3
Vergleieh der Genauigkeit von Dezimalbrueh und Kettenbruch Meinem verehrten Lehrer KURT REIDEMEISTER zum 70. Geburtstag Von GtlsTAv LOOHS in Innsbruck Die bekannten S~tze fiber die Approximation der reellen Zahlen dureh die N~herungsbrfiche ihrer regelm/iBigen Kettenbrfiehe lassen oft die Vermutung entstehen, dab zur Angabe einer Zahl mit etwa gleieher Genauigkeit viel mehr Dezimalstellen als Teilnenner des regelm/iBigen Kettenbruehes erforderlieh seien. Dal3 diese Vermutung nieht riehtig ist, dab vielmehr im allgemeinen fast ebenso viele Teilnenner wie Dezimal- stellen gebraueht werden, soll hier gezeigt werden. Genau formuliert lautet das Ergebnis: Satz. Kann man aus den n ersten Dezimalstellen einer Zahl x (zwischen 0 und 1) m Teilnenner ihres regelmi~fligen Kettenbruches gewinnen, so ist F~r /ast alle x lira m _ 6 log 2 log 10 _ 0,97027014. n 7~2 "" ~ Die Menge der x,/ar die das nicht gilt, hat also das Marl O. Geben die ersten m Teilnenner einer Zahl x diese mit einem Fehler, der zwischen 10-~ und 10-n-1 liegt, so gilt zwischen n und m die~dbe Beziehung. Zuin Beweis verwende ieh das folgende Ergebnis yon A. KmNTCmN~ [1] und PAUL LI~Vu [2]: Ist in der Bezeichnungsweise yon PE~RON [3] X = [0, bl, b2, ..., b~, X~+l], sind also bl, b2 .... die Teilnenner, xl, x, .... die vollst~ndigen Quotienten, Am und B~ Z/~hler und Nenner des m-ten N~herungsbruches yon x, so gilt ffir fast alle x ~2 (1) lim ~lfB,~ ---- K1 mit log K~ ---- 12 log2" Sei x irrational, y---- 10-n[10~x] der naeh den ersten n Stellen ab- gebroehene Dezimalbruch von x und z -= y + 10-~, also y < x < z. Ferner mSgen die Kettenbrfiehe ffir y und z bis einsehliel~lieh b~ fiber- einstimmen, aber nicht welter. Dann gilt An + (-1)~ Y =Bm (B~ Y~+I+ B,.-1)B~

Vergleich der Genauigkeit von Dezimalbruch und Kettenbruch

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Vergleich der Genauigkeit von Dezimalbruch und Kettenbruch

Vergleieh der Genauigkeit von Dezimalbrueh und Kettenbruch

Meinem verehrten Lehrer KURT REIDEMEISTER zum 70. Geburtstag

Von GtlsTAv LOOHS in Innsbruck

Die bekannten S~tze fiber die Approximation der reellen Zahlen dureh die N~herungsbrfiche ihrer regelm/iBigen Kettenbrfiehe lassen oft die Vermutung entstehen, dab zur Angabe einer Zahl mit etwa gleieher Genauigkeit viel mehr Dezimalstellen als Teilnenner des regelm/iBigen Kettenbruehes erforderlieh seien. Dal3 diese Vermutung nieht riehtig ist, dab vielmehr im allgemeinen fast ebenso viele Teilnenner wie Dezimal- stellen gebraueht werden, soll hier gezeigt werden. Genau formuliert lautet das Ergebnis:

Satz. Kann man aus den n ersten Dezimalstellen einer Zahl x (zwischen 0 und 1) m Teilnenner ihres regelmi~fligen Kettenbruches gewinnen, so ist

F~r /ast alle x lira m _ 6 log 2 log 10 _ 0,97027014.

n 7~ 2 " " ~

Die Menge der x , / a r die das nicht gilt, hat also das Marl O. Geben die ersten m Teilnenner einer Zahl x diese mit einem Fehler, der

zwischen 10 -~ und 10 -n-1 liegt, so gilt zwischen n und m die~dbe Beziehung.

Zuin Beweis verwende ieh das folgende Ergebnis yon A. KmNTCmN~ [1] und PAUL LI~Vu [2]:

Ist in der Bezeichnungsweise yon PE~RON [3] X = [0, bl, b2, . . . , b~, X~+l], sind also bl, b2 . . . . die Teilnenner, xl, x, . . . . die vollst~ndigen Quotienten, Am und B~ Z/~hler und Nenner des m-ten N~herungsbruches yon x, so gilt ffir fast alle x

~ 2

(1) lim ~lfB,~ ---- K1 mit log K~ ---- 12 log2"

Sei x irrational, y---- 10-n[10~x] der naeh den ersten n Stellen ab- gebroehene Dezimalbruch von x und z -= y + 10 -~, also y < x < z. Ferner mSgen die Kettenbrfiehe ffir y und z bis einsehliel~lieh b~ fiber- einstimmen, aber nicht welter. Dann gilt

An + (-1)~ Y =Bm (B~ Y~+I + B,.-1) B~

Page 2: Vergleich der Genauigkeit von Dezimalbruch und Kettenbruch

Vergleich der Genauigkei t yon Dezimalbruch und K e t t e n b r u c h 143

und entspreehendes ftir z, also

(2) z - - y = 1 0 - n ---- lYm+l--zm+ll (B~y~+a -b B,~-I) (BmZm+l Jr- B , n _ l ) "

Sei u der kleinere der beiden vollst/indigen Quotienten Y~+I und z~ea, v ihre Differenz und t ~ B,,_I/Bm. Aus (2) ergibt sich

(3) B ~ (u + t) ~ + ~ + t _ 10 - . V

Nun ist 0 < t < 1 < u, also 1 < u + t < 2u. Ftir v >_ 1 ist

(v + u + t)/v < l + 2u < 3u,

aber ffir v < 1 ist (v -j- u -4- t)/v < 3u/v. Also ist

1 < (u + t) v + u - ~ + t < 6u , v m ax (1, v) "

Aus (3) ergibt sich somit

(4) 21ogB,, < n l o g l O < 21ogB,~ + l o g 6 u 2 - - m i n ( O , logv).

Aus (1) folgt, dall ftir fast alle x

(5) B,, = m log K~ + o (m)

ist. Der erste Teil der Behauptung ist also bewiesen, wenn wir zeigen, dab ftir fast alle x log u = o (m) und fiir die v, die gr6ller als 1 sind, log v = o (m) ist.

Is t fiir ein x log u ~ o (m) nicht richtig, so gibt es ein g > 0 und unendlich viele m, ftir die u > e ~ gilt. Weil b~+ 1 > [u] ist, gibt es ein fl > 0, ftir das ftir diese m b~+~ > e ~m ist. Wegen Bm+l ---- bm+a B,, + B~_~ ist ffir diese m

(6) log B~+ 1 > tim + log Bin,

was mi t (5) nicht vertr/iglieh ist. I s t ffir ein x und unendlich viele m v < e-r ~ < 1, so sind ftir diese m

y~+~ und z~+l durch eine ganze Zahl c getrennt , denn sonst w/ire [y,~+~] = [z~+x] = b~+l, im Gegensatz zur Bes t immung von m. Da x~+ 1 zwisehen Y~+x und z~+~ liegt, ist aueh I x ~ + ~ - o I < e-r~ und b,~+x = c oder c - I. Im ersten Fall ergibt die Ket tenbruchentwicklung yon x~+~, dab b~+2 die Gr6Benordnung erm hat, im zweiten Falle ist b~+~ ~ 1 und b,,+3 ha t die angegebene GrSllenordnung. Auf jeden Fall t re ten also in der Ket tenbruchentwicklung von x unendlich viele Teilnenner b,,, auf, die v o n d e r GrSBenordnung er ~ sind, was wie vorhin zu (6) ffihrt. Alle x, ffir die die Behauptung des Satzes nicht gilt, liegen also in der Ausnahmemenge vom Malt 0, ftir die (1) nicht gilt.

Page 3: Vergleich der Genauigkeit von Dezimalbruch und Kettenbruch

144 Gustav Lochs. Vergleich der Genauigkeit von Dezimal- und Kettenbruch

Der zweite Teil des Satzes ergib t sich sofort so: Sind bl . . . . . bm be-

kann t , so weil~ man , dab x zwischen Am~B,, und (A,,, + A,,,_I)/(B,,, + B,~_I) liegt. Der Be t rag des Unterschiedes dieser beiden Zahlen sell also zwischen

10 -~ und 10 -~-~ liegen. D a n n ist

10 n ~ B.,(B., + B. ,_~ ) _~ 10 "+I .

Durch Logar i thmie ren und Berf icksicht igung yon (1) folgt die Be-

haup tung .

B e i s p i e l . Aus den ers ten 1000 Dezimalstel len yon ~ e rgaben s ich

968 Tei lnenner des K e t t e n b r u c h e s (siehe [4]).

G e g e n b e i s p i e l . Fiir e ist der Grenzwer t in (1) unendlich.

L i t e r a t u r

[1] A. KINTCHINE, Zur metrischen Kettenbruchtheorie, Compositio mathomatica 3 (1936) 276--285. Referat Zentralblatt 14, 254.

[ 2] PAUL L~vY, Sur le developpement en fraction continue d'un nombre choisi au hasard. Ebendort 3, 286---303. Referat Zentralblatt 14, 268.

[3] O. PERROI~, Die Lehre yon den Kettenbriichen, 1.--3. Aufl. B. G. Teubner, Leipzig- Stuttgart.

[4] G. LOCHS, Die ersten 968 Kettenbruchnenner yon .~. :~Ionatshefte ftir Mathe- matik 67 (1963) 311--316.

Eingegangen am 5. 4. 1963