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H. UEBE~V~: Alkalische Serumphoslohatase beim Sudeck-Syndrom 39 sondern auch in den herd~ernen Knochenteflen. Bei ungestSrter I-Ieilung, die phasenweise a,blief, mfindeten diese Veri~nderungen gesetzmi~l~ig in eine vollsti~ndige Wiederhersteilung. Es kann uns dies ~ls ein neuer Beweis daffir dienen, dal3 wir es beim Sudeck-Syndrom nicht mit ehler belanglosen AufTeihung yon Einzel- tatsachen, nicht mit einem Gestrfipp yon Hypothesen, auch nicht mit einer ungenutzten l~arit~t aus der l~umpelk~mmer zu tun haben, sondern mit einem echten neuen Beitrag zur Krankheitslehre, mit einer frucht- baren, d~s praktische Handeln bestimmenden Einsicht fiber Verletzung und I-Ieilung, fiber AnpassungsvermSgen und Anpassungsversagen und fiber die Mittel, deter sich die Natur bei der Abwehr eines Schadens bedient. Dieser Einsicht wird sich kein gen~uer und ehrifirchtiger Beob- achter verschliel3en kSimen. Literatur BLV~SA&T, C.: Der heutige Stand der Lehre veto Sudeck-Syndrom. ttefte Unfallheilk. 51 (1956). -- Bomb, It.: g. Bone Surg. 37, 327 (1955). -- Cv~ivs, F.: l:Iandbuch der inneren Medizin, Bd. I, S. 1. Berlin 1954. - - I-IA~SE~,K. : Miind- liche Mitteilung. - - RE~]~, H. : Dtsch. Z. Chh'. 257, 115 (1943). - - RIEDEIr W. : Dtsch. Z. Chir. 248, 269 (1936). -- OE~CKEI~, F. : Chirurg 14, 422, 459 (1942). -- SxI, YE, H.: Einfiihrung in die Lehre veto Adaptationssyndrom. Stuttgart 1953. Vorsitzender: Ich danke Herrn R~ ~iir seine Ausfiihrungen. Er war ganz besonders quMffiziert, dariiber zu sprechen, weft er als ~riiherer Mitarbeiter yon SVDECK uns alles das iibergeben konnte, was die Ansicht seines Meisters war. lob bitte nun l~:errn U:EBERM:UTH. 4. Untersuchungen iiber die alkalische Serumphosphatase beim Sudeck-Syndrom Von H. UEBEI~MUTH-Leipzig Mit 2 Textabbildungen Bei der gro•en Bedeutung der Phosphataseaktiviti~t ffir physio- logische und pathologische u im Knochensystem -- besonders ffir die Osteoblastenti~tigkeit -- konnte erwartet werden, d~] Unter- suchungen der Phosph~t~se, die unseres Wissens ifir die Sudeck-Er- krankung noch ausstehen, zu aufschlul3reichen Einblicken in die patho- logischen Zusammenhiinge ffihren kSnnen. Hierbei leitete uns die Er- w~gung, dal~ alas Knochensystem trotz der Beteiligung aller Gewebe sin Sudeck-Syndrom mal~geblich in das Kr~nkheitsgeschehen ein- bezogen ist. Die Phosphatasen shad Fermente (Katalysatoren), welche Phosphorylierungs- vorg~nge im gesamten Organismus bewerkstelligen. Sie dienen der Energiefrei- setzung aus Phosphatestern, doch haben sie auger der katalytischen Spaltung auch die Fi~higkeit zur Synthese der Phosphors~ureester. Ihre ]~edeutung fiir das

Untersuchungen über die alkalische Serumphosphatase beim Sudeck-Syndrom

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Page 1: Untersuchungen über die alkalische Serumphosphatase beim Sudeck-Syndrom

H. UEBE~V~: Alkalische Serumphoslohatase beim Sudeck-Syndrom 39

sondern auch in den herd~ernen Knochenteflen. Bei ungestSrter I-Ieilung, die phasenweise a,blief, mfindeten diese Veri~nderungen gesetzmi~l~ig in eine vollsti~ndige Wiederhersteilung.

