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478 J. Haubrich Literatur Golding-Wood PH (1961) Observations on petrosal and vidian neurectomy in chronic vasomotor rhinitis. J Laryngol Otol 75:232-247 H. Penzholz, A. Kiihner, V. Sturm (a. G.) (Heidelberg): Die intrakraniellen Operationen bei Erkrankungen des N. trigeminus (Erlfiuterungen zum Referat) Die Ausf/ihrungen des gedruckt vorliegenden Referates werden zusammenge- fagt und mit Bildern erg/inzt. Siehe auch die den Erlfiuterungen folgende Diskussion weiter unten. J. Haubrich (Krefeld): Weitere chirurgische MaBnahmen bei Schmerzzustfinden im HNO-Bereich - Nervus glosso-pharyngeus, Nervus laryngicus cranialis, Nervus trigeminus Iund II (Erlfiuterungen zum Referat) T/iglich werden wir in der Praxis mit Patienten konfrontiert, die fiber Schmerzen in der Gesichts- und Halsregion klagen, und nicht selten bereitet es uns Schwierigkeiten, den Schmerz fitiologisch und pathogenetisch richtig einzuord- nen, um ein wirkungsvolles Therapiekonzept entwickeln zu k6nnen. Dies gilt insbesondere ftir diejenigen Schmerzzustfinde, die dutch eine Irritation des Nervus trigeminus oder des Nervus glosso-pharyngeus verursacht werden. Zunfichst sollte man sich die Definition des Schmerzes, wie sie durch die internationale Gesellschaft zum Studium des Schmerzes vorgeschlagen wurde, vergegenwfirtigen: ,,Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Geftihlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschfidigung verkntipft ist oder mit Begriffen einer solchen Schfidigung beschrieben wird." Aus dieser Definition spfirt man die Komplexitfit des Schmerzbegriffes und sie erhellt zugleich die Schwierigkeiten, die bei der Erforschung der Schmerz- ursache und ihrer therapeutischen Beeinflussung immer wieder auftreten. Die Eruierung der Schmerzursache ist die wichtigste Voraussetzung, um eine sinnvolle Behandlung betreiben zu k6nnen. Sie erfordert ein geduldiges Zuh6ren der Schmerzschilderung dnrch den Patienten, da Schmerzqualitfit und Schmerzintensitgt in den meisten Ffillen durch eine verbale Kommunikation zwischen Arzt und Kranken nfiher aufgeklfirt wird. Aus der Schmerzqualitfit lassen sich wichtige diagnostische Rfickschltisse ziehen, die jedoch auch zu Trugschlfissen ffihren k6nnen. Zwei Beispiele: Ein blitzartig auftretender Schmerz der Gesichtsregion wird fast immer auf einen Tic douloureux und brennende Schmerzen im Bereich der Zunge auf eine Irritation von vegetativen Nervenfasern bezogen. Zu Recht weist W6rz (1980) darauf hin, dab sich hinter lanzinierenden Gesichtsschmerzen ein intracranieller Tumor verbergen kann und brennende Schmerzen an der Zunge im Ablauf von endogenen Depres- sionen auftreten k6nnen.

Weitere chirurgische Maßnahmen bei Schmerzzuständen im HNO-Bereich — Nervus glosso-pharyngeus, Nervus laryngicus cranialis, Nervus trigeminus I und II

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Page 1: Weitere chirurgische Maßnahmen bei Schmerzzuständen im HNO-Bereich — Nervus glosso-pharyngeus, Nervus laryngicus cranialis, Nervus trigeminus I und II

478 J. Haubrich

Literatur

Golding-Wood PH (1961) Observations on petrosal and vidian neurectomy in chronic vasomotor rhinitis. J Laryngol Otol 75:232-247

H. Penzholz, A. Kiihner, V. Sturm (a. G.) (Heidelberg): Die intrakraniellen Operationen bei Erkrankungen des N. trigeminus (Erlfiuterungen zum Referat)

Die Ausf/ihrungen des gedruckt vorliegenden Referates werden zusammenge- fagt und mit Bildern erg/inzt. Siehe auch die den Erlfiuterungen folgende Diskussion weiter unten.

J. Haubrich (Krefeld): Weitere chirurgische MaBnahmen bei Schmerzzustfinden im HNO-Bereich - Nervus glosso-pharyngeus, Nervus laryngicus cranialis, Nervus trigeminus Iund II (Erlfiuterungen zum Referat)

T/iglich werden wir in der Praxis mit Patienten konfrontiert, die fiber Schmerzen in der Gesichts- und Halsregion klagen, und nicht selten bereitet es uns Schwierigkeiten, den Schmerz fitiologisch und pathogenetisch richtig einzuord- nen, um ein wirkungsvolles Therapiekonzept entwickeln zu k6nnen. Dies gilt insbesondere ftir diejenigen Schmerzzustfinde, die dutch eine Irritation des Nervus trigeminus oder des Nervus glosso-pharyngeus verursacht werden.

