57
UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE B Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste Bern, Schweiz, Forschungsstelle Pflege und Pädagogik

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Pflegediagnosen in der PsychiatrieTeil 1: Grundlagen

Christoph Abderhalden

Universitäre Psychiatrische Dienste Bern, Schweiz, Forschungsstelle Pflege und Pädagogik

Page 2: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 2

• Mit Diagnosen werden ähnliche Fälle/Sachverhalte zu Gruppen/Kategorien zusammengefasst und in abstrakter, einheitlicher Form beschrieben > Individualität geht dabei immer verloren! Diagnosen sind

Schubladen! Keine Landkarte im Massstab 1:1!

Page 3: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 3

• Jedes Mal, wenn wieder so ein Termin bevorsteht, bin ich schon Tage vorher fix und fertig, ich kann nicht mehr schlafen, und meistens melde ich mich dann mit einer Ausrede im letzten Moment ab, oder ich behaupte, dass ein anderer Termin verabredet war, oder versuche, den Termin zu verschieben. Ich ärgere mich dann selbst über mich und schäme mich auch, aber ich weiss mir einfach nicht anders zu helfen

• „Schublade“: Vermeidendes Coping (vermeidendes Problem-bewältigungsverhalten)

• oder, noch etwas abstrakter: Unwirksames Coping

Page 4: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 4

• Diagnosen sind Beurteilungen, zusammenfassende komprimierte Beschreibungen irgendeines Phänomens, (in der Regel) formuliert durch Fachleute> Psychologische, medizinische, pflegerische Diagnosen,

Haardiagnose beim Frisör, VW-Diagnostic Centers usw.!• Professionelle Arbeit (professionelle Pflege) unterscheidet

sich von Laien-Arbeit dadurch, dass sie systematisch erfolgt und auf spezifisches Fachwissen abgestützt ist> Diagnostizieren (dh etwas beurteilen, Probleme erkennen

und benennen) ist ein zentrales Merkmal von professioneller Arbeit!

Page 5: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 5

• Fachleute verschiedener Disziplinen sehen die Welt durch ihre fachspezifische Brille, sie diagnostizieren aus ihrer spezifischen Perspektive unterschiedliche Dinge> Die verschiedenen Diagnosen ergänzen sich

Page 6: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 6

Verschiedene Diagnosen

Arzt/Ärztin

Pflegeperson

PatientIn

SozialarbeiterIn

Sicht der Pflege

Sicht derMedizin

Sicht derSozialarbeit

Zusammen-gefasst in

medizinischer Diagnose

Zusammenge-fasst in sozialar-

beiterischer Diagnose

Zusammenge-fasst in Pflege-

diagnosen

Erst alle Beurteilungen/Diagnosen

zusammen bilden eine adäquate, umfassende Darstellung des Falles!

Page 7: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 7

Worauf achtet, was diagnostiziert die Pflege?

• Nursing is the diagnosis and treatment of human responses to actual or potential health problems (American Nurses Association)

• Pflege ist die Diagnose und Behandlung menschlicher Reaktionen* auf vorhandene oder potentielle Gesundheits- probleme/ Lebensprozesse.

* Reaktionen = u.a. Krankheitsfolgen und –begleiterscheinungen: Funktionsstörungen, Beeinträchtigungen im Alltagsleben, Coping,

Umgang mit Therapien; Umgang mit gesundheitlichen Risiken etc

Page 8: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 8

Gesundheit (WHO-ICF)

Körperfunktionen(Schädigungen)

Aktivitäten(A-Einschränkungen)

Partizipation(P-Einschränkungen)

Umwelt-faktoren

Persönliche Faktoren

Körperliche und geistig-seelische Verfassung(Störung/Krankheit)

Wie wirkt sich die Verfassung/Krankheit aus … auf alltägliche Funktionen ?

… auf das Wohlbefinden, das Selbstkonzept, … die Partizipation am gesellschaftlichen Leben ?Wie geht der Patient/die PatientIn um mit Risiken,

Vulnerabilität, Symptomen, mit der Therapie?

Page 9: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 9

• Krankheitsfolgen, funktioneller Gesundheitszustand, individuelle Bewältigung, Reaktion auf Krankheit, etc. sind wesentlich für die Lebensqualität und nicht zuletzt für Aufwand und Kosten! > Darin liegt die gesundheitspolitische und

gesundheitsökonomische Bedeutung der Pflege!

Page 10: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 10

Muster des funktionellen Gesundheitsverhaltens

• Wahrnehmung und Umgang mit der eigenen Gesundheit• Ernährung und Stoffwechsel• Ausscheidung• Aktivität und Bewegung• Schlaf und Ruhe• Kognition und Perzeption• Selbstwahrnehmung und Selbstkonzept• Rollen und Beziehungen• Sexualität und Reproduktion• Bewältigungsverhalten und Stresstoleranz• Werte und Überzeugungen

Page 11: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 11

Medizinische und Pflege-Diagnosen

• Medizinische und pflegerische Diagnosen ergänzen sich:• Medizinische Diagnosen beschreiben in einer Kurzform die

Gesundheitsprobleme/ Krankheiten selbst,• Pflegediagnosen beschreiben in einer Kurzform die

individuellen Folgen/ Begleiterscheinungen der Krankheiten/Behandlungen und die Reaktionen der Betroffenen auf Risiken, Vulnerabilität, Krankheit, Behandlung

Page 12: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 12

Beispiel

Arzt/Ärztin

Pflegeperson

PatientIn

SozialarbeiterIn

Sicht der Pflege

Sicht derMedizin

Sicht derSozialarbeit

Anorexie;Psychodynamik; Familiendynamik

Freizeitgestaltung? Kontakte und Freundschaften?

Umgang mit Stigma von Krankheit/psychiatrischer Behandlung?

Rolle als Frau im Alltagsleben? Nahrungs- und Flüssigkeitseinnahme?

Zurechtkommen mit Therapieprogramm, -empfehlungen?

Vertretung eigener Interessen in Alltagssituationen?

Page 13: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 13

Interdisziplinärer Prozess

Arzt/Ärztin

Pflegeperson

PatientIn

SozialarbeiterIn Schizophrenie

Arbeitslosigkeit

Angst, wieder in die Klinik zu

müssen

Page 14: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 14

Gleiche medizinische Diagnose – unterschiedliche Pflegediagnosen

Patient A, 37 Jahre Patient B, 45 Jahre

Psychiatrische Diagnose:

Schizophrenie

Psychiatrische Diagnose:

Schizophrenie

Pflegediagnosen:•Gefahr von Mangelernährung•Vereinsamungsgefahr•Einschlafstörung•Risiko für Gewalttätigkeit•Nichteinhalten von Be-handlungsempfehlungen

Pflegediagnosen:•Überernährung•Erschöpfung•Fehlende Fähigkeit, sich durchsetzen zu können•Sehr gute Compliance bezüglich Neuroleptikatherapie

Page 15: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 15

Überschneidung der Fachbereiche

Medizin Pflege

Krankheit Symptom,Manifestation

Folge, Coping

Cerebrale Schädigung

Merkfähigkeitsschwäche

Soziale Isolation

ChronischePsychose

Vergiftungs-wahn

Mangel-ernährung

Sucht Vermindertes Selbstwertgefühl

Risiko für Gewalttätigkeit

Page 16: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 16

Typische PDx in bestimmten Settings, bei bestimmten Krankheiten

• Bestimmte Pflegediagnosen kommen häufig / typischerweise vor bei bestimmten medizinischen Diagnosen > Townsend-Buch!

• Bestimmte Pflegediagnosen kommen häufig / typischerweise vor in bestimmten Settings– Beispiel: Studie in 11 psychiatrischen Akutstationen in der

Schweiz und in Österreich; 330 konsekutiv entlassene PatientInnen, insgesamt 635 Pflegediagnosen (Median 2, MW 2.4 Dx pro Patientin)

Page 17: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 17

Häufigste Pflegediagnosen (Akutstationen)

NANDA-Diagnosen N % % kum.

Copingprobleme 65 10% 10%

Beeinträchtigte Denkprozesse 50 8% 18%

Selbstversorgungsdefizite 49 8% 26%

Schlafstörungen 45 7% 33%

Angst/Furcht 35 6% 38%

Störung des Selbstwertgefühls 32 5% 43%

Compliance-Probleme 31 5% 48%

Veränderter Selbstschutz/ Hautschädigung 29 5% 53%

Beeinträchtigte soziale Interaktion 25 4% 57%

Suizidalität 23 4% 60%

Page 18: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 18

Drei Bedeutungen von „Pflegediagnose“

Theoretisch-konzeptuelle Bedeutung

Klinisch-praktische Bedeutung

Allgemein: Kurzbeschreibung eines pflegerisch relevanten Aspektes des Gesundheitsverhaltens oder Gesundheitszustandes von Patientinnen

Einheit / Baustein des pflegerischen Fachwissens (diagnostische Kategorie,

Konzept, Mikrotheorie, Praxistheorie, ...)

Zweiter Schritt des Pflege-prozesses; sprachlicher

Ausdruck einer klinischen Beurteilung konkreter

PatientInnenWas in Handbüchern, in Lehr-

büchern, in Listen beschrieben istWas in der Dokumentation einzelner

PatientInnen festgehalten ist

Page 19: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 19

Diagnosen als Mikro- / Praxistheorien

Ziel: Allgemeine Beschreibung des Fachgebiets

Konzeptuelle Modelle

Middle Range Theories

Praxistheorien

Ziel: Direkte Umsetzung in die Praxis

Pflegediagnosen als Mikrotheorien

z.B. Theorien über Verlust, Stress, Bewältigung, Angst

z.B. Orem, King, ...

z.B. Vermeidendes Coping, Gewaltrisiko

Page 20: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 20

Theoretisch geklärte/beschriebene Pflegediagnosen..

• ... sind pflegerisches Fachwissen, das konkret, praxisnah, direkt anwendbar ist

• ... sind wichtig für Theorieentwicklung: Pflegediagnosen = Begriffe/Konzepte = Bausteine für Theorien

• ... sind Wissenseinheiten für Ausbildung• ... sind Themen für Forschung (Klärung, Wirksamkeit von

Interventionen, etc.) • ... alle Pflegediagnosen zusammen beschreiben, welche Aspekte der

Gesundheit der Gegenstand des pflegerischen Interesses sind = Beschreibung der Disziplin!

Page 21: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 21

Theoretisches Wissen und Praxis

Theoretischer Hintergrund: Modelle, Theorien, Konzepte

Wissen/Fähigkeiten zu einzelnen Pflegeproblemen

(Assessment, Diagnose, Intervention, Evaluation)

Anwendungsebene: Pflegeprozess

Assessment - Diagnose - Intervention - Evaluation

Wissen/Fähigkeiten zur Beziehungsgestaltung

(z.B. Phasen, Rollen, Interaktion, Kommunikation)

Theoretischer Hintergrund:

Modelle, Theorien, Konzepte

Page 22: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 22

Form der Pflegediagnosen

• Trend: Einheitlich, wie ICD-10 für medizinische Diagnosen, nach eigenen Klassifikationssystemen

• Breiter Konsens: In einheitlicher Struktur (PES-Format)

Page 23: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 23

Klassifikationssysteme (Bsp.)

• NANDA (North American Nursing Diagnosis Association)– Nordamerikanische Pflegediagnosenvereinigung

• ICNP (International Classification for Nursing Practice)– Internationale Klassifikation für die Pflegepraxis

• ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health)– Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung

und Gesundheit ; WHO, interdisziplinär

Page 24: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 24

Klassifikationssysteme * Pflegeprozess

Diagnose Intervention Ergebnis

NANDA

ICNP

(RAI)

NIC NOC

ICNP ICNP

ICF ICF

(RAI)

(ZEFP)Leistungserfassung:

LEP

PRN

Page 25: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 25

NANDA• Vereinigung, die seit 1973 tätig ist (formale Gründung

1982)• Ca 170 Pflegediagnosen akzeptiert für klinischen Gebrauch

und Überprüfung • Hierarchische Klassifikation (Haupteinteilung nach

Domänen, Klassen etc.)• Das zur Zeit weltweit meistgebrauchte System, viele

Lehrbücher • ± alle deutschsprachigen Bücher über PDx enthalten die

NANDA-Diagnosen

Page 26: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 26Abb. 7 Aufbau NANDA-Klassifikation

Kognition/PerzeptionAufmerksamkeit

Orientierung

Gefühl/ Empfindung

Wissensdefizit

Akute Verwirrtheit

Wahrnehm‘g/Erkennen

Domäne Klassen Diagnosen

Chron. Verwirrtheit

Gedächtnis

GestörteDenkprozesse

Aufbau der NANDA-Klassifikation am Beispiel „Kognition / Perzeption“

Page 27: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 27

Was definiert die NANDA?

• Diagnosen-Name (Label)• Einordnung in die Klassifikation, Code• Definition• Bestimmende Merkmale oder Risikofaktoren• Beeinflussende Faktoren

• (KEINE Pflege-Interventionen!)

Page 28: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 28

• Die Klassifikation ist unvollständig• Viele Diagnosen sind erst in Bearbeitung• Die Klassifikation wird alle 2 Jahre geändert• Die wenigsten Diagnosen sind wissenschaftlich gut erforscht• Viele Diagnosen sind umstritten!

Page 29: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 29

PES-Format (ev. PE-Format)

P Problem

E

S

Einflussfaktoren; (etiology); Ursachen

Symptom

Page 30: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 30

PES-Format bei Risikodiagnosen

P Problem

RF Risikofaktoren

Page 31: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 31

• Störung des Selbstwertgefühls in Zusammenhang mit Wahrnehmung der entstellenden Verbrennungsnarben: zeigt sich durch Selbstabwertende Aussagen der Patientin, Vermeiden von Kontakten

P-Teil: Problem

E-Teil:Einflussfaktoren,

Ursachen

S-Teil:Symptome

Page 32: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 32

• Ungenügende Ernährung in Zusammenhang mit Ablehnung des Klinikessens, spürt Denkstörung nach Einnahme der Mahlzeiten: zeigt sich durch Gewichtsverlust 5 kg/2 Wochen

P-Teil: Problem

E-Teil:Einflussfaktoren,

Ursachen

S-Teil:Symptome

Page 33: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 33

Empfehlungen zum E-Teil

• Ursachen/Einflussfaktoren sollten beeinflussbar sein• Ursachen/Einflussfaktoren sollten durch Pflege beeinflussbar

sein• E-Teil soll den Ansatzpunkt für die Pflege-interventionen

darstellen• E-Teil sollte primär KEINE medizinische Diagnose sein

Page 34: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 34

• Gefahr einer Hautschädigung (Beinstumpf li) RF: Wissensdefizit über Stumpfpflege,und Handhabung der Prothese, Rötungen, Blasenbildung, Juckreiz

P-Teil: Problem

RF: Risikofaktoren(anstelle von Ursachen)

Page 35: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Pflegediagnosen in der PsychiatrieTeil 2: Umsetzung in die Praxis

Christoph Abderhalden

Universitäre Psychiatrische Dienste Bern, Schweiz, Forschungsstelle Pflege und Pädagogik

Page 36: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 36

Pflegediagnosen und Pflegeprozess

• Pflegediagnosen fassen das Ergebnis des pflegerischen Assessments (der pflegerischen Situationseinschätzung) zusammen

• Alle Pflegediagnosen einer Patientin/ eines Patienten zusammen beschreiben die Gründe, aus denen sie/er Pflege benötigt

Page 37: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 37

• Sorgfältiger diagnostischer Prozess!• Integration in den Pflegeprozess• Integration in den interdisziplinären Behandlungsprozess• Integration in den Arbeitsalltag• Integration in die Zusammenarbeit mit den PatientInnen• Sinnvolle Auswahl der Diagnosen• Prioritätensetzung• Präzisierung der Diagnosen, informatives PES-Format

Page 38: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 38

Diagnostischer Prozess

PatientIn kennenlernen (Assessment: Beobachtung, Gespräch, Tests, Checklisten …)

Informationen zu Themen-/Problemkreisen gruppieren, zusammenfassen

In Diagnosenliste aus Klassifikation möglicherweise zutreffende Diagnosen suchen: (Diagnostische Hypothesen, Differentialdiagnose)

Hypothesen bestätigen/ausschliessen (stimmen die Merkmale?)

Im PES-Format ausformulieren

Page 39: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 39

Fragen im diagnostischen-Prozess

• Zusammenfassen oder differenzieren? Möglichst wenige umfassende Diagnosen oder mehrere detaillierte Diagnosen?

• Wie stark ausgeprägt muss eine Reaktion sein, damit sie als Diagnose erfasst wird?

• Wie lange muss ein Zustand/ein Verhalten vorhanden sein, bis er als Diagnose gestellt wird?

Page 40: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 40

• Nach welchen Kriterien werden positive Diagnosen festgehalten?

• Was tun mit Vermutungen bezüglich Diagnose oder Einflussfaktoren/Ursachen?

• Was tun bei unterschiedlicher Wahrnehmung / Einschätzung durch PatientInnen und Pflegende?

Page 41: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 41

Ressourcen? Positive Diagnosen?

• NANDA Wellness-Diagnosen Verwenden• PES-Format mit Ressourcen ergänzen: PESR• NANDA-Diagnosen positiv formulieren

– Selbstpflegedefizit Adäquate Selbstpflege– Vermindertes Selbstwertgefühl Positives

Selbstwertgefühl– Wissensdefizit Sehr gute Kenntnisse

über ..•  Besondere Klassifikation von „Ressourcen-diagnosen“

 (z.B. nach Salutogenesemodell)

Page 42: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 42

Integration in den Pflegeprozess

• Struktur der Assessmentinstrumente nach Klassifikationssystem ausrichten

• Zweistufiges Assessment: Allgemeines „Screening“, vertieftes Assessment für bestimmte Diagnosen

• Institutionsspezifische oder –angepasste Listen mit Interventionen für Diagnosen

• Ziele, Pläne, Berichte mit Bezug zu den Pflegediagnosen

Page 43: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 43

Integration in den interdisziplinären Behandlungsprozess

Page 44: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 44

Interdisziplinärer ProzessMedizin

Ärztliche Untersuchung

Med. Diagnose(n)

Therapieplan

Med. Therapie

Kontrolle

Pflegerische Untersuchung

Pflegediagnose(n)

Pflegeplan

Pflegeintervention

Evaluation

Untersuchung

Diagnose

Intervention

Evaluation

Ziel + Plan

Gemeinsame, interdisziplinäre Gesamtbeurteilung

Gemeinsame, interdisziplinäre Standortbestimmung

Gemeinsame, interdisziplinäre Ziele/Planung

Pflege Andere ,z.B. Physio, Ergo, ..

Andere Untersuchung

Andere Diagnose

Anderer Plan

Evaluation

Medizin

Page 45: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 45

Integration in den Arbeitsalltag

• Übergabe• Berichte• Fallbesprechungen / -vorstellungen• Visiten• Verlegungsberichte

Page 46: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 46

Integration in die Zusammenarbeit mit den PatientInnen

• Die PatientInnen über die Pflegediagnostik informieren– Wir formulieren hier für alle Patienten die Hauptprobleme,

an denen wir arbeiten, wir nennen das die Pflegediagnosen

• Diagnosen möglichst schon während einem Assessment-gespräch stellen– Nach dem, was Sie mir jetzt erzählt haben, denke ich,

dass es Sinn macht, dazu eine Pflegediagnose zu stellen. Ich würde dieses Problem folgendermassen zusammen-fassen: ….

Page 47: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 47

• Diagnosen mitteilen– Nach unserem Gespräch gestern bin ich die Notizen noch

mal durchgegangen und habe versucht, Ihre Probleme in zwei Pflegediagnosen zusammenzufassen. Diese Diagnosen möchte icvh heute gerne mit Ihnen anschauen

– Ich möchte Sie noch informieren, welche Pflegedia-gnosen wie für Sie gestellt haben. Wir wissen, dass Sie mit diesen Formulierungen wahrscheinlich nicht einverstanden sind, aber es ist uns wichtig, dass Sie informiert sind

Page 48: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 48

• Diagnosebezogen planen und evaluieren• Diagnosen mit PatientInnen validieren

– Ich habe Ihre aktuelle Situation in drei Pflegediagnosen zusammengefasst. Können Sie diese Diagnosen mal anschauen? Mich interessiert, ob Sie die Formulierungen nachvollziehen können, und ob Sie finden, dass Ihre Situation damit gut beschrieben ist, oder ob Sie finden, dass das nicht passt, oder ob etwas Wichtiges fehlt.

• Kopien der Planung (inkl. Diagnosen)• Diagnosehandbücher für PatientInnen zugänglich machen

(analog Medikamenteninfos)

Page 49: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 49

Prioritätensetzung

Wichtig Weniger wichtig

Dringend X

Weniger dringend

Page 50: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 50

• Aktive / inaktive Diagnosen?

Page 51: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 51

Prioritäten? Mögliche Kriterien

• Hat das Problem einen Einfluss auf den aktuellen Gesundheitszustand? Nein = keine PDx

• Kümmert sich bereits jemand anderes darum? Ja = keine PDx oder inaktive PDx.

• Ist das Problem innerhalb der voraussichtlichen Hospitalisationsdauer überhaupt beeinflussbar? Nein = keine PDx oder inaktive PDx

• Gibt es Risiken, wenn das Problem nicht gelöst wird (Handlungsbedarf?)? Nein = Keine oder inaktive PDx

• Möchte der Patient/die Patientin das Problem während dieser Hospitalisation angehen? Nein = Keine oder inaktive PDx

Sinnvolle Auswahl der Diagnosen

Page 52: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 52

Sinnvolle Auswahl der Diagnosen

• Möglichst konkrete, alltagsnahe und pflegespezifische Diagnosen wählen!– Vorsicht mit: Gestörte Denkprozesse, Wahrnehmungs-

störung etc.– Statt: Gestörte Denkprozesse (Vergiftungswahn) > Gefahr

einer Mangelernährung; Angst, Furcht, beeinträchtigte Interaktion # Misstrauen/Beschuldigungen

• Möglichst Diagnosen wählen, die für PatientInnen akzeptabel sind!

• Möglichst Diagnosen wählen, die gut beeinflussbar sind

Page 53: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 53

Präzisierung der Diagnosen, gutes PES-Format

• „Buchformulierungen“ auf den Fall konkretisieren!– a.d. „Unangemessener Einsatz von

Abwehrmechanismen“• Schweregrad angeben

– Schwer, leicht, überwältigend, Grad I, Stufe IV (NANDA!)• Akutheit, etc.

– Akut, chronisch, gelegentlich, …• Diagnosen präzisieren!

– z.B. Copingdiagnosen! Coping WOMIT?– Womit geht ein Patient nicht gut um? Was am Coping ist

problematisch? Warum geht er so um mit dem Problem?

Page 54: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 54

Beispiele

• Unwirksames Coping (Konflikte) i.Z.m. fehlender Fähigkeit, eigene Interessen zu vertreten: zieht sich sofort zurück, fühlt sich ungerecht behandelt, sagt nicht, wenn sie nicht einverstanden ist, fühlt sich oft „überfahren“

• (Ziel z.B.: Sagt, wenn sie mit etwas nicht einverstanden ist, äussert direkt ihre Gefühle und Bedürfnisse)

Page 55: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 55

• Unwirksames Coping (Einschränkungen) i.Z.m. fehlender Frustrationstoleranz: Reagiert regelmässig mit kleinen Sachbeschädigungen, wenn ihm etwas verwehrt wird

• (Ziel z.B.: Lernt, seine Frustration verbal auszudrücken, keine Sachbeschädigungen)

Page 56: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 56

• Unwirksames Coping (Belastungen) i.Z.m. schwachem Selbstvertrauen, Ungeduld, „Alles-oder-Nichts-Denken“: Resigniert rasch, wenn sie einige Dinge aufs mal erledigen sollte, „das schaffe ich ja doch nie“, zieht sich dann zurück, hat Kopfweh, erscheint nicht zu abgemachten Terminen

• (Ziel z.B.: Lernt, Aufgaben zu sortieren, der Reihe nach anzupacken, Teilerfolge anzuerkennen; sagt, wenn ihr etwas zu viel ist, meldet sich ab, wenn sie Termine nicht einhalten kann)

Page 57: UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN Pflegediagnosen in der Psychiatrie Teil 1: Grundlagen Christoph Abderhalden Universitäre Psychiatrische Dienste

UNIVERSITÄRE PSYCHIATRISCHE DIENSTE BERN

Bedburg-Hau, 13.10.2004 57

Unterstützende Massnahmen

• Mustersammlung• Liste mit stationsspezifischen zusätzlichen Diagnosen (z.B.

Beeinträchtigtes Wohlbefinden durch...)• Pflegerische Fallvorstellungen: Jemand stellt PatientIn mit

Pflegediagnosen vor, dann Diskussion• Konsequentes Monitoring!• Anpassung der Dokumentation: Standardisierte

Routinediagnosen, Vordrucke