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AUS DEN GESELLSCHAFTEN ,,Unklar‘‘ für M2-PK Stuhltest zur Krebsfrüherkennung Trotz eines umfangreichen Krebsfrüh- erkennungsprogramms können Ver- sicherte aus eigener Tasche weitere Tests erwerben. Einer von ihnen ist der M2-PK Stuhltest. Überzeugende Vergleiche fehlen jedoch bislang. Um zu verhindern, dass Menschen an Darmkrebs sterben, finanzieren die gesetzlichen Krankenkassen ein auf- wändiges Programm zur Vorsorge und Früherkennung: Im Alter von 50 bis 55 Jahren kann jeder Versicherte jähr- lich einen Blutstuhltest machen las- sen und ab dem Alter von 55 wählen, ob er einen zweijährlichen Blutstuhl- test, oder zweimal eine Darmspiege- lung im Abstand von 10 Jahren in An- spruch nehmen möchte. Doch beide Verfahren sind nicht ideal: Für den Blutstuhltest, der mit Hilfe einer chemischen Nach- weisreaktion verborgenes Blut im Stuhl aufspürt, ist zwar in guten Stu- dien nachgewiesen worden, dass er tatsächlich Menschen vor dem Tod durch Darmkrebs bewahren kann, aber er übersieht dabei auch viele Krebsfälle und schlägt häufig unnö- tig Alarm. Die Darmspiegelung, oder Koloskopie, gilt als das aussagekräf- tigste Verfahren und damit als der so genannte Goldstandard der Darm- krebsvorsorge, weil sie sehr treff- sicher ist und bereits Krebsvorstu- fen entdeckt, die relativ leicht ent- fernt werden können. Ein Nachteil der Darmspiegelung ist der große Aufwand für Darmreinigung und Un- tersuchung. So nimmt weniger als ein Drittel der anspruchsberechtig- ten Versicherten die Darmspiegelung wahr. Als Alternative und Ergänzung zu die- sen Kassenleistungen tummeln sich im IGeL-Markt weitere Tests und Ver- fahren. Für seine aktuelle Bewertung hat sich das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors den verbreiteten und seit etlichen Jahren intensiv be- worbenen M2-PK Stuhltest vorgenom- men. Der Test weist in einer Stuhl- probe eine spezielle Form des Enzyms Pyruvatkinase nach, die vermehrt von Tumorzellen produziert wird. Viele Ärzte sind von dem Nutzen des M2- PK Stuhltests überzeugt, so werben manche auf ihren Internetseiten bei- spielsweise mit der Aussage, der Test bringe ein ,,deutlich höheres Maß an diagnostischer Sicherheit‘‘. Aber stimmt das auch? Da von den Kassen bereits ein Stuhl- test bezahlt wird, erschien dem IGeL- Team vor allem die Frage relevant, wie gut der M2-PK-Stuhltest im Ver- gleich zum Blutstuhltest abschnei- det, das heißt, ob er Menschen eher vor dem Tod durch Darmkrebs bewah- ren kann als der Blutstuhltest. Das ernüchternde Ergebnis der wissen- schaftlichen Recherche: Es wurden keine Studien gefunden, die unter- suchen, ob der M2-PK Stuhltest dazu beitragen kann, Darmkrebs-Todesfälle zu verhindern. Die gefundenen Stu- dien gehen lediglich der Frage nach, wie gut der Test Krebsvorstufen und Krebsherde entdeckt, was aber nicht darauf schließen lässt, ob tatsäch- lich Todesfälle verhindert werden. Aus methodischen Gründen waren diese Studien für einen Vergleich mit dem Blutstuhltest nicht geeignet. Der IGeL-Monitor kann demnach keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise erkennen, dass der M2-PK Stuhltest mehr nützt oder schadet als der Blut- stuhltest. Der M2-PK Stuhltest wird deshalb als ,,unklar‘‘ bewertet. Hintergrund Unter www.igel-monitor.de erhalten Versicherte wissenschaftlich fundierte Bewertungen zu sogenannten Selbst- zahlerleistungen. Entwickelt wurde die nicht-kommerzielle Internetplatt- form vom Medizinischen Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS). Der MDS berät den GKV-Spitzenverband in al- len medizinischen und pflegerischen Fragen, die diesem qua Gesetz zuge- wiesen sind. Er koordiniert und för- dert die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizi- nischen Dienste der Krankenversiche- rung (MDK) auf Landesebene in medi- zinischen und organisatorischen Fra- gen. Die IGeL ,,M2-PK Stuhltest zur Darm- krebsfrüherkennung‘‘ ist die 29. Leistung, die im IGeL-Monitor bis- lang besprochen wurde, 25 Leistun- gen davon wurden auch bewertet: 0 ,,positiv‘‘,3 ,,tendenziell positiv‘‘, 10 ,,unklar‘‘,8 ,,tendenziell negativ‘‘, 4 ,,negativ‘‘. Korrespondenzadresse: Dr. Silke Thomas, MPH Bereich Evidenzbasierte Medizin Medizinischer Dienst des Spitzenver- bandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) Theodor-Althoff-Straße 47 45133 Essen Telefon: 0201 8327-121 E-Mail: [email protected] Internet: www.mds-ev.de ZEFQ-SERVICE: TERMINANKÜNDIGUNG 35. ESPEN Congress on Clinical Nutrition & Metabolism Vom 31.8.-3.9.2013 wird in Leip- zig unter dem Motto ‘‘Tearing down barriers - nutrition brings people together’’ der interdisziplinäre 35. Kongress der European Society for Clinical Nutrition and Metabolism (ESPEN) stattfinden, der alle Be- reiche der klinischen einschließ- lich der künstlichen Ernährung behandelt. Weitere Infos unter www.espen.org/congress/leipzig-2013. Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) 269 http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2013.04.025

„Unklar“ für M2-PK Stuhltest zur Krebsfrüherkennung

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Page 1: „Unklar“ für M2-PK Stuhltest zur Krebsfrüherkennung

AUS DENGESELLSCHAFTEN

,,Unklar‘‘ für M2-PK Stuhltest zur Krebsfrüherkennung

Trotz eines umfangreichen Krebsfrüh-erkennungsprogramms können Ver-sicherte aus eigener Tasche weitereTests erwerben. Einer von ihnen istder M2-PK Stuhltest. ÜberzeugendeVergleiche fehlen jedoch bislang.

Um zu verhindern, dass Menschen anDarmkrebs sterben, finanzieren diegesetzlichen Krankenkassen ein auf-wändiges Programm zur Vorsorge undFrüherkennung: Im Alter von 50 bis 55Jahren kann jeder Versicherte jähr-lich einen Blutstuhltest machen las-sen und ab dem Alter von 55 wählen,ob er einen zweijährlichen Blutstuhl-test, oder zweimal eine Darmspiege-lung im Abstand von 10 Jahren in An-spruch nehmen möchte.Doch beide Verfahren sind nichtideal: Für den Blutstuhltest, dermit Hilfe einer chemischen Nach-weisreaktion verborgenes Blut imStuhl aufspürt, ist zwar in guten Stu-dien nachgewiesen worden, dass ertatsächlich Menschen vor dem Toddurch Darmkrebs bewahren kann,aber er übersieht dabei auch vieleKrebsfälle und schlägt häufig unnö-tig Alarm. Die Darmspiegelung, oderKoloskopie, gilt als das aussagekräf-tigste Verfahren und damit als derso genannte Goldstandard der Darm-krebsvorsorge, weil sie sehr treff-sicher ist und bereits Krebsvorstu-fen entdeckt, die relativ leicht ent-fernt werden können. Ein Nachteilder Darmspiegelung ist der großeAufwand für Darmreinigung und Un-tersuchung. So nimmt weniger alsein Drittel der anspruchsberechtig-ten Versicherten die Darmspiegelungwahr.

Als Alternative und Ergänzung zu die-sen Kassenleistungen tummeln sichim IGeL-Markt weitere Tests und Ver-fahren. Für seine aktuelle Bewertunghat sich das wissenschaftliche Teamdes IGeL-Monitors den verbreitetenund seit etlichen Jahren intensiv be-worbenen M2-PK Stuhltest vorgenom-men. Der Test weist in einer Stuhl-probe eine spezielle Form des EnzymsPyruvatkinase nach, die vermehrt vonTumorzellen produziert wird. VieleÄrzte sind von dem Nutzen des M2-PK Stuhltests überzeugt, so werbenmanche auf ihren Internetseiten bei-spielsweise mit der Aussage, der Testbringe ein ,,deutlich höheres Maßan diagnostischer Sicherheit‘‘. Aberstimmt das auch?Da von den Kassen bereits ein Stuhl-test bezahlt wird, erschien dem IGeL-Team vor allem die Frage relevant,wie gut der M2-PK-Stuhltest im Ver-gleich zum Blutstuhltest abschnei-det, das heißt, ob er Menschen ehervor dem Tod durch Darmkrebs bewah-ren kann als der Blutstuhltest. Dasernüchternde Ergebnis der wissen-schaftlichen Recherche: Es wurdenkeine Studien gefunden, die unter-suchen, ob der M2-PK Stuhltest dazubeitragen kann, Darmkrebs-Todesfällezu verhindern. Die gefundenen Stu-dien gehen lediglich der Frage nach,wie gut der Test Krebsvorstufen undKrebsherde entdeckt, was aber nichtdarauf schließen lässt, ob tatsäch-lich Todesfälle verhindert werden.Aus methodischen Gründen warendiese Studien für einen Vergleich mitdem Blutstuhltest nicht geeignet. DerIGeL-Monitor kann demnach keinewissenschaftlich belastbaren Hinweiseerkennen, dass der M2-PK Stuhltest

mehr nützt oder schadet als der Blut-stuhltest. Der M2-PK Stuhltest wirddeshalb als ,,unklar‘‘ bewertet.

Hintergrund

Unter www.igel-monitor.de erhaltenVersicherte wissenschaftlich fundierteBewertungen zu sogenannten Selbst-zahlerleistungen. Entwickelt wurdedie nicht-kommerzielle Internetplatt-form vom Medizinischen Dienst desGKV-Spitzenverbandes (MDS). Der MDSberät den GKV-Spitzenverband in al-len medizinischen und pflegerischenFragen, die diesem qua Gesetz zuge-wiesen sind. Er koordiniert und för-dert die Durchführung der Aufgabenund die Zusammenarbeit der Medizi-nischen Dienste der Krankenversiche-rung (MDK) auf Landesebene in medi-zinischen und organisatorischen Fra-gen.Die IGeL ,,M2-PK Stuhltest zur Darm-krebsfrüherkennung‘‘ ist die 29.Leistung, die im IGeL-Monitor bis-lang besprochen wurde, 25 Leistun-gen davon wurden auch bewertet:0 ,,positiv‘‘, 3 ,,tendenziell positiv‘‘,10 ,,unklar‘‘, 8 ,,tendenziell negativ‘‘,4 ,,negativ‘‘.

Korrespondenzadresse:Dr. Silke Thomas, MPHBereich Evidenzbasierte MedizinMedizinischer Dienst des Spitzenver-bandes Bund der Krankenkassen e.V.(MDS)Theodor-Althoff-Straße 4745133 EssenTelefon: 0201 8327-121E-Mail: [email protected]: www.mds-ev.de

ZEFQ-SERVICE:TERMINANKÜNDIGUNG

35. ESPEN Congress on Clinical Nutrition & Metabolism

Vom 31.8.-3.9.2013 wird in Leip-zig unter dem Motto ‘‘Tearing downbarriers - nutrition brings peopletogether’’ der interdisziplinäre 35.

Kongress der European Society forClinical Nutrition and Metabolism(ESPEN) stattfinden, der alle Be-reiche der klinischen einschließ-

lich der künstlichen Ernährungbehandelt.Weitere Infos unterwww.espen.org/congress/leipzig-2013.

Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ)269http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2013.04.025