Es kann uns dies ~ls ein neuer Beweis daffir dienen, dal3 wir es beim Sudeck-Syndrom nicht mit ehler belanglosen AufTeihung yon Einzel- tatsachen, nicht mit einem Gestrfipp yon Hypothesen, auch nicht mit einer ungenutzten l~arit~t aus der l~umpelk~mmer zu tun haben, sondern mit einem echten neuen Beitrag zur Krankheitslehre, mit einer frucht- baren, d~s praktische Handeln bestimmenden Einsicht fiber Verletzung und I-Ieilung, fiber AnpassungsvermSgen und Anpassungsversagen und fiber die Mittel, deter sich die Natur bei der Abwehr eines Schadens bedient. Dieser Einsicht wird sich kein gen~uer und ehrifirchtiger Beob- achter verschliel3en kSimen.

Literatur BLV~SA&T, C.: Der heutige Stand der Lehre veto Sudeck-Syndrom. ttefte

Unfallheilk. 51 (1956). - - Bomb, It.: g. Bone Surg. 37, 327 (1955). - - Cv~ivs, F.: l:Iandbuch der inneren Medizin, Bd. I, S. 1. Berlin 1954. - - I-IA~SE~, K. : Miind- liche Mitteilung. - - RE~]~, H. : Dtsch. Z. Chh'. 257, 115 (1943). - - RIEDEIr W. : Dtsch. Z. Chir. 248, 269 (1936). - - OE~CKEI~, F. : Chirurg 14, 422, 459 (1942). - - SxI, YE, H.: Einfiihrung in die Lehre veto Adaptationssyndrom. Stuttgart 1953.

Vorsitzender: Ich danke Herrn R ~ ~iir seine Ausfiihrungen. Er war ganz besonders quMffiziert, dariiber zu sprechen, weft er als ~riiherer Mitarbeiter yon SVDECK uns alles das iibergeben konnte, was die Ansicht seines Meisters war.

lob bitte nun l~:errn U:EBERM:UTH.

4. U n t e r s u c h u n g e n i iber die a lka l i sche S e r u m p h o s p h a t a s e

be im S u d e c k - S y n d r o m

Von H. UEBEI~MUTH-Leipzig

Mit 2 Textabbildungen

Bei der gro•en Bedeutung der Phosphataseaktiviti~t ffir physio- logische und pathologische u im Knochensystem - - besonders ffir die Osteoblastenti~tigkeit - - konnte erwartet werden, d~] Unter- suchungen der Phosph~t~se, die unseres Wissens ifir die Sudeck-Er- krankung noch ausstehen, zu aufschlul3reichen Einblicken in die patho- logischen Zusammenhiinge ffihren kSnnen. Hierbei leitete uns die Er- w~gung, dal~ alas Knochensystem trotz der Beteiligung aller Gewebe sin Sudeck-Syndrom mal~geblich in das Kr~nkheitsgeschehen ein- bezogen ist.

Die Phosphatasen shad Fermente (Katalysatoren), welche Phosphorylierungs- vorg~nge im gesamten Organismus bewerkstelligen. Sie dienen der Energiefrei- setzung aus Phosphatestern, doch haben sie auger der katalytischen Spaltung auch die Fi~higkeit zur Synthese der Phosphors~ureester. Ihre ]~edeutung fiir das

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40 H. U~ER~U~:

Knoehensystem besteht darin, daI~ sie die Mineralisation lenken, d~fl die Knochen- phosphatase die Ausfillung yon Caleiumphosphat besorgt. Hierauf gl~indet sieh die Ansiehg vieler Autoren, dal3 als Quelle der alkalischen Serumphosphatase die Knoehenphosphatase anzusprechen sei. Eine ErhShung der Aktivitit wird im Waehs~umsMter offensiehtlich (besehleunigter Knoehenbau), was auch ftir die letzten l~Ionate der Sehwangerschaft zu beobaehten ist. Demgegeniiber zeigen sich ffir die Kurve der Lebensalter keine Sehwankungen.

