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V 11 Hagen–Poiseuillesches Gesetz, Dopplersonographie A) Stichworte zur Vorbereitung Innere Reibung, Definition der Z¨ ahigkeit, laminare und turbulente Str¨ omung, Str¨ o- mungswiderstand, Parallel– und Hintereinanderschaltung von Kapillaren (Kirchhoff- sche Regeln der Fl¨ ussigkeitsstr¨ omung), formale Analogie zum Ohmschen Gesetz der Elektrizit¨ atslehre, Dopplersonographie. B) Literatur Gonsior: Physik f¨ ur Mediziner, Biologen und Pharmazeuten Robert F. Schmidt, Gerhard Thews, Florian Lang: Physiologie des Menschen. Berlin, Heidelberg: Springer, 28. Aufl. 2000. Rainer Klinke, Stefan Silbernagl: Lehrbuch der Physiologie. Stuttgart, New York: Thieme, 3. Aufl. 2001. C) Motivation Die innere Reibung von Fl¨ ussigkeiten spielt im Zusammenhang mit dem Blutkreis- lauf in der Medizin eine ganz entscheidende Rolle. Wie Sie im ersten Teil des vorlie- genden Versuchs sehen werden, vervielfacht sich der Blutfluß in Kapillargef¨ aßen bei ¨ außerst geringf¨ ugigen – beispielsweise medikament¨ os bedingten – Vergr¨ oßerungen der Durchmesser dieser Gef¨ aße. Zur Ableitung des Hagen–Poiseuilleschen Gesetzes nehmen wir n¨ aherungsweise an, daß es sich beim Blut um eine einigermaßen homo- gene Fl¨ ussigkeit handelt. Diese Annahme ist f¨ ur Blutgef¨ aße n¨ aherungsweise erf¨ ullt, wenn ihr Durchmesser deutlich gr¨ oßer als der der Blutpl¨ attchen ist. Bei der sonographischen Messung der Fließgeschwindigkeit im zweiten Teil dieses Versuchs benutzen wir anstelle von Blut eine Modellfl¨ ussigkeit. In diesem Versuchs- teil machen wir, im Gegensatz zum ersten Teil, gerade von der Tatsache Gebrauch, daß es sich beim Blut um eine inhomogene Fl¨ ussigkeit handelt, die aus Plasma und Blutpl¨ attchen zusammengesetzt ist. Unsere Modellfl¨ ussigkeit enth¨ alt anstelle der Blutpl¨ attchen mikroskopische Gasblasen. Doch zun¨ achst sollen zur Einf¨ uhrung einige wichtige Punkte der Mechanik defor- mierbarer Medien beschrieben werden. D) Grundlagen Fl¨ ussigkeiten zeichnen sich im Gegensatz zu Festk¨ orpern dadurch aus, daß sie keine feste Form besitzen, d.h. sehr leicht deformierbar sind. 24

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V 11 Hagen–Poiseuillesches Gesetz,Dopplersonographie

A) Stichworte zur Vorbereitung

Innere Reibung, Definition der Zahigkeit, laminare und turbulente Stromung, Stro-mungswiderstand, Parallel– und Hintereinanderschaltung von Kapillaren (Kirchhoff-sche Regeln der Flussigkeitsstromung), formale Analogie zum Ohmschen Gesetz derElektrizitatslehre, Dopplersonographie.

B) Literatur

Gonsior: Physik fur Mediziner, Biologen und Pharmazeuten

Robert F. Schmidt, Gerhard Thews, Florian Lang: Physiologie des Menschen. Berlin,Heidelberg: Springer, 28. Aufl. 2000.

Rainer Klinke, Stefan Silbernagl: Lehrbuch der Physiologie. Stuttgart, New York:Thieme, 3. Aufl. 2001.

C) Motivation

Die innere Reibung von Flussigkeiten spielt im Zusammenhang mit dem Blutkreis-lauf in der Medizin eine ganz entscheidende Rolle. Wie Sie im ersten Teil des vorlie-genden Versuchs sehen werden, vervielfacht sich der Blutfluß in Kapillargefaßen beiaußerst geringfugigen – beispielsweise medikamentos bedingten – Vergroßerungender Durchmesser dieser Gefaße. Zur Ableitung des Hagen–Poiseuilleschen Gesetzesnehmen wir naherungsweise an, daß es sich beim Blut um eine einigermaßen homo-gene Flussigkeit handelt. Diese Annahme ist fur Blutgefaße naherungsweise erfullt,wenn ihr Durchmesser deutlich großer als der der Blutplattchen ist.

Bei der sonographischen Messung der Fließgeschwindigkeit im zweiten Teil diesesVersuchs benutzen wir anstelle von Blut eine Modellflussigkeit. In diesem Versuchs-teil machen wir, im Gegensatz zum ersten Teil, gerade von der Tatsache Gebrauch,daß es sich beim Blut um eine inhomogene Flussigkeit handelt, die aus Plasma undBlutplattchen zusammengesetzt ist. Unsere Modellflussigkeit enthalt anstelle derBlutplattchen mikroskopische Gasblasen.

Doch zunachst sollen zur Einfuhrung einige wichtige Punkte der Mechanik defor-mierbarer Medien beschrieben werden.

D) Grundlagen

Flussigkeiten zeichnen sich im Gegensatz zu Festkorpern dadurch aus, daß sie keinefeste Form besitzen, d.h. sehr leicht deformierbar sind.

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1. Druck

Diese physikalische Große dient zur Kennzeichnung der senkrecht auf eine Flache Awirkenden Kraft F .

Die Druckdefinition lautet:

p =F

A, wobei F ⊥ A ist. (1)

Einheit: Pascal. 1 Pa = 1 Nm2 (= 10−5 bar). Bei der Blutdruckmessung in der Medizin

hat sich auch noch die Einheit mm Hg (Millimeter Quecksilbersaule) erhalten. 1 mmHg ist der Druck, der von einer 1mm hohen Quecksilbersaule ausgeubt wird, also1mm Hg = 133,322 Pa.

Druck ist eine skalare Große.

2. Hydrostatik

Die Hydrostatik behandelt ruhende Flussigkeiten. Der Druck in ruhenden Flussig-keiten, der sog. hydrostatische Druck, setzt sich zusammen aus dem Stempeldruckund dem Schweredruck:

Stempeldruck: Ubt man mit Hilfe eines Stempels eine Kraft auf eine in einemGefaß befindliche Flussigkeit aus, so ist der hierdurch entstehende Stempel-druck an allen Stellen in der Flussigkeit und an der Gefaßwand gleich. DieseTatsache ist die eigentliche Motivation fur die Definition der Große

”Druck“:

Ganz egal, wo und wie eine Flache in der Flussigkeit liegt und wie groß sie ist,der Quotient aus der senkrecht auf sie wirkenden Kraft und dieser Flache hatimmer denselben Wert, der Druck ist immer gleich groß. Hierdurch ergibt sicheine Anwendungsmoglichkeit: die hydraulische Presse (z.B. der Behandlungs-stuhl des Zahnarztes oder die Hebebuhne in einer Kfz-Werkstatt).

F1

A1

F2

A2

Abb. 1: Hydraulische Presse

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Wegen der Druckgleichheit p1 = p2 an den beiden Kolben haben wir eineArt hydraulischen Flaschenzug, bei dem das Krafteverhaltnis F2

F1gleich dem

Flachenverhaltnis A2

A1ist:

F2 =A2

A1

· F1 (2)

Die an den beiden Kolben geleistete Arbeit ist naturlich gleich groß.

Schweredruck: Bei dem bisher Gesagten haben wir die Gewichtskraft der Flussig-keit selbst vernachlassigt. Bezieht man diese mit in die Betrachtung ein, sosieht man, daß in großerer Tiefe ein großerer Druck herrschen muß, da dortdie Gewichtskraft einer hoheren Wassersaule wirksam ist. Der Druck, der inder Flussigkeit durch ihr eigenes Gewicht G erzeugt wird, wird als Schwere-druck bezeichnet. Er ist proportional zur Eintauchtiefe h und zur Dichte ρ derFlussigkeit:

p(h) = ρ · g · h (3)

Hierbei ist g die Erdbeschleunigung (g = 9,81m/s2). Die Dichte ρ ist dasVerhaltnis aus der Masse m eines Stoffes und dem Volumen V , welches er ein-nimmt (ρ = 1 kg/dm3 fur Wasser):

ρ =m

V. (4)

Kurze Herleitung fur Gleichung (3):Der Druck auf eine Flache A in der Tiefe h wird durch die Gewichtskraft Gder Wassersaule uber dieser Flache erzeugt. Das Volumen V dieser Wassersauleist V = A · h; die Gewichtskraft ergibt sich aus dem 2. Newtonschen AxiomG = m · g.

p(h) =G

A=m · gA

=ρ · V · gA

=ρ · g · h · A

A= ρ · g · h

Hydrostatisches Paradoxon: Daß der Schweredruck nur von der Eintauchtiefeabhangt, nicht aber von der Gestalt des Gefaßes, nennt man das Hydrostati-sche Paradoxon.

Abb. 2: Hydrostatisches Paradoxon

Der Druck am Boden ist unter allen 4’Rohren‘ gleich groß, obwohl sie unter-

schiedlich viel Wasser enthalten und somit die Wassertrichter unterschiedliches

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Gewicht haben. Fur den Druck ist aber nur die direkt uber der Flache befind-liche Wassersaule entscheidend, und diese ist uberall gleich hoch. Umgekehrthat die Tatsache, daß der Druck sich uberall am Boden auf den gleichen Werteinstellen will, zur Folge, daß die Wassersaulen uberall gleich hoch stehen, derWasserstand in solchen

”kommunizierenden Rohren“ also uberall gleich ist.

3. Hydrodynamik

Die Hydrodynamik behandelt im Gegensatz zur Hydrostatik stromende Flussigkei-ten.

Kontinuitatsgleichung: Die Kontinuitatsgleichung besagt, daß die pro Zeiteinheitdurch ein Rohr fließende Flussigkeitsmenge uberall im Rohr gleich groß ist,unabhangig vom Rohrquerschnitt an dieser Stelle:

V =dV

dt=

V

t= const (5)

Dies ist anschaulich sofort klar, denn ansonsten mußte sich ja irgendwo imRohr Flussigkeit ansammeln oder aber erzeugt oder vernichtet werden. Furideale Flussigkeiten (d.h. inkompressible Flussigkeiten ohne innere Reibung)kann die Kontinuitatsgleichung auch so formuliert werden: Es besteht ein Zu-sammenhang zwischen dem Rohrquerschnitt und der Fließgeschwindigkeit der-art, daß uberall entlang des Rohres das Produkt aus Querschnittsflache undFließgeschwindigkeit gleich groß ist:

A1 · v1 = A2 · v2 , (6)

Dies ist anhand der Abb. 3 leicht nachvollziehbar:

A1 v1

s1

A2 v2

s2

Abb. 3: Zur Ableitung der Kontinuitatsgleichung

(Bei Flussigkeiten mit innerer Reibung (vgl. nachster Abschnitt) ist die Fließ-geschwindigkeit nicht innerhalb der gesamten Querschnittsflache konstant (vgl.Abb. 8), Gleichung (6) gilt dann fur die mittleren Fließgeschwindigkeiten.)