Zunfichst sollte man sich die Definition des Schmerzes, wie sie durch die internationale Gesellschaft zum Studium des Schmerzes vorgeschlagen wurde, vergegenwfirtigen: ,,Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Geftihlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschfidigung verkntipft ist oder mit Begriffen einer solchen Schfidigung beschrieben wird."

Aus dieser Definition spfirt man die Komplexitfit des Schmerzbegriffes und sie erhellt zugleich die Schwierigkeiten, die bei der Erforschung der Schmerz- ursache und ihrer therapeutischen Beeinflussung immer wieder auftreten. Die Eruierung der Schmerzursache ist die wichtigste Voraussetzung, um eine sinnvolle Behandlung betreiben zu k6nnen. Sie erfordert ein geduldiges Zuh6ren der Schmerzschilderung dnrch den Patienten, da Schmerzqualitfit und Schmerzintensitgt in den meisten Ffillen durch eine verbale Kommunikation zwischen Arzt und Kranken nfiher aufgeklfirt wird. Aus der Schmerzqualitfit lassen sich wichtige diagnostische Rfickschltisse ziehen, die jedoch auch zu Trugschlfissen ffihren k6nnen. Zwei Beispiele: Ein blitzartig auftretender Schmerz der Gesichtsregion wird fast immer auf einen Tic douloureux und brennende Schmerzen im Bereich der Zunge auf eine Irritation von vegetativen Nervenfasern bezogen. Zu Recht weist W6rz (1980) darauf hin, dab sich hinter lanzinierenden Gesichtsschmerzen ein intracranieller Tumor verbergen kann und brennende Schmerzen an der Zunge im Ablauf von endogenen Depres- sionen auftreten k6nnen.

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Chirurgische MaBnahmen bei Schmerzzustfinden im HNO-Bereich 479

Die Intensitfit des Schmerzes wird durch die ausl6sende Ursache und nicht zuletzt dutch die individuelle unterschiedliche Schmerzschwelle (Schmerzemp- findlichkeit) bestimmt. Ferner spielen zirkadiane Schwankungen bei der Schmerzintensitgt eine Rolle, wobei es zu einer Schmerzverstfirkung am Abend und whhrend der Nachtstunden kommt. Weiterhin muB die Lokalisation der Schmerzen und deren Ausstrahlungen in benachbarte Regionen beachtet werden, l]ber die Einteilung der Schmerzen - Dolor localisatus, Dolor projectus und Dolor translatus - soll an dieser Stelle nicht nfiher eingegangen, jedoch auf die besonderen Schwierigkeiten in der Erkennung der Schmerzur- sache beim Dolor projectus ausf0hrlich hingewiesen werden. Die Kausalitfit der die Schmerzen ausl6senden Noxen und deren Wirkungsmechanismen sind im einzelnen noch nicht bekannt, so dab auch aufgrund von Schwierigkeiten in der Nomenklatur eine allgemein gfiltige Schmerzeinteilung und somit auch ein allgemein gOltiges Therapiekonzept nicht m6glich ist.

Aus der Praxis stellt sich nun die Frage, inwieweit wir als Hals-Nasen- Ohrenfirzte berechtigt und in der Lage sind, Erkrankungen z.B. des N. trigeminus (insbesondere des I. und II. Astes) und des N. glosso-pharyngeus operativ anzugehen. Fast mag es Oberflfissig erscheinen, auf die Wichtigkeit einer sehr sorgffiltigen Diagnostik hinzuweisen. Nut dadurch lassen sich allzu nutzlose BehandlungsmaBnahmen vermeiden, die for den an heftigen Schmerz- attacken leidenden Patienten eine zusfitzliche Belastung bedeuten. Glaser sprach schon 1928 von dem ,,Syndrom der nutzlosen Operationen", die es unbedingt zu vermeiden gelte. Als Beispiel sei die Neuralgie des N. glosso-pha- ryngeus angef0hrt. Durch Kokainisierung der typischen Triggerzonen an der seitlichen und hinteren Rachenwand, der Tonsillenregion und des Zungen- grundes verschwinden hfiufig die Schmerzen - ein wichtiges Indiz for die Beteiligung des N. glosso-pharyngeus an den Schmerzzustfinden. M/indnich (1952) und Leieher (1953) konnten durch eine v o n d e r Mundh6hle her ausgef0hrte perineurale Anaesthesie mit Novocain oder Alkohol eine kurzfri- stige Blockierung des Nerven im Spatium parapharyngicum und damit vorfibergehende Schmerzfreiheit for den Patienten erreichen, ebenfalls eine Methode von hohem diagnostischen Wert. Die perineurale Infiltration mit einem Lokalanaesthetikum lfiBt sich auch bei der symptomatischen Trigemi- nus-Neuralgie im I. und II. Ast erfolgreich anwenden.

