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VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN S 11 63 2. Kammer als Versicherungsgericht bestehend aus Verwaltungsrichterin Moser als Vorsitzende, Richter Stecher und Audétat, Aktuarin ad hoc Parolini URTEIL vom 5. Juni 2013 in der verwaltungsrechtlichen Streitsache A._____, vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Hofer, Beschwerdeführerin gegen B._____ AG, Beschwerdegegnerin betreffend Versicherungsleistungen nach UVG.

URTEIL VG/20… · Kontusionen sowie eine commotio cerebri und eine contusio labyrinthi. ... (Schwindel, Konzentrationsmangel, Durchschlafstörungen, Gefühle von Bedrohung,

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VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GRAUBÜNDEN

S 11 63 2. Kammer als Versicherungsgericht

bestehend aus

Verwaltungsrichterin Moser als Vorsitzende, Richter Stecher und

Audétat, Aktuarin ad hoc Parolini

URTEIL

vom 5. Juni 2013

in der verwaltungsrechtlichen Streitsache

A._____,

vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Hofer,

Beschwerdeführerin

gegen

B._____ AG,

Beschwerdegegnerin

betreffend Versicherungsleistungen nach UVG.

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1. A._____ hatte ab dem 1. September 2008 eine Stelle als X._____ am

C._____ inne. Sie war bei der B._____ AG obligatorisch unfallversichert.

Am 13. Oktober 2008 geriet sie als Mitfahrerin eines Personenwagens in

O.1._____ in einen Unfall. Das von einem Chauffeur gelenkte Fahrzeug,

in dem sie und ihr Lebenspartner D._____ unterwegs waren, geriet ins

Schleudern, kam von der Fahrbahn ab und überschlug sich mehrmals.

A._____ wurde dabei aus dem Auto geschleudert. Sie war nach dem

Unfall bewusstlos und hat bezüglich des Unfallhergangs eine Amnesie.

Beim Unfall erlitt sie ein Polytrauma mit zahlreichen Verletzungen im

Bereich des Schädels, der Wirbelsäule, diverse Prellungen und

Kontusionen sowie eine commotio cerebri und eine contusio labyrinthi.

Am Tag nach dem Unfall wurden sie und D._____, mit der

Rettungsflugwacht in die Schweiz geflogen. A._____ wurde im Unispital

Zürich hospitalisiert und mehrmals operiert. D._____ verstarb am 20.

Oktober 2008 an den Folgen des Unfalls. Das Universitätsspital Zürich

stellte bei A._____ am 4. Dezember 2008 folgende Diagnose: 1.

Schädelkontusion mit Brillenhämatom, Rissquetschwunde (RQW) mit

Galeahämatom frontal, Hyposphagma temporal links, oberflächliche

Zahnabsplitterungen 17 und 27, 2. stumpfes Abdominaltrauma, 3.

Wirbelsäulentrauma (undislozierte Fraktur linksseitig massa lateralis C1,

Kyphose C6/7 höhengeminderter C6 mit möglichem Teardrop DD

degenerativ, inkomplette kraniale Berstungsfraktur LWK 2, 4. Fraktur Os

coccygis und 5. Kontusionen am Oberschenkel links und Vorderarm links

sowie folgende Verlaufsdiagnosen: zweiseitige Milzruptur am 18. Oktober

2008, multiresistenter E.coli (ESBL) am 24. Oktober 2008, rektal, inguinal,

Urin. Vom 4. bis 21. November 2008 hielt sich A._____ stationär in einer

Rehaklinik auf. Sie wurde erholt und in Bezug auf die Wirbelsäule in

stabilem und gekräftigtem Zustand nach Hause entlassen. A._____ war

ab dem Unfall zu 100 % arbeitsunfähig, für die Zeit ab 5. Januar 2009 bis

9. Juli 2009 wurde sie als X._____ wieder am C._____ angestellt.

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2. In der Folge traten vermehrt Beschwerden (Schwindel,

Konzentrationsmangel, Durchschlafstörungen, Gefühle von Bedrohung,

belastungsabhängige Schmerzen im Kreuz, Einschränkungen in der

Beweglichkeit, Erschöpfung am Ende des Arbeitstages) auf, sodass

A._____ das Arbeitspensum reduzieren musste respektive nicht weiter

ausbauen konnte. Am 29. August 2009 meldete sie sich bei der

Invalidenversicherung für die „berufliche Integration/Rente“ an. Mit

Schreiben vom 12. Februar 2010 an die B._____ wies A._____ darauf

hin, dass sie beim Unfall in O.1._____ ein schweres Schädelhirntrauma

erlitten habe. Sie leide immer noch unter den Folgen dieses

Schädelhirntraumas, die sich in Problemen mit der Konzentration und

erhöhter Ablenkbarkeit zeigten. Diese Beschwerden seien bis dahin nicht

gründlich abgeklärt worden, weshalb sie eine neuropsychologische

Begutachtung bei Dr. med. E._____, ehemals Chefarzt Neurologie einer

SUVA-Rehaklinik, beantragte. Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 teilte

die B._____ mit, sie werde bei der Gutachterstelle N._____ eine

interdisziplinäre Begutachtung vornehmen lassen. A._____ liess

mehrfach ausführen, dass sie mit N._____ als Gutachterstelle,

insbesondere mit dem Neurologen Prof. Dr. med. F._____, nicht

einverstanden sei, unter anderem weil das N._____ polydisziplinäre

medizinische Gutachten praktisch ausschliesslich im Auftrag von

Versicherungs-Gesellschaften erstatte. Sie würde daher die

Schlussfolgerungen eines Gutachtens des N._____ nicht akzeptieren. Da

aus Sicht der Versicherung keine Ausstandsgründe vorlagen, beauftragte

diese dennoch das N._____ mit der Begutachtung.

3. Am 28. April 2010 wurde A._____ im N._____ polydisziplinär untersucht.

Das entsprechende Gutachten wurde am 28. Juni 2010 der B._____

zugestellt. Die Begutachtung umfasste eine internistische Untersuchung

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durch Dr. med. G._____, eine orthopädisch-chirurgische Untersuchung

durch Dr. med. H._____, eine neurologische Untersuchung durch Prof.

Dr. med. F._____ und eine psychiatrische Untersuchung durch Dr. med.

I._____. Die Gutachter stellten folgende Diagnosen mit Auswirkungen auf

die Arbeitsfähigkeit: „1. Chronische Lumbalgien mit/bei Status nach

kranialer Berstungsfraktur LWK 2 am 13.10.2008, Status nach dorsaler

Stabilisierung LWK 1 auf LWK 3 am 24.10.2008, Status nach ventraler

Spondylodese am 29.10.2008“ sowie folgende Diagnose ohne Einfluss

auf die Arbeitsfähigkeit: „2. Status nach zweiseitiger traumatischer

Milzruptur und hämorrhagischem Schock, Status nach stumpfem

Bauchtrauma am 13.10.2008, Status nach Splenektomie am 18.10.2013

mit/bei: 3. Status nach undislozierter Fraktur der massa lateralis C1, 4.

Status nach Fraktur des Os coccygis, 5. Status nach Schädelkontusion

mit Brillenhämatom und Rissquetschwunde, 6. Leichtgradiges

Defektsyndrom nach unfallbedingter Contusio labyrinthi, 7. Kyphose C6/7

mit Höhenminderung C6, 8. Anamnestisch Urticaria.“ Aus internistischer

und psychiatrischer Sicht war der Befund unauffällig. Eine psychiatrische

Erkrankung wurde verneint. Der Neurologe bejahte die Unfallkausalität

hinsichtlich der Bewegungseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule

sowie der nach seiner Einschätzung wenig beeinträchtigenden

Drehschwindelsymptomatik. Er stellte keine Hinweise für einschränkende

kognitive Beeinträchtigungen fest und bemerkte dazu, dass leichtgradige

Schädelhirntraumata (commotio cerebri) aus schulmedizinischer Sicht

nicht mit ausreichender Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit dauerhafte

kognitive Defektsyndrome hinterlassen würden. Die Gutachter legten die

Arbeitsunfähigkeit von A._____ in ihrer angestammten Tätigkeit als

X._____ bei 20 % (Einschränkung in chirurgisch-orthopädischer Hinsicht)

und die Integritätseinbusse bei insgesamt 20 % (Wirbelsäulenverletzung

10 %, Milzverlust 10 %) fest.

