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Wilhelm Fink · München A. Francke Verlag · Tübingen und … · Pragmatik : Präsuppositionen, Deixis, Implikaturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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DIETRICH BUSSE

Semantik

WILHELM FINK

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Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier

© 2009 Wilhelm Fink GmbH & Co. Verlags-KG, Paderborn(Wilhelm Fink GmbH & Co. Verlags-KG, Jühenplatz 1, D-33098 Paderborn)ISBN 978-3-7705-4862-0

Internet: www.fink.de

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in Germany.Herstellung: Ferdinand Schöningh, PaderbornEinbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

UTB-Bestellnummer: ISBN 978-3-8252-3280-1

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio-grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Der Autor:

Dietrich Busse ist Universitätsprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dort Inha-ber des Lehrstuhls für Germanistische Sprachwissenschaft. Arbeitsschwerpunkte: Semantik, Verste-henstheorie, Textlinguistik und linguistische Epistemologie.

Monographien: Historische Semantik (1987), Textinterpretation (1991), Recht als Text (1992), Juristische Semantik (1993); Sammelbände: Diachrone Semantik und Pragmatik (1989), Begriffsgeschichte und Dis-kursgeschichte (1994, mit F. Hermanns und W. Teubert); Brisante Semantik (2005, mit M. Wengeler und Th. Niehr). Homepage: http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/germ1/mitarbeiter/busse/start.html

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Inhalt

Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Hinweise zur Lektüre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

TEIL I: GRUNDBEGRIFFE, THEORIEN UND MODELLE DER LINGUISTISCHEN SEMANTIK. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1. Grundlagen der Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.0 Ziele und Warm Up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.1 Semantik: Begriff und Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . 131.2 Wissenschafts- und erkenntnistheoretische

Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.3 Semantik: Klassische Prämissen. . . . . . . . . . . . . . . . . 171.4 Die Position der Semantik in den Bereichen

linguistischer Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2. Wortbedeutung: Positionen der Wortsemantik. . . . . . 222.0 Ziele und Warm Up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.1 Die klassische Zeichentheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.2 Die linguistische Zeichentheorie von Saussure . . . . . 272.3 Das defi nitorische Spiel der Semantiktheorien:

Ersetzungskonzepte für „Bedeutung“. . . . . . . . . . . . . 302.4 Traditionelle Semantik:

Vorstellungs- und Begriffs-Theorien der Wort-bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

2.5 Logische Semantik: Intension und Extension. . . . . . . 352.6 Merkmalsemantik und Komponenten-Theorie. . . . . . 412.7 Stereotypen- oder Prototypen-Semantik . . . . . . . . . . . 49

3. Pragmatische Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603.0 Ziele und Warm Up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603.1 Praktische Semantik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603.2 Intentionalistische Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673.3 Semantische Gegenstände der „Linguistischen

Pragmatik“: Präsuppositionen, Deixis, Implikaturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

4. Frame-Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 804.0 Ziele und Warm Up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

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4.1 Grundzüge der semantischen Frame-Theorie . . . . . . 804.2 Frames und (lexikalische) Semantik . . . . . . . . . . . . . . 87

TEIL II: GEGENSTÄNDE UND FORSCHUNGSRICHTUNGEN DER LINGUISTISCHEN SEMANTIK. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

5. Lexikalische Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935.0 Ziele und Warm Up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935.1 Das Konstrukt „Lexikalische Bedeutung“ . . . . . . . . . . 935.2 Stilistische, soziale, konnotative Bedeutungs-

elemente. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975.3 Worttypen und Typen von Wortbedeutung . . . . . . . . . 985.4 Das Problem der „wörtlichen Bedeutung“ . . . . . . . . . 100

6. Semantische Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1026.0 Ziele und Warm Up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1026.1 Syntagmatische und paradigmatische Relationen,

Polysemie, Synonymie, Hypo-/ Hyperonymie . . . . . . 1026.2 Antonymie- und Inkompatibilitäts-Relationen . . . . . . 1056.3 Wortfelder, Bedeutungsähnlichkeit, paradigmatische

Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1086.4 Kognitive Relationen und Strukturen