Im Referat wurde ausf0hrlich auf die konservativen Behandlungsmethoden verwiesen, mit denen wir in nicht seltenen Ffillen ein hohes MaB an therapeutischer Effizienz erreichen k6nnen. Es gilt die gesamte Palette der zur Verf0gung stehenden medikament6sen Maf3nahmen zu ber/icksichtigen, bevor man sich zum operativen Eingriff entschlieBt. Man sollte sich vor Augen halten, dab auch der operative Eingriff nicht in jedem Fall erfolgreich ist. BerOcksichtigt man diese Tatsache, so wird man sich eine ZurOckhaltung in der Indikations- stellung zum operativen Eingriff auferlegen. Der sollte den Ffillen vorbehalten bleiben, bei denen alle medikament6sen MaBnahmen, auch die Nervenblok- kierung durch Infiltrationsanaesthesie erfolglos geblieben sind. Hier ist der operative Eingriff oft der letzte Ausweg.

Es stellt sich die Frage, ob wir als Hals-Nasen-Ohren-Arzte aufgrund unserer operativen M6glichkeiten z.B. bei der symptomatischen Trigeminus- oder

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Glosso-pharyngeus-Neuralgie tfitig werden k6nnen und sollen. Nach der neuesten Operationslehre von Denecke (1980) und anderen Autoren ist eine Absetzung oder Durchtrennung des Nerven in seinem extrakraniellen Anteil eine Magnahme, die, wenn oft auch nur voriibergehend, zur Schmerzlinderung oder Schmerzfreiheit ffihren kann. Auch aus neurochirurgischer Sicht wird dem extrakraniellen Eingriff als dem den Patienten am wenigsten belastenden Ersteingriff zugestimmt. Er hat den Vorzug, dab er ohne groBe technische Schwierigkeiten und ohne schwerwiegende Belastung ffir den Patienten ausgeffihrt werden kann. Man mug bedenken, dab hfiufig filtere Patienten an derartigen Neuralgien leiden, und schon der Allgemeinzustand oft einen limitierenden Faktor ffir einen gr6geren neurochirurgischen Eingriff bedeutet. Nach Erfolglosigkeit derartiger Magnahmen muB das Gesprgch mit den Neurochirurgen ffir eine weitere Behandlung aufgenommen werden. Eine (3bereinkunft auf dieser Ebene wird sich mit Sicherheit zum Wohle des Patienten auswirken. Heppner (1973) meint zu Recht, dab das goldene Zeitalter der Nervendurchschneidungen vorbei sei. Die richtig gestellte Indikation zum operativen Eingriff bezieht sich auf die Neuralgien, die durch keinerlei Medikamente - durch Schmerzmittel, Anticholinergika, Antihistaminika, Mutterkornalkaloide, Psychopharmaka - zu verbessern sind.

Literatur

Denecke HJ (1980) Die oto-rhino-laryngologischen Operationen im Mund- und Halsbereich. In: Allgemeine und spezieUe Operationslehre, Bd V/3. Springer, Berlin Heidelberg New York

Glaser MA (1928) Atypical neuralgia, so-called. Arch Neurol 20:537 Heppner F (1973) Chirurgische Behandlung cranialer Neuralgien. Akt Probl Psychiatr Neurol

Neurochir 10:105 Leicher H (1953) Symptomatologie, Differentialdiagnostik und Therapie der Glossopharyn-

geus-Neuralgie. Laryngol Rhinol Otol (Stuttg) 32:629 Mtindnich K (1952) Die Behandlung der Glossopharyngeus-Neuralgie. Monatsschr Ohrenheilkd

86:114 W6rz R (1980) Schmerz als Phfinomen. In: 8chmerz-Diagnose, Differentialdiagnose, Therapie.

Aesopus, Basel Mtinchen

R. Arold (G6ttingen): Chirurgie des N. recurrens (Erlfiuterungen zum Referat)

Anlfiglich der Jahrestagung unserer Gesellschaft im Jahre 1973 kommentierte v. Leden den Stand der Recurrenschirurgie mit folgendenWorten:

,,Die funktionelle Chirurgie des Kehlkopfes ist gegenwfirtig in der Ent- wicklungsphase. . . Als Laryngologen wissen wir, dab die Rekonstruktion des Nervus recurrens eines der gr6gten und schwersten Probleme in dieser neuen Wissenschaft ist."

Es dfirfte kein Zweifel bestehen, dag diese Feststellung trotz mancherlei weiterer Bemfihungen um Diagnostik und Therapie traumatischer Recurrens- lfihmungen kaum an Bedeutung verloren hat. Die wesentlichen Schwierigkeiten der Wiederherstellungschirurgie des N. recurrens sind bedingt: