Mt. +12 Mt. Ende 2013

Anfang Juni

2014

+3 Mt. +12 Mt. Ende 2013

Anfang Juni

2014

+3 Mt. +12 Mt. 2012 2013*

2014*

2015*

2012 2013*

2014*

2015*

Schweiz 0,02 0,01 0,02 0,05 1,09 0,75 0,90 1,10 EUR/CHF 1,23 1,22 1,23 1,23 Schweiz SPI 7’838 8’537 8’950 9’500 Schweiz 1,0 2,0 2,2 2,3 –0,7 –0,2 0,0 0,5

Euro-Zone 0,27 0,27 0,20 0,20 2,84 2,05 2,30 2,50 USD/CHF 0,89 0,90 0,90 0,95 Euro-Zone STOXX 50 3’109 3’267 3’330 3’430 Euro-Zone –0,6 –0,4 1,5 1,7 2,5 1,4 0,9 1,8

Grossbritannien 0,53 0,53 0,50 0,80 3,03 2,68 2,70 3,40 GBP/CHF 1,47 1,50 1,52 1,54 Grossbritannien FT 100 6’749 6’813 7’040 7’150 Grossbritannien 0,3 1,7 3,3 3,2 2,8 2,6 1,7 1,9

USA 0,25 0,23 0,30 0,70 3,01 2,58 2,80 3,40 JPY/CHF 0,85 0,87 0,88 0,86 USA S&P 500 1’848 1’940 1’945 1’950 USA 2,8 1,9 2,7 3,2 2,1 1,5 1,8 2,3

Japan 0,15 0,14 0,20 0,20 0,74 0,60 0,70 1,00 Japan NIKKEI 16’291 15’079 14’900 15’500 Japan 1,4 1,6 1,5 1,3 0,0 0,4 2,7 1,8

Quellen: Datastream, Investment Solutions der Zürcher Kantonalbank (* Prognose)

70

65

60

55

50

45

40

35

30

130

120

110

100

90

80

70

60

Grafik 3: Vorlaufindikatoren Schweiz

Quellen: Reuters Datastream, Zürcher Kantonalbank

01/99 07/00 01/02 07/03 01/05 07/06 01/08 07/09 01/11 07/12 01/14

Einkaufsmanagerindex (PMI)

10 %

8 %

6 %

4 %

2 %

0 %

–2 %

–4 %

–6 %

–8 %

–10 %

Grafik 2: Beiträge zum BIP-Wachstum (% vs. Vorjahr)

Staatsausgaben privater Konsum

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)

Aussenhandel BIP

Investitionen

34 Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014

Persönlich

«Herumflicken ist nicht elegant»An den Weltmeisterschaften in Bejing belegte er den 21. Platz, bei 51 Teilnehmern. Online hat er es unter die World Top 12 geschafft. Seit drei Jahren verteidigt er seinen Titel als Schweizer-Meister. Frédéric Stalder löst mit Logik, Leidenschaft und Leichtigkeit Sudokus. Von Lucrezia Gilli; Foto: Reto Schlatter

Wie zufällig sitzt er da an einem Tischchen, die Wand im Rücken hat er den Raum fest im Blick. Die auf-merksamen Augen deuten an, welch wacher Geist sich hinter dem bleichen Gesicht verbirgt. Frédéric Stalder kommt aus dem tiefsten Jura, aus Courtelary. Zahlengitter entdeckt er 2005 in einer Gratiszeit-schrift, wie viele andere, beim Pendeln nach Lausanne. Der einstige Physikstudent und heutige Musiker löst das Quadrat, ein nächstes und wird immer schneller.

Vergitterte Welt?Der Click zur Online-Community liegt nah: gegen- und miteinander rechnen und kombinieren. Gleich-gesinnte suchen auf Plattformen nach logischen Lösungswegen im Zickzack, senkrecht oder waag-recht. Die Varianten faszinieren: Hier überlappen sich mehrere Gitter, da ist Schnelligkeit gefragt, dort erschweren zusätzliche Regeln die Lösung. Fred_76 nennt sich das Zahlentalent und meldet sich 2009 für ein Turnier an: «Einen Online-Wettkampf teilt man sich selbst ein. Sobald man die Regeln und vor- gegebenen Ziffern ausdruckt, läuft der Countdown. Innerhalb der Frist muss man eine ausgewählte Zeile der Lösung für jedes Gitter eingeben», erklärt er. Eine Einladung zum Weltmeisterschaft­Qualifika tions­ spiel in Paris folgt. Seither tritt der bescheidene 38-Jährige nicht nur online, sondern auch vor Ort gegen die Sudoku-Welt an. Wenngleich ihn die Herausforderung der direkten Konkurrenz reize, seien Rangierungen nur das eine, Freundschaften aber das andere: «Die Qualifikationen und Welt­ meisterschaften dauern mehrere Tage. Am Abend sitzen wir oft noch lange beisammen und reden bis in die Nacht hinein – natürlich über Sudokus.»

Zeit für die Schönheit von ZiffernkombinationenEin Meister übt. Frédéric Stalder ist Mitglied der «Swiss Puzzle Federation» und führt den Blog sudokuvariante.blogspot.ch, für den er Varianten unterschiedlichen Schwierigkeitsgrads kreiert: «Ich trainiere zum einen Lösungswege und rufe diese dann im Wettkampf ab. Zum anderen erstelle ich selbst Gitter und bespreche sie mit Kollegen, um krea- tiv zu bleiben.» Ein Turnier bestehe zu 25 Prozent aus klassischem Sudoku, für deren Lösung er selten mehr als fünf Minuten benötige. Die übrigen 75 Pro- zent seien regelintensive Gitter. Für ganz schwierige Exemplare investiere er bis zehn Minuten. Oft seien in einem halben Tag vier ein- bis zweistündige Runden zu zehn Gittern zu bewältigen, und im Konferenzsaal sässen jeweils 100 bis 150 Sudoku-Spieler. «Ein bisschen Stress ist normal, aber man kann nicht immer voll angespannt sein. Kurze Trinkpausen von 20 bis 30 Se- kunden zwischendrin sind okay. Ruhe und Konzen-tration sind wichtig, und mit der Erfahrung erreicht man das auch. Dann bleibt meist auch noch etwas Zeit, um eine schöne Ziffernkombination zu würdigen», sagt der Trompeter. Und bei Fehlern? «Meist ist es klüger, alles auszuradieren und von vorn zu beginnen. Herumflicken ist nicht elegant.»

Ein geübtes Auge blickt nach vornWir machen die Probe. Der Sudoku-Spieler blickt aufs Heft, zückt Bleistift und Radiergummi. Sein Zeige-finger rutscht auf dem Kleingedruckten hin und her, sein Mund formuliert lautlos Gedanken. 4 Minuten 17 Sekunden. «Das war nicht genial», meint der Ge- hirnsportler. Aber seine braunen Augen blitzen. Die Lösung ist gespeichert, der Blick nach vorn gerichtet. Das Ziel: Sudoku – Top 9 weltweit. k

Zürcher Wirtschaftsmagazin 2 / 2014 35

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