(Frames, Skripts, semantische Netzwerke) . . . . . . . . 109

7. Von der Wortsemantik zur Satz-, Text- und Kontext-Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

7.0 Ziele und Warm Up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1117.1 Komplexe Inhalte: Überschreitung der Wort-

semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1117.2 Satzbedeutung: Die Konstitution von Aussage-

inhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1157.3 Anmerkungen zur „Textsemantik“ . . . . . . . . . . . . . . . 1217.4 Tendenzen einer „Kontextsemantik“. . . . . . . . . . . . . . 122

8. Kulturwissenschaftliche Semantik: Ein Blick über den Tellerrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

8.0 Ziele und Warm Up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1258.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1258.2 Begriffsgeschichte und Diskursanalyse. . . . . . . . . . . . 1268.3 Argumentationsanalyse und konzeptuelle

Metaphern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1308.4 Linguistische Epistemologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Inhaltsverzeichnis

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Vorwort

Eine Einführung in die Grundlagen der linguistischen Semantik mit dem für die Bände dieser Reihe vorgesehenen, doch recht knapp bemessenen Umfang zu verfassen, ist eine echte Herausforderung. Die Semantik zählt zu den schwierigsten und unübersichtlichsten Gegenstands- und Forschungsbereichen der Sprachwissenschaft. Mit ihren starken Bezügen zu Philosophie, Logik, allgemeiner Semiotik, Psychologie und Kognitionswissenschaft (um nur die wichtigsten zu nennen) ist sie ein Tummelplatz der Theorien, Modelle, wissen-schaftlichen Schulen. Auf diesem ausgedehnten Kampffeld auf so wenigen Seiten Übersicht zu schaffen, kommt einer Quadratur des Kreises gleich. Dennoch ist es den Versuch wert, weil die Semantik schließlich eines der zentralen und sicherlich auch interessantesten Gebiete der Linguistik bzw. Sprachforschung im Allgemeinen ist. Gerade neuere und neueste Ansätze einer wissensanalytischen und kulturwissenschaftlichen Semantik zeigen, dass dieses Gebiet der Linguistik nicht nur etwas für Spezialisten (wie Logiker, Wörterbuch-macher, Computerlinguisten) ist, sondern auch für sozial-, kultur- oder medienwissenschaftlich interessierte Studierende ein wichtiges, aber auch interessantes Rüstzeug darstellt.

Beim Verfassen dieser Einführung sind (neben den eigenen For-schungsarbeiten auf diesem Gebiet) die langjährigen Erfahrungen des Verfassers in der akademischen Lehre der Semantik, seit fünf Jahren auch in Bachelor-Studiengängen, eingegangen. Der hier ge-wählte Ansatz der Darstellung und Gliederung ist daher vielfältig didaktisch erprobt. Ein erster Entwurf dieser Einführung ist von Ba-chelor-Studierenden einer kritischen Prüfung unterzogen worden. Insbesondere deren Hinweise für Kürzungen und Verdeutlichungen waren wertvoll und konnten in die Endfassung eingearbeitet werden. Für die gegebenen Anregungen danke ich allen, die daran mitgewirkt haben, und von denen ich didaktische Tipps und Ideen bezogen habe (manchmal ohne, dass sie dies schon wissen). Besonderen Dank schulde ich der Bachelor-Studierenden Anisha van Elten, die beim Erstellen der Endfassung wertvolle Hilfe geleistet hat.

Düsseldorf, im März 2009 Dietrich Busse

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Hinweise zur Lektüre dieser Einführung

Diese Einführung ist speziell für Studierende der ersten sechs Semes-ter (also im Bachelor-Studium) in einem Fach gedacht, in dem das Teilgebiet Sprachwissenschaft Wahl- oder Pflichtstoff ist, also z.B. in einer der Philologien wie Germanistik, Anglistik, Romanistik usw., oder einem benachbarten Fach wie z.B. Medien- und Kommunikati-onswissenschaften. (Der Verfasser z.B. vertritt das Fach Germanisti-sche Sprachwissenschaft.) Das heißt, es wird versucht, in die Grund-züge der linguistischen Semantik so einzuführen, dass die einzelnen Kapitel nach Möglichkeit auch ohne weitere ergänzende Lektüre ver-ständlich sind und inhaltlich nachvollzogen werden können.

Auch wenn dies das erklärte Ziel dieser Einführung (wie der ande-ren Einführungen dieser Reihe) ist, so muss doch generell eine Ein-schränkung gemacht werden: Eine Einführung in ein so vorausset-zungsvolles (und manchmal auch schwieriges) Gebiet wie die Semantik, die durchgängig bis ins letzte verwendete Wort hinein und für jeden denkbaren Rezipienten selbsterklärend ist, ist schlichtweg im Rahmen der doch recht knappen Umfangsvorgaben für diese Reihe nicht machbar. Es wird sich daher nicht immer vermeiden lassen, und ist dringend zu empfehlen, parallel immer mal wieder ein linguistisches Wörterbuch (z.B. Bussmann 2008, Glück 2005 oder Lewandowski 1994) zu Rate zu ziehen, wenn der eine oder an-dere Begriff noch Erklärungsbedarf offen lässt. (Das Heranziehen von Internet-Quellen kann zwar ebenfalls zu weiterführenden Informa-tionen führen; da diese, wie z.B. Wikipedia, aber leider in linguisti-schen Dingen häufig nicht frei von Irrtümern und Fehldeutungen sind, und häufig arg verkürzte Darstellungen und nur ungewichtete und unsortierte Literaturhinweise enthalten, sind ihnen gegenüber die genannten, von Experten verfassten und redigierten linguisti-schen Wörterbücher eindeutig vorzuziehen.)

Wen das Thema „gepackt“ hat, oder wer manches noch genauer wissen will, kann zu einer der ausführlicheren Einführungen greifen, von denen die empfehlenswertesten allerdings nur auf Englisch vor-liegen, wie z.B. Cruse 1986 und Lyons 1995. Immer noch empfeh-lenswert für die Grundlagen ist das zweibändige Werk von Lyons 1980.

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TEIL I: GRUNDBEGRIFFE, THEORIEN UND MODELLE DER LINGUISTISCHEN SEMANTIK

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1. Grundlagen der Semantik

1.0 Ziele und Warm Up

Über den Charakter wissenschaftlicher Erkenntnis bestehen viele Irrtümer. Sie ist, ganz besonders in der Semantik, von Theorien, Hypothesen und Gegenstandsdefinitionen abhängig.

In diesem Kapitel werden wir• den Gegenstand dieses Buches kurz umreißen,• seine Position im Verhältnis zu Nachbar-Disziplinen und –Be-

reichen bestimmen,• einen Blick auf den erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen

Status semantischer Hypothesen und Definitionen werfen,• besprechen, warum wissenschaftliche Gegenstände als konstitu ierte

Gegenstände zu gelten haben,• fragen, ob „Bedeutung“ überhaupt ein homogenes Phänomen dar-

stellt, und ob es ein „etwas“ wie „die Bedeutung“ (z.B. des Wortes X) überhaupt gibt.

Welche Bedeutungen des deutschen Wortes Bedeutung kennen Sie? Schlagen Sie evtl. in einem deutschen Wörterbuch nach.Erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie mit anderen einmal explizit über die Bedeutung eines Wortes oder eines Satzes gespro-chen haben (im Alltagsleben, außerhalb des Schulunterrichts)? Was für Situationen waren das? Worum ging es? Wie haben Sie dabei über Bedeutung gesprochen? (Wurde das Wort Bedeutung dabei über-haupt verwendet?)

1.1 Semantik: Begriff und Gegenstände

Semantik (Bedeutungslehre, in älterer, durch französische Einflüsse geprägter Terminologie auch: Semasiologie) ist zunächst diejenige Teildisziplin der Sprachwissenschaft bzw. Sprachtheorie, die sich mit der Erforschung der Bedeutungen sprachlicher Zeichen und Zei-chenketten (Syntagmen, Sätze, Texte) befasst. Im engeren Sinne be-zeichnet der Begriff auch die Bedeutung sprachlicher Einheiten selbst („Die Semantik von ‚Empfindsamkeit‘ …“). Analog zu den Ebenen der Organisation komplexer sprachlicher Ausdrücke können Wortse-mantik bzw. lexikalische Semantik, Satzsemantik und Textsemantik (nach mancher Auffassung auch eine ‚Pragmatische Semantik‘) un-terschieden werden. Die Semantik weist enge Bezüge zur Zeichen-theorie (Semiotik) und zur Sprachphilosophie (vor allem zur analy-tischen Philosophie angelsächsischer Prägung) auf und ist durch deren Modelle immer wieder beeinflusst worden. Die Semantik im engeren Sinne ist im 19. Jhd. zunächst als historische Wortforschung

ZieleZiele

Warm UpWarm Up

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und unter starkem Einfluss sprachpsychologischer Ansätze (z.B. W. Wundt) entstanden. Nach der durch de Saussure (1916) eingeleiteten systemlinguistischen Wende wurde sie jedoch zunächst zugunsten der leichter formalisierbaren Teildisziplinen der Sprachwissenschaft (wie Phonologie, Morphologie, Syntax) vernachlässigt, im amerika-nischen Strukturalismus teilweise als nicht „streng wissenschaftlich“ erforschbar angesehen und erst seit den sechziger und siebziger Jah-ren des 20. Jahrhunderts stärker theoretisch und methodisch ausge-baut. (Daneben existierte aber immer die Lexikon-Praxis der Bedeu-tungs-Beschreibung in Wörterbüchern.)

Kern der Semantik als sprachwissenschaftlicher Teildisziplin ist die lexikalische oder Wortsemantik, und zwar sowohl theoretisch-begriff-lich als auch empirisch-forschungspraktisch gesehen. Die Ansicht, dass die semantischen Modelle für Spracheinheiten höherer Organi-sationsebenen (Sätze, Texte) theoretisch wie methodisch aus den Kon-zepten der Wortbedeutung abgeleitet werden müssten (= Kompositio-nalitätsthese) ist immer noch weit verbreitet. Ausgehend von der durch de Saussure kanonisch gewordenen Definition der Zweiseitigkeit (Bi-narität) des sprachlichen Zeichens (Ausdrucksseite bzw. Lautgestalt, Schriftgestalt + Inhaltsseite) wurde die moderne Semantik durch das Prinzip der doppelten Gliederung (double articulation) geprägt. Den modernen (wort-) semantischen Modellen liegt daher das Analysierbar-keitspostulat zugrunde, d.h. die Auffassung, dass die Bedeutungsseite sprachlicher Zeichen (ähnlich wie auf der Ausdrucksseite das Wort in Morpheme und Phoneme) in Teileinheiten aufgegliedert werden kann. Ob es solche Teileinheiten auf der Bedeutungsseite tatsächlich gibt, ist jedoch zwischen den verschiedenen Modellen und Schulen der Wort-semantik äußerst umstritten.

Bei den Theorien der Wortsemantik kann (weitgehend dem Ver-lauf der Theoriegeschichte folgend) zwischen Vorstellungstheorien, Merkmal- bzw. Komponenten-Semantik, Logischer Semantik, Proto-typen- bzw. Stereotypen-Semantik und Pragmatischer Semantik un-terschieden werden. Neu hinzu kommt die zunehmend intensiver erforschte Kognitive Semantik (die einen Bogen zurück schlägt zu den psychologischen Tendenzen der Semantik im 19. Jhd.). Ein in-teressanter neuerer Ansatz ist die Frame-Semantik, die den Schwer-punkt auf eine umfassende Berücksichtigung des verstehensrele-vanten Wissens in der semantischen Analyse legt. – In Theorie und Forschung sehr viel weniger stark ausgebaut als die Lexikalische oder Wortsemantik ist die Satzsemantik. Hier stehen sich vor allem lo-gisch-semantische und eher pragmatisch-verstehenstheoretisch ori-entierte Ansätze gegenüber. Die Idee einer seit Aufkommen der Text-linguistik in den 1980er Jahren postulierten Textsemantik wird erst neuerdings im Kontext von Kognitiver Semantik und Sprachverste-hensmodellen wieder aufgegriffen. – Neben oder am Rande der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie sind in jüngerer Zeit (meist interdisziplinär angelegte) Konzepte einer stärker kulturwis-

„Semantik“ ist Wortsemantik„Semantik“ ist Wortsemantik

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Grundlagen der Semantik | 1

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