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Bei einer mittleren Fließgeschwindigkeit von v hat ein Flussigkeitsmolekul inder Zeit t im Mittel die Strecke s = v · t zuruckgelegt, d.h. in dieser Zeitist in einem Rohr mit der Querschnittsflache A das Flussigkeitsvolumen vonV = A · s geflossen.

dV

dt=

d(A · v t)dt

= A · v = const (7)

Folgerung:

Je kleiner der Rohrquerschnitt, desto schneller fließt die Flussigkeit an dieserStelle.

v ∼ 1

A(8)

Bernoulli-Gleichung: In einer stromenden Flussigkeit ist (in gleicher Wassertiefe)nicht der hydrostatische Druck uberall gleich groß, sondern unter idealen Be-dingungen die Summe aus hydrostatischem Druck und einem sog. Staudruck,der von der Stromungsgeschwindigkeit abhangt. Die Bernoulli-Gleichung be-schreibt diesen Zusammenhang zwischen der Fließgeschwindigkeit und demhydrostatischen Druck in einer inkompressiblen, reibungsfreien Flussigkeit:

p+1

2ρ v2 = const, (9)

wobei p der hydrostatische Druck und 12ρ v2 der Staudruck der Flussigkeit ist.

Die Bernoulli-Gleichung ist eine Folge aus dem Energieerhaltungssatz: Divi-diert man die Gleichung

p · V +1

2mv2 = const (10)

durch das Volumen V , so erhalt man gerade die Bernoulli-Gleichung.

Folgerung:

Bei großerer Stromungsgeschwindigkeit ist der Druck auf die Wande kleiner.

Hydrodynamisches Paradoxon: Aus der Kontinuitatsgleichung (v ∼ 1A) und

der Bernoulli-Gleichung (Druck fallt bei Geschwindigkeitszunahme) folgt dasHydrodynamische Paradoxon:In einer Engstelle einer Stromung ist der Druck vermindert (Abb. 4)! Das be-deutet auch, daß dort der Druck auf die Wande geringer ist.

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A1,v1

p1

A2,v2

p2

A1,v1

p1

Abb. 4: Hydrodynamisches Paradoxon (ideale Flussigkeit ohneinnere Reibung)

Die Hohe der Flussigkeitssaule entspricht dem momentanen Druck der Flussig-keit, vgl. Glg. (3).

Kurze Erklarung:

Gemaß der Glg. (6) muß v1 kleiner als v2 sein. Die Flussigkeitsmolekule mussenalso beim Eintritt in das Rohr kleineren Querschnitts beschleunigt und beimUbergang in das Rohr mit großerem Querschnitt wieder abgebremst werden.Die Druckunterschiede (p1 > p2) sorgen beim Ein- und Austritt der Flussigkeitin das Rohr kleineren Querschnitts fur die notige Beschleunigung und Verzoge-rung der Molekule.

Eine weitere Folge der Bernoulli-Gleichung (9) ist, daß Gegenstande, an deneneine Stromung vorbeifließt, von der Stromung nicht abgestoßen, sondern ange-zogen werden (Abb. 5)! Auch dies wird oft als Hydrodynamisches Paradoxonbezeichnet.

Abb. 5: Hydrodynamisches Paradoxon: Aus dem Rohr (oben),dessen Ende plattenformig ausgebildet ist, stromt eine Flussigkeitoder ein Gas gegen die darunterliegende Platte und fließt seitlich

ab. Die untere Platte wird dadurch angezogen!

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Als Anwendungen sind zu nennen:

•”Ansaugen“ von Luftsauerstoff beim Bunsenbrenner (besser

”Hineindruk-

ken“ durch großeren außeren Luftdruck)

• Flugfahigkeit von Flugzeugen und Hubschraubern durch geeignete Wahlder Form der Tragflache resp. Rotoren

Wenn Ihnen das Hydrodynamische Paradoxon entsprechend der Abb. 4 vorgefuhrtwird, hat der Experimentator ein wenig geschummelt. Bei realen Flussigkeiten trittin der Flussigkeit Reibung zwischen den Molekulen auf, welche fur einen zusatzlichenDruckabfall sorgt:

A1,v1

p1 p1′

A2,v2

p2 p2′

A1,v1

p1∗

p1∗′

Abb. 6: Hydrodynamisches Paradoxon bei realen Flussigkeiten

Diese innere Reibung wollen wir nun quantifizieren und im Versuch auch messen.

4. Innere Reibung (Viskositat)

Bei realen Flussigkeiten tritt innere Reibung (Viskositat, Zahigkeit) auf, d.h. dieVerschiebung der Flussigkeitsteilchen gegeneinander ist durch Reibung gehemmt.Unterschiedliche Flussigkeiten haben unterschiedliche Zahigkeit, so ist etwa Honigviel zahflussiger als Wasser. Um die Starke der inneren Reibung quantitativ erfassenzu konnen, fuhrt man den sog. Koeffizienten der inneren Reibung ein:

Definition des Koeffizienten der inneren Reibung (dynamische Visko-sitat): Um in einer Flussigkeit eine ebene Platte parallel zu einer ebenen Wandim Abstand x mit der konstanten Geschwindigkeit v0 zu bewegen (vgl. Abb. 7),muß die Reibungskraft gerade kompensiert werden. Dazu ist eine Kraft F erforder-lich, die proportional zu der Flache A der Platte und zum Geschwindigkeitsgefalledvdx

in der Flussigkeit ist:

F = η · A · dvdx

. (11)

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In Abb. 7 ist das Geschwindigkeitsgefalle als an jedem Ort in der Flussigkeit gleichgroß angenommen, also dv

dx= v

x. Der Proportionalitatsfaktor η ist eine temperatur-

abhangige Materialkonstante und heißt Koeffizient der inneren Reibung oder dyna-mische Viskositat.

x

v0

F

Abb. 7: Zur Definition der Viskositat

Die Einheit des Koeffizienten der inneren Reibung η ist:

[η] = 1Pa · s = 1kg

m · s = 1N · sm2

.

Die Zahigkeit von Flussigkeiten ist stark temperaturabhangig (z.B. Motorenole).

5. Laminare und turbulente Stromung

Bei der Bewegung einer Flussigkeit unterscheidet man neben der idealen Stromung,bei der keine innere Reibung vorhanden ist (oder aber vernachlassigbar klein ist),zwischen laminarer und turbulenter Stromung.

Von laminarer Stromung spricht man, wenn sich die Flussigkeitsteilchen in ge-ordneten, ubereinander gleitenden Schichten bewegen, die sich nicht durchdringen.Laminare Stromung liegt dann vor, wenn die Zahigkeit der Flussigkeit groß und ihreGeschwindigkeit klein ist, genauer: wenn das Verhaltnis aus Beschleunigungsarbeitund Reibungsarbeit einen bestimmten Wert nicht uberschreitet. Dieses Verhaltnisvon Beschleunigungs- zu Reibungsarbeit wird als Reynoldszahl bezeichnet.

Ist die Reynoldszahl großer als dieser kritische Wert, welchen man als kritischeReynoldszahl bezeichnet und der in der Großenordnung von 1000 liegt, so erfolgtder Umschlag zu turbulenter Stromung. Bei dieser Stromungsform sind der mitt-leren Bewegung Wirbel uberlagert, die unregelmaßig entstehen und vergehen.

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6. Laminare Stromungen in Rohren mit kreisformigen Quer-schnitten – Das Gesetz von Hagen und Poiseuille

Wir wenden uns nun laminaren Stromungen homogener Flussigkeiten in zylindri-schen Rohren zu. Hierfur haben der deutsche Wasserbauingenieur Gotthilf Hein-rich Ludwig Hagen (1797–1884) und der franzosische Arzt (auch Mediziner konnengrundlegende physikalische Entdeckungen machen!) Jean Louis Marie Poiseuille(1799–1869) das nach ihnen benannte Gesetz gefunden.

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❄❄

Abb. 8: Geschwindigkeitsverteilung in einem Rohr beilaminarer Stromung (glatt – frei von Wirbeln und Turbulenzen)

In zylindrischen Rohren stellt sich bei laminarer Stromung eine Geschwindigkeitsver-teilung ein, wie sie in Abb. 8 gezeigt ist: Die Spitzen der Geschwindigkeitsvektorenliegen auf einem Rotationsparaboloid. Die durch das Rohr in der Zeit t fließendeFlussigkeitsmenge V erhalt man durch Summation der durch die einzelnen

’Hohl-

zylinder‘ fließenden Mengen. Dadurch ergibt sich das Hagen-Poiseuillesche Gesetzzu

IV :=V

t=π r4∆p

8 η l. (12)

Hierbei ist:

IV = der Volumenstrom,

r = der Radius des Rohres,

∆p = die Druckdifferenz zwischen Anfang und Ende des Rohres

l = die Lange des Rohres,

η = die Viskositat der Flussigkeit

Es gilt also insbesondereIV ∼ r4 , (13)

d.h. der Fluß durch eine Kapillare ist proportional zur 4. Potenz ihresRadius (V

t∼ r4, wohingegen beim Ohmschen Gesetz I ∼ r2). Hieran sieht

man, daß schon geringfugige Veranderungen des Durchmessers von Blutgefaßen sehrstarken Einfluß auf den Blutfluß in diesen haben.

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Man kann nun den Ausdruck8 η l

π r4=: RHP (14)

zum Hagen-Poiseuilleschen Stromungswiderstand RHP zusammenfassen. Er hat dieEinheit

[RHP] =Pa · sm3

=N · sm5

=kg

m4 · s .

