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Münchner Merkur Nr. 47, Wochenende, 25./26. Februar 2017 J 3 Journal HUND, KATZ & CO Unfassbar viel Geld Der illegale Tier- handel ist nach dem Waffen- und dem Drogenhandel das lukrativste Geschäft und fällt aufgrund seiner Struktur und des länderübergrei- fenden Netzwerkes unter die organisier- te Kriminalität. Be- trug, Korruption, Tierquälerei sind da- rin ebenso enthal- ten wie Körperverlet- zung, Bedrohung und Erpressung. TATORT INTERNET ........................................ KLEINE RASSEN BESONDERS BETROFFEN >> Auf keinen Fall Welpen aus dem Internet kaufen. Erst einmal in den Tierheimen schauen, ob dort nicht der Freund fürs Leben wartet. Falls es ein Hund einer bestimmten Rasse sein soll, seriöse Züchter suchen. Dort müssen aber die Elterntiere und seriöse Papiere vorhanden sein. >> Besonders Kleinhunderassen, die „in“ sind, sind betroffen: Sie sind regulär sehr teuer. Die neue Trendrasse Pomeranian Spitz kostet bis zu 3000 Euro. >> Die Kampagne „Tatort Internet“ von Vier Pfo- ten beschäftigt sich mit dem Problem des unre- gulierten Tierhandels auf Kleinanzeigen-Plattfor- men. Viele dieser Seiten tun wenig, um den Schutz der Tiere zu gewährleisten. Eine Petition läuft unter: www.petdeception.org/de Unsere mehrfach mit Tier- schutzpreisen ausgezeichnete Autorin Nicola Förg recher- chiert immer sehr intensiv. Ihr nächster Krimi spielt ge- nau in diesem Milieu der Hundemafia. Der renitente Besitzer einer Outdoor-Agen- tur, ein holländischer Cam- ping-Urlauber und eine begü- terte Werdenfelser Oma ster- ben alle an einer Eisenhut- Vergiftung. Drei Suizide? Drei Morde? Doch bevor das Kommissarinnen-Duo Irmi Mangold und Kathi Reindl mit den Ermittlungen startet, stürzt vor dem Farchanter Tunnel ein ungarischer Lkw um. Heraus purzeln unzähli- ge Käfige mit sehr jungen Hundewelpen... >> Scharfe Hunde Von Nicola Förg. Pendo- Verlag, 320 S., 15 Euro. Erscheint am 1. März. BUCHTIPP Kriminell waltschaften konsequent durchgreifen. Schließlich geht es nicht nur um Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und die Tierseuchenschutz- verordnung, sondern in der Regel auch um Straftaten wie Urkundenfälschung und ge- werbsmäßigen Betrug. Die Gesetze sind vorhanden, wer- den aber oft nicht umgesetzt“, bedauert Tessy Lödermann vom Tierschutzbund. Eingezogen heißt im Klartext, dass die schwer kranken Tiere in Tierheimen landen. „Wir bleiben komplett auf den Kos- ten, auch auf den Tierarztkos- ten, sitzen. Alle diesbezügli- chen Landtagsanträge wur- den von der Mehrheitsfrakti- on abgelehnt. Wir sind fas- sungslos, dass unsere Arbeit in Bayern keinerlei Wert hat!“ Ein beschämendes Verhalten in einem der reichsten Bun- desländer! einen unfassbar guten Job ge- macht. Und nun ist definitiv klar: Hundehandel ist organi- sierte Bandenkriminalität und ich hoffe sehr, dass der Fall in Kreuztal europaweit Auswirkungen haben wird!“ Nicht immer können die un- ermüdlichen Tierschützer den Behörden derart gute Zeugnisse ausstellen. Und auch wenn Kreuztal vorbild- lich war: „Die Initialzündung für die Ermittlungen waren Fragen der Steuerhinterzie- hung und des Betrugs. Um die Tiere ging es sekundär.