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4. A._____ war mit den Ausführungen im polydisziplinären Gutachten vom

28. Juni 2010 und den Schlussfolgerungen der B._____ nicht

einverstanden. Daher erliess die Unfallversicherung am 22. November

2010 eine anfechtbare Verfügung. Gestützt auf das Gutachten des

N._____ erachtete sie den unfallbedingten medizinischen Endzustand

spätestens mit der Exploration von Ende April 2010 als erreicht. Sie stellte

die Leistung von Taggeld und Heilbehandlungskosten per 30. April 2010

ein und sprach eine Invalidenrente von CHF 246.00 monatlich, basierend

auf einem versicherten Jahresverdienst von CHF 18‘398.00 und einem

Invaliditätsgrad von 20 %, sowie eine Integritätsentschädigung von

CHF 25‘200.00, basierend auf einem Integritätsschaden von 20 %, zu.

5. Dagegen erhob A._____ am 15. Dezember 2010 Einsprache, beantragte

die Zusprechung einer UVG-Invalidenrente entsprechend einer

unfallbedingten Invalidität von 40 % sowie einer Integritätsentschädigung

entsprechend einer unfallbedingten Integritätseinbusse von 40 %. Mit

Einspracheentscheid vom 25. März 2011 korrigierte die B._____ die Höhe

der monatlichen Invalidenrente auf CHF 368.00, basierend auf einem

Invaliditätsgrad von 20 % und neu auf einem versicherten Jahresverdienst

von CHF 27‘595.95. Im Übrigen wurde die Einsprache abgewiesen.

6. Gegen den Einspracheentscheid vom 25. März 2011 erhob A._____

(nachfolgend Beschwerdeführerin) am 6. Mai 2011 Beschwerde an das

Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Sie stellte folgendes

Rechtsbegehren: „Der Einspracheentscheid der Beschwerdebeklagten

vom 25. März 2011 sei aufzuheben, soweit damit die Verfügung vom 22.

November 2010 bestätigt worden ist. Die Beschwerdebeklagte sei dazu

zu verurteilen, der Beschwerdeführerin ab 1. Mai 2010 eine Rente

entsprechend einer unfallbedingten Invalidität von 40 % und eine

Integritätsentschädigung entsprechend einer unfallbedingten Integritäts-

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einbusse von 40 % zu gewähren. Eventuell sei die Sache zurückzuweisen

an die Beschwerdebeklagte mit der Weisung, eine neuropsychologische

Abklärung (nicht im N._____) durchführen zu lassen. Die o/e -Kosten des

Beschwerdeverfahrens seien der Beschwerdebeklagten aufzuerlegen.“

Die Beschwerdeführerin wies erneut darauf hin, dass sie die

Begutachtung durch das N._____, insbesondere die neurologische

Untersuchung durch den Neurologen Prof. Dr. med. F._____ ablehne. Sie

beanstandete in ihrer Beschwerde, dass ihr Antrag auf neuro-

psychologische Abklärung der Folgen des erlittenen Schädelhirntraumas

abgelehnt worden sei. Die Begründung, der Neurologe sei zum Schluss

gekommen, die Beschwerdeführerin habe beim Unfall lediglich ein

leichtgradiges Schädelhirntrauma (commotio cerebri) erlitten und ein

solches hinterlasse nicht mit ausreichender Sicherheit oder

Wahrscheinlichkeit dauerhafte kognitive Defektsyndrome, und es sei nicht

belegt, dass die Beschwerdeführerin eine schwerere Beeinträchtigung als

ein leichtgradiges Schädelhirntrauma erlitten habe, sei unzutreffend.

Immerhin sei unbestritten, dass die Beschwerdeführerin eine

Schädelkontusion erlitten habe. Zudem kenne mangels Zeugen niemand

den genauen Unfallhergang. Sie selbst habe für das Unfallereignis eine

Amnesie, was typisch sei für ein Schädelhirntrauma. Es sei anzunehmen,

dass sie durch die Scheibe aus dem Auto geschleudert worden sei. Ein

solcher Unfall verursache nach der Lebenserfahrung und dem

gewöhnlichen Lauf der Dinge schwere Verletzungen. Seit dem Unfall

leide sie unter erhöhter Ermüdbarkeit, reduzierter Belastbarkeit und

Erschöpfung am Ende des Arbeitstages, habe Konzentrationsprobleme

und Einschlafstörungen. Der Hinweis im Gutachten, es würden keine

Konzentrationsstörungen und Gedächtnisstörungen angegeben, sei

unzutreffend, seien doch diese erst seit dem Unfall bestehenden

kognitiven Defizite in den Untersuchungen immer wieder erwähnt und

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auch im Gutachten an mehreren Stellen beschrieben worden. Mit Hinweis

auf die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie/Arbeitsge-

meinschaft für Neurologische Begutachtung argumentierte die

Beschwerdeführerin, dass bei einem gedeckten Schädelhirntrauma, wie

sie eines erlitten habe, im Rahmen einer neurologischen Begutachtung

auch eine neuropsychologische Untersuchung durchgeführt werden

müsse. Sie beanstandete zudem, dass der Neurologe Prof. Dr. med.

F._____ ohne neuropsychologische Testung ihre Intelligenz als sich im

Durchschnittsbereich befindend und die verminderte Belastbarkeit mit

beginnenden Konzentrationsstörungen bei längerer Aufmerksamkeit als

leichtgradig und ohne Krankheitswert qualifiziert habe. Diese Beurteilung,

so führte sie aus, wäre gerade die Aufgabe einer neuropsychologischen

Abklärung gewesen.

Die Beschwerdeführerin akzeptierte die psychiatrische Begutachtung,

wonach keine psychiatrische Diagnose gestellt werden könne. Dieses

Ergebnis zeige, dass die von ihr geschilderten Beschwerden nicht auf

eine psychische Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens zurückzuführen

seien. Selbst wenn auch nur eine leichte Hirnfunktionsstörung vorhanden

wäre, wäre diese relevant für die Beurteilung sowohl der Invalidität als

auch der Integritätseinbusse. Die festgestellte orthopädische

Arbeitsunfähigkeit von 20 % werde ebenfalls akzeptiert. Hinzu komme

jedoch eine zusätzliche Verminderung der Arbeitsfähigkeit aufgrund der

auf das Schädelhirntrauma und auf die Stauchung der Halswirbelsäule

zurückzuführenden Beschwerden.

Am Antrag, eine neuropsychologische Beurteilung durch Prof. Dr. phil.

K._____, durchführen zu lassen, hielt die Beschwerdeführerin fest.

Gestützt darauf müsse dann das Mass der Minderung der

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Leistungsfähigkeit und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit

und die Verdienstmöglichkeiten neu beurteilt werden.

7. Am 27. Mai 2011 erging die Beschwerdeantwort der B._____

(nachfolgend Beschwerdegegnerin). Sie beantragte die kostenfällige

Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führte sie aus, die

Beschwerdeführerin habe keine begründeten Ausstands- und

Ablehnungsgründe gegen das N._____ respektive gegen Prof. Dr. med.

F._____ vorgebracht. Die Beauftragung des N._____ sei rechtens

gewesen und die Mitwirkungsrechte seien gewahrt worden. Dem

Gutachten komme volle Beweiskraft zu. Anlässlich der Untersuchung am

N._____ sei festgestellt worden, dass die Beeinträchtigung durch

verminderte Belastbarkeit mit beginnenden Konzentrationsstörungen bei

längerer Aufmerksamkeit nur leichtgradig ausgeprägt sei sowie dass

keine Hinweise für einen psychiatrischen Gesundheitsschaden und für

behindernde kognitive Beeinträchtigungen vorhanden seien, was der

Erfahrung entspreche, dass eine commotio cerebri mit überwiegender

Wahrscheinlichkeit keine dauerhaften kognitiven Defektsyndrome

hinterlasse. Es sei Sache des medizinischen Gutachters, über Art und

Umfang der aufgrund der konkreten Fragestellung erforderlichen

Untersuchungen zu befinden. Mangels Hinweise für eine Störung

neuropsychologischer Funktionen oder der verbalen oder bildlichen

Auffassung habe der Neurologe eine neuropsychologische Untersuchung

als nicht notwendig erachtet. Offenbar hätten auch die behandelnden

Ärzte eine entsprechende Abklärung im Verlauf der vergangenen Jahre

nicht für angezeigt erachtet. Der von Dr. med. L._____ festgestellte

Lagerungsschwindel (Bericht vom 27. April 2010), der auf die

Lagerungsmanöver hin wieder verschwunden sei, habe offenbar keinen

Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin gehabt,

ansonsten dieser weiter behandelt worden wäre. Die

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psychiatrisch/psychotherapeutische Behandlung bei Dr. med. M._____

und P._____ (Bericht vom 20. Juni 2009), die im September 2009 habe

beendet werden können, habe eine Verbesserung der

Durchschlafstörungen und der Konzentrationsfähigkeit sowie eine

Verminderung der Ängste gebracht. Auch diese Beschwerden hätten

somit die Arbeitsfähigkeit nicht vermindert. Aus den von der

Beschwerdeführerin zitierten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für

Neurologie/Arbeitsgemeinschaft für Neurologische Begutachtung gehe

auch hervor, dass die Untersuchungsgegenstände von Verhaltens-

neurologie und Neuropsychologie weitgehend identisch seien und dass

bei entsprechender Qualifikation und Erfahrung des Gutachters auf eine

neuropsychologische Zusatzbegutachtung verzichtet werden könne. Von

einer solchen habe vorliegend auch abgesehen werden können, weil

neuropsychologische Tests gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung

keinen Nachweis für die Kausalität zwischen geltend gemachten

kognitiven Leistungsschwächen und einem Unfallereignis erbringen

könnten.

Der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den von

der Beschwerdeführerin geklagten belastungsabhängigen Schmerzen im

Kreuz, der eingeschränkten Beweglichkeit und dem gelegentlichen

Drehschwindel bei Kopf- und Körperwendungen sei zu bejahen, nicht

jedoch die geklagte verminderte Belastbarkeit mit beginnenden

Konzentrationsstörungen bei längerer Aufmerksamkeit, sei diese doch

leichtgradig und ohne Krankheitswert. Weder der neurologische noch der

psychiatrische Gutachter hätten Hinweise für das Vorliegen behindernder

kognitiver Defekte festgestellt. Die Beschwerdeführerin sei in ihrer

angestammten Tätigkeit als X._____ zu 20 % eingeschränkt, daher und

weil vorliegend der Invaliditätsgrad dem Arbeitsunfähigkeitsgrad

entspreche, sei ihr eine Rente von 20 % zugesprochen worden.

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Der Integritätsschaden betrage 20 %. Eine Erhöhung auf 40 %, wie von

der Beschwerdeführerin beantragt, sei nicht statthaft, zumal eine

Hirnfunktionsstörung weder von den Gutachtern noch den behandelnden

Ärzten festgestellt worden sei. Selbst wenn jedoch eine solche vorliegen

würde, seien die Konzentrationsstörungen bei längerer Aufmerksamkeit

nicht überwiegend wahrscheinlich auf den Unfall zurückzuführen. Zudem

stellten sie sowie der gelegentlich auftretende Drehschwindel keine

erhebliche Beeinträchtigung dar.

8. Mit Replik vom 14. Juni 2011 hielt die Beschwerdeführerin an ihrem

Rechtsbegehren fest. Sie wies auf die Absicht des Bundesamtes für

Sozialversicherungen hin, künftig die Gutachtertätigkeit der medizinischen

Abklärungsstellen MEDAS, die teilweise ausschliesslich für die

Invalidenversicherung tätig und von entsprechenden Begutachtungs-

aufträgen abhängig seien, neu zu regeln. Mit Blick darauf seien die von

verschiedener Seite vorgebrachten Bedenken gegen die Begut-

achtungspraxis der Sozialversicherer nicht unbegründet. Sie rügte die

formalistische Argumentation der Beschwerdegegnerin gegenüber ihrer

inhaltlichen Kritik am Gutachten des Neurologen und an der

unterbliebenen Abklärung, ob das erlittene Schädelhirntrauma zu einer

Hirnfunktionsstörung geführt habe oder nicht. Die Beschwerdegegnerin

folge einfach der Einschätzung von Prof. Dr. med. F._____, dass eine

neuropsychologische Abklärung nicht erforderlich sei, ohne sich mit der

inhaltlichen Argumentation der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen.

Ihre Forderung nach einer neuropsychologischen Abklärung sei entgegen

der Behauptung der Beschwerdegegnerin nicht ohne jede medizinische

Grundlage erfolgt, sondern gestützt auf die Leitlinien der Deutschen

Gesellschaft für Neurologie/Arbeitsgemeinschaft für Neurologische

Begutachtung. Gemäss diesen Leitlinien sei eine neuropsychologische

Begutachtung bei einem gedeckten Schädelhirntrauma notwendig. Die

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Feststellungen des Neurologen, auf welche die Beschwerdegegnerin

kritiklos abstelle, seien nicht stichhaltig, habe doch einerseits die

Untersuchung bei ihm nicht einmal eine Stunde gedauert und sei

andererseits in den zitierten Leitlinien festgehalten, dass eine klinische

Untersuchung für die Feststellung von Differenzierung und Ausmass von

Aufmerksamkeitsstörungen und Gedächtnisstörungen nicht ausreiche.

Eine länger dauernde neuropsychologische Testung sei daher angezeigt.

Aus den Leitlinien ergebe sich auch, dass gerade bei

Aufmerksamkeitsstörungen infolge leichteren Traumatas und geringer

sonstiger Symptomatik nicht auf eine neuropsychologische

Zusatzbegutachtung verzichtet werden könne. Teilweise richtig sei die

Bemerkung der Beschwerdegegnerin, wonach eine neuropsychologische

Testung die Verursachung einer Hirnleistungsstörung durch einen Unfall

nicht zu beweisen vermöge. Im vorliegenden Fall könne jedoch kein

Zweifel daran bestehen, dass die festzustellenden Hirnleistungsdefizite

auf den erlittenen Unfall mit - nicht als leicht zu bezeichnendem -

Schädelhirntrauma zurückzuführen seien, da die Beschwerdeführerin vor

dem Unfall weder an Konzentrations- noch Gedächtnisstörungen gelitten

habe und während längerer Zeit problemlos konzentriert habe arbeiten

können. Die Behauptung der Beschwerdegegnerin, die Gutachter hätten

die bei längerer Aufmerksamkeit auftretenden Konzentrationsstörungen

als nicht unfallkausal bezeichnet, finde sich im Gutachten nirgends. Die

nunmehr bestehenden Beschwerden seien nicht psychogen, sondern

Folgen des erlittenen Schädelhirntraumas. Der angefochtene

Einspracheentscheid müsse aufgehoben und zur neuropsychologischen

Abklärung zurückgewiesen werden.

9. Mit Duplik vom 24. Juni 2011 bestätigte die Beschwerdegegnerin ihr

Rechtsbegehren. Sie führte aus, gemäss bundesgerichtlicher Praxis sei

ein MEDAS-Gutachten grundsätzlich beweistauglich und das

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abschliessende Abstellen auf eine solche Expertise sei nicht zu

beanstanden. Das Gutachten des N._____ könne aufgrund der von der

Beschwerdeführerin vorgebrachten Kritik nicht als unverwertbar

angesehen werden. Die Beschwerdegegnerin habe ausführlich dargelegt,

weshalb die Schlussfolgerungen von Prof. Dr. med. F._____ nicht

anzuzweifeln seien. Weder der psychiatrische Gutachter Dr. med. I._____

noch die behandelnden Ärzte hätten im Verlaufe der vergangenen Jahre

eine neuropsychologische Abklärung für angezeigt erachtet, weshalb die

Kritik an der Beurteilung von Prof. Dr. med. F._____ nicht stichhaltig sei.

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Leitlinien der Deutschen

Gesellschaft für Neurologie/Arbeitsgemeinschaft für Neurologische

Begutachtung ändere daran nichts, liege es doch im Ermessen des

medizinischen Gutachters und nicht des Anwalts, über Art und Umfang

der erforderlichen Untersuchungen zu befinden. Der Umstand, dass die

Beschwerdeführerin vor dem Unfallereignis keine Konzentrations-

schwierigkeiten bemerkt habe, lasse nicht den Schluss zu, die geklagten

Beschwerden seien auf den Unfall zurückzuführen. Es sei unzulässig, der

Beweisformel „post hoc ergo propter hoc“ zu folgen. Nicht nachvollziehbar

sei, weshalb die Beschwerdeführerin auf eine neuropsychologische

Testung beharre, wenn auch sie anerkenne, dass mit dieser ein

Kausalzusammenhang zwischen erlittenem Unfall und festgestellten

kognitiven Defiziten nicht nachweisbar sei.

10. Mit Schreiben vom 1. September 2011 an die Parteien ordnete die

Instruktionsrichterin des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden

eine neuropsychologische Abklärung an und beauftragte damit mit

Verfügung vom 24. Oktober 2011 Dr. phil. Q._____,

Neuropsychologie/Verkehrspsychologie. Sie überliess es dem

Sachverständigen, im Bedarfsfall einen Neurologen beizuziehen, was Dr.

phil. Q._____ in der Person von Dr. med. R._____ in der Folge auch tat.

