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UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN
Pflegediagnosen in der PsychiatrieTeil 1: Grundlagen
Christoph Abderhalden
Universitäre Psychiatrische Dienste Bern, Schweiz, Forschungsstelle Pflege und Pädagogik
UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN
Bedburg-Hau, 13.10.2004 2
• Mit Diagnosen werden ähnliche Fälle/Sachverhalte zu Gruppen/Kategorien zusammengefasst und in abstrakter, einheitlicher Form beschrieben > Individualität geht dabei immer verloren! Diagnosen sind
Schubladen! Keine Landkarte im Massstab 1:1!
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• Jedes Mal, wenn wieder so ein Termin bevorsteht, bin ich schon Tage vorher fix und fertig, ich kann nicht mehr schlafen, und meistens melde ich mich dann mit einer Ausrede im letzten Moment ab, oder ich behaupte, dass ein anderer Termin verabredet war, oder versuche, den Termin zu verschieben. Ich ärgere mich dann selbst über mich und schäme mich auch, aber ich weiss mir einfach nicht anders zu helfen
• „Schublade“: Vermeidendes Coping (vermeidendes Problem-bewältigungsverhalten)
• oder, noch etwas abstrakter: Unwirksames Coping
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• Diagnosen sind Beurteilungen, zusammenfassende komprimierte Beschreibungen irgendeines Phänomens, (in der Regel) formuliert durch Fachleute> Psychologische, medizinische, pflegerische Diagnosen,
Haardiagnose beim Frisör, VW-Diagnostic Centers usw.!• Professionelle Arbeit (professionelle Pflege) unterscheidet
sich von Laien-Arbeit dadurch, dass sie systematisch erfolgt und auf spezifisches Fachwissen abgestützt ist> Diagnostizieren (dh etwas beurteilen, Probleme erkennen
und benennen) ist ein zentrales Merkmal von professioneller Arbeit!
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• Fachleute verschiedener Disziplinen sehen die Welt durch ihre fachspezifische Brille, sie diagnostizieren aus ihrer spezifischen Perspektive unterschiedliche Dinge> Die verschiedenen Diagnosen ergänzen sich
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Verschiedene Diagnosen
Arzt/Ärztin
Pflegeperson
PatientIn
SozialarbeiterIn
Sicht der Pflege
Sicht derMedizin
Sicht derSozialarbeit
Zusammen-gefasst in
medizinischer Diagnose
Zusammenge-fasst in sozialar-
beiterischer Diagnose
Zusammenge-fasst in Pflege-
diagnosen
Erst alle Beurteilungen/Diagnosen
zusammen bilden eine adäquate, umfassende Darstellung des Falles!
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Worauf achtet, was diagnostiziert die Pflege?
• Nursing is the diagnosis and treatment of human responses to actual or potential health problems (American Nurses Association)
• Pflege ist die Diagnose und Behandlung menschlicher Reaktionen* auf vorhandene oder potentielle Gesundheits- probleme/ Lebensprozesse.
* Reaktionen = u.a. Krankheitsfolgen und –begleiterscheinungen: Funktionsstörungen, Beeinträchtigungen im Alltagsleben, Coping,
Umgang mit Therapien; Umgang mit gesundheitlichen Risiken etc
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Gesundheit (WHO-ICF)
Körperfunktionen(Schädigungen)
Aktivitäten(A-Einschränkungen)
Partizipation(P-Einschränkungen)
Umwelt-faktoren
Persönliche Faktoren
Körperliche und geistig-seelische Verfassung(Störung/Krankheit)
Wie wirkt sich die Verfassung/Krankheit aus … auf alltägliche Funktionen ?
… auf das Wohlbefinden, das Selbstkonzept, … die Partizipation am gesellschaftlichen Leben ?Wie geht der Patient/die PatientIn um mit Risiken,
Vulnerabilität, Symptomen, mit der Therapie?
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• Krankheitsfolgen, funktioneller Gesundheitszustand, individuelle Bewältigung, Reaktion auf Krankheit, etc. sind wesentlich für die Lebensqualität und nicht zuletzt für Aufwand und Kosten! > Darin liegt die gesundheitspolitische und
gesundheitsökonomische Bedeutung der Pflege!
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Muster des funktionellen Gesundheitsverhaltens
• Wahrnehmung und Umgang mit der eigenen Gesundheit• Ernährung und Stoffwechsel• Ausscheidung• Aktivität und Bewegung• Schlaf und Ruhe• Kognition und Perzeption• Selbstwahrnehmung und Selbstkonzept• Rollen und Beziehungen• Sexualität und Reproduktion• Bewältigungsverhalten und Stresstoleranz• Werte und Überzeugungen
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Medizinische und Pflege-Diagnosen
• Medizinische und pflegerische Diagnosen ergänzen sich:• Medizinische Diagnosen beschreiben in einer Kurzform die
Gesundheitsprobleme/ Krankheiten selbst,• Pflegediagnosen beschreiben in einer Kurzform die
individuellen Folgen/ Begleiterscheinungen der Krankheiten/Behandlungen und die Reaktionen der Betroffenen auf Risiken, Vulnerabilität, Krankheit, Behandlung
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Beispiel
Arzt/Ärztin
Pflegeperson
PatientIn
SozialarbeiterIn
Sicht der Pflege
Sicht derMedizin
Sicht derSozialarbeit
Anorexie;Psychodynamik; Familiendynamik
Freizeitgestaltung? Kontakte und Freundschaften?
Umgang mit Stigma von Krankheit/psychiatrischer Behandlung?
Rolle als Frau im Alltagsleben? Nahrungs- und Flüssigkeitseinnahme?
Zurechtkommen mit Therapieprogramm, -empfehlungen?
Vertretung eigener Interessen in Alltagssituationen?
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Interdisziplinärer Prozess
Arzt/Ärztin
Pflegeperson
PatientIn
SozialarbeiterIn Schizophrenie
Arbeitslosigkeit
Angst, wieder in die Klinik zu
müssen
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Gleiche medizinische Diagnose – unterschiedliche Pflegediagnosen
Patient A, 37 Jahre Patient B, 45 Jahre
Psychiatrische Diagnose:
Schizophrenie
Psychiatrische Diagnose:
Schizophrenie
Pflegediagnosen:•Gefahr von Mangelernährung•Vereinsamungsgefahr•Einschlafstörung•Risiko für Gewalttätigkeit•Nichteinhalten von Be-handlungsempfehlungen
Pflegediagnosen:•Überernährung•Erschöpfung•Fehlende Fähigkeit, sich durchsetzen zu können•Sehr gute Compliance bezüglich Neuroleptikatherapie
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Überschneidung der Fachbereiche
Medizin Pflege
Krankheit Symptom,Manifestation
Folge, Coping
Cerebrale Schädigung
Merkfähigkeitsschwäche
Soziale Isolation
ChronischePsychose
Vergiftungs-wahn
Mangel-ernährung
Sucht Vermindertes Selbstwertgefühl
Risiko für Gewalttätigkeit
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Typische PDx in bestimmten Settings, bei bestimmten Krankheiten
• Bestimmte Pflegediagnosen kommen häufig / typischerweise vor bei bestimmten medizinischen Diagnosen > Townsend-Buch!
• Bestimmte Pflegediagnosen kommen häufig / typischerweise vor in bestimmten Settings– Beispiel: Studie in 11 psychiatrischen Akutstationen in der
Schweiz und in Österreich; 330 konsekutiv entlassene PatientInnen, insgesamt 635 Pflegediagnosen (Median 2, MW 2.4 Dx pro Patientin)
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Häufigste Pflegediagnosen (Akutstationen)
NANDA-Diagnosen N % % kum.
Copingprobleme 65 10% 10%
Beeinträchtigte Denkprozesse 50 8% 18%
Selbstversorgungsdefizite 49 8% 26%
Schlafstörungen 45 7% 33%
Angst/Furcht 35 6% 38%
Störung des Selbstwertgefühls 32 5% 43%
Compliance-Probleme 31 5% 48%
Veränderter Selbstschutz/ Hautschädigung 29 5% 53%
Beeinträchtigte soziale Interaktion 25 4% 57%
Suizidalität 23 4% 60%
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Drei Bedeutungen von „Pflegediagnose“
Theoretisch-konzeptuelle Bedeutung
Klinisch-praktische Bedeutung
Allgemein: Kurzbeschreibung eines pflegerisch relevanten Aspektes des Gesundheitsverhaltens oder Gesundheitszustandes von Patientinnen
Einheit / Baustein des pflegerischen Fachwissens (diagnostische Kategorie,
Konzept, Mikrotheorie, Praxistheorie, ...)
Zweiter Schritt des Pflege-prozesses; sprachlicher
Ausdruck einer klinischen Beurteilung konkreter
PatientInnenWas in Handbüchern, in Lehr-
büchern, in Listen beschrieben istWas in der Dokumentation einzelner
PatientInnen festgehalten ist
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Diagnosen als Mikro- / Praxistheorien
Ziel: Allgemeine Beschreibung des Fachgebiets
Konzeptuelle Modelle
Middle Range Theories
Praxistheorien
Ziel: Direkte Umsetzung in die Praxis
Pflegediagnosen als Mikrotheorien
z.B. Theorien über Verlust, Stress, Bewältigung, Angst
z.B. Orem, King, ...
z.B. Vermeidendes Coping, Gewaltrisiko
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Theoretisch geklärte/beschriebene Pflegediagnosen..
• ... sind pflegerisches Fachwissen, das konkret, praxisnah, direkt anwendbar ist
• ... sind wichtig für Theorieentwicklung: Pflegediagnosen = Begriffe/Konzepte = Bausteine für Theorien
• ... sind Wissenseinheiten für Ausbildung• ... sind Themen für Forschung (Klärung, Wirksamkeit von
Interventionen, etc.) • ... alle Pflegediagnosen zusammen beschreiben, welche Aspekte der
Gesundheit der Gegenstand des pflegerischen Interesses sind = Beschreibung der Disziplin!
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Theoretisches Wissen und Praxis
Theoretischer Hintergrund: Modelle, Theorien, Konzepte
Wissen/Fähigkeiten zu einzelnen Pflegeproblemen
(Assessment, Diagnose, Intervention, Evaluation)
Anwendungsebene: Pflegeprozess
Assessment - Diagnose - Intervention - Evaluation
Wissen/Fähigkeiten zur Beziehungsgestaltung
(z.B. Phasen, Rollen, Interaktion, Kommunikation)
Theoretischer Hintergrund:
Modelle, Theorien, Konzepte
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Form der Pflegediagnosen
• Trend: Einheitlich, wie ICD-10 für medizinische Diagnosen, nach eigenen Klassifikationssystemen
• Breiter Konsens: In einheitlicher Struktur (PES-Format)
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Klassifikationssysteme (Bsp.)
• NANDA (North American Nursing Diagnosis Association)– Nordamerikanische Pflegediagnosenvereinigung
• ICNP (International Classification for Nursing Practice)– Internationale Klassifikation für die Pflegepraxis
• ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health)– Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung
und Gesundheit ; WHO, interdisziplinär
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Klassifikationssysteme * Pflegeprozess
Diagnose Intervention Ergebnis
NANDA
ICNP
(RAI)
NIC NOC
ICNP ICNP
ICF ICF
(RAI)
(ZEFP)Leistungserfassung:
LEP
PRN
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NANDA• Vereinigung, die seit 1973 tätig ist (formale Gründung
1982)• Ca 170 Pflegediagnosen akzeptiert für klinischen Gebrauch
und Überprüfung • Hierarchische Klassifikation (Haupteinteilung nach
Domänen, Klassen etc.)• Das zur Zeit weltweit meistgebrauchte System, viele
Lehrbücher • ± alle deutschsprachigen Bücher über PDx enthalten die
NANDA-Diagnosen
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 26Abb. 7 Aufbau NANDA-Klassifikation
Kognition/PerzeptionAufmerksamkeit
Orientierung
Gefühl/ Empfindung
Wissensdefizit
Akute Verwirrtheit
Wahrnehm‘g/Erkennen
Domäne Klassen Diagnosen
Chron. Verwirrtheit
Gedächtnis
GestörteDenkprozesse
Aufbau der NANDA-Klassifikation am Beispiel „Kognition / Perzeption“
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Was definiert die NANDA?
• Diagnosen-Name (Label)• Einordnung in die Klassifikation, Code• Definition• Bestimmende Merkmale oder Risikofaktoren• Beeinflussende Faktoren
• (KEINE Pflege-Interventionen!)
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• Die Klassifikation ist unvollständig• Viele Diagnosen sind erst in Bearbeitung• Die Klassifikation wird alle 2 Jahre geändert• Die wenigsten Diagnosen sind wissenschaftlich gut erforscht• Viele Diagnosen sind umstritten!
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PES-Format (ev. PE-Format)
P Problem
E
S
Einflussfaktoren; (etiology); Ursachen
Symptom
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 30
PES-Format bei Risikodiagnosen
P Problem
RF Risikofaktoren
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• Störung des Selbstwertgefühls in Zusammenhang mit Wahrnehmung der entstellenden Verbrennungsnarben: zeigt sich durch Selbstabwertende Aussagen der Patientin, Vermeiden von Kontakten
P-Teil: Problem
E-Teil:Einflussfaktoren,
Ursachen
S-Teil:Symptome
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• Ungenügende Ernährung in Zusammenhang mit Ablehnung des Klinikessens, spürt Denkstörung nach Einnahme der Mahlzeiten: zeigt sich durch Gewichtsverlust 5 kg/2 Wochen
P-Teil: Problem
E-Teil:Einflussfaktoren,
Ursachen
S-Teil:Symptome
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 33
Empfehlungen zum E-Teil
• Ursachen/Einflussfaktoren sollten beeinflussbar sein• Ursachen/Einflussfaktoren sollten durch Pflege beeinflussbar
sein• E-Teil soll den Ansatzpunkt für die Pflege-interventionen
darstellen• E-Teil sollte primär KEINE medizinische Diagnose sein
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• Gefahr einer Hautschädigung (Beinstumpf li) RF: Wissensdefizit über Stumpfpflege,und Handhabung der Prothese, Rötungen, Blasenbildung, Juckreiz
P-Teil: Problem
RF: Risikofaktoren(anstelle von Ursachen)
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Pflegediagnosen in der PsychiatrieTeil 2: Umsetzung in die Praxis
Christoph Abderhalden
Universitäre Psychiatrische Dienste Bern, Schweiz, Forschungsstelle Pflege und Pädagogik
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 36
Pflegediagnosen und Pflegeprozess
• Pflegediagnosen fassen das Ergebnis des pflegerischen Assessments (der pflegerischen Situationseinschätzung) zusammen
• Alle Pflegediagnosen einer Patientin/ eines Patienten zusammen beschreiben die Gründe, aus denen sie/er Pflege benötigt
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• Sorgfältiger diagnostischer Prozess!• Integration in den Pflegeprozess• Integration in den interdisziplinären Behandlungsprozess• Integration in den Arbeitsalltag• Integration in die Zusammenarbeit mit den PatientInnen• Sinnvolle Auswahl der Diagnosen• Prioritätensetzung• Präzisierung der Diagnosen, informatives PES-Format
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 38
Diagnostischer Prozess
PatientIn kennenlernen (Assessment: Beobachtung, Gespräch, Tests, Checklisten …)
Informationen zu Themen-/Problemkreisen gruppieren, zusammenfassen
In Diagnosenliste aus Klassifikation möglicherweise zutreffende Diagnosen suchen: (Diagnostische Hypothesen, Differentialdiagnose)
Hypothesen bestätigen/ausschliessen (stimmen die Merkmale?)
Im PES-Format ausformulieren
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 39
Fragen im diagnostischen-Prozess
• Zusammenfassen oder differenzieren? Möglichst wenige umfassende Diagnosen oder mehrere detaillierte Diagnosen?
• Wie stark ausgeprägt muss eine Reaktion sein, damit sie als Diagnose erfasst wird?
• Wie lange muss ein Zustand/ein Verhalten vorhanden sein, bis er als Diagnose gestellt wird?
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 40
• Nach welchen Kriterien werden positive Diagnosen festgehalten?
• Was tun mit Vermutungen bezüglich Diagnose oder Einflussfaktoren/Ursachen?
• Was tun bei unterschiedlicher Wahrnehmung / Einschätzung durch PatientInnen und Pflegende?
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Ressourcen? Positive Diagnosen?
• NANDA Wellness-Diagnosen Verwenden• PES-Format mit Ressourcen ergänzen: PESR• NANDA-Diagnosen positiv formulieren
– Selbstpflegedefizit Adäquate Selbstpflege– Vermindertes Selbstwertgefühl Positives
Selbstwertgefühl– Wissensdefizit Sehr gute Kenntnisse
über ..• Besondere Klassifikation von „Ressourcen-diagnosen“
(z.B. nach Salutogenesemodell)
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Integration in den Pflegeprozess
• Struktur der Assessmentinstrumente nach Klassifikationssystem ausrichten
• Zweistufiges Assessment: Allgemeines „Screening“, vertieftes Assessment für bestimmte Diagnosen
• Institutionsspezifische oder –angepasste Listen mit Interventionen für Diagnosen
• Ziele, Pläne, Berichte mit Bezug zu den Pflegediagnosen
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Integration in den interdisziplinären Behandlungsprozess
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Interdisziplinärer ProzessMedizin
Ärztliche Untersuchung
Med. Diagnose(n)
Therapieplan
Med. Therapie
Kontrolle
Pflegerische Untersuchung
Pflegediagnose(n)
Pflegeplan
Pflegeintervention
Evaluation
Untersuchung
Diagnose
Intervention
Evaluation
Ziel + Plan
Gemeinsame, interdisziplinäre Gesamtbeurteilung
Gemeinsame, interdisziplinäre Standortbestimmung
Gemeinsame, interdisziplinäre Ziele/Planung
Pflege Andere ,z.B. Physio, Ergo, ..
Andere Untersuchung
Andere Diagnose
Anderer Plan
Evaluation
Medizin
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Integration in den Arbeitsalltag
• Übergabe• Berichte• Fallbesprechungen / -vorstellungen• Visiten• Verlegungsberichte
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 46
Integration in die Zusammenarbeit mit den PatientInnen
• Die PatientInnen über die Pflegediagnostik informieren– Wir formulieren hier für alle Patienten die Hauptprobleme,
an denen wir arbeiten, wir nennen das die Pflegediagnosen
• Diagnosen möglichst schon während einem Assessment-gespräch stellen– Nach dem, was Sie mir jetzt erzählt haben, denke ich,
dass es Sinn macht, dazu eine Pflegediagnose zu stellen. Ich würde dieses Problem folgendermassen zusammen-fassen: ….
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 47
• Diagnosen mitteilen– Nach unserem Gespräch gestern bin ich die Notizen noch
mal durchgegangen und habe versucht, Ihre Probleme in zwei Pflegediagnosen zusammenzufassen. Diese Diagnosen möchte icvh heute gerne mit Ihnen anschauen
– Ich möchte Sie noch informieren, welche Pflegedia-gnosen wie für Sie gestellt haben. Wir wissen, dass Sie mit diesen Formulierungen wahrscheinlich nicht einverstanden sind, aber es ist uns wichtig, dass Sie informiert sind
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 48
• Diagnosebezogen planen und evaluieren• Diagnosen mit PatientInnen validieren
– Ich habe Ihre aktuelle Situation in drei Pflegediagnosen zusammengefasst. Können Sie diese Diagnosen mal anschauen? Mich interessiert, ob Sie die Formulierungen nachvollziehen können, und ob Sie finden, dass Ihre Situation damit gut beschrieben ist, oder ob Sie finden, dass das nicht passt, oder ob etwas Wichtiges fehlt.
• Kopien der Planung (inkl. Diagnosen)• Diagnosehandbücher für PatientInnen zugänglich machen
(analog Medikamenteninfos)
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 49
Prioritätensetzung
Wichtig Weniger wichtig
Dringend X
Weniger dringend
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 50
• Aktive / inaktive Diagnosen?
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 51
Prioritäten? Mögliche Kriterien
• Hat das Problem einen Einfluss auf den aktuellen Gesundheitszustand? Nein = keine PDx
• Kümmert sich bereits jemand anderes darum? Ja = keine PDx oder inaktive PDx.
• Ist das Problem innerhalb der voraussichtlichen Hospitalisationsdauer überhaupt beeinflussbar? Nein = keine PDx oder inaktive PDx
• Gibt es Risiken, wenn das Problem nicht gelöst wird (Handlungsbedarf?)? Nein = Keine oder inaktive PDx
• Möchte der Patient/die Patientin das Problem während dieser Hospitalisation angehen? Nein = Keine oder inaktive PDx
Sinnvolle Auswahl der Diagnosen
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 52
Sinnvolle Auswahl der Diagnosen
• Möglichst konkrete, alltagsnahe und pflegespezifische Diagnosen wählen!– Vorsicht mit: Gestörte Denkprozesse, Wahrnehmungs-
störung etc.– Statt: Gestörte Denkprozesse (Vergiftungswahn) > Gefahr
einer Mangelernährung; Angst, Furcht, beeinträchtigte Interaktion # Misstrauen/Beschuldigungen
• Möglichst Diagnosen wählen, die für PatientInnen akzeptabel sind!
• Möglichst Diagnosen wählen, die gut beeinflussbar sind
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 53
Präzisierung der Diagnosen, gutes PES-Format
• „Buchformulierungen“ auf den Fall konkretisieren!– a.d. „Unangemessener Einsatz von
Abwehrmechanismen“• Schweregrad angeben
– Schwer, leicht, überwältigend, Grad I, Stufe IV (NANDA!)• Akutheit, etc.
– Akut, chronisch, gelegentlich, …• Diagnosen präzisieren!
– z.B. Copingdiagnosen! Coping WOMIT?– Womit geht ein Patient nicht gut um? Was am Coping ist
problematisch? Warum geht er so um mit dem Problem?
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 54
Beispiele
• Unwirksames Coping (Konflikte) i.Z.m. fehlender Fähigkeit, eigene Interessen zu vertreten: zieht sich sofort zurück, fühlt sich ungerecht behandelt, sagt nicht, wenn sie nicht einverstanden ist, fühlt sich oft „überfahren“
• (Ziel z.B.: Sagt, wenn sie mit etwas nicht einverstanden ist, äussert direkt ihre Gefühle und Bedürfnisse)
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 55
• Unwirksames Coping (Einschränkungen) i.Z.m. fehlender Frustrationstoleranz: Reagiert regelmässig mit kleinen Sachbeschädigungen, wenn ihm etwas verwehrt wird
• (Ziel z.B.: Lernt, seine Frustration verbal auszudrücken, keine Sachbeschädigungen)
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 56
• Unwirksames Coping (Belastungen) i.Z.m. schwachem Selbstvertrauen, Ungeduld, „Alles-oder-Nichts-Denken“: Resigniert rasch, wenn sie einige Dinge aufs mal erledigen sollte, „das schaffe ich ja doch nie“, zieht sich dann zurück, hat Kopfweh, erscheint nicht zu abgemachten Terminen
• (Ziel z.B.: Lernt, Aufgaben zu sortieren, der Reihe nach anzupacken, Teilerfolge anzuerkennen; sagt, wenn ihr etwas zu viel ist, meldet sich ab, wenn sie Termine nicht einhalten kann)
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Bedburg-Hau, 13.10.2004 57
Unterstützende Massnahmen
• Mustersammlung• Liste mit stationsspezifischen zusätzlichen Diagnosen (z.B.
Beeinträchtigtes Wohlbefinden durch...)• Pflegerische Fallvorstellungen: Jemand stellt PatientIn mit
Pflegediagnosen vor, dann Diskussion• Konsequentes Monitoring!• Anpassung der Dokumentation: Standardisierte
Routinediagnosen, Vordrucke