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Topiks im Satz, Sätze im Text – Untersuchung der Topikstruktur am Beispiel von Gebrauchstexten Schriftliche Hausarbeit für die Magisterprüfung der Fakultät für Philologie an der Ruhr-Universität Bochum (Magisterprüfungsordnung vom 20. April 1993) vorgelegt von Händel, Daniel Bochum, 7. Januar 2002 Erstgutachterin: Prof. Dr. Karin Pittner Zweitgutachter: Prof. Dr. Heinz H. Menge Für die gesamte Arbeit gilt: © Daniel Händel 2001-2007 Kontakt: [email protected]

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Topiks im Satz, Sätze im Text – Untersuchung der Topikstruktur am Beispiel von Gebrauchstexten

Schriftliche Hausarbeitfür die Magisterprüfung der Fakultät für Philologie

an der Ruhr-Universität Bochum(Magisterprüfungsordnung vom 20. April 1993)

vorgelegt von

Händel, Daniel

Bochum, 7. Januar 2002

Erstgutachterin: Prof. Dr. Karin PittnerZweitgutachter: Prof. Dr. Heinz H. Menge

Für die gesamte Arbeit gilt: © Daniel Händel 2001-2007Kontakt: [email protected]

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Nichts ist wohl verlockender für den Philologen, als von der Sprache, die er als Spezialist untersucht und daher so gut zu kennen glaubt, rückzuschließen auf jedes Denken, das sich ebenso unleugbar über diese Sprache in der menschlichen Rede mitteilt. Aber fast immer führt ihn die Sprache dabei gleichsam an der Nase herum, gaukelt ihm mit Regel-mäßigkeiten und Strukturen etwas vor, was mit dem Denken selbst nur noch wenig zu tun hat. (Dauses 1995:71)

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Inhaltsverzeichnis 3

Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung........................................................................................................71 Ziele und Hypothesen dieser Arbeit................................................................................72 Schwerpunkt dieser Arbeit.................................................................................................82.1 Problem 1: Was ist das Satztopik?.....................................................................................92.2 Problem 2: Gibt es ein ‘Textthema’?..............................................................................102.3 Problem 3: An welchen Texten können die Modelle überprüft werden?................113 Übersicht über die Gliederung der Arbeit....................................................................11

B. Klärung grundsätzlicher Aspekte..................................................................121 Was ist ein Satz?.................................................................................................................122 Was ist ein Text?.................................................................................................................133 Die Texte des Korpus.......................................................................................................144 Texte oder Gebrauchstexte?............................................................................................145 Kommunikative Funktion von Texten...........................................................................156 Mögliche Klassifikation von Texten...............................................................................167 Besonderheiten der Verwaltungssprache.......................................................................168 Kontext und Kotext..........................................................................................................179 Korpusbeschreibung.........................................................................................................189.1 Bearbeitung per Computer..............................................................................................189.2 Siglen der Korpustexte.....................................................................................................189.3 Statistischer Überblick über das Textkorpus.................................................................199.4 Hinweise zu Manipulationen an den Korpustexten....................................................19

C. Theoretische Ansätze zum Satztopik...........................................................201 Anmerkung zur sprachlichen Form...............................................................................232 Der Ansatz von Molnár (1991).......................................................................................232.1 Dreifache pragmatische Gliederung des Satzes...........................................................232.2 Relationen zwischen den einzelnen Ebenen.................................................................242.3 Pragmatische und grammatische Merkmale des Topiks.............................................252.4 Topik-Typen.......................................................................................................................262.5 Kritik an Molnár (1991)....................................................................................................273 Das Topik nach Lambrecht (1998).................................................................................273.1 Information........................................................................................................................283.2 Pragmatische Präsupposition und pragmatische Assertion........................................293.3 Diskursreferenten: Identifizierbarkeit, Spezifität und Aktivierungszustand...........293.3.1 Diskursreferenten und Diskursregister..........................................................................293.3.2 Identifizierbarkeit und Spezifität.....................................................................................303.3.3 Aktivierungszustand eines Diskursreferenten..............................................................313.4 Das Topik als pragmatische aboutness-Relation..........................................................323.5 Informationsstrukturelle Hauptsatztypen.....................................................................323.6 Verhältnis von Topik und Subjekt..................................................................................333.6.1 Subjekte als unmarkierte Topiks.....................................................................................333.6.2 Thetische Sätze..................................................................................................................343.6.3 Topikalisierung und multiple Topiks..............................................................................343.7 Beziehung zwischen Topik, pragmatischer Präsupposition und semantischen

Aspekten..........................................................................................................................353.8 Topiks und die mentale Repräsentation von Referenten............................................363.8.1 Topik-Relation und Aktivierungszustand......................................................................36

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Inhaltsverzeichnis 4

3.8.2 Unbetonte Pronomen als bevorzugte Topikausdrücke...............................................373.8.3 Aufwärtsbewegung von Topiks (topic promotion)......................................................373.8.3.1 P-Konstruktionen..............................................................................................................373.8.3.2 V-Konstruktionen..............................................................................................................383.8.3.3 Distribution........................................................................................................................383.9 Auswirkungen auf die syntaktische Theorie.................................................................383.9.1 Das Principle of the Separation of Reference and Role..........................................................383.9.2 Topik und Wortstellung....................................................................................................393.10 Fokus....................................................................................................................................393.11 Zusammenfassung von Lambrechts Ansatz.................................................................403.12 Kritik....................................................................................................................................41

D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs................................421 Definitionen und terminologische Vereinbarungen....................................................421.1 Terminologische Vorbemerkung zu ‘Referent’ und ‘mentale Repräsentation’.......421.2 Definition: (Satz-) Topik...................................................................................................441.2.1 Das Topik als aboutness-Relation...................................................................................441.2.2 Topik, Topikreferent und Topikausdruck......................................................................452 Zur Perspektive der Operationalisierung......................................................................463 Eigenschaften von Topikreferenten – notwendige Bedingungen.............................473.1 Pragmatische Merkmale des Topikreferenten: Identifizierbarkeit.............................473.2 Semanto-pragmatische Merkmale des Topikreferenten: Existenz............................493.3 Kognitive Merkmale des Topikreferenten: Zugänglichkeit........................................503.3.1 Aktivierungszustände von Referenten...........................................................................503.3.2 Ein abgewandeltes Aktivierungsmodell.........................................................................503.3.3 Rollen- und Referenzorientierung..................................................................................523.4 Zwischenfazit: Diskursreferenten als Topikreferenten...............................................533.5 Prosodische Merkmale des Topikreferenten.................................................................533.5.1 Fokusrestriktion.................................................................................................................533.5.2 Aktivierungsakzent............................................................................................................543.5.3 Operationalisierungskriterium: Diskursreferenten als Topikausdrücke...................554 Auswirkungen der Eigenschaften auf die sprachliche Kodierung des Topiks:

Operationalisierung des Begriffs.................................................................................554.1 Geltungsbereich der Aussagen........................................................................................554.2 Wörter, Phrasen oder Satzglieder als Topikausdrücke?..............................................564.2.1 Topiks und Phrasenstruktur.............................................................................................574.2.1.1 X-bar-Theorie: komplexe Phrasen..................................................................................584.2.1.2 Struktur des Satzes in der X-bar-Theorie......................................................................594.2.1.3 Nutzen der X-bar-Theorie für die vorliegende Arbeit................................................604.2.2 Welche Phrasen können als Topikausdrücke fungieren?............................................614.3 Syntaktische Position des Topikausdrucks: notwendig satzinitial?............................644.4 Weitere syntaktische Merkmale.......................................................................................655 Testverfahren......................................................................................................................665.1 Frage-Antwort-/Aufforderungs-Test.............................................................................665.2 Versetzungs-/as for-Test....................................................................................................665.3 Performativer Test/about-Test.........................................................................................665.4 Geeignetes Testverfahren.................................................................................................676 Topiks in komplexen Sätzen............................................................................................696.1 Lösungsvorschlag I: Der Ansatz von Schmidt (1987).................................................696.2 Lösungsvorschlag II: Diktum, Proposition und Modus dicendi nach Zifonun et al.

(1997)...............................................................................................................................716.2.1 Das Diktumsmodell von Zifonun et al. (1997)............................................................71

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Inhaltsverzeichnis 5

6.2.2 Anwendung auf das Problem der komplexen Sätze...................................................726.2.3 Überprüfung des Ansatzes an Beispielen......................................................................746.3 Konsequenz: Ausschluss aller geltungsspezifizierender und -restringierender

Ausdrücke........................................................................................................................766.4 Nebensätze mit Argumentstatus.....................................................................................777 Fazit......................................................................................................................................797.1 Komplexe Topikausdrücke..............................................................................................797.2 Notationsvarianten............................................................................................................808 Operationalisierung: Suchprozedur für das Satztopik................................................81

E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur.........831 Illokutionssemantische Darstellung der Textstruktur (Brandt & Rosengren 1992)...

842 Quaestio und referentielle Bewegung (von Stutterheim 1997)..................................863 Textthema und thematische Kohärenz..........................................................................903.1 Thema als Informationskern (van Dijk 1980)..............................................................903.2 Thema als mangelhaftes Objekt (Lötscher 1987)........................................................914 Bewertung der textlinguistischen Ansätze.....................................................................935 Entwicklung eines kognitiv ausgerichteten Ansatzes: Aktivierung und Verkettung. .

945.1 Aktivierung über den Kotext...........................................................................................955.1.1 Schemata und Frames.......................................................................................................955.1.2 Probleme des Schema-Begriffs.......................................................................................985.2 Aktivierung über den situativen Kontext......................................................................995.3 Aktivierung inaktiver und semi-aktiver Referenten durch sprachliche

Konstruktionen..............................................................................................................995.4 Zusammenfassung: Möglichkeiten der Aktivierung und korrelierende sprachliche

Formen..........................................................................................................................1006 Schemata, Topikstrukturen und das Texttopik...........................................................1017 Topikbewegung................................................................................................................1028 Erste Überprüfung des Ansatzes..................................................................................103

F. Die Topikstruktur von Texten.....................................................................1051 Vorbemerkungen.............................................................................................................1052 Referentenstruktur von Text 30-14..............................................................................1063 Diskussion problematischer Sätze................................................................................1084 Diskussion der Topikbesetzung und Topikbewegung..............................................1085 Bewertung der Analyseergebnisse................................................................................1145.1 Topikstruktur und der Topikbewegung.......................................................................1145.2 Syntaktische Eigenschaften der Topikausdrücke in Text 30-14..............................1145.3 Überblick: Topikstruktur, Topikreferenten und Topikbewegung...........................115

G. Zusammenfassung und Perspektiven für die weitere Forschung...............1171 Zusammenfassung...........................................................................................................1172 Abschließendes Fazit und Perspektiven für die weitere Forschung.......................119

H. Verzeichnis der verwendeten Literatur........................................................122

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Inhaltsverzeichnis 6

Anhänge

Anhang A: Abbildungsverzeichnis S. A1

Anhang B: Tabellenverzeichnis S. A1

Anhang C: Verzeichnis der Definitionen S. A1Anhang D: Abkürzungsverzeichnis S. A3Anhang E: Text 30-14 S. A3Anhang F: Korpustexte S. A4ff.

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A. Einleitung 7

A. Einleitung

1 Ziele und Hypothesen dieser Arbeit

In der vorliegenden Arbeit werde ich die Bedeutung der einzelnen Satztopiks1 für den Gesamttext untersuchen. Ziel der Arbeit ist es zu klären, inwiefern sich auf-grund der Topikstruktur eines Textes, die aus den Satztopiks der Einzelsätze be-steht, Hinweise auf thematische und strukturelle Aspekte des Gesamttextes erge-ben.2

Zu diesem Zweck muss3 zunächst der umfangreiche Komplex des Satztopiks diskutiert werden. Um dem Ziel der Arbeit gerecht zu werden, ist zudem eine brauchbare Operationalisierung des Topikbegriffs notwendig. Eine solche Opera-tionalisierung muss den vorher diskutierten theoretischen Anforderungen genügen. Sie hat idealerweise die Form eines Algorithmus bzw. einer Prozedur, die einem Computerprogramm ähnelt und die innerhalb eines vorher festgelegten Geltungs-bereichs zu reproduzierbaren und nachprüfbaren Ergebnissen führt.

Mithilfe einer solchen Prozedur können dann die Satztopiks eines Textes ermit-telt werden, indem die Prozedur für jeden einzelnen Satz durchlaufen wird. Am Ende steht – wiederum idealerweise – die komplette Topikstruktur des Textes. Die-se kann dann im Hinblick auf ihre Bedeutung für die thematische Orientierung und die Kohärenz des Textes diskutiert werden.

Aufgrund dieser Überlegungen lassen sich drei konkrete Ziele dieser Arbeit for-mulieren:1. Es soll ein Topikbegriff entwickelt und operationalisiert werden.2. Für Texte eines noch zu beschreibenden Textkorpus soll mithilfe dieses opera-

tionalisierten Topikbegriffs exemplarisch die Topikstruktur erstellt werden.3. Der Zusammenhang zwischen Topikstruktur und ‘thematischer Struktur’4 des

Textes soll diskutiert werden.

Mit dieser Zielsetzung gehen zwei Hypothesen einher, die im Verlauf dieser Arbeit überprüft werden müssen (wobei die Hypothesen insofern aufeinander aufbauen, als die Falsifizierung der ersten Hypothese die Ungültigkeit der zweiten Hypothese nach sich zieht):

(H|A) Der Topikbegriff ist operationalisierbar.(H|B) Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Topikstruktur eines Textes und des-

sen ‘thematischen’ Strukturen.

Jeder Hypothese ist ein Kapitel dieser Arbeit im Kern gewidmet; (H|A) wird in Kapitel D, S. 39ff., diskutiert. (H|B) ist Kern von Kapitel E, S. 77ff..

1 Dabei ist unter Satztopik – wie später noch zu zeigen sein wird – der funktionell-pragmatische ‘Gegenstand’ eines Satzes zu verstehen.

2 Wenn im Folgenden von der Topikstruktur eines Textes die Rede ist, dann ist damit die Struktur gemeint, die aus den Topiks der Einzelsätze des Textes besteht.

3 Ich werde im Folgenden die Regelungen der neuen deutschen Rechtschreibung anwenden; Zita-te werden jedoch nicht verändert. Werden Beispielsätze übernommen, werde ich die Recht-schreibung angleichen.

4 Der Begriff der ‘thematischen Struktur’ soll hier zunächst verwendet werden, bis er im Laufe der Arbeit durch einen passenderen Begriff ersetzt werden kann.

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A. Einleitung 8

Aus den Hypothesen ergibt sich bereits eine grobe Gliederung. Nach einigen Bemerkungen zu den Schwerpunkten dieser Arbeit und den zu erwartenden Pro-blemen wird diese Grobgliederung allerdings noch zu ergänzen sein (s. Abschnitt A.3, S. 11).

2 Schwerpunkt dieser Arbeit

Der Schwerpunkt der Arbeit wird auf der Operationalisierung des Topikbegriffs liegen. Hier gilt es, unterschiedliche theoretische Ansätze zu diskutieren und zahl-reiche Kriterien gegeneinander abzuwägen, die zu einer Operationalisierung heran-gezogen werden können (s. auch Abschnitt A.2.1, S. 8).

Die Untersuchung der Topikstruktur von Texten ist diesem Ziel zwar im Hin-blick auf die Bedeutung nicht prinzipiell untergeordnet, wird in dieser Arbeit aber weniger ausführlich behandelt. Vor allem die spätere Analyse von Texten muss ex-emplarisch bleiben. Die Gründe dafür liegen in der Natur einer Magisterarbeit: ne-ben einer beschränkten Bearbeitungszeit steht auch nur begrenzter Raum zur Ver-fügung. Damit gehen zwangsläufig auch thematische und inhaltliche Einschränkun-gen einher.

Die Frage, warum ausgerechnet der erste Teil der vorliegenden Arbeit ausführli-cher sein soll als der zweite und nicht umgekehrt, lässt sich relativ einfach beant-worten: Bei der Entwicklung einer Operationalisierung handelt es sich im Prinzip um die Entwicklung eines Messinstrumentes. Die Konzipierung eines Instrumentes bedarf besonderer Sorgfalt, denn schlechte Messinstrumente liefern vielleicht falsche Ergebnisse, die wiederum zu inkorrekten Schlussfolgerungen führen. Ein Instrument muss daher sorgfältig durchdacht und geplant sowie angemessen funk-tionell sein; zu seiner Entwicklung muss man eine große Menge Energie aufwen-den. Existiert das Instrument allerdings erst einmal, dann kann jeder damit arbeiten.

Wenn also hier aufgrund der gebotenen räumlichen Beschränkung einer der bei-den Themenkomplexe verkürzt dargestellt werden muss, dann ist dies sicherlich der zweite, denn der erste Themenkomplex stellt das Instrument im oben erläuterten Sinne dar, mit dem im Rahmen des zweiten Komplexes gearbeitet wird. Aufgrund dieser Tatsache ergibt sich auch, dass die Ergebnisse, die bei der Analyse der To-pikstrukturen erzielt werden, im Hinblick auf ihre Aussagekraft mit Vorsicht be-handelt werden müssen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Ergebnisse wertlos sind: sie geben möglicherweise wertvolle Hinweise auf Aspekte, die vertieft er-forscht werden müssen und zeigen Tendenzen auf, die an einem umfangreicheren Textkorpus überprüft werden können.

Aufgrund der Komplexität der hier behandelten linguistischen Probleme erge-ben sich zahlreiche methodische – vor allem wohl terminologische – Schwierigkei-ten und Implikationen, die ich im Folgenden kurz erläutern werde.

2.1 Problem 1: Was ist das Satztopik?

Im Hinblick auf den Satztopik-Begriff zeigen sich zwei Probleme:

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A. Einleitung 9

1. Es gibt große Überschneidungsbereiche zwischen den Begriffspaaren Thema–Rhema und Topik–Kommentar, und – was schwerer wiegt –

2. im Hinblick auf die Definition von Topik und Kommentar besteht keinerlei Ei-nigkeit (was durch die oben genannten Überschneidungsbereiche noch zusätz-lich kompliziert wird).

Zwar sind sich die meisten Forscher5 einig darüber, dass das Topik der „Gegen-stand der Prädikation innerhalb des Satzes“ (Molnár 1991:42, 1998:90; vgl. auch Ja-cobs 1999:10f., Lambrecht 1998:118) ist oder zumindest eine ähnliche Funktion hat. Doch schon bei der Frage, ob das Topik eine primär syntaktische (vgl. etwa den Topikalisierungsbegriff der Generativen Grammatik bei Fanselow & Felix 1990, Haider 1993), eine primär funktionale (Welke 1993), eine semanto-pragmatische (Ja-cobs 1999), eine syntakto-pragmatische (Molnár 1991, 1993, 1998) oder eine kogni-tiv-pragmatische (Lambrecht 1998) Kategorie ist, scheiden sich die Geister.

Wenn es dann um Einzelmerkmale des Topiks (bzw. des Ausdrucks, durch den das Topik sprachlich kodiert wird) geht, gibt es praktisch keine Übereinstimmung mehr zwischen den Meinungen einzelner Linguisten, auch wenn diese im Grunde eine ähnliche Vorstellung vom Topik haben: während für den einen im Regelfall das Subjekt die thematische Rolle des Topiks einnimmt (Welke 1994) bzw. Subjekt und Thema „eine identische funktionale Bestimmung“ als Satzgegenstand aufweisen (Welke 1993:89), kann bei der anderen im Deutschen immer nur das Element Topik sein, das im Vorfeld des Satzes steht (Molnár 1991, 1993, 1998). Für einen dritten kann das Topik hingegen sowohl Subjekt als auch Nicht-Subjekt sein und im Vor-feld oder einer anderen Position stehen, muss aber einen Referenten haben, der bei den Diskursteilnehmern einen bestimmten kognitiven Zustand hat (Lambrecht 1998). Ein vierter wiederum definiert das Topik anhand von prototypischen seman-tischen und pragmatischen Eigenschaften, die in verschiedenen syntaktischen Kon-struktionen in unterschiedlichem Ausmaß realisiert werden (Jacobs 1999).

Aufgrund des pragmatisch-kommunikativen Ausgangspunkts dieser Arbeit wer-de ich mich im Wesentlichen auf pragmatisch-kommunikative Ansätze konzentrie-ren. Eine solche Annäherung an das Topik halte ich für sinnvoller als eine rein for-male Betrachtungsweise. Letztere blendet die Funktion von Sprache für ihre Benut-zer aus, die von Keller (1994) besonders betont wird:

Was die Funktion der Sprache betrifft, ist mein Vorschlag folgender: […] „Der Mensch hat das Ziel, sozial erfolgreich zu sein, und die Beeinflussung vermittels der Sprache ist ein wesentliches Element der Erklärung des sozialen Erfolges.“ (Keller 1994:120)

Das soll aber nicht heißen, dass nicht auch syntaktische Aspekte eine wichtige Rolle spielen werden. Im Gegenteil: um Sätze im Hinblick auf ihre Topik–Kommentar-Gliederung (im Folgenden auch TKG) zu untersuchen, ist es – wie oben erläutert – zwingend erforderlich, den Topik-Begriff zu operationalisieren. Und dazu sind – wie sich später zeigen wird – syntaktische Analysen unerlässlich.

5 In dieser Arbeit wird – so es sich nicht um einzelne Personen handelt – aus Gründen der besse-ren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet; vgl. zu dieser Problematik auch Bundes-tagsdrucksache 12/1041 (07.08.1991).

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A. Einleitung 10

2.2 Problem 2: Gibt es ein ‘Textthema’?

Ziel der Arbeit ist es, die Topikstruktur unter anderem auch in einen Zusammen-hang mit den thematischen Strukturen eines Textes zu rücken. Damit hängt die Fra-ge zusammen, wie sich das Thema eines Textes bestimmen lässt.

Der Begriff des Textthemas wird in der textlinguistischen Forschung schon seit geraumer Zeit diskutiert. Er kann auf verschiedene Arten und Weisen aufgefasst werden; wie dies genau geschieht, hängt in nicht geringem Maße auch mit der je-weiligen Auffassung zusammen, was genau ein Text ist bzw. was einen Text aus-macht.

Unbestritten ist in der textlinguistischen Forschung nur die Ansicht, dass ein Text ein ‘Thema’ aufweist, das sich im Text entfaltet, einen „Inhaltskern[ ] (‘Grund-information’, Thema im alltagssprachlichen Sinne)“ (Brinker 1997:22). Wie dieser Informationskern genau zu definieren ist, ist hingegen unklar. Nach Schröder (1998) „lassen sich drei Gruppen von Ansätzen unterscheiden“, nämlich die „Infor-mationskerntheorie“, die „Frage- oder Problemstellungstheorie“ und die „Gegen-standstheorie“:

Man kann das Thema eines Textes angeben, indem man seinen Inhalt zusammen-faßt, indem man die Frage angibt, die mit dem Text beantwortet wird, oder indem man den Gegenstand benennt, auf den der Text sich bezieht. (Schröder 1998:128).

Daher besteht neben der Notwendigkeit, das Satztopik zu definieren, auch der me-thodologische Zwang, den Begriff des Textthemas zu diskutieren.6

2.3 Problem 3: An welchen Texten können die Modelle überprüft werden?

Um den Zusammenhang zwischen Topikstruktur und ‘thematischer Struktur“ eines Textes zu diskutieren, müssen die zunächst noch hypothetischen Modelle von Satz-topik und Textthema, die im Verlauf dieser Arbeit erstellt werden sollen, an authen-tischen Texten überprüft werden. Ideal wäre eine Überprüfung anhand eines Kor-pus, das sich gleichmäßig aus geschriebener und gesprochener Sprache, aus fach-sprachlichen und umgangssprachlichen Texten zusammensetzt und neben nicht-fik-tiven auch fiktive Texte berücksichtigt.7 Dass das Textkorpus der vorliegenden Ar-beit trotz dieser Forderung insgesamt sehr beschränkt bleiben muss, hängt mit den bereits erwähnten räumlichen und zeitlichen Beschränkungen zusammen. Eine um-fangreiche empirische Untersuchung ist hier nicht möglich und muss ein Desiderat bleiben. Mir erscheint es aber von grundlegender Bedeutung, darauf hinzuweisen, dass die meisten Belege, die zur Stützung meiner Aussagen benutzt werden, authen-tisch und nicht konstruiert sind (zur Korpuszusammensetzung s. Abschnitt B.9, S. 17). Hier stimme ich ganz mit Shannon (1992) überein, der sich in einem – in-haltlich anders orientierten – Aufsatz auch mit der Materialbasis für linguistische

6 In diesem Zusammenhang wird zudem deutlich, dass für die vorliegende Arbeit auch der Be-griff ‘Text’ definiert werden muss.

7 So könnte zum Beispiel geklärt werden, ob es grundsätzliche Unterschiede zwischen der Infor-mationsstruktur mündlicher und schriftlicher Texte (sofern man beide mediale Varianten über-haupt pauschal zusammenfassen kann) gibt und welcher Natur diese sind.

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A. Einleitung 11

Analysen befasst und sich gegen die Praxis wendet, ‘sich seine eigenen Beispiele zu machen’: zu leicht falle man in „the pitfalls of hasty generalizations based on insuf-ficient empirical observation“ (Shannon 1992:256; vgl. auch Gadler 1982:155). Er kommt zu folgendem Schluss:

[O]ne must be ever aware of the danger of insufficient consideration of the full range of data, especially when arguments are being offered to support some particu-lar analysis or theoretical point which forms the actual focus of attention. Collected examples […] provide in this regard a welcome antidote to such hasty generalizing. (Shannon 1992:277)

3 Übersicht über die Gliederung der Arbeit

Aufgrund der gerade erläuterten Probleme erscheint es sinnvoll, die Grobgliede-rung, die sich aus Zielsetzung und Hypothesen ergibt (s. Abschnitt A.1, S. 7), wie folgt zu modifizieren:Kapitel B Klärung grundsätzlicher Fragen (Satz- und Textbegriff, Textkorpus usw.)

Kapitel C Darstellung zweier theoretischer Ansätze zum (Satz-) Topik

Kapitel D Bildung eines Satztopik-Modells und Bestimmung angemessener Operationalisierungskrite-rien (Hypothese (H|A), S. 7)

Kapitel E Diskussion des Zusammenhangs zwischen Satztopik-Struktur und Texttopik unter Berück-sichtigung textlinguistischer Modelle und Formulierung eines Ansatzes zur Verbindung von Topikstruktur und Texttopik (Hypothese (H|B), S. 7)

Kapitel F Exemplarische Text-Analyse im Hinblick auf ihre Topikstruktur und Diskussion

Kapitel G Zusammenfassung und Perspektiven für die weitere Forschung

B. Klärung grundsätzlicher Aspekte

1 Was ist ein Satz?

Ohne im Detail auf die Problematik eingehen zu können, wie Sätze zu definieren sind (vgl. hierzu etwa Ries 1931), erscheint es dennoch notwendig, in dieser Arbeit mit einem fest umrissenen Satzbegriff zu arbeiten. Hier bietet sich der Ansatz von Zifonun et al. (1997) an. Diese unterscheiden im Rahmen ihrer an der Pragmatik orientierten Darstellung bei der Betrachtung von Äußerungen zwischen kommuni-kativer Minimaleinheit und Satz. „Sätze […] sind gleichzeitig kommunikative Mini-maleinheiten.“ (Zifonun et al. 1997:87).

Während „kommunikative Minimaleinheit“ eine „funktional bestimmte Einheit“ meint, ist der Satz dem Bereich der Syntax zuzuordnen (vgl. Zifonun et al. 1997:86ff.): „Sätze enthalten ein finites Verb und (in der Regel) die unter strukturel-len und kontextuellen Bedingungen notwendigen Komplemente dieses Verbs“. Kri-terium für die Bestimmung einer Äußerung als satzwertig ist also die grammatikali-sche Vollständigkeit: nur grammatikalisch wohlgeformte Äußerungen sind auch Sät-ze (obwohl auch grammatikalisch nicht wohlgeformte Äußerungen kommunikative Minimaleinheiten sein können, vgl. unten).

Kommunikative Minimaleinheiten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein „il-lokutives Potential“ enthalten: es

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B. Klärung grundsätzlicher Aspekte 12

muß erkennbar sein, daß mit dieser Einheit selbständig gehandelt werden kann, und es muß erkennbar sein, welcher Typ von sprachlicher Handlung vollziehbar ist, also zu welchen sprachlichen Handlungen diese Einheit geeignet ist. [… V]on der Ebene konkreter Sprechhandlungen oder Illokutionen [muss] abgesehen werden. (Zifonun et al. 1997:89; Hervorhebung getilgt, D. H.)

Bei Sätzen unterscheiden Zifonun et al. (1997) zwischen Vollsätzen und Teilsätzen. Während der „Vollsatz […] die expliziteste und damit unter grammatischer Per-spektive vornehmste Form der Realisierung kommunikativer Minimaleinheiten“ ist (Zifonun et al. 1997:87), sind Teilsätze stets Bestandteil eines Vollsatzes und enthal-ten selbst keine kommunikative Minimaleinheit.

Am besten kann dies anhand von Beispielen verdeutlicht werden: Während etwa die Äußerung (1) sowohl einen (Voll-) Satz als auch eine kommunikative Minimal-einheit darstellt, ist (2) zwar eine kommunikative Minimaleinheit, aber weder Voll- noch Teilsatz. (Es handelt sich vielmehr um eine anakoluthische Äußerung.) (3) wiederum ist insgesamt zwar Vollsatz und kommunikative Minimaleinheit; die Teil-sätze sind allerdings keine kommunikativen Minimaleinheiten. (Beispiele nach Zifo-nun et al. 1997:86, Beispiele (1a), (2a), (4)):

(1) Heute gibt es frische Brezeln.(2) Heute frische Brezeln.(3) Obwohl er lachte, war er doch gekränkt.

Für die vorliegende Arbeit werde ich mich dieser differenzierten terminologischen Unterscheidung im Prinzip anschließen, sie aber modifizieren: wenn im Folgenden von Satz die Rede ist, ist damit stets ein Vollsatz gemeint. Bei hypotaktischen Kon-struktionen soll unterschieden werden zwischen Matrixsatz und Nebensatz: der Ma-trixsatz ist der Teilsatz, dem ein oder mehrere Nebensätze untergeordnet sind und der selbst keinem anderen Teilsatz untergeordnet ist. Als Nebensatz gilt daher ein Teilsatz, der einem anderen Teilsatz untergeordnet ist. Eine weitere Unterteilung in Nebensätze 1. bis n. Ordnung kann bei Bedarf vorgenommen werden. Hat ein Ne-bensatz im Hinblick auf den Matrixsatz Satzgliedfunktion, kann er auch als Glied-satz bezeichnet werden.8

8 Da parataktische Konstruktionen im Normalfall mehr als eine kommunikative Minimaleinheit enthalten, gelten sie entsprechend auch nicht als ein Satz und müssen für die Analyse geteilt werden.

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B. Klärung grundsätzlicher Aspekte 13

kommunikativekommunikative MinimaleinheitMinimaleinheit

• funktional bestimmt: kleinste sprachliche Einheit, mit der sprachliche Handlungen vollzogen werden können

• verfügt über• illokutives Potential und• propositionalen Gehalt

SatzSatz(= Vollsatz)(= Vollsatz)

• grammatikalisch wohlgeformte Einheit mit einem finiten Verb und entsprechenden Komplementen

• stellt eine kommunikative Minimaleinheit dar

TeilsatzTeilsatz • grammatisch wohlgeformte Einheit, die Bestandteil eines Satzes ist und keine kommunikative Minimaleinheit darstellt

MatrixsatzMatrixsatz • Teilsatz einer hypotaktischen Konstruktion, dem ein oder mehrere andere Teilsätze untergeordnet sind und der selbst keinem anderen Teilsatz untergeordnet ist

NebensatzNebensatz • Teilsatz einer hypotaktischen Konstruktion, der einem anderen Satz untergeordnet ist

GliedsatzGliedsatz • Nebensatz, der im Hinblick auf seinen Matrixsatz Satzgliedfunktion hat

Definition I: Satz und kommunikative Minimaleinheit

2 Was ist ein Text?

Sätze sind in der Regel Elemente von größeren Einheiten, von Texten bzw. von textuellen Kommunikationseinheiten. Wie der Textbegriff genau definiert werden kann, ist in der (Text-) Linguistik umstritten.9 Ich werde mich im Folgenden, wenn ich von ‘Texten’ spreche, auf den integrativen Textbegriff beziehen, der von Brin-ker (1997:17) entwickelt wird: „Der Terminus ‘Text’ bezeichnet eine begrenzte Fol-ge von sprachlichen Zeichen, die in sich kohärent ist und die als Ganzes eine er-kennbare kommunikative Funktion signalisiert.“ Er unterscheidet zudem zwischen „dem monologischen Text (ein Schreiber bzw. Sprecher)“ und dialogischen sprach-lichen Gebilden, nämlich Gesprächen.

TextText • begrenzte Folge von sprachlichen Zeichen,• die in sich kohärent ist und• die als Ganzes eine erkennbare kommunikative Funktion signalisiert

Definition II: Text (nach Brinker 1997)

3 Die Texte des Korpus

Das Textkorpus der vorliegenden Arbeit setzt sich aus ingesamt 68 Texten zusam-men. Es handelt sich dabei um Texte, die im Rahmen des Projektes „Verwaltungs-sprache und Textoptimierung“10 am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum zusammengestellt wurden.11 Dieses Projekt hatte zum Ziel,

9 Eine Übersicht über verschiedene Ansätze, den Textbegriff zu bestimmen, geben etwa Brinker (1997), Rolf (1993), Heinemann & Viehweger (1991) oder de Beaugrande & Dressler (1981); et-was älter ist der umfassende Überblick von Gülich & Raible (1977).

10 Fluck et al. (2001) – der Abschlussbericht des Projektes – enthält eine Gesamtdarstellung des Projektes „Verwaltungssprache und Textoptimierung“. Einen guten Überblick über die Ergeb-nisse der Textanalysen, die im Rahmen dieses Projektes durchgeführt wurden, geben Händel et al. (2001); Blaha et al. (2001) beschreibt den nach der Überarbeitung der Texte durchgeführten Test der optimierten Textfassungen an Bochumer Bürgern.

11 Für eine genaue Beschreibung des im Rahmen des Projektes verwendeten Korpus vgl. Fluck et al. (2001:6f.). Für die vorliegende Arbeit wurde einige Texte des Bauordnungsamtes nicht ver-wendet, da es sich bei ihnen um Vordrucke handelt, die wenig kohärenten Text enthalten.

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B. Klärung grundsätzlicher Aspekte 14

nach Möglichkeiten zu suchen, die Schriftkommunikation im Rahmen eines Pilot-projekts in vier Fachämtern [der Stadt Bochum, D. H.] unter Berücksichtigung der entsprechenden rechtlichen Anforderungen adressatenorientierter zu gestalten und der aktuellen Sprachsituation anzupassen. (Fluck et al. 2001:4)

Folgerichtig handelt es sich bei den Texten, die ins Korpus für die vorliegende Ar-beit aufgenommen werden, um Behördenbriefe, genauer gesagt: um fachexterne, schriftliche Kommunikation von der Behörde zum Bürger. Alle Texte sind authen-tisch, d.h. sie werden12 von den vier am Projekt beteiligten Fachämtern für die tägli-che Kommunikation mit Bürgern benutzt. Eine Übersicht über weitere Korpusda-ten findet sich in Abschnitt B.9, S. 17.

4 Texte oder Gebrauchstexte?

Die im Titel dieser Arbeit vorgenommene Klassifikation der Texte als Gebrauchs-texte folgt Rolf (1993):

Gebrauchstexte dienen der intramundanen Problemlösung, literarische Texte sind gewissermaßen extramundan, sie sind welterschließender Art. Gebrauchstexte ha-ben, mit anderen Worten, so etwas wie einen Funktionswert, literarische Texte aber haben einen Eigenwert. (Rolf 1993:128)

Dementsprechend handelt es sich bei den Korpustexten um Gebrauchstexte ver-schiedener Fachämter mit verschiedenen Funktionswerten. Rolf (1993:165ff.) un-terscheidet dabei (in Anlehnung an die Sprechakttheorie) fünf Grundfunktionen: assertive, direktive, kommissive, expressive und deklarative Texte. Mit assertiven Texten soll der Adressat informiert, mit direktiven Texten zu einer bestimmten Handlung bewegt werden; kommissive Texte „dienen dazu, dem Adressaten eine Orientierung über ein bestimmtes, in seinem eigenen Interesse liegendes zukünfti-ges Verhalten des (oder der) Textproduzenten zu ermöglichen“ (Rolf 1993:167).13 Mit expressiven Texten ist der „Versuch einer Einflußnahme auf den auf seiten des Adressaten vorausge[se]tzten [sic!] Zustand seines emotionalen Gleichgewichts“ verbunden, während die Funktion deklarativer Texte „in der Erzeugung, Aufrecht-erhaltung, Transformation oder Aufhebung einer (unterstellten) institutionellen Wirklichkeit“ liegt (Rolf 1993:313).14

Ohne weiter auf die Klassifikationskriterien Rolfs eingehen zu können, ist hier festzustellen, dass die Texte, die das Korpus für die vorliegende Arbeit bilden, as-sertive oder direktive Funktion haben.

GebrauchsGebrauchs--texttext

• dienen – im Gegensatz zu literarischen Texten – der intramundanen Problemlö-sung

• haben einen Funktionswert

Definition III: Gebrauchstexte (nach Rolf 1993)

12 Bzw. wurden, da die Stadt Bochum plant, zunächst die Briefe der am Projekt beteiligten Fachäm-ter und später auch die Schriftkommunikation anderer Ämter unter Berücksichtigung der Pro-jektergebnisse umzustellen.

13 Zu den kommissiven Texten zählen etwa Angebote, Eheverträge, Abrüstungsverträge etc.14 Beispiele für expressive Texte sind Trauerreden, Komplimente, Entschuldigungen, Moralpredig-

ten oder Protestbriefe. Zu den deklarativen Texten zählen u.a. Scheidungsurteile, Zolldeklaratio-nen, Gehaltsbescheinigungen oder Gewerbescheine.

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B. Klärung grundsätzlicher Aspekte 15

5 Kommunikative Funktion von Texten

Dass Texte, insbesondere Gebrauchstexte eine kommunikative Funktion haben, im-pliziert, dass sie stets Elemente einer dialogischen Kommunikationssituation sind. Dies beinhaltet, dass immer mindestens zwei Kommunikationsteilnehmer vorhan-den sein müssen: einer, der den Text sendet, und einer, der ihn empfängt.15 Diese Rollen sind bei den Korpustexten eindeutig zuzuordnen: Absender ist stets ein Fachamt bzw. ein Sachbearbeiter16, Empfänger sind stets Bürger.

Insofern lassen sich meines Erachtens schriftliche Gebrauchstexte ähnlich be-handeln wie etwa die Turns eines Gesprächsteilnehmers (vgl. hierzu etwa Brinker & Sager 1996). Beide werden von einem Kommunikationsteilnehmer produziert, und beide haben eine eigenständige Funktion innerhalb einer übergeordneten Kommu-nikationssituation (des Gesprächs oder des Briefwechsels).17 Daher erscheint die Annahme Brinkers (1997:19) plausibel, dass beide einen ähnlichen Status haben; termino-logisch angemessener als seine Unterschei-dung zwischen monologischen Texten und dialogischen sprachlichen Gebilden (Brinkers 1997:19) erscheint die Differenzierung an-hand des kommunikativen Status. Auf diese Weise kann man monologische, textuell-kom-munikative Einheiten (Briefe, Turns etc.) ei-nerseits18 und dialogische, textuelle Kommunikationssituationen (Briefwechsel, Ge-spräch etc.) andererseits trennen (s. Abbildung , S. ).19

textuelle komtextuelle kom--munikativemunikative EinheitEinheit

• monologisch• Bestandteil einer übergeordneten Kommunikationssituation• übt Funktion aus innerhalb der übergeordneten Kommunikationssituation

textuelletextuelle KommunikaKommunika--tionssituationtionssituation

• besteht aus monologischen textuell-kommunikativen Einheiten• sowohl schriftliche und mündliche Kommunikationssituationen als auch

Mischformen möglich

Definition IV: Kommunikative Einheiten und Kommunikationssituation

15 Zum Begriff der Kommunikation vgl. Linke et al. (1994:174f.), Bußmann (1990:392) oder Schwarze (1986:29f.). Einen Überblick über einige Kommunikationsmodelle geben Lenke et al. (1995); Texte als Bestandteile der Kommunikation behandelt von Stutterheim (1997:4ff.). – Wenn ich im Folgenden den Sender als ‘Sprecher’ und den Empfänger als ‘Hörer’ bezeichne, dann sind damit auch die entsprechenden Beteiligten an einem schriftlichen Diskurs gemeint.

16 Laut Dienstanweisung der Stadt Bochum schreibt offiziell der im Briefkopf genannte Oberbür-germeister der Stadt Bochum, wenn ein Brief der Verwaltung an einen Bürger geschickt wird. Daher sind die Briefe stets mit einem „In Vertretung“ (wenn ein Dezernent schreibt) oder „Im Auftrag“ (wenn verwaltungshierarchisch unter Dezernenten einzuordnende Sachbearbeiter schreiben) gezeichnet. Widersprüche etc. sollen zudem immer an den Oberbürgermeister adres-siert werden.

17 Hier wird deutlich, dass Briefe einen tendenziell diskursiven Charakter haben.18 Diese bestehen wiederum aus kommunikativen Minimaleinheiten (s. Definition I, S. 13).19 Wichtig ist hier die Feststellung, dass die Merkmale einer kommunikativen Einheit keine Rück-

schlüsse auf die Merkmale der übergeordneten Kommunikationssituation haben: Im Gegensatz zu einem Gespräch, bei dem die kommunikativen Einheiten im Normalfall gleicher Art sind, können Briefe Bestandteil einer Kommunikationssituation sein, die etwa Telefongespräche, Emails, direkte Gespräche etc. integriert.

Abbildung 1: Kommunikationssituation und kommunikative Einheit

Kommunikations-situation

kommunikativeEinheit 1

kommunikativeEinheitm

Satz 1 Satz n Satz 1 Satz n

n ≥ 1m ≥ 2

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B. Klärung grundsätzlicher Aspekte 16

6 Mögliche Klassifikation von Texten

Neben der Unterscheidung in Kommunikationseinheiten und Kommunikationssi-tuationen lassen sich auch aufgrund der medialen Realisierung von textuellen Kom-munikationseinheiten zwei große Textklassen – mündliche und schriftliche Texte – unterscheiden. Zudem können zwei weitere Komponenten zu einer möglichen Klassifikation von Texten beitragen: die zeitliche Struktur der Kommunikationssi-tuation (unmittelbar aufeinander folgende kommunikative Einheiten oder zeitliche Versetzung) und der lokale Kontakt der Gesprächspartner (unmittelbarer Kontakt oder kein unmittelbarer Kontakt). Für die Korpustexte der vorliegenden Arbeit er-geben sich folgende Merkmale:

Behördenbrief:• kommunikative Einheit und damit Bestandteil einer übergeordneten Kommuni-

kationssituation• schriftliche Form• zeitlich versetzte Kommunikation• kein unmittelbarer Kontakt

7 Besonderheiten der Verwaltungssprache

Bei der Analyse muss gegebenenfalls berücksichtigt werden, dass es sich bei den Korpustexten um fachsprachliche Texte handelt (zum Begriff der Fachsprache vgl. etwa Fluck 1996 oder Roelcke 1999). Typisch für die Fachsprache der Verwaltung sind etwa Abkürzungen, Nominalisierungen, Passivkonstruktionen, Funktionsverb-gefüge oder Ersatzformen des Imperativs.20

Schwachpunkte der Korpustexte, die bei einer umfassenden Analyse aufgedeckt wurden, waren vor allem:21

• starke Komprimierung der Information, etwa durch Nominalisierungen und extrem lange Komposita

• zu viele (zum Großteil nicht geläufige) Abkürzungen• deutlich unpersönliche Gestaltung, etwa durch mangelnde Personalpronomen,

häufige Passivkonstruktionen, es-Konstrukte etc.

8 Kontext und Kotext

Logische Konsequenz aus der Unterscheidung von kommunikativer Einheit und Kommunikationssituation ist, dass bei der Untersuchung der Korpustexte stets der Kontext berücksichtigt werden muss, d.h. alle textexternen Faktoren (vgl. hierzu

20 Allgemeine Informationen zur Institution ‘Öffentliche Verwaltung’ und deren Sprachgebrauch geben Rehbein (1998), Heinrich (1994) und Linhart (1994). Ein Überblick über die Sprache der Verwaltung findet sich in Fuchs-Khakhar (1987) und – nicht mehr aktuell, aber immer noch sehr aufschlussreich – in Wagner (1972). Nützliche Informationen enthält zudem der Sammel-band von Radtke (1981). Im Sammelband von Becker et al. (1990) werden unter anderem Fakto-ren der Schwerverständlichkeit herausgearbeitet. Konkrete Vorschläge zum Sprachgebrauch in der Verwaltung geben Bürgernahe Sprache (1999), Anwander & Draf (1998), Fingerzeige (1998) und Lambertz (1991).

21 Detaillierte Informationen über die sprachlichen Besonderheiten, die bei der Analyse der Kor-pustexte gefunden wurden, geben Händel et al. (2001).

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B. Klärung grundsätzlicher Aspekte 17

etwa van Dijk 1980:82 oder Makovec-Èerne 1991:192ff.). Zum Kontext können zählen:• der Auslöser für die erste kommunikative Einheit einer Kommunikationssituati-

on (bei den Korpustexten zum Beispiel ein falsch geparktes Auto und ein ent-sprechender Strafzettel, die Absicht, ein Haus zu bauen, materielle Not, der Wunsch, eine Ausbildung zu beginnen etc.),

• vorangehende kommunikative Einheiten,• gesetzliche Rahmenbedingungen (Gesetze, Satzungen, Anordnungen usw.),• interne Anweisungen ohne gesetzlichen Charakter (etwa Dienstanweisungen)

usw.

Der Kontext umfasst also alle textexternen Faktoren, die für die Produktion eines Textes relevant sind. Dazu gehört der gesamte kommunikative (respektive institu-tionelle) Vorlauf ebenso wie frühere kommunikative Einheiten, die zur gleichen dialogischen Struktur gehören.

Im Gegensatz zum Kontext lässt sich der Kotext anhand des zu untersuchenden Textes exakt bestimmen (zum Begriff des Kotext vgl. etwa Dressler 1994:94): er umfasst alle textinternen Faktoren. Aufgrund der grundsätzlich linearen Struktur von Texten umfasst der für die Analyse relevante Kotext also den gesamten Text, der vor einem Einzelsatz steht. Dieser soll im Folgenden als Prätext bezeichnet werden.

Zum Kotext zählen auch Elemente, die nicht zur eigentlichen Satzsequenz ge-zählt werden können, wie etwa der Briefkopf, die Anrede- und die Grußformel. Dass letztere intuitiv auch mit zum Kotext gerechnet wird, obwohl sie meist am Ende eines Briefes zu finden ist und somit für die Analyse der vorangehenden Äu-ßerungen keinerlei Relevanz haben dürfte, deutet auf ein generelles Problem hin, das bei der Analyse von Texten auftritt. Während nämlich sowohl die Produktion schriftlicher als auch mündlicher kommunikativer Einheiten durch einen prozessua-len Charakter geprägt ist, liegen solche Texte für die Analyse jeweils als ‘Produkt’ vor, was die Gefahr birgt, sie primär als eine jeweils monolithische Einheit zu be-trachten und ihren linearen Charakter nicht zu berücksichtigen.22 Zu beachten ist demnach, dass sich Texte als Gesamtprodukte aus einzelnen Schritten und Sequen-zen aufbauen und auch entsprechend analysiert werden müssen.

9 Korpusbeschreibung

9.1 Bearbeitung per Computer

Wie bereits in Abschnitt B.3, S. 13, dargestellt, enthält das Korpus für die vorliegen-de Arbeit 68 Texte verschiedener Fachämter der Stadt Bochum. Die Texte liegen im ASCII-Format vor. Mithilfe des Programms „Concordancer for Windows (Win-Concord)“23 können sie direkt durchsucht werden.22 Für mündliche Gespräche betont diese Differenz u.a. Dittmann (1979b:4): „Ein Gespräch hat

so einerseits prozessualen Charakter, und die Beschreibung eines Gespräches muß diesem Cha-rakter gerecht werden; andererseits verweist dies auf die methodologisch interessante Tatsache, daß ein Gespräch und seine Beschreibung (z.B. seine Transkription) nicht dasselbe sind.“

23 Version 2.0, Juli 1996, von Zdenek Martinek und Les Siegrist, TU Darmstadt

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B. Klärung grundsätzlicher Aspekte 18

WinConcord liefert die Fundstelle im entsprechenden Text sowie den unmittel-baren Kotext; gesucht werden kann nur nach Zeichen oder Zeichenkombinationen bzw. Wörtern; ein Asterisk (*) ersetzt dabei eine beliebige Zeichenkette mit n Zei-chen (n ≙ 0), während ein Fragezeichen (?) genau ein Zeichen ersetzt. Die Suche nach syntaktischen Funktionen oder Wortarten ist nicht möglich. Allerdings kön-nen etwa über die Suche von „*en“ alle Wörter gefunden werden, die auf -en en-den, also etwa gehen, Unterlagen etc.

Zudem kann WinConcord Worthäufigkeitslisten erstellen – auch rückläufige Sortierung ist möglich – und gibt statistische Angaben über ein Textkorpus.

9.2 Siglen der Korpustexte

Die Siglen, mit denen die Korpustexte bezeichnet werden, setzen sich ursprünglich aus der verwaltungsinternen Nummerierung des Fachamtes24 und einer laufenden Nummer zusammen.25

Lücken innerhalb der laufenden Nummerierung weisen darauf hin, dass einzelne Texte nach der Erfassung als für das Projekt irrelevant eingestuft wurden und nach-träglich aus dem Textkorpus herausfielen (vgl. hierzu Fluck et al. 2001:6).

9.3 Statistischer Überblick über das Textkorpus

WinConcord liefert die folgenden statistischen Angaben über das Textkorpus: 68 Texte, 14.070 Wörter und 1.176 Sätze. Die Anzahl der Sätze ist allerdings mit Vor-sicht zu behandeln, denn aufgrund der benutzten Einstellung interpretiert WinCon-cord neben Ausrufe- und Fragezeichen auch jedes Zeilenende (Carriage Return) als Satzende.26 So wird der folgende Satz (Text 30-01) von WinConcord insgesamt viermal gezählt. Zur Verdeutlichung sind die Zeilenenden durch eine sichtbare Ab-satzmarke (¶) markiert.

(4) Für den weiteren Ablauf des Verfahrens ist es von erheblicher Bedeutung, dass Sie mir mitteilen, ob Sie¶a) die Täterschaft bestreiten (also das Fahrzeug nicht selbst abgestellt haben)¶oder¶b) die Tat bestreiten (also der Vorwurf Ihrer Auffassung nach falsch ist).¶

Solche Aufzählungen sind zwar selten; dennoch zeigt das Beispiel, dass die Zahlen, die WinConcord liefert, ungenau sind. Ähnliches gilt für die Anzahl der Wörter: Abkürzungen aus mehreren Buchstaben, die durch einen Punkt getrennt sind (etwa u.a., o.g. usw.) werden entsprechend als zwei oder mehr Wörter gezählt.

Die Daten geben trotzdem einen guten Eindruck vom Umfang des Textkorpus.

24 Amt 11: Organisations- und Personalentwicklung; Amt 30: Rechtsamt; Amt 50: Sozialamt (mit Unterabteilungen); Amt 63: Bauordnungsamt

25 Zudem wurde innerhalb des Projektes in A- und B-Texte unterschieden (vgl. Fluck et al. 2001:6f.). Da dies für die vorliegende Arbeit irrelevant ist , wird lediglich der Ziffernteil benutzt.

26 Lässt man das Programm einen Punkt als Satzende interpretieren, wird auch jeder Abkürzungs-punkt (usw., u.a.) als Satzende interpretiert. Abgesehen davon, dass dies Aussagen über die Satz-zahl noch ungenauer macht, wird bei einer Suche nach einzelnen Wörtern dann oft auch der re-levante Kontext nicht angezeigt – beim ersten Punkt wird die Kotextdarstellung abgebrochen. Daher wurde nach jedem Satz ein Carriage Return (Zeilenende) eingefügt. Gleiches gilt auch für zwei Sätze, die durch ein Semikolon abgetrennt waren.

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B. Klärung grundsätzlicher Aspekte 19

9.4 Hinweise zu Manipulationen an den Korpustexten

Um mit den Korpustexten arbeiten zu können, waren Manipulationen an den Tex-ten notwendig. Die gravierendste war, dass das Textformat geändert werden muss-te: Da WinConcord nur ASCII-Texte bearbeiten kann, mussten die ursprünglich im WordPerfect-Format vorliegenden Texte entsprechend konvertiert werden. Dies machte eine manuelle Nachbearbeitung erforderlich, bei der zugleich verschiedene Eingriffe vorgenommen wurden.

Briefkopf und Fußzeilen wurden getilgt. Die enthaltenen Informationen – Ab-sender des Briefes, Briefdatum. Sprechzeiten, Bankverbindungen der Stadt Bochum etc. – sind für die vorliegende Analyse nicht relevant. Sie bilden zwar zum Teil den unmittelbaren Prätext; da dieser aber standardisiert ist, kann gegebenfalls auf ihn zurückgegriffen werden. Im Zweifelsfall muss ein Blick auf die Originalbriefe strit-tige Fragen klären.27

Bei vielen Briefen handelt es sich um Musterbriefe, in die nur noch entsprechen-de Datenfelder – etwa Name des Sozialhilfeempfängers, Datum des letzten Briefes, Höhe des Bußgeldes etc. – eingetragen werden müssen bzw. automatisch eingetra-gen werden. Waren diese Felder leer, wurden sie durch Platzhalter (etwa DM XXX,–, 01.01.01, Herr Mustermann) ersetzt. Waren in den Briefen die Bezeichnun-gen der Datenfelder enthalten, wurden diese in geschweifte Klammern gesetzt, um zu verdeutlichen, dass es sich nicht um authentischen Text handelt.

C. Theoretische Ansätze zum Satztopik

Im Jahr 1992 schreibt Dittmar (1992b:1) noch über das Topik28: „Although no doubt most linguists would agree that the phenomenon of ‘topic’ provides the needed input energy to speech and communication, it receives surprisingly little at-tention in linguistic theory“ und bedauert, dass das Topik noch nicht „one of the central concerns of linguistics today“ (wie etwa der Bereich des Lexikons) gewor-den ist.

Die Haltung der Linguisten gegenüber dem Topik-Begriff und der Informati-onsstruktur allgemein hat sich inzwischen offenbar geändert. Der Begriff des (Satz-) Topiks wird als Bestandteil der Informationsstruktur von Sätzen oft disku-tiert. So wird die Idee der Thema–Rhema-Gliederung von Sätzen (vgl. etwa Daneš 1964, 1970, Firbas 1992; zum ursprünglichen Thema-Begriff von Mathesius vgl. Firbas 1996) zunehmend abgelöst von der Frage nach der Topik–Kommentar-Struktur eines Satzes.29 Zwar behauptet Molnár (1998:108): „the concept[ ] of topic

27 Alle Briefe sind im Anhang im Original zu finden. Der Briefkopf der Stadt Bochum ist original-getreu etwa in Text 30-01 abgedruckt.

28 Wenn hier von ‘dem Topik’ die Rede ist, so ist damit das Element gemeint, das in dem jeweiligen Ansatz als Topik bezeichnet wird. Ob es das Topik überhaupt gibt, bleibt abzuwarten.

29 Der Zusammenhang zwischen der Thema–Rhema-Gliederung von Sätzen und der thematischen Entfaltung eines Textes ist übrigens unbestritten – nicht zuletzt auch, weil die thematische Ent-faltung eines Textes mithilfe der Thema–Rhema-Gliederung von Sätzen bestimmt wurde (vgl. hierzu Daneš 1970, Gülich & Raible 1977:60ff., Heinemann & Viehweger 1991:32ff., Brinker 1997:48ff.).

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 20

[… is] not derivable from a ‘theme’–‘rheme’ distinction“. Dass es große Über-schneidungsbereiche gibt, dass Thema und Topik manchmal sogar als Synonyme aufgefasst werden können, zeigt sich aber etwa bei Welke (1993) oder bei Lutz (1981). Papi (1994:127) konstatiert: „Some scholars use theme and topic interchange-ably“. Auch Küper (1998) stellt in seinem Aufsatz fest,

daß das Begriffspaar topic–comment von manchen Linguisten mit gleicher Extension wie Thema–Rhema verwendet wird […], während andere Linguisten hierfür eine der spezifischen Bedeutungsvarianten von Thema–Rhema […] reservieren […] oder die-sem Begriffspaar eine weitere Bedeutung zuordnen. (Küper 1998:222)

Die Ansätze und Terminologien sind in der Tat zahlreich. Einen brauchbaren Überblick geben die (leider nicht mehr ganz aktuellen) Arbeiten von Lutz (1981) und Molnár (1991); etwas neuer ist Molnár (1998). In Makovec-Èerne (1991) finden sich ausführliche Darstellungen und Diskussionen der wichtigsten Ansätze ver-schiedener Vertreter der Prager Schule.

Von der Thema–Rhema-Gliederung wird leider die Uneinigkeit im Hinblick auf die Begriffsbestimmung bzw. Terminologie übernommen;30 die Forschungslage ist „chaotisch“ (Molnár 1991:11), die Terminologie „confusing“ (Molnár 1998:90). Die Linguistik beschäftigt sich intensiv mit dem Topik – „though still without a general consensus on its status.“ (de Beaugrande 1992:243) Dass der Begriff des Topiks oft ohne ausreichend klare und gerechtfertigte Definition gebraucht wird, meinen auch Schlobinski & Schütze-Coburn (1992:89). Die Eigenschaften der Topik–Kommen-tar-Ebene sind nach Meinung von Altmann (1993:5) „noch weniger unkontrovers […] als die der FHG [Fokus–Hintergrund-Gliederung, D. H.]“. Das größte Pro-blem im Hinblick auf die Terminologie des Topiks sieht Vasconcellos (1996:147; Hervorhebung getilgt, D. H.) in „the myriad functions that have been attributed to it.“

Makovec-Èerne (1991:82) kommt zu dem – im Prinzip direkt auf die Problema-tik der Topik-Definition übertragbaren – Schluss, dass es „bisher weder eine ein-heitliche noch eine klare operationalisierbare Thema-Definition“ gibt. Auch die Aussage von Lutz (1981) zur Vielfalt der ‘Thema’-Definitionen kann ohne Modifi-kation für das Topik übernommen werden:

Wer sich in diese Problematik [gemeint ist das Thema ‘Thema’, D. H.] einarbeiten will, sieht sich aber zunächst einem fast undurchdringlichen Wust von Veröffentli-chungen gegenüber: Es gibt weder eine Gesamtdarstellung noch eine Einführung in diese Problematik, sondern nur zahllose Aufsätze und Bücher in verschiedenen Sprachen und mit einer verwirrenden Terminologie. (Lutz 1981:3)

Küper (1998:221) bringt es auf den Punkt: „Die Thema–Rhema-Problematik [ana-log die Topik–Kommentar-Problematik] ist gekennzeichnet durch terminologische Unklarheiten, Begriffsverwirrungen und sogar Widersprüche.“31

Demnach liegt die Schwierigkeit einer Definition des Topiks darin begründet, dass diverse theoretische Ansätze nebeneinander bestehen und stets eigene Termi-30 Zur Begriffsverwirrung im Hinblick auf Thema–Rhema vgl. etwa Haueis (1992:19f.); dort wer-

den auch einige besonders unklare Aspekte benannt.31 Warum es zu diesen terminologischen Problemen kommt, versucht de Beaugrande (1992:243f.)

zu erklären: „topic is a multiplex phenomenon of language, […] also a social and psychological concern […] and varies from language to language.“

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 21

nologien mit sich bringen, die im Regelfall untereinander nicht kompatibel sind.32 Die Entscheidung darüber, welcher dieser Ansätze ‘richtig’ ist und welcher nicht, kann hier nicht getroffen werden. Das liegt unter anderem daran, dass jeder An-satz – soweit man solche allgemeine Aussagen überhaupt treffen kann – eine unter-schiedliche Bezugsdomäne hat. Wie bereits eingangs dargestellt, gibt es Ansätze, die sich primär auf die syntaktischen, semantischen oder pragmatischen Merkmale des Topiks beziehen.33 Welke (1993:89) etwa geht davon aus, dass Subjekt und Thema „eine identische funktionale Bestimmung“ als Satzgegenstand haben,34 aber auf zwei unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind. Einem Sprecher ist es somit mög-lich, „die auf einer ersten grammatischen Ebene vorgenommene Auszeichnung als Satzgegenstand (Subjekt) auf einer zweiten grammatischen Ebene (Thema) wieder zu korrigieren.“ (Welke 1993:89) In einem späteren Aufsatz vermutet Welke (1994), dass das pragmatische Merkmal ‘Topic’ zusammen mit dem semantischen Merkmal ‘Agens’ stets dem Subjekt zugeordnet wird.

Jacobs (1999) entwickelt einen prototypischen Topik-Begriff, der semantische und pragmatische Aspekte vereint. Er geht davon aus, dass unterschiedliche syntak-tische Konstruktionen deshalb als Beispiele für eine Topik–Kommentar-Gliederung aufgefasst werden, weil „they all are related to prototypical examples of TC [topic–comment, D. H.].“ (Jacobs 1999:2) D.h. sie stimmen in einer oder mehreren von insgesamt vier Dimensionen mit einem prototypischen Topik überein. Die vier Di-mensionen, die Jacobs (1999) nennt, sind „informational separation“, „predication“, „addressation“ und „frame-setting“.

Zwei Ansätze betrachten das Topik nicht als isoliertes Phänomen, sondern stel-len es im Rahmen einer ausgearbeiteten und übergreifenden Theorie dar: Molnár (1991)35 und Lambrecht (1998).

Molnár (1991) präsentiert einen Definitionsversuch, der auf Bühlers Organon-modell (dargestellt etwa in Bühler 1965) basiert und die Gliederung von Äußerun-gen auf drei pragmatischen Ebenen annimmt. Die Topik–Kommentar-Gliederung wirkt auf der sachbezogenen Ebene, der Darstellungsebene, während Thema–Rhe-ma-Gliederung auf der empfängerbezogenen Ebene des Appells und Fokus–Hin-tergrund-Gliederung auf der senderbezogenen Ebene des Ausdrucks wirken.

Lambrecht (1998) entwirft ein komplexes, pragmatisches Modell der Informati-onsstruktur, das neben dem Begriff des Topiks auch die (komplementäre) Katego-rie des Fokus umfasst. Im Gegensatz zu Molnárs (1991) eher implizit kognitiven Ansätzen ist Lambrechts Entwurf explizit kognitiv fundiert: neben der mentalen Repräsentation von (Diskurs-) Referenten spielt deren Aktivierungszustand eine be-32 Zu diesem Problem im Allgemeinen vgl. auch Fluck (1996:34ff.).33 ‘Reine’ Ansätze, die sich ausschließlich auf einen der Merkmalskomplexe beziehen, kenne ich

nicht – vielleicht einmal abgesehen von den Ansätzen der Generativen Grammatik, die das To-pik rein strukturell bestimmen: als das Element, das die Topikalisierungsposition (SpecCP/TOP) einnimmt (vgl. etwa Fanselow & Felix 1990, Haider 1993). Die meisten Ansätze definieren das Topik allerdings anhand eines mehr oder weniger ausgeprägten Merkmalsbündels, das syntaktische, semantische und/oder pragmatische Aspekte vereint.

34 Insofern ist Welkes Thema-Begriff dem hier vertretenen Topik-Begriff ähnlich; s. Abschnitt A.2.1, S. 8.

35 Die Darstellung in Molnár (1991) ist deutlich umfangreicher und geht stärker in die Tiefe als die Aufsätze von Molnár (1993, 1998). Daher lege ich für die folgenden Ausführungen Molnár (1991) zugrunde.

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 22

deutende Rolle für die mögliche Kodierung eines Topikreferenten als (sprachlicher) Topikausdruck.

Beide verfolgen also einen pragmatischen Ansatz mit impliziter oder expliziter kognitiver Prägung. Da mir ein solcher kognitiv-pragmatischer Ansatz als die beste Möglichkeit erscheint, sich dem komplexen und schwer zu fassenden Topik-Begriff zu nähern, sollen hier Molnár (1991) kurz und Lambrecht (1998) wegen seiner stär-ker kognitiven Ausrichtung ausführlicher vorgestellt werden. Eine Kritik schließt sich jeweils an.36

1 Anmerkung zur sprachlichen Form

Eine Zusammenfassung in eigenen Worten stellt notwendigerweise auch immer eine Interpretation dar. Dies gilt insbesondere, wenn die Zusammenfassung – wie hier – auf das Wesentliche beschränkt bleiben muss. Ich bemühe mich aber um eine möglichst unverfälschte Wiedergabe der (für diese Arbeit relevanten) Thesen und Argumentation von Molnár (1991) und Lambrecht (1998). Daher verzichte ich auch darauf, die Wiedergabe der Aussagen durchgängig sprachlich kenntlich zu machen, etwa durch Benutzung des Konjunktivs. Es sei aber hiermit darauf hingewiesen, dass es sich nicht um meine eigenen Ideen und Argumente handelt, sondern um die von Molnár (1991) (Abschnitt C.2, S. 22ff.) respektive Lambrecht (1998) (Abschnitt C.3, S. 26ff.). Entsprechend gebe ich bei wörtlichen Zitaten auch stets nur die Sei-tenzahl an, ohne den Hinweis auf Verfasser und Jahr des Erscheinens.

2 Der Ansatz von Molnár (1991)

2.1 Dreifache pragmatische Gliederung des Satzes

Molnár sieht das Topik als eine diskurssemantische, funktionale, pragmatische Ka-tegorie: als „das, worüber etwas gesagt wird“ (S. 41). Diese erste Definition präzisiert sie folgendermaßen: Das Topik ist eine universelle Kategorie der pragmatischen Prädikation innerhalb des Satzes, die in Zusammenhang mit anderen pragmatischen Kategorien steht. Grammatische Korrelate sind sprachspezifisch; allerdings kann kein sprachliches Merkmal allein ausreichen, um einen Ausdruck als Topik zu mar-kieren; dazu ist ein Zusammenspiel mehrerer (sprachlicher) Faktoren notwendig (vgl. S. 42f.).37

Molnár geht nicht von einer binären Gliederung auf einer einzigen Ebene der Pragmatik aus. Ihre Grundidee ist vielmehr, dass sich die Gliederung eines Satzes auf insgesamt drei pragmatischen Ebenen in syntaktischen und auch prosodisch-in-tonatorischen Merkmalen widerspiegelt („Interdependenz der sprachlichen Formen und Funktionen“, S. 259).38 Unter Rekurs auf Bühlers Organonmodell entwickelt

36 Bei der angestrebten Operationalisierung des Topik-Begriffs werden zudem weitere relevante Ansätze berücksichtigt. Molnár (1991) und Lambrecht (1998) stellen jedoch gewissermaßen das Gerüst für die Operationalisierung dar und werden daher ausführlicher dargestellt.

37 Da die prosodisch-intonatorischen Aspekte für die vorliegende Arbeit weitgehend irrelevant sind, werde ich diese nur kurz behandeln und mich weitgehend auf die Darstellung der pragma-tischen und grammatischen Aspekte von Molnárs Modell beschränken.

38 Allerdings besteht keine eindeutige Abbildungsbeziehung, d.h. dass „die Grammatik nicht im-mer eindeutig die Informationsstruktur signalisieren kann.“ (S. 272)

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 23

sie ein dreiebiges Schema der Informationsstruktur bzw. der kommunikativen Strukturierung. Auf der sachbezogenen Ebene der Darstellung siedelt sie die To-pik–Kommentar-Gliederung an, während auf der empfängerbezogenen Ebene des Appells die Thema–Rhema-Gliederung wirkt. Die senderbezogene Ebene, die Ebe-ne des Ausdrucks, betrachtet Molnár als die Ebene der Fokus–Hintergrund-Gliede-rung, sodass sich das folgende Schema ergibt, das auch gleichzeitig die prototypi-sche Gliederung eines Satzes darstellt:39

Darstellung → Topik – KommentarEmpfänger → Thema – Rhema

Sender → Hintergrund – Fokus

Abbildung 2: Die dreifache Gliederung des Satzes nach Molnár (1991)

Folgerichtig hält Molnár die Gliederung auf jeder Ebene „nicht nur für nicht zwangsläufig, sondern auch [für] nicht notwendigerweise parallel“ (S. 59). Die Glie-derung auf den einzelnen Ebenen kann von der prototypischen Gliederung abwei-chen, die Zahl der Kombinationen ist aber begrenzt.

2.2 Relationen zwischen den einzelnen Ebenen

Der Gleichlauf von Topik/Kommentar und Thema/Rhema ist optimal, kann je-doch ohne Schwierigkeiten aufgehoben werden. Unbestritten ist nach Molnár die Tatsache, dass eine Topik/Thema-Korrelation kohärenzbildend ist; allerdings sind auch Sätze möglich, in denen Kohärenz durch lexikalische, grammatische oder se-mantisch-logische Mittel angezeigt wird. Das Topik ist in solchen Fällen von der kohärenzbildenden Funktion „entlastet“, und es kann eine „Divergenz zwischen Topik und Thema“ (S. 62) auftreten. Durch die Berücksichtigung der Fokus–Hin-tergrund-Ebene wird das Zusammenspiel der drei pragmatischen Ebenen allerdings weitaus komplexer und komplizierter.

Die prototypische Korrelation von Thema/Hintergrund und Rhema/Fokus ist zwar optimal, kann aber in diversen Fällen gestört werden. Relevant für die vorlie-gende Arbeit ist allerdings nur die so genannte Fokusrestriktion: Trägt ein satzinitia-les (potentielles) Topikelement den einzigen minimalen Fokusgipfel im Satz, dann lässt dies immer auf einen Satz ohne TKG schließen (S. 251). Wenn es den maxi-malen Fokusakzent trägt, weil es die einzige fokussierbare Konstituente des Satzes ist, wird die Topiklesart jedoch nicht ausgeschlossen. Bei einer maximalen Fo-kusprojektion mit zusätzlichem minimalem Fokus auf dem Topik („I-Topikalisie-rung“; vgl. S. 251) kann – abhängig vom Kontext – ein so genannter vollrhemati-scher Satz vorliegen. In einem solchen Fall hat der Satz zwar eine TKG, auf den beiden anderen pragmatischen Ebenen bleibt er aber ungegliedert.40

39 Molnár plädiert für eine dichotomische Gliederung auf jeder der drei Ebenen, d.h. sie nimmt an, dass ein Element entweder Topik (Thema, Hintergrund) oder Kommentar (Rhema, Fokus) ist. Damit wendet sie sich explizit gegen eine gradiente Auffassung des Topik-Begriffs.

40 Denkbar ist zudem ein vollrhematischer Satz mit „multiple foci“, in dem also zwei Fokusgipfel liegen. Auch in einem solchen Fall kann ein Element als Topik-Rhema-Fokus-Glied fungieren, während die anderen Elemente Kommentar-Rhema-Hintergrund-Glieder sind.

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 24

2.3 Pragmatische und grammatische Merkmale des Topiks

Nach Molnár wird das Topik im Deutschen durch die folgenden Aspekte charakte-risiert:1. Die TKG ist nur eine von drei Ebenen der pragmatischen Gliederung eines Sat-

zes.2. Die prototypische Gliederung des Satzes ist Topik-Thema-Hintergrund einer-

seits und Kommentar-Rhema-Fokus andererseits. Abweichungen von der proto-typischen Gliederung sind möglich; die Zahl der Kombinationen ist begrenzt.

3. Das einzige Feld, das eine Konstituente mit Topikstatus enthalten kann, ist das Vorfeld.

4. Üblicherweise steht im Deutschen das Subjekt im Vorfeld, sodass eine gewisse Korrelation zwischen Subjektfunktion und Topikstatus anzunehmen ist.

5. Topiks sind im prototypischen Fall referentiell, definit, spezifisch und präsuppo-niert (optimale Erfüllung der Funktion, als Gegenstand der pragmatischen Prä-dikation zu dienen). Während die Referentialität eine notwendige Bedingung ist, können auch indefinite, nicht-spezifische und nicht-präsupponierte Elemente als Topik fungieren. Empathie, d.h. die Möglichkeit der Identifikation mit einem Element, ist ebenfalls keine notwendige Bedingung für eine mögliche Topik-Funktion des Elementes.

6. Unikale, sinnlich wahrnehmbare NP sind prototypische Topiks. Aber auch ande-re, etwa konzeptuelle NP-Kategorien, andere Elemente (infinite Verbteile, man-che Adjektive) sowie syntaktische Kategorien (Sätze) können als Ausgangspunkt der pragmatischen Prädikation fungieren.

7. Komplexe Konstituenten im Vorfeld schließen die Topik-Lesart nicht aus, solan-ge die anderen Kriterien nicht dagegen sprechen.

8. Die beiden einzigen Möglichkeiten, in denen eine Topik-Lesart ausgeschlossen ist:a) Das Element mit Topikstatus darf nicht gleichzeitig auch das einzige minimal

fokussierte Element des Satzes (Fokusexponent) sein (Fokus-Restriktion).

b) Steht das Finitum im Vorfeld, d.h. enthält ein Satz nur postverbale nominale Elemente, ist ebenfalls eine Topik-Lesart ausgeschlossen.

2.4 Topik-Typen

Aufgrund vorwiegend pragmatischer Merkmale, aber unter Berücksichtigung der grammatischen Aspekte unterscheidet Molnár zwei grundsätzliche Topik-Typen: das unmarkierte und das markierte Topik.

Folgende Topiks sind unmarkiert:a) Topiks, die im Vorfeld stehen, unbetont sind und kein Fokusmerkmal tragen; der

Satz weist eine gleichmäßige Intonation auf. Die pragmatische Gliederung ist prototypisch.

b) Topiks, die im Vorfeld stehen, leicht betont sind und ein minimales Fokusmerk-mal (Fokuserbe) tragen; der Satz weist eine leicht fallende Intonation und maxi-

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 25

male Fokusprojektion auf. Die pragmatische Gliederung ist Topik/Rhema/Fo-kus einerseits und Kommentar/Thema/Hintergrund andererseits.

Eine dritte Gruppe von Sätzen kann nach Molnárs Meinung ebenfalls ein unmar-kiertes Topik enthalten. Allerdings ist dies deswegen problematisch, weil es sich bei den Sätzen um thetische Sätze handelt, die „als eine ungegliedert Aussage zu be-trachten“ (S. 263) sind. Denkbar ist eine solche Topiklesart allerdings bei Sätzen, in denen die (nicht-emphatische) Fokussierung des Topiks die einzige Möglichkeit der Akzentuierung im gesamten Satz darstellt:

c) Topiks in thetischen Sätzen stehen im Vorfeld und tragen einen „nicht ‘empha-tisch[en]’“ Akzent, weil sie das einzige fokussierbare Element im Satz und daher Fokusexponent sind; der Satz weist ein „‘rise-fall’-Tonmuster“ auf (S. 263). Die pragmatische Gliederung ist ebenfalls Topik-Rhema-Fokus einerseits und Kom-mentar-Thema-Hintergrund andererseits.

Im Gegensatz zu den unmarkierten stehen markierte Topiks. Der wesentliche Un-terschied liegt im Vorhandensein des Fokusmerkmals: während es bei unmarkierten Topiks „abwesend sein kann oder vererbt/vererbbar sein muß, ist es bei dem mar-kierten Topik obligatorisch“ (S. 264). Dies hängt oft mit einer kontrastiven Funkti-on zusammen („topic-shift“, S. 265): „Erwartungen, die von der Seite des Adressa-ten vorliegen, [werden] widerlegt“ (S. 267). Im Zweifelsfall hält Molnár die Einbe-ziehung des Kontextes in die Analyse für die einzige Möglichkeit, zu klaren Ergeb-nissen zu gelangen (vgl. S. 273).

2.5 Kritik an Molnár (1991)

Im Großen und Ganzen erscheint der Ansatz von Molnár (1991) plausibel; aller-dings kann er nicht ganz überzeugen. Besonders fraglich erscheint die notwendige syntaktische Bedingung, dass nur ein Element, das im Vorfeld steht, eine Topik-funktion übernehmen kann. Hier wäre es vielleicht – auch im Hinblick auf andere Kriterien – sinnvoller anzunehmen, dass ein prototypisches Topik im Vorfeld steht, dass aber auch eine Mittelfeldposition möglich ist. Insgesamt bleibt unklar, welche Faktoren zusammenfallen müssen, damit eine Konstituente als Topik gelten kann: die Gewichtung der einzelnen Elemente zueinander wird nicht deutlich genug dar-gestellt, was einer Operationalisierung im Wege steht.

Ebenfalls heikel erscheint mir die Tatsache, dass der Kontext im Prinzip unbe-rücksichtigt bleibt (vgl. S. 273). Denn die Grundsatzaussage, dass es sich beim To-pik um eine pragmatische Kategorie handelt, impliziert doch gleichzeitig auch, dass der Kontext eine wichtige Rolle spielen muss.

Unbefriedigend ist zudem, dass Molnár sich dem Topik im Ansatz kognitiv nä-hert, diesen kognitiven Aspekt aber erstens nicht als solchen benennt und zweitens auch nicht weiter ausführt. Zu vermuten ist jedoch, dass Sätze – wenn man einmal davon ausgeht, dass Sprache in der zwischenmenschlichen Interaktion eine Funkti-on hat – möglichst so konstruiert werden sollten, dass der Kommunikationspartner sie einfach rezipieren und ihren Sinn erschließen kann. Das bedingt aber gleichzei-

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 26

tig die Berücksichtigung kognitiver Kriterien für die Kommunikation – gerade, wenn man von für die Kommunikation zentralen Kategorien wie dem Topik aus-geht. Anders gesagt: wenn für den sozialen Erfolg von Kommunikation kognitive Kriterien relevant sind, dann reicht die rein pragmatisch-syntaktische Beschreibung von Merkmalen des Topiks nicht aus. Daher erscheint es sinnvoll, einen weiteren Ansatz zu Rate zu ziehen, der diese kognitiven Kriterien berücksichtigt.

3 Das Topik nach Lambrecht (1998)

Im Rahmen einer umfassenden, sprachübergreifenden41 Auseinandersetzung mit der Informationsstruktur von Sätzen beschäftigt sich Lambrecht (1998) auch mit der Frage nach dem Topik. Er geht davon aus, dass die Informationsstruktur von Sätzen anhand von Allosätzen („allosentences“) untersucht werden kann.42 Einer der Grundgedanken ist dabei, dass grammatische, d.h. prosodische, lexikalische und syntaktische Formen pragmatisch motiviert sind, dass sich also an grammatischen Unterschieden auch Unterschiede in der Informationsstruktur erkennen lassen.43 Der Begriff ‘Informationsstruktur’ umfasst bei Lambrecht vier Aspekte:44

1. die Information mit den zwei Komponenten pragmatische Präsupposition und pragmatische Assertion,

2. die mentale (kognitive) Repräsentation von Diskursreferenten mit den Kompo-nenten Identifizierbarkeit und Aktivierung,

3. die Topikbeziehung zwischen Diskursreferenten und Propositionen und4. die Fokuskategorie.

3.1 Information

Der Informationswert der Äußerung eines Satzes45 hängt von den mentalen Zu-ständen der Diskursteilnehmer ab: Der Sprecher beeinflusst die mentale Abbildung bzw. Repräsentation der Welt, die der Hörer hat. Für das Verständnis der Informati-vität einer Äußerung bzw. Proposition führt Lambrecht zwei Prinzipien Strawsons (1971) an: das Principle of the Presumption of Knowledge und das Principle of the Presump-tion of Ignorance. Beide Prinzipien zusammen bewirken, dass ein Sprecher einer Äu-

41 Lambrecht diskutiert seine Thesen vorwiegend anhand von englischen, französischen und italie-nischen Beispielen, greift aber häufig auf andere Sprachen – vor allem auch das Deutsche – zu-rück.

42 Mit Allosätzen meint er solche Sätze, die semantisch gleichwertig sind und sich nur im Hinblick auf ihre Form (und damit auch im Hinblick auf ihre Informationsstruktur) unterscheiden (S. xiv).

43 Mit ‘Pragmatik’ meint Lambrecht ‘Diskurspragmatik’: es geht um die Frage, warum in einem Diskurskontext eine Information durch eine bestimmte formale Repräsentation ausgedrückt wird und nicht durch eine andere. (Zum Zusammenhang zwischen Pragmatik–Diskurspragma-tik–Informationsstruktur vgl. S. 4ff.) Wenn im Folgenden von Pragmatik gesprochen wird, ist immer die Diskurspragmatik und deren Bereich der Informationsstruktur gemeint.

44 Ich werde im Folgenden zunächst die beiden ersten Aspekte kurz darstellen, da sie die Grundla-ge für das Verständnis von Lambrechts Topikbegriff bilden. Auf den Aspekt des Fokus, der stark mit der Prosodie zusammenhängt und daher für die vorliegende Untersuchung schriftli-cher Texte nicht von besonderer Relevanz ist, gehe ich im Anschluss ebenfalls kurz ein.

45 Wichtig ist nach Lambrecht der Unterschied zwischen der Informativität einer Äußerung („the propositional information“) und den Informationseinheiten bzw. Referenten („elements of in-formation“), aus denen sich eine Äußerung bzw. Proposition zusammensetzt (S. 47, Hervorhe-bung getilgt, D. H.).

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 27

ßerung stets Annahmen über den kognitiven Zustand seines Gegenübers zugrunde legen muss: er muss die Äußerung so gestalten, dass die Äußerung an genügend Vorwissen (‘altem’ Wissen) anknüpfen kann und genügend neue Information (nicht absolut, sondern in Relation zum Vorwissen des Hörers) enthält (vgl. auch S. 51).

Unterschiede im Informationsgrad von Äußerungen bestehen in „a difference in the assumed states of the representations of the referents or designata of the vari-ous sentence constituents in the addressee’s mind at the time of utterance“ (S. 49) und der daraus resultierenden Strukturierung der Äußerung. Folgerichtig lehnt Lambrecht die Ansicht ab, dass man die Informativität einer Äußerung anhand ein-zelner Informationseinheiten bestimmen kann.

3.2 Pragmatische Präsupposition und pragmatische Assertion

Wesentliche Bestandteile seiner Theorie der Information sind das, was er als prag-matische Präsupposition und pragmatische Assertion bezeichnet (vgl. S. 52f).46 Als pragmatische Präsupposition wird die Menge von Propositionen bezeichnet, die („lexicogrammatically“) durch eine Äußerung hervorgerufen wird; von den Propo-sitionen kann angenommen werden, dass sie sowohl beim Hörer als auch beim Sprecher zum Zeitpunkt der Äußerung mental repräsentiert sind (S. 151; vgl. auch S. 77). Zur pragmatischen Assertion hingegen zählt eine Proposition, die zum Zeit-punkt der Äußerung nur beim Sprecher mental repräsentiert ist. Sie operiert auf Präsuppositionen und gehört nach der Äußerung zu den im jeweiligen Diskurs prä-supponierten Propositionen.47

Eine Zuordnung einzelner Konstituenten zur Präsupposition oder zur Assertion ist nicht möglich. Vielmehr ist der Gesamtsatz „the grammatical domain“ (S. 58) für beide.

3.3 Diskursreferenten: Identifizierbarkeit, Spezifität und Aktivierungszustand

3.3.1 Diskursreferenten und Diskursregister

Die gemeinsame Menge von mentalen Repräsentationen, die Hörer und Sprecher miteinander teilen, bezeichnet Lambrecht als Diskursregister (S. 74). Sowohl Entitä-ten als auch Propositionen können Elemente des Diskursregisters sein. Repräsenta-tionen, die Bestandteile des Diskursregisters sind, nennt Lambrecht Diskursreferen-ten. Nur Diskursreferenten gehören zum Bereich der pragmatischen Präsuppositi-on, und nur sie können Bestandteil der Assertionen sein: sie können als Argumente einer Aussage (bzw. einer Prädikation/eines Prädikats) kodiert werden. Folgerichtig werden sie syntaktisch als Argumentkategorien ausgedrückt (Nominalphrasen, Pro-46 Wenn die Begriffe Präsupposition und Assertion im Folgenden ohne Adjektivattribut gebraucht

werden, dann ist stets vom pragmatischen Aspekt die Rede.47 Auch zunächst nicht mit seinen Thesen konforme Sätze ordnet Lambrecht ein. Dazu entwickelt

er das Modell des pragmatischen Einpassens („pragmatic accommodation“). Dieses Modell sieht vor, dass Sprecher gelegentlich Präsuppositionen erschaffen (etwa um falsche Annahmen auf Seiten des Hörers zu berichtigen) und in den Kontext einpassen, die dann als Präsuppositionss-trukturen für die eigenen Assertionen fungieren. Sprecher sind somit in der Lage, durch die Äu-ßerung eines Satzes die notwendigen Präsuppositionen für die im Satz enthaltene Assertion zu erschaffen.

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 28

nomen, Gliedsätze und Adverbialphrasen). Prädikate (finite Verben oder Adjektive) können nicht als Diskursreferenten benutzt werden; sie stellen Relationen zwischen Diskursreferenten her oder attribuieren diese, werden aber nicht separat mental re-präsentiert.

3.3.2 Identifizierbarkeit und Spezifität

Eine Entität oder Proposition, für die der Sprecher im Diskursregister einen neuen ‘Eintrag’ anlegen will, muss identifizierbar sein. Zu fragen ist, ob sich Identifizier-barkeit in syntaktischen Kategorien ausdrückt. Die Tatsache, dass eine Nominal-phrase entweder definit oder indefinit ist,48 ist ein Indiz für die Identifizierbarkeit, korreliert aber nur mit ihr. Ein Grund dafür, dass die Identifizierbarkeit des Refe-renten einer NP nicht zweifelsfrei und direkt anhand formal-syntaktischer Merkma-le erschlossen werden kann, liegt im Merkmal der Spezifität der NP: Während defi-nite Nominalphrasen meist (aber keinesfalls immer) identifizierbare und spezifische Referenten bezeichnen, können indefinite Nominalphrasen sowohl spezifische als auch nicht-spezifische Referenten haben und damit identifizierbar oder nicht-iden-tifizierbar sein. Hinzu kommt die Tatsache, dass bei Nominalphrasen noch eine ge-nerische (d.h. weder spezifische noch nicht-spezifische) Lesart auftreten kann. In diesem Fall ist der Referent aber identifizierbar: der Ausdruck bezeichnet eine se-mantische Klasse.

Trotz der scheinbaren Problematik der vielfältigen Wechselbeziehung zwischen grammatischer Form und kognitiver Identifizierbarkeit, hat diese Wechselbeziehung nach Lambrecht auch Vorteile:

The theoretical distinction between grammatical definiteness and cognitive identifi-ability has the advantage of enabling us to distinguish between a discrete (grammat-ical) and a non-discrete (cognitive) category. While the definite/indefinite contrast is in principle a matter of yes or no, identifiability is in principle a matter of degree. (S. 84) 49

Um einen identifizierbaren Diskursreferenten zu etablieren, d.h. einen entsprechen-den Eintrag im Diskursregister anzulegen, hat ein Sprecher mehrere Möglichkeiten. Lambrecht geht davon aus, dass diesen Möglichkeiten das Konzept eines kognitiven Schemas oder Rahmens zugrunde liegt. Mit Hilfe dieses kognitiven Rahmens lassen sich alle Möglichkeiten erklären, mit denen ein Diskursreferent vom Sprecher als identifizierbar einzuordnen ist:• aufgrund ihrer Einmaligkeit identifizierbare Referenten („uniquely salient refer-

ents“): Der kognitive Rahmen ist hier sehr eng gesteckt, aber dafür auch sehr präzise.

• Referenten generischer Ausdrücke: Der Rahmen ergibt sich aus dem semanti-schen Vorwissen des Hörers.

48 Im Deutschen existiert noch eine dritte Variante: ein Null-Artikel. Beispiel: ‘eine/die/(∅) Grammatik’.

49 Ein Beispiel für die relative Identifizierbarkeit eines Diskursreferenten bildet für Lambrecht das so genannte Verankern („anchoring“, S. 85f.): ein neuer, nicht identifizierbarer Referent erhält einen Eintrag ins Diskursregister dadurch, dass er mit einem bereits etablierten, also ins Dis-kursregister eingetragenen Referenten verknüpft wird.

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 29

• Referenten deiktischer Ausdrücke: Der kognitive Rahmen ergibt sich aus dem si-tuativen Kontext.

3.3.3 Aktivierungszustand eines Diskursreferenten

Neben Spezifität und Identifizierbarkeit ist der Aktivierungszustand eine weitere Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Referenten als Diskursreferent. „Knowing something and thinking of something are different mental states.“ (S. 93) Wichtig ist also, wie ‘zugänglich’ die mentale Repräsentation eines Referenten beim Hörer ist.

Es gibt nach Lambrecht drei Status der Aktiviertheit: aktiv, zugänglich/semi-ak-tiv und inaktiv („active“, „accessible“ und „non-active“, vgl. S. 93f.). Das Verhältnis zwischen grammatischer Form und Aktivierungszustand ist asymmetrisch.50 Unbe-tonte, pronominalisierte Konstituenten sind markiert als aktive Referenten, wäh-rend betonte, voll lexikalische Konstituenten im Hinblick auf den Aktivierungszu-stand des Referenten unmarkiert sind: sie können sowohl aktive als auch inaktive Referenten bezeichnen.51 Semi-aktiven/zugänglichen Referenten kann keine gram-matische Form zugeordnet werden. Lambrecht unterteilt sie in drei Subklassen (vgl. S. 100):• textuell zugängliche Referenten („textually accessible“): solche Referenten sind

Diskursreferenten, die vom aktiven in den semi-aktiven Zustand versetzt wur-den,

• durch Übertragung zugängliche Referenten („inferentially accessible“): die Refe-renten gehören zu einem kognitiv-semantischen Rahmen (vgl. S. 99), zu einem Schema, und können daher leicht erschlossen werden,

• situativ zugängliche Referenten („situationally accessible“): die Referenten sind in der außersprachlichen (textexternen) Welt direkt vorhanden und daher leicht zugänglich.

Entscheidend für die Etablierung der Klasse der zugänglichen Referenten ist nach Lambrecht nicht ihr tatsächlicher Aktivierungszustand, sondern die Tatsache, dass sie im Vergleich zu inaktiven Referenten leicht aktiviert werden können („a POTENTIAL FOR ACTIVATION rather than as the STATE OF A REFERENT in a person’s mind“, S. 104f).

Insgesamt ergibt sich folgendes Schema (Abbildung , S. ), in dem Identifizierbar-keit und Aktivierungszustand in Beziehung zueinander gesetzt werden (vgl. S. 109):

50 Darüber hinaus deutet Lambrecht auch noch einen Zusammenhang zwischen syntaktischer Po-sition und Aktivierungszustand an, auf den er aber zunächst nicht weiter eingeht; s. hierzu Ab-schnitt C.3.9.2, S. 36.

51 Markiertheit bedeutet für Lambrecht, dass eine Form eine Funktion impliziert, während Unmar-kiertheit mehrere Funktionen zulässt. Zu Lambrechts Markiertheitsbegriff vgl. S. 17.

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3.4 Das Topik als pragmatische aboutness-Relation

Auf Basis der gerade dargestellten Überlegungen entwickelt Lambrecht eine Satzto-pik-Definition, die sich an das traditionelle, auf Aristoteles zurückgehende Subjekt anlehnt:52 In einem Diskurs wird ein Referent nach Lambrechts Meinung dann als Topik eines Satzes interpretiert, wenn die Proposition verstanden wird als eine über den Referenten, d.h. als eine Proposition, die relevante Informationen über den Re-ferenten gibt und die das Wissen des Adressaten über diesen Referenten vergrößert. Das Topik umfasst sowohl Argumente einer „predicate-argument structure“ als auch Adjunkte, die nur lose an eine Proposition anknüpfen (vgl. S. 118).53

Eine Aussage enthält relevante Informationen über das Topik. Grundlegend ist Strawsons (1971:97) Principle of Relevance, das besagt, dass Aussagen normalerweise über „what is a matter of standing current interest or concern“ gehen (S. 119).54

3.5 Informationsstrukturelle Hauptsatztypen

Mithilfe von Allosätzen können informationsstrukturelle Unterschiede deutlich ge-macht werden (Lambrechts Beispiele (4.2a-d), S. 121):55

(5) (What did the children do next?) The children went to SCHOOL.(6) (Who went to school?) The CHILDREN went to school.(7) (What happened?) The CHILDREN went to SCHOOL.

Anhand dieser Sätze lassen sich drei informationsstrukturelle Hauptsatztypen un-terscheiden, die entweder morphosyntaktisch oder prosodisch unterschieden wer-den können: „topic-comment sentence[s]“ (S. 121; Satz (5), im Folgenden TC-Sät-ze), „identificational sentences“ (S. 122; Satz (6), im Folgenden I-Sätze) und „event-52 Er betont aber, dass Topiks nicht automatisch Subjekte sein müssen und umgekehrt; s. Ab-

schnitt C.3.6, S. 31.53 Terminologisch müssen zwei konzeptuell verschiedene Aspekte des Topiks voneinander unter-

schieden werden: Topikreferent (von Lambrecht meist einfach als Topik bezeichnet) und Topik-ausdruck. Während das Topik (bzw. der Topikreferent) die Entität bezeichnet (bzw. deren men-tale Repräsentation), über die eine Proposition etwas aussagt (Beziehung Referent–Proposition), ist der Topikausdruck der linguistische Ausdruck, mit dem der Topikreferent in einem Satz sprachlich kodiert wird (S. 131).

54 Da eine Aussage in Bezug auf die „matter of current interest or concern“ verschiedene Abstu-fungen von Relevanz aufweisen kann, ist die Identifizierung einer einzelnen Konstituente als die Konstituente, über die der Satz relevante Aussagen im absoluten Sinn enthält, nicht möglich. Daher eignen sich unterschiedliche Konstituenten im Satz in unterschiedlichem Maße als Topik. Dies führt dazu, dass der Kontext, in den ein Satz eingebettet ist, beachtet werden muss, um das Topik eines Satzes zu bestimmen.

55 Fokusakzent auf einem Element wird angezeigt durch Versalien. Referenten werden ggf. durch Kapitälchen markiert.

Abbildung 3: Identifizierbarkeit von Referenten nach Lambrecht (1998)

unidentifiable

identifiable

Identifiability

unanchored

anchored

Activation

inactive

active

accessible

inferentially

situationally

textually

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 31

reporting sentences“ (S. 124; Satz (7), im Folgenden ER-Sätze). Unterschiede sind auch in der Fokusprojektion zu erkennen: Prädikatsfokus, Argumentfokus und Satzfokus.

TC-Sätze wie (5) sind Sätze über pragmatische Präsuppositionen und assertie-ren etwas von diesen. Sie sind (minimal) charakterisiert durch einen Fokusakzent auf einem Element der Verbalphrase; syntaktisch und prosodisch sind sie unmar-kiert.

Mit I-Sätzen wie (6) wird ein Referent als das fehlende Argument einer offenen Proposition identifiziert. I-Sätze sind markiert durch intonatorische Hervorhebung der NP. Da die Proposition semantisch insofern unvollständig ist, als sie keinen Re-ferenten enthält, über den sie etwas aussagt, und da es kein strukturelles Element gibt, das als Topik dienen könnte, liegt keine TKG vor.

ER-Sätze wie (7) sind in Bezug auf den Kontext relativ unabhängig. Die prag-matische Präsupposition umfasst lediglich, dass etwas geschehen ist; der Assertions-fokus der Antwort umfasst daher den gesamten Satz. Der Satz enthält keine Aussa-ge über den Referenten der Subjekt-NP, sodass diese NP nicht als Topik fungiert.

3.6 Verhältnis von Topik und Subjekt

3.6.1 Subjekte als unmarkierte Topiks

Subjekte können nach Lambrecht als unmarkierte Topiks angesehen werden (und TC-Sätze stellen die „unmarked pragmatic sentence articulation“ dar; S. 132; Her-vorhebung getilgt, D. H.). Das Subjekt wird normalerweise über die Sprachgrenzen hinweg als Topik und die Prädikation als Kommentar aufgefasst, es sei denn, der Satz enthält morphosyntaktische, prosodische oder semantische Hinweise auf das Gegenteil. Allerdings weist Lambrecht darauf hin, dass es Ausnahmen von der Sub-jekt-Topik-Übereinstimmung gibt: Sowohl• ER-Sätze als auch• Sätze mit Prädikaten, die mit Erfahrung zu tun haben („experiential predicates“,

S. 133) und üblicherweise mit nicht-agentischen Subjekten stehen („A strange thought just occurred to me.“, S. 133), als auch

• bestimmte Passivkonstruktionenhaben nicht-topikalische Subjekte. In vielen Sprachen wird der Nicht-Topik-Status des Subjektes z.B. durch Subjekt-Verb-Inversion markiert („Mir fällt NP ein.“, S. 133). Besonders interessant und relevant sind die (thetischen) ER-Sätze.

3.6.2 Thetische Sätze

Der Unterschied zwischen ER- und TC-Sätzen ist häufig nicht deutlich markiert; es gibt allerdings eine Klasse von Sätzen, in der der Unterschied zwischen diesen bei-den Satztypen formal markiert wird. Lambrecht macht das an folgenden Sätzen deutlich (Lambrechts Beispiele (4.10) und (4.11), S. 137):

(8) a. (What’s the matter?) My NECK hurts. [ER-Satz]b. (How’s your neck?) My neck HURTS. [TC-Satz]

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 32

Zur formalen Differenzierung wird die Markierung des NP-Arguments in verschie-denen Sprachen unterschiedlich vorgenommen; im Englischen etwa durch Akzen-tuierung vs. Nicht-Akzentuierung bzw. Satzfokus vs. Prädikatsfokus. Aus logischer Sicht ist der TC-Satz in (8.b) ein kategorischer Satz und logisch komplex, während der ER-Satz in (8.a) ein thetischer Satz und logisch einfach ist. Diese Unterschei-dung anhand der logischen Struktur lässt sich auf den Bereich der Informationss-truktur übertragen: Ein kategorischer Satz enthält eine Assertion über präsuppo-nierte Entitäten oder Propositionen, während ein thetischer Satz ein neues Element in den Diskurs einführt und keine Präsuppositionen enthält, nur eine Assertion. Dies unterscheidet ihn sowohl von TC-Sätzen als auch von I-Sätzen.

Die formale Markierung von thetischen Sätzen ist beschränkt auf einen Diskurs-kontext, in dem der Referent der NP noch nicht aktiviert ist. Dies ist für Lambrecht gleichbedeutend mit der Aussage, dass „such sentences are inherently PRESENTATIONAL“ S. 142f.). Damit haben präsentationale Sätze (im Folgenden: P-Sät-ze) eine ähnliche Funktion wie ER-Sätze; beide können als Subklassen der theti-schen Sätze aufgefasst werden: ein thetischer (P- oder ER-) Satz führt ein neues Element in den Diskurs ein „without linking this element either to an already estab-lished topic or to some presupposed proposition“ (S. 144).

Ein thetischer Satz kann daher als insgesamt neu betrachtet werden, enthält also keine Präsuppositionen. Dies unterscheidet ihn sowohl von TC-Sätzen als auch von I-Sätzen. Der Unterschied zwischen P-Sätzen und ER-Sätzen spiegelt sich in den Begriffen „event-central“ (ER-Satz) und „entity-central“ (P-Satz) wider, die Lam-brecht einführt (vgl. S. 144).

3.6.3 Topikalisierung und multiple Topiks

So wie Subjekte nicht notwendigerweise Topiks sind, werden Topiks sprachlich nicht notwendigerweise als Subjekte kodiert, sodass auch andere Konstituenten des Satzes als Topik fungieren können. Zudem sind mehrere Topikreferenten möglich, die sprachlich als Topikausdrücke kodiert und in einem Satz benutzt werden. Dies verdeutlicht besonders die so genannte Topikalisierungskonstruktion: eine Nicht-Subjekt-Konstituente wird durch Bewegung in das Satzvorfeld, in dem normaler-weise das (topikalische) Subjekt steht, topikalisiert und so als Topikausdruck mar-kiert.

Allerdings bedeutet die Topikalisierung nicht automatisch auch, dass das Subjekt seinen Topikstatus verliert, sodass durchaus mehrere Topiks im Satz stehen können (Lambrechts (4.22), S. 147; Unterstreichung hinzugefügt, D. H.):

(9) Why am I in an up mood? Mostly it’s a sense of relief of having finished a first draft of my thesis and feeling OK at least about the time I spent writing this. The product I feel less good about.

Der letzte Satz enthält zwei Topikausdrücke, die unterschiedliche Topikreferenten kodieren: I als primäres Topik (primär, weil die gesamte Passage über den Referen-ten von I geht) und The product als sekundäres Topik. Er enthält somit Informatio-

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 33

nen über die Beziehung zwischen beiden Referenten: „The assertion in such a sen-tence is then the statement of the nature of the relation.“ (S. 148)

3.7 Beziehung zwischen Topik, pragmatischer Präsupposition und semantischen Aspekten

Da nur Diskursreferenten – die Bestandteil der Präsupposition sein müssen – To-piks sein können, besteht eine implizite Beziehung zwischen Topik und Präsupposi-tion.56 Zudem müssen Sprecher und Hörer von Referenten, die als Diskursreferen-ten aufgefasst und als Topiks kodiert werden sollen, auch im existentiellen (logisch-semantischen) Sinne annehmen, dass sie existieren. Denn wenn eine Proposition als eine Proposition über ein Topik (d.h. über einen Diskursreferenten in besonderer Funktion) verstanden werden soll, dann muss sowohl für den Sprecher als auch für den Hörer eine Entität oder ein „set of entities“ existieren, auf die der Topikaus-druck referieren kann (vgl. S. 154f.). (Dass aber tatsächlich eine solche Entität exis-tiert, ist damit nicht gesagt.57) Insofern können nur referierende Ausdrücke Topiks sein.58

3.8 Topiks und die mentale Repräsentation von Referenten

3.8.1 Topik-Relation und Aktivierungszustand

Die Topikfunktion eines Ausdrucks ist strikt von der Identifizierbarkeit und dem Aktivierungszustand des Diskursreferenten zu unterscheiden. Während letztere Ei-genschaften eines Diskursreferenten sind, bezieht sich das Topikkonzept auf eine Relation, die ein Diskursreferent mit bestimmten Eigenschaften eingeht. Dennoch besteht eine starke Korrelation zwischen bestimmten pragmatischen Eigenschaften eines Referenten und pragmatischer Funktion: damit ein Referent als Topik inter-pretierbar ist und damit eine Proposition als interpretierbar in Bezug auf ein Topik aufgefasst werden kann, muss der Referent „a certain degree of pragmatic accessib-ility“ (S. 162) haben.

Vor der Äußerung des Satzes und im Hinblick auf die Wahl des Ausgangspunk-tes muss der Sprecher demnach Hypothesen darüber bilden, ob respektive inwie-fern Referenten beim Hörer mental repräsentiert sind. Denn damit eine Aussage

56 Aus diesem Grund können neben dem Fragetest (vgl. S. 120f.) auch der as for-Test und der about-Test benutzt werden, um das Topik zu ermitteln, denn durch beide Tests wird der Topikre-ferent formal als Bestandteil der Präsupposition gekennzeichnet. Die Tests werden in Abschnitt D.5, S. 61, erläutert.

57 Lambrecht drückt sich in dieser Hinsicht etwas widersprüchlich aus: „However, what counts from the point of view of information structure is not that the entity simply exists but that it is part of the universe of discourse of the interlocutors.“ (S. 155; Hervorhebung getilgt, Unter-streichung eingefügt, D. H.) An anderer Stelle allerdings lässt sich entnehmen, dass Lambrecht durchaus anderer Ansicht ist: „The question of whether an individual exists or not is irrelevant within the conversational exchange“ (S. 78). Daher lässt sich hier festhalten, dass Lambrecht wohl davon ausgeht, dass ein Diskursreferent von den Diskursteilnehmern als existent präsup-poniert werden kann, ohne dass die entsprechende Entität tatsächlich existiert.

58 Die Ausgrenzung von nicht-referierenden Ausdrücken als Topik schließt auch „‘indefinite pro-nouns’“ und Quantoren wie nobody, everybody, many people ein. Allerdings können universell quanti-fizierte NP manchmal Topik sein, vorausgesetzt, dass ihre Referenten „coextensive“ mit der ge-samten Klasse sind, die von der NP bezeichnet wird (As for all his friends, they …, jedoch *As for some people, they …) (S. 156).

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 34

vom Hörer als Information über ein Topik akzeptiert wird, muss das Topik „of current interest“ (S. 163; Hervorhebung getilgt, D. H.) sein, d.h. es muss entweder aktiv oder semi-aktiv/zugänglich sein. Die Notwendigkeit der pragmatischen Zu-gänglichkeit von Topikreferenten ergibt sich demnach direkt aus der Definition des Topiks.

Ein gewisses Maß an Aktivierung oder zumindest kognitiver Zugänglichkeit ist notwendig für die Topikfunktion; sie ist allerdings kein Garant dafür, sodass ein ak-tiver oder semi-aktiver Referent entweder als Topik- oder als Fokusreferent auftau-chen kann. Wie genau diese Beziehung zwischen Topikrelation und Aktivierungszu-stand/Zugänglichkeit aussieht, stellt Lambrecht in seiner Topic Acceptability Scale (im Folgenden: TAS) dar (vgl. S. 165):

Aktivierungszustand Eignung für Topikfunktionactive (aktiv)accessible (semi-aktiv/zugänglich)unused (inaktiv)brand-new anchored (brandneu, verankert)brand-new unanchored (brandneu, nicht verankert)

most acceptable

least acceptable

Abbildung 4: Lambrechts (1998) Topic Acceptability Scale

Aktive Referenten sind bevorzugte Topiks; sie sind in der Regel nicht akzentuiert und pronominal kodiert. Bei semi-aktiven Referenten müssen Identifikation von Referent und Assertion simultan ablaufen. Inaktive Referenten sind zwar Elemente des Diskursregisters, erfordern aber hohen kognitiven Aufwand zur Identifizierung ihres Referenten, da sie zum Zeitpunkt der Äußerung nicht aktiv sind. Brandneue Referenten können kaum als Topik auftauchen, da der Hörer den Referenten nicht identifizieren kann. Die Proposition muss also zwischengespeichert werden, bis der Referent für den Hörer identifizierbar wird. Allerdings können brandneue Referen-ten im Kontext verankert werden, sodass die kognitive Bearbeitung vereinfacht wird (vgl. Lambrechts Beispiele (4.35) und (4.36), S. 167).

Folgerichtig besteht eine hohe Chance, dass eine Konstituente kein Topikaus-druck ist, wenn sie einen im Kontext nicht zugänglichen, nicht identifizierbaren Re-ferenten hat. Das ist besonders für Subjekt-NP interessant, die im Hinblick auf den Topikstatus unmarkiert sind. Beispiele grammatischer Sätze, deren Subjekte uniden-tifizierbare oder unzugängliche Referenten haben, liefern thetische Sätze, insbeson-dere deren Subklasse der P-Sätze, aber auch ER-Sätze (vgl. Lambrechts Beispiel (4.37), S. 168).

3.8.2 Unbetonte Pronomen als bevorzugte Topikausdrücke

Unbetonte Pronomen sind kognitiv bevorzugte Topikausdrücke. Sie können als Elemente einer natürlichen Klasse aufgefasst werden, und damit besteht eine Kor-relation zwischen grammatischer Form und pragmatischer Relation. Allerdings sind nicht alle unbetonten Pronominalformen auch Topikausdrücke. Einige haben kei-nen Referenten (Beispiel: It’s raining.), einige haben Referenten, die pragmatisch nicht genug hervorgehoben sind (Beispiel: Pat said they called her TWICE), und einige erscheinen in Teilsätzen, die keine TC-Sätze sind.

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 35

Lambrecht löst dieses Problem, indem er annimmt, dass in diesen Fällen die Pronomen vom grammatischen System als „DEFAULT morphemes“ gefordert werden (S. 174). Unbetonte Pronominalformen sind daher für Lambrecht normalerweise Topikausdruck; Ausnahmen können systemisch erklärt werden.

3.8.3 Aufwärtsbewegung von Topiks (topic promotion)

P- und Versetzungskonstruktionen (im Folgenden auch V-Konstruktionen) dienen dazu, Referenten in der TAS aufwärts, d.h. in Richtung der Aktiviertheit zu bewe-gen und so ihre Kodierung als unbetonte Pronomen zu ermöglichen.

3.8.3.1 P-Konstruktionen

Die grundlegende Funktion von P-Konstruktionen ist es, einen neuen (d.h. im Dis-kurs noch nicht benutzten) Referenten in den Diskurs einzuführen. Diese Referen-ten werden in P-Sätzen (oder P-Teilsätzen) als (indefinite oder definite) betonte le-xikalische NP kodiert.

Neben einfachen P-Sätzen existieren auch so genannte ‘biklausale’ Konstruktio-nen: erst erfolgt die Präsentation eines Referenten (eigentliche P-Konstruktion), und dann wird etwas von ihm prädiziert. Als Beispiel dient Lambrecht der folgende Satz (Lambrechts Beispiel (4.43’), S. 180):

(10) Once there was a wizard who was very wise and rich.

Sätze dieses Typs sollen offenbar eine Verletzung der TAS verhindern: erst erfolgt die Präsentation eines Referenten, und dann wird etwas von ihm prädiziert.59

3.8.3.2 V-Konstruktionen

Zwei Arten von V-Konstruktionen können unterschieden werden: Links- und Rechtsversetzung. Beide bewirken eine Aufmerksamkeitsverschiebung und können nur solche Referenten in der TAS aufwärts bewegen, die bereits Elemente des Dis-kursregisters sind (also einen gewissen Grad an Zugänglichkeit haben). Wird mit ei-ner Linksversetzung ein bereits voll aktiver Referent als vollständige lexikalische NP kodiert, liegt eine kontrastive Funktion vor; Rechtsversetzungen sind nie kontrastiv.

3.8.3.3 Distribution

Die Distribution von Referenten in P-Sätzen und V-Konstruktionen ist komple-mentär: in P-Konstruktionen dürfen keine Diskursreferenten kodiert werden (weil sie neue Referenten in den Diskurs einführen), durch Versetzungskonstruktionen dürfen nur Diskursreferenten in der TAS aufwärts bewegt werden.

59 Am weitesten verbreitet und grammatisch am deutlichsten markiert sind allerdings P-Sätze mit einer bestimmten Art von Verben, die die Präsenz des Referenten in der externen oder internen Textwelt behaupten. Deren Argumente sind in hohem Maße nicht-agentisch und nehmen oft „locative case role[s]“ (S. 180) ein.

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 36

3.9 Auswirkungen auf die syntaktische Theorie

3.9.1 Das Principle of the Separation of Reference and Role

Das Principle of the Separation of Reference and Role (PSRR) besagt: „Do not introduce a referent and talk about it the same time.“ (S. 185) Die Befolgung dieser Maxime vereinfacht die Informationsverarbeitung auf Sprecher- und auf Hörerseite: Ein-führung eines neuen Diskursreferenten und Assertion über diesen Referenten als Topik sind für den Sprecher als voneinander getrennte Aufgaben leichter zu bewäl-tigen denn als komplexe Aufgabe. Der Hörer hingegen kann eine Aussage über ein Topik besser dekodieren, wenn die Identifikation des Topikreferenten und die In-terpretation der Proposition über den Topikreferenten unabhängig voneinander durchgeführt werden können.

Damit einher gehen zwei Strategien, einen Diskursreferenten als Topikausdruck zu kodieren: namentliche Nennung durch eine lexikalische NP (referenzorientiert) und anaphorische Bezeichnung durch pronominale Ausdrücke (rollenorientiert).

Die Trennung erklärt zudem die strukturelle Position der entsprechenden Aus-drücke: Während ein pronominaler Topikausdruck Bestandteil des Teilsatzes mit der Proposition über ihn sein muss, kann ein lexikalischer Topikausdruck auch au-ßerhalb des Teilsatzes auftreten, der die Proposition über ihn enthält, weil er bzw. der von ihm repräsentierte Referent vom Pronomen ‘vertreten’ wird.60

3.9.2 Topik und Wortstellung

Die erste Position im Satz ist kognitiv eminent wichtig. Daher ist es logisch, dass diese Position von Ausdrücken mit mehreren Funktionen besetzt werden kann; sie kann also nicht allein für einen Ausdruck mit Topikfunktion reserviert sein. Unter-schiedliche Funktionen werden formal (etwa durch die Betonung) markiert.

Da es die Funktion eines unbetonten pronominalen Arguments (als bevorzugter Topikausdruck) ist, einen bereits etablierten Topikreferenten innerhalb eines Teilsat-zes sowohl grammatisch als auch semantisch zu repräsentieren, ist die Position ei-nes solchen pronominalen Ausdrucks funktionell irrelevant: Sobald der Topikrefe-rent pragmatisch etabliert ist, d.h. sobald die Funktion des Topikausdrucks nicht mehr ist, den Topikreferenten anzukündigen, gibt es keinen funktionellen Grund dafür, dass der Topikausdruck am Satzanfang auftauchen sollte. Unbetonte Prono-men als Topikausdrücke stehen daher offenbar eher beim Verb als am Satzanfang, denn das Verb als Prädikat regiert die semantischen und syntaktischen Relationen im Satz.

Anders bei betonten Topikausdrücken: da sie die primäre Funktion haben, ein neues Topik anzukündigen oder den Wechsel von einem Topik zum anderen auszu-drücken, ist es in kognitiver Hinsicht logisch und sinnvoll, dass solche Topikaus-drücke am Anfang des Satzes oder sogar vor dem Satz stehen, der Informationen über ihren Referenten gibt. Das „topic-first“-Prinzip kann daher gelten, wenn man

60 Streng genommen liegt dann aber die pragmatische aboutness-Relation zwischen Referent und Proposition nicht bei der lexikalischen Topik-NP, da sie als versetzte lexikalische Topikkonstitu-ente keine Argumentstelle einnimmt, sondern bei der anaphorischen Pronominalform.

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 37

es auf betonte lexikalische und pronominale Topikausdrücke mit topik-ankündi-gender Funktion beschränkt.

3.10 Fokus

Lambrecht betrachtet den Fokus als das „element of a pragmatically structured proposition which makes the utterance of the sentence expressing the proposition into a piece of information.“ (S. 217) Beim Fokus ist also eine Verbindung zur (pragmatischen) Assertion zu erkennen, während das Topik in deutlicher Verbin-dung zur (pragmatischen) Präsupposition steht.

In Übereinstimmung mit diesem Faktum lässt sich feststellen, dass der Fokus – ganz wie das Topik – in einer besonderen Relation zu einer Proposition steht, die in einem Satz geäußert wird. Während aber beim Topik diese Relation in gewisser Weise für den Hörer vorhersehbar ist – ein Topikreferent „must be taken for gran-ted as a point of relevance for a given proposition“ (S. 336) –, gilt dies für eine Fo-kuskonstituente nicht: diese Relation ist nicht vorhersehbar; die Assertion macht gerade die neue Information aus. Und im Gegensatz zum Topik muss eine Fokus-konstituente auch nicht referierend sein, also nicht im universe of discourse der Dis-kursteilnehmer existieren.

Lambrecht unterscheidet zwischen drei Fokusstrukturen – Prädikatsfokus, Argu-mentfokus und Satzfokus (S. 127, 221ff.; s. auch Abschnitt C.3.5, S. 30) –, die sich im Hinblick auf die fokussierte Domäne unterscheiden und informationsstrukturell differenziert werden müssen. Bei Sätzen mit Prädikatsfokus ist die VP Fokusdomä-ne; solche Sätze weisen eine TKG auf und gelten nach Lambrecht als unmarkiert (S. 226ff.). Bei Sätzen mit einer Argumentfokusstruktur umfasst die Fokusdomäne eine NP; diese Sätze sind I-Sätze und weisen daher keine TKG auf (S. 228ff.). Sätze mit Satzfokus weisen eine maximale Fokusprojektion auf: Fokusdomäne ist der ge-samte Satz; sie sind thetische und damit entweder P- oder ER-Sätze (S. 233ff.).

3.11 Zusammenfassung von Lambrechts Ansatz

Lambrechts Ansatz ist insgesamt stark an der Kognition orientiert. Referenten wer-den im Diskurs durch verschiedene Aspekte gekennzeichnet, die mit ihrer mentalen Repräsentation zu tun haben: Identifizierbarkeit/Spezifität und Aktivierungsgrad/Zugänglichkeit. Referenten, die Bestandteil eines Diskurses sind, weil sie bereits in den Diskurs eingeführt wurden, heißen Diskursreferenten; sie sind Bestandteil des Diskursregisters. Sowohl Entitäten als auch Propositionen kön-nen Diskursreferenten sein. Die Einführung in den Diskurs kann entweder explizit geschehen (durch thetische Sätze) oder implizit dadurch, dass die Referenten Be-standteil eines (kognitiven) Rahmens sind.

Diskursreferenten und damit auch Referenten von Topikausdrücken müssen für die Diskursteilnehmer, d.h. im pragmatischen Sinne, real sein und existieren; inso-fern müssen sie auf eine Entität oder eine Proposition referieren. Diskursreferenten müssen zudem einen gewissen Grad an Zugänglichkeit/Aktivierung aufweisen, um

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 38

tatsächlich als Topikreferenten fungieren zu können. Um die Zugänglichkeit zu er-höhen, können V-Konstruktionen benutzt werden.

Der Topikreferent ist der Diskursreferent, über den eine Aussage geht, d.h. es besteht eine aboutness- oder Topikrelation zwischen diesem Diskursreferenten und der in der Aussage geäußerten Proposition. Insofern kann der Topikreferent auch als Ausgangspunkt der Proposition bezeichnet werden.

Aus kognitiven Gründen stehen Topiks möglichst früh im Satz; das gilt insbe-sondere für volle lexikalische NP, die referenzorientiert benutzt werden. Pronomi-nale Topiks hingegen können auch postverbal realisiert werden: sie werden rollen-orientiert verwendet. In einem Satz können mehrere Topikreferenten als Topikaus-drücke kodiert werden; diese sind dann hierarchisch geordnet.

Insgesamt lassen sich Lambrechts informationsstrukturelle Hauptsatztypen fol-gendermaßen schematisch darstellen (vgl. S. 336):

Satztyp Kommunikative Funktion FokusstrukturTC-Satz(kategorisch) eine Eigenschaft von einem Topik prädizieren Prädikatsfokus

I-Satz ein Argument einer Proposition identifizieren Argumentfokus

P- oder ER-Satz(thetisch)

einen neuen Diskursreferenten einführen/über ein Ereignis berichten Satzfokus

Tabelle 1: Übersicht über die Hauptsatztypen nach Lambrecht (1998)

3.12 Kritik

Insgesamt erscheint Lambrechts Ansatz im Rahmen der vorliegenden Arbeit sehr brauchbar, da er das Gebiet der Informationsstruktur umfassend und in sich schlüs-sig beschreibt. Allerdings sind einige Aspekte durchaus noch ausbaufähig.

So scheint es fraglich, ob es in der Tat mehrere Topiks in einem Satz gibt. Zwar stünde eine solche Analyse im Einklang mit Strawsons (1971) Principle of Relevance, doch kann nicht erklärt werden, inwiefern mehrere Topiks nebeneinander Aus-gangspunkt für die Aussage eines Satzes sein können, wie Lambrecht selbst in sei-ner Definition des Topiks andeutet („the thing which the proposition expressed by the sentence is ABOUT“, S. 118). Aus kognitiver Sicht wäre eine solche Mehrzahl von Topiks sicherlich nicht wünschenswert, weil sie die Verarbeitung unnötig erschwer-te.

Unklar bleibt zudem, inwiefern Topiks in einem längeren Text miteinander ver-knüpft sind: Lambrecht bewegt sich primär auf Satzebene, obwohl er der Bedeu-tung des Kontextes durch den Vergleich mit Allosätzen Rechnung trägt. Ob aber die Topiks eines Textes miteinander in Verbindung stehen, bleibt ungeklärt, obwohl Lambrechts Theorie bereits Ansätze dazu enthält (das Konzept der kognitiven Fra-mes, vgl. S. 90). Wenn man diesen Ansatz ausbaut, dann lassen sich die pragmati-schen Relationen von Topik und Fokus in ein ko- und kontextorientiertes Modell integrieren.

Was ebenfalls nicht zufrieden stellend geklärt werden konnte, ist die Frage nach der Operationalisierung der einzelnen Aspekte. Zwar scheint klar zu sein, dass To-

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C. Theoretische Ansätze zum Satztopik 39

pikausdrücke, die als volle lexikalische NP realisiert werden, satzinitial stehen; frag-lich ist aber, ob damit alle satzinitialen, voll lexikalischen NP Topikausdrücke sind. Ähnliches gilt für pronominale Topikausdrücke, die nach Lambrecht die unmarkier-ten und bevorzugten Topikausdrücke sind: müssen alle unbetonten Pronomen als Topikausdrücke aufgefasst werden, wenn es sich nicht um systemisch geforderte Pronomen wie das expletive es handelt?

Festzuhalten ist also, dass von Lambrecht nicht in ausreichendem Maße erklärt wird, wie bei einer Analyse das Topik eines Satzes bestimmt werden kann. Daher ergeben sich für die Analyse konkrete Probleme: wenn in einem Satz in initialer Po-sition eine volle lexikalische NP realisiert wird, zudem postverbal eine pronominale Form auftritt und der Satz formal unmarkiert ist, dann kann anhand Lambrechts Ausführungen keine Aussage darüber getroffen werden, welche Konstituente Topi-kausdruck ist.

D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs

Auf Grundlage der eben dargestellten Theorien zum Topik und unter Berücksichti-gung weiterer theoretischer Ansätze wird in diesem Kapitel zunächst der Topik-Be-griff definiert.61 Diese Definition dient dann in einem zweiten Schritt als Ausgangs-punkt für die Operationalisierung des Topikbegriffs.

Wie in den Ansätzen von Molnár (1991) und Lambrecht (1998) dargestellt, han-delt es sich beim Topik nicht um eine syntaktische Kategorie, sondern um einen Begriff, der auf einer kognitiv-pragmatischen Ebene operiert und der Korrelatio-nen zu gewissen grammatischen – d.h. syntaktischen, morphologischen und pros-odischen – Merkmalen auf Satzebene aufweist. Allerdings ist zu vermuten, dass vie-le in der Literatur diskutierte Kriterien für eine Operationalisierung des Topikbe-griffes irrelevant sind. Dies trifft in besonderem Maße für die Kriterien zu, die von Molnár (1991) als prototypisch, aber nicht notwendig betrachtet werden (Subjekt-status, Definitheit, Empathie). Auch die von Lambrecht (1998) genannten Beschrei-bungskriterien des Topiks lassen im Hinblick auf ihre Operationalisierbarkeit deut-lich zu wünschen übrig (Korrelation zwischen Subjekt und Topik; Pronomen als bevorzugte Topikausdrücke etc.). Im Folgenden sollen daher die Kriterien darge-stellt werden, die im Hinblick auf die Operationalisierung relevant sind.

1 Definitionen und terminologische Vereinbarungen

1.1 Terminologische Vorbemerkung zu ‘Referent’ und ‘mentale Repräsentation’

Bevor ich weiter darauf eingehe, was unter ‘Topik’ zu verstehen ist, muss der Ter-minus ‘Referent’ spezifiziert werden. Mit Referent ist hier nicht „der Gegenstand der außersprachlichen Realität“ gemeint, wie dies im traditionell semantischen Sin-ne der Fall ist (vgl. hierzu Bußmann 1990:633). Wie bei Lambrecht (1998) soll im

61 Damit wird auch eine Unterscheidung zwischen Topik und Kommentar möglich.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 40

Folgenden mit Referent der inner- oder außersprachliche Bezugspunkt einer menta-len Repräsentation bezeichnet werden.

Mit ‘mentaler Repräsentation’ wiederum ist eine mentale (Organisations-) Ein-heit gemeint, die mit kognitiven Konzepten verglichen werden kann (vgl. Schwarz 1996:87ff., Eysenck & Keane 1995:233ff., Schnotz 1994:145ff., Atkinson et al. 1993:331ff.):

Als Bausteine unseres Kognitionssystems ermöglichen sie [die Konzepte, D. H.] die ökonomische Speicherung und Verarbeitung subjektiver Erfahrungseinheiten durch die Einteilung der Informationen in Klassen nach bestimmten Merkmalen. (Schwarz 1996:87)

Insofern ermöglichen Konzepte das Erkennen einzelner Objekte. Unterschieden werden können Kategorien und Individualkonzepte. Erstere repräsentieren Klassen von Objekten, letztere individuelle Objekte, Personen etc.

Allerdings sind die Begriffe von Konzept und mentaler Repräsentation nicht völlig kongruent, da auch Propositionen als mentale Repräsentationen gelten kön-nen. Solche „mentalen Propositionen“ (Strohner 1990:103; vgl. auch Eysenck & Keane 1995:207f. und Schnotz 1994:150ff.) kann man sich am besten vorstellen als Kon-zepte, die durch einen Operator, also eine Relation zwischen diesen Konzepten (ein Prädikat) verbunden sind.62

Über den Umweg einer mentalen Repräsentation hat ein Referent tatsächlich Re-ferenz; allerdings setze ich hier einen zweistufigen Referenzbegriff voraus: ein Aus-druck referiert nicht direkt auf etwas Inner- oder Außersprachliches.63 Vielmehr wird mit einem Ausdruck auf eine mentale Repräsentation referiert, die wiederum in gewissem Sinne auf eine inner- oder außersprachliche Entität referiert. Man kann also von einer vermittelten Referenz sprechen.

ReferentReferent • der inner- oder außersprachliche Bezugspunkt einer mentalen Repräsentation• neben Entitäten auch Propositionen, die Bestandteil eines Diskurses sind und auf

die Bezug genommen werden kann

Definition V: Referent

Wenn im Folgenden davon die Rede ist, dass Referenten aktiviert werden, Bestand-teile von Propositionen sind etc., dann stellt dies eine sprachliche Ungenauigkeit dar: Gemeint sind damit die mentalen Repräsentationen dieser Referenten. Diese Vereinfachung – die Ausblendung des Zwischenschrittes – scheint allerdings aus Gründen der sprachlichen Einfachheit und der Verständlichkeit geboten und ak-zeptabel.

62 Zu diskutieren, wie genau die mentale Repräsentation von Referenten aussieht, würde sowohl den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen als auch dem Thema nur ansatzweise gerecht werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf jeden Fall auf den Begriff des mentalen Lexi-kons zu verweisen: „Die grundlegenden Elemente dieses mentalen Subsystems sind die Lexi-koneinträge, also lexikalische Einheiten, die phonologische, syntaktische und semantische Infor-mationen von Wörtern aufeinander beziehen.“ (Schwarz 1996:125) Zu vermuten ist, dass Pro-positionen nicht in tatsächlich linear-sprachlicher Form gespeichert werden, sondern vielmehr als Netze von Propositionen und Referenten, wie es Sucharowski (1996:176ff.) darstellt.

63 Dass auch die Aussage, ein Ausdruck referiere auf X, eine Vereinfachung ist – wenn auch eine zulässige und aus Gründen der Einfachheit gebotene –, sei hier angemerkt: streng genommen referiert natürlich nicht ein Ausdruck auf X, sondern ein Sprecher mit dem Ausdruck.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 41

1.2 Definition: (Satz-) Topik

1.2.1 Das Topik als aboutness-Relation

Frey (2000:138) unterscheidet zwischen zwei theoretischen Ansätzen zur Beschrei-bung des Topiks: aboutness- und familiarity-Topik. Seine Unterscheidung geht dabei auf Reinhart (1981) zurück; er definiert die beiden Topiktypen folgendermaßen (Freys Punkte (4.i) und (4.ii)):

[a] Topiks sind jene Ausdrücke, deren Referenten im Diskurs bereits vorher ein-geführt wurden oder die aus anderen Gründen den Gesprächsteilnehmern bereits gegenwärtig sind (‘familiarity’-Konzept).

[b] Topiks sind die Ausdrücke, über deren Referenten durch die Sätze Aussagen gemacht werden – Topik ist eine Kategorie des pragmatischen ‘Worüber’ (‘aboutness’-Konzept). (Frey 2000:138)

Der unter (b) beschriebene Topiktyp wird in der vorliegenden Arbeit behandelt. Prinzipiell ist also Molnárs (1991:42; Hervorhebung getilgt, D. H.) Definition zuzu-stimmen: „Das Topik ist der Gegenstand der Prädikation innerhalb des Satzes […] – eine Kategorie des ‘Worüber im Satz im Kontext’.“; das Topik „serves as the basis for the pragmatic predication“ (Molnár 1998:90; vgl. auch Jacobs 1999:10, Büring 1999:145, É. Kiss 1995b:7 oder Reinhart 1981).

Küper (1998:220) nennt als sprecherbezogene Funktionen für Thema und Rhe-ma: „Das Thema ist das, worüber etwas mitgeteilt wird; das Rhema hingegen das, was darüber mitgeteilt wird“. Da er die Begriffsäquivalenz von Thema–Rhema und Topik–Kommentar annimmt (Küper 1998:222), kann diese Funktionsbeschreibung als Unterstützung von Molnárs Definition gelten. Er betont auch, dass sowohl To-pik als auch Kommentar (respektive Thema und Rhema) zusammen die eigentliche Aussage des Satzes ausmachen.

Lambrecht (1998:127) hat eine ähnliche Vorstellung: das Topik als „pragmatic-ally construed sentence relation“ „is the thing which the proposition expressed by the sentence is about“ (Lambrecht 1998:118; Hervorhebung in beiden Zitaten ge-tilgt, D. H.). Allerdings geht er noch einen Schritt weiter, indem er es nicht bei der reinen Gliederung eines Satzes belässt, sondern die Diskursteilnehmer explizit in seine Topikdefinition einbezieht: In einem Diskurs wird ein Referent nach Lam-brechts Meinung dann als Topik einer Proposition interpretiert, wenn erstens der Referent im Diskurs „a matter of current interest or concern“ (Strawson 1971:97; vgl. auch Lambrecht 1998:119, Lötscher 1992:125; ähnlich Hoffmann 1992:31 über seinen Thema-Begriff) ist und zweitens die Proposition verstanden wird als eine Proposition, in der der Sprecher relevante Informationen über den Referenten gibt und die das Wissen des Adressaten über diesen Referenten vergrößert (Lambrecht 1998:118f.; vgl. auch Jacobs 19991:5ff.). In diesem Sinne integriert Lambrecht (1998) das aboutness- und das familiarity-Konzept, wie Frey (2000:138) richtig an-merkt.

Ich werde im Folgenden davon ausgehen, dass das (Satz-) Topik eine kognitiv-pragmatische, funktionelle Kategorie des Worüber innerhalb eines Satzes64 ist

64 Allerdings nicht innerhalb jeden Satzes, s. Abschnitt D.4.1, S. 51.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 42

(aboutness-Topik). Ein Satz ist zugleich auch eine kommunikative Minimaleinheit (s. Definition I, S. 13); innerhalb des Satzes steht das Topik in einer aboutness-Relation zur Aussage des Satzes und ist insofern Bestandteil der Aussage der kommunikati-ven Minimaleinheit. Das Topik gehört zur Ebene der Informationsstruktur65 und ist von aktuellem Interesse für die Diskursteilnehmer; es bildet den kognitiven Aus-gangspunkt des Satzes.66 Damit ist gleichzeitig auch die Funktion des Kommentars bestimmt: er liefert die relevante Aussage über den Topikreferenten.

Die kognitiv-pragmatische Funktion des Topiks kann allerdings nur dann be-stimmt werden, wenn der Kontext des Satzes, d.h. die Diskurssituation, bekannt ist. Insofern handelt es sich beim Topik um eine diskursabhängige Funktionskategorie.

Als Element der Ebene der Informationsstruktur – die vielleicht neben der TKG noch weitere Gliederungen umfasst, was hier aber nicht weiter diskutiert wer-den kann (vgl. hierzu auch Dürscheid 2001, Jacobs 1999, Molnár 1991, 1993, 1998) – ist das Topik zunächst unabhängig von grammatischen Merkmalen wie syntakti-scher Form und prosodischer Äußerungsgestaltung. Allerdings können informati-onsstrukturelle Gliederungen sich nur in der sprachlichen Form manifestieren, so-dass auf der sprachlichen Ebene Merkmale zu erwarten sind, die es einem Hörer gestatten, das Topik eines Satzes zu identifizieren. Es ist also mit sprachlichen For-men zu rechnen, die den Topikstatus einer Konstituente markieren.

1.2.2 Topik, Topikreferent und Topikausdruck

Von Lambrecht (1998:131) wird vorgeschlagen, zwischen dem außersprachlichen Topik bzw. dem Topikreferenten und dem sprachlichen Topikausdruck zu unter-scheiden. Ich werde mich dieser Differenzierung anschließen, sie allerdings modifi-zieren: während ‘Topikausdruck’ eine linguistische Konstituente bezeichnet, soll ‘Topikreferent’ für den inner- oder außersprachlichen Bezugspunkt des Topikaus-drucks stehen.67 Wenn im Folgenden allerdings vom ‘Topik’ (oder von der Topik-funktion) die Rede ist – und hier stimme ich in meiner Terminologie nicht mehr mit Lambrecht (1998) überein –, dann ist damit eine übergeordnete, pragmatische Funktion auf Ebene der Informationsstruktur gemeint, die in kognitiver Hinsicht durch den Topikreferenten und in linguistischer Hinsicht durch den Topikausdruck vertreten wird.

65 Vallduví (1995:123) spricht hier von „[i]nformation packaging […:] the structuring of sentences according to what speakers assume hearers know and are paying attention to at the time of ut-terance”

66 Dass mit der Entscheidung für ein bestimmtes Topik vom Sprecher immer auch eine Perspekti-vierung des geäußerten Sachverhaltes vorgenommen wird, kann hier nicht weiter diskutiert wer-den; vgl. hierzu etwa Dürscheid (2001), Strömqvist (1996) oder Welke (1994) .

67 Dieser Bezugspunkt ist ein Referent, d.h. eine Entität oder eine Proposition; s. auch Definition V, S. 40.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 43

(Satz-)(Satz-)TopikTopik

• Bestandteil der Ebene der Informationsstruktur und• pragmatische Funktionskategorie des Worüber im Satz, die

• auf kognitiver Seite durch den Topikreferenten und• auf linguistischer Seite durch den Topikausdruck repräsentiert ist

TopikTopik--referentreferent

• Referent, der in aboutness-Relation zur (pragmatischen) Aussage einer kommunikativen Minimaleinheit steht und der im Diskurs von aktuellem Interesse ist

• insofern kognitiver Ausgangspunkt für die Aussage des Satzes• kognitive Kategorie mit sprachlichen Korrelaten• aber: unabhängig von grammatischen Merkmalen (syntaktische Form,

prosodische Äußerungsgestaltung)

TopikTopik--ausdruckausdruck

• Konstituente, mit der der Topikreferent sprachlich kodiert wird

KommentarKommentar • relevante Information, die in einem Satz über einen Topikreferenten gemacht werden

Definition VI: (Satz-) Topik, Topikreferent, Topikausdruck und Kommentar

2 Zur Perspektive der Operationalisierung

Die Operationalisierung des Topikbegriffs erfolgt hier primär aus der Perspektive des Sprechers, des Sprachproduzenten. Ziel ist es allerdings nicht, alle Mechanis-men der Sprachproduktion offen zu legen; dieses Thema ist viel zu komplex, um es hier auch nur annähernd zu behandeln (vgl. hierzu etwa Sucharowski 1996). Viel-mehr geht es darum herauszufinden, nach welchen Kriterien ein Sprecher einen Satz organisiert. Dass dabei zwangsläufig auch der Hörer eine Rolle spielen muss, ist offensichtlich: ein Sprecher, der mit der Äußerung eines Satzes ein Ziel verfolgt, die Sprache also funktional einsetzt, wird diese Äußerung so kodieren, dass sie vom Hörer ohne großen Aufwand dekodiert werden kann. Dies ist vor allem im Hin-blick auf die Frage relevant, welche syntaktischen Einheiten als Topikausdrücke aufgefasst werden müssen, da hier die Verarbeitungsprozesse auf Seiten des Hörers eine wichtige Rolle spielen.

Daher wird im Folgenden eine pragmatisch-kognitive Perspektive eingenommen, die auf der Annahme fußt, dass ein Sprecher seine Äußerungen stets so organisiert, dass sie vom Hörer möglichst einfach und ohne Komplikationen rezipiert und ver-arbeitet werden können.68

3 Eigenschaften von Topikreferenten – notwendige Bedingungen

Um als Topikreferent fungieren zu können, muss ein Referent gewisse Bedingun-gen erfüllen. Diese Bedingungen sind pragmatischer (bzw. semanto-pragmatischer) und kognitiver Natur. Werden diese Bedingungen erfüllt, dann ist der Referent auf jeden Fall ein Diskursreferent; wenn das prosodische Ausschlusskriterium nicht zu-trifft, dann ist der Referent zudem möglicher Topikreferent. Ob er allerdings tat-sächlich Topikreferent ist, muss dann noch getestet werden (s. Abschnitt D.5, S. 61).

Die Bedingungen und das Ausschlusskriterium werden hier kurz genannt und im Anschluss weiter erläutert.

68 Insofern sind Strawsons (1971) drei Prinzipien (Relevance, Assumption of Knowledge, Assumption of Ignorance) gültig.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 44

Identifizierbarkeitsbedingung: In pragmatischer Hinsicht muss der Referent durch die Diskursteilnehmer identifiziert werden können, d.h. der Referent muss bei Hörer und Sprecher zum Zeitpunkt der Äußerung mental repräsentiert sein. Dies beinhaltet gleichzeitig auch eine semanto-pragmatische Existenzbedingung: Der Referent muss von Hörer und Sprecher als existent (oder zumindest als poten-tiell existent) angenommen werden. (Ob ein Referent tatsächlich außersprachlich existiert, ist irrelevant.)

Zugänglichkeitsbedingung: In kognitiver Hinsicht muss der Referent zugäng-lich sein. Dies bedeutet notwendigerweise einen gewissen Aktivierungszustand: der Referent muss zugänglich, d.h. aktiv oder zumindest semi-aktiv sein. (Dies unter-streicht, dass die mentale Repräsentation des Referenten bei Sprecher und Hörer notwendig ist.)

Werden diese Bedingungen erfüllt, dann kann ein Referent potentiell als Topik-referent fungieren, d.h. als Topikausdruck kodiert werden. Allerdings gibt es noch ein Ausschlusskriterium: In prosodischer Hinsicht darf ein Topikausdruck nicht das einzige Fokusmerkmal im Satz tragen (Fokusrestriktion). Selbst wenn also ein Referent die oben genannten Bedingungen erfüllt, kann der Ausdruck, mit dem die-ser Referent innerhalb eines Satzes kodiert wird, nicht als Topikausdruck gelten, wenn das Ausschlusskriterium zutrifft.

3.1 Pragmatische Merkmale des Topikreferenten: Identifizierbarkeit

Ein Referent muss identifizierbar sein, um als Topikreferent fungieren zu können (Lambrecht 1998:156f., Molnár 1991:193).69 Molnár (1991) nennt zudem die Fakto-ren Empathie, Definitheit und Spezifität70, die ein prototypisches Topik auszeich-nen und die die Identifizierbarkeit dieses Topiks erhöhen.

Auch Frey (2000) nennt bei aboutness-Topiks die Identifizierbarkeit als wesentli-ches Kriterium:

Topiks als Repräsentanten der Kategorie des ‘Worüber’ müssen eindeutig identifi-zierbare Diskursreferenten bereitstellen, über die prädiziert wird. In der Metaphorik der Adressen von Reinhart müssen Topiks eindeutige Adressen abgeben, denen In-formation zugeordnet werden kann. (Frey 2000:141)

Lötscher (1992:124) behauptet dies ebenfalls: „The possibility of identifying entities in discourse context is an important factor for selecting and mentioning topics.“ Auch Makovec-Èerne (1991:211) nennt in ihrer Behandlung des Thema-Begriffs die Identifizierbarkeit als wesentliche Eigenschaft.

69 Stilistisch markierte Texte wie etwa das von Papi (1994:132) diskutierte Beispiel, in dem der To-pikreferent kataphorisch pronominal kodiert und erst am Ende des turns genannt wird, scheinen dieser Annahme zu widersprechen. Allerdings kann hier aufgrund der Textsorte dem Hörer eine stillschweigende Kooperationsbereitschaft unterstellt werden: Sprecher und Hörer tun so, als ob das entsprechende Pronomen identifizierbar sei (Prinzip der „pragmatic accommodation“, vgl. hierzu Lambrecht 1998:195ff.).

70 Was für Chur (1993:11) nichts anderes meint als Identifizierbarkeit. Auf diesen Aspekt werde ich bei der Diskussion von quantifizierten Ausdrücken noch zurückkommen (vgl. unten).

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 45

Lutz (1981) deutet das Thema–Rhema-Konzept im Sinne einer Figur–Grund-Unterscheidung, die ihrer Meinung nach unserer gesamten Wahrnehmung zugrun-de liegt und die beinhaltet, dass das Figur-Element (bei Lutz 1981 das Thema) iden-tifizierbar ist. Allerdings macht Lutz diese Identifizierbarkeit an semantischen Krite-rien fest, was vielleicht daran liegt, dass zu der Zeit, als ihre Darstellung entstand, die so genannte ‘kognitive Wende’ in der Linguistik noch nicht vollzogen war.71

Notwendige Voraussetzung der Identifizierbarkeit eines Referenten ist, dass ein Topikreferent Bestandteil des Diskurses bzw. des universe of discourse der Diskursteil-nehmer sein muss. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt einer Äußerung der Referent sowohl beim Sprecher als auch beim Hörer mental repräsentiert ist.72 Daraus ergibt sich notwendigerweise, dass der Referent spezifisch ist. Dass es sich bei einem Re-ferenten notwendigerweise um einen konkreten, gar belebten Referenten handeln muss, ist damit allerdings nicht gesagt. Sicherlich können auch generische Aus-drücke (die insofern spezifisch sind, als sie auf eine spezifische Klasse referieren), abstrakte Konzepte oder Propositionen, d.h. Prädikate mit Argumenten,73 als Topi-kreferenten fungieren; jedoch keine Adjektive (die Eigenschaften beschreiben) oder Prädikate ohne Argumente – sie erfüllen die Identifizierbarkeitsbedingung nicht.74

Auch unspezifisch quantifizierte Ausdrücke dürfen nicht als Topikausdrücke ge-wertet werden (vgl. Lambrecht 1998:156). Bei Ausdrücken wie keine Person oder nie-mand ist dies einleuchtend, da diese Ausdrücke keine identifizierbaren Referenten haben. Etwas komplizierter scheinen Ausdrücke wie mehr als 1000 Kühe, da diese Ausdrücke auf etwas zu referieren scheinen. Bei genauer Analyse lässt sich aber feststellen, dass es sich nicht um identifizierbare Entitäten handelt; die Ausdrücke sind unspezifisch. Sie erfüllend daher die Identifizierbarkeitsbedinung nicht.

3.2 Semanto-pragmatische Merkmale des Topikreferenten: Existenz

Sowohl Lambrecht (1998:155) als auch Molnár (1991:192) stellen fest, dass nur sol-che Konstituenten Topikausdrücke sein können, die auf etwas referieren. Während Molnár jedoch von Referentialität im semantischen Sinne ausgeht (obgleich sie die-se weit fasst), wählt Lambrecht einen semanto-pragmatischen Weg: er geht davon aus, dass ein Referent nur dann als Topikreferent aufgefasst werden kann, wenn so-wohl Sprecher als auch Hörer annehmen, dass der Referent existiert. Wenn ein Re-ferent nicht als existent angesehen wird,75 kann folgerichtig auch keine Aussage

71 Zum Begriff der „kognitiven Wende“ vgl. Schwarz (1996:13ff).72 Das impliziert aber nicht zwangsläufig, dass der Referent im Diskurs vorerwähnt ist; es ist

durchaus denkbar, dass ein Referent in Form eines Topikausdrucks kodiert wird, ohne dass er vorher schon einmal im Diskurs kodiert wurde. Für eine ausführliche Diskussion dieses Punktes s. Abschnitt E.5, S. 87.

73 Jedoch nur, wenn die Argumente identifizierbar sind; s. hierzu Abschnitt D.6.1, insbesondere S. 65.

74 Dies schließt Prädikative ein; vgl. auch Lötscher (1987:239) und Klein & von Stutterheim (1987:168).

75 Oder zumindest als potentiell existent, wenn es um Zukünftiges oder auch um Mögliches, aber nicht Realisiertes geht: der Urlaub wird bestimmt schön bzw. was ist mit der Besteigung des Berges? – sie hat nicht stattgefunden sind Beispiele für solche Referenten. Da Sprecher und Hörer über sie so sprechen, als seien sie existent, kann in solchen Fällen die Existenzbedingung als erfüllt gelten;

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 46

über diesen Referenten erfolgen. Ob der Referent tatsächlich in der außersprachli-chen Welt existiert, ist irrelevant für die mögliche Kodierung als Topikausdruck.

Wichtig ist, dass der Referent auf etwas referiert, das in semanto-pragmatischer Hinsicht existiert. Als Konsequenz ergibt sich zudem, dass nur solche Konstituen-ten als Topikausdrücke aufgefasst werden können, die einem Diskursreferenten zu-geordnet werden können.

Interessant sind die Probleme, die sich ergeben, wenn Propositionen als Topiks fungieren. Abgesehen davon, dass Propositionen in einem Folgesatz pronominal wieder aufgegriffen werden können, was hinsichtlich der Analyse relativ unproble-matisch ist, werden sie häufig auch als Nebensätze realisiert. Dass dies bei der Ana-lyse vor allem dann relevant wird, wenn komplexe Sätze aus Nebensatz und Matrix-satz auftreten, ist evident. Probleme und Lösungsvorschläge werden in Abschnitt D.6, S. 64, ausführlich diskutiert.

3.3 Kognitive Merkmale des Topikreferenten: Zugänglichkeit

3.3.1 Aktivierungszustände von Referenten

Neben den grundsätzlichen (semanto-) pragmatischen Merkmalen stimmen Lam-brecht (1998) und Molnár (1991) darin überein, dass es gewisse kognitive Merkmale gibt, die ein Topikreferent aufweisen muss. Bei Molnár (1991) sind sie Bestandteil der syntaktischen Beschreibung des Topiks. Sie spricht etwa von Spezifität (1991:206ff.), Präsupponiertheit (1991:201ff.) und vom Empathie-Prinzip (1991:187ff.), bleibt aber auf einer grammatischen Ebene, wobei sich diese Begriffe durchaus zu einem kognitiven Merkmalsbündel zusammenfassen lassen, wie Lam-brecht (1998:74ff.) zeigt. Er subsumiert solche Aspekte unter dem Begriff der men-talen Repräsentation und diskutiert zudem die notwendigen Aktivierungsstatus, die ein Referent beim Diskursteilnehmer haben muss, um als Topik kodiert zu werden.

Im Folgenden soll etwas anderer Ansatz entwickelt werden, der im Wesentlichen Lambrechts (1998) Ideen folgt. Allerdings werden weitere kognitive Aspekte aufge-griffen.

3.3.2 Ein abgewandeltes Aktivierungsmodell

Grundlegend für diesen Ansatz ist die explizite Einbeziehung des Gedächtnisses, d.h. von Langzeit- und Kurzzeitspeicher, da sie bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung eine wichtige Rolle spielen. Unstrittig ist offenbar, dass Referenten, die in einem Diskurs als Topiks benutzt werden, im Gedächtnis abgelegt sind (vgl. Schwarz 1996:125). Dass das Gedächtnis prinzipiell in zwei Speicher unterteilt wer-den muss – den Langzeit- und den Kurzzeitspeicher (vgl. etwa Carlson 1998:454f., Kolb & Whishaw 1996:316ff., Eysenck & Keane 1995:126f., Atkinson et al. 1993:345ff.) –, hat zunächst keinerlei Auswirkungen auf den Aktivierungsgrad, den ein Referent haben muss, um als Topikreferent kodiert zu werden.

wichtiger erscheint zudem die Erfüllung der Identifizierbarkeitsbedingung, und diese ist hier ge-währleistet (vgl. auch Lötscher 1992).

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 47

Repräsentationen von Referenten im Langzeitspeicher sind üblicherweise inaktiv, können aber durch bestimmte Ereignisse, in der Regel äußere Reize, zugänglich ge-macht werden, ohne direkt aktiv zu sein (semi-aktiv). Dieses Phänomen wird als pri-ming (etwa: Prägung oder Bahnung) bezeichnet (vgl. Carlson 1998:456, Schwarz 1996:194, Kolb & Whishaw 1996:306ff., Anderson 1995:298ff., Atkinson et al. 1993:314, Roediger 1990). Solchermaßen ‘geprägte’ Repräsentationen können recht einfach vollständig aktiviert werden und stehen dann für die Verarbeitung zur Ver-fügung.

Dies entspricht grundsätzlich den Aktivierungszuständen von Referenten, die Lambrecht (1998) in drei Status unterteilt: inaktiv, semi-aktiv/zugänglich und aktiv. Je nach Status sind Diskursreferenten als Topikreferenten unterschiedlich akzepta-bel; Lambrecht (1998:165) stellt dies in seiner Topic Acceptability Scale (TAS) dar (s. Abbildung , S. ). Hier soll ein abgewandeltes Modell vorgestellt werden, das Lam-brechts TAS zur Basis hat: die Beschreibung der Aktivierungszustände anhand ei-ner vierfach gegliederten Skala. Das eine Ende markieren gänzlich inaktive Referen-ten, während am anderen Ende genau ein gänzlich aktiver Referent steht (vgl. Gi-vón 1992:22). Dazwischen liegen zwei Bereiche: aktivierte und semi-aktive Referen-ten. Aktive, aktivierte und semi-aktive Referenten können zur Gruppe der zugängli-chen Referenten zusammengefasst werden. Eine schematische Darstellung gibt Ab-bildung , S. .

Ich gehe mit Lambrecht (1998:104f.) davon aus, dass der Aktivierungszustand eines Referenten als Potential angesehen werden kann.76 Wird ein Referent in ei-nem Diskurs sprachlich kodiert (nicht zwangsläufig als Topikausdruck), dann ist er im Kurzzeitspeicher mental repräsen-tiert. Ein solcher Referent ist zum Zeit-punkt der Äußerung aktiv. Dieser Zu-stand ändert sich im Laufe des Diskurses: wenn der Referent nicht mehr „matter of current interest“ ist, dann sinkt das Akti-vierungspotential. Der Referent ist nicht mehr aktiv, nur noch aktiviert; er ist aber weiterhin im Kurzzeitspeicher repräsentiert. Er kann im Laufe des Diskurses weiter in pronominaler Form kodiert werden (und zwar sowohl als Topikausdruck als auch als Bestandteil des Kommentars), ohne dass er unmittelbar vorher erneut aktiviert werden muss.77 Dies gilt zumindest für einen bestimmten Zeitraum t, der vermut-76 In der kognitiven Psychologie geht man weiterhin davon aus, dass Speicherung und „Retrieval“

von Informationen über die Aktivierung von Neuronen geschieht (zur Einführung in die Mate-rie vgl. Carlson 1998:409ff., Kolb & Whishaw 1996:299ff., Eysenck & Keane 1995:10ff, 151ff.) Zurzeit werden netzwerkähnliche, konnektivistische Modelle der Speicherung und Aktivierung diskutiert: „knowledge is represented in a network of interconnected units that resemble neur-ons, and the knowledge is processed by activation and inhibition spreading among the units.“ (Atkinson et al. 1993:304; schematische Darstellung 304f.; ausführliche Darstellung auch in Schnotz 1994:119ff.)

77 Voraussetzung für die Wiederaufnahme in pronominaler Form ist allerdings, dass das Pronomen eindeutig einem Referenten zugeordnet werden kann. Ist dies nicht sichergestellt, dann wird der Referent im Normalfall lexikalisch vollständig kodiert – oder aber die pronominale Kodierung wird durch eine Rechtsversetzung präzisiert (s. auch Abschnitt E.5.2, S. 91).

Abbildung 5: Aktivierung und Zugänglichkeit

Bereich dersemi-aktivenReferenten

Bereich deraktiviertenReferenten

inaktive Referenten

aktiver Referent

Bereich derzugänglichenReferenten

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 48

lich mit der Kapazität des Kurzzeitspeichers zusammenhängt.78 Ein solcher Refe-rent kann daher als Diskurstopik bezeichnet werden.79 Diskurstopiks sind aufgrund ihrer kognitiven Hervorgehobenheit als primäre Kandidaten für die Rolle des Satz-topiks anzusehen.

Wird der Referent während des Zeitraumes t nicht wieder verwendet, dann sinkt das Potential weiter: der Referent wird aus dem Kurzzeitspeicher gelöscht. Die mentale Repräsentation bleibt allerdings im Langzeitspeicher noch semi-aktiv. Der Referent ist kein Diskurstopik mehr, bleibt aber kognitiv zugänglich und damit auch weiterhin Diskursreferent. Um den Referenten erneut als Topik kodieren zu kön-nen, muss er erst wieder aktiviert, d.h. im Kurzzeitspeicher mental aktiviert werden. Dazu sind spezielle Konstruktionen erforderlich, Linksversetzung etwa.80 Solche V-Konstruktionen werden in Abschnitt E.5.3, S. 92, ausführlich behandelt.

Anhand dieses Modells kann auch die Frage nach multiplen Topiks im Satz zu-frieden stellend geklärt werden. Wenn etwa Lambrecht (1998:145) behauptet, im thetischen Satz My NECK hurts sei das Possessivpronomen my in gewisser Hinsicht topikalisch „even though the subject NP of which it is part is a focus constituent“, dann kann dieser Eindruck damit erklärt werden, dass die Entität, die durch my ko-diert wird, hier ein Diskurstopik ist – aber keinesfalls Satztopik.

Festzuhalten bleibt, dass Referenten kognitiv zugänglich, d.h. aktiv, aktiviert oder semi-aktiv sein müssen, um als Topiks kodiert zu werden.

3.3.3 Rollen- und Referenzorientierung

Die unterschiedlichen Aktivierungszustände, die ein Referent haben kann, wenn er als Satztopik auftritt, implizieren zugleich auch, dass die sprachliche Kodierung des Referenten je nach Aktivierungszustand unterschiedlich ausfällt. Nur Referenten, die aktiv oder aktiviert sind, können durch Proformen kodiert werden. Semi-aktive Referenten hingegen müssen aufgrund ihres geringeren Aktivierungsgrades stets als lexikalisch vollständige Konstituenten kodiert werden.

Diese Unterscheidung entspricht Lambrechts (1998:185) zwei Strategien, einen Diskursreferenten als Topikausdruck zu kodieren: namentliche Nennung durch eine lexikalische Konstituente (referenzorientiert) und anaphorische Bezeichnung durch Proformen (rollenorientiert). Damit einher geht nach Lambrecht (1998:185) auch das Principle of the Separation of Reference and Role. Allerdings sollte dieses im Sinne

78 Die kapazitären Beschränkungen des Kurzzeitspeichers können hier nicht weiter diskutiert wer-den; vgl. aber Carlson (1998:454ff.), Kolb & Whishaw (1996:316ff.) oder Atkinson et al. (1993:292ff.).

79 Ein Referent, der als Diskurstopik fungiert, steht allerdings nicht in einer speziellen Relation zum Diskurs/Text, wie etwa der Topikreferent zum Kommentar. Es handelt sich hierbei um eine rein aktivierungsabhängige Kategorie ohne spezielle Funktion. Zudem ist die Kategorie re-lativ: welche Referenten Diskurstopiks sind, hängt vom jeweiligen Stand des Diskurses ab und kann nicht (immer) anhand eines Einzelsatzes abgelesen werden. Zu anderen Diskurstopik-Be-griffen vgl. etwa Keenan & Schieffelin (1976) bzw. Shi (1993).

80 Damit ist im Übrigen auch schon gesagt, dass Versetzungskonstruktionen (V-Konstruktionen) ein deutlicher Hinweis auf die Topikfunktion eines Ausdrucks sind.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 49

der oben dargestellten kognitiven Eigenschaften von Topikreferenten abgewandelt werden: „Do not activate a referent and talk about it the same time.“81

3.4 Zwischenfazit: Diskursreferenten als Topikreferenten

In Anlehnung an Lambrechts Terminologie soll im Folgenden von einem Referen-ten, der alle oben genannten Bedingungen erfüllt, gesagt werden, dass er ein Ele-ment des Diskursregisters ist (vgl. Lambrecht 1998:74f.); Referenten, die Elemente des Diskursregisters sind, werden als Diskursreferenten bezeichnet.82

Wenn zudem das im nächsten Abschnitt erläuterte Ausschlusskriterium nicht zu-trifft, dann spricht nichts dagegen, den Referenten als Topikreferenten zu betrach-ten; allerdings muss mit geeigneten Tests noch überprüft werden, ob der Referent tatsächlich das Topik eines Satzes darstellt (zu Testverfahren s. Abschnitt D.5, S. 61).

DiskursreferentDiskursreferent • bei Sprecher und Hörer• mental repräsentiert und• kognitiv zugänglich (d.h. aktiv, aktiviert oder semi-aktiv)

• von Sprecher und Hörer• als existent angesehen und• identifizierbar

DiskursregisterDiskursregister • abstraktes Register, das alle Diskursreferenten enthält

Definition VII: Diskursreferent und Diskursregister

3.5 Prosodische Merkmale des Topikreferenten

3.5.1 Fokusrestriktion

Die prosodischen Merkmale des Topiks werden in der vorliegenden Arbeit nur eine untergeordnete Rolle spielen, da das Textkorpus für die Untersuchung aus geschrie-bener Sprache besteht. Allerdings kann es sein, dass die Betonung einzelner Worte dennoch relevant wird; dann nämlich, wenn während der Untersuchung Sätze auf-treten, deren Wortstellung nur mit besonderer prosodischer Hervorhebung einzel-ner Einheiten als grammatisch erscheint, d.h. bei Sätzen mit anderer als der ‘norma-len’ Wortstellung.83

81 Anzumerken ist dazu allerdings, dass ein semi-aktiver Referent nicht nur dadurch aktiviert wird, dass er im Prätext als Topikausdruck auftaucht; auch als Bestandteil eines Kommentares im Prä-text kann eine Aktivierung erfolgen. Leider bietet das Textkorpus der vorliegenden Arbeit hier keinen entsprechenden Beleg; mit einer Änderung in (11.b) kann der folgende Satz aber als Be-leg gelten.(11) a. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruchi

erhoben werden.b. [Eri] ist an den Oberbürgermeister der Stadt Bochum zu richten;c. eri kann – möglichst unter Angabe des Aktenzeichens diese Schreibens – schriftlich oder durch Erklärung zur Niederschrift erhoben werden. (63-11)

82 Bildlich gesprochen, könnte man sagen, dass mit dem Eintrag ins Diskursregister eine Kartei-karte angelegt wird, die den ‘Namen’ des Diskursreferenten trägt („addressation“, Jacobs 1999:10ff.). Auf dieser Karteikarte werden dann Informationen über den Diskursreferenten ein-getragen (vgl. hierzu Jacobs 1999, Givón 1992, Reinhart 1981). – Bereits vor einiger Zeit hat Vennemann (1973:2ff.) solche Referenten als „discourse subjects“ bezeichnet, die Elemente ei-nes gemeinsamen „presupposition pool“ von Sprecher und Hörer sind.

83 Zu einer Darstellung und Diskussion der ‘normalen’ Wortstellung vgl. Reis (1993), Haider (1990), Höhle (1982) oder Lenerz (1977). Speziellere Themen behandeln Pittner (1999), Haiden

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In diesen Fällen erscheint es sinnvoll, die von Molnár (1991:63ff., 251f.; 1993:169; 1998:96f.) vorgeschlagene Fokusrestriktion zum Entscheidungskriterium zu machen. Diese Restriktion besagt, dass eine Konstituente, die den einzigen mini-malen Fokusakzent in einem Satz trägt, nicht Topikausdruck sein kann: „ein einzi-ger Fokus am Satzanfang bildet als das einzige ‘informative’ Glied immer die sog. ‘Aussage’.“ (Molnár 1991:65) Die Beschränkung auf den einzigen minimalen Foku-sakzent begründet Molnár (1991:263f.) damit, dass es manchmal möglich ist, für thetische Sätze wie Der ZUG kommt eine TKG vorzunehmen. Voraussetzung für Molnár ist, dass die entsprechende NP das einzige fokussierbare Element im Satz ist und daher den einzig möglichen, somit maximalen Fokusakzent trägt.84 Lam-brecht (1998:137ff.) hingegen wendet sich dezidiert gegen die Topiklesart solcher NP, und dieser Meinung schließe ich mich hier an: nur kategorische Sätze weisen eine TKG auf.

Ansonsten stimmt Molnár allerdings mit Lambrecht (1998:322ff.) überein, der davon ausgeht, dass ein Topikausdruck zwar akzentuiert sein kann, dass es sich dann aber um einen zusätzlichen „topic accent“ und nicht um einen „focus accent“ handelt: „a topic accent necessarily cooccurs with a focus accent in a sentence while a focus accent does not require a cooccuring topic accent.“

Konstituenten, die den einzigen Fokusakzent eines Satzes tragen, können daher keine Topikausdrücke sein,85 sodass sich folgendes Operationalisierungskriterium ergibt:

(O|1) Die Konstituente, die den einzigen Fokusakzent des Satzes trägt, ist nicht der To-pikausdruck des Satzes.

3.5.2 Aktivierungsakzent

Aufgrund der in Abschnitt D.3.3, S. 46, dargestellten kognitiven Merkmale von Dis-kursreferenten und der Fokusrestriktion ergibt sich allerdings eine weitere Möglich-keit: ein potentieller Topikausdruck trägt einen Fokusakzent, während eine weitere Konstituente ebenfalls akzentuiert ist. Dieses Phänomen – „activation accent“ (Lambrecht 1998), „multiple foci“ (Molnár 1991), „contrastive topic“ (Molnár 1998, Büring 1999) oder „I-Topikalisierung“ (Jacobs 1997, 1999) genannt – bedarf beson-derer Erläuterung.

Am besten lässt sich diese Besonderheit erklären, indem man davon ausgeht, dass mit solchen Akzentuierungen (semi-aktive) Topikreferenten reaktiviert werden (s. auch Abschnitt D.3.3.3, S. 48). Voraussetzung ist, dass es sich um Diskursrefe-renten handelt, sodass solche kontrastiven Aktivierungsakzente auf einer Stufe ste-hen mit V-Konstruktionen und deutlich von P-Sätzen unterschieden werden müs-sen. Letztere führen nämlich neue Referenten in den Diskurs ein, nehmen quasi

(1994), Dürscheid (1989), Gadler (1982) und Lötscher (1981).84 Zur Fokusprojektion vgl. etwa Uhmann (1991). Speziellere Ansätze zum Thema Fokus bieten

die Aufsätze in Bosch & van der Sandt (1999).85 Dies schließt auch per Disjunktion koordinierte NP wie Peter oder Paul in (62) ein, die den einzi-

gen Fokusakzent tragen (I-Sätze, vgl. Lambrecht 1998:122 bzw. s. Abschnitt C.3.5, S.30):(12) (PETER oder PAUL) haben das gemacht.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 51

einen Eintrag ins Diskursregister vor; sie können folgerichtig keine Diskursreferen-ten kodieren. (Für eine ausführliche Darstellung s. Abschnitt E.5.2, S. 91.)

3.5.3 Operationalisierungskriterium: Diskursreferenten als Topikausdrücke

Bevor ich auf syntaktische Konsequenzen eingehe, die sich aus den oben angestell-ten Überlegungen ergeben, ist es notwendig, ein zweites Operationalisierungskrite-rium einzuführen. Da ein Referent drei Bedingungen erfüllen muss, um als Diskurs-referent fungieren zu können (Zugänglichkeit, Existenz und Identifizierbarkeit), er-gibt sich (O|2), um einen Ausdruck als möglichen Topikausdruck zu identifizieren:

(O|2) Als Topikausdruck kann nur eine Phrase aufgefasst werden, die einen Diskursre-ferenten kodiert.

4 Auswirkungen der Eigenschaften auf die sprachliche Kodierung des Topiks: Operationalisierung des Begriffs

4.1 Geltungsbereich der Aussagen

Im Folgenden sollen die syntaktischen Konsequenzen für die Kodierung eines Re-ferenten als Topikausdruck beschrieben werden. Allerdings muss zunächst eine Einschränkung gemacht werden, die gleichzeitig – bis auf Weiteres – auch ein Ope-rationalisierungskriterium ist:

(O|3) Die Aussagen zu syntaktischen Merkmalen des Topiks gelten ausschließlich für einfache Deklarativsätze, die im pragmatischen Sinne gegliedert sind.86

Solche Sätze werden im Folgenden auch als (einfache) kategorische Aussagesätze bezeichnet.87 Als Beispiele können die folgenden Sätze dienen:

(13) In den Monaten September bis November 1999 sind Sie nach Aussage Ihres Ausbilders insgesamt 190 Minuten verspätet im Betrieb erschienen. (11-05)

(14) Die Äußerung kann entweder schriftlich oder zur Niederschrift in meiner Dienststelle während der Sprechstunden erfolgen. (506-04)

Sätze, die nicht in diese Kategorie gehören, lassen sich in drei Gruppen unterteilen:(a) entweder handelt es sich um topiklose, thetische Deklarativsätze mit Verb-

zweitstellung (vgl. (15) und (16)) oder(b) es handelt sich formal nicht um Deklarativsätze88 (vgl. (17) und (18)) oder(c) es handelt sich nicht um einfache, sondern um komplexe Sätze (vgl. (19)).

(15) Es regnet.

86 Zu den verschiedenen Satzarten vgl. Hoffmann (1996).87 Eine sehr ausführliche und immer noch lesenswerte Untersuchung zur Frage nach der Dichoto-

mie thetisch–kategorisch bietet Ulrich (1985). Für einen ersten Überblick vgl. Bußmann (1990:794f.); für allgemeine Aspekte vgl. auch Lambrecht (1998:137ff.) und Sasse (1987). Mit der Unterscheidung thetisch–kategorisch und der grammatischen Repräsentation entsprechender Satztypen beschäftigt sich Drubig (1992).

88 Dass mit einem Satz, der formal Deklarativsatz ist, auch ganz andere Sprechhandlungen reali-siert werden können, ist unstrittig. So kann eine Aussage wie Es zieht – offenbar eines der Lieb-lingsbeispiele von Linguisten; vgl. etwa Linke et al. (1994:180) oder Aitchison (1998:100) – auch als Aufforderung gemeint sein, das Fenster/die Tür zu schließen.

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(16) Das TELEFON klingelt.(17) Bitte reichen Sie mir – soweit dies noch nicht geschehen – spätestens bis zum o.

g. Testtermin die noch fehlenden Unterlagen ein. (11-06)(18) Warum sind Sie in den Monaten September bis November 1999 insgesamt 190

Minuten verspätet im Betrieb erschienen?(19) Sofern diese Frist von Ihnen nicht eingehalten wird, mache ich darauf aufmerk-

sam, dass dann ohne jede weitere Mitteilung das Vollstreckungsverfahren einge-leitet werden kann.(506-03)

Inwiefern komplexe Sätze ein Topik aufweisen, wird in Abschnitt D.6, S. 64, aus-führlich diskutiert. Ob Sätze des Typs (17) bzw. (18) überhaupt ein Topik haben, ist fraglich; dies kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht untersucht werden.

4.2 Wörter, Phrasen oder Satzglieder als Topikausdrücke?

Unklar ist, auf welcher syntaktischen Ebene Topikausdrücke zu finden sind. Da keine Übereinstimmung, nur eine Korrelation von Topik (pragmatische Funktion) und Subjekt (syntaktische Funktion) besteht (vgl. Lambrecht 1998, Welke 1993, Molnár 1991, 1993, 1998), kommen neben Satzgliedern mit und ohne Argument-status prinzipiell auch Phrasen als Bestandteile von anderen Phrasen (und folgerich-tig ohne Satzgliedfunktion) sowie lexikalische Einzelwörter, die keine Phrase bilden, als Topikausdrücke in Frage.89

Zunächst ist zu klären, ob einzelne Wörter, die keine ganze Phrase bilden, wirk-lich als Topiks fungieren können. Abgesehen von intuitiven Annahmen sprechen auch kognitive Erkenntnisse dagegen. So glauben Atkinson et al. (1993:347f.): „[W]hen reading or listening to a sentence, people seem to first divide it into noun phrases, verb phrases, and the like [… E]ach phrase acts as a unit in memory.“ Die Analyserichtung beim Verstehen von Sätzen scheint klar: wir hören einen Satz und analysieren ihn syntaktisch „into a noun and a verb phrase, and then dividing these phrases into smaller units like nouns, adjectives, and verbs“ (Atkinson et al. 1993:348). Meng (1998:3; Hervorhebung getilgt, D. H.) weist darauf hin, dass

die syntaktische Analyse des Inputs, das sogenannte Parsing […] dafür [sorgt], daß die strukturellen Beziehungen zwischen den im Input linear geordneten Einzelwör-tern rekonstruiert werden […]. Wesentlicher Bestandteil der syntaktischen Analyse eines Satzes ist die Berechnung der Konstituentenstruktur.

Schwarz (1996:147) sagt über den „on-line-Charakter der Sprachverarbeitung“: „Der syntaktische Verarbeitungsmechanismus (der Parser) erstellt sofort strukturelle Lesarten für die wahrgenommenen Wörter.“ Dabei sind prinzipiell allerdings zwei Parsing-Methoden zu unterscheiden: top-down und bottom-up (vgl. hierzu Meng 1998:39ff., Kolb & Whishaw 1996:394, Eysenck & Keane 1995:278ff., Atkinson et al. 1993:322).

Bei einem von sprachlichem Input gesteuerten Bottom-up-Prozess werden zu-nächst die Konstituenten rekonstruiert, die hierarchisch am niedrigsten stehen, d.h. die lexikalischen Wörter. Aus diesen einfachen Konstituenten werden dann komple-xere Konstituenten zusammengesetzt. Bei einem konzeptuell gesteuerten Top-

89 Für die folgenden Ausführungen benutze ich phrasenstrukturgrammatische Termini, wie sie etwa von Dürscheid (2000), Ramers (2000) oder Grewendorf et al. (1999) beschrieben werden.

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down-Prozess hingegen werden lexikalische Wörter sofort in die entsprechende Po-sition eines noch zu beschreibenden Strukturbaums (s. Abschnitt D.4.2.1.2, S. 55) eingefügt; der Strukturbaum wird so lange erweitert, bis eine entsprechende Stelle für das jeweilige Wort gefunden wurde. „Alle heutigentags diskutierten Modelle menschlicher Sprachverarbeitung inkorporieren Parsingalgorithmen, die Top-Down- und Bottom-Up-Elemente […] verbinden.“ (Meng 1998:41). Ohne weiter auf die ein-zelnen Modelle eingehen zu können, soll in der vorliegenden Arbeit von einer sol-chen kombinierten, wahrscheinlich parallelen Verarbeitung ausgegangen werden. Angenommen wird hier mit Schwarz (1996:147), dass vor der Verarbeitung von le-xikalischen Einzelwörtern stets eine Phrasenlesart steht, sodass die Topikfunktion für einzelne Wörter (die keine Phrase bilden) vermutlich ausgeschlossen werden kann.

Dass Einzelwörter zugleich auch Phrasen sein können, muss an dieser Stelle al-lerdings deutlich betont werden. Ein gutes Beispiel dafür sind Personalpronomina, die Einzelwörter und zugleich NP sein können.

Ob Phrasen, die Bestandteile übergeordneter Phrasen sind, als Topikausdrücke fungieren können, wird in den folgenden Abschnitten diskutiert.

4.2.1 Topiks und Phrasenstruktur

In der Phrasenstrukturgrammatik geht man davon aus, dass jede Phrase genau einen Kopf hat (Kopfprinzip), dass morphologische Merkmale beim Kopf der Phrase realisiert werden (Kopf-Vererbungsprinzip) und dass diese Vererbung an-hand einer Projektionslinie auf die gesamte Phrase ausgedehnt wird. Eine Phrase wird als die Konstituente bestimmt, zu der man gelangt, wenn man vom Kopf die Projektionslinie „nur ein Stück weit nach oben“ geht (Grewendorf et al. 1999:202). Dies kann anhand von (20) bzw. (21) gezeigt werden.90

(20) Sie erhalten Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des BSHG. (503-01)

Benutzt man eine Klammerdarstellung, dann ergibt sich eine vereinfachte Phrasen-struktur des Satzes wie in (21).

(21) [S [NP Sie] [VP [V erhalten] [NP Hilfe zum Lebensunterhalt] [PP