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Dieser wurde seitens der Instruktionsrichterin mit Schreiben vom 21. Mai

2012 mit der Begutachtung beauftragt. Weder gegen Dr. phil. Q._____

noch gegen Dr. med. R._____ gingen Ausstands- oder

Ablehnungsbegehren ein. Die neurologische Begutachtung und der

neuropsychologische Untersuchungsbericht wurden am 15. Oktober 2012

erstattet. Die Gutachter stellten leicht- bis mittelgradige neurokognitive

Einschränkungen fest und kamen zum Schluss, dass diese mit

überwiegender Wahrscheinlichkeit unfallkausal seien. Sie bezifferten die

verbleibende Arbeitsunfähigkeit in der angestammten Tätigkeit auf 40 %,

für weniger belastende Tätigkeiten auf 30 %.

Mit Eingaben vom 7. November 2012 und vom 22. November 2012

nahmen die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin dazu

Stellung. Beide hielten an den Rechtsbegehren gemäss ihren

Rechtsschriften fest. Die Beschwerdeführerin gab an, die neurologische

Begutachtung mit neuropsychologischer Abklärung habe ergeben, dass

ihre Beschwerde begründet sei. Sie habe somit Anrecht auf eine Rente

entsprechend einer unfallbedingten Invalidität von 40 %. Die

Integritätsentschädigung sei gestützt auf die SUVA-Tabelle 8 auf

insgesamt 55 % zu erhöhen (20 % für Wirbelsäulenaffektion und Verlust

der Milz, 35 % für leichte bis mittelschwere Hirnfunktionsstörung).

Die Beschwerdegegnerin führte aus, die Gutachter der Kliniken T._____

hätten bei der Beschwerdeführerin eine leichte Beeinträchtigung der

Leistungsfähigkeit festgestellt. Deren Schlussfolgerung, dass sich diese

Beeinträchtigung in einer lauten und/oder unruhigen Umgebung

verstärke, sei eine reine Vermutung. Es sei nicht plausibel, weshalb die

Gutachter der Kliniken T._____ der Beschwerdeführerin trotz derselben

erhobenen Befunde im kognitiven Bereich eine höhere Arbeitsunfähigkeit

attestiert hätten als die Gutachter des N._____. Der Hinweis der

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Gutachter der Kliniken T._____ , im Gutachten des N._____ seien die

geklagten Beschwerden nicht adäquat abgeklärt worden, könne eine

höhere Arbeitsunfähigkeit nicht begründen. Auch die Gutachter des

N._____ hätten ihre Beurteilung aufgrund der bestehenden

Schmerzsymptomatik im Lendenwirbelsäulenbereich und der

verminderten Belastbarkeit und erhöhten Ermüdbarkeit abgegeben. Sie

hätten die kognitiven Einschränkungen jedoch als gering und im

beruflichen Alltag kaum beeinträchtigend beurteilt. Somit könne die

Beschwerdeführerin als X._____ 4.5 Lektionen pro Tag (5.6 Lektionen bei

einem vollen Pensum) unterrichten, gemäss den Gutachtern der Kliniken

T._____ seien lediglich 3.4 Lektionen pro Tag möglich. Die Kausalität

zwischen den festgestellten kognitiven Leistungseinschränkungen und

dem Unfallereignis sei nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden

Wahrscheinlichkeit nachgewiesen und auch nicht nachweisbar. Zu

berücksichtigen sei nämlich, dass die Beschwerdeführerin 50 Jahre alt sei

und vor dem Unfall lediglich mit einem Pensum von rund 40 % und 11

Lektionen pro Woche unterrichtet habe. Die Gutachten des N._____ und

der Kliniken T._____ seien widersprüchlich. Aus dem Gutachten der

Kliniken T._____ würden trotz der erfolgten neuropsychologischen

Abklärung keine neuen Erkenntnisse hervorgehen. Neu sei lediglich die

divergierende Beurteilung der Arbeitsfähigkeit, ohne gesamtheitliche

Würdigung auch der Abklärungsergebnisse des N._____. Sollten die

beiden Gutachten als gleichwertig betrachtet werden, so müsse nach der

Rechtsprechung des Bundesgerichts ein umfassendes Obergutachten

angeordnet werden, da sie sich beim Arbeitsfähigkeitsgrad der

Beschwerdeführerin in einem entscheidenden Punkt widersprächen.

Mit Schreiben vom 6. Februar 2013 reichte die Beschwerdeführerin den

Bericht des ORL-Spezialarztes Dr. S._____, den dieser am 9. August

2012 der Beschwerdegegnerin zugestellt hatte und wonach eine

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Hochtoninnenohr-Schädigung beidseits mit Tinnitus links bestehe, zu den

Akten. Diese zusätzliche Gehörsschädigung sei bei der Beurteilung der

Beschwerde zu berücksichtigen.

Auf ergänzende Frage der Instruktionsrichterin des Verwaltungsgerichts

von Graubünden schätzte Dr. med. R._____ mit Schreiben vom 11. März

2013, in Berücksichtigung der Dauerschmerzen nach Wirbelkörperfraktur

sowie der gesamthaft leicht- bis mittelgradigen neurokognitiven

Störungen, den Integritätsschaden mit Hinweis auf die SUVA-Tabellen 7

(Wirbelsäulenaffektionen), 8 (Hirnfunktionsstörungen nach

Hirnverletzung) und 19 (psychische Folgen von Unfällen) auf 25-30 %.

Auch dazu nahmen die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin

mit Schreiben vom 14. März 2013 respektive 5. April 2013, erstere

zustimmend (Integritätseinbusse 30 %), zweitere in ablehnender Art und

Weise Stellung. Die Beschwerdegegnerin wies nochmals darauf hin, dass

die diagnostizierten leicht- bis mittelgradigen neurokognitiven Störungen

auf einer hypothetischen Annahme beruhten und die Unfallkausalität nicht

mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgewiesen sei. Zudem setze der

Beizug der SUVA-Tabellen 8 und 19 eine hirnorganische Schädigung

respektive eine psychiatrische Diagnose voraus, was vorliegend nicht

gegeben sei. Folglich könne bei der Beurteilung des Integritätsschadens

nicht auf die SUVA-Tabellen 8 und 19 abgestellt werden. Sie

beanstandete zudem die Festlegung des Integritätsschadens im

Gutachten der Kliniken T._____ durch eine einzige Fachperson,

währenddem dieselbe Beurteilung im N._____ interdisziplinär erfolgt sei.

Schliesslich äusserte sich die Beschwerdeführerin zu den Ausführungen

der Beschwerdegegnerin in deren Stellungnahme vom 5. April 2013 mit

Schreiben vom 16. April 2013. Sie hielt an ihren bisherigen Ausführungen

vollumfänglich fest.

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- 16 -

Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in den Rechtsschriften sowie

auf die Ausführungen im Einspracheentscheid wird, soweit erforderlich, in

den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Gericht zieht in Erwägung:

1. Gemäss Art. 56 Abs. 1 und Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den

Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1; ATSG) in

Verbindung mit Art. 1 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung

(SR 832.20; UVG) kann gegen Einspracheentscheide der verfügenden

Versicherung innerhalb von 30 Tagen seit Eröffnung des

Einspracheentscheides (Art. 60 Abs. 1 ATSG) Beschwerde an das

Verwaltungsgericht erhoben werden.

Daraus und gestützt auf Art. 49 Abs. 2 lit. a des Gesetzes über die

Verwaltungsrechtspflege (BR 370.100; VRG) ergibt sich die sachliche

Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden zur

Beurteilung der vorliegenden Beschwerde gegen den angefochtenen

Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin. Auf die im Übrigen form-

und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten.

2. a) Strittig und zu prüfen ist vorliegend die Höhe der UVG-Invalidenrente und

der Integritätsentschädigung, wobei sich die Parteien über die

medizinische Beurteilung der Unfallfolgen nicht einig sind. Währenddem

die Beschwerdeführerin auf das vom Gericht eingeholte Gutachten von

Dr. phil. Q._____ (neuropsychologisches Gutachten) unter Einschluss der

Ergebnisse der neurologischen Begutachtung durch Dr. med. R._____

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- 17 -

abstellte, verlangte die Beschwerdegegnerin die Einholung eines

Obergutachtens.

Nicht mehr angefochten ist der von der Beschwerdegegnerin mit

Einspracheentscheid vom 25. März 2011 auf CHF 27‘595.95 korrigierte

versicherte Verdienst. Nicht bestritten sind das Vorliegen des natürlichen

Kausalzusammenhangs zwischen den Kreuzschmerzen, der

eingeschränkten Beweglichkeit sowie dem gelegentlichen Drehschwindel

und dem Unfallereignis sowie der Zeitpunkt des Fallabschlusses.

b) Am 28. Juni 2010 erging das interdisziplinäre MEDAS-Gutachten des

N._____, das von der Beschwerdegegnerin in Auftrag gegeben worden

war (UV-act.74). Die Gutachter beschrieben den Allgemeinzustand der

Beschwerdeführerin als unauffällig und gut (S. 15 ff., 36 f.). Was die

orthopädisch-chirurgische Untersuchung betrifft, wurde ausgeführt, dass

sich die von der Beschwerdeführerin geklagten Beschwerden, vorwiegend

Bewegungseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule, objektivieren

liessen und eindeutig auf das Unfallgeschehen zurückzuführen seien

(S. 37). Die Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit lauteten

auf „chronische Lumbalgien mit/bei Status nach kranialer Berstungsfraktur

LWK 2 am 13.10.2008, Status nach dorsaler Stabilisierung LWK 1 auf

LWK 3 am 24.10.2008, Status nach ventraler Spondylodese am

29.10.2008“ (S. 22). Die Arbeitsunfähigkeit wurde auf 20 % festgelegt.

Aus neurologischer Sicht wurde eine leicht- bis mittelgradige Lumbago mit

einem korrelierenden Untersuchungsbefund (ausgeprägter

paravertebraler Hartspann, lokale Druckschmerzhaftigkeit im Übergang

BWS/LWS, eingeschränkte Beweglichkeit der Wirbelsäule), der kausal

auf die unfallbedingte Wirbelkörperverletzung zurückzuführen sei,

beschrieben (S. 29, 38). Auch die Drehschwindelsymptomatik und deren

Verlauf sowie das erlittene Schädelhirntrauma seien, so der zuständige

Neurologe Prof. Dr. med. F._____, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den

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- 18 -

Unfall zurückzuführen, wobei die Beeinträchtigung gering und im

beruflichen Alltag nicht einschränkend sei (S. 29, 38). Hinweise für eine

behindernde kognitive Beeinträchtigung seien klinisch nicht erhebbar. Der

Neurologe hielt in diesem Zusammenhang fest, dass leichtgradige

Schädelhirntraumata (commotio cerebri) angesichts der

schulmedizinischen Evidenzlage nicht mit ausreichender Sicherheit oder

Wahrscheinlichkeit dauerhafte kognitive Defektsyndrome hinterlassen

würden (S. 29, 38). Die psychischen und neuropsychologischen Befunde

wurden vom Neurologen als unauffällig beschrieben (S. 27 f.). Die

psychiatrische Untersuchung ergab keine Hinweise auf das Vorliegen

einer psychiatrischen Erkrankung (S. 38 f.). Zusammenfassend wurde die

Unfallkausalität zwischen dem Verkehrsunfall vom 13. Oktober 2008 und

den erhobenen Befunden bejaht und die Arbeitsunfähigkeit der

Beschwerdeführerin in ihrer angestammten Tätigkeit als X._____ auf

20 % festgelegt, die Arbeitsfähigkeit somit ab dem Zeitpunkt der

Begutachtung mit 80 % beschrieben, wobei sich gemäss den Gutachtern

auch in einer „ideal angepassten Tätigkeit“ keine Steigerung der

Arbeitsfähigkeit erreichen lasse (S. 39). Die Integritätseinbusse wurde auf

insgesamt 20 % (Wirbelsäulenverletzung 10 %, Milzverlust 10 %)

festgelegt (S. 44).

Die Beschwerdeführerin akzeptierte die orthopädische und psychiatrische

Beurteilung, jedoch nicht die neurologische. Gestützt auf das Urteil des

Bundesgerichts 9C_243/2010 vom 28. Juni 2011 (BGE 137 V 210), mit

dem das Bundesgericht eine Änderung der Rechtspraxis bei Einholung

von Gerichtsgutachten einleitete (vgl. E.4.4.1.1, E.4.4.1.3, E.4.4.1.4),

verlangte sie nach Abschluss des Rechtsschriftenwechsels, dass die

Sache in neuropsychologischer Hinsicht nochmals abgeklärt werde,

jedoch nicht durch Zurückweisung an die Beschwerdegegnerin zur

Ergänzung, sondern indem das Gericht direkt eine solche Abklärung

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- 19 -

anordnen solle. Diesem Antrag wurde stattgegeben, erachtete doch das

Gericht die Einholung einer neuropsychologischen Abklärung als

notwendig. Mit Verfügung vom 24. Oktober 2011 wurde Dr. phil. Q._____,

Leiter Neuropsychologie/Verkehrspsychologie an den Kliniken T._____,

mit der Ausführung beauftragt. Mit Schreiben vom 21. Mai 2012 wurde

der Beizug von Dr. med. R._____ für die neurologische Begutachtung

bestätigt.

c) In einem sozialversicherungsrechtlichen Verfahren unterliegen sämtliche

Beweismittel, somit auch medizinische Berichte und Gutachten, der freien

Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG). Hinsichtlich des Beweiswertes

eines Arztberichtes ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen

Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die

geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten

abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen

Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation

einleuchtet, und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind

(BGE 134 V 231 E.5.1, 125 V 351 E.3a). Nach der Rechtsprechung kann

bei der Beweiswürdigung auf gewisse Richtlinien abgestellt werden. So ist

den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten Gutachten von

externen Spezialärzten, welche aufgrund eingehender Beobachtungen

und Untersuchungen sowie nach Einsicht in die Akten Bericht erstatten

und bei der Erörterung der Befunde zu schlüssigen Ergebnissen

gelangen, volle Beweiskraft zuzuerkennen, solange nicht konkrete

Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 137 V

210 E.1.3.4, 125 V 351 E.3b/bb). Liegt ein Gerichtsgutachten vor, weicht

das Gericht gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht ohne

zwingende Gründe von der Einschätzung des medizinischen Experten ab,

dessen Aufgabe es ist, seine Fachkenntnisse der Gerichtsbarkeit zur

Verfügung zu stellen, um einen bestimmten Sachverhalt medizinisch zu

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- 20 -

erfassen (BGE 125 V 351 E.3b/aa). Ein Grund zum Abweichen kann

vorliegen, wenn die Gerichtsexpertise widersprüchlich ist oder wenn ein

vom Gericht eingeholtes Obergutachten in überzeugender Weise zu

andern Schlussfolgerungen gelangt (BGE 125 V 351 E.3b/aa). Eine

abweichende Beurteilung kann ferner gerechtfertigt sein, wenn

gegensätzliche Meinungsäusserungen anderer Fachexperten dem

Gericht als triftig genug erscheinen, die Schlüssigkeit des

Gerichtsgutachtens in Frage zu stellen, sei es, dass es die Überprüfung

durch einen Oberexperten für angezeigt hält, sei es, dass es ohne

Oberexpertise vom Ergebnis des Gerichtsgutachtens abweichende

Schlussfolgerungen zieht (BGE 125 V 351 E.3b/aa mit Hinweisen auf

BGE 118 V 290 E.1.b und BGE 112 V 32).

d) In ihrer Beurteilung vom 15. Oktober 2012 kamen Dr. med. R._____ und

Dr. phil. Q._____ aufgrund der durchgeführten ausführlichen Befragung

und Untersuchung der Beschwerdeführerin und unter Einbezug

sämtlicher Vorakten unter Beizug des radiologischen Dossiers inklusive

des Gutachtens des N._____ zum Schluss, dass folgende Beschwerden

überwiegend wahrscheinlich Folgen des Unfalls vom 13. Oktober 2008

seien (S. 17):

„1. Leicht- bis mittelgradig eingeschränktes neurokognitives Leistungs-

profil mit/bei

2. Polytrauma mit komplexem Wirbelsäulentrauma und multiplen

Schädelverletzungen am 13.10.2008

bei anhaltendem, chronifiziertem Schmerzsyndrom nach

Wirbelsäulentrauma mit instabiler Berstungsfraktur von LWK 2 mit

operativen Eingriffen am 24.10.2008 (Spondylodese LWK 1/2 und

dorsale Stabilisierung LWK 1-3), 29.10.2008 (Lumbotomie), sowie

17.09.2009 (Metallentfernung)

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- 21 -

-Milzruptur mit Splenektomie am 18.10.2008

-Brillenhämatom, C1-Fraktur, Geleahämatom, Zahnabsplitterung und

-Rissquetschwunde

-mehrere Kontusionen im Bereich der Extremitäten“

Die Gutachter attestierten der Beschwerdeführerin eine in ihrem Beruf

verbleibende Arbeitsunfähigkeit von 40 % (S. 18). Für weniger belastende

Tätigkeiten bestehe eine leichtgradig höhere Arbeitsfähigkeit,

beispielsweise für allgemeine Bürotätigkeiten mit Anpassungen 70 %

(Arbeitsunfähigkeit 30 %). Allerdings sei zweifelhaft, dass die

Beschwerdeführerin mit einer Verweistätigkeit und gering höherem

Pensum ein höheres Einkommen als mit dem reduziertem Pensum

erreiche.

Zusätzlich beantwortete Dr. med. R._____ im Schreiben vom 11. März

2013 die ergänzende Frage des Gerichts nach dem Vorliegen eines

Integritätsschadens dahingehend, dass gesamthaft gesehen ein solcher

von 25-30 % bestehe. Er verwies dabei auf die SUVA-Tabellen 7

(Wirbelsäulenaffektionen), 8 (Hirnfunktionsstörungen nach Hirnverletzung)

und 19 (psychische Folgen von Unfällen).

e) Vorliegend wird das Gutachten des N._____, soweit es die orthopädisch-

chirurgische und die psychiatrische Abklärung betrifft, nicht beanstandet.

In diesen Bereichen erfüllt es denn auch die Voraussetzungen gemäss

der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Fragen blieben jedoch

in Bezug auf die neurologische/neuropsychologische Untersuchung offen,

sodass das Gericht eine Ergänzung der Begutachtung anordnete. Diese

offenen Fragen ergaben sich insbesondere deshalb, weil der

Unfallhergang nicht rekonstruierbar ist - nicht zuletzt auch wegen der

dabei von der Beschwerdeführerin erlittenen Amnesie -, wegen den von

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- 22 -

ihr erlittenen Verletzungen und der geltend gemachten Einschränkungen

wie erhöhte Ermüdbarkeit, reduzierte Belastbarkeit und Erschöpfung am

Ende des Arbeitstages sowie Konzentrationsproblemen bei längerer

Aufmerksamkeit. Angesichts des Umstands, dass der Neurologe des

N._____, Prof. Dr. med. F._____, seitens der Beschwerdeführerin

abgelehnt wurde, beauftragte das Gericht die Fachärzte der Kliniken

T._____ mit der ergänzenden Begutachtung.

Das neurologische/neuropsychologische Gutachten der Kliniken T._____

(Dr. med. R._____ und Dr. phil. Q._____) erweist sich als für die noch

streitig gebliebenen Belange umfassend, es beruht auf allseitigen

Untersuchungen, berücksichtigt auch die geklagten Beschwerden und

wurde in Kenntnis der Vorakten abgegeben. Die von diesen Gutachtern

erhobenen Befunde und festgestellten Beeinträchtigungen sind, entgegen

den Ausführungen der Beschwerdegegnerin, nicht identisch mit

denjenigen von Prof. Dr. med. F._____ und sind zudem, im Vergleich zu

den Feststellungen des Neurologen des N._____, vertiefter und in Bezug

auf die konkrete Situation der Beschwerdeführerin spezifischer. Prof. Dr.

med. F._____ gab an, der klinische Befund (ohne spezifische

neuropsychologische Testung) habe keine Hinweise für behindernde

kognitive Beeinträchtigungen ergeben, die Beschwerdeführerin sei wach,

orientiert, mnestisch und in ihrer Auffassung ungestört sowie eloquent,

geistig wendig und rege (S. 38). Eine Ermüdung beobachtete er im

Rahmen der neurologischen Untersuchung nicht. Unter dem Titel

„neuropsychologische Funktionen“ führte er aus, es gebe keine Hinweise

für eine Störung der Sprache, des Rechnens, des Schreibens, der

Handlungsplanung und -ausführung, des räumlichen Vorstellungs-

vermögens und der Orientierung, der Links-Rechts-Orientierung, des

Körperschemas sowie der Wahrnehmung visueller, taktiler oder

akustischer Reize (S. 28).

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- 23 -

Demgegenüber schilderte Dr. phil. Q._____, dass im Rahmen der rund

dreieinhalbstündigen neuropsychologischen Abklärung (inklusive zwei

kurze Pausen) Durchhaltevermögen und Arbeitstempo der

Beschwerdeführerin gesunken seien sowie die Fehlerhäufigkeit gegen

Ende der Aufgaben zugenommen habe. Bei der Vorgabe der Aufgaben

hätten einige Instruktionen wiederholt werden müssen, was auffällig sei.

Nach der Untersuchung habe sich die Beschwerdeführerin erschöpft

gezeigt. Auffällig sei auch, dass die Beschwerdeführerin von gut

strukturierten Aufgaben, bei denen sie selbst wenig planen und

strukturieren müsse, profitiere. Das kognitive Leistungsprofil sei im

ruhigen Setting der neuropsychologischen Diagnostik leicht beeinträchtigt.

In der zusammenfassenden Beurteilung führten die Gutachter aus,

Hauptaspekte der neuropsychologischen Beurteilung seien die reduzierte

neurokognitive Belastbarkeit, Ermüdbarkeit mit entsprechenden

Schwankungen der Fehlerkontrolle, des Eigenantriebs sowie einem

reduzierten Ausmass der psychischen Energie. Dr. phil. Q._____ und Dr.

med. R._____ setzten sich ferner konkret mit den Anforderungen des

X._____berufs auseinander und berücksichtigten, dass der Unterricht

teilweise in einer lauten und/oder unruhigen Umgebung wie

beispielsweise in komplexen Situationen vor einer Schulklasse stattfindet.

In diesem Kontext, das den Umgang mit Störreizen, eine durchgehende

Präsenz und Ad-hoc-Entscheidungen unter Belastung erfordere sowie

eine verminderte Planbarkeit mit sich bringe, könne die

Beschwerdeführerin das während der Untersuchung ermittelte

Leistungsprofil, nach ihrer Einschätzung, nicht realisieren (S. 18). Daher

sei die neurokognitive Einschränkung für die angestammte Tätigkeit der

Beschwerdeführerin als X._____ leicht bis mittelschwer und die

entsprechende Arbeitsunfähigkeit betrage 40 %. Diese von den

Schlussfolgerungen des Neurologen des N._____ abweichende

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Beurteilung der Gutachter der Kliniken T._____ ist nachvollziehbar und

schlüssig. Immerhin erklärten die Gutachter auch, dass die

Arbeitsunfähigkeit in einer leichteren Tätigkeit 30 % betragen würde, was

ebenfalls plausibel ist.

In Bezug auf die Unfallkausalität führte der Neurologe des N._____ aus,

leichtgradige Schädelhirntraumata (commotio cerebri) würden angesichts

der schulmedizinischen Evidenzlage nicht mit ausreichender Sicherheit

oder Wahrscheinlichkeit dauerhafte kognitive Defektsyndrome

hinterlassen (S. 38). In der nicht explizit festgehaltenen Annahme, die

Beschwerdeführerin habe anlässlich des Unfalls lediglich ein leichtes

Schädelhirntrauma erlitten, verneinte er die Unfallkausalität in Bezug auf

die von der Beschwerdeführerin geklagten kognitiven Beschwerden. Dr.

med. R._____ und Dr. phil. Q._____ erachteten die festgestellte Störung

demgegenüber als mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unfallkausal

und erläuterten, dass die chronisch anhaltenden Schmerzen im Sinne

eines chronifizierten Schmerzsyndroms bei kompliziertem Wirbelsäulen-

trauma (u.a. mit LWK-2-Berstungsfraktur) zu einer Hemmung der

kognitiven Funktionen führten (S. 18 unten). Diese hemmende Funktion

von Schmerzen auf neurokognitive Leistungen sei gut belegt, zudem

seien die Unfallfolgen plausibel, um ein solches persistierendes

Schmerzsyndrom hervorzurufen. Diese Schlussfolgerungen wurden im

Rahmen der von beiden Fachexperten unterzeichneten Gesamt-

beurteilung abgegeben und sind einleuchtend. Die Beschwerdegegnerin

brachte dagegen vor, gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung

könnten neuropsychologische Tests per se keinen Nachweis für die

Kausalität zwischen geltend gemachten kognitiven Leistungsschwächen

und dem Unfallereignis erbringen.

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Das Bundesgericht hielt in BGE 119 V 335 (E.3c mit Hinweis auf BGE

117 V 382 E.3f) fest, bei der Kausalitätsbeurteilung dürften

neuropsychologische Testuntersuchungen mitberücksichtigt werden,

jedenfalls so lange, als der Spezialarzt der Neurologie im Rahmen einer

Gesamtwürdigung dem neuropsychologisch eindeutigen Befund einen

Aussagewert beimesse. Das heisst, dass in einen Gesamt-

zusammenhang gestellte neuropsychologische Tests nicht grundsätzlich

und von vornherein keine Aussage bezüglich Unfallkausalität zulassen,

weshalb der entsprechenden Aussage der Beschwerdegegnerin nicht

gefolgt werden kann. Vorliegend kann, im Gegensatz zum zitierten Urteil,

auf die Resultate der neuropsychologischen Untersuchung und die

Gesamtwürdigung der Gerichtsgutachter abgestellt werden. In dem nicht

mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall, der dem Urteil BGE 119 V 335

(E.3c) zugrunde lag, hatte der Psychologe seinen Bericht ohne Kenntnis

der vollständigen Akten erstattet. Zudem hatte die betroffene Person eine

schwer belastete Persönlichkeit sowie eine stark invalidisierende

Charakterneurose, was der Psychologe ebenfalls ausser Acht gelassen

hatte. Auch der Hinweis der Beschwerdegegnerin auf das Urteil des

Bundesgerichts 8C_409/2009 vom 29. Januar 2010 (E.3.3) überzeugt

nicht. In jenem Fall stand fest, dass der Beschwerdeführer anlässlich des

Unfalls den Kopf nicht angeschlagen und somit kein Schädelhirntrauma

erlitten hatte. Die konkrete Aussage des Bundesgerichts, wonach die

Kausalität zwischen kognitiven Leistungsschwächen und Unfallereignis

nicht aufgrund neuropsychologischer Testuntersuchungen hergeleitet

werden könne, galt gemäss dem zitierten Urteil insbesondere für Fälle,

bei denen ein Betroffener mehrmals Unfälle mit HWS-Distorsionen erlitten

hatte. Ebenfalls nichts zu ihren Gunsten ableiten kann die

Beschwerdegegnerin aus dem Urteil des Bundesgerichts 8C_29/2007

vom 1. Februar 2008 (E.2.2). Das Bundesgericht verwies darin auf BGE

119 V 340 (E.3b), wonach nach derzeitigem Wissensstand die

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Neuropsychologie „nicht selbstständig die Beurteilung der Genese der

festgestellten Beschwerden vorzunehmen“ vermöge, was insbesondere

für Fälle mit einer ausgeprägten psychischen Überlagerung zutreffe.

Selbst der Neuropsychologe war in jenem Fall zum Schluss gekommen,

dass das Ausmass der festgestellten kognitiven Defizite derart

ausgeprägt sei, dass der Auffahrunfall als Erklärung allein nicht

ausreiche.

Alles in allem vermögen die Einwände und Hinweise der

Beschwerdegegnerin die medizinische Beurteilung von Dr. med. R._____

und Dr. phil. Q._____ der Kliniken T._____ nicht zu erschüttern. Die

Gutachter begründeten die medizinischen Zusammenhänge in

einleuchtender Art und Weise und ihre medizinische Beurteilung erweist

sich als plausibel und nachvollziehbar. Es sind keine zwingenden Gründe

ersichtlich, um von diesem seitens des Gerichts eingeholten Gutachten,

dem volle Beweiskraft zukommt, abzuweichen. Der Umstand, dass es mit

entsprechender Begründung von der Meinungsäusserung der

Fachexperten des N._____ abweicht, stellt die Schlüssigkeit des

Gerichtsgutachtens nicht in Frage. Eine Überprüfung durch eine

Oberexpertise ist daher nicht angezeigt. Auf das Gutachten von Dr. med.

R._____ und Dr. phil. Q._____ der Kliniken T._____ vom 15. Oktober

2012 kann somit vollumfänglich abgestellt werden.

Nichts zu ihren Gunsten ableiten kann die Beschwerdeführerin aus dem

ins Recht gelegten Bericht des ORL-Spezialarztes Dr. S._____ vom 9.

August 2012, gemäss dem eine Hochtoninnenohr-Schädigung beidseits

mit Tinnitus links bestehe. Die beschriebenen Beschwerden werden in

den übrigen medizinischen Akten nicht erwähnt. Auch äusserte sich Dr.

S._____ nicht zu einer allfälligen Unfallkausalität. Der entsprechende

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- 27 -

Bericht ändert somit nichts an der vorliegenden Beurteilung durch das

Gericht.

3. a) Ist die Versicherte infolge des Unfalls zu mindestens 10 % invalid (Art. 8

ATSG), so hat sie Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG).

Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen,

das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach

Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger

Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei

ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt

zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid

geworden wäre (Art. 16 ATSG). Taggelder und Renten werden nach dem

versicherten Verdienst bemessen (Art. 15 Abs. 1 UVG). Als versicherter

Verdienst gilt für die Bemessung der Taggelder der letzte vor dem Unfall

bezogene Lohn, für die Bemessung der Renten der innerhalb eines

Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Abs. 2).

b) Vorliegend sind weder der versicherte Verdienst noch die Berechnung der

Beschwerdegegnerin angefochten. Die entsprechenden Ausführungen im

Einspracheentscheid vom 25. März 2011 sind denn auch korrekt und

nicht zu beanstanden.

Ausgehend vom korrekt berechneten und unbestritten gebliebenen

versicherten Verdienst von CHF 27‘595.95 und einem Invaliditätsgrad von

40 % (Valideneneinkommen CHF 120‘512.00, Invalideneinkommen

CHF 72‘307.20 bei einem möglichen Arbeitspensum als X._____ von

60 %) resultiert eine monatliche Rente von CHF 736.00 (CHF 27‘595.05 x

80 % x 40 % : 12). Diese ist gestützt auf Art. 34 UVG jeweils der

Teuerung anzupassen.

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4. a) Gemäss Art. 24 UVG hat die Versicherte, erleidet sie durch den Unfall

eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen, geistigen oder

psychischen Integrität, Anspruch auf eine angemessene

Integritätsentschädigung (Abs. 1). Die Entschädigung wird mit der

Invalidenrente festgesetzt oder, falls kein Rentenanspruch besteht, bei

der Beendigung der ärztlichen Behandlung gewährt (Abs. 2). Gemäss Art.

36 Abs. 1 der Verordnung über die Unfallversicherung (SR 832.202; UVV)

gilt ein Integritätsschaden als dauernd, wenn er voraussichtlich während

des ganzen Lebens mindestens im gleichen Umfang besteht. Erheblich ist

er, wenn die körperliche, geistige oder psychische Integrität, unabhängig

von der Erwerbsfähigkeit, augenfällig oder stark beeinträchtigt wird.

Die Bemessung der Integritätsentschädigung richtet sich nach den

Richtlinien des Anhangs 3 zur UVV (Art. 36 Abs. 2 UVV). Darin hat der

Bundesrat in einer nicht abschliessenden Skala häufig vorkommende und

typische Schäden prozentual gewichtet (BGE 124 V 29 E.1b S. 32 mit

Hinweisen). Gemäss Ziff. 1 Abs. 2 der Richtlinien im Anhang 3 wird die

Entschädigung für spezielle oder nicht aufgeführte Integritätsschäden

nach dem Grad der Schwere vom Skalenwert abgeleitet. In

Weiterentwicklung der bundesrätlichen Skala hat die SUVA in diesem

Zusammenhang weitere Bemessungsgrundlagen in tabellarischer Form

erarbeitet. Diese Tabellen stellen keine Rechtssätze dar. Soweit sie

lediglich Richtwerte enthalten, mit denen die Gleichbehandlung aller

Versicherten gewährleistet werden soll, sind sie mit dem Anhang 3 zur

UVV vereinbar (BGE 124 V 29 E.1c S. 32 mit Hinweis).

Gemäss Art. 25 Abs. 1 UVG darf die Integritätsentschädigung den am

Unfalltag geltenden Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes

nicht übersteigen (vgl. Art. 22 Abs. 1 UVV) und wird entsprechend der

Schwere des Integritätsschadens abgestuft. Dabei wird die Schwere des

Integritätsschadens nach dem medizinischen Befund beurteilt. Der

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- 29 -

Integritätsschaden wird abstrakt und egalitär bemessen. Er ist bei

identischem medizinischem Befund für alle Versicherten gleich. Somit

hängt die Bemessung des Integritätsschadens nicht von den besonderen

Umständen des Einzelfalls ab. Es obliegt den ärztlichen

Sachverständigen, die einzelnen Integritätseinbussen zu beurteilen. Da

die Ausschöpfung des in den Tabellen offen gelassenen

Bemessungsspielraums entsprechende Fachkenntnisse voraussetzt, ist

es dem Gericht nicht möglich, die Beurteilung aufgrund der

aktenkundigen Diagnosen selber vorzunehmen (Urteil des

Bundesgerichts U 121/06 vom 23. April 2007 E.4). Somit handelt es sich

bei der Bestimmung des Schweregrades einer gesundheitlichen

Beeinträchtigung um eine Tatfrage, für deren Beantwortung Verwaltung

und Gericht auf fachärztliche Mithilfe angewiesen sind (vgl. Urteil des

Bundesgerichts U 191/00 vom 14. Januar 2002 E.2c).

b) Mit angefochtenem Einspracheentscheid wurde der Beschwerdeführerin

eine Integritätsentschädigung von 20 % (Wirbelsäulenverletzung 10 %,

Verlust der Milz 10 %) zugesprochen. Die Beschwerdeführerin machte in

der Stellungnahme vom 7. November 2012 zum Gerichtsgutachten der

Kliniken T._____ vom 15. Oktober 2012 gestützt auf die Annahme, dass

eine unfallbedingte leichte bis mittelschwere Hirnfunktionsstörung

vorliege, und gestützt auf die SUVA-Tabelle 8 „Integritätsschaden bei

psychischen Folgen von Hirnverletzungen“ eine zusätzliche

Integritätsentschädigung von 35 % respektive 30 % (anstatt ursprünglich

20 %), total somit von 55 % respektive 50 % geltend.

In der Ergänzung vom 11. März 2003 führte Dr. med. R._____ auf

konkrete Frage hin aus, bei der Beschwerdeführerin könne unter

Berücksichtigung der Dauerschmerzen nach Wirbelkörperfraktur sowie

der leichten bis mittelschweren neurokognitiven Störung gesamthaft

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gesehen von einem Integritätsschaden von 25-35 % ausgegangen

werden. Vorliegend sind eine mittel- bis leichtgradige kognitive Störung

sowie deren Unfallkausalität, wie bereits ausgeführt, zu bejahen. Eine

Integritätsentschädigung für Hirnfunktionsstörungen nach Hirnverletzung

(SUVA-Tabelle 8) setzt allerdings, wie die Beschwerdegegnerin zu Recht

ausführte, eine hirnorganische Schädigung voraus. Eine solche konnte

weder seitens des N._____ noch der Kliniken T._____ festgestellt werden

und auch in den übrigen Akten ergeben sich keine Hinweise auf eine

entsprechende Verletzung. Dr. med. R._____ und Dr. phil. Q._____

führten diesbezüglich aus, ob die Patientin eine relevante, strukturelle

Hirnverletzung erlitten habe, lasse sich im Nachhinein nicht mit Sicherheit

bestätigen (S. 19). Die in der Untersuchung festgestellten

neuropsychologischen Defizite könnten prinzipiell auch als Folge einer

strukturellen Hirnverletzung vorkommen, bei der Beschwerdeführerin

habe allerdings in der Frühphase keine geeignete Untersuchung

stattgefunden, mir der eine strukturelle Hirnkontusion mit grösstmöglicher

Sicherheit hätte festgestellt werden können. Eine Amnesie habe

unbestrittenermassen bestanden und ausgewiesen sei auch, dass

erhebliche Kräfte auf den Schädel eingewirkt haben mussten (C1-Fraktur,

Zahnverletzung, massives Brillenhämatom, Platzwunde und galeale

Einblutung). Eine allfällige initiale traumatische Blutung könne heute,

gemäss Rücksprache mit dem Leitenden Arzt der Neuroradiologie des

Kantonsspitals Graubünden, auch bei Anwendung von geeigneten

Geräten nicht mehr nachgewiesen werden (S. 24 f.).

Gemäss SUVA-Tabelle 8.2 werden bei der Beurteilung des

Schweregrades nur Störungen berücksichtigt, deren Ausgangspunkt eine

medizinisch dokumentierte hirnorganische Schädigung ist, die dauerhafte

Störungen zur Folge hat. Für Störungen, die nicht zuverlässig mit einer

hirnorganischen Schädigung zusammenhängen (…), findet die Tabelle

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keine Anwendung. Demensprechend hielt das Bundesgericht im Urteil

9C_139/2009 vom 26. August 2009 fest, dass das Auftreten von

neuropsychologischen Funktionsstörungen ohne nachweisbaren

organischen Gesundheitsschaden nicht genüge, um auf eine in SUVA-

Tabelle 8 vorausgesetzte hirnorganische Schädigung schliessen zu

können. Vorliegend fehlt der Nachweis einer hirnorganischen

Schädigung, sodass eine Integritätsentschädigung gestützt auf die

erwähnte SUVA-Tabelle 8 nicht zugesprochen werden kann.

Dasselbe gilt für die von Dr. med. R._____ in der Ergänzung vom 11.

März 2013 erwähnte SUVA-Tabelle 19 (Integritätsschaden bei

psychischen Folgen von Unfällen). Die Anwendung dieser Tabelle setzt

eine durch einen Psychiater respektive eine Psychiaterin aufgrund einer

eingehenden psychiatrischen Begutachtung oder einer entsprechend

ausführlichen psychiatrischen Untersuchung erhobenen und ausführlich

begründeten psychiatrischen Diagnose nach ICD-10 respektive DSM-IV

voraus. Eine solche liegt bei der Beschwerdeführerin

unbestrittenermassen nicht vor, wie auch dem Gutachten des N._____

vom 28. Juni 2010 (vgl. S. 33, 38 und insbesondere Teilgutachten Dr.

med. I._____) zu entnehmen ist.

Damit entfällt eine weitergehende Integritätsentschädigung, wie sie von

der Beschwerdeführerin geltend gemacht wurde. Die gestützt auf das

Gutachten des N._____ zugesprochene Integritätsentschädigung von

20 % ist nicht zu beanstanden. Die Beschwerde ist dementsprechend in

diesem Punkt abzuweisen.

5. a) Der Versicherungsträger übernimmt die Kosten der Abklärung, soweit er

die Massnahmen angeordnet hat (Art. 45 Abs. 1 Satz 1 ATSG). Hat er

keine Massnahmen angeordnet, so übernimmt er deren Kosten dennoch,

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wenn die Massnahmen für die Beurteilung des Anspruchs unerlässlich

waren oder Bestandteil nachträglich zugesprochener Leistungen bilden

(Art. 45 Abs. 1 Satz 2 ATSG; vgl. auch BGE 139 V 225).

b) Vorliegend war die Einholung eines Gerichtsgutachtens angesichts der

unvollständigen Abklärung durch die Beschwerdegegnerin für die

Beurteilung der Streitsache unerlässlich. Die Begutachtung durch die

Kliniken T._____ hat Kosten von total CHF 5‘024.65 (CHF 3‘224.65 Dr.

med. R._____ und CHF 1‘800.00 Dr. phil. Q._____) verursacht. Diese

Kosten erscheinen angemessen und sind in vollem Umfang von der

Beschwerdegegnerin zu übernehmen.

6. a) Gemäss Art. 61 lit. a ATSG ist das kantonale Beschwerdeverfahren in

Sozialversicherungssachen - ausser bei leichtsinniger oder mutwilliger

Prozessführung - für die Parteien kostenlos. Demnach werden für das

vorliegende Beschwerdeverfahren keine Kosten erhoben.

b) Die Beschwerdeführerin ist mit ihren Begehren teilweise durchgedrungen,

weshalb ihr gemäss Art. 61 lit. g ATSG die Parteikosten zu entschädigen

sind. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne

Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und

nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG).

Die Beschwerdeführerin reichte eine Honorarnote über total

CHF 13‘072.65 (Honorarnote vom 1. Juli 2011 über CHF 6‘959.85 [25.4 h

à CHF 250.00 für die Zeit vom 29. März 2011 bis 1. Juli 2011],

Honorarnote vom 17. Dezember 2012 über CHF 3‘719.00 [13 h à

CHF 250.00 für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 14. Dezember 2012],)

Honorarnote vom 2. Mai 2013 über CHF 2‘393.80 [8.75 h à CHF 250.00

für die Zeit vom 14. Dezember 2012 bis 30. April 2013]) ein. Der

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Gesamtaufwand von insgesamt 47.15 h erscheint angesichts der nicht

überdurchschnittlichen Komplexität und Schwierigkeit des Falles als eher

im oberen Bereich angesiedelt. Da die Beschwerdeführerin im Übrigen

teilweise obsiegte, erachtet das Gericht eine Parteientschädigung von

pauschal CHF 6‘000.00 (inkl. MWST) als angemessen.

Demnach erkennt das Gericht:

1. a) Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der angefochtene

Einspracheentscheid vom 25. März 2011 insoweit aufgehoben, als die

B._____ AG verpflichtet wird, A._____ ab dem 1. Mai 2010 bei einem

Invaliditätsgrad von 40 % eine monatliche, der Teuerung anzupassende

Invalidenrente nach UVG in der Höhe von CHF 736.00 auszurichten.

b) Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

c) Die B._____ AG trägt die Kosten der Begutachtung über CHF 5‘024.65.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

3. Die B._____ AG bezahlt A._____ eine Parteientschädigung von

CHF 6‘000.00 (inkl. MWST).

4. [Rechtsmittelbelehrung]

5. [Mitteilungen]

Die an das Bundesgericht erhobene Beschwerde wurde mit Urteil vom 23. Mai

2014 abgewiesen (8C_893/2013).