Damit nimmt das Hagen-Poiseuillesche Gesetz (12) die Form

IV =∆p

RHP(15)

an, ganz in Analogie zum Ohmschen Gesetz fur elektrische Strome, wo die elek-trische Stromstarke I = q

tgleich dem Quotienten aus der elektrischen Spannung

(elektrischen Potentialdifferenz) U = ∆ϕ und dem elektrischen Widerstand R ist:

I =U

Rbzw. U = R · I . (16)

7. Reihen- und Parallelschaltung von Stromungswiderstanden

Sowohl fur elektrische Strome (wo also elektrische Ladungen fließen) als auch furFlussigkeitsstromungen gelten die Kirchhoffschen Regeln:

Die Knotenregel (vgl. V 31, Abb. 4a) besagt, daß an jeder Verzweigungsstelle(Knoten) des Leitungsnetzwerks die Summe der ankommenden gleich der Summeder abfließenden Strome ist. Dies ist wie die Kontinuitatsgleichung ein Ausdruck derTatsache, daß in dem Stromkreis Flussigkeit [im elektrischen Fall: Ladung] wederirgendwo angestaut noch erzeugt oder vernichtet wird.

Die Maschenregel (vgl. V 31, Abb. 4b) besagt, daß in jeder’Masche‘ die Summe

der an den dort vorhandenen Widerstanden abfallenden Druckdifferenzen [elektrisch:Spannungen] gleich der Summe der durch in dieser Masche vorhandene Pumpen[elektrisch: Spannungsquellen] erzeugten Druckdifferenzen [elektrisch: Spannungen]ist.

Aus diesen Regeln lassen sich die Gesetze fur die Reihen- und die Parallelschaltung(siehe Abb. 9) von Stromungswiderstanden ableiten. Ganz analog zur Elektrizitats-lehre ergibt sich auch fur die Flussigkeitsstromung, daß der Gesamtwiderstand einerReihenschaltung gleich der Summe der Einzelwiderstande ist, wahrend bei einer Par-allelschaltung der Kehrwert des Ersatzwiderstandes gleich der Summe der Kehrwerteder Einzelwiderstande ist:Reihenschaltung:

RGesReihe = R1 +R2 +R3 + ... . (17)

Parallelschaltung:

1

RGesParallel

=1

R1

+1

R2

+1

R3

+ ... . (18)

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Der Widerstandswert der Parallelschaltung von nur zwei Widerstanden ergibt sichdaraus zu

RGesParallel =R1 · R2

R1 +R2. (19)

Aus Gl. (17) laßt sich ubrigens auch ablesen, daß der Hagen-Poiseuillesche Stromungs-widerstand (14) proportional zur Lange l des Rohres sein muß.

R1 R2

R2

R1

a) b)

Abb. 9: a) Reihenschaltung und b) Parallelschaltung vonStromungswiderstanden

8. Dopplereffekt

Die Doppler-Sonographie, welche z.B. in der Geburtshilfe zum Nachweis der kind-lichen Herztone oder in der Angiologie zur Diagnose von Gefaßerkrankungen ange-wendet wird, beruht auf dem Dopplereffekt (benannt nach Johann Christian Dopp-ler, osterreichischer Physiker, 1803–1853). Den Dopplereffekt kennen Sie alle schon:Wenn beispielsweise ein hupendes Auto vorbeifahrt, ist der Hupton hoher, wenn dasAuto auf Sie zufahrt, und wird plotzlich tiefer, wenn es sich von Ihnen entfernt.Physikalisch bedeutet dies, daß die Frequenz einer Welle, wie sie Schall oder auchLicht darstellen, verandert erscheint, wenn sich der Sender [im Beispiel also das hu-pende Auto] oder aber der Empfanger bewegt.

Die Doppler-Sonographie zur Beurteilung der Stromungsverhaltnisse in Blutgefaßenberuht darauf, daß man die Blutplattchen, die sich im Blutplasma bewegen, durchEinstrahlen einer Ultraschallwelle mit einer Frequenz imMegahertzbereich zu Schwin-gungen anregt. Die Anregungsfrequenz der Blutplattchen hangt von ihrer Geschwin-digkeit (Betrag und Richtung) und der Senderfrequenz ab. Je nachdem, ob sichdie Blutplattchen auf den Ultraschallsender zu- oder von ihm wegbewegen, sendendie Blutplattchen Kugelwellen mit hoherer oder niedrigerer Frequenz als der Anre-gungsfrequenz aus. Durch die Bewegung der Plattchen relativ zum Empfanger wirddie empfangene Frequenz noch einmal gegen die Senderfrequenz dopplerverschoben.Durch diese Verschiebungen beim Senden und beim Empfang kommt naherungsweiseder Vorfaktor 2 in Glg. (20) zustande. Mischt man die Anregungs(Sender–)frequenzf0 und die von einem Blutplattchen ausgestrahlte, zweifach dopplerverschobene Fre-quenz, so beobachtet man die Differenzfrequenz ∆f als Schwebung. Sie ist gegebendurch:

∆f ≈ 2 · f0vdccosϕ, (20)

wobei f0 die Sendefrequenz, ϕ der Einstrahlwinkel zwischen Strahlachse und Fluß-richtung, vd die Fließgeschwindigkeit und c die Schallgeschwindigkeit ist. Der Faktor

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cosϕ in Gleichung (20) kommt dadurch zustande, daß nur die Geschwindigkeitskom-ponente in Richtung des Ultraschallkopfes gemessen wird; dies bedeutet, daß wennman quantitative Werte fur die Fließgeschwindigkeit erhalten will, man den Ultra-schallkopf unter einem definierten Winkel (ublicherweise 60◦) an die Adern haltenmuß.

Ruhender Ultraschallkopf:Sender der Frequenz f0empfangene Frequenz f0−∆f ≈ f0−2·δf

Bewegter Beobachter:Empfanger und Senderder Frequenz f0 − δf

v0

ϕ

Abb. 10: Messung der Fließgeschwindigkeit vd einer inhomogenenFlussigkeit mittels Dopplereffekt. ϕ ist der Winkel, unter dem der

bewegte Beobachter den Ultraschallsender sieht.

Da sich die Blutplattchen bei der Stromung durch ein Rohr nicht mit einheitlicherGeschwindigkeit bewegen, sendet jedes von ihnen entsprechend der Geschwindig-keitsverteilung nach Abb. 8 in der Flussigkeit Kugelwellen mit einer unterschiedli-chen Frequenz aus. Wenn man diese Mischung aus verschiedenen Frequenzen ver-starkt und mit einem Lautsprecher wiedergibt, hort man ein Rauschen. Durch Spek-tralanalyse (Bestimmung der verschiedenen Frequenzen, die im Signal enthaltensind) dieses Rauschens kann man im Prinzip die Geschwindigkeitsverteilung derBlutplattchen und damit den Durchfluß ermitteln. In der Medizin wird dieses Ver-fahren meist nur zur qualitativen Bestimmung des Blutflusses eingesetzt. Technischfindet das Verfahren beispielsweise Anwendung in Durchflußmessern zur Heizkosten-aufteilung in Mehrfamilienhausern.Das im vorliegenden Versuch zur Anwendung kommende Gerat arbeitet im Dauer-schallverfahren (CW–Doppler, continuous wave). Der Schallkopf ist in ein Elementzum Senden und Empfangen aufgeteilt.

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E) Versuchsdurchfuhrung und -auswertung

1. Messung der Viskositat von destilliertem Wasser

Zur Messung der Viskositat η von destilliertem Wasser bei Zimmertemperatur wirddie Zeit gemessen, in der eine Flussigkeitsmenge von bekanntem Volumen laminardurch eine Kapillare mit bekanntem Durchmesser fließt.

Mit Hilfe der Beziehung (12) kann dann bei bekannter Druckdifferenz ∆p die Vis-kositat des destillierten Wassers berechnet werden.

Der erweiterte Teil der Kapillare wird mit destilliertem Wasser gefullt, ihr Ende, wiein Abb. 11 dargestellt, in ein Gefaß mit destilliertem Wasser eingetaucht, damit sichkeine Tropfen bilden konnen. Die in Gleichung (12) vorkommenden Abmessungender Kapillare werden gemessen. Der Durchmesser d = 2 · r ist auf jeder Kapillareangegeben.

∆p bedeutet in der Hagen–Poiseuilleschen Formel die Druckdifferenz, die durch dieHohe h der Wassersaule entsteht (vgl. Glg. (3)). Wahrend des Ausstromens derFlussigkeit bleibt die Hohe der Flussigkeitssaule nicht konstant. Die Zeitabhangig-keit der Wassersaulenhohe kann man berucksichtigen, indem man eine mittlere Hoheh = h′+h′′

2in die Formel einsetzt. Bezeichnungen siehe Abb. 11.

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h′

h′′

l

h

Mitte

Abb. 11: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Viskositat vondestilliertem Wasser

Achtung: Verwenden Sie in diesem Versuchsteil destilliertes Wasser!

Es ist darauf zu achten, daß sich in der Kapillare keine Blaschen befinden (ansonstenfließt die Flussigkeit nicht mehr laminar bzw. gar nicht mehr).

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Aufgabe:

• Bestimmen Sie die Zahigkeit η des Wassers mit zwei Kapillaren verschiedenenDurchmessers. Notieren Sie sich hierzu den Durchmesser 2 r der Kapillare undmessen Sie ihre Lange l sowie den Innendurchmesser des erweiterten Teilsund den Abstand ∆h (∆h = h′ − h′′) zwischen der oberen und der unterenMarkierung, außerdem die mittlere Hohe h. Messen Sie die Zeitdauer t, die dasWasser braucht, um von der oberen bis zur unteren Markierung abzufließen.(Literaturwert: η = 1,002mPa · s)

• Wie gut stimmen Ihre beiden Ergebnisse uberein? Daraus konnen Sie ersehen,wie gut Ihre Versuchsdurchfuhrung war.

2. Messung der Fließgeschwindigkeit einer Flussigkeit durch

Dopplersonographie und Messung des Hagen-Poiseuille-schenWiderstandsRHP bei einer inhomogenen Flussigkeit

Der vorliegende Versuchsaufbau ist ein einfaches Modell des Blutkreislaufs, beste-hend aus einer Pumpe (die das Herz darstellen soll) und Rohren verschiedenenDurchmessers (parallel bzw. in Reihe geschaltet), die die Blutgefaße darstellen.Mittels der eingebauten Ventile kann der Stromungswiderstand R1 einzeln in denStromkreis eingebracht werden, oder R2 kann parallel oder in Reihe dazugeschaltetwerden. Mit diesem Aufbau konnen Sie die Kirchhoffschen Regeln am Beispiel derHintereinander– bzw. Parallelschaltung von Stromungswiderstanden nachprufen. Ei-ne Engstelle (Stenose) in einem Blutgefaß kann als großer Stromungswiderstand ineinem Leitungssystem mit geringem Widerstand angesehen werden. Sie fuhrt dazu,daß der Hauptstrom durch parallel geschaltete Gefaße verlauft, und daß das Organ,das durch das Gefaß mit der Stenose versorgt werden soll, schlecht durchblutet wird!

Der Hagen-Poiseuillesche Widerstand kann gemaß Gl. (15) ermittelt werden, wennsowohl der Volumenstrom (Durchflußmenge pro Zeiteinheit) als auch die Druckdif-ferenz bekannt sind.

Der Druck im Leitungssystem kann mit Steigrohren (vgl. Glg. (3) und Abb. 12)durch eine einfache Messung der Hohe der Wassersaule bestimmt werden.

Die mittlere Fließgeschwindigkeit und damit die Durchflußmenge pro Zeiteinheitwird mit der Doppler–Sonde gemessen. Im Praktikumsgerat wird das Wasser voneiner elektrischen Tauchpumpe durch das Leitungssystem gepumpt. Die Durchfluß-anzeige und die Spannungsversorgung fur die Pumpe sind in einem gemeinsamenGehause untergebracht. Die Pumpenspannung kann mit einem Drehknopf einge-stellt werden.

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Messung derFließgeschwindigkeitKalibrierung

∆p ∼ ∆h

Pumpe

R1

R2

VK

V

V1

V2

V3

Abb. 12: Versuchsaufbau zur Doppler-Durchflußmessung

Als inhomogene Flussigkeit wird Wasser mit einem Spulmittelzusatz verwendet.Wenn diese Mischung einige Minuten durch die Apparatur gepumpt wird, bildensich kleine Blaschen, die die Blutplattchen als

’Sender‘ ersetzen.

Der Doppler-Meßkopf gibt die ermittelte Frequenzdifferenz ∆f , welche nach Glg. (20)proportional zur Fließgeschwindigkeit vd der Flussigkeit ist, in Form der Doppler-spannung UD an ein Zeigerinstrument (0 bis 50 Skalenteile (Skt)) weiter. Da nichtbekannt ist, welche Skalenteilanzeige welchem Volumenstrom entspricht, kann derVolumenstrom also nicht direkt abgelesen werden. Daher muß zunachst eine Kali-brierung des Volumenstroms vorgenommen werden.

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2.1 Kalibrierung

1. Der Vorratsbehalter wird mit Wasser gefullt, wobei der Wasserstand moglichsthoch zu wahlen ist, jedoch so, daß der Behalter nicht uberlauft. (Achtung:Das Wasser kann durch Offnungen in der Gefaßwand unter der Gefaßoberkanteauslaufen.) Anschließend etwas Spulmittel zugeben, alle Ventile offnen unddann etwa 20 Sekunden lang die maximale Pumpenspannung einstellen (zurBlaschenbildung, das kann jederzeit wiederholt werden, wenn zu wenige Blas-chen im Wasser sind bzw. die Anzeige stark schwankt).

2. Stellen Sie den Meßbecher unter das Auslaufventil VK (siehe Abb. 12), undmachen Sie sich mit der Funktionsweise der mechanischen Stoppuhr vertraut.

3. Bestimmen Sie 8 Wertepaare fur den Volumenstrom IV = Vtin m3

sund den

zugehorigen Skt-Wert. Wahlen Sie dabei die Betriebsspannungen der Pumpederart, daß der ganze Skalenteilanzeigebereich abgedeckt wird. Die einzelnenWertepaare erhalten Sie folgendermaßen:

3.1 Zunachst mussen Sie 3 Dinge gleichzeitig tun:

• Offnen des Auslaufventils VK

• Schließen des Ventils V, uber welches das Wasser in den Vorrats-behalter zuruckfließt.

• Starten der Stoppuhr

3.2 Lesen Sie die Skalenteilanzeige der Dopplerspannung ab.

3.3 Stoppen Sie die Uhr (und lesen Sie sie ab ...), sobald 0,5 Liter Wasser inden Vorratsbehalter gelaufen sind.

3.4 Stoppen Sie dann den Wasserauslauf, indem Sie gleichzeitig das Auslauf-ventil VK schließen und das Ventil V, uber welches das Wasser wieder inden Vorratsbehater fließen kann, offnen.

3.5 Schutten Sie das in den Meßbecher ausgelaufene Wasser wieder in denKreislauf zuruck.

4. Zur Auswertung der so aufgenommenen Meßwerte bestimmen Sie aus der Aus-laufzeit und -menge (0,5 Liter) jeweils den Volumenstrom IV = V

tin m3

s. Tra-

gen Sie den Volumenstrom (in m3

s) als Funktion der Zeigeranzeige (in Skt)

in ein Diagramm ein (Millimeterpapier), und legen Sie eine Ausgleichskurvedurch die Meßpunkte (Ausgleichskurve bedeutet, daß die Kurve moglichst nahean moglichst vielen Meßpunkten vorbeigehen soll, d.h. lieber einen Ausreißerlinks liegenlassen und dafur an den anderen Punkten naher vorbeikommen).Aus der Ausgleichskurve kann dann zu den in der eigentlichen Messung (sie-he nachster Abschnitt) gemessenen Skt-Werten der zugehorige Volumenstrombestimmt werden.

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2.2 Widerstandsmessung

Wir wollen die Stromungswiderstande R1 und R2 bestimmen. Bei der vorgegebenenApparatur laßt sich jedoch R2 nicht einzeln in den Kreislauf einbringen (durch Offnenoder Schließen von Ventilen). Daher muß R2 aus den Widerstandswerten, die wir beider Reihen- und Parallelschaltung von R1 und R2 messen, errechnet werden. Ausdiesen beiden Werten kann auch R1 berechnet werden. Wir konnen aber R1 auchdirekt messen. Die beiden so erhaltenen Werte fur R1 wollen wir dann miteinandervergleichen.

1. Fuhren Sie fur jede der Verschaltungsmoglichkeiten R1 einzeln, R1 und R2

in Reihe, R1 und R2 parallelgeschaltet zwei Messungen bei unterschiedlichenEinstellungen der Pumpenspannung durch:

• Messen Sie die Differenz der Wasserhohen in den beiden Steigrohren.

• Notieren Sie sich den Zeigerausschlag, welcher den Volumenstrom in Ska-lenteilen angibt.

2. Zur Auswertung bestimmen Sie fur jede dieser 6 Messungen aus der Hohen-differenz in den Steigrohren die Druckdifferenz ∆p zwischen Anfang und Endedes Leitungssystems, vgl. Abb. 12 und Glg. (3), sowie mit Hilfe der Kalibrie-rungskurve aus der Skalenteilanzeige den zugehorigen Volumenstrom IV = V

t.

Aus der Spannungsdifferenz ∆p und dem Volumenstrom IV konnen Sie dannden zugehorigen Stromungswiderstand RHP = ∆p

Ibestimmen.

3. Bilden Sie dann fur jede der 3 Verschaltungsmoglichkeiten den Mittelwert derbeiden Widerstandswerte, die sich bei den 2 unterschiedlichen Pumpenspan-nungen ergaben.

4. Berechnen Sie aus den Widerstandswerten, die Sie fur R1 einzeln und fur dieReihenschaltung erhalten haben, den Widerstand R2.

5. Berechnen Sie aus dem auf diese Weise bestimmten Wert fur R2 und demWert fur R1 den Widerstand der Parallelschaltung. Vergleichen Sie den soerhaltenen Wert mit dem direkt gemessenen. Worin durfte die Ursache fur denUnterschied zu suchen sein?

3. Anwendung des Doppler-Meßgerates am eigenen Korper

Lassen Sie sich vom Assistenten einen nicht eingebauten Doppler–Meßkopf geben,stecken Sie diesen in Ihre Nachweiselektronik ein, und versuchen Sie blutdurch-stromte Gefaße an der Hand (Fingerspitzen) oder am Handgelenk oder die das Ge-hirn versorgende Arterie am Hals zu finden.

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F) Fragen

11.1 Der systolische Blutdruck beim gesunden Erwachsenen betragt in Ruhe120mm Hg. Bei einem Patienten wird ein systolischer Wert von 140mmHg gemessen. Um wieviel Pascal liegt dieser Blutdruck uber dem Nor-malwert? (Dichte von Quecksilber: 13,6 kg/l)

11.2 Erklaren Sie das hydrostatische Paradoxon.

11.3 Erklaren Sie das hydrodynamische Paradoxon.

11.4 Wie lautet die Bernoulli-Gleichung, und welche Bedeutung hat sie furden Auftrieb einer Tragflache?

11.5 Wodurch unterscheiden sich laminare und turbulente Stromung?

11.6 Was versteht man unter der Reynoldsschen Zahl?

11.7 An welchen Stellen im menschlichen Korper treten laminare bzw. turbu-lente Stromungen auf (gasformig und flussig)?

11.8 Vergleichen Sie das Hagen-Poiseuillesche Gesetz mit dem Ohmschen Ge-setz. Welche Großen entsprechen einander?

11.9 Welche Bedeutung hat das Hagen–Poiseuillesche Gesetz fur den Blut-kreislauf?

11.10 Die Aorta verzweigt sich in 30 bis 40 Milliarden Kapillaren, von deneneffektiv 8 bis 10 Milliarden genutzt werden. Hierbei erhoht sich die Ge-samtquerschnittsflache auf das 800fache. Wenn wir nun von 9 MilliardenKapillaren ausgehen, die der Einfachheit halber alle als gleich dick ange-nommen werden, wie andert sich dann der Widerstand pro Langeneinheitbeim Ubergang von der Aorta zu den zueinander parallelgeschalteten Ka-pillaren?

11.11 Wie groß ist die Zahigkeit des Blutes?

11.12 Warum hat das Blut beim Durchstromen feiner Arterien eine scheinbargeringere Zahigkeit als in Arterien großen Durchmessers?

11.13 Was sagt das Stokessche Gesetz aus?

11.14 Weshalb sinkt eine Kugel in einer zahen Flussigkeit nach einer gewissenZeit mit konstanter Geschwindigkeit?

11.15 Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Kugelfallviskosimeter undBlutsenkung?

11.16 Mit der Dopplertechnik kann man nicht nur Gefaßdiagnostik betreiben,sondern auch die fetale Herzfrequenz bestimmen. Wie laßt sich das er-klaren?

11.17 An einem windstillen Tag stehen Sie auf der Aussichtsplattform des Stutt-garter Fernsehturms und lassen auf Ihrem Mobiltelefon laut Ihre Lieb-lingsmusik laufen. Wie wurde sich die von Ihnen gehorte Musik verandern,wenn Sie das Telefon vom Turm fallen lassen wurden? Wie wurde es fureinen Horer klingen, der am Fuße das Turmes steht?

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