In gleieher, verl~Blieher Weise gest~t~en Untersuehungen der Phosphatase- aktivit~t Einbliek und Riieksehliisse auf pathologisehe Vorginge, mit Vorzug flit Knoehenerkrankungen. Fiir diese liegen zahlreiehe Untersuehnngen vor, die beispMsweise fiir die P~v.rsehe, fiir die R~ez~iz~e~aUS~l~sehe Krankhei~, fiir

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o 10 20 30 r 50 b'O 70Jahre

Abb. 1. Serumphosphatase, bezogen a ~ Lebensalter

gewisse Osteomalazieformen, ft~r osteoplastische Carchiommetastasen eine erhShte alkalisehe Serumphosphatase ergaben.

Wie liegen die Verhiltnisse beim Sudeck-Syndrom ? Ausffihrungen zu den Forderungen der ansloruchsvollen Unter-

suehungsme~hodik muB ich iibergehen. Es kann nur das Grundsitzliehe vermerkt werden, dab nicht das

Ferment selbst, sondern seine Auswirkung durch Abspaltungsprozesse kolorimetrisch und photometrisch bestimmt werden kann. Die dabei erschliel3bare Phosphatase~ktivit~t wird in Einheiten ausgedrfickt, die bei versehiedenen Methoden nnterschiedlich sind.

Fiir unsere Untersuehungen legten wit die Methode naeh H. Li~EMiNZ~ zu- grunde, bei welcher die Phosphat~seaktivitat naeh Bodanski-Einheiten angegeben wird.

(Eine Einheit ist 1 mg Phosphor, das in 100 em 3 Serum in 1 Std bei 37 ~ und Pit yon 8,7 aus Natrium-tT-Gtyeerophosphat abgespalten wird.)

Die durchsehnittlieho Mange yon BodansM-Einheiten bei regelreehtem Stoff- weehsel be~rggt im Serum 2--5 Einheiten.

Der Aktivit~tsbestimmung der alkalisehen Serumphosphatase unter- zogen wir mehrere Erkrankungsf~lle veto Sudeck-Syndrom, die in ihrem Verlauf fiber langere Zeit bis zu einem Jahr und gegebenenfalls darfiber hinaus in gewissen Abstanden wiederholten Untersuehungen zugeffihrt warden Es handelte sich um Sudeck-Formen naeh I~adius-, Unterarm- und Oberarmfrakturen. Unter Bezugnahme auf Untersuehungen meines

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Untersuehungen tiber die alkalische Serumphosphatase beim Sudeck-Syndrom 41

)Iitarbeiters SX~B~R kann hierbei das Vorhandensein yon Frakturen auBer Ansatz ffir die Bewertung der Phosphataseaktivitat bleiben, da die Frakturheflung keine Aktivitgtsvergnderung bedingt.

Die Ergebnisse unserer Untersuehung sind folgende:

1. In der ersten Phase der Sudeckschen Erkrankung, ausgepragter abet in der Phase (ter Dystrophie, sind die Werte der alka]ischen Serum- phosphatase erniedrigt.

2. Im Stadium der Ausheilung bzw. im Ubergang zu diesem normali- sieren sich die Werte, was auch ffir den Ausgang in die Endatrophie gilt.

320

ZSO

2~10

200 untE're arrenze #er No/~m

R I~o I Dystroph/b

f/ezTunj

z,7~

~Js z~b Enda/rophie

3,20

Abb. 2. Werte 4er alkalisehen Serumphosphatase in 4er Phase der Dystrophie and Endatrophie des Sudeck-Syndroms

Die Gegenfiberstellung dieser Erhebungen und unserer Kenntnisse fiber die Gewebsvorgi~nge beim Sudeckschen Syndrom dfiffte zur weiteren Deutung und Erkl~rung folgende Schlfisse erlauben:

W~hrend der t]:She der 5rtlichen StoffwechselstSrung - - der Gewebs- acidose im ILStadium - - kommt es zur Hemmung der alkalischen Phosphataseaktivit~t und damit zum Darniederliegen der Phosphory- lierungsvorg~nge, d.h. der eigentlichen Knochenstoffwechselums~tze, der Mineralisierung, der Ausf~llung des CMciumphosphats. Dieser bio- ehemische Einblick erkls damit den Anbau nur osteoiden Knochen- gewebes ohne Kalkeinlagerung. Ers~ nach Behebung der Gewebs- acidose im Ausheflungs- oder Endstadium finden sich wieder der Norm entsprechende ~Terte mit dem Ergebnis geordnetem Knochenanbaus, regelrechter Knochenstrukturen.

Es ist noch hinzuzufiigen, dal~ die Hemmung der Aktivitgt offenbar schon zu einem Zeitpunkt zu finden ist, zu welchem rSntgenologisch noch keine FeststeUung der typischen fleckigen Entsehattung zu treffen ist. In dieser Tatsache kSnnte die MSglichkeit praktischer Verwertbar- keit der Untersuchung gesehen werden, schon sehr frfih die Gefghrdung

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42 ~I. UEBERI~IUTH: Alkalische Serumphosphatase beim Sudeek-Syndrom

zum SudecksGhen Syndrom zu erkennen, so dag dureh gezielte Therapie Sehwere und Ausgang der Erkrankung beeinflugt werden k5nnten.

Die zeitliehe Di~ferenz im Verlauf der Erseheinungen ist versti~ndlich, da die rSntgenologischen Symptome erst nach einer Anlaufzeit faBbar werden kSnnen, in welcher die StoffwechselstSrungen einen rSntgeno]ogiseh erkennbaren Grad der Krankheitsveranderungen hervorrufen.

Unsere Feststellungen fiber das Verhalten der alkalischen Serum- phosphatase beim Sudeek-Syndrom ordnen sieh den gleiehfalls aus unserer Klinik s tammenden Erhebungen ein, dig SIn~w~ und M ~ I s s ~ fiber Stoffweehselvorg~nge in der erkrankten ~usku la tu r beim Sudeek- Syndrom 1953 erstmalig verSffentliehten:

Naeh den Untersuchungen meiner beiden Mitarbeiter besteht beim Sudeek eine erhShte Kreatinurie (auger vermindertem Sauerstoffumsatz), was naeh Bi)~G~R Ausdruck regressiver MuSkelprozesse darstellt.

Die damaligen Erkenntnisse seheinen mir dureh die heute mit- geteilten Fesi~stellungen Gin tieferes VGrst~ndnis zu erhalten:

Nach Bii~Gn~ ist die Muskulatur unser Hauptstoffweehselorgan mit einem hohen Gehalt yon Phosphors~ure. Im Kohlenhydratabbau und bei Bildung yon Glykogen ist sie als Glueose-fi-Phosphors~ure yon grofler Bedeutung. Die hieffiir notwendigen Phosphorylierungsvorgi~nge sind bei der Sv])~e~:sehen Erkrankung aber durch die stark verminderte Phosphataseaktivit~t entspreehend gestSrt.

SonaGh bestehen ffir das Knochensystem wie fiir die Muskulatur beim Sudeek-Syndrom gleiehgeriGhtete S~6rungen des biochemisehen Sto~fweehsels. Diese Erkenntnisse stfitzen und best~tigen unsere theo- retisehen Vorstellungen fiber das Krankheitsgesehehen beim Sudeck- Syndrom, dab n~mlich fiber den Reiz vasomotorisGher Regulationen, dureh lokMe und kollaterale Hypergmie StSrungen der Gewebs-Eukolloi- dit~t und pathologisehe Stoffwechselabli~ufe in der terminMen Blutbahn zustande kommen und zu mal?gebliehen Grundursachen des Ersehei- nungsbi]des des Sudeck-Syndroms werden.

Zusammen/assung

Die Ak t iv i t~ der alkalischen Serumphosphatase ist in der Phase der Dystrophie schon fffihzeitig erniedrigt. I-Iieraus erkliirt sigh das Dar- niederliegen der Osteoblastent~tigkeit in Form der Kalkaussehwemmung und mangelnden Kalkanlagerung.

Der Einblick in die gest6rten Phosphorylierungsvorgi~nge stiitz~ yon der biochemischen Seite her die theoretisehen Vorstellungen vom pathologischen Gesehehen beim Sudeck-Syndrom.

Vorsitzender: Ieh danke Herrn UEB~R~V~H Iiir die Mitteihng dieser sehr sehSnen Untersuehungen und gebe das Wort Herrn BSnT.~m Herr B 6 m ~ hat mieh gebeten, das Thema in folgende Fassung abzuandern: