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Überblick

Entrepreneurship Education Begeisterung wecken, Talente entdecken

G R Ü N D U N G

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Impressum

RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum

der Deutschen Wirtschaft e. V.

RKW Kompetenzzentrum

Düsseldorfer Straße 40 A, 65760 Eschborn

www.rkw-kompetenzzentrum.de

Mit Unterstützung durch:

Redaktion: Sonja Alt, Gabriella Amrhein, Armin Baharian,

Juliane Kummer, RKW Kompetenzzentrum

Gestaltung: Claudia Weinhold, RKW Kompetenzzentrum

Bildnachweis: BLINKBLINK (Photocase)

Druck: Druckerei+Verlag Esser,

Weilblick 16, 61276 Weilrod

August 2015

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www.rkw-kompetenzzentrum.de 1

Inhaltsverzeichnis

Vorwort .............................................................................................................................................................. 3Grußwort ..............................................................................................................................................................4

A: Hintergrundwissen zum Thema Entrepreneurship Education ..................................................................................................................................6Begeisterung wecken, Talente entdecken – Was Entrepreneurship Education bewirkt ............................................. 8Früh übt sich, ... Warum Teamfähigkeit in den Lehrplan gehört ........................................................................................... 1510 Anmerkungen zu Entrepreneurship Erziehung: Mit Entrepreneurial Mindset Zukunft mitgestalten ...........21Entrepreneurship Education einmal ganz praktisch, lebensnah, begeisternd! Ein Leitfaden für Interessierte, Einsteiger und Fortgeschrittene ....................................................................................................................................................... 23Gründungserziehung mit der Business Model Canvas ...........................................................................................................28Wirtschafts- und Unternehmensethik in der ökonomischen und politischen Bildung ............................................36Entrepreneurship Education – ein wichtiges Element im Gründungsökosystem ...................................................... 40

B: Interviews mit SchülerInnen und LehrerInnen zu ihren Erfahrungen mit Entrepreneurship Education...............................................................................................................................................................46„Die Aufgaben, die die SchülerInnen in der Schülerfirma durchführen – das kann der Unterricht nie erfüllen.“ ............................................................................................................................................48„Die Hauptmotivation ist für mich, dass es den SchülerInnen Spaß macht.“ ...............................................................50„Mit ‘Jugend gründet‘ hat man einen Werkzeugkasten.“ ...................................................................................................... 52„Man braucht in einem Team unterschiedliche Leute, die verschiedene Dinge gut können“ ................................ 54"Wir haben eine Marktnische gesehen, die damals existierte und wir haben diese Lücke schnell mit einer einfachen Lösung gefüllt." ....................................................................................................... 57

C: Angebote und Anlaufstellen für Lehrerkräfte im Bereich Entrepreneurship Education ............................................................................................................................... 60Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge ...................................................................................62Schule macht Wirtschaft - Initiativkreis Unternehmergeist in die Schulen .................................................................. 66Karl Schlecht Stiftung ............................................................................................................................................................................67RKW Kompetenzzentrum ................................................................................................................................................................... 68Gründerwoche Deutschland ..............................................................................................................................................................70Unternehmerführerschein ................................................................................................................................................................. 72NFTE Deutschland e.V. .......................................................................................................................................................................... 74

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2 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Karl Schlecht

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www.rkw-kompetenzzentrum.de 3

Entrepreneurship – was ist das eigentlich? Entrepre-neurship oder „Unternehmergeist“ ist die Königs- disziplin der Betriebswirtschaft und eine faszinie-rende Herausforderung für alle, die danach streben, im unternehmerischen Leben große Ziele zu erreichen.

Entrepreneur ist, wer auf dem Weg zu seiner Vision immer wieder über sich hinaus wächst und dabei andere mitzieht, so dass alle gewinnen.

Dazu muss man zunächst mit hinreichender Fanta-sie qualifiziert vorausdenken und sich realistische Zukunftsvorstellungen machen können. Dies, gepaart mit Fachkompetenz, Mut, Selbstdisziplin und Offen-heit für gerade die Probleme, die andere nicht als Chance betrachten, zeichnet den erfolgreichen Entre-preneur aus.

Solche Charaktereigenschaften zu pflegen und zu ver-mitteln ist dringend notwendig, wenn wir in Deutsch-land „gute“ und verantwortungsvolle Unternehmer haben wollen. Deswegen legt meine Stiftung ein besonderes Augenmerk auf die Förderung unterneh-merischen Denkens und Handelns.

Und mit „gut“ meinen wir insbesondere auch ein ethisches Wertebewusstsein beim unternehmeri-schen Denken und Handeln. Denn das braucht es, um die drängenden Probleme unserer Gesellschaft nachhaltig zu lösen und ein gelingendes Miteinander sicherzustellen.

Dass sich Entrepreneurship, so verstanden, nicht nur auf die beruflich-akademische Weiterbildung beschränken darf, konnte ich mit dieser kurzen Ein-leitung hoffentlich verdeutlichen. Wir müssen früh ansetzen, um für das Thema zu begeistern: bereits bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, in Schulen, Berufsschulen und Universitäten. Denn dort nimmt berufliche Leidenschaft ihren Anfang.

Sie als Lehrkraft nehmen dabei eine äußerst wichtige Rolle ein. Die vorliegende Broschüre möge Sie hier bestmöglich informieren – denn nur was man selbst erfahren und gelernt hat, kann man auch weitergeben.

Ich wünsche Ihnen nun viel Freude bei der Lektüre und viele interessante Impulse und Anregungen für Ihre Unterrichtspraxis!

Ihr

Karl Schlecht Vorstandsvorsitzender der Karl Schlecht Stiftung

Liebe Leserin, lieber Leser

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4 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

„Unternehmergeist in die Schulen“ – Fortbildungsveranstaltungen für Lehramts-studierende in Baden-WürttembergDie Ihnen vorliegende Publikation ist als Begleitlek-türe zu den „Unternehmergeist in die Schulen“-Fort-bildungsveranstaltungen für Lehramtsstudierende in Baden-Württemberg konzipiert. Die Veranstaltun-gen werden durch uns – das RKW Kompetenzzent-rum – in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, der Initiative für Existenz-gründungen und Unternehmensnachfolge – ifex des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg und der jeweiligen „Gastgeberhoch-schule“ mit Unterstützung durch die Karl Schlecht Stiftung (KSG) durchgeführt. Sie sollen werdenden Lehrkräften einen kompakten Überblick über die Möglichkeiten der schulischen Gründungserziehung gegeben.

Der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) – eine der wesentlichen Quelle der Bewertung des Gründungs-geschehens im internationalen Vergleich – stuft die schulische Gründungsausbildung in Deutschland schon seit Jahren als verbesserungswürdig ein. Die Events wollen einen Betrag dazu leisten, dass zukünf-tig mehr Lehrkräfte in Baden-Württemberg Metho-den der Entrepreneurship Education anwenden und somit mehr SchülerInnen diese im Unterricht erleben können. Den zukünftigen LehrerInnen kommt eine bedeutende Rolle dabei zu, ob die Gründungsausbil-dung in Deutschland auf mittel- und langfristige Sicht verbessert werden kann.

Die Broschüre im ÜberblickDie Broschüre gliedert sich in drei Teile. Im ersten Kapitel geht es um das fachliche Hintergrundwissen. Es wird definiert, was unter Entrepreneurship Educa-tion zu verstehen ist, und wie das Thema innerhalb und außerhalb des Regelunterrichts vermittelt wer-den kann. Kapitel zwei gibt einen Einblick in die Praxis. LehrerInnen, SchülerInnen und UnternehmerInnen berichten in Interviews von ihren Erfahrungen und Erlebnissen in Bezug auf Entrepreneurship Education. Das Hintergrundwissen wird so lebendig und anhand der Beispiele greifbar. Die Publikation wird durch die Nennung von Anlauf- und Informations- und Unter-stützungsstellen für Lehrkräfte abgerundet, an die sie sich wenden können, wenn sie Entrepreneurship Edu-cation einmal selbst im Unterricht anwenden möch-ten. Bei den genannten Akteuren handelt es sich um eine Auswahl, es gibt zahlreiche weitere Organisatio-nen, die ebenfalls hilfreich unterstützen können.

Herzlich willkommen!

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Ein Dank an die AutorenMit viel Freude blicken wir auf das Vorwort von Karl Schlecht. Herr Schlecht ist als Erfinder, Visi-onär und Firmengründer von Putzmeister ein herausragendes Beispiel dafür, was man mit Unter-nehmergeist bewirken kann. Ohne die Beton-Pumpen seines Unternehmens gäbe es Bauten wie den Frank-furter Fernsehturm, den Gotthard-Tunnel oder den Burj Khalifa – mit 828 Metern das höchste Bauwerk der Welt – nicht. Gleichzeitig zeigt Herr Schlecht durch seinen Einsatz für ethische Werte im Geschäftsleben, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und ein fairer und ehrli-cher Umgang miteinander nicht zwangsläufig aus-schließen müssen.

Wir möchten uns an dieser Stelle auch noch einmal ganz herzlich bei allen Mit-AutorInnen dieser Publika-tion bedanken!

Wir wünschen Ihnen viel Freude mit der Broschüre!

Dr. Thomas Funke leitet den Fachbereich Gründung im RKW Kompetenzzentrum.

Sonja Alt arbeitet im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums in den Projekten Gründerwoche Deutschland und Entrepreneurship Education.

Armin Baharian arbeitet im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums im Projekt Entrepreneurship Education.

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HINTER GRUND WISSEN

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zum Thema Entrepreneurship Education

HINTER GRUND WISSEN

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8 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Begeisterung wecken, Talente entdecken Was Entrepreneurship Education bewirkt

Befähigt Schule nicht ausreichend für die Wissensgesellschaft?Hochschulabschlüsse und Schulzeugnisse sind bei der Personalauswahl wertlose Kriterien, so das Ergebnis einer internen Studie eines großen amerikanischen Internet-Konzerns. Als Begründung führt der Perso-nalchef im New York Times Interview unter ande-rem auf, dass SchülerInnen und Studierende viel Zeit damit verbringen, Antworten auf Fragen zu geben, bei denen die passenden Antworten in Form von Muster-lösungen bekannt sind. In der heutigen Wissensgesell-schaft sind jedoch Menschen gefragt, die die Fähigkeit besitzen, Lösungen für komplexe Probleme zu finden, bei denen noch kein Lösungsweg vorliegt (New York Times 2013).

Auch Hirnforscher Gerald Hüther kommt in seinem im Jahr 2014 erschienenen Buch „Lernlust“ zu kei-nem schmeichelhaften Ergebnis. Er stellt mit Sorge fest, dass es an Schulen primär um gute Noten geht. Die Förderung eines unabhängigen Geistes kommt nach seiner Auffassung vielerorts zu kurz. Erfolgreich ist, wer Durchhaltevermögen und Ehrgeiz aufbringt. Was in gesellschaftlicher Hinsicht wirklich zählt – jedoch nicht vermittelt wird – ist Beharrlichkeit. Denn ein komplexes Problem kann nur derjenige lösen, der mit Fehlversuchen umgehen kann, der sich nicht unterkriegen lässt und der wieder und wieder voller Motivation neue Lösungsansätze ausprobiert, argumentiert Hüther (Hüther/Endres 2014).

Besonders wirksam und erfolgreich in der Problem-lösung sind Menschen immer dann, wenn sie an Fragen ansetzen, bei denen sie ihre persönlichen Stärken einbringen und einsetzen können. Jedoch trägt der Schulunterricht nur sehr eingeschränkt dazu bei, dass junge Menschen sich bewusst werden, welche Talente in ihnen stecken und für was sie sich begeistern, schildert Bildungsexperte Sir Ken Robinson in seinem Bestseller „The Element“ (Robinson 2010).

Journalist Wolff Lotter stellt fest, dass die Schule in ihrer heutigen Form hauptsächlich zum Mitmachen und zur Unterordnung erzieht. Zielführend wäre es aber, wenn es um Selbständigkeit ginge, denn: „Es ist schlicht Selbstbetrug zu glauben, dass im Leben alles planbar wäre. Üben wir die Fähigkeit mit Überraschungen umzugehen“ (Lotter 2013, S.248).

Zu kreativem und lösungsorientiertem Denken anregen Es kann in Klassenzimmern aber auch deutlich anders zugehen. Wir sind zu Gast an einem Gymnasium in Hessen und finden genau das vor, was sich der Personalchef, der Hirnforscher, der Bildungsexperte und der Journalist wünschen.

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Der Klassenlehrer erläutert uns die Balance von Ver-trauen und Kontrolle und hebt die Vorteile der Freiheit der eigenen Projektsteuerung und Projektplanung durch die SchülerInnen hervor. Er unterstreicht das Zeit- und Selbstmanagement durch die Jugendlichen als bedeutende Schlüsselkompetenz. Und schildert, wie die Teamfindungsprozesse den sozialen Zusam-menhalt an der Schule verbessern und wie sehr sich die SchülerInnen im Bereich Innovations- und Kreativi-tätsfähigkeiten weiterentwickelt haben.

Ergebnisoffene Problemlösung, Eigenverantwor-tung und Selbstbestimmung durch SchülerInnen? In unserem Gespräch geht es um Entrepreneurship Education. Ein verhältnismäßig neuer Ansatz.

Die Antwort: Entrepreneurship Education – aber was ist das?„Entrepreneurship“ – schon der Versuch, diesen franco-anglophonen Begriff elegant auszusprechen, ist eine Herausforderung. Wenigstens der Zusatz „Education“ wirkt vertrauter, zumindest solchen Men-schen, die sich auf die Arbeit im Bildungssektor vorbe-reiten. Tatsächlich muss man ein wenig ausholen, um den Begriff und die gesellschaftliche Bedeutung dieser Thematik zu erklären.

Für Entrepreneurship Education werden in der Literatur unterschiedliche Begriffe verwendet (Kirch-ner/Loerwald 2014):

— Unternehmergeist — Gründungserziehung — Gründungsdidaktik

— Unternehmerische Kompetenz — Unternehmerisches Denken — Kultur der unternehmerischen Selbständigkeit — Kultur der Selbständigkeit

um nur einige zu nennen. Teils handelt es sich um synonym zu verwendende Begriffe, teils um enger oder weiter gefasste Definitionen des Themengebietes.

Um was geht es im Kern? „‘Die Schülerinnen und Schüler verfügen über die Fähigkeit und Bereitschaft, in risikobehafteten, ökonomisch geprägten Situatio-nen das Für und Wider ihres Handelns sorgfältig abzu-wägen und die berufliche Selbständigkeit als mögliche Perspektive für die eigene Person zu reflektieren‘.“ (Retzmann/Hausmann in Kirchner/Loerwald 2014).

Es geht bei Entrepreneurship Education um die Ver-mittlung von ökonomischem Basiswissen, gekoppelt mit dem Training elementarer Persönlichkeitskompe-tenzen. Oder ganz verkürzt: Die SchülerInnen lernen, selbständig und eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und wissen, was sie im Vergleich zu anderen besonders gut können.

→ Literaturtipp: Die Schülerfirma – Didaktischer Leitfaden zur Existenzgründung; Hannes König, Bernd Hilbert, Ewald Mittelstädt, Claudia Wiepcke; Wochenschauverlag; 2013

„Wenn Sie mich heute fragen, welches Mittel, welche Methode oder gar Therapie am besten zur Persönlichkeitsentwicklung geeignet

ist, dann habe ich eine klare Antwort: Entrepreneurship.“ – Günther Faltin –

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Entrepreneurship – Gesellschaftliche und wirtschaftliche BedeutungGemessen an klassischen wirtschaftlichen Kennzah-len wie Arbeitslosenquote (Bundesagentur für Arbeit 2015) und Bruttoinlandsprodukt (Eurostat 2014) geht es Deutschland gut. Warum also machen wir uns Gedanken über das unternehmerische Handeln und Denken in unserem Land? Weil Deutschland genau in diesem Bereich – und zwar wenn es um die Neugrün-dungen von innovativen Unternehmen geht – eher im hinteren Bereich liegt: Im internationalen Vergleich mit 26 Ländern belegten wir 2013 den 22. Platz. Die Gründe dafür sind vielfältig, neben vielen anderen Faktoren sind es in Deutschland vor allem die Angst vor dem Scheitern und allgemein eine zögerliche Grundeinstellung gegenüber dem Thema Gründung, die bei entsprechenden Studien genannt werden (Brixy/Sternberg/Vorderwülbecke 2014).

Eine erfolgreiche Wirtschaft lebt von erfolgreichen, innovativen Unternehmen, die Lösungen für die Her-ausforderungen unserer heutigen (und zukünftigen) Lebenswelt schaffen können. Gegründet werden sol-che Unternehmen von Menschen, die Ideen haben, diese zu einem stichhaltigen Konzept ausarbeiten, und, um diese Geschäftsideen umzusetzen, den Schritt einer Unternehmensgründung wagen. Entre-preneurship – zu Deutsch auf unterschiedliche Weise übersetzt, meist leider eher unzureichend mit dem Begriff „Unternehmertum“ – beschreibt hierbei vor

allem eine innere Haltung: Die Überzeugung vom eige-nen unternehmerischen Konzept und das Selbstver-trauen, es erfolgreich am Markt etablieren zu können. Ein wichtiges Kriterium bei der Definition des Begrif-fes ist, dass es dabei primär um neuartige, kreative und innovative Ansätze geht, und nicht um die Fort-setzung eines bestehenden Geschäftsmodells oder die Vermarktung eines bereits etablierten Produkts. Besonders wichtig ist das Thema nicht nur aufgrund der Relevanz für den Einzelnen, sondern vor allem wegen seiner gesamtwirtschaftlichen Bedeutung: „Metaphorisch gesprochen bilden Entrepreneure den eigentlichen ‘Ottomotor‘, der eine Marktwirt-schaft in Bewegung hält und dafür sorgt, dass die Betriebsschließungen durch Neugründungen ausge-

glichen oder übertroffen werden und in den Betrieben eine dynamische Kultur der Erneuerung und Verände-rung herrscht.“ (Kirchner/Loerwald 2014)

Doch auch außerhalb des klassischen Unternehmer-tums spielt das Thema eine Rolle. Längst sind die Zei-ten gradliniger beruflicher Biografien passé, in denen eine Laufbahn – beginnend mit einem zielführen-den Studium über eine stringente Karriere mit weni-gen langjährigen Anstellungen bis ins Rentenalter – Sicherheit versprach, zugegebenermaßen aber auch eher wenig Abwechslung. Der heutige Berufsalltag ist ein anderer: Befristete Verträge, häufige Wechsel

Es geht bei Entrepreneurship Education um die Vermittlung von ökonomischem Basiswissen, gekoppelt mit dem

Training elementarer Persönlichkeitskompetenzen.

Oder ganz verkürzt: Die SchülerInnen lernen, selbständig und eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und wissen,

was sie im Vergleich zu anderen besonders gut können.

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von Arbeitsorten und -branchen und unterschiedliche Anstellungsverhältnisse erfordern eine neue Haltung beim Arbeitnehmer. Und zwar eine unternehmeri-sche. Nicht weil jeder heute selbst UnternehmerIn wird, sondern weil auch für Menschen im Angestell-tenverhältnis das Thema Eigenverantwortung künftig eine größere Rolle spielen wird – Eigenverantwortung für die persönliche professionelle Entwicklung und Karriere, für Selbstorganisation, für die individuelle berufliche Spezialisierung anhand der eigenen Inter-essen und Talente – aber auch dafür, wie viel man für die geleistete Arbeit verdienen will.

Unternehmerisches Denken in der SchuleEntrepreneurship ist Schlüsselqualifikation – Entre-preneurship Education setzt deshalb in einem sehr frühen Stadium an: Junge Menschen sollen bereits während ihrer Schulzeit Einblicke in wirtschaftliche Zusammenhänge erhalten und beispielsweise im Rahmen von Planspielen, Businessplanwettbewer-ben oder durch die Mitarbeit in Schülerfirmen lernen, wie man ein innovatives unternehmerisches Konzept ausarbeitet. Gleichzeitig kann im Schutzraum Schule frei experimentiert und ausprobiert werden. Schei-tern und Fehltritte werden als normale Komponen-ten eines Problemlösungsprozesses erfahren. Und ganz wichtig: Es bildet sich Erfahrungswissen heraus, wie Unternehmertum erfolgreich funktionieren kann. „Wissen wie es geht“ ist ein wichtiger Katalysator für eine neue Gründungskultur in Deutschland.

Das Thema Förderung des Unternehmergeistes in den Schulen steht daher schon länger auf der politischen Agenda, und zwar auf höchster Ebene. So unterstützt auch Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie (BMWi), die Einführung von mehr wirt-schaftlichen Inhalten in der Schule: „Ja, wir brauchen mehr Wirtschaft in der Schule. Denn Schulen nehmen eine ganz wichtige Funktion ein. Sie erklären Jugend-lichen bereits früh wirtschaftliche Zusammenhänge und führen sie an Gründung und Unternehmer-tum heran. Die Jugendlichen sind daran auch inte-ressiert. Junge Menschen haben viele tolle Ideen, sie sind neugierig und begeisterungsfähig. Sie wollen die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in der Praxis kennen-lernen.“ (Sigmar Gabriel/BMWi 2015)

Entrepreneurship Education wird derzeit noch primär außerhalb des Regelunterrichts in freiwilliger Projek-tarbeit vermittelt. Einige Bundesländer haben jedoch das Fach Wirtschaft bereits in den Lehrplan mit aufge-nommen. Ziel dabei soll sein, „die jungen Menschen bei der Orientierung in dieser Welt raschen gesellschaft-lichen, wirtschaftlichen und politischen Wandels zu unterstützen und dabei die unterschiedlichen Vor-kenntnisse und -erfahrungen zu berücksichtigen und zu nutzen“ (Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein 2002). Auch in der universitären Lehrerausbildung ist das Fach angekommen, so bietet zum Beispiel die Uni-versität Frankfurt das Fach Politik und Wirtschaft an, die Universität München Wirtschaftswissenschaften, beides für die Sekundarstufe II (Hochschulkompass 2015).

Auf die Lehrkraft kommt es anBei Entrepreneurship Education Projekten sind Schü-lerInnen nicht wie sonst „Konsumenten“ von Bildung, sondern mündige eigenverantwortliche Gestalter. Sie entscheiden selbst, für welche Problemstellung sie einen Lösungsansatz finden und in Form eines unter-nehmerischen Konzepts ausarbeiten wollen. Sie erar-beiten Marketingkonzepte. Kalkulieren, ob und wie sich ihr Produkt erfolgreich am Markt etablieren lässt. Den SchülerInnen die Freiheit der eigenen Projektsteu-erung zu geben verlangt Lehrkräften ein großes Maß an Vertrauen ab. Es ist hier jedoch nicht nur die emo-tionale Komponente des Begriffes gemeint. Es geht auch um Zutrauen, also die Fähigkeit zu Handlungen.

Selbständigkeit, Eigenverantwortung und Vertrauen: Da kann schnell der Eindruck entstehen, dass es auf die Lehrkraft gar nicht mehr ankommt. Weit gefehlt! Zum einen haben LehrerInnen einen großen Anteil daran, dass SchülerInnen dazu motiviert werden, an solchen Projekten überhaupt teilzunehmen (BMWi 2010). Gleichzeitig sind LehrerInnen während der gesamten Projektphase wichtige Ansprechpartner und bedeutende inhaltliche Impulsgeber und sie vermitteln relevantes Hintergrundwissen. Was sich jedoch im Vergleich zum Unterricht verändert, ist die Rolle. LehrerInnen fungieren als Mentoren und Coach.

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12 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Muss die Lehrkraft alles wissen? Nein. Es steht ein großes Unterstützungsnetzwerk zur Verfügung auf das zurückgegriffen werden kann. Um die Schulen und Lehrkräfte zu unterstützen und einen engen Bezug zur Praxis zu gewährleisten, gibt es seit einigen Jahren unabhängige Initiativen, die zum Teil von gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen ins Leben gerufen wurden, um gemeinsam mit Schulen und Lehrkräften das Thema Entrepreneurship Educa-tion aufzugreifen und anhand von Planspielen und Schülerwettbewerben möglichst lebendig und praxis-nah zu vermitteln. Zusammengeschlossen haben sich diese Projekte in dem Initiativkreis „Unternehmergeist in die Schulen“, um ihre Kompetenzen transparent zu machen und zu bündeln und in enger Zusammen-arbeit mit SchülerInnen und Lehrkräften die Qua-lität der Angebote zu gewährleisten. Unter www.unternehmergeist-macht-Schule.de findet sich nicht nur eine umfassende Datenbank mit detaillierten Beschreibungen der einzelnen Projekte, sondern auch umfangreiches Material für SchülerInnen, zahlreiche Praxisbeispiele und Hilfestellungen für Lehrkräfte.

→ Surftipp:

Der vom BMWi geleitete Initiativkreis „Unternehmergeist in die Schulen“ unterstützt mit seinen mehr als einem Dutzend nicht-kommerziellen Initiativen LehrerInnen, indem er Kontakt zu Unternehmen herstellt, Gründerwettbewerbe organisiert, Schülerfirmen berät und Lehrmaterial zur Verfügung stellt: www.unternehmergeist-macht-schule.de

Entrepreneurship Education – Und was haben die SchülerInnen davon?Einfach gesagt: neue Erfahrungen auf unterschied-lichsten Ebenen, die der Regelunterricht – (noch) nicht – bietet (Siehe Abbildung 1). Sie haben die Chance, wirtschaftliche Grundkenntnisse zu erwerben bzw. zu verbessern. Gleichzeitig lernen sie etwas über Teamfähigkeit, also wie es ist, über einen längeren Zeitraum an einer komplexen Aufgabe arbeitstei-lig zu arbeiten. Über den Projektverlauf besteht die Möglichkeit unterschiedliche Rollen auszuprobieren – Teamleitung, Marketing, Controlling etc. – und so die Möglichkeit, ein Gefühl für persönliche Stärken und Schwächen zu entwickeln. Die Rolle der Teamleitung beinhaltet geleichzeitig die Chance, erste Führungser-fahrung zu sammeln, indem das Team immer wieder motiviert wird, Sitzungen moderiert und angeleitet werden wollen und die Projektziele im Auge behalten werden müssen. Gleichzeitig lernen alle im Team, dass es wichtig ist, die zur Verfügung stehende Zeit gut ein-zuteilen und Termine rechtzeitig vorzubereiten und zu organisieren. Dazu kommt die Fähigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn es doch einmal eng wird und eine Stresssituation bewältigt werden muss.

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Im Bereich Präsentationsfähigkeit werden oft große Fortschritte gemacht. Die SchülerInnen lernen, eine Präsentation gut durchzustrukturieren und gut gestal-tete Folien zu erstellen. Vor einer größeren Personen-gruppe frei zu reden wird nicht mehr als „Bedrohung“ wahrgenommen, sondern geschieht selbstsicher und entspannt.

Häufig werden im Rahmen von Entrepreneurship Education Projekten auch Kreativitätstechniken aus-probiert wie zum Beispiel Brainstorming oder Mind Mapping. Welche Substitute gibt es für unser geplan-tes Produkt? Welche Wettbewerber befinden sich in unserem Marktsegment? Durch die Beantwor-tung solcher Fragestellungen im Rahmen der Pro-jekte lernen SchülerInnen, analytisch vorzugehen. Während des Projektverlaufs werden die Teams häufig von einem seitens des Ausrichters bereitge-stellten Unternehmenscoach begleitet. Neben per-sönlichen Treffen entsteht meist auch ein reger schriftlicher Austausch, beispielsweise per E-Mail. Es

wird so durch Ausprobieren gelernt, wie man einen effizienten Dialog führt oder eine gute geschäftliche Textnachricht verfasst. Stößt das unternehmerische Konzept der SchülerInnen beim Unternehmenscoach auf Zustimmung oder gar Begeisterung, wirkt sich dies positiv auf das Selbstvertrauen aller im Team aus. Der Kontakt zum Unternehmenscoach und die thematisch-inhaltlichen Arbeiten am unternehmeri-schen Konzept sind auch für die Studien- und Berufso-rientierung hilfreich. Die Jugendlichen erhalten einen tiefgehenden Einblick in die jeweilige Branche und bekommen ein Gefühl dafür ob sie es sich vorstel-len können, in dem Themenfeld später dauerhaft zu arbeiten.

Abb. 1: Positive Effekte der Entrepreneurship Education auf die PersönlichkeitsentwicklungQuelle: Eigene Erhebungen, BMWi 2010

Persönlichkeitsentwicklung

Studien- und Berufsorientierung

Mut und Selbstvertrauen

Kommunikationsfähigkeit

Präsentationsfähigkeit

Kreativität

Teamfähigkeit

Talente entdecken

Selbständigkeit

Führung

Zeitmanagement

Analysefähigkeit

Stressfähigkeit

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14 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

LiteraturverzeichnisUdo Brixy, Rolf Sternberg, Arne Vorderwülbecke (2014): Global Entrepreneurship Monitor (GEM), Länderbericht Deutschland 2013, Hannover/ Nürnberg, Seite 9 ff.

Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktstatistik im europäischen Vergleich. Online verfügbar unter: http://statistik.arbeitsagen-tur.de/Statischer-Content/Statistische-Analysen/ Statistische-Sonderberichte/Generische-Publikatio-nen/Arbeitsmarkt-im-europaeischen-Vergleich.pdf (abgerufen am 15.4.2015)

Peter Endres/Gerald Hüther (2014): Lernlust. Worauf es im Leben wirklich ankommt. Murmann, Hamburg

Europäische Union: Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Mitgliedsstaaten in jeweiligen Preisen im Jahr 2013. Online verfügbar unter: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/188776/umfrage/brutto-inlandsprodukt-bip-in-den-eu-laendern/ (abgerufen am 15.4.2015)

Günter Faltin (2008): Kopf schlägt Kapital – Die ganz andere Art ein Unternehmen zu gründen. Carl Hanser Verlag, München

Sigmar Gabriel: Wir brauchen mehr Unternehmergeist in unserem Land. Im Gespräch mit dem Deutschen Gründerpreis für Schüler. Online verfügbar unter: www.unternehmergeist-macht-schule.de/DE/DieIdee/Initiatoren/Ministe-rium/ministerium_node. (abgerufen am 15.4.2015)

Vera Kirchner/Dirk Loerwald (2014): Entrepreneurship Education in der ökonomischen Bildung – Eine fachdidaktische Konzeption für den Wirtschaftsunterricht. Joachim Herz Stiftung Verlag, Hamburg

Wolf Lotter (2013): Zivilkapitalismus – Wir können auch anders. Pantheon Verlag, München

Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Hol-stein: Lehrplan für die Sekundarstufe II Gymnasium, Gesamtschule, S. 26. Online verfügbar unter: http://lehrplan.lernnetz.de/index.php?wahl=97 (abgerufen am 15.4.2015)

New York Times: In Head-Hunting, Big Data May Not Be Such a Big Deal. Online verfügbar unter: www.nytimes.com/2013/06/20/business/in-head-hunting-big-data-may-not-be-such-a-big-deal.html (abgerufen am 18.12.2014)

Ken Robinson (2010): The Element – How Finding Your Passion Changes Everything. Penguin, London

Unternehmergeist in die Schulen?! (2010) Ergebnisse aus der Inmit-Studie zu Entrepreneurship Education-Projekten an deutschen Schulen. BMWi, Berlin

Autoren: Sonja Alt arbeitet im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums in den Projekten Gründerwoche Deutschland und Entrepreneurship Education.

Armin Baharian arbeitet im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums im Projekt Entrepreneurship Education.

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Früh übt sich, … Warum Teamfähigkeit in den

Lehrplan gehört

1 Als Forschungs- und Entwicklungseinrichtung des RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V. arbeitet das RKW Kompetenzzentrum im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI). Für weitere Informationen besuchen Sie bitte unsere Website.

2 Es handelte sich um Stellenausschreibungen unterschiedlicher Branchen. 3 Bewusst wurden Anzeigen außerhalb des Internets nicht berücksichtigt, da vermutet wurde, dass das Internet und internetfähige

Smartphones bevorzugte Instrumente der Arbeitsplatzsuche im 20 Jahrhundert geworden sind. 4 37 von 46 Stellenanzeigen verlangten explizit nach „Teamfähigkeit“ oder „sozialer Kompetenz“, 5 verlangten sogar beides! 5 An erster Stelle steht der meist genannte Kompetenzbegriff.

Warum sollte der Teambegriff Teil des deutschen Lehrplans sein? Die Begründung geht zum einen auf den Auftrag der Schule zurück. Nämlich „mündige“, selbständige und auch lebensfähige BürgerInnen her-anzuziehen. Zum anderen geht er auf die Wirtschaft zurück, denn hier hat sich durch die Globalisierung viel verändert. Der von der Ökonomie abhängige Arbeits-markt braucht heute mehr denn je Menschen mit der Fähigkeit und Kompetenz in Teams arbeiten zu kön-nen. Ökonomin Margret Beisheim verortet den Beginn der bewussten Nachfrage nach Teamfähigkeit bereits in den 80er Jahren (1999:287). Das deutsche Bildungs-system folgt diesem Wandel, wenn auch verspätet.

Arbeitgeber fordern Teamfähigkeit Das Team Gründung des RKW Kompetenzzent-rums1 hat diesen Artikel über die genannte Anfor-derung nicht ohne Belege veröffentlicht. Es wurde nach Indizien für den besagten Wandel der Arbeit-nehmeranforderungen gesucht. Daten aus Stellen-ausschreibungen2 wurden von Online-Jobbörsen und -Zeitungen vor folgender Hintergrundfrage gesam-melt: Was verlangen Unternehmen heute von neuen MitarbeiterInnen?3 Augenmerk wurde auf diejeni-gen Eigenschaften gelegt, welche am häufigsten von Arbeitgebern gegenüber BewerberInnen verlangt wurden.

In Folge der Erkenntnisse konnten Gemeinsamkei-ten in allen Branchen festgehalten werden4, welche ein klar differenziertes, allgemeines Wunschprofil der Arbeitgeber gegenüber den ArbeitnehmerInnen darstellen lassen: Neben fachlichen Grundkenntnissen also den „hard skills“ (formale Qualifizierung also zum Beispiel Abitur, Ausbildung, Studium, etc.), gibt es auch konkrete Anforderungen an soziale und persön-lichkeitsbezogene Kompetenzen. Überwiegend wur-den in dieser Sparte folgende Attribute am häufigsten genannt, wobei die folgende Aufreihung der Häu-figkeit entspricht5: Teamfähigkeit (am häufigsten), soziale Kompetenz, Verantwortungsbewusstsein, Kommunikations- und Kritikfähigkeit.

Neben fachlichen Grundkenntnissen wie den „hard skills“ gibt es auch konkrete Anforderungen an soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen.

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Eine Statistik vom April 2014 der Hochschule der Medien in Stuttgart zur Frage, welche Kompetenzan-forderungen Arbeitgeber an BerufseinsteigerInnen6 in unterschiedlichen Branchen haben7, bestätigt die Erkenntnisse. Die Kompetenz Teamfähigkeit landete in der genannten Statistik nach Motivation, Verant-wortungsbewusstsein und Kommunikationsfähigkeit auf einem der relevantesten Ränge. Die beiden Kom-petenzen Verantwortungsbewusstsein und Kommu-nikationsfähigkeit stehen dabei in enger Korrelation zur Teamfähigkeit.

Es kann festgehalten werden, dass sich die Ansprüche an ArbeitnehmerInnen in den letzten Jahren auf die „professionelle Anwendung“ ihrer sozialen Fähigkei-ten ausgeweitet haben, Teamfähigkeit ist heute mehr denn je eine begehrte Kompetenz.

Ein Missverständnis – Kritik am „Narrativ der Arbeitswelt“ 8

An dieser Stelle soll kritischen Stimmen Raum gelas-sen werden, da sie konstruktive Gedanken aufbringen

können. Der Begriff Team(lehre) erfährt heutzutage nicht nur Lob und Jubel, sondern auch wissenschaft-liche und unternehmenserfahrene Kritik: „Das Wort stehe längst [...] als Inbegriff für ‘Angst, Verantwor-tungslosigkeit und Kellerkindergesang, verunsicherte Führungskräfte und unzählige Arbeitgeber, die den Glauben an solche Harmonie-Illusionen längst ver-loren haben‘“, zitiert Wolf Lotter9 den Professor Erich Staudt10 in einem Artikel in dem Magazin brandeins von 2012. „Teamgeist ist Ungeist“, meinen auch Rein-hard K. Sprenger11, Peter F. Drucker und andere. Das sind echte und schlagfertige Argumente. Sie richten sich jedoch fälschlicherweise gegen die Arbeitsform „Team“. Der Begriff wird nicht selten weit abweichend von seiner wahren Bedeutung und Theorie praktiziert. Es liegt oft keine Übereinstimmung zwischen der tat-sächlichen Theorie der Teamarbeit, ihren Idealen und Bedeutungen und der ausgeführten Anwendung und Praxis eben dieser Arbeitsform vor.

Tatsächlich müsste sich die Kritik gegen „Pseudo-Teams“, also Menschengruppen richten, welche sich

Präsentationstechnik 114

Konfliktfähigkeit 153

Kritikfähigkeit 173

Organisationsfähigkeit 180

Zeitmanagement 181

Persönliches Auftreten 199

Selbstmanagement 209

Teamfähigkeit 227

Kommunikationsfähigkeit 243

Verantwortungsbewusstsein 248

Motivation 285

Abb. 2: Kompetenzanforderungen an BerufseinsteigerInnenQuelle: Hochschule der Medien

6 S. Abbildung Abb. 2.7 Hochschule der Medien, letzter Zugriff am 11.07.14. 8 In Anlehnung an eine Aussage von Kauffmann (2014).9 Autor des Wirtschaftsmagazins brandeins.10 Professor für Arbeitsökonomie an der Ruhr-Universität Bochum.11 Managementberater und Autor diverser Werke zum Thema.12 S. Kaufmann 2014.

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als Team verstehen, aber letztlich und offensichtlich eben kein solches sind bzw. nicht so arbeiten. Teams sind nicht gleichzusetzen mit Gruppen, das meinen auch Margret Beisheim und Reinhard Sprenger: Was heute unter „Team“ verstanden werde, habe mit der ursprünglichen Bedeutung von Teamarbeit nichts gemein12. Nur wenige, die Team hören denken an das, was es eigentlich ist, nämlich „eine eigenverant-wortlich handelnde, autonom arbeitende, durch ein gemeinsames Ziel auf Zeit gelenkte Gruppe von Fach-leuten, die sich zur Erreichung ihres Zieles zusammen-finden“ (vgl. Lotter 2012).

Diesem Missverständnis könnte und sollte man wirksam entgegentreten – doch wie?

Des Rätsels Lösung liegt in unseren Augen darin, den „echten“ Teambegriff (vgl. Katzenbach/Smith 2003:69) transparent zu machen, diesen aufzugreifen, zu lehren und zu üben – am besten möglichst früh, also in der Schule.

Lehrkräfte als Vorbild für Teamarbeit?Hatten Sie in ihrer Schulzeit Unterricht, in welchem zwei Lehrkräfte Ihre Klasse gemeinsam als Team betreut haben? Oder hat sich eine Lehrkraft von Kollegen ein Feedback zu seiner Unterrichtsweise eingeholt?

Vermutlich verneinen viele Leser diese Fragen, denn noch ist das Modell des Team Teaching (vgl. Huber 2000) keine Regel in deutschen Schulen, jedoch scheint es mehr und mehr Aufmerksamkeit aufgrund wachsender Lehransprüche zu genießen (vgl. Bönsch 2013). Das Modell hat das explizite Ziel, den Unterricht vor allem im Sinne der SchülerInnen zu optimieren, indem zwei Lehrkräfte in einer Klasse den Unterricht gemeinsam gestalten, sich gegenseitig helfen und Feedback geben.

Für unser Anliegen findet sich im Team Teaching eine weitere, implizite Komponente: Lehrer-KollegInnen können im Team als ein erstes Vorbild zur Teamar-beit für die SchülerInnen agieren. Die Möglichkeiten

des Lehrkraft-Tandems sind im Idealfall umfassend und können sich dem Pensum der Klasse anpassen. Manfred Bönsch, Professor für Pädagogik, beschreibt in seinem Artikel „Teamteaching“ (Bönsch 2013) die Doppelinstruktion, Differenziertes Teamteaching und andere Varianten, welche alle eine Gemeinsamkeit tei-len: Stetige, zielorientierte und effiziente Teamarbeit und Kommunikation, welche nicht nur die SchülerIn-nen profitieren lässt, weil die Qualität des Unterrichts steigt, sondern auch die LehrerInnen, da deren quanti-tative Aufgaben auf zwei Schultern verteilt werden.

Erste Ansätze für „Teamlehre“Einst haben LehrerInnen per „Frontalunterricht“ gelehrt. Mittlerweile deutet sich ein Wandel in der Schule und zu Gunsten des gemeinen Lernens an: Immer häufiger werden Unterrichtseinheiten und Themenblöcke in Gruppen bearbeitet. Ziel dabei ist es, den Lernerfolg der SchülerInnen zu steigern, indem „kollektives“ bzw. „kooperatives Lernen“ anstelle des Frontalunterrichts tritt (Rabenstein, Reh 2007:26). Im Idealfall werden die SchülerInnen hier früher mit selb-ständigem und selbstorganisiertem Lernen vertraut gemacht.

Ein weiterer für diesen Artikel „positiver Nebeneffekt“ ist das Erfahren des gemeinschaftlichen, kooperie-renden und verantwortungsteilenden Lernumfeldes „Gruppe“. Eine Gruppe ist zwar noch kein Team, wie weiter oben bereits beschrieben, dennoch dient sie als ein Übungsfeld. Zudem gehen leistungsfähige Teams oft aus Gruppen hervor. Insofern ist Gruppenarbeit ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sie verhilft den SchülerInnen, ihre eigenen Lernprozesse mehr und aktiv selbst zu gestalten. Das Aktive beim Lernprozess steht zudem in Gegensatz zur Langeweile durch hohe Passivität des klassischen Frontalunterrichts, welche das Lernen untergraben (können) (vgl. Hüther 2011 Breidenstein 2006:67).

Die Etablierung vom Vorläufer der Teamarbeit, nämlich Gruppenarbeit, ist jedoch ein aufwendiges Unterfan-gen, welches Lehrpersonal und Schulen als Vermitt-ler nicht allein stemmen können. Eine intraschulische

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Abhilfe könnte zum einen das weiter oben genannte Team Teaching-Konzept sein, wo Lehrkräfte zu zweit verdoppelte Möglichkeit haben, einzelne Gruppen/Teams zu betreuen, zu beraten und deren Arbeiten im Nachhinein entsprechend qualitativ evaluieren zu können. Zwei LehrerInnen können zudem besser die Aufgabenverteilung in Gruppen beobachten und dort intervenieren wo nötig, wenn einzelne sich beispiels-weise von der Gruppe tragen lassen.

Andere außerschulische Ansätze für Teamlehre fin-den sich in AGs, Workshops und Wettbewerben, Vereinen, Verbänden für Sport und Freizeit und letzt-lich, wie bereits beschrieben, seit den 80er Jahren in zunehmendem Maß auch in der Wirtschaft selbst. Die Bemühungen der Lehrkräfte und Schulen müssen in jedem Falle (weiter) unterstützt und ausgebaut wer-den – auch von (bildungs-)politischer Seite. Andern-falls könnte es sich um vereinzelte „Tropfen auf den heißen Stein“ handeln.

Teamfähigkeit bewusst unterrichtenTeamfähigkeit ist heute eine gewünschte Kompe-tenz in der Wirtschaft und Gesellschaft, das scheint kein Geheimnis mehr zu sein. Im Arbeitsmarkt sind dieser Begriff und seine Bedeutung als Kompetenz seit geraumer Zeit ein bewusstes Kriterium, nach welchem Arbeitgeber verlangen. Dennoch hinkt das Bildungssystem mit seinen Vorgaben zur Offenle-gung für diese Thematik hinterher, denn wie weiter oben angedeutet, ist der Sachverhalt und die Lehre des Teams weitestgehend noch kein expliziter Unter-richtsgegenstand. Gruppenarbeit im Unterricht ist zwar ein passender erster Schritt hin zum Üben von Teamfähigkeit, dennoch fehlt weiterhin die konkrete Formulierung und die entsprechende didaktische Ver-mittlung von Team und Teamkompetenz. Und das, obwohl in den deutschen Lehr- und Kompetenzplänen bereits erste Ansprüche an die LehrerInnen und ihre Unterrichtsgestaltung in Hinblick auf Teamarbeit und

Teamfähigkeit gestellt werden: Im gruppenarbeitsba-sierten Unterricht wird selten ausdrücklich kommuni-ziert, dass hier nicht nur der inhaltliche Aspekt, welcher in Gruppenarbeiten bzw. Teamarbeiten als Lernge-winn zu betrachten ist, sondern auch die Koopera-tion mit den MitschülerInnen. Teamarbeit wird leider

noch nicht als Lerngegenstand aufgefasst. SchülerIn-nen verdienen jedoch eben diese Transparenz, um den Sinn und die Zusammenhänge möglichst schnell und korrekt einordnen zu können.

Wenig Zeit für TeamarbeitIn den Regelschulen Deutschlands steigt das Unter-richtspensum. Die schulische Betreuung der Zukunft zielt auf Ganztagschule ab (BMBF13). Diese Neuaus-richtung könnte ein Lichtblick für die Etablierung von Teamarbeit und Vermittlung der entsprechenden Kompetenzen sein, da die Schule so mehr (Zeit-)Raum für intensive teamkompetenzfördernde Projekte zur Verfügung hat.

Formbeispiele wären AGs, Workshops und andere Pro-gramme, in welchen ein (Teil-)Ziel dieser Maßnahmen klar formuliert und mit den SchülerInnen aufgear-beitet werden könnten: Förderung, Ausprobieren und Üben von Zielerlangung und Aufgabenbewälti-gung im Team. In Nachmittagsprojekten, welche über mehrere Monate oder sogar Schuljahre hinausgehen, könnten SchülerInnen erleben, wie es ist, als Gruppe

13 S BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Aussage kann auf der entsprechenden Webseite des BMBF nachvollzogen wer-den: http://www.bmbf.de/de/1125.php

Die Bemühungen der Lehrkräfte und Schulen müssen in jedem Falle (weiter) unterstützt und ausgebaut werden – auch von (bildungs-)politischer Seite.

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etwas anzugehen und über längere Zeit hinweg zu einem Team heranzuwachsen – oder auch nicht. Auch dann könnte man daraus Lernen, denn bekanntlich „lernt man aus Fehlern“.

Interdisziplinäre Teams für Wirtschaft und GesellschaftDie klassische Schule kann Teamfähigkeit nicht allein vermitteln, da ihr Wesen räumlich, zeitlich, lehrkraft-technisch und finanziell (noch) stark begrenzt ist. Darum sollten sich andere Instanzen und Institutio-nen der Gesellschaft, wie zum Beispiel Vereine, Ämter, Unternehmen wie auch Politik, Wirtschaft und Bil-dung daran beteiligen, Grundsteine für Teamfähigkeit zu legen und den Zukunftsträgern bessere Startbe-dingungen zu bieten. Mögliche Kooperationen kön-nen in diesem Sinne viele Gesichter haben und sollten gemeinsam Möglichkeiten bieten, in welchen Schüle-rInnen die Gelegenheit haben, längerfristig als Team agieren zu können. Dies setzt natürlich voraus, dass Schulen und andere Instanzen fähig sind, miteinander zu kommunizieren, zu interagieren und sich die Auf-gaben entsprechend der jeweiligen Ressourcen zu tei-len. Sie sollten also selbst als interdisziplinäre Teams zusammen arbeiten können.

Früh übt sich eben doch Berufsschulen sind ein gern übersehenes Beispiel für Kooperation von Wirtschaft und Schule. Das duale Bil-dungssystem verknüpft Theorie und Praxis und ver-hilft den jungen BürgerInnen dazu, den Übergang von der Schule in den Beruf besser zu meistern. Warum dieses Modell und ihre Idee nicht ausbauen?

Beispiele finden sich vereinzelt in Kooperationen von Schulen und Vereinen, wo SchülerInnen über län-gere Zeit als Gruppe in Workshops, AGs oder anderem Projekte und Themen angehen und zu einem Team zusammen wachsen können. Das Projekt „Unterneh-mergeist in die Schulen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie dient als Plattform für Akteure von Schulen und Wirtschaft, um miteinander in Kon-takt zu treten und legt somit einen ersten Baustein.

Zum Wohl der Wirtschaft und zur Vorbereitung junger Menschen gilt also, was Henry Ford bereits vor Jahren sagte: „Zusammenkommen ist ein Beginn, zusam-menbleiben ist ein Fortschritt, zusammenarbeiten ist ein Erfolg.“

→ Literaturtipp: Malte Brettel, Florian Heinemann, Thies Sander, et al (2009): Erfolgreiche Unternehmerteams, Teamstruktur – Zusammenarbeit – Praxisbeispiele. Gabler: Wiesbaden

Matthias Kaufmann (2014): Gemeinsam sind wir dumm. SPIEGEL JOB Magazin, Ausgabe 4

Kerstin Rabenstein, Sabine Reh (Hrsg.) (2007): Kooperative und selbstständigkeitsfordernde Arbeitsfor-men im Unterricht. Forschungen und Diskurse. In: ders.: Kooperatives und selbstständiges Arbeiten von Schü-lern: Zur Qualitätsentwicklung von Unterricht. VS Verlag für Sozialwissen-schaften: Wiesbaden Wiepcke; Wochen-schauverlag; 2013

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Literaturverzeichnis

Margret Beisheim, Monika Frech (1999): Teamarbeit und Teamentwicklung in Organisationen, in: von Eckardstein, D.; Kasper, H.; Mayrhofer, W. (Hrsg.): Management. Theorien – Führung – Veränderung. Stuttgart, 285-319.

Manfred Bönsch (2013): Teamteaching. Differnziertes Lernen in heterogenen Arbeitsgruppen ermöglichen. In: Grundschule, 45/11, S. 28-30

Georg Breidenstein (2006): Teilnahme am Unterricht. Ethnographische Studien zum Schülerjob. VS Verlag: Wiesbaden

Birgit Huber (2000): Team-Teaching: Bilanz und Perspektiven; eine empirische Untersuchung im Kärtner Volksschulbereich Integrationsklassen (Schuljahr 1998/99) zur Thematik/Problematik der Zusammenarbeit im Zweierteam. Frankfurt am Main

Gerald Hüther (2012): Was wir sind und was wir sein könnten – Ein neurobiologischer Mutmacher. S.Fischer: Frankfurt am Main

Jon R. Katzenbach, Douglas K. Smith (2013): Teams – Der Schlüssel zur Hochleistungsorganisation. Redline Wirtschaft bei Moderne Industrie Verlag: Frankfurt am Main/Wien

Wolf Lotter (2012): Du und das Team. Brandeins Wirtschaftsmagazin Onlineausgabe, Ausgabe 2

Thomas Vasek (2011): Die Weichmacher: Das süße Gift der Harmoniekultur, Carl Hanser: München

Quellenangabe

Aus dem Internet: Hochschule der Medien, letzter Zugriff am 11.07.14, www.hdm-stuttgart.de/hochschule/view_news?ident=news20140415141024

Autorin: Gabriella Amrhein arbeitet im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums im Projekt Entrepreneurship Education.

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10 Anmerkungen zu Entrepreneurship Erziehung:

Mit Entrepreneurial Mindset Zukunft mitgestalten

Sage nicht „Fang an!“, sondern „Mach mit!“, wenn du etwas erledigt haben willst. Eine verantwortungs-volle Marktwirtschaft braucht selbstbewusste Entre-preneure und mündige BürgerInnen, die ihre eigene Zukunft und die der Gesellschaft (mit)gestalten. Ohne die Träumereien von Visionären und Menschen, die Ideen aktiv umsetzen, lebten wir heute in einer ganz anderen Realität. Es gäbe keine Kunst und keine Schu-len, keine Autos und keine Medikamente, keinen Rechtsstaat und auch keinen Konsumentenschutz, wenn sich Menschen nicht immer und immer wieder für Ideen einsetzen und gesellschaftliche Spielregeln mit Zivilcourage verändern würden.

„Wirtschaft(en)“ muss erlernt werden – und zwar von jeder Generation aufs Neue. Jede Generation ist her-ausgefordert, ihre Kompetenzen, Ideen und Werte zu entwickeln, die für ihr Leben und ihre Gesellschaft wichtig sind. Die Wirtschaftskrise war daher nicht nur eine Krise des Finanzsektors, sondern eine Werte- und Innovationskrise einer Generation.

Alle ArbeitnehmerInnen und UnternehmerInnen der Zukunft sind heute in der Schule, die Art ihrer Ausbil-dung wird ihr Gesellschafts- und Wirtschaftsverständ-nis prägen. Entrepreneurship Education bietet als ökonomische Ausbildungsphilosophie einen emanzi-patorischen Zugang, der Kreativität, Verantwortungs-, Einsatz- und Risikobereitschaft ebenso fördert wie die Einsicht in die Bedeutung von unternehmerischen Ent-scheidungen für die gesellschaftliche und wirtschaft-liche Dynamik sowie für den sozialen Ausgleich. In 10

Anmerkungen möchte ich Sie für Entrepreneurship Education begeistern, es ist ein transversaler Ansatz der für viele unterschiedliche Lerngebiete Möglichkei-ten bietet:

TOP 1: Im Zentrum steht die Förderung eines Entre-preneurial Mindset, die eine Denkweise und Haltung für die Entwicklung und Umsetzung von neuen Ideen fördert. Entrepreneurship Education für Jugendliche stärkt einen Entrepreneurial Mindset, eine Einstellung, die das Verhalten in vielen Arbeitsaktivitäten und im Alltagsleben prägen kann. Das TRIO-Modell der Entre-preneurship Education zeigt die Reichweite auf:

— Ebene 1 / Entrepreneurial Core Education: Entwicklung und Umsetzung eigener Ideen für die unternehmerische und berufliche Selbstän-digkeit, aber auch für private Herausforderungen

— Ebene 2 / Entrepreneurial Culture: Stärkung einer Kultur der Selbstständigkeit und Offenheit im täglichen Umgang

— Ebene 3 / Entrepreneurial Civic Education: Förderung der Teilnahme an der Zivilgesellschaft mit Engagement und Diskursfähigkeit als kritische/r mündige/r BürgerIn.

TOP 2: Die Gesellschaft braucht eine Kultur der Selb-ständigkeit und Verantwortung, deren Wurzeln in Erziehung und Bildung liegen. Entrepreneurship ist der elementare „Spirit“ für eine dynamische Marktwirt-schaft. Es sind dynamische Menschen, „schöpferische

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Zerstörer“, die die Marktwirtschaft und die Gesell-schaft in Schwung halten.

TOP 3: „Entrepreneurial Tugenden“ wie Eigenverant-wortung, Eigeninitiative, Innovationsfreude, kont-rollierte Risikobereitschaft und Selbstvertrauen sind nicht nur für eine funktionierende Marktwirtschaft unverzichtbar, sondern ebenso für eine lebendige Zivilgesellschaft.

TOP 4: Entrepreneurship Education für Jugendliche beschränkt sich nicht auf ein Konzept der „Jungunter-nehmerInnen-Kaderschmiede“, sondern steht für eine ökonomische Ausbildungsphilosophie, die ökonomi-sche Kreativität, Eigenverantwortung und Entschei-dungsfähigkeit ebenso fördert, wie die Einsicht in die Bedeutung von unternehmerischen Entscheidungen für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Dynamik sowie für den sozialen Ausgleich.

TOP 5: Unternehmerische Haltungen entstehen nicht erst im Berufsleben, sondern entwickeln sich bereits in früheren Phasen der Sozialisation. Der Bildung kommt daher eine prozessverstärkende bzw. auslösende Posi-tion zu. Unternehmerisches Denken und Handeln muss in einem längerfristigen Prozess entwickelt werden.

TOP 6: Entrepreneurship Education benötigt einen Methodenpluralismus mit einem starken Fokus auf Erfahrungslernen und keinen neuen Methodenmonis-mus. Sie weist einen starken Bezug zur Wirtschafts-bildung auf, ist aber eine Querschnittsaufgabe für verschiedene Unterrichtsfächer und zusätzliche per-sönlichkeitsorientierte Angebote (z.B. Coaching, extra-curriculare Arbeitsgemeinschaft, Portfolioordner).

TOP 7: Entrepreneurship Education steht für eine dia-logische Kommunikationsform zwischen LehrerInnen und SchülerInnen, die von Respekt und Ermutigung geprägt ist.

TOP 8: Für die Förderung eines Entrepreneurial Mind-set sind Prozesse von großer Bedeutung, da durch das Bewältigen von Herausforderungen Lernenden die Möglichkeit gegeben wird, ihr eigenes „Entrepre-neurship-Potenzial“ kennenzulernen, zu bewerten und dementsprechend weiterzuentwicklen. In diesem Sinne ist ein Entrepreneurial Mindset kein prädispo-niertes Phänomen. Es ist ein dynamisches Bewusst-sein, das man erlernen kann.

TOP 9: Der Ansatz „Lernen durch Herausforderun-gen“ bzw. „Entrepreneurial Challenge based Lear-ning“ stellt die Handlungskompetenzen ins Zentrum, da er kognitive, personale und soziale Kompetenzen mit inhaltlichen und situativen Komponenten von Entrepreneurship verknüpft. Mit dem "Youth Start Entrepeneurial Challenge Programme" besteht die Möglichkeit von der Grundschule bis zum Abitur durch kleinere und größere entrepreneurial Herausforde-rungen erfahrungsorientierter Lernwege anzubieten (siehe www.youthstart.eu).

TOP 10: Entrepreneurship Education bietet eine sozialpädagogische Perspektive. Sie ist ein Ansatz, der ein Chancenöffner für benachteiligte Gruppen der Gesellschaft sein kann. Durch Entrepreneurship wird gelernt, wie an der Gesellschaft partizipiert wird – es ist ein Aufzeigen von Lebensperspektiven.

Autor: KPH-Prof. Johannes Lindner, Gründer ifte.at und des eesi-Impulszentrums des bmbf, Ashoka Fellow

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Entrepreneurship Education einmal ganz praktisch, lebensnah, begeisternd!

Ein Leitfaden für Interessierte, Einsteiger und Fortgeschrittene

„Ich hatte in meinem jungen Leben zwei Probezeiten. Nummer eins war der Wettbewerb Jugend gründet als Sechzehn- jähriger in der 11. Klasse – Nummer zwei mein Studium. Und eins ist klar: Die Wettbewerbe haben mein Leben verändert!“ (G. Spanz, Alumnus diverser Wirtschaftswettbe-werbe, heute ist er selbst Unternehmer)

„Durch die Wirtschaftswoche in der 10. Klasse und den Wettbewerb IW JUNIOR habe ich viele sehr positive Erfahrungen gesammelt, und konnte früh einen Einblick in die praktische Wirtschaft erhalten.“ (R. Mutius, Abiturient)

„Mein Sohn besucht seit acht Monaten die Schule. Im Rahmen dessen habe ich bereits jetzt schon erfahren, dass ihn die Teilnahme an Wettbewerben in ganz besonderer Weise fordert und fördert.“ (N. Herweg, Mutter)

Diese exemplarischen Statements von SchülerInnen und Eltern, liebe Interessierte, Einsteiger oder Fort-geschrittene im Bereich Entrepreneurship Education, möchten Sie begeistern für ein Thema, welches viel-leicht auch Ihr Leben verändern wird? Denn wenn das Wettbewerbsfieber Sie erst einmal ergriffen hat, lässt es Sie wahrscheinlich so schnell nicht mehr los!

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Entrepreneurship Education – was ist das? Wikipedia führt den Begriff nur in der englischen Ver-sion und definiert: „Entrepreneurship education seeks to provide students with the knowledge, skills and motivation to encourage entrepreneurial success in a variety of settings.” (Wikipedia 2015)

Entrepreneurship Education lässt sich nicht direkt ins Deutsche übersetzen und wird häufig als „Erzie-hung zu unternehmerischem Denken und Handeln“ umschrieben. Dies verkürzt die Methode jedoch nur auf ihre ökonomischen Aspekte. Im Sinne meiner Erfahrungen sollte der Begriff weiter gefasst werden, und zwar als schulische Erziehung zu Selbständig-keit, Verantwortung, Kreativität, Projektorientierung und Teamarbeit. Ich übersetze Entrepreneurship Edu-cation daher gerne in Richtung „Anleitung zu sozial verantwortlichem Handeln“. Gleichzeitig beinhaltet Entrepreneurship Education die große Chance der Öffnung der Schule nach außen.

Sowohl die Europäische Kommission als auch die OECD sehen Entrepreneurship Education als Schlüs-selprogramm zur Verbesserung schulischer Ausbil-dung: „Member States should foster entrepreneurial skills through new and creative ways of teaching and learning from primary school onwards... Real world experience, through problem-based learning and enterprise links, should be embedded across all disci-plines and tailored to all levels of education. All young people should benefit from at least one practical ent-repreneurial experience before leaving compulsory school.“ (European Commission 2012)

Als Mittel der Entrepreneurship Education dienen im Sinne dieses Leitfadens verschiedene Wettbewerbe und Planspiele, die sowohl innerhalb als auch außer-halb des Unterrichts eingesetzt werden können.

Hilft Entrepreneurship Education mir als Lehrkraft?Wir Pädagogen wissen: Nichts ist anspornender als der Erfolg unserer SchülerInnen. Und genau hier hilft der Entrepreneurship Education-Ansatz, durch anwen-dungsbasiertes Lernen in der Schule ein neues, posi-tives und vor allem motivierendes Klima zu schaffen! Zugleich dient diese zukunftsorientierte Projektar-beit der Binnendifferenzierung in der Schule: Bislang unterforderte SchülerInnen können sich erproben, andere entdecken neue Talente, Underdogs und Spät-entwickler können sich genauso wie Klassenbeste oder Individualisten einbringen.

Eine sich entwickelnde Wettbewerbskultur bewirkt nicht nur eine verstärkte Vernetzung der Schule im Inneren, sondern auch eine verstärkte Öffnung nach außen. Die Wettbewerbe und Planspiele bie-ten starke Anreize zu vermehrter Kooperation und Kommunikation mit anderen Fachbereichen und den FachkollegInnen – denn die SchülerInnen arbei-ten bei Entrepreneurship Education-Projekten meist arbeitsteilig im Team an Lösungen, die Hintergrund-kenntnisse aus verschiedenen Wissensbereichen voraussetzen. Und sogar schulübergreifend und zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Hochschulen in der Region ergeben sich sehr attrak-tive Vernetzungs-Perspektiven. Sie werden überrascht sein, mit welchem Engagement die ExpertInnen die-ser Institutionen die SchülerInnen und Sie bei den Pro-jekten unterstützen!

Projekt-Partnerschaften mit Nachbarschulen sind aus Wettbewerbsgründen nicht bei allen Schulleitun-gen beliebt. Sie bieten aber neue Chancen für Koope-rationen zwischen den jeweiligen spezialisierten Leistungs- und Profilbereichen der Schulen, die sich idealerweise gut ergänzen sollten – zum Nutzen der SchülerInnen! Kooperationen mit lokalen Hochschu-len bieten ebenfalls Unterstützungspotentiale, bei-spielsweise auf ökonomisch-fachwissenschaftlicher Ebene. Ich arbeite zum Beispiel mit Hochschulen wie der European Business School oder der Hochschule Geisenheim zusammen.

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KMU bieten oft kostenfreie Workshops an, zum Beispiel zu Kreativitätstechniken oder zur wirtschaftlichen Analyse. Stiftungen wie die Friedrich-Ebert-Stiftung führen Workshops zu volkswirtschaftlichen Themen durch. Das RKW Kompetenzzentrum berät bei der Planung und Realisierung einer Veranstaltung in der „Gründerwoche Deutschland“. Banken beraten Wett-bewerbsteams bei der Erstellung eines Businessplans bei kniffligen Fragen zur Finanzierung. Auch die Kam-mern stehen SchülerInnen mit Ihrem Expertenwissen sehr hilfreich zur Seite.

Etwas ist spannend zu beobachten: Die Projekt-Zusammenarbeit mit den FachkollegInnen verhilft zu einem verbesserten Schul-Spirit, und dies geschieht völlig natürlich durch die projektzentrierte Kommu-nikation und Kooperation. Und auch die Teamkom-petenz der SchülerInnen steigt, denn Sie beobachten genau, wie Lehrkräfte mit Unternehmens- oder Hoch-schul- ExpertInnen kooperieren.

Wie kann man einsteigen? Es gibt sehr viele gut geeignete Wettbewerbe und Planspiele. Anmelden kann man sich problemlos übers Internet. Einen Überblick über geeignete Wett-bewerbe sehen Sie in der Fußnote1. Alle Wettbewerbe haben informative Homepages und liefern gute Infor-mationen und Materialien.

Das Schülerfirmenprogramm IW JUNIOR zum Bei-spiel kann als eher praktisch orientierter Wettbe-werb mit den drei Unterprogrammen Basic, Advanced und Expert schon ab der 5. Klasse eingesetzt wer-den. Jugend gründet ist für SchülerInnen der 9. bis 11. Klasse geeignet. IW JUNIOR und Jugend gründet dau-ern ein Jahr, sind klar untergliedert und spiegeln Etap-pen „realer“ Gründungen wider. Die Zwischenfinale der beiden Wettbewerbe bieten Coaching, Beratung und Kontakte, vor allem aber Motivation und Erfah-rungen. Die sehr erlebnisreichen Final-Runden bieten den SchülerInnen Präsentations-, Kommunikations- und Wettbewerbs-Erfahrung auf höchstem Niveau.

Ein sehr anspruchsvolles Wirtschaftsprojekt für Sekundarstufe II ist business@school, die Bildungs-initiative der Boston Consulting Group. In drei Pha-sen werden jeweils große Unternehmen, kleine lokale Firmen und eine eigene Unternehmensidee unter-sucht. Die vier- bis sechsköpfigen Schülerteams wer-den dabei von professionellen Betreuern aus der Wirtschaft individuell gecoacht – ein ganz besonders intensives Projekterleben.

Mein Tipp: Suchen Sie sich ein bis zwei KollegInnen und eine Klasse oder Gruppe motivierter SchülerInnen – und probieren Sie es einfach von unteren Klassen aufbauend einmal aus! Nach einem Jahr Projekter-fahrung kann man dann systematisch die Erkennt-nisse reflektieren und bei der erneuten Teilnahme mit einem weiteren Schülerjahrgang einfließen las-sen. Hat man einmal eine Jahresrunde geschafft, ist es sehr hilfreich, wenn die Vorjahresteams als „Schü-ler-Senioren“ in eine neue Rolle schlüpfen: Nun kön-nen sie „ihre Teams“ coachen – mit entsprechenden Vorteilen! Auch Kreativitäts- und Präsentations-Trai-nings können später durch Senioren geleitet werden. Das entlastet die Lehrkraft und wir können uns auf die Projektsteuerung und Rolle als „Coach“ konzentrieren.

Wie ist die neue Lehrerrolle? Durch den Lehrer-Coach oder externe ExpertInnen wird im Jahresverlauf das notwendige Wirtschafts-wissen vermittelt, ganz klassisch im Unterricht oder in wöchentlichen, 90minütigen Meetings auf freiwil-liger Basis. Materialien dazu bieten fast alle Wettbe-werbe an.

Die Aufgabe des Lehrers als Coach definiert sich in die-sen Projekten im Vergleich zum „klassischen Unter-richt“ ganz anders: Nicht als Anleiter, Gestalter oder Vermittler von Wissen im Auftrag der Lehrpläne des Landes – sondern als Coach, der wichtiges, benötigtes Wissen strukturiert anbietet. Ein großer Unterschied – Sie werden es für sich selbst bemerken und wahr-scheinlich auch in Ihrem Unterricht positive Verände-rungen spüren.

1 Zum Beispiel: www.bundeswettbewerbe.de/wettbewerbe, www.schule-bw.de/aktuelles/wettbewerbe, www.bildungsserver.de/wettbew.html, www.unternehmergeist-macht-schule.de/DE/Initiativen/initiativen_node.html, www.kmk.org/bildung-schule/allgemeine-bildung/ sonstiges-einzelfragen/schueler-und-jugendwettbewerbe.html

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Spannend wird es besonders bei teaminternen Schwierigkeiten, dann bin ich zum Beispiel als „Psy-cho-Coach“ oder „Mental-Trainer“ gefragt, oder auch als Begleiter im eigenverantwortlichen Prozess der Team- und Produktidee-Findung, als Vermittler von externen Kontakten, oder zentral als „Motivator in Hängephasen“. Die Lehrkraft wird hier zum Berater, Trainer, Coach – also zum weniger autoritär erlebten „Lehrer-Freund“.

Wie unterstützen Eltern und Unternehmenspaten? Eltern werden in diesen Projekten zum Berater, Betreuer, Unternehmenspaten, Partner. Wichtig ist zum Beispiel eine gute Kommunikation mit und Infor-mation für die Eltern. Die Erziehungsberechtigten werden regelmäßig per Mail informiert, der Projekt-Coach präsentiert mindestens einmal im Jahr beim Schulelternbeirat die Erfahrungen, Ergebnisse, Feed-backs. Denn auch die Eltern werden von den Schü-lerInnen anders wahrgenommen, sie werden durch die eigenverantwortliche, freie Projektarbeit gerne als Unternehmenspaten der Teams genutzt. Eigene Erfahrungen der SchülerInnen werden mit den Berufs-erfahrungen der Eltern verglichen und es entsteht eine neue Kommunikation. Eltern werden als gleich-wertige Partner ganz neu erlebt.

Herausragende Bedeutung bei den Jahresprojekten haben die von den SchülerInnen selbst gewählten Unternehmenspaten als Coaches. Viele dieser Paten begegnen den SchülerInnen unverkrampft, wer-den als „Helden, Vorbild, Berater, Trainer“ erlebt. Sie können die SchülerInnen ganz anders, direkter, als externe „Autorität“ begleiten und beraten. Entlastend und überraschend für Lehrkräfte und SchülerInnen ist, dass oft die Trainer auch nicht alles wissen. Aber sie bilden eine menschliche, feste Brücke zur Wirtschafts- und Arbeitswelt – zentral für die neue Motivation in der Entrepreneurship Education.

Wie baue ich die Wettbewerbe konkret und möglichst systematisch auf?Die Basis ist weiterhin der Unterricht im Fach Politik, Wirtschaft und/ oder angrenzender Fächer. Hilfreich ist die Institutionalisierung einer jährlichen „Wirt-schaftswoche“, zum Beispiel ab Klasse 9 oder 10 mit den Systemplanspielen ÖKOWI und WIWAG. Sie wer-den zum Teil von den Ländern im Rahmen der poli-tisch-ökonomischen Bildung angeboten und führen im Konzept eines selbständigen, computerbasierten Lernens systematisch in Grundlagen der Wirtschaft und Politik ein. Fragen Sie bei den jeweiligen Lan-deszentralen nach. Vielleicht möchten Sie die Pro-jektarbeit in den Systemplanspielen ergänzen durch externe Fachvorträge von Unternehmen oder Hoch-schulen der Region? Das kommt besonders gut bei SchülerInnen an und hilft bei der fachlichen Vertie-fung einzelner Themen!

In unserem BIRCH2-Konzept bauen wir die Kenntnisse und Fähigkeiten der SchülerInnen spiralcurricular ab Klasse 10 in Stufen systematisch auf. Wir beginnen mit Jugend gründet oder IW JUNIOR in der 10. Klasse und nutzen dann in der 11. Klasse den Wettbewerb Deutscher Gründerpreis für Schüler oder das Jahres-projekt business@school.

Beim Deutschen Gründerpreis für Schüler werden in einem neunstufigen Aufbau den Schülerteams per Mail neun Aufgaben gesendet, die strukturiert durch alle Stufen einer professionellen Business-Plan-Ent-wicklung führen. Im Ergebnis haben die Teams im Laufe des Jahres-Projekts eine eigene Businessidee entwickelt und dazu einen recht genauen Business-plan mit Marktrecherche, externer Präsentation und Feedback (s. oben). Diese Module bauen zum Teil sehr stark auf Kooperation mit den MINT-Kollegen der Schule auf, denn häufig werden neue, technisch anspruchsvolle Ideen „erfunden“, die der Beratung durch die FachkollegInnen und der Unterstützung der lokalen Unternehmen und Hochschulen bedürfen. Versuchen Sie es, Sie werden besonders extern schnell MitstreiterInnen finden!

2 23. März 2015: Urkunde von OECD und Europ. Kommission für Business Projekt „BIRCH“ (Business-Innovation-Responsibility- Communication@Hansenberg). Laut OECD und Europ. Kommission ist „BIRCH“ ausgezeichnet als „…top twenty, most inspiring project in entrepreneurship education in Europe…”. Besonders schlüssig erschien der Jury der modular-flexible, gestufte, konsistent-hierarchische Aufbau, und der Einbezug externer Netzwerke. Quelle: www.hansenberg.de/aktuelles/chronik/artikel.php?id=2918

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Was ist das Ergebnis? Ist das Modell übertragbar? Und was habe ich davon?Im Ergebnis kann man feststellen, dass Planspiele und Wettbewerbe sehr hilfreich zur Zukunftsgestaltung der Jugend genutzt werden können. Aufgrund des systematischen, modular gestuften Konzepts lässt sich dieses Modell entsprechend angepasst auf ver-gleichbare Schulen übertragen. Einzelne Teile können modular aufgenommen oder je nach Ressourcenlage gekürzt werden. Viele Aktivitäten sind bei gegebenen personellen, finanziellen und sachlichen Vorausset-zungen auch in anderen Schulen sehr gut möglich, zum Beispiel in der Sekundarstufe I oder II. Sie können auch durch andere Projekte leicht ergänzt, erweitert oder ersetzt werden.

Entrepreneurship Education, verstanden als breites Konzept des mündigen, selbständigen, sozialen, kre-ativen, verantwortungsvollen und zukunftsorien-tierten Denkens und Handelns, lässt sich somit also besonders gut umsetzen mit Hilfe der bereits genann-ten Wirtschafts-Projekte (Kirchner/ Loerwald 2014). Es kommt einzig auf den ersten Versuch an! Klar ist, dass die Schulleitung dahinter stehen muss und mindes-tens zwei Stunden Entlastung notwendig sind. Klar ist auch: Es ist viel zusätzliche Arbeit! Aber es gibt auch unglaublich viel Zusatz-Motivation und Anerkennung für uns Lehrkräfte!

SchülerInnen der Mittel- und Oberstufe bereiten sich auf vielfältige Weise auf Berufsausbildung, Praktika, Studium und Berufsleben vor. Dazu bedarf es gründ-lichen Fachwissens und klarer Methodik, aber auch sozialer und personeller Schüssel-Kompetenzen. Diese sind mit systematisch gestuften, spiralcurricu-lar angelegten Jahres-Wettbewerbs-Projekten gut zu erschließen (Bijedic 2013). Wissenschaftliche Studien und persönliches Alumni-Feedback zeigen, wie nach-haltig diese Schlüsselfaktoren im persönlichen und beruflichen Entwicklungsprozess wirken (Heil 2009). Es kommt also primär auf den Willen zum Probieren und die Experimentierlust der PädagogInnen an. Der erste Schritt ist immer der Schwierigste, auch in der Schule. Aber es kann der erste Schritt zu einer glück-lichen Reise werden. Ich antworte abschließend also auf meinen ehemaligen Schüler Garry Spanz: Ja, die Wettbewerbe haben auch mein Leben verändert. Als Lehrer, Coach, Motivator und „Lehrer-Freund“. Ich bin sehr glücklich darüber!

LiteraturverzeichnisTeita Bijedic (2013): Unternehmerisch handeln macht Schule. Entrepreneurship Education in der Sek. II, Zeitschrift für ökonomische Bildung. Nr. 901/2013, S. 44-72.

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Katharina Heil (2009): Ergebnisse der Absolventenbefragung der Internatsschule Schloss Hansenberg, ZBH Johannes Gutenberg-Universität Mainz, S. 27

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Wikipedia (2015): Entrepreneurship education, https://en.wikipedia.org/wiki/Entrepreneurship_education

Autor: Paul Rauh ist Lehrer an der Internatsschule Schloss Hansenberg

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28 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Ein Grund für das Scheitern von Unternehmen ist die mangelhafte Planung der Geschäftskonzeption.

Gründungserziehung mit dem Business Model Canvas

Zur Bedeutung von Gründungsaktivitäten in Deutschland

Chris Howland sagte einst: „Das schwerste an einer Idee ist nicht, sie zu haben sondern zu erkennen, ob sie gut ist.“ (Howland 2014) Gegenwärtig werden in Deutschland jedoch viele Ideen für die Gründung eines Unternehmens weder wahrgenommen noch umgesetzt (vgl. Sternberg u.a., 2013: 12ff.). Angesichts dieses fehlenden Unternehmergeistes ist es nicht überraschend, dass Deutschland mit einer Quote von fünf Prozent lediglich Rang 22 der 26 innovationsba-sierten Länder im Bereich der Unternehmensgründun-gen belegt (vgl. ebd.). Diesen wird aber eine zentrale Schlüsselrolle im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zugesprochen, da sie die Wettbewerbs-fähigkeit sowie Produktivität und Arbeitsplätz sichern bzw. neu schaffen (vgl. Europäische Kommission 2013: 3; Wiepcke 2004: 291).

Verstärkt wird die missliche Lage der geringen Grün-dungsquote durch eine vergleichsweise höhere Anzahl an Unternehmensliquidationen und dem daraus resultierenden negativen Gründungssaldo (vgl. BMWi 2014: 2). Besonders betroffen sind dabei Neugründun-gen (vgl. Egeln u.a. 2010: 2). Bereits nach einem Jahr schließen zehn bis 15 Prozent, nach drei Jahren existie-ren nur noch rund 50 bis 70 Prozent der neu errichte-ten Unternehmen (vgl. Hofert 2012: 78; Metzger u.a. 2014: 20). Ursache ist jedoch oft nicht die Geschäfts-idee selbst, sondern vielmehr, dass die Ideen nicht ein-gehendst geprüft werden. Ein Grund für das Scheitern von Unternehmen ist die mangelhafte Planung der Geschäftskonzeption (vgl. Hofert 2012; Singler 2010: 10).

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Das Business Modell Canvas ermöglicht eine sorg-fältige und fundierte Erarbeitung der Geschäftsidee und kann einen Beitrag dazu leisten, der mangeln-den Planung von Geschäftskonzepten entgegenzu-wirken (vgl. Osterwalder/Pigneur 2011). Fachliche und professionelle Unterstützung bei der Erstellung eines Business Modell Canvas erhalten GründerInnen ins-besondere im Rahmen von Wettbewerben, die neben der Bewertung und systematischen Förderung weit-reichende Kontakte zur Verfügung stellen und somit nochmals das Gründungsrisiko verringern (vgl. Bruns 2010: 56; Knyphausen-Aufseß zu/Stadtler 2011: 505). Diese Wettbewerbe sind jedoch nicht nur für gegen-wärtige GründerInnen, sondern auch für zukünftigen Nachwuchs im Rahmen einer Entrepreneurship Edu-cation zur Förderung des Unternehmergeists und des unternehmerischen Denken und Handelns, relevant (vgl. Kaminski u.a. 2011: 143f.; Wiepcke 2008: 270).

Im folgenden Beitrag wird das Business Modell Can-vas als Instrument einer systematischen Beschreibung des Geschäftsmodells vorgestellt.

Die Konzeption des Business Model Canvas Das Business Model Canvas ist ein Instrument des strategischen Managements zur Dokumentation und Weiterentwicklung von bestehenden und zur Gene-rierung von neuen Geschäftsmodellen (vgl. Kapteyn 2012:2). Bestehende Geschäfte werden analysiert, Vergleiche zu Konkurrenten ermöglicht und Optimie-rungspotenziale zur systematischen Modifizierung und Konzeption neuer Geschäftsideen ermittelt (vgl. BPW Businessplan Berlin-Brandenburg 2014a:49). Ursprünglich gründet das Canvas auf dem European Foundation for Quality Management-Modell, kurz EFQM, das der Beschreibung von Geschäftsmodel-len dient und bereits seit 15 Jahren eine ganzheitliche Sicht auf Organisationen ermöglicht, indem es Stär-ken und Verbesserungspotenziale für die Optimierung des Geschäftserfolgs ermittelt (vgl. EFQM 2015).

Ein Geschäftsmodell beschreibt die Logik eines Unter-nehmens, indem es die Beziehungen der Elemente untereinander verdeutlicht und dokumentiert, wie ein Unternehmen zur Generierung eines wirtschaft-lichen und anhaltenden Einkommens Werte schafft,

anbietet und erfasst (vgl. Bieger/Reinhold 2011: 16, Osterwalder/Pigneur 2011: 18f.). Folglich versucht das Business Model Canvas aufzuzeigen, wie und in wel-chen Bereichen mithilfe der Gründungsidee finanzi-elle Mittel erzeugt werden können (vgl. ebd.).

Inhaltlich umfasst das Canvas die vier zentralen Berei-che Kundschaft, Angebot, Infrastruktur sowie Finan-zen, denen neun einzelne Bausteine zugeordnet werden können (vgl. Osterwalder/ Pigneur 2011: 19ff.; Blank 2013: 26). Die Zielgruppe ist dabei das Kern-stück des Canvas, in der die spezifische Kundschaft beschrieben wird. Das Wertangebot, das zur Befrie-digung der Bedürfnisse geschaffen und als Ursache für oder gegen einen Einkauf bei einem Unterneh-men gilt, verdeutlicht schließlich den Kundennutzen, der qualitativ oder quantitativ sein kann. Über diverse Kanäle können Unternehmen die zuvor ermittelte Zielgruppe erreichen, um das Wertangebot zu vermit-teln und somit eine Schnittstelle zwischen Kundschaft und Unternehmen, die Kundenbeziehung, schaffen. Aus jedem Kundensegment erzielt das Unterneh-men mithilfe des Wertangebots Einnahmen. Neben der Bedienung des Marktes muss das Unternehmen das Wertangebot mithilfe der Schlüsselressourcen, der notwendigen Wirtschaftsgüter und der Schlüs-selaktivitäten den wesentlichen Handlungen schaf-fen. Schlüsselressourcen und -aktivitäten können im Unternehmen vorhanden sein oder von Schlüsselpart-nerInnen übernommen werden. Bei der Ausführung der Produktion fallen Kosten an.

Schließlich agiert das Business Model Canvas inhalt-lich, aufgrund der Position der Kundschaft in der Mitte des Geschäftsmodells, der entsprechenden Konzen-tration auf Kundenprobleme und dem kontinuierli-chen Einnehmen der Kundenperspektive, vorrangig markt- und kundenorientiert (vgl. Blank 2013: 28ff.). Gleichzeitig verdeutlicht das Canvas anhand einer ganzheitlichen Perspektive die Interdependenzen der einzelnen Bereiche, vernachlässigt jedoch angesichts ihrer Einfachheit insbesondere im Bereich der Kosten und Einnahmen zentrale Kennzahlen, wie den Cash Flow, und bedingt somit eine potenzielle Oberfläch-lichkeit im Rahmen der Finanzen (vgl. Osterwalder/ Pigneur 2011: 45).

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30 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Konzeptionell gründet das Business Model Canvas auf einer agilen Arbeitsweise, die laterales Denken erfor-dert (vgl. Blank 2013: 28; BPW Berlin-Brandenburg 2014b). In Bezug auf die Geschäftsidee müssen zur Erstellung des Business Model Canvas verschiedene Denk- und Wahrnehmungsperspektiven eingenom-men werden. Im Gegensatz zum linearen Denken, das kontinuierlich Schritt für Schritt zum Beispiel bei der Erstellung des Businessplans verläuft, wer-den bei der nichtlinearen lateralen Vorgehensweise vorliegende Informationen subjektiv bewertet und selektiv verwendet (vgl. Honig 2004: 261; Blank 2013: 28). Das Business Model Canvas lässt gedankliche Sprünge und Assoziationen zu, Rahmenbedingungen sind im Zeitverlauf veränderbar, konventionelle Denk-muster werden in Frage gestellt, so dass auch nach einer unwahrscheinlichen Lösung für ein Problem gesucht werden kann (de Bono 2010). Dadurch kann die Geschäftsidee kontinuierlich, schnell und flexibel in Hinblick auf potenzielle Veränderungen der Unter-nehmen weiterentwickelt und auf Erfolg geprüft wer-den (vgl. Blank 2013: 28; Osterwalder/Pigneur 2011: 250ff.). Die kurzen Bearbeitungszyklen und kontinuier-lichen Überprüfungen in Hinblick auf den gegenwärti-gen Markt zeigen das Misslingen einer Idee schnell auf und verhindern bereits vor der kostenintensiven Ein-führung des Produktes ein Scheitern.

Ausschlaggebend für einen Einsatz des Business Model Canvas gegenüber dem konventionellen Busi-nessplan ist die optimale Passung an moderne Rah-menbedingungen (vgl. Blank 2013: 30; Faltin 2014: 155f.; Krafft u.a. 2005: 246; 366f.). Demgegenüber kann das Business Model Canvas, obgleich des konzeptionel-len Potenzials, den traditionellen Businessplan nicht ersetzen. So ergibt sich kein entsprechend im Canvas ausgewiesener Baustein für die Zusammenfassung, Unterlagen und die Risikoanalyse des Businessplans (vgl. Osterwalder/Pigneur 2011: 19ff.; Nagl 2014: 2ff.). Diese ausführliche Dokumentation der Finanzen ist allerdings für die detaillierte Planung und die Über-zeugung potenzieller Kapitalgeber fundamental (vgl. Hofert 2012: 226; Faltin 2014: 155). Dem ungeachtet kann die umfassende Ausarbeitung der Gründungs-idee im Canvas aber eine bedeutende Grundlage für die Erarbeitung des nachfolgenden Businessplans sein.

Einsatz in der Gründungserziehung: Hand-lungsorientierung und erfahrungsbasiertes Lernen mit Hilfe des Business Modell Canvas Das Business Model Canvas fundiert, aufgrund ihrer einfachen, intuitiv verständlichen, praxisorientier-ten, dynamischen und iterativen Vorgehensweise auf dem experimentellen, erfahrungsbasierten und hand-lungsorientierten Lernen (vgl. Blank 2013: 28; Honig 2004: 265).

Der in der Entrepreneurship Education-Forschung geforderte handlungsorientierte Unterricht zur För-derung der Selbständigkeit ist ein „ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem [...] das Hand-lungsprodukt [die Business Model Canvas], [...] den Unterrichtsprozess leitet und über die vollständige Ausführung der Handlung [durch die spezifische ganzheitliche Vorgehensweise der Canvas] entsteht“. (Jank/Meyer 2009: 315)

Dementsprechend wechseln die SchülerInnen zwi-schen der konkreten Handlung und Reflexion, die ins-besondere in der Phase der Ausführung der Handlung durch Erfahrungen angereichert wird (vgl. Arndt 2013: 43; Mittelstädt/Wiepcke 2013: 28ff.).

Aufbauend auf den sinnlich-ganzheitlichen Erlebnis-sen in der Erstellung des Canvas werden die Inhalte im Rahmen konkreter lebenspraktischer Interaktionen über Kommunikation, Visualisierung, Ausprobieren und Experimentieren erleb- und erfahrbar gemacht, sodass sich das Business Model Canvas unmittelbar auf die gestiegenen Anforderungen der modernen Wirtschaft bezieht (vgl. Mittelstädt/Wiepcke 2013: 29f.).

Eingebettet in den Prozess der vollständigen Handlungsorientierung (vgl. Abb. 3) werden mit der Erstellung des Business Model Canvas die Phasen wie folgt durchlaufen (Mittelstädt/Wiepcke 2013: 26ff.).

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Insgesamt werden ausgehend von den visualisier-ten Hypothesen durch aktives Experimentieren, Aus-probieren und Erforschen wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse für die Geschäftsidee erlebbar gemacht, abgeleitet, evaluiert und über Korrektur bzw. Neuge-staltung durch Verschieben, Ersetzen oder Hinzufü-gen erfolgsversprechend modifiziert, bis kein neuer Zyklus mehr notwendig ist (vgl. Blank 2013: 28ff.; BPW Berlin-Brandenburg 2014b). Folglich ist das Canvas nicht nur eine Leinwand zur vereinfachten Darstel-lung von Ideen und komplexen Zusammenhängen, sondern auch eine gemeinsame Kommunikations-plattform und Arbeitszentrale durch das spielerische Hinzufügen, Abändern oder Entfernen der Haftzettel (vgl. Osterwalder/ Pigneur 2011: 152ff.).

Das Business Modell Canvas kann weiterführend im Rahmen der Schülerfirmenarbeit umgesetzt werden (vgl. König/ Hilbert 2013: 47ff.; 122ff.). Gleichzeitig ist eine Einbettung in einen Gründungs-Wettbewerb möglich (vgl. Knyphausen-Aufseß zu/ Stadtler 2011: 505; Kaminski u.a. 2011: 143ff.). In der Berufsorientie-rung kann das modifizierte Canvas „Business Model You“ von Tim Clark eingesetzt werden, um eigene Stärken und Schwächen und daraus resultierende Berufsalternativen zu identifizieren (vgl. Clark 2013). Allerdings eignet sich diese Konzeption aufgrund des hohen Abstraktionsgrades ausschließlich für die Oberstufe.

Kompetenzförderung mit Hilfe des Business Modell Canvas Angesichts der eingangs beschriebenen Förderung der Handlungsorientierung und dem erfahrungsba-sierten Lernen gelingt es dem Business Model Canvas, ganzheitlich auf der fachlichen, visuellen, handelnden, emotionalen, sozialen und kognitiven Kompetenze-bene zu arbeiten (vgl. Osterwalder/Pigneur 2011: 152ff.; Honig 2004: 261; 265).

Die betriebswirtschaftliche Fachkompetenz kommt aufgrund der vereinfachten Darstellung des Canvas in einem geringen Detaillierungsgrad zur Anwendung. Sie wird jedoch durch das Aufzeigen von Zusammen-hängen innerhalb der Bausteine logisch erfassbar. Die SchülerInnen erwerben betriebswirtschaftliche

Fachkompetenzen wie das Entwerfen einer Geschäft-sidee auf Grundlage einer ökonomischen Handlungs-situation, die Begründung der Entscheidungen zur Wahl der Inhalte, die Erklärung der Abhängigkeiten der einzelnen Bausteine im Rahmen von ökonomi-schen Sinnzusammenhängen und das Verstehen der Rahmenbedingungen der Wirtschaft zur Mitgestal-tung dieser durch die Geschäftsidee (vgl. Aff u.a. 2012: 191; DeGöB 2004: 1f.).

Daneben werden mit dem Business Model Canvas Methoden-, Sozial-, und Persönlichkeitskompeten-zen trainiert. Das Entwickeln einer Geschäftsidee mit Hilfe des Canvas fördert die Risikobereitschaft, indem Annahmen getroffen werden müssen. Die Entschei-dungsfähigkeit wird durch die bedingte Wahl von Alternativen trainiert, mit Hilfe des Prüfens der Ideen wird die Problemlösefähigkeit gefördert. Die Arbeit im Team sowie die Kommunikation untereinander bewirkt Kooperationsfähigkeit, Durchsetzungsver-mögen und Konfliktfähigkeit, die sich vor allem in den Diskussions- und Entscheidungsphasen offenbaren. Durch die selbständige Organisation und Koordina-tion der Arbeit, der Aufgabenstellung und der Metho-dik werden nicht nur das Verantwortungsbewusstsein der SchülerInnen, sondern auch zahlreiche Qualitä-ten von UnternehmerInnen, wie Eigeninitiative, Kre-ativität und Innovationsfähigkeit, Problemlöse- und Entscheidungsfähigkeit sowie Risikobewusstsein, gestärkt (vgl. Ripsas 1997: 229ff.; Aff u.a. 2012: 191 und Pundt 2001: 19f.).

Demgemäß bietet das Business Model Canvas als Grundlage zum traditionellen Businessplan eine aktive, erlebbare und handlungsorientierte Mög-lichkeit zur Förderung zentraler Schlüsselkompeten-zen, wirtschaftswissenschaftlicher Kenntnisse und Zusammenhänge sowie Einstellungen zum unterneh-merischen Denken und Handeln, sodass SchülerInnen nicht nur für die Thematik des Unternehmertums sen-sibilisiert, sondern auch mit dem notwendigen Unter-nehmergeist ausgestattet werden können.

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32 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

A1 Problemstellung

Handlungsziel

A2 Problemanalyse

Information

B1 Problemlösung

B2 Umsetzung

Tun

C1 Sicherung

C2 Reflektion Transfer

1. Informieren

4. Ausführen

2. Planen

3. Entscheiden

6. Auswerten

5. Kontrollieren

Abb. 3: Modell vollständiger Handlungen Quelle: Speth/Berner 2011, 137

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1. InformierenIn der Informationsphase wird das sogenannte Hand-

lungsprodukt, das Business Model Canvas, in ihrem Aufbau und der Funktionsweise (anhand eines an-

schaulichen aktuellen Beispiels) erklärt (vgl. Osterwal-der/Pigneur 2011: 50f.). Es dient als Grundlage für die

nachfolgenden selbständig zu erar-beitenden Phasen.

2. PlanenIn der Planungsphase beginnen die SchülerInnen innerhalb einer heterogen zusammengesetzten

Gruppe mit der Entdeckung einer innovativen und einzigartigen Geschäftsidee (vgl. Osterwalder/ Pig-

neur 2011: 140ff.). Anreiz für die Ideenbildung können Trends der modernen Gesellschaft und daraus resul-tierende potenzielle Probleme sein (vgl. König/Hilbert 2013: 51ff.). Ergänzt wird die Planungsphase durch die Bestimmung und Beschreibung des potenziellen Kun-

densegmentes für die ermittelten Geschäftsideen. Hintergrund ist die starke Markt- und Kundenorien-

tierung des Business Model Canvas, deren Leitprinzip das Einnehmen der Kundenperspektive ist (vgl. Oster-

walder/Pigneur 2011: 130ff.;146).

3. EntscheidenAus den in der Planungsphase entstandenen und bereits vorselektierten Ideen wird in der Entschei-dungsphase eine Auswahl für eine konkrete Idee

getroffen, die im Folgenden mit Hilfe des Business Model Canvas abgebildet wird (vgl. König/ Hilbert

2013: 52; Osterwalder/Pigneur 2011: 146).

4. AusführenDas Business Model Canvas wird anhand der getrof-

fenen Entscheidung ausgearbeitet. Dazu erhalten die SchülerInnen das Canvas im A0-Format und

erarbeiten sich die einzelnen Bereiche beginnend beim Wertangebot durch die gegebenen Fragen und Anregungen (vgl. Kapteyn 2012: 9). Auslöser für Ideen bzgl. des Geschäftsmodells sind Beobachtungen und

Erfahrungen der SchülerInnenwelt innerhalb und außerhalb der Unternehmensrealität (vgl. Blank 2013:

28ff.; Osterwalder/Pigneur 2011: 152ff.)

5. KontrollierenIn der Kontrollphase wird das Canvas im Klassen-plenum vorgestellt und anhand von explorativen

Diskussionen im Plenum durch Anregungen, Rück-meldungen und Irritationen von MitschülerInnen

zum Beispiel durch Post-Its auf das Canvas visualisiert (vgl. ebd.).

6. AuswertenIn der letzten Phase wird reflektiert, ob die Geschäft-

sidee zum Erfolg führen kann (vgl. Osterwalder/Pigneur 2011: 250ff.). Es wird geprüft, ob es in den ein-zelnen Phasen Optimierungsbedarf gibt und das Busi-

ness Modell Canvas ggf. überarbeitet werden muss (vgl. Kapteyn 2012: 10). Hinsichtlich des Lernerfolges sollte geprüft werden, was die SchülerInnen gelernt haben und ob eine Verhaltensänderung aufgetreten

ist.

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34 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

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Autorinnen: Prof. Dr. Claudia Wiepcke, Wirtschaftswissenschaften und ihre Didaktik, Pädagogische Hochschule Weingarten

Nadja Stohr, Mitarbeiterin im Bereich Wirtschaftswissenschaften und ihre Didaktik, Pädagogische Hochschule Weingarten

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36 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Wirtschafts- und Unternehmensethik in der ökonomischen und politischen Bildung Ein fachdidaktisches Projekt zur Entwicklung

exemplarischer Curriculumbausteine

Fairness und Gerechtigkeit, aber auch „Lug und Trug“Ist Versicherungsbetrug tatsächlich ein Volkssport ohne Nebenwirkungen? Welche ethischen Normen und Werte sollten von der Werbung beachtet wer-den, wie viel Freiheit kann sie für sich reklamieren? Wer gewährleistet in der Marktwirtschaft den fairen Wettbewerb? Ist ethisches Investment gut fürs Gewis-sen, aber schlecht für die Rendite? Sind Plagiate eine moderne Form von Piraterie oder die Triebfeder wirt-schaftlicher Entwicklung? Sorgen Ombudsmann-Ver-fahren für Waffengleichheit zwischen Unternehmen und Kunde? Sind Whistleblower gemeine Verräter oder moralische Helden? Gibt es im harten globalen Wettbewerb der Unternehmen überhaupt genügend Raum für die Ethik? Wo ist in einer Marktwirtschaft der richtige Platz für verantwortliches Handeln?

Aktuelle Fragen der Wirtschaftsethik treffen die Inte-ressen junger Menschen. Im Jahre 1996 legte eine Gruppe um den St. Gallener Wirtschaftsethiker Peter Ulrich 24 Unterrichtsmodule zu diesem Themenkreis vor, die damals viel beachtet wurden, jedoch inzwi-schen vergriffen und daher heute schwer zugänglich sowie von der zwischenzeitlichen Entwicklung in Wirt-schaft und Unternehmen längst überholt sind. Ziel des ethos-Projekts ist daher die Entwicklung aktueller und innovativer Unterrichtseinheiten zur Wirtschafts- und Unternehmensethik, die sich möglichst nahtlos in die ökonomische und politische Bildung in der Sekun-darstufe II einpassen. Die Entwicklung und Erpro-bung der Module wird großzügig gefördert durch die

Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik (www.wer-tevolle-zukunft.de) sowie durch die Deutsche Stiftung für Warenlehre in Tübingen.

Jeder ethos-Baustein skizziert ein in sich abge-schlossenes Unterrichtsvorhaben für die ökonomi-sche und politische Bildung in der Sekundarstufe II, und zwar sowohl in der gymnasialen Oberstufe wie in der beruflichen Bildung. Möglich ist auch der Ein-satz im Rahmen der kaufmännischen und politischen Erwachsenenbildung.

Ziele des ProjektsAnspruchsvolles Bildungsziel ist eine verbesserte moralische Urteils- und Handlungskompetenz im Bereich der Wirtschaft. Eine gesellschaftliche Urteils-kraft zeichnet sich unter anderem durch die Fähigkeit aus, unterscheiden zu können: Wo, in welchem gesell-schaftlichen Teilsystem und Zusammenhang befinde ich mich gerade? Ein zentrales, in jedem Modul wie-derkehrendes Instrument ist die Topologie „Orte der Moral“ in der Marktwirtschaft. Abbildung 4 gibt ein immer wiederkehrendes Strukturierungsschema für wirtschaftsethisches Denken. Die Besonderheit des Falles (Kasuistik) kann in eine allgemeine Struk-tur begrifflich eingeordnet werden. Sie wurde in der Urfassung von Peter Ulrich (1997) entwickelt und von Thomas Retzmann (2006) ergänzt.

In Seminaren mit Lehramtsstudierenden hat sich diese Strukturierung der Orte der Moral in der Marktwirtschaft als ein außerordentlich nützliches

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Wirtschaftsbürger Markt

staatlich gesetzliche

Rahmenordnung

Internationale NRO

kritische Öffentlichkeit

kritische Loyalität (als Rollenträger)

Anreize Lenkung

Innovationen

Restriktionen

öffentliche Aufmerksamkeit

republikanisches Ethos

ordnungspolitische Mitverantwortung

Verp

flich

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Mitg

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Unternehmung

Unternehmens- verbände

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Legitimation

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Abb. 4: Curriculare Systematik: Orte der Moral in der Marktwirtschaft – eine TopologieQuelle: Retzmann 2006, S. 298.

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38 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Strukturierungsinstrument bewährt. Allerdings muss es flexibel gehandhabt und auf das jeweilige Pro-blemfeld angepasst werden. Dies geschieht in den ethos-Bausteinen

Themen der Projekt-BausteineDie Bausteine greifen aktuelle Problemstellungen, Fallkonstellationen und Handlungssituationen auf:

1) Cold Calling – Belästigung durch unerwünschte Telefonwerbung.

2) Soziale Dilemmata – Wenn Eigennutz im Widerspruch zum Gemeinwohl steht!

3) Ethisches Investment – Mein Geld für die nachhaltige Entwicklung?

4) Der Markt für illegale Drogen – Drogen als Ware und der Staat als Drogenhändler?

5) Produkt- und Markenpiraterie – Fluch der Marktwirtschaft?

6) Versicherungsbetrug – Volkssport ohne Nebenwirkungen?

7) Der Deutsche Werberat – eine Erfolgsstory für die Ethik in der Werbung?

8) Whistleblowing – Verrat oder verantwortliches Handeln?

9) Ombudsmann-Verfahren – Waffengleichheit zwischen Unternehmen und Kunden?

10) CSR – Corporate Social Responsibility: Wie gewährleisten Hersteller Sozial- und Umweltstandards bei Zulieferern?

11) Anbieter im CSR-Test: Unternehmenspolitik und -verhalten auf dem ethischen Prüfstand.

12) Patente für lebenswichtige Medikamente – Lebensretter oder Todesurteil für Erkrankte?

13) Compliance Management – Was können Unternehmen tun, damit sich die MitarbeiterIn-nen an die Gesetze und Regeln halten?

14) Anti-Corporate Campaigns – Weiße Westen für Konsumenten und Bürger?

15) Sozial-ökologische Produktsiegel: Verbrauchertäuschung oder vertrauenswürdige Information?

Alle Bausteine können kostenlos von der Seite www.ethos-wirtschaft.de heruntergeladen werden. Lehre-rInnen, die Interesse haben, einen ethos-Baustein in ihrer Schule zu erproben und darüber zu berichten, nehmen bitte Kontakt zu den Herausgebern auf.

Aufbau und Inhalt der BausteineDie Bausteine sind einheitlich aufgebaut: Nach einem informativen Überblick über den Inhalt und einer Einstimmung in die Thematik folgt eine problem-orientierte Sachanalyse mit den wichtigsten fach-wissenschaftlichen Grundlagen. Die anschließende fachdidaktische Analyse erläutert die Unterrichtspla-nung und stellt den vorgesehenen Unterrichtsverlauf dar. Der Schwerpunkt der Bausteine liegt auf gut struk-turierten und einsatzfertigen Unterrichtsmaterialien.

Praxisbezug wird bei allen Bausteinen groß geschrie-ben. SchülerInnenaktivierende Methoden wie die Praxiserkundung oder Rollen- und Planspiele ermögli-chen eine handlungsorientierte Problembearbeitung.

Bilanz und Perspektiven des ethos-ProjektsIn der Entwicklungsarbeit hat sich gezeigt, dass die Kasuistik (Fallarbeit) in der Wirtschaftspädagogik zwar seit Jahrzehnten als Königsmethode gefordert wird, aber offenbar wenig geübt ist. Es gibt auch kaum Anleitungen für Fachlehrkräfte zur Entwicklung einer dafür erforderlichen narrativen Kompetenz: Wie kann ein Fall mündlich spannungsvoll und facettenreich präsentiert werden? Wie muss die schriftliche oder mediale Präsentation eines Falles ausgestaltet sein, um weder zu über- noch zu unterfordern? Wie lässt sich methodisch mit Fällen arbeiten, damit sie mehr als ein „Aufhänger“ zur (vermeintlichen) Motivation zu Beginn einer Unterrichtseinheit sind?

Der Einsatz der Module wirft immer wieder interes-sante Fragen einer pädagogischen Ethik auf. Ist es beispielsweise zulässig, vom Deutschen Werberat indizierte „Schockwerbung“ im Unterricht zu zeigen?

Eine nächste curriculare Entwicklungsaufgabe ist die Reduktion der Komplexität, um das Themengebiet der Wirtschafts- und Unternehmensethik für einen Ein-satz in der Sekundarstufe I zugänglich zu machen.

„Moral predigen ist leicht, Moral begründen schwer!“

– Arthur Schopenhauer –

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Künftig möchten wir auch die interkulturelle Dimen-sion wirtschaftsethischer Fragestellungen erschlie-ßen. Gibt es unterschiedliche Wirtschaftsstile? Diese Frage wird in einer globalen Wirtschaft zunehmend wichtiger, wie die vielen interkulturellen Manage-ment-Ratgeber zeigen. Eine versuchsweise Adaption in englischer Sprache von ein oder zwei Modulen ist geplant. Dadurch wird eine interkulturelle Erprobung möglich, zum Beispiel über ein E-Mail-Austauschpro-jekt zwischen Schulklassen. Beispielswiese wäre es sehr interessant, mit Studierenden oder einer Partner-schule in China über Produkt- und Markenpiraterie zu diskutieren. Diese Bausteine könnten auch im bilingu-alen Sachfachunterricht eingesetzt werden.

Es ist eine immer wiederkehrende Erfahrung, dass wesentliche Teile der ökonomischen Bildung – im Interesse der SchülerInnen – zunächst gut daran tun, unpolitisch zu bleiben. In allen Modulen drängt sich die Frage nach der Gestaltung einer Rahmenordnung und von Regeln für eine gute Wirtschaft früher oder später quasi „von selbst“ auf. Es gilt, das nicht-hierar-chische Verhältnis der gesellschaftlichen Teilbereiche zu beachten. Ökonomische Bildung ist auch dann ein Beitrag zur politischen Bildung, wenn sie nicht politi-siert. Zumindest kann sie deren fachliches Fundament sein, damit die darauf aufsetzende politische Bildung besser gelingt. Angesichts der aktuellen Auseinander-setzung um ein eigenes Fach: Es ist immer wieder fas-zinierend zu erleben, wie jungen Menschen, seien es SchülerInnen, seien es Studierende, über wirtschaft-sethische Fragen zu einer vertieften „Politisierung“ gelangen.

Literaturverzeichnis Retzmann, Thomas (2006): Didaktik der berufsmora-lischen Bildung in Wirtschaft und Verwaltung. Eine fachdidaktische Studie zur Innovation der kaufmänni-schen Berufsbildung. Norderstedt

Ulrich, Peter [Hrsg.]/Büscher, Martin/Matthiesen, Kai H./Sarasin, Charles [Autoren] (1996): Ethik in Wirt-schaft und Gesellschaft. 24 Lehreinheiten zu Grund-fragen des Wirtschaftens, Lebens und Arbeitens. Aarau

Ulrich, Peter (1997): Integrative Wirtschaftsethik. Grundlagen einer lebensdienlichen Ökonomie. 3. Aufl., Bern

Von der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT ausgezeichnet als "Schulbuch des Jahres - Ökonomische Bildung 2014/15".

Die Autoren: Thomas Retzmann, geb. 1963, Dr. rer. pol., Diplom-Handelslehrer, Professor für Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsdidaktik an der Universität Duisburg-Essen, Campus Essen

Tilman Grammes, geb. 1957, Dr. phil., M. A., Professor für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Didaktik sozialwissenschaftlicher Fächer/Politikdidaktik an der Universität Hamburg

Erstveröffentlichung in Wirtschaft und Politik Nr. 2/2011, Friedrich Verlag GmbH, Seelze.

„Moral predigen ist leicht, Moral begründen schwer!“

– Arthur Schopenhauer –

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40 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Entrepreneurship Education Ein wichtiges

Element im Gründerökosystem

In den vergangenen Jahren hat sich in vielen Städten und Regionen Deutschlands eine dynamische Start-up- und Gründerszene etabliert. Der Anteil an Grün-dungen in den technologieorientierten Branchen nimmt zu, die Umsetzung einer eigenen Geschäfts-idee spielt eine immer größere Rolle. Der Bestand an Selbständigen hat sich seit der Jahrtausendwende von 3,6 Millionen auf über 4,4 Millionen erhöht. Dies ent-spricht einem Zuwachs von 22 Prozent. Vor dem Hin-tergrund insgesamt rückläufiger Gründungszahlen, bedingt durch die dynamische Konjunktur und einen leergefegten Arbeitsmarkt, werden die genannten positiven Zeichen in der deutschen Gründerlandschaft häufig außen vor gelassen (vgl. Mikrozensus 2014).

Ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung von Grün-dungen und Start-ups ist das richtige Ökosystem: ein Netzwerk aus Kompetenzen, Kontakten und Kapi-talgebern, aus ExpertInnen, Eliten und erfolgreichen UnternehmerInnen in Kombination mit den passen-den Aus- und Weiterbildungsansätzen. Dem Bereich der Entrepreneurship Education kommt innerhalb des Gründerökosystems somit eine große Bedeutung zu (vgl. Zehrfeld & Funke 2014).

Bei einer Betrachtung von Ausbildungsprogram-men im Rahmen von Gründerökosystemen stehen bisher vor allem Universitäten und Fachhochschu-len im Blickpunkt, insbesondere Einrichtungen mit einem Fokus auf die Vermittlung von Gründungs-wissen und unternehmerischen Kompetenzen. Der-zeit gibt es über 120 Entrepreneurship-Professuren in Deutschland. Die Zahl hat sich seit 2008 mehr als ver-doppelt. Bisher tauchen jedoch nur wenige deutsche

Universitäten und Hochschulen in den internationa-len Rankings auf den vorderen Plätzen auf. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung die Exzellenz-Initi-ative mit einem Gesamtvolumen von 1,9 Milliarden Euro gestartet.

2011 wurde zum ersten Mal das Prädikat „Gründer-hochschule“ an die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, die TU Berlin und die Hochschule Mün-chen vergeben. In der zweiten Wettbewerbsrunde konnten die Universität des Saarlandes, die Universi-tät Kassel und die Universität Lübeck überzeugen. Die prämierten Hochschulen erhalten vom Bundesminis-terium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Preisgelder in Höhe von 2,7 Millionen Euro. Mitverantwortlich für den intensiven Ausbau der Programme der Universitä-ten und Hochschulen ist außerdem das vom BMWi ini-tiierte Förderprogramm EXIST. Pro Jahr werden etwa 200 technologieorientierte Spin-offs aus deutschen Universitäten gefördert.

Die Beiträge in der vorliegenden Publikation zeigen jedoch auf anschauliche Art und Weise die Notwen-digkeit, das Phänomen Entrepreneurship bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Ausbildungsprozess als wichtiges Element zu verankern. Exemplarisch wird an dieser Stelle auf die Erläuterungen im Artikel von KPH-Professor Johannes Lindner verwiesen: „Unternehme-rische Haltungen entstehen nicht erst im Berufsleben, sondern entwickeln sich bereits in frühen Phasen der Sozialisation. Der Bildung kommt daher eine prozess-verstärkende bzw. auslösende Position zu. Unter-nehmerisches Denken und Handeln muss in einem längerfristigen Prozess entwickelt werden.“

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Abbildung 5 zeigt die Elemente und Beziehungen im Gründerökosystem auf. Wesentliche Merkmale sind eine regionale Verankerung und die räumliche Nähe der AkteurInnen, eingebettet in national geprägte, politische Rahmenbedingungen. Der Bereich Entre-preneurship Education findet sich vor allem in den Ele-menten Ausbildung & Qualifikation, Talentpool sowie Infrastruktur & Unterstützung wieder. Die Start-up Community bildet eine Art Kern im Gründerökosys-tem und steht für die UnternehmerInnen und deren Netzwerke in die Wirtschaft und Politik sowie zu den relevanten Ausbildungseinrichtungen. Als wesentli-ches Fundament für eine dynamische Entwicklung gilt ein umfassendes Kapital- und Finanzierungsangebot. Über neue Trends entsteht eine wechselseitige Bezie-hung zwischen der Start-up-Community mit ihren AkteurInnen und dem Markt. Im Folgenden werden die einzelnen Elemente kurz vorgestellt.

Ausbildung und Qualifikation: Schulen, Fachhoch-schulen und Universitäten agieren im Gründe-rökosystem als Talentschmieden. Hinzu kommen Weiterbildungs- und Trainingsmaßnahmen durch Unternehmen und öffentliche Einrichtungen aus dem Bereich der Wirtschaftsförderung. Hierbei geht es um eine umfassende und interdisziplinäre Qualifizierung für potenzielle GründerInnen. Dabei gilt es sowohl Jugendliche, StudentInnen und ArbeitnehmerIn-nen, aber auch ältere Menschen, gleichermaßen zu berücksichtigen.

Talentpool: Die Qualität und Größe des Talentpools resultiert insbesondere aus den Ausbildungsprogram-men regionaler Schulen, Fachhochschulen und Uni-versitäten sowie den regionalen Unternehmen und

Organisationen. Hinzu kommt noch die Attraktions- und Integrationsfähigkeit von Zuwanderern. Hier-durch wird die Diversität in der Gesellschaft erhöht. Außerdem bringen Talente aus anderen Regionen komplementäres Know-how und Erfahrungen mit, eine wichtige Grundlage für ein dynamisches und innovatives Gründungsumfeld. Ausschlaggebend für die Attraktion und Integration von Talenten sind renommierte Universitäten, beliebte Unternehmen als Arbeitgeber und Karriereoption sowie die Lebens-qualität und kulturelle Offenheit einer Region (vgl. Saxenian 2007).

Technologieentwicklung: Regionale Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sind eine wichtige Vor-aussetzung für die Schaffung, Aufnahme und Ver-breitung neuer Technologien. Im Idealfall besteht ein Zusammenspiel von privatwirtschaftlichen und öffentlichen F&E-Aktivitäten, die durch Transfer- und Netzwerkbeziehungen in der Region verankert sind. Die Fähigkeit einer Region zur Aufnahme und Ver-wertung von Technologien wird auch als „Absorptive Kapazität“ bezeichnet. Darüber hinaus sind Mitarbei-terInnen in regionalen Forschungs- und Entwicklungs-einrichtungen eine wichtige Quelle für den Talentpool (vgl. Cohen & Levinthal 1990).

Finanzierung: Vielfältige Finanzierungsmöglichkeiten sind ein wesentliches Element für ein dynamisches Gründungsgeschehen. Bankdarlehen und Förderkre-dite sind nach wie vor die häufigste Form der Finan-zierung von Unternehmensgründungen. Diese eignen sich jedoch nur bedingt für innovative und technolo-gieorientierte Start-ups, die vor allem auf ein umfas-sendes Venture Capital-Angebot angewiesen sind.

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42 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Abb. 5: Gründerökosystem-ModellQuelle: www.gründerökosystem.de

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Das regionale Angebot von privaten und öffentlichen Beteiligungskapital variiert jedoch sehr stark, sowohl zwischen als auch innerhalb der Bundesländer. Die etwas neuere Finanzierungsform „Crowdfunding“ ist hingegen weniger stark vom Standort und regionalen Einflussfaktoren abhängig (vgl. Wallisch 2009).

Politik: Durch Investitionen in Forschung und Entwick-lung hat der Staat die Möglichkeit, neue Technologien und die Märkte der Zukunft aktiv mitzugestalten. Die Entwicklung kapitalintensiver und risikoreicher Bran-chen wie Biotechnologie, Luft- und Raumfahrt oder erneuerbare Energien und das Entstehen von neuen Unternehmen in diesen Bereichen kann somit geför-dert werden (vgl. Fürlinger 2014).

Darüber hinaus ist gilt es, von Seiten der Politik rechtli-che Rahmenbedingungen zu schaffen, die Gründungs-aktivitäten erleichtern. Das betrifft unter anderem den Zeit- und Kostenaufwand für eine Unterneh-mensgründung oder Gesetze für die Gestaltung von Venture Capital-Fonds und deren Investments.

Auch die Entwicklung unternehmerischer Kompe-tenzen und einer Gründungskultur kann durch Maß-nahmen der öffentlichen Hand gezielt unterstützt werden. Hierzu gehören neben der verstärkten Eta-blierung einer Entrepreneurship-orientierten Ausbil-dung an Schulen und Universitäten die Umsetzung öffentlichkeitswirksamer Kampagnen wie die Grün-derwoche Deutschland.

Unterstützung und Infrastruktur: Zentral für ein dynamisches Ökosystem ist ein gut funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz. Hierdurch sind persönliche

Kontakte einfach und schnell zu organisieren. Eine flächendeckende, gut ausgebaute Internet-Infrastruk-tur ist eine weitere Voraussetzung für die persönli-che und geschäftsbedingte Vernetzung der Akteure, sowohl auf regionaler Ebene als auch auf internatio-nalen Märkten. Passende Büro- und Gewerbeflächen sind ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil des Sys-tems. Je nach regionaler Struktur der Start-ups und GründerInnen bietet sich eine Kombination aus Grün-derzentren, Inkubatoren und Coworking-Spaces an.

Weiterhin benötigen GründerInnen im Zuge der Ent-wicklung und Vermarktung ihrer Geschäftsideen häufig Unterstützung von PatentanwältInnen, Steuer- und Unternehmensberatungen sowie zu Technolo-gie- und WissenschaftsexpertInnen. Entsprechende Angebote und Dienstleistungen von öffentlicher und privater Seite stellen somit einen wichtigen Faktor für die dynamische und erfolgreiche Entwicklung des Ökosystems dar (vgl. Fernandez Sanchez 2014).

Start-up Community: Das zentrale Element in einem nachhaltigen Gründerökosystem ist die Start-up-Community. Im Kern geht es um die gegenseitige Unterstützung von UnternehmerInnen untereinan-der. Etablierte UnternehmerInnen werden Investoren, BeraterInnen oder Vorstandsmitglieder von neuen Unternehmen und stellen JungunternehmerInnen Kapital, Erfahrungen und Kontakte aus ihren persön-lichen Geschäftsbeziehungen zur Verfügung (vgl. Feld 2012).

Netzwerke, Events und etablierte „Locations“ für informelle Begegnungen bieten vielfältige Möglich-keiten für die Kontaktaufnahme und Kommunikation.

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44 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Hieraus entsteht eine Dynamik des „Gebens und Nehmens“, eine Art win-win-Situation für die Grün-derInnen und Akteure im Ökosystem. Ein häufig beob-achteter Erfolgsfaktor ist das Engagement regionaler Unternehmen, die als Promotoren Netzwerke ent-wickeln und als Rollenmodelle in der Öffentlichkeit auftreten. Aber auch die Politik und Wirtschaftsför-derer können einen wesentlichen Beitrag zur Entwick-lung einer funktionierenden Start-up-Community beisteuern.

Trends: Gründerökosysteme können entweder neue Trends setzen oder sie greifen neue Trends auf, die aus anderen Regionen über die Netzwerke und Akteure herangetragen werden. Die Fähigkeit, neue Trends im Ökosystem zu etablieren und in Geschäftsideen umzuwandeln, ergibt sich durch die Adaptionsfähig-keit von Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, Innovatoren als ersten Kunden und die Offenheit der Start-up-Community gegenüber neuen Technologien. Nur ein Ökosystem, das in der Lage ist, sich für Ideen und Trends von außen zu öffnen, kann langfristig erfolgreich sein (vgl. Bathelt et al. 2004).

Markt: „Der Kunde ist König“: Es sind die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden, die über den Erfolg oder Misserfolg eines neuen Produktes oder einer neuen Dienstleistung – und damit über das Weiterbeste-hen des neuen Unternehmens – entscheiden (vgl. Fürlinger 2014: 43). Für ein Gründerökosystem ist die regionale Komponente des Marktes von prägender Bedeutung. Wichtige Kenngrößen sind unter ande-rem das Marktvolumen, die Wettbewerbssituation und gegebene Eintrittsbarrieren. Die Marktstruktur, -größe und -dynamik resultiert aus den regionalen

Branchen und Unternehmen (b2b) und aus poten-ziellen Endkunden (b2c). Hieraus ergeben sich für Gründerökosysteme jeweils einzigartige Chancen der Spezialisierung und Profilierung.

Ein kurzer Blick zurück zeigt: Das Gründerökosystem hat in den letzten Jahren deutlich an Qualität und Dynamik hinzugewonnen. In vielen Regionen etablier-ten sich Start-up-Netzwerke und Gründerfonds. Busi-ness Angels und Venture Capital-Investoren sind keine Unbekannten mehr. Die zunehmende Verbreitung von Entrepreneurship-Professuren, von Inkubatoren und Beschleunigern sowie die gezielte Förderung wis-senschaftlicher Spin-offs tragen ebenfalls zu einer positiven Entwicklung bei. Darüber hinaus sollte die Aufmerksamkeit noch stärker auf die Etablierung einer Entrepreneurship-bezogenen Ausbildung in der Schule gelegt werden. Hierdurch können bereits bei Jugendlichen unternehmerische Potenziale geweckt und die Gründungskultur in Deutschland gestärkt werden.

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LiteraturverzeichnisHarald Bathelt, Anders Malmberg & Peter Maskell (2004): Clusters and Knowledge: Local Buzz, Global Pipelines and the Process of Knowledge Creation. In: Progress in Human Geogra-phy (Vol. 28), S. 31-56

Wesley M. Cohen & Daniel A. Levinthal (1990): Absorptive capacity: A new perspective on learning and innovation, Administrative Science Quarterly, Volume 35, Issue 1, S. 128-152

Brad Feld (2012): Startup Communities: Building an Entrepreneurial Ecosystem in Your City. Wiley.

Fernandez Sanchez (2014): Die regionalen Zutaten für den Gründungserfolg. Theoretische Überlegungen und Modelle zu Gründerökosystemen aus regionaler Sicht. In: Funke / Zehrfeld (Hrsg.): Abseits von Silicon Valley, S. 57-77

Thomas Funke/ W. Axel Zehrfeld (2014) (Hrsg.): Abseits von Silicon Valley. Frankfurter Allgemeine Buch

Georg Fürlinger (2014): Die Grundpfeiler eines Gründerökosystems. In: Funke / Zehrfeld (Hrsg.): Abseits von Silicon Valley, S. 22-56

Mikrozensus (2014): www.destatis.de/ DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Mikrozensus.html (Individuelle Anfrage beim Statistischen Bundesamt, August 2014)

Annalee Saxenian (2007): The New Argonauts. Regio-nal Advantage in a Global Economy. Harvard Univer-sity Press

Matthias Wallisch (2009): Unternehmensfinanzierung durch Business Angels Zur räumlichen Organisation des informellen Beteiligungskapitalmarktes in Deutschland. In: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie, Heft 1-2, 2009, S. 47-68

Autor: Matthias Wallisch arbeitet im Fachbereich Grün-dung des RKW Kompetenzzentrums im Projekt Gründerökosystem.

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46 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

PRAXIS BEISPIELE

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PRAXIS BEISPIELE

zum Thema Entrepreneurship Education

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48 EEntrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

„Die Aufgaben, die die SchülerInnen in der Schülerfirma durchführen – das kann der Unterricht nie erfüllen.“

Christine Nonnenmann arbeitet als Lehrerin für das Fach Wirtschaft am Otto-Hahn-Gymnasium in Ostfildern seit 2005 mit dem Projekt IW JUNIOR und betreut Schü-lerfirmen in der gymnasialen Oberstufe – mit großem Erfolg: So konnte sie sich bislang nicht

nur über diverse Preise für ihre Schülerprojekte freuen, sondern auch über die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg, die ihr im Jahr 2013

verliehen wurde.

Warum haben Sie sich dafür entschieden, mit IW JUNIOR zu arbeiten?Ich arbeite seit 2005 mit JUNIOR. Ich habe mir auch andere Projekte angeschaut, die waren mir aber zu streng und weniger praxisnah. JUNIOR hat den großen Vorteil, dass man vom Institut der deut-schen Wirtschaft in Köln beglei-tet wird. Ich habe schon 2005 da mitgemacht, da gab es noch keine Internet-Plattform, die SchülerIn-nen mussten alles in Schriftform nach Köln schicken. Die erste Schü-lerfirma hat dann damals bei der Bildungsmesse „didacta“ gleich gewonnen. So fing eigentlich bei mir das Projekt an, mit großem Erfolg, und so bin ich bei JUNIOR geblieben. JUNIOR ist für mich auch deshalb ideal, weil die SchülerInnen die Geschäftsidee selber entwickeln können.

Sind die Schülerfirmen Bestandteil des Regelunterrichts oder freiwillige Aktivitäten?Bis vor zwei Jahren war das JUNIOR-Projekt Teil des Wirtschaftsunter-richts. Die Theorie haben wir im Unterricht durchgenommen, die Ausführung fand dann nachher außerhalb des Unterrichts statt. Ich habe die SchülerInnen da ganz frei entscheiden lassen, und die fanden es gut, dass es auch praxisnahe Ele-mente im Unterricht gab.

Seit zwei Jahren läuft das Projekt außerhalb des Unterrichts, was aber auch bedeutet – was ich per-sönlich überhaupt nicht gut finde – dass nicht alle SchülerInnen aus dem Wirtschaftskurs an einer JUNIOR-Firma teilnehmen. Jetzt bekommen die SchülerInnen das Projekt auf ihre Stundentafel mit drei Stunden angerechnet. Aller-dings sind drei Stunden natürlich viel zu wenig für so ein Projekt.

Mit welcher Altersgruppe führen Sie die Projekte durch?Die SchülerInnen sind im Moment so um die 16 Jahre alt. Für jüngere SchülerInnen gibt es an unserer Schule keinen Raum um so etwas zu machen. Allerdings haben wir in Baden-Württemberg ab 2016 ja einen neuen Bildungsplan und da wird es dann Möglichkeiten geben für Entrepreneurship Education auch mit jüngeren SchülerInnen.

Welche Herausforderungen ergeben sich für Sie bei der Durch-führung von Entrepreneurship Education-Projekten?Die größte Herausforderung ist tat-sächlich das Timing, also die Orga-nisation. Viele SchülerInnen haben einen Job neben der Schule, dann kommt noch dazu dass die meisten ein Hobby haben, sei es musischer oder sportlicher Art. Dann kommen

die Klausuren, die ja terminiert sind, und dann gibt es eben Termine die sich mit JUNIOR in Köln überschnei-den. Das Zeitmanagement ist also eine richtige Herausforderung für die SchülerInnen, aber das klappt meist nach einigen Wochen.

Wie motivieren Sie Ihre SchülerIn-nen zu der Teilnahme an Entre-preneurship Education-Projekte und auch während der Arbeits-phase? Die Motivation ist zunächst ein-mal der Erfolg, aber auch, etwas Neues auszuprobieren. Das Fach Wirtschaft ist in der Kurs-stufe ja tatsächlich neu, und die guten SchülerInnen sind einfach neugierig, die sagen: Wir wollen jetzt mal Wirtschaft machen, wir wissen gar nicht was da auf uns zukommt. Und die Motivation wird in der Regel auch unterstützt von den Eltern, die sagen: Wenn Wirt-schaft angeboten wird und du die Arbeit an der Schülerfirma sogar ins Abitur einbringen kannst, dann mach es einfach*. Ich lasse aber die SchülerInnen die neu damit begin-nen auch mit den ehemaligen Teil-nehmerInnen der Schülerfirmen alleine reden, das funktioniert dann wie Mundpropaganda.

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Welchen Lernprozess können Sie bei den SchülerInnen im Laufe der Projekte beobachten?Mein erster Satz bei jeder Schüler-firma ist immer: Jeder von euch besitzt ein Talent. Und jetzt könnt ihr mal innerhalb dieser Firma sehen: Wo sitzen meine Talente, und wo nicht? Und das war eigent-lich bei allen SchülerInnen immer der größte Erfolg, das haben die am Ende auch alle gesagt. Es gibt dann zum Beispiel SchülerInnen die kommen hinterher zu mir und sagen, Frau Nonnenmann, ich werde nie ein Leader sein, ich kann das gar nicht. Diese Talente heraus-zufinden, das ist wirklich eine der Aufgaben des Projekts.

Außerdem übernehmen die Schüle-rInnen natürlich ganz große Verant-wortung für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.

Überhaupt ist das ganze Projekt ein Lernprozess. Die SchülerInnen haben ja gewisse Verhaltensregeln nie gelernt. Woher denn auch? Des-halb übe ich das mit denen, zum Beispiel telefonieren mit wichtigen Persönlichkeiten, oder auch: Wie gehe ich mit Kunden um?

Die Aufgaben, die die SchülerIn-nen in der Schülerfirma durchfüh-ren – das kann der Unterricht nie erfüllen. Das ist eine der zentralen Botschaften. Die ganze Kommuni-kation zum Beispiel, wo läuft die so im Unterricht? Das ist alles wichti-ges Rüstzeug für den Beruf.

Welche Rolle nehmen Sie bei den Entrepreneurship Education-Pro-jekten ein?Das ist eine Coach-Funktion. Die-ses Coaching muss laufen und zwar mit einer gewissen Distanz.

Das heißt, die SchülerInnen müs-sen Entscheidungen selber treffen. Auch in Situationen, wo ich als Leh-rerin eventuell Fehler vorhersehe, muss man die SchülerInnen einfach mal laufen lassen.

Wo nehmen Sie die Motivation her?Mein „Benefit“ an dem Ganzen ist eigentlich, dass ich als Lehrerin die SchülerInnen wirklich auf den rich-tigen Weg führen kann, gerade in Sachen Talentförderung. Mehr nicht.

Ich bin auch nie auf der Bühne, ich möchte das auch gar nicht. Ich möchte überhaupt nicht im Vorder-grund stehen. Das ist nicht meine Motivation, sondern die Motivation ist wirklich, jungen Leuten auf den Weg zu helfen. Abgesehen davon macht es einfach Spaß, mit denen zu arbeiten.

Gibt es „Erfolgsgeschichten“ von ehemaligen SchülerInnen?Auf jeden Fall! Ich habe einen ehe-maligen Schüler, der schon 2009 eine Firma gegründet hat, die es auch immer noch gibt. Der stu-diert und arbeitet parallel als Werkstudent bei einem Automo-bilhersteller. Ein anderer Schüler ist jetzt zum Studium in Singapur, eine ehemalige Schülerin arbeitet bei einem großen amerikanischen Internet-Unternehmen...

Wenn SchülerInnen Verantwor-tung übernehmen in der Firma, in einer leitenden Funktion, dann schreibe ich diesen SchülerInnen auch zum Beispiel Empfehlungs-schreiben für Stiftungen. Und alle SchülerInnen die sich bislang beworben haben, etwa bei der Konrad-Adenauer-Stiftung oder

der Friedrich-Ebert-Stiftung, haben auch ein Studien-Stipendium bekommen. Das ist natürlich ein toller Erfolg, für den die SchülerIn-nen auch immer sehr dankbar sind.

Würden Sie die Arbeit mit Entre-preneurship Education-Projekten grundsätzlich empfehlen?Na klar! Ich sehe es vor allem als einen großen Gewinn, dass hier das Arbeiten mit den SchülerInnen auf Augenhöhe geschieht. Die Lehrer-rolle tritt in den Hintergrund, man arbeitet mehr als Coach. Das ist eine ganz neue Erfahrung, sowohl für mich als Lehrerin als auch für die SchülerInnen.

* Anmerkung der Redaktion: In Baden-

Württemberg können SchülerInnen die

Abschlusspräsentation ihres Entrepreneurship

Education-Projektes als Prüfungsbestandteil in

die Abiturleistung einbringen.

Christine Nonnenmann, Lehrerin am Otto-Hahn-Gymnasium in Ostfildern

Das Interview führte: Sonja Alt arbeitet im Fachbe-reich Gründung des RKW Kom-petenzzentrums in den Projekten Gründerwoche Deutschland und Entrepreneurship Education.

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50 EEntrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

„Die Hauptmotivation ist für mich, dass es den SchülerInnen Spaß macht.“

Paul Rauh ist Lehrer an der Internatsschule Schloss Hansenberg und führt seit 1995 Entrepreneurship-Education-Projekte durch.

Herr Rauh, wie kamen Sie zur schulischen Entrepreneurship Education?Vor der Schule war ich drei Jahre im Außendienst im Verkauf, dann sie-ben Jahre im Pharma-Marketing. Zu den Wettbewerben kam ich in meinem zweiten Jahr an der Schule. Da kamen ein paar Jungs auf mich zu: Sie bräuchten einen Coach. Da habe ich überhaupt noch nicht ver-standen, worum es ging. Ich sagte „Okay, wenn ihr jemanden braucht, geht klar!“.

Und das hat sich dann so positiv entwickelt. Das waren tolle Jungs und das Team hat damals bei dem Vorläufer vom Deutschen Grün-derpreis den 2. Platz geschafft. Das war total motivierend. Seitdem bin ich dabei. Und dann an der Inter-natsschule Hansenberg haben wir bei business@school gleich mit einem tollen Team den ersten Platz in Europa gemacht. Die Idee, die das Team damals hatte – ein Hunde- und Katzen-Suchhalsband, das hieß Pet-Search, also Liebling-stiersuche. Das Haustierhalsband gibt den Standort sofort durch. Mit GPS-Technik finden Herrchen und Frauchen ihre ausgebüchsten Lieb-linge wieder. Das gibt es jetzt wirk-lich zu kaufen!

Letztes Jahr hatte das Team Par-kolution bei Jugend gründet eine sehr gute Idee. Die hatten beob-achtet, dass LKWs bis auf die Auto-bahn hinaus parken und haben dann gesagt „Mensch, es müsste

doch eigentlich eine Möglichkeit geben?“, und haben ein LKW-Park-platz-Reservierungssystem entwi-ckelt und fast bis zur Produktreife ausgearbeitet.

Dieses Jahr haben wir auch wieder einige sehr interessante Ideen. Ein Jugend-gründet-Team möchte die Schallwellen von Autobahnen oder Bahntrassen in elektrische Energie umwandeln. Das Team Nextar bei business@school hatte ein innova-tives, mobiles Datentransfergerät entwickelt, genannt „Das dING!“ und den Bundesinnovationspreis von BCG und Dt. Börse AG dafür erhalten.

Sie haben ja ein ganz besonderes Entrepreneurship-Education-Kon-zept an Ihrer Schule. Wie kann man sich das vorstellen?Das ist alles eingebaut in ein syste-matisch gestuftes Gesamtkonzept „Wirtschaftswettbewerbe und Berufs- und Studienorientierung“. Wir beginnen in der 10. Klasse mit einer Wirtschaftswoche, intensiv mit externen Trainern, mit zwei Sys-templanspielen zur Wirtschaft und Politik eines Landes bzw. Betrie-bes. So lernen alle in eigenverant-wortlichen Teams die Grundlagen der VWL oder BWL kennen. Aus-gewählte Wettbewerbe, die nach meinen Erfahrungen sehr gut pas-sen für die Einführungsstufe, sind zum Beispiel Jugend gründet oder JUNIOR. Mein Kollege macht dann noch das Planspiel Börse von den Sparkassen.

In der 11. Klasse geht es ran an die schwierigeren Wettbewerbe – da gehen wir primär zu business@school. Das zweite Projekt ist dann wieder Jugend gründet, für Leute, die das gerne nochmal machen wollen. Das dritte Projekt ist der Deutsche Gründerpreis für Schü-ler, ein Businessplan-Wettbewerb mit hohem Niveau gegliedert in neun Aufgaben. In der 12. Klasse konzentrieren sich fast alle auf das Abitur. Aber mit meinem Kol-legen zusammen bieten wir z.B. einen Wettbewerb zur Geldpolitik der Europäischen Zentralbank an: Generation €uro.

Was macht vermutlich den Schlüssel zu Ihren Erfolgen aus?Ich denke, der Schlüssel des Erfolgs bei diesen verschiedenen Aktivi-täten liegt darin, dass die Schüle-rInnen bei dem einen Projekt zum Beispiel Wissen zu BWL oder VWL erwerben, und dann beim nächs-ten Mal zum Beispiel bei Jugend gründet schon richtig gut sind, weil sie wissen, worauf es ankommt. So ist dieser systematisch gestufte, aber flexible Aufbau strategisch sehr hilfreich für gezielten Aufbau von Soft Skills plus der „Hardware“ – Wissen und Fähigkeiten.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach schulische Entrepreneurship-Education-Projekte aus?Das Ziel ist es, dass die SchülerIn-nen die eigene Verantwortung für ihr Projekt haben. Das ist kein Unterricht, sondern eine freiwillige

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Darum bin ich dabei: Ziele, Erfahrungen, Erfolgsfaktoren — SchülerInnen lernen in

eigenverantwortlichen Teams die Grundlagen der VWL und BWL kennen. — Externe UnternehmerInnen unterstützen sie als Mentoren — Ältere Schülerjahrgänge beraten sie als Senior-Coaches — Lehrer-Coach organsiert wöchentliche Meetings mit Erwerb von Fachwissen — Es macht den SchülerInnen Freude, weil sie sehr selbständig planen und viel lernen — Z.B. Projektplanung, Teamarbeit, Präsentieren, eigene Schwächen/ Stärken erkennen — Ein flexibles, modulares Konzept wird schrittweise anspruchsvoller und ist nachhaltig.

(!) Arbeitsgemeinschaft – das ist für mich sehr wichtig. Dann gibt es eine Art Mentoren-System mit Unternehmenscoaches, also Exper-tInnen aus Unternehmen, die die SchülerInnen extern betreuen. Zusätzlich nutzen wir die Erfah-rung der älteren Schülerjahr-gänge als „Senior-Coaches“, das ist sehr, sehr hilfreich, und direkt von Schüler zu Schüler! Es gibt nichts Besseres.

Was ist Ihre persönliche Motiva-tion, diese verschiedenen Wett-bewerbe an Ihrer Schule anzubie-ten?Ich glaube, wenn Sie die Schüle-rInnen fragen, die würden sagen, „Der macht das gerne, weil es ihm Freude bringt. Und weil wir bei den Finals und Zwischenfinals die anderen Schülerteams treffen“. Es wird auch meistens ein schö-nes Rahmenprogramm geboten. Die Hauptmotivation ist für mich, dass es den SchülerInnen Spaß macht. Und wenn es denen Spaß macht, und wenn sie mitziehen, ziehe ich auch mit. Ich habe keine Angst vor Arbeit. Es war auch eine Motivation, als die SchülerInnen an meiner alten Schule „Hey Coach“ sagten – das fand ich irgendwie cool. Man ist dann eher so der

„Lehrerfreund“, also nicht der auto-ritäre Lehrer, sondern das ist dann eine halbe Ebene drunter.

Was raten Sie Ihren SchülerIn-nen? „Macht bei diesen Wettbe-werben mit, weil…“Das macht in jedem Fall immer Freude, weil man wahnsinnig viel lernt: über sich selbst, über die anderen durch die Teamarbeit, auch über seine eigenen Schwie-rigkeiten und Stärken, und auch die Schwierigkeiten und Stärken der anderen. Es macht halt Spaß, im Wettbewerb mit anderen zu sehen: Was können wir besser? Was kann ich von denen lernen? Was will ich mal probieren? Die SchülerInnen lernen auch fachlich sehr viel. Vor allem durch diesen vernetzten, systematisch aufbau-enden, projektorientierten Ansatz entsteht nachhaltig viel Potenzial.

Was nehmen Ihre SchülerInnen am Ende mit?Auf jeden Fall die soziale Orientie-rung, die Soft Skills der Arbeit im Team. Auch die Erkenntnis, dass man Dinge planen muss. Und was ich auch ganz häufig höre: dass sie gelernt haben, eine Präsentation aufzubauen, Folien und die Sto-ryline ordentlich zu strukturieren.

Also das sind so Dinge, die eigent-lich alle mitnehmen. Auch für die Abiturprüfung, sie schnei-den im Schnitt eine Note besser in Präsentationen ab. Am meis-ten bestärkt mich der Satz eines Jugend-gründet-Siegers: „Dieser Wettbewerb hat mein Leben ver-ändert! Ich bin jetzt selbst Gründer. Es ist viel Arbeit, aber wahnsinnig aufregend!“

Paul Rauh, Lehrer an der Internatsschule Schloss Hansenberg

Das Interview führte:

Dr. Julia Wolff von der Sahl arbeitet im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums

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52 EEntrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

„Mit ‘Jugend gründet‘ hat man einen Werkzeugkasten.“

Garry Spanz ist ehemaliger Teilnehmer und Sieger von Jugend gründet. Er hat inzwischen zwei eigene Unternehmen gegründet:

Ventureworks und Linksert.

Herr Spanz, wie würden Sie sich selbst beschreiben? Ich präsentiere und verkaufe gern. Menschen für meine Ideen zu gewinnen mache ich am liebsten. Aber ich bin auch sehr detailbegeis-tert und liebe Zahlen. Wahrschein-lich einer der Gründe, warum ich jetzt Finance studiere. Ich habe gern die Kontrolle über Projekte. Folglich verantworte ich bei Ventu-reworks das Projektmanagement und Controlling. Bei den Webporta-len und Apps, die wir auf den Markt gebracht haben, habe ich nie selbst eine Zeile Code geschrieben. Beide Start-ups, die ich gegründet habe, sind aus dem Bereich IT. Das zeigt, dass man das, was man verkauft, nicht unbedingt selbst bis in das letzte Detail kennen muss. Für die Programmierung habe ich meine Co-Gründer, die darauf speziali-siert sind. Denen habe ich immer vollends vertraut. Und das hat sich bezahlt gemacht.

Im Grunde genommen – ich habe mich früher selbst nicht als Unter-nehmertyp gesehen. Dass man doch das Selbstvertrauen findet und die Lust und den Mut etwas auszuprobieren, hängt bei mir stark mit den Erfahrungen zusam-men, die ich bei meiner Teilnahme an Jugend gründet gemacht habe. Auch mein Freundeskreis hatte einen positiven Einfluss auf mich.

Wie man sieht, kommt eins zum anderen. Und nun habe ich neben dem Studium schon zwei Firmen gegründet, die beide am Markt erfolgreich sind.

Sie haben gerade Jugend gründet erwähnt – welche Rolle hat dieses Programm für Ihre späteren Unternehmens-gründungen gespielt?Da gibt es mehrere Einflüsse. Der wesentliche war schlussendlich die Reise in das Silicon Valley und der Austausch mit den GründerInnen dort. Das war der Preis, den wir als Gesamtsieger bei Jugend gründet gewonnen hatten. Ich habe gese-hen, wie Gründen funktioniert. Und ich habe erlebt, dass diese Leute dort extrem viel Spaß haben an dem was sie machen und wie sie leben. Das war ein großer Kontrast zu einem Teil der Praktikumserfah-rungen, die ich gemacht habe, wo die Lust am Arbeiten in den Unter-nehmen nicht so ausgeprägt war. Die GründerInnen, die ich in den USA kennengelernt habe, hatten meist den Ansatz: „Ja, wir starten etwas. Wir haben Lust einfach was zu probieren.“ Und aus dem kleinen Ansatz ist dann etwas richtig Gro-ßes geworden. Der Mut, sich hinzu-setzen und sich überhaupt einmal Gedanken zu machen, reicht wahr-scheinlich schon aus, um am Ende dann mit einem Unternehmen dazustehen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bestätigung, die man durch Jugend gründet erfährt. Wenn man sich lange Zeit mit einer Idee auseinandersetzt, sie ausarbei-tet, sie vorstellt und dann dafür prämiert wird. ExpertInnen aus der Wirtschaft sagen einem: „Ja, Euer Konzept kann funktionieren.“ Ich sehe es seitdem so: Eigentlich muss man nur ein Problem erken-nen, das kein anderer im Moment löst. Man muss die Antwort nicht selbst haben. Man läuft einfach los und holt sich die Leute, die es lösen können.

Jugend gründet hat auch mit dazu beigetragen, dass ich über-haupt angefangen habe, BWL zu studieren. Ursprünglich war ich gespalten zwischen Natur- und Wirtschaftswissenschaften. Das war bei mir bis zwei Jahre vor dem Abitur so. In der zwölften Klasse habe ich dann an Jugend grün-det teilgenommen und auch noch am Wettbewerb Jugend und Wirt-schaft von der FAZ. Da beide Wett-bewerbe erfolgreich ausgegangen sind und mir die Wirtschaftsthe-men viel Spaß gemacht haben, dachte ich mir: „Wieso nicht auch gleich studieren?“

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Würden Sie sagen, dass Sie durch die Teilnahme an Jugend gründet neue Seiten oder Talente an sich entdeckt haben?Es war für mich eine komplett neue Erfahrung. Weil es eine ein-jährige Projektarbeit war, in einem sehr intensiven Maß und in enger Teamarbeit. Wir waren damals vier Leute im Team. Ich kann mich daran erinnern, dass wir viele Stun-den zusammen verbracht haben. Der Wettbewerb ist in mehrere Phasen eingeteilt. Mit gewissen Deadlines. Man erarbeitet einen Businessplan, verfasst Konzepte, kalkuliert alles durch und erstellt eine Präsentation.

Schlussendlich haben sich meine Unternehmensgründungen nicht entscheidend von diesem Ansatz unterschieden. Das heißt, man startet, indem man sich trifft und überlegt, was die Ziele sind. Dann setzt man sich viele Wochen sehr intensiv im Team hin und arbei-tet Businesspläne und Konzepte aus, rechnet alles durch, macht Machbarkeitsanalysen.

Die Erfahrung bei Jugend gründet ist sehr realitätsnah. Mit Jugend gründet hat man einen Werkzeug-kasten, auf den man zurückgreifen kann, wenn die geeignete Idee und der richtige Zeitpunkt für deren Umsetzung da ist.

Haben Sie durch die Teilnahme an Jugend gründet neue Kompeten-zen entwickelt?Ja, mehrere. Die eine ist das Busi-ness-Modeling. Das wird in der Schule sonst nicht gelehrt. Hier geht es um Fragen wie: Wie gehe ich an das Problem heran? Welche Aspekte muss ich bedenken? Wie kann man es strukturieren?

Welche Methoden gibt es dafür? Wir haben auch unterschiedli-che Brainstorming-Techniken ausprobiert, zu denen uns unser Lehrer-Coach Herr Rauh damals ermuntert hatte. Das waren tolle Techniken, die wende ich nach wie vor an. Darüber hinaus die Team-kompetenz. Über einen langen Zeitraum an einer komplexen Auf-gabe in der Gruppe arbeitsteilig zu arbeiten. Das war etwas, was ich in dem Ausmaß im Schulunterricht nicht erlebt hatte.

In der späteren Phase des Wettbe-werbs kamen Themen wie zum Bei-spiel Finanzplanung hinzu. Durch das BWL-Studium kenne ich inzwi-schen weitreichendere Methoden. Aber wenn ich damals direkt aus der Schule heraus hätte gründen wollen, hätte mir das geholfen.

Und am Ende des Wettbewerbs, die Präsentationen vor der Jury. Jugend gründet ist wie eine Messe konzi-piert. Man hat dann schlussendlich einen Stand, wo man seine Unter-nehmensidee darstellen muss. Dadurch entwickelt man Präsenta-tions- und Verkaufskompetenz.

Würden Sie SchülerInnen emp-fehlen, an Entrepreneurship-Edu-cation-Projekten teilzunehmen?Sofort. Man lernt dort weitaus mehr, als man in der gleichen Zeit im Unterricht lernen kann. Ich würde es aufgrund der sehr pra-xisnahen „Hands-on-Experience“ empfehlen. Es ist halt ein ganz anderes Setting, als in der Klasse zu sitzen. Man lernt dabei sehr viel und kommt in Berührung mit Unternehmen. Wir haben damals bei Jugend gründet eine Idee im Energiesektor entwickelt und über die haben wir mit Experten aus

Energieunternehmen geredet. Das hat mir auch ein bisschen beige-bracht, wie man kommunizie-ren muss: Wie schreibt man eine anständige E-Mail? Wie schreibt man einen anständigen Brief? Was muss man tun, um eine Ant-wort zu bekommen? Das sind alles sehr praxisnahe Kompeten-zen und die waren am Ende Gold wert. Ebenso wie die Bindung unter den ehemaligen Jugend-gründet-Teilnehmern – das ist wie eine Alumni-Gemeinschaft.

Die Teilnahme erfordert aber auch Zeit, die man mitbringen kön-nen muss. Wenn jemand größere Probleme mit der Leistung in der Schule hat, dann kann so ein Wett-bewerb kontraproduktiv sein. Weil man eventuell so viel Spaß dran hat, dass man dann komplett die Schule vernachlässigt.

Garry Spanz, Unternehmer und ehemaliger Sieger von „Jugend gründet“

Das Interview führte:

Dr. Julia Wolff von der Sahl arbei-tet im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums

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54 EEntrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

„Man braucht in einem Team unterschiedliche Leute, die verschiedene Dinge gut können.“

Vivien Eller, Oberstufenschülerin an der Internatsschule Schloss Hansenberg, ist Teamsprecherin von Team Nextar.

Das Team belegte den zweiten Platz im Gesamtwettbewerb des 16. Projektjahres bei business@school, der Bildungsinitiative von The Boston Consulting Group,

und war außerdem Gewinner des business@school-Innovationspreises der Deutschen Börse.

Welche Aufgaben musstet ihr bei business@school lösen?business@school läuft ein ganzes Jahr und teilt sich in drei Phasen auf. In der ersten Phase analysiert man ein DAX-Unternehmen. In der zweiten Phase schaut man sich ein Unternehmen aus dem regiona-len Umfeld an. Und in der dritten Phase arbeitet man an seiner eige-nen Geschäftsidee. Man schreibt dann auch einen Businessplan, der alles umfasst, sowohl die Finanzen als auch das Marketing sowie die Umsetzung des fiktiven Produktes. Es geht auch darum, Kontakt mit Leuten aus der „realen“ Wirtschaft zu knüpfen. Man trifft sich zum Beispiel mit einer Bank und bere-det, wie man sein Konzept finan-zieren könnte. Der Wettbewerb ist sehr realitätsnah.

Wie seid ihr auf eure Produktidee gekommen?Die Idee kam uns im Alltag. Ich habe schon bei „Jugend grün-det“ die Erfahrung gemacht, dass man die Idee meistens bekommt, wenn man gar nicht aktiv nach ihr sucht. Wir stießen im Schul-alltag auf ein Problem, für das wir uns eine Lösung einfallen lassen

haben. Die Lehrer wollten Dateien von uns. Wir hatten alle USB-Sticks, aber keiner einen PC griffbereit. Den hätten wir aber benötigt, um die Dateien auszutauschen – es ging also nicht. Unser Produkt „Das dING!“ überträgt Dateien direkt zwischen Wechselspeicherme-dien. Es ist sehr klein und passt in jede Hosentasche. Im Unterschied zu anderen Methoden wird nichts zwischengespeichert.

Ihr habt an eurer Produktidee weitestgehend eigenständig gearbeitet?Genau. Herr Rauh, unser Lehrer-coach, bietet für alle Wirtschafts-wettbewerbe hier an der Schule immer samstags Vorlesungen an – er berichtet zum Beispiel eine Stunde über Zahlen oder über Megatrends der Zukunft. Danach haben wir uns manchmal noch mit ihm unterhalten. Grundsätz-lich haben wir aber eigenständig gearbeitet. Bei der Erstellung der Abschlusspräsentation hat er uns mit seinen Tipps und Tricks unter-stützt. Wir hatten Kontakt zu zwei Schülern bei uns auf dem Internat, die im letzten Jahr bei business@school mitgemacht hatten. Die

waren immer dabei, wenn wir uns mit Herrn Rauh oder einem Coach getroffen haben.

Das Besondere bei business@school ist, dass man als Team für das gesamte Schuljahr eine Person aus einem Unternehmen als Coach gestellt bekommt. Darüber hin-aus haben wir eine große Anzahl an weiteren Kontakten geknüpft, beispielsweise zu einem Business Angel. Diese Kontakte haben wir bekommen, indem wir wirklich viel telefoniert haben, E-Mails geschrie-ben haben. Herr Rauh hat sich da auch immer mit drum bemüht.

Wie waren die Treffen mit den Coaches?Das war eine ziemlich schwierige Sache. Also eigentlich am Ende das Schwierigste. Ein Treffen hat immer viel Nachbesprechungs-zeit gebraucht. Weil man ganz viele Meinungen – oft sehr unter-schiedliche Meinungen – zu einem Thema hört. Es war Teamaufgabe, zwischen den unterschiedlichen Meinungen abzuwägen und basie-rend darauf die für uns richtige Lösung zu entwickeln. Die Coaches haben uns auch Bereiche benannt,

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Darum bin ich dabei: Ziele, Erfahrungen, Erfolgsfaktoren — Bei Jugend gründet wollte ich etwas Neues lernen, was man sonst in der Schule nicht lernt: Wie sieht

es denn in der wirklichen Arbeitswelt aus? — Für die meisten Teams ist der Zeitdruck das größte Problem. — Bei kleineren Problemen (Beispiel: Die Präsentation ist gelöscht) haben wir alle gehandelt und nicht

nur der, der den Fehler gemacht hat. — Es zählt immer das Ziel. Wir alle wollten im Wettbewerb weiterkommen. — Wenn man sich zum Beispiel nicht motivieren kann, sollte man sich ein anderes Team suchen.

in denen wir aus ihrer Sicht etwas verbessern könnten. Nach solchen Treffen haben wir auch immer noch einmal als Gruppe überlegt, ob aus unserer Sicht da wirklich noch etwas anzupassen ist.

Wie war es bei euch im Team – wie war die Zusammenarbeit?Dadurch, dass wir auf einem Internat sind, kannten wir uns alle schon ziemlich gut. Teilweise haben wir auch schon letztes Jahr zusammen bei Jugend gründet mitgemacht und wussten daher voneinander, wie der andere arbei-tet. Wir hatten deswegen keine wirkliche Teamfindungsphase. Wir haben Bereiche aufgeteilt, wer sich um was kümmert. Die haben wir alle drei Phasen lang beibehalten. Der Finanzmensch hat sich um die Zahlen gekümmert, derjenige, der sich um die Wertschöpfungskette kümmert, hat sich meistens darum gekümmert, und ich habe mich auf die Organisation des Teams und das Marketing konzentriert. Somit waren wir am Ende alle gut in unseren Rollen drin. Jeder wusste, was für seinen Bereich am besten ist und was noch optimiert wer-den kann. Aber die Entscheidung,

ob und wie wir es dann tatsächlich machen, die haben wir alle zusam-men getroffen. Bei meiner Rolle als Geschäftsführerin und Team-sprecherin ging es mehr darum zu sagen, „jetzt treffen wir uns“ und „jetzt müssen wir X bespre-chen“. Wir haben immer alle über die Sachen von den anderen drüber geschaut – aber nicht von wegen „wir müssen schauen, ob es denn wirklich gut gemacht ist“ – aber so, dass wir alle einen Einblick in alles hatten. Weil mich natürlich nicht nur das Marketing interessiert, sondern alle Aspekte.

Seid ihr im Verlauf des Projektes auf Schwierigkeiten gestoßen, für die ihr Lösungen finden musstet?Für die meisten Teams ist der Zeit-druck das größte Problem. Man denkt „wir haben ja noch ein biss-chen Zeit“. Aber gerade wenn es darum geht, Leute zu treffen und noch Termine zu organisieren, dann reicht es halt nicht, wenn man sich das erst zwei Tage vorher überlegt. Das war auch – wenn es überhaupt mal eine Diskussion gab – der Grund: das Zeitmanagement. Und natürlich gibt es auch mal kleinere Probleme wie „die Präsentation ist

gelöscht“ oder man hat vergessen, das Modell zu machen – solche Sachen. Da haben wir aber kühlen Kopf bewahrt. Wir haben uns ein-fach zusammengesetzt und über-legt, wie wir das noch schnell lösen können. Da haben wir alle gehan-delt und nicht nur der, der den Feh-ler gemacht hat.

Wie war es über das Jahr hinweg mit der Motivation?Es zählt immer das Ziel. Wir alle wollten im Wettbewerb weiter-kommen. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen. Weil alle hart dafür gearbeitet hatten, reichte oft einfaches Erinnern an das Ziel: „Es ist nicht mehr so viel Zeit, wir haben hart gearbeitet und wollen im Wettbewerb weiterkommen“. Wir fanden auch alle die Produkt-idee gut und standen voll dahinter.

Warum hast du dich dafür entschieden, bei zwei Entrepre-neurship-Education-Projekten mitzumachen?Bei Jugend gründet war es noch so, dass ich es einfach mal kennen-lernen wollte und was Neues ler-nen wollte, was man sonst nicht in der Schule lernt und wo man

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56 EEntrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

einfach irgendwie mehr spürt, was man vielleicht später mal arbei-ten könnte. „Wie sieht es denn in der wirklichen Arbeitswelt aus?“. Das Andere ist, dass ich immer schon von Selbstständigen ziem-lich begeistert war und ich mir das auch für mich selbst wirklich gut vorstellen könnte. Man lernt in diesen Wettbewerben unheimlich viel darüber – und man kann sich dann auch einschätzen. „Brauch ich da vielleicht noch einen Finanz-mensch, weil ich das doch noch nicht alleine kann?“. Man merkt, was seine Stärken sind und was noch nicht. Für mich ist busi-ness@school auch ein Ausgleich zur Schule. Es macht viel Arbeit, aber es macht auch einfach Spaß. Es ist so für mich zu einem Hobby geworden.

Hast du dich durch die Teilnahme persönlich weiterentwickelt?Ja, vor allem in Bezug auf Organi-sation und Zeitmanagement habe ich viel gelernt. Aber auch mich zu trauen, Leute aus der Wirtschaft einfach anzusprechen, auf sie zu- zugehen und nicht zu denken „Ich bin doch nur eine Schülerin“. Und auch mit dem Team umzuge-hen, sie immer wieder zu begeis-tern oder zu akzeptieren, wenn jemand eine andere Meinung hat. Auch einfach mal zurückzustecken. Aber wir hatten in unserem Team nicht wirklich große Diskussionen, weil wir uns gegenseitig vertraut haben.

Was würdest du SchülerInnen raten, die darüber nachdenken, bei einem Entrepreneurship-Edu-cation-Projekt mitzumachen?Zu schauen, ob man wirklich das richtige Team hat. Natürlich kann man sich mit allem arrangieren. Aber wenn man sich zum Bei-spiel nicht gegenseitig motivieren kann, sollte man sich andere Leute suchen. Man braucht in einem Team auch unterschiedliche Leute, die verschiedene Dinge gut können. Die Präsentationen waren immer das Schönste, wenn man dann zei-gen kann, was man gemacht hat. Und es macht einfach viel Spaß, im Team etwas zu entwickeln und zusammenzuarbeiten.

Vivien Eller, Oberstufenschülerin an der Internatsschule Schloss Hansenberg, Teamsprecherin von Team Nextar

Das Interview führte:

Armin Baharian arbeitet im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums im Projekt Entrepreneurship Education.

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„Wir haben eine Marktnische gesehen, die damals existierte und wir haben diese Lücke schnell mit einer einfachen Lösung gefüllt.“

Die eigene Idee verwirklichen – so kann es gehen: Vor ca. fünf Jahren gründete Sebastian Kießling den Firmenverbund um die

„Deutschen Technologie Manufakturen“ (DTM). Sie stellen Mikrogastrubinen her, mit deren Hilfe aus sogenannten „Hidden Fuels“, also Sekundärbrennstoffen wie

beispielsweise Holzresten, Strom hergestellt wird.

Was hat Sie dazu gebracht, Ihre Idee im Rahmen einer Gründung zu verfolgen?Ich habe Wirtschaftsingenieur-wesen an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) in Cottbus studiert. Während mei-ner Studienzeit hatte ich schon viel mit Turbinen zu tun und in dem Bereich auch Projektarbeiten gemacht. Dann gab es 2010 ein Projekt an der BTU Cottbus, in dem gemeinsam mit der Firma Bilfin-ger eine 100 kW Mikrogasturbine

entwickelt wurde. Ich war direkt an die Projektleitung angebun-den. Die Themen Mikrogasturbi-nen und Kleinenergie haben mir so gut gefallen, dass ich gemeinsam mit Herrn Professor Dr.-Ing. Heinz Peter Berg von der BTU aus der Uni heraus eine Firma gegründet habe. Für unser Geschäftskonzept im Bereich Mikrogasturbinen eine Entwicklungsfirma auszugründen, habe ich dann auch den Roland-Berger-Gründerpreis bekommen.

Ist der Gründungsgedanke tat-sächlich erst während des Studi-ums entstanden oder haben Sie vorher schon daran gedacht, dass das eine Option wäre, statt einen klassischen Weg zu beschreiten und beispielsweise als Ingenieur bei Siemens einzusteigen?Als ich meine erste Firma gegrün-det habe war ich noch nicht einmal volljährig. Mit Freunden zusam-men und mit Hilfe unserer Eltern haben wir damals einen Hard-wareversand aufgezogen. Wir

Das Projekt „Energiegründer“ des RKW Kompetenzzentrum stellt Energiegründer und ihre Innovationen vor. Dabei stehen vor allem die persönlichen Geschichten und Ideen der Menschen im Vordergrund. www.energiegruender.de

Bereits heute gibt es eine Vielzahl an innovativen Ideen und Projekten, die aus ökologischer Sicht etwas verbessern oder verändern, die Vernetzung und den Wissenstransfer zum Thema Energie unterstützen oder den Dialog über Lösungen im Energiebereich fördern. Sprich: Die Energiewende aktiv gestalten. Dennoch sind diese Innovationen, die beteiligten Personen und ihre Geschichten der Öffentlichkeit wenig bekannt und das Wissen potenzieller Gründer über die vielversprechenden Karrierechancen im Bereich der Energieerzeugung hält sich in Grenzen.

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58 EEntrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

haben als Einkaufsgemeinschaft agiert und Konfektionierung für spezielle Computersysteme betrie-ben. So haben wir möglichst viele Bedarfe gebündelt und dann bei Großhändlern bedarfsgerecht ein-gekauft. Einen Teil der Preisvorteile haben wir an die Kunden weiterge-geben. Das ist jetzt schon über 15 Jahre her. Damals ging das noch – heute ist das nicht mehr möglich, da alles über das Internet läuft.

Kann man sagen, Sie waren Com-puterbastler und wollten billig an die Hardware kommen?Ja, das war ein Grund – wir haben natürlich selber auch davon profi-tiert. Aber das Unternehmerische stand schon im Vordergrund, wir hatten eine ganz klare Gewinnab-sicht. Wir haben eine Marktnische gesehen, die damals existierte und

wir haben diese Lücke schnell mit einer einfachen Lösung gefüllt. Sie hat sich dann relativ bald geschlos-sen, das war jedoch nicht schlimm. Es war ja unser erster Versuch und wir sind durchaus mit Gewinn aus der Unternehmung rausgegangen.

Und genauso machen wir es heute auch. Im Endeffekt habe ich den Grundansatz in die neue Firma übertragen. Wir können einen Lösungsweg zur Verfügung stellen: Eine spezifische Energie-wandlung in einem gewissen Leis-tungsbereich unter Nutzung eines attraktiven Kraftstoffportfolios. Mit dem somit erstellten System bedienen wir wirtschaftlich attrak-tive Marktlücken.

Herr Kießling, was genau ist Ihr Produkt?Wir sind im Bereich Kleingastur-binen tätig. Angefangen haben wir mit einzelnen Brennern oder auch nur Berechnungen und Aus-legungen, und sind dann immer weitergegangen: Zündsysteme, komplette Brennkammern, Ent-wicklung von kompletten Prüf-ständen. Wir sind immer weiter im System gewachsen, so dass wir mittlerweile eine extern befeu-erte Mikrogasturbine anbieten. Mit unserer Technik lassen sich insbesondere Brennstoffe nutzen, die durch „normale“ Mikrogas-turbinen nicht verbrannt werden können, da wir anstatt interner Brennkammern externe Feue-rungsstätten nutzen. Wir verbren-nen Reststoffe wie zum Beispiel Holz oder Deponiegas vor der Turbine und leiten dann erst das entstandene Heißgas über einen Wärmetauscher in die Gasturbine ein. Die so erzeugte heiße Luft wird dann über die Turbine expandiert und erzeugt mittels eines Genera-tors Strom.

Wir haben natürlich selber auch davon profitiert. Aber das Unternehmerische stand schon im Vordergrund, wir hatten eine ganz klare Gewinnabsicht.

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Was ist der Vorteil dieser Techno-logie?Normalerweise sind Turbinen nur auf flüssige oder gasförmige Brennstoffe ausgelegt – genauso wie Motoren. Wenn Sie ein Stück Holz in die Turbine werfen, pas-siert nichts. Die Menschheit nutzt schon lange das Feuer, aber es ist keine Intelligenz dahinter. Die Intelligenz besteht darin, höher-wertige Energieformen zu wan-deln. Wärme zu erzeugen ist einfach, Stromerzeugung ist aber viel anspruchsvoller, komplexer und effizienter.

Die Grundidee für unsere Tech-nologie basiert nicht unbedingt auf der Verwendung in Industrie-anwendungen, für die wir aktuell mehrheitlich Systeme entwickeln, weil wir mit diesem Bedarf am Anfang gar nicht gerechnet haben. Die erste Idee für eine Anwendung war der Katastrophenfall. Wir haben uns gedacht: Es gibt eine Flut oder ein Erdbeben und die Infrastruktur ist danach meistens zerstört. Straßen sind beschädigt.

Strom-, Wärme- und Wassernetze sind kaputt. Es gibt nicht genug Kraftstoffe, weder Gas noch Die-sel. Aber es gibt viele Überlebende, es gibt Verletzte, die irgendwie versorgt werden müssen und die Leute müssen sich vor Ort helfen können. Wir haben ein System ent-wickelt, das im Container per Hub-schrauber transportierbar ist und vor Ort abgesetzt werden kann. Die Leute können die Biomasse nut-zen, die vorhanden ist – zerstörte Häuser, Bäume, Erntereste, um das System zu betreiben und im Insel-betrieb zumindest Notunterkünfte oder ein Hospital mit Strom und Wärme versorgen. Diese Modula-risierung mit dem Ziel, ohne auf-wändige Aufbauarbeiten direkt helfen zu können: Das war der Ansatzpunkt. Erst im Nachhinein ist uns klar geworden, dass sowohl im Industriebereich als auch bei Deponien mit Schwachgasen ein riesiger Bedarf besteht.

Sebastian Kießling, Unterneh-mensgründer „Deutschen Techno-logie Manufakturen“ (DTM).

Das Interview führte: Dr. Kai Morgenstern arbeitet im Projekt Energiegründer im Fachbereich Gründung des RKW Kompetenzzentrums.

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60 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

ANGEBOTE & ANLAUFSTELLEN FÜR LEHRKRÄFTE

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ANGEBOTE & ANLAUFSTELLEN FÜR LEHRKRÄFTE

im Bereich Entrepreneurship Education

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62 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge –

ifex des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

Seit Mitte der 90er Jahre entwickelt und fördert die Ini-tiative für Existenzgründungen und Unternehmens-nachfolge – ifex im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg in enger Kooperation mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport unterschiedliche Maßnahmen und Instrumente, um SchülerInnen frühzeitig für die berufliche Selbständig-keit zu sensibilisieren und dafür zu qualifizieren sowie unternehmerische Talente frühzeitig zu identifizieren und zu fördern. Ziel der Maßnahmen ist es, Gründungs-wissen zu vermitteln und zu vertiefen. Dabei liegt uns besonders die Qualifizierung junger Menschen durch handlungsorientiertes und projektbezogenes Arbei-ten am Herzen. Die Schlüsselqualifikationen wie zum Beispiel Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässig-keit, Durchhaltevermögen, Teamfähigkeit sowie ver-netztes Denken, die SchülerInnen erwerben sowie die Erfahrungen, die sie sammeln, helfen ihnen in ihrer beruflichen Entscheidungsfindung und Karriere.

Unsere Maßnahmen sind an vielen Stellen mitein-ander verzahnt und erlauben damit eine sukzessive Intensivierung der Thematik oder sie weisen zielgrup-penspezifische Abstufungen auf, so dass sie für unter-schiedliche Schularten kompatibel sind.

Im Folgenden eine kurze Darstellung einiger jüngerer Maßnahmen sowie einiger Besonderheiten, die wir in Baden-Württemberg haben und die landesweit etab-liert werden sollen:

UnternehmerführerscheinMit dem Unternehmerführerschein erwerben Schü-lerInnen fundierte Basiskenntnisse in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen. Über die Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Fragestellungen erschließen sie sich die Existenzgründung als berufliche Perspektive und werden auf die Anforderungen der Arbeitswelt vor-bereitet. Das international anerkannte Bildungszerti-fikat ist ein Angebot für die Sekundarstufe I, mit dem die in den neuen Bildungsplänen formulierten pro-zess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen im Fachge-biet Wirtschaft zielführend vermittelt werden. Dabei unterstützen die gut ausgearbeiteten Lernmateria-lien sowie das umfangreiche E-Learning-Tool die Lehr-kräfte beim Einsatz im Unterricht und der Umsetzung eines Blended-Learning-Konzepts.

Die Einführung wird durch umfangreiche Unterstüt-zungsmaßnahmen seitens des Projektträgers beglei-tet. Die externen Prüfungen stellen einen wichtigen Schritt in Richtung europäische Zertifizierung dar. www.unternehmerfuehrerschein-bw.de

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www.rkw-kompetenzzentrum.de 63

Chance CHEF – Handwerk erfolgreich führenDas Unterrichtskonzept „Chance CHEF – Handwerk erfolgreich führen“ will SchülerInnen und Wirtschaft miteinander bekannt machen. Das Unterrichtsan-gebot enthält ein Kurskonzept mit detaillierten Lehrplänen. Aufgabenstellungen zur erfolgreichen Unternehmensgründung und -führung stehen im Mittelpunkt. Im Zentrum von Chance CHEF steht eine Lernsoftware, mit der SchülerInnen unter authenti-schen Bedingungen eine virtuelle Schreinerei führen. Sie sitzen in Chefsesseln und müssen über rote oder schwarze Zahlen entscheiden. Bestandteile des Pro-jektes sind Online-Prüfungen, der Online-Wettbewerb CHANCE CUP sowie ein Zertifikat (bei erfolgreicher Teilnahme am CHANCE CUP und bestandener Online-Prüfung) mit anschließender Siegerehrung. Das Unter-richtskonzept CHANCE CHEF wird in drei Niveaustufen realisiert. www.chance-chef.de

NFTE-Lehrerfortbildungen / NFTE Network for Teaching EntrepreneurshipIn einer dreitägigen NFTE-Fortbildung werden Lehre-rInnen sowie pädagogisch tätige Personen durch einen Wirtschaftswissenschaftler und eine Pädagogin mit dem NFTE Lehrplan vertraut gemacht. In äußerst kon-zentrierter Form lernen sie genau das, was sie danach an ihren Schulen den SchülerInnen – mit viel mehr Zeit – weitergeben werden: Sie lernen, wie man aufgrund der individuellen Stärken und Interessen in einem kre-ativen Prozess eine Geschäftsidee entwickeln, einen Businessplan erarbeiten und soziale und ökologische Verantwortung im wirtschaftlichen Zusammenhang sichtbar machen kann. Am Ende des Kurses werden sie mit einem Zertifikat als CETs (Certified Entrepreneur-ship Teachers) ausgezeichnet.

Dieses berechtigt zum Unterricht mit dem NFTE Curriculum in den Schulen mit den didaktisch-methodisch sorgfältig ausgearbeiteten NFTE-Unter-richtsmaterialien. NFTE setzt individuell bei jedem einzelnen Mädchen und Jungen an und hilft ihr oder ihm mit einer Pädagogik der Ermutigung bei der Entwicklung ihrer Stärken. In einem NFTE Kurs ler-nen die Jugendlichen, unternehmerisch zu denken und können erproben, wie sie ihre besten Geschäfts-ideen in Realität umsetzen. www.gruendung-bw.de/themen/ schule-und-selbstaendigkeit/nfte-lehrerfortbildungen

Angebote für Schüler- und JuniorenfirmenHandlungsorientiertes und projektbezogenes Arbei-ten lässt sich besonders bei der Gründung einer Schü-ler- oder Juniorenfirma umsetzen. Die Gründung einer Schüler- oder Juniorenfirma lässt die SchülerInnen den „Ernstfall“ erproben. Sie durchlaufen die Grün-dungsphase ihrer Firma. Sie müssen Entscheidungen treffen und erkennen dabei: Gute und richtige Ent-scheidungen werden belohnt (Gewinn), falsche Ent-scheidungen bestraft (Verlust)! Unternehmerische Kreativität und unternehmerisches Risiko werden so erfahrbar und durch eigenes Handeln – durch „Lear-ning by doing“ – nachvollziehbar.

Die Arbeit in einer Schüler- oder Juniorenfirma ist eine besonders geeignete Form des fächerverbindenden, entscheidungs- und prozessorientierten sowie pra-xisnahen Lernens. Die Schüler- oder Juniorenfirmen sind geeignet, den SchülerInnen den Gedanken selb-ständiger Unternehmensführung nahe zu bringen. In diesem Zusammenhang spielen auch Fragen der Exis-tenzgründung eine wichtige Rolle.

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64 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Damit so viel „reales“ Leben als möglich für die Schü-lerInnen erfahrbar wird, müssen sie wie jede/r Exis-tenzgründerIn ein Bankengespräch für einen Kredit führen. Dafür haben wir gemeinsam mit der L-Bank, der Staatsbank für Baden-Württemberg, folgendes Projekt ins Leben gerufen:

SchulBankKreditMit dem SchulBankKredit der L-Bank können Schüle-rInnen einer Schüler- oder Juniorenfirma oder einer JUNIOR-Firma aus dem Projekt „JUNIOR expert“ erste Erfahrungen sammeln, wie Kreditverhandlungen mit einer Bank ablaufen. Wie im realen Leben muss ein Businessplan mit Kostenplan eingereicht werden, bevor die Einladung zu einem Bankgespräch erfolgt. Vor Ort gilt es, die eigene Geschäftsidee sowie die Finanzplanung gegenüber den Auszubildenden der Bank überzeugend darzustellen. Je nach Erfolg des Gesprächs muss die Schüler- oder Juniorenfirma ihren Businessplan nachbessern, sie erhält den Kredit oder er wird abgelehnt. www.gruendung-bw.de/fileadmin/media/down-loads/Schulprojekte/120131_schulbankkredit.pdf

Ein weiteres Anliegen ist für ifex die Bedarfe der Schu-len (Lehrkräfte, SchülerInnen) bei der Gründung von Schüler- und Juniorenfirmen zu erkennen und Unter-stützung anzubieten. So zum Beispiel wenn es um rechtliche Fragen geht:

Rechtliche Beratung von Schüler- und JuniorenfirmenBei der Gründung von Schüler- und Juniorenfirmen stellen sich häufig rechtliche Fragen. Dafür hat ifex in Kooperation mit den vier Rechtsanwaltskammern in Baden-Württemberg einen Beraterpool für rechtli-che Fragen bei der Gründung einer Schüler- oder Juni-orenfirma eingerichtet. Je nach Wohnort kann aus den Beraterpool-Listen der zuständigen Rechtsanwalts-kammer ein/e Rechtsanwältin/Rechtsanwalt ausge-wählt werden. Die Kosten übernimmt das MFW. Die Beraterlisten sind eingestellt unter: www.gruendung-bw.de/themen/ schule-und-selbstaendigkeit/rechtliche-beratung

Junior Elevator Pitch BWAnalog zur erfolgreichen landesweiten Wettbewerbs-reihe „Elevator Pitch BW“ gibt es nun den „Junior Elevator Pitch BW“. Bei einem „Elevator Pitch“ präsen-tieren die Schülerunternehmen ihre Geschäftsideen in sehr kurzer Zeit (drei Minuten – sozusagen der Zeit einer Fahrstuhlfahrt) vor einer Jury, dem Publikum, „Geschäftspartnern“ und möglichen Kunden. Dabei müssen die SchülerInnen keinen ausgefeilten Busi-nessplan vorlegen, sondern es geht darum, die Zuhörer in drei Minuten neugierig zu machen und sie davon zu überzeugen, sich eingehender mit der Geschäftsidee beschäftigen zu wollen. Der „Elevator Pitch“ bietet ide-enreichen GründerInnen eine attraktive Plattform, um sich und ihre Geschäftsidee zu präsentieren und ein Feedback zu erhalten.

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Der Wettbewerb richtet sich an SchülerInnen ab der siebten Klasse, die bereits eine Schülerfirma gegrün-det haben oder die eine Geschäftsidee für eine Schü-lerfirma haben. https://junior.elevatorpitch-bw.de

Auch auf Bundesebene unterstützt ifex die Förderung des Unternehmergeistes an Schulen:

Initiativkreis „Unternehmergeist in die Schulen" ifex ist Mitglied im Initiativkreis Unternehmergeist in die Schulen, in dem sich unter der Moderation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie mehr als ein Dutzend renommierte Initiativen zusammen-geschlossen haben mit dem Anliegen, LehrerInnen dabei zu unterstützen, das Thema Unternehmergeist in den Unterricht zu integrieren und auf spannende und lebensnahe Weise zu vermitteln. Die Projektan-gebote der Initiativen sowie Angebote zu Lehrerfort-bildungen, eTraining-Module, das Wirtschaftsspiel BeBoss, Materialien zur Unterrichtsgestaltung und vieles mehr sind eingestellt unter: www.unterneh-mergeist-macht-schule.de

Entrepreneurship Education – Unternehmergeist bei SchülerInnen wecken ist eine Daueraufgabe. Jede/r SchülerIn sollte im Laufe seiner schulischen Ausbil-dung die Gelegenheit haben, sich mit unternehmeri-schen Themen auseinandersetzen zu können. Diese Qualifikationen werden auch zunehmend auf allen Ebenen der abhängigen Beschäftigung gefordert und müssen deshalb verbindlich vermittelt werden. Im neuen Landesbildungsplan wird dieser Tatsache durch die Einführung des Faches „Wirtschaft, Berufs- und

Studienorientierung“ an allen allgemein bildenden Schulen Rechnung getragen. Die beschriebenen Entre-preneurship Education-Projekte werden zunehmend in dieses Fach integriert werden. Deshalb ist unser Ziel, den SchülerInnen, die sich dabei als unternehme-rische Talente herauskristallisieren, eine motivierende und effektive Unterstützung zu geben.

Neue Projekte sowie Informationen zum Themen-bereich „Schule und Selbständigkeit“ der ifex sind auf unserer Website zu finden unter: www.gruendung-bw.de/themen/ schule-und-selbstaendigkeit

Autorin: Petra Weininger, Projektleiterin „Schule und Selbständigkeit“ der Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge – ifex des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg, www.gruendung-bw.de

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66 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Schule macht Wirtschaft Initiativkreis Unternehmergeist

in die Schulen

Die Gründerkultur in Deutschland ist im Vergleich zu anderen Ländern nicht sehr stark ausgeprägt. Aus diesem Grund wollen wir unternehmerisches Den-ken und Handeln fördern und entwickeln, und fangen bereits in den Schulen damit an. Denn junge Men-schen sind offen für Neues, sie besitzen Mut und ste-cken voller Ideen. Sie möchten in Zukunft „ihr eigenes Ding machen“. Dazu bieten wir bei „Unternehmer-geist in die Schulen“ die passende Plattform.

Der Initiativkreis Unternehmergeist in die Schulen möchte Sie dabei unterstützen, das Thema Unter-nehmergeist in den Unterricht zu integrieren und auf spannende und lebensnahe Weise zu vermitteln.

Dabei helfen die Initiativen den LehrerInnen, indem sie

— Schülerwettbewerbe, Schülerfirmen oder andere unternehmerisch orientierte Projekte organisieren und betreuen,

— Kontakte zur Wirtschaft und zu Unternehmen herstellen,

— ergänzendes Material zur Unterrichtsgestaltung bereitstellen,

— Vorträge und Exkursionen organisieren.

Die SchülerInnen werden dabei unterstützt,

— mit Mut und kreativen Ideen Neues zu schaffen, — ihre Interessen und Fähigkeiten kennenzulernen, — soziale Kompetenzen zu entwickeln und

auszubauen, — Verantwortung in Schülerunternehmen zu

übernehmen, — Wirtschaftszusammenhänge auf spannende

Art und Weise zu entdecken, — eine eigene Geschäftsidee auszuprobieren.

Eine vollständige Liste aller teilnehmenden unkom-merziellen Initiativen finden Sie unter: www.unternehmergeist-macht-schule.de/Initiativen

Erfahren Sie mehr darüber, wie der Initiativkreis „Unternehmergeist in die Schulen“ Sie und Ihre Schü-lerInnen unterstützen kann unter: www.unternehmergeist-macht-schule.de

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Karl Schlecht Stiftung

Die Karl Schlecht Stiftung fördert namhafte Projekte und Institutionen, die sich dem guten und erfolgreichen Miteinander verschrieben haben. Förderschwerpunkte sind die vier Bereiche Ethik & Leadership, Bildung & Erziehung, Energie & Technik und Kunst & Kultur. In diesen Bereichen kümmert sich die Karl Schlecht Stif-tung zum Beispiel darum, wirtschaftsethische Prinzi-pien sicht- und umsetzbar zu machen, kulturelle Werte weiterzugeben und den Blick für innovative Wege im Bildungsbereich zu öffnen.

Die Karl Schlecht Stiftung wurde als gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts im Oktober 1998 von Dipl.-Ing. Karl Schlecht gegründet. Sie hat ihren Sitz in Aichtal bei Stuttgart. Der Stifter Karl Schlecht ist Gründer des Betonpumpenherstellers Putzmeister in Aichtal. Bis Januar 2012 hielt die Karl Schlecht Stiftung 99 Prozent der Anteile an dem Unternehmen, dann wurde Putzmeister verkauft, wodurch das Stiftungs-vermögen stark angewachsen ist.

Die Karl Schlecht Stiftung ist Mitglied im Bundesver-band Deutscher Stiftungen. www.karlschlechtstiftung.de

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68 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

RKW Kompetenzzentrum

ist eine gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungseinrichtung und

bundesweit aktiv.

Das RKW Kompetenzzentrum ist eine gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungseinrichtung und bun-desweit aktiv. In Eschborn arbeiten rund 80 Mitarbei-terInnen und erforschen, wie sich kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland im internationalen Wettbewerb behaupten können. Die Erkenntnisse fließen in praxisnahe Empfehlungen ein, die wir kos-tenlos verbreiteten. Dafür werden wir vom Bundesmi-nisterium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages gefördert.

Das Projekt Entrepreneurship Education Mit Veranstaltungen, Workshops und Beispielen guter Praxis wollen wir bei Jugendlichen sowohl die Wahr-nehmung der Selbständigkeit als berufliche Alter-native verbessern als auch das ökonomische Wissen ausbauen.

Internationale Vergleiche wie der Global Entrepre-neurship Monitor (GEM) zeigen: In Deutschland ist eine unternehmerische Initiative unter Jugendlichen eher gering ausgeprägt. Damit kann ein besonderer Handlungsbedarf bei der gründungsbezogenen schu-lischen Ausbildung abgeleitet werden.

ZieleIn diesem Projekt soll dargestellt werden, welche Erfahrung SchülerInnen mit Entrepreneurship-Educa-tion-Projekten machen und was ihnen die Teilnahme an diesen Projekten – auch nachhaltig – bringt. Mit den Erfahrungsberichten sollen Lehrkräfte dafür gewonnen werden, schulische Entrepreneurship-Edu-cation-Projekte in ihren Berufsalltag zu integrieren. Vor allem, wenn sie sehen, welche Vorteile die Projekt-teilnahme für ihre SchülerInnen bringen kann.

Workshops und Veranstaltungen sollen Lehrkräfte sowie Lehramtsstudierende sensibilisieren, aber auch dazu befähigen, Projekte und Aktionen selbst durch-zuführen, die Unternehmergeist für SchülerInnen erlebbar machen.

Die Jugendlichen sollen motiviert werden, an Projek-ten zum Thema Entrepreneurship Education teilzu-nehmen. Sie sollen damit die Fähigkeiten erwerben, in wirtschaftlichen Zusammenhängen kompetent und mündig zu agieren, Eigeninitiative zu zeigen, Kreativi-tät zu erleben, Verantwortung für andere zu überneh-men und im Team zu arbeiten.

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Zielgruppen des Projektes sind SchülerInnen, Lehr-kräfte und Lehramtsstudierende, Maßnahmen zur Umsetzung der Projektziele sind Veranstaltungen, Workshops und die Erarbeitung von Beispielen guter Praxis.

„Unternehmergeist in die Schulen“ – Fortbildungsveranstaltungen für Lehramts-studierende in Baden-WürttembergIm Rahmen des Projektes richtet das RKW Kompetenzzentrum in Kooperation mit dem Bun-desministerium für Wirtschaft und Energie und der Initiative für Existenzgründungen und Unternehmens- nachfolge – ifex des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Fortbildungsveran-staltungen für Lehramtsstudierende in Baden-Würt-temberg aus. Die Veranstaltungen werden durch die Karl Schlecht Stiftung (KSG) unterstützt. Die in Aichtal bei Stuttgart ansässige Stiftung engagiert sich ab 2015 zunehmend im Bereich Entrepreneurship.

Mitglied im Initiativkreis Unternehmergeist in die SchulenDer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Ener-gie (BMWi) moderierte Initiativkreis Unternehmer-geist in die Schulen hat es sich zum Ziel gesetzt, das Thema Unternehmensgründung nachhaltig an den Schulen in Deutschland zu etablieren. Das RKW Kom-petenzzentrum ist seit Anfang 2014 Mitglied des Initi-ativkreises. www.unternehmergeist-macht-schule.de

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70 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Die Gründerwoche Deutschland Eine Aktion für Unternehmergeist

und Unternehmensgründung

Was ist die Gründerwoche Deutschland?Die Gründerwoche Deutschland ist eine bundesweite Aktion unter der Federführung des Bundesministeri-ums für Wirtschaft und Energie. Die Gründerwoche Deutschland ist der deutsche Beitrag zur Global Ent-repreneurship Week (GEW): Die weltweite Initiative will für Gründung und Unternehmertum sensibilisie-ren und dabei die Entwicklung von innovativen Ideen und unternehmerisches Denken und Handeln fördern. Alles über die GEW finden Sie auf www.gew.co.

Warum gibt es die Gründerwoche Deutsch-land?Unternehmensgründungen sorgen für Fortschritt und Wachstum. Sie stehen für Kreativität, unternehmeri-sche Entfaltung und schaffen Arbeitsplätze. Die Grün-derwoche Deutschland will deshalb für eine neue Gründungskultur und ein freundliches Gründungs-klima in Deutschland motivieren, inspirieren und über die Perspektiven der beruflichen Selbständigkeit informieren.

An wen richtet sich die Gründerwoche Deutschland? Wer profitiert davon?Die Zielgruppen der Gründerwoche sind in erster Linie junge Menschen: SchülerInnen, Auszubildende, Stu-dierende und junge GründerInnen. Sie sollen an die Themen Existenzgründung und Unternehmertum her-angeführt werden, erhalten praxisnahes Wissen rund um Gründung und unternehmerische Kompetenz.

Wer setzt die Gründerwoche in die Praxis um? Für die erfolgreiche Umsetzung der Gründerwoche ist das Engagement vieler Gründungsakteure und Förderer von Unternehmergeist gefragt, die sich als (Aktions-)Partner mit eigenen Aktivitäten in die Grün-derwoche einbringen. Wer junge Menschen auf die berufliche Selbständigkeit aufmerksam machen und sie dabei unterstützen will, ist als Partner im Netzwerk der Gründerwoche willkommen.

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Warum sollten sich Schulen an der Gründer-woche beteiligen? Unternehmerische Selbständigkeit als berufliche Zukunftsperspektive ist bei jungen Leuten noch wenig im Blick. SchulleiterInnen und LehrerInnen sind Mul-tiplikatoren und dazu eingeladen, unter dem Dach der Gründerwoche eine Veranstaltung oder eine öffentlichkeitswirksame Aktion für ihre SchülerInnen anzubieten. Ob allein oder durch die Vernetzung mit lokalen, mit regionalen und überregionalen Koope-rationspartnern: Es bieten sich vielfältige Möglich-keiten, um Unternehmergeist an junge Menschen in unterschiedlichen Klassenstufen und Schulformen heranzutragen.

Welche Möglichkeiten zur Beteiligung an der Gründerwoche Deutschland gibt es? Partner zu werden, eine Veranstaltung oder eine öffentlichkeitswirksame Aktion unter dem Dach der Gründerwoche anzubieten, ist einfach: Interessierte registrieren sich dazu als Partner auf dem Internet-Portal www.gruenderwoche.de für den aktuellen Akti-onszeitraum. Sie tragen ihr Veranstaltungsangebot in den Veranstaltungskalender ein.

Nach Partnerregistrierung und Veranstaltungsein-tragung bietet sich die Möglichkeit zum Download und/oder zur Bestellung von unterstützenden Werbe- und Veranstaltungsmaterialien, teilweise individuell

anpassbar. Registrierte Partner erhalten sowohl auf dem Portal als auch in Form der Partnerinformation und des Newsletters aktuelle Informationen rund um die bundesweite und internationale Gründerwoche.

Sprechen Sie uns an:Wir unterstützen Sie bei der Registrierung als Part-ner, bei der Eintragung Ihrer Veranstaltungsange-bote und sämtlichen weiteren Anliegen rund um die Gründerwoche:

Bundesweite Koordinierungsstelle der Gründerwoche Deutschland im RKW Kompetenzzentrum Düsseldorfer Straße 40A, D-65760 Eschborn 06196 495-3420, [email protected]

Das Team der bundesweiten Koordinierungsstelle sowie Ansprechpartner für die Gründerwoche in Ihrem Bundesland finden Sie auch im Bereich „Für Partner und Förderer“ auf www.gruenderwoche.de.

Die Gründerwoche Deutschland auf Facebook: www.facebook.com/GruenderwocheDeutschland

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72 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Unterricht leicht gemacht Mit dem Unternehmerführerschein®

(unkompliziert) Wirtschaftswissen vermitteln

Unternehmerisches Denken und Handeln werden zunehmend zu gefragten Eigenschaften jedes Arbeit-nehmers. Nicht nur von selbständig Tätigen sondern auch von Angestellten in Betrieben und Unterneh-men werden diese Fähigkeiten mittlerweile erwar-tet. Die Entwicklung im Rahmen von Industrie 4.0 wird dies noch verstärken. Die Prozesse innerhalb eines Unternehmens sollen auch von den Angestell-ten nachvollzogen werden, diese sollen in der Lage sein, eigenverantwortlich Aufgaben zu erledigen und innerhalb ihres Verantwortungsbereichs Entscheidun-gen zu treffen. Daher wird mit den neuen Bildungs-plänen in Baden-Württemberg die wirtschaftliche Grundbildung stärker in den Vordergrund gerückt. Die Entrepreneurship Education im Unterricht gewinnt entsprechend immer mehr an Bedeutung, denn mit ihr lassen sich sowohl wirtschaftliche Grundkenntnisse und unternehmerische Handlungskompetenz vermit-teln, als auch die unternehmerische Selbständigkeit als eine mögliche Option für die spätere Berufswahl

vorstellen. SchülerInnen können in wirtschaftliche Themen eintauchen und dabei erfahren, ob dies ein Berufsfeld ist, dem sie sich nähern wollen. Erfahrun-gen zeigen, dass einige SchülerInnen, die in anderen Bereichen noch nicht das Richtige für sich gefunden haben, in wirtschaftlichen Themen ihr Zuhause fin-den und mit Begeisterung logistische Prozesse und Verkaufsstrategien durchdenken. Im Sinne einer mög-lichst ganzheitlichen beruflichen Orientierung sind daher die Einblicke in das Feld der Wirtschaft ein wich-tiger Baustein.

Aus Österreich kommt ein Konzept, das dort seit nun-mehr zehn Jahren etabliert ist: Der Unternehmer-führerschein®. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft bringt dieses Zertifikat zur wirtschaftlichen Grundbildung nun auch an baden-württembergische Schulen. In insgesamt vier Modulen können Schüle-rInnen sich fundierte Kenntnisse in Wirtschaft und Finanzen aneignen. An den Schulen in Baden-Würt-temberg wird derzeit das erste Modul angeboten. Die ifex – Initiative für Existenzgründungen und Unter-nehmensnachfolge – übernimmt die Kosten für die Unterrichtsmaterialien und die Prüfungsgebühren.

Das Besondere beim Unternehmerführerschein® sind neben der inhaltlichen Ausrichtung und abschließen-den Zertifizierung vor allem die umfangreichen, gut ausgearbeiteten Unterrichtsmaterialien, die den Leh-rerInnen zur Verfügung gestellt werden. Dank ihrer lässt sich die Vorbereitung des Unterrichts auf ein Mindestmaß reduzieren. Das ausführliche Lehr- und Lernbuch für die SchülerInnen wird gleichzeitig als Workbook genutzt und beinhaltet neben den über-sichtlich aufbereiteten Inhalten zahlreiche Übungen

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und weiterführende Links. Den LehrerInnen wird ein umfassendes Begleitbuch an die Hand gegeben, in dem konkrete Hinweise und Ideen zur didaktischen Umsetzung der einzelnen Kapitel, sowie eine CD-ROM mit PowerPoint Präsentationen und Arbeitsblätter zum Einsatz im Unterricht enthalten sind. Zusätzlich wird ein E-Learning-Tool bereitgestellt, das sämtliche Inhalte des Lehrbuchs umfasst und dank der animier-ten Grafiken und ausführlichen Übungsfragen bestens für Blended-Learning und Selbststudium geeignet ist.

Die SchülerInnen lernen die Grundbegriffe und Funkti-onsweisen der Wirtschaft kennen und setzen sich mit folgenden Themen auseinander:

— Verständnis der Arbeitswelt und der eigenen Rolle als Arbeitnehmer

— Bedeutung und Wirkweise des Marktes — Geld und seine Funktion in der Wirtschaft — Verschiedene Wirtschaftszweige und deren

Eigenheiten — Aufbau und Aufgabenspektrum eines

Unternehmens — Marketing und Zielgruppen — Preisgestaltung

Die standardisierte Prüfung wird am PC abgelegt und von externen Prüfern angeleitet und überwacht. Dadurch wird die Qualität des Zertifikats sicher-gestellt und die Lehrkraft hat keinen zusätzlichen Korrekturaufwand.

Der Einsatz des Unternehmerführerscheins empfiehlt sich besonders in Ergänzung zu einer Schülerfirma. So können die praktischen Erfahrungen mit theore-tischem Wissen verknüpft und untermauert werden. Der Transfer aus der Praxis festigt so das Gelernte und ermöglicht eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Themen.

Mit dem Unternehmerführerschein® erarbeiten sich die SchülerInnen eine Zusatzqualifikation, die ihnen bei Bewerbungen und in ihrem beruflichen Leben nützlich ist. Sie signalisieren ihrem zukünftigen Arbeitgeber oder Ausbildungsbetrieb, dass sie sich bereits intensiv mit dem Thema Wirtschaft und Finan-zen auseinandergesetzt und fundiertes Basiswissen aufgebaut haben.

Das Projekt wird gefördert vom Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, ifex – Initiative für Exis-tenzgründungen und Unternehmensnachfolge. Pro-jektträger ist das Steinbeis-Innovationszentrum für Unternehmensentwicklung an der Hochschule Pforz-heim. Nähere Informationen zum Projekt und Ein-blicke in die Unterrichtsmaterialien finden Sie unter www.unternehmerfuehrerschein-bw.de.

Autorinnen: Prof. Dr. Barbara Burkhardt-Reich, Steinbeis-Innovationszentrum für Unternehmensentwicklung an der Hochschule Pforzheim

Eva Mürrle, Steinbeis-Innovationszentrum für Unternehmensentwicklung an der Hochschule Pforzheim

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74 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

NFTE Deutschland e.V. Entrepreneurship Education für

Deutschland

Ziel des Vereins ist die Förderung von Selbstvertrauen, Eigeninitiative und Unternehmergeist bei Jugendli-chen zwischen 13 und 20 Jahren. Für Lehrkräfte bietet NFTE innovative Wirtschaftsfortbildungen in Entre-preneurship Erziehung an. Das praxisnahe Curricu-lum kann sofort umgesetzt werden. Damit werden Jugendliche besser motiviert und auf das Berufsle-ben vorbereitet. UnternehmerInnen aus der Region, die die Arbeit von NFTE unterstützen, erhalten die Chance, ihren Betrieb in den Kursen vorzustellen und sich engagierte Azubis und künftige Fachkräfte selbst auszusuchen.

Seit 2005 werden NFTE Kurse in bis heute 16 Bundes-ländern angeboten. Mehr als 1.200 Lehrkräfte wur-den geschult, zertifiziert und fast 20.000 Jugendliche erreicht.

Das NFTE ProgrammDer NFTE Unterricht fördert Inklusion und Integration. Er setzt individuell bei jedem/r einzelnen SchülerIn an und unterstützt mit einer Pädagogik der Ermuti-gung und individuellen Förderung bei der Entwick-lung persönlicher Talente und Interessen. Mit dem praxisnahen, handlungsorientierten NFTE Curriculum können LehrerInnen – auch schwer motivierbaren – Jugendlichen erste, fundamentale Wirtschafts- und Gründungskompetenz vermitteln und ihnen neue berufliche Perspektiven eröffnen. SchülerInnen der Klassenstufen sieben bis zehn sowie aus unterschied-lichen Bildungsgängen der Beruflichen Schulen ler-nen in dem mind. 50 Stunden umfassenden Kurs, wie Wirtschaft funktioniert und entwickeln eine eigene Geschäftsidee für ein Produkt oder eine Dienstleis-tung. Am Ende jedes NFTE Kurses steht eine Business-plan-Präsentation vor einer Jury aus der regionalen Wirtschaft.

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Der Erfolg Der fächerübergreifende und interaktive NFTE Lehr-plan stärkt die Eigeninitiative und Lernbereitschaft und unterstützt eine positive Einstellung zum Leben und zur Arbeit. Fast spielerisch werden im NFTE Kurs durch integrierte Übungen auch manche Defizite in Deutsch, Mathematik oder Informatik aufgearbeitet sowie Auftreten und Präsentationsfähigkeiten der Jugendlichen systematisch verbessert.

Die FortbildungDie dreitägige Fortbildung richtet sich an engagierte LehrerInnen mit besonderem Interesse in den Berei-chen Berufsorientierung, Arbeitslehre, Wirtschaft und nachhaltige Schülerfirmen aus Ober-, Regel- und Gesamtschulen, Gemeinschafts- und Regional-schulen, (Integrierten) Sekundarschulen, Beruflichen Schulen, Förderschulen sowie Gymnasien. Für die hohe Qualität der Ausbildung sorgt ein Team quali-fizierter Fachleute aus Wissenschaft, Pädagogik und Wirtschaft.

Inhalte sind unter anderem: Was ist ein Entrepreneur/Unternehmer? Was macht ihn erfolgreich?, Unternehmerische Chancen erken-nen, Verdeutlichung sozial-ökologischer Verantwor-tung, Von Talenten und Hobbys zur Branchenwahl, Produkt und Dienstleistung, Marketing und Wettbe-werbsvorteil, Gewinn- und Verlustrechnung, Finan-zierungsstrategien / Erstellung & Präsentation eines Businessplans.

Im Mittelpunkt der Vermittlung steht eine Pädago-gik der Ermutigung und individuellen Förderung. Durch die Arbeit an den Stärken der SchülerInnen wer-den diese zu Akteuren. Die Lehrkräfte lernen kreative Spiele als methodisch-didaktisches Instrumentarium kennen und erhalten Hinweise zur Implementierung der NFTE-Inhalte im Unterricht.

NFTE und nachhaltige SchülerfirmenVorgeschaltete NFTE Kurse bewähren sich bereits in vielen Schulen als Impulsgeber und wirksame Basis für nachhaltige Schülerfirmen. Die Schülerfirmen können nach einem NFTE Kurs auf motivierte und wirtschaft-lich bereits befähigte SchülerInnen zurückgreifen.

Diese können ihre Interessen, Stärken und Schwä-chen besser einschätzen und bringen vor allem eigene Ideen ein. So können ganz neue und vielfältigere Schü-lerfirmen entstehen und bestehende bekommen qua-lifizierteres Personal.

Die UnterrichtsmaterialienDie unmittelbar erlebten Erfahrungen in den Trai-nings sowie arbeitssparend aufbereitete Unterrichts-materialien erleichtern den zertifizierten LehrerInnen die Durchführung des Unterrichts. Den LehrerInnen stehen zur Ausgestaltung des NFTE Kurses mit dem Schülerbuch, einem darauf abgestimmten Praxisheft mit passenden Übungsaufgaben und dem Lehrerbe-gleitheft didaktisch-methodisch sorgfältig ausgear-beitete Lernmaterialien zur Verfügung, die nach dem Training unmittelbar eingesetzt werden können. Bei Bedarf steht ihnen während der Durchführung des Kurses das NFTE Team beratend zur Seite. Zusätzlich werden jährliche Treffen zum Erfahrungsaustausch angeboten.

Die Entlastung und der methodisch-didakti-sche ZugewinnNFTE bietet LehrerInnen neue Impulse, Entlastung und zugleich Bereicherung für den Unterricht. Am meisten schätzen die TeilnehmerInnen der Fortbildun-gen den großen methodisch-didaktischen Zugewinn: Durch einen handlungsorientierten Unterricht mit vielen lebendigen Spielen, der den neuesten Erkennt-nissen der Gehirnforschung Rechnung trägt, können sie künftig auch das Interesse von zuvor noch wenig motivierten, perspektivlosen Jugendlichen für Wirt-schaftsthemen wecken – aber auch solche SchülerIn-nen ansprechen, denen bereits eine mögliche spätere Selbstständigkeit vorschwebt. www.nfte.de

Autorin: Kyra Prehn, NFTE Deutschland e.V.

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76 Entrepreneurship Education – Begeisterung wecken, Talente entdecken

Raum für Notizen

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Über das RKW KompetenzzentrumDas RKW Kompetenzzentrum unterstützt kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und zu halten. In der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft werden praxisnahe Empfehlungen und Lösungen zu den Themen Unternehmensentwicklung, Fachkräftesicherung, Gründung und Innovation entwickelt.

Das RKW Kompetenzzentrum ist eine bundesweit aktive, gemein nützige Forschungs- und Entwicklungseinrichtung des RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrums der Deutschen Wirtschaft e. V.

www.rkw-kompetenzzentrum.de