“ „Das ist erbärmlich, wir müs- sen den Status von Tieren in der Gesellschaft verbessern, da ist auch die Politik gefragt“, sagt Thiesmann. „Es krankt gerade in Bayern immer noch an der Bestra- fung. Die Tiere werden einge- zogen, die Täter fahren weiter. Hier müssten die Staatsan- eigener Zucht verkauft ha- ben. Eine Tierärztin mit im Boot, die gefälschte Pässe ausgestellt hat“, erzählt Bir- gitt Thiesmann. „Großartig, dass die Polizei eine Soko ge- gründet hat, dass sie trotz ih- rer dünnen Personaldecke drangeblieben ist! Die haben gesprengt werden: Auf dem Bauernhof unvorstellbarer Dreck, 105 verwahrloste Tie- re, tote Welpen, die sogar in Blumenkästen deponiert wa- ren. „Das war ein groß ange- legter internationaler Kreis, Hunde aus dem Osten. Anbie- ter, die Hunde angeblich aus gitt Thiesmann von der Tier- schutz-Organisation „Vier Pfoten“. Aber Seligenstadt war ein Silberstreif am Hori- zont. Ein nächster Meilen- stein war Anfang diesen Jah- res Kreuztal bei Siegen. Nach monatelangen Vorrecher- chen konnte ein Händlerring Es gab im November 2015 ei- nen viel beachteten Prozess in Seligenstadt, wo ein Pärchen erstmals Freiheitsstrafen we- gen gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Betrugs be- kam. Nach diversen Beru- fungsversuchen blieb es bei 13 Monaten Haft und zwei Jah- ren Berufsverbot. Dem Seli- genstädter Tierschutzverein waren die Händler seit mehr als einem Jahrzehnt bekannt. Regelmäßig hatten sich Käu- fer gemeldet, die über Zwin- gerhusten, Durchfall oder an- steckende Infektionskrank- heiten ihrer Tiere klagten. Das eingeschaltete Veterinäramt Offenbach war weitgehend untätig geblieben, das Treiben ging munter weiter. „Ich wünsche mir, dass die Amtstierärzte zweimal hinse- hen, wenn sie Meldungen be- kommen, sie sind die wich- tigste Schaltstelle“, sagt Bir- 21 Welpen im Kofferraum: Die Bundespolizei deckte den illegalen Tierhandel in Piding bei Salzburg auf. DPA DER HANDEL MIT HUNDEN – DIE RECHTLICHE LAGE Tierschutz allein ist selten ein Anlass für Ermittlungen Fahrzeug.“ Diese müssten dann in den Tierheimen auf- genommen werden. Doch die Welpen seien viel zu jung, ge- schwächt und dehydriert. In der Regel hätten sie starken Parasitenbefall, Verwurmung, Flöhe, Ohrmilben, häufig auch Giardien und Kokzidien bis hin zur Parvovirose. „Die Mitarbeiter in den Tierhei- men müssen unter strengen Quarantänebedingungen und unter psychischen und physi- schen Belastungen oft um das Leben der Tiere kämpfen“, er- zählt Lödermann. Es geht in Käuferfamilie will das Ver- käuferpaar informieren, doch die Nummer ist tot. Sie fahren zu deren Haus – ausgezogen, so die Nachbarn. Und dann dämmert es den Käufern: Sie sind skrupellosen Welpen- händlern aufgesessen... Birgitt Thiesmann von der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ kämpft seit 2009 ge- gen den Welpenhandel. Sie war Reporterin bei der „Bra- vo“ und schrieb viel emotio- nale Reportagen. Auch über Hunde, die auf Märkten aus dem Kofferraum verkauft wurden. Das war schon Ende der 1990er-Jahre so. Es war ein mühevoller Weg, überhaupt Öffentlichkeit für das Thema zu bekommen. Und es war ein Weg hinein in ein dunkles Geschäft. „Du hast von außen kaum Chan- cen, erst als ich in Polen den Tierschützer Gregor kennen- gelernt habe, der die Funkti- on eines Inspektors hat, ge- langten wir überhaupt in eine der Vermehrerstationen.“ Das war die Zeit, als Internet- anzeigen noch in schlechtem Deutsch verfasst waren, als oftmals belgische Handynum- mern darunter standen. Heu- te wissen viele, dass man Hunde nicht auf einem Park- VON NICOLA FÖRG Ein nettes Paar, das im Inter- net Chihuahua-Welpen aus liebevoller Hobbyzucht inse- riert. Die beiden leben in ei- ner gepflegten Wohnsiedlung, die Welpen sind süß. Die Ma- ma der Kleinen ist grad beim Tierarzt. Hat sich eine Kralle ausgerissen, die Arme! Von den fünf Welpen sind drei schon vergeben. Es wäre sinnvoll, nun zuzugreifen, heißt es. Chihuahuas seien ja grad so gefragt. Also wandern 900 Euro über den Tisch, es gibt Impfpass und Papiere und auch noch ein Futterstar- terpaket. Nach einer Woche ist der Welpe, der nun Sammy heißt, schlapp, spielt nicht mehr. Der Tierarzt diagnosti- ziert Parvovirose. Der kleine Hund überlebt knapp, viele Welpen sterben daran. Die Tierschutzbund und Vorsit- zende des Tierschutzvereins Garmisch-Partenkirchen, kämpft in Bayern an vorders- ter Front: „Die Lage hat sich durch die Wiedereinführung der Grenzkontrollen im Spät- sommer 2015 enorm ver- schärft. Wöchentlich werden illegal eingeführte Hundewel- pen, aber auch Katzen, Vögel und Reptilien aufgegriffen. Im Januar waren dies allein in Bayern über 20 Fälle. Dies geht von zwei Welpen im Kof- fer bis hin zu 217 Welpen oder über 600 Vögel in einem der Tat um eine ungeheure emotionale Belastung: „Man rechnet nicht mit dem, was man sieht! Als ich das erste Mal in so einer Vermehrersta- tion war, inmitten toter Wel- pen, verzweifelter Hunde- mütter mit entzündeten Ge- säugen und leerem Blick, in- mitten eines bestialischen Ge- stanks, ist ein Welpe in mei- ner Hand gestorben. Hat noch am Finger genuckelt und war Sekunden später tot. Diese Bilder verfolgen dich. Aber für jedes gerettete Tier nehm ich das in Kauf“, be- richtet Thiesmann. Tessy Lödermann ergänzt: „Am 11. Dezember 2015 wur- den 47 Welpen verschiedens- ter Rassen auf dem Weg von Ungarn nach Spanien be- schlagnahmt. Ich habe in Bad Reichenhall vier Malteser ab- geholt. Auf dem Rückweg musste ich einen sofort eu- thanasieren lassen. Er war todkrank und hatte eine offe- ne Schädeldecke. Die ande- ren konnten nach der Qua- rantäne am 20. Februar 2016 an tolle Plätze, sogar in ein echtes Schloss, vermittelt werden. Dies ist nur ein Bei- spiel wie eng Trauer und Glück in unserer Arbeit beiei- nander liegen.“ platz kauft, wissen auch, dass Dumpingpreise nichts Gutes bedeuten. Die Hundemafia hat reagiert: Die Homepages wirken nun sehr seriös, es werden wirklich „Strohver- käufer“ angeworben, freund- liche Ehepaare, nette Omas… Das Geschäft boomt. Der Verband des Haustierbedarfs hat eindrückliche Zahlen. Über den Verkauf von Wel- pen-Erstausstattungen, Wel- penfutter etc. kann man er- rechnen, dass rund 500 000 Welpen jedes Jahr allein in Deutschland verkauft wer- den. Der Verband Deutscher Hundezüchter wies für 2015 76 234 Welpen aus. Nun mag es Züchter ohne VDH-Zuge- hörigkeit geben, es gibt Pro- menadenmischungen. Es werden Hunde aus Tierhei- men und von Tierschutzorga- nisationen vermittelt. Aber selbst wenn man da nochmals 50 000 Hunde annimmt, es bleibt immer noch eine un- glaubliche Differenz. Und wo kommen diese Hun- de her? Von den Vermehrern aus dem Osten! Tessy Löder- mann, Vizepräsidentin vom Zehntausende illegale Welpen Das dreckige Geschäft Der Handel mit Welpen hat einen neuen, trauri- gen Höhepunkt erreicht. Ein Lichtblick: Die Polizei bewertet den Handel nun als Bandenkriminalität – und nicht mehr als Kavaliersdelikt. Unter Quaran- täne in Nürn- berg: die Co- cker-Spaniel- Welpen aus einer Zucht in Osteuropa soll- ten teuer hier- zulande ver- kauft werden. DPA

Zehntausende illegale Welpen Das dreckige Geschäft · Münchner Merkur Nr. 47, Wochenende, 25./26. Februar 2017 HUND, KATZ & CO Journal J 3 Unfassbar viel Geld Der illegale Tier-handel

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Münchner Merkur Nr. 47, Wochenende, 25./26. Februar 2017

J 3JournalHUND, KATZ & CO

Unfassbar

viel Geld

Der illegale Tier-

handel ist nach dem

Waffen- und dem

Drogenhandel das

lukrativste Geschäft

und fällt aufgrund

seiner Struktur und

des länderübergrei-

fenden Netzwerkes

unter die organisier-

te Kriminalität. Be-

trug, Korruption,

Tierquälerei sind da-

rin ebenso enthal-

ten wie Körperverlet-

zung, Bedrohung

und Erpressung.

TATORT INTERNET ........................................

KLEINE RASSEN BESONDERS BETROFFEN>> Auf keinen Fall Welpen aus dem Internetkaufen. Erst einmal in den Tierheimen schauen,ob dort nicht der Freund fürs Leben wartet. Fallses ein Hund einer bestimmten Rasse sein soll,seriöse Züchter suchen. Dort müssen aber dieElterntiere und seriöse Papiere vorhanden sein.>> Besonders Kleinhunderassen, die „in“ sind,sind betroffen: Sie sind regulär sehr teuer. Dieneue Trendrasse Pomeranian Spitz kostet biszu 3000 Euro.>> Die Kampagne „Tatort Internet“ von Vier Pfo-ten beschäftigt sich mit dem Problem des unre-gulierten Tierhandels auf Kleinanzeigen-Plattfor-men. Viele dieser Seiten tun wenig, um denSchutz der Tiere zu gewährleisten. Eine Petitionläuft unter: www.petdeception.org/de

Unsere mehrfach mit Tier-schutzpreisen ausgezeichneteAutorin Nicola Förg recher-chiert immer sehr intensiv.Ihr nächster Krimi spielt ge-nau in diesem Milieu derHundemafia. Der renitenteBesitzer einer Outdoor-Agen-tur, ein holländischer Cam-ping-Urlauber und eine begü-terte Werdenfelser Oma ster-ben alle an einer Eisenhut-Vergiftung. Drei Suizide?Drei Morde? Doch bevor dasKommissarinnen-Duo IrmiMangold und Kathi Reindlmit den Ermittlungen startet,stürzt vor dem FarchanterTunnel ein ungarischer Lkwum. Heraus purzeln unzähli-ge Käfige mit sehr jungenHundewelpen...

>> Scharfe Hunde

Von Nicola Förg. Pendo-Verlag, 320 S., 15 Euro.Erscheint am 1. März.

BUCHTIPP

Kriminellwaltschaften konsequentdurchgreifen. Schließlichgeht es nicht nur um Verstößegegen das Tierschutzgesetzund die Tierseuchenschutz-verordnung, sondern in derRegel auch um Straftaten wieUrkundenfälschung und ge-werbsmäßigen Betrug. DieGesetze sind vorhanden, wer-den aber oft nicht umgesetzt“,bedauert Tessy Lödermannvom Tierschutzbund.Eingezogen heißt im Klartext,dass die schwer kranken Tierein Tierheimen landen. „Wirbleiben komplett auf den Kos-ten, auch auf den Tierarztkos-ten, sitzen. Alle diesbezügli-chen Landtagsanträge wur-den von der Mehrheitsfrakti-on abgelehnt. Wir sind fas-sungslos, dass unsere Arbeitin Bayern keinerlei Wert hat!“Ein beschämendes Verhaltenin einem der reichsten Bun-desländer!

einen unfassbar guten Job ge-macht. Und nun ist definitivklar: Hundehandel ist organi-sierte Bandenkriminalitätund ich hoffe sehr, dass derFall in Kreuztal europaweitAuswirkungen haben wird!“Nicht immer können die un-ermüdlichen Tierschützerden Behörden derart guteZeugnisse ausstellen. Undauch wenn Kreuztal vorbild-lich war: „Die Initialzündungfür die Ermittlungen warenFragen der Steuerhinterzie-hung und des Betrugs. Um dieTiere ging es sekundär.“„Das ist erbärmlich, wir müs-sen den Status von Tieren inder Gesellschaft verbessern,da ist auch die Politik gefragt“,sagt Thiesmann.„Es krankt gerade in Bayernimmer noch an der Bestra-fung. Die Tiere werden einge-zogen, die Täter fahren weiter.Hier müssten die Staatsan-

eigener Zucht verkauft ha-ben. Eine Tierärztin mit imBoot, die gefälschte Pässeausgestellt hat“, erzählt Bir-gitt Thiesmann. „Großartig,dass die Polizei eine Soko ge-gründet hat, dass sie trotz ih-rer dünnen Personaldeckedrangeblieben ist! Die haben

gesprengt werden: Auf demBauernhof unvorstellbarerDreck, 105 verwahrloste Tie-re, tote Welpen, die sogar inBlumenkästen deponiert wa-ren. „Das war ein groß ange-legter internationaler Kreis,Hunde aus dem Osten. Anbie-ter, die Hunde angeblich aus

gitt Thiesmann von der Tier-schutz-Organisation „VierPfoten“. Aber Seligenstadtwar ein Silberstreif am Hori-zont. Ein nächster Meilen-stein war Anfang diesen Jah-res Kreuztal bei Siegen. Nachmonatelangen Vorrecher-chen konnte ein Händlerring

Es gab im November 2015 ei-nen viel beachteten Prozess inSeligenstadt, wo ein Pärchenerstmals Freiheitsstrafen we-gen gemeinschaftlichen undgewerbsmäßigen Betrugs be-kam. Nach diversen Beru-fungsversuchen blieb es bei 13Monaten Haft und zwei Jah-ren Berufsverbot. Dem Seli-genstädter Tierschutzvereinwaren die Händler seit mehrals einem Jahrzehnt bekannt.Regelmäßig hatten sich Käu-fer gemeldet, die über Zwin-gerhusten, Durchfall oder an-steckende Infektionskrank-heiten ihrer Tiere klagten. Daseingeschaltete VeterinäramtOffenbach war weitgehenduntätig geblieben, das Treibenging munter weiter.„Ich wünsche mir, dass dieAmtstierärzte zweimal hinse-hen, wenn sie Meldungen be-kommen, sie sind die wich-tigste Schaltstelle“, sagt Bir- 21 Welpen im Kofferraum: Die Bundespolizei deckte den illegalen Tierhandel in Piding bei Salzburg auf. DPA

DER HANDEL MIT HUNDEN – DIE RECHTLICHE LAGE

Tierschutz allein ist selten ein Anlass für Ermittlungen

Fahrzeug.“ Diese müsstendann in den Tierheimen auf-genommen werden. Doch dieWelpen seien viel zu jung, ge-schwächt und dehydriert. Inder Regel hätten sie starkenParasitenbefall, Verwurmung,Flöhe, Ohrmilben, häufigauch Giardien und Kokzidienbis hin zur Parvovirose. „DieMitarbeiter in den Tierhei-men müssen unter strengenQuarantänebedingungen undunter psychischen und physi-schen Belastungen oft um dasLeben der Tiere kämpfen“, er-zählt Lödermann. Es geht in

Käuferfamilie will das Ver-käuferpaar informieren, dochdie Nummer ist tot. Sie fahrenzu deren Haus – ausgezogen,so die Nachbarn. Und danndämmert es den Käufern: Siesind skrupellosen Welpen-händlern aufgesessen...Birgitt Thiesmann von derTierschutzorganisation „VierPfoten“ kämpft seit 2009 ge-gen den Welpenhandel. Siewar Reporterin bei der „Bra-vo“ und schrieb viel emotio-nale Reportagen. Auch überHunde, die auf Märkten ausdem Kofferraum verkauftwurden. Das war schon Endeder 1990er-Jahre so.Es war ein mühevoller Weg,überhaupt Öffentlichkeit fürdas Thema zu bekommen.Und es war ein Weg hinein inein dunkles Geschäft. „Duhast von außen kaum Chan-cen, erst als ich in Polen denTierschützer Gregor kennen-gelernt habe, der die Funkti-on eines Inspektors hat, ge-langten wir überhaupt in eineder Vermehrerstationen.“Das war die Zeit, als Internet-anzeigen noch in schlechtemDeutsch verfasst waren, alsoftmals belgische Handynum-mern darunter standen. Heu-te wissen viele, dass manHunde nicht auf einem Park-

VON NICOLA FÖRG

Ein nettes Paar, das im Inter-net Chihuahua-Welpen ausliebevoller Hobbyzucht inse-riert. Die beiden leben in ei-ner gepflegten Wohnsiedlung,die Welpen sind süß. Die Ma-ma der Kleinen ist grad beimTierarzt. Hat sich eine Kralleausgerissen, die Arme! Vonden fünf Welpen sind dreischon vergeben. Es wäresinnvoll, nun zuzugreifen,heißt es. Chihuahuas seien jagrad so gefragt. Also wandern900 Euro über den Tisch, esgibt Impfpass und Papiereund auch noch ein Futterstar-terpaket. Nach einer Wocheist der Welpe, der nun Sammyheißt, schlapp, spielt nichtmehr. Der Tierarzt diagnosti-ziert Parvovirose. Der kleineHund überlebt knapp, vieleWelpen sterben daran. Die

Tierschutzbund und Vorsit-zende des TierschutzvereinsGarmisch-Partenkirchen,kämpft in Bayern an vorders-ter Front: „Die Lage hat sichdurch die Wiedereinführungder Grenzkontrollen im Spät-sommer 2015 enorm ver-schärft. Wöchentlich werdenillegal eingeführte Hundewel-pen, aber auch Katzen, Vögelund Reptilien aufgegriffen. ImJanuar waren dies allein inBayern über 20 Fälle. Diesgeht von zwei Welpen im Kof-fer bis hin zu 217 Welpenoder über 600 Vögel in einem

der Tat um eine ungeheureemotionale Belastung: „Manrechnet nicht mit dem, wasman sieht! Als ich das ersteMal in so einer Vermehrersta-tion war, inmitten toter Wel-pen, verzweifelter Hunde-mütter mit entzündeten Ge-säugen und leerem Blick, in-mitten eines bestialischen Ge-stanks, ist ein Welpe in mei-ner Hand gestorben. Hatnoch am Finger genuckeltund war Sekunden später tot.Diese Bilder verfolgen dich.Aber für jedes gerettete Tiernehm ich das in Kauf“, be-richtet Thiesmann.Tessy Lödermann ergänzt:„Am 11. Dezember 2015 wur-den 47 Welpen verschiedens-ter Rassen auf dem Weg vonUngarn nach Spanien be-schlagnahmt. Ich habe in BadReichenhall vier Malteser ab-geholt. Auf dem Rückwegmusste ich einen sofort eu-thanasieren lassen. Er wartodkrank und hatte eine offe-ne Schädeldecke. Die ande-ren konnten nach der Qua-rantäne am 20. Februar 2016an tolle Plätze, sogar in einechtes Schloss, vermitteltwerden. Dies ist nur ein Bei-spiel wie eng Trauer undGlück in unserer Arbeit beiei-nander liegen.“

platz kauft, wissen auch, dassDumpingpreise nichts Gutesbedeuten. Die Hundemafiahat reagiert: Die Homepageswirken nun sehr seriös, eswerden wirklich „Strohver-käufer“ angeworben, freund-liche Ehepaare, nette Omas…Das Geschäft boomt. DerVerband des Haustierbedarfshat eindrückliche Zahlen.Über den Verkauf von Wel-pen-Erstausstattungen, Wel-penfutter etc. kann man er-rechnen, dass rund 500 000Welpen jedes Jahr allein inDeutschland verkauft wer-

den. Der Verband DeutscherHundezüchter wies für 201576 234 Welpen aus. Nun mages Züchter ohne VDH-Zuge-hörigkeit geben, es gibt Pro-menadenmischungen. Eswerden Hunde aus Tierhei-men und von Tierschutzorga-nisationen vermittelt. Aberselbst wenn man da nochmals50 000 Hunde annimmt, esbleibt immer noch eine un-glaubliche Differenz.Und wo kommen diese Hun-de her? Von den Vermehrernaus dem Osten! Tessy Löder-mann, Vizepräsidentin vom

Zehntausende illegale Welpen

Das dreckigeGeschäft

Der Handel mit Welpen

hat einen neuen, trauri-

gen Höhepunkt erreicht.

Ein Lichtblick: Die Polizei

bewertet den Handel nun

als Bandenkriminalität –

und nicht mehr als

Kavaliersdelikt.

Unter Quaran-

täne in Nürn-

berg: die Co-

cker-Spaniel-

Welpen aus

einer Zucht in

Osteuropa soll-

ten teuer hier-

zulande ver-

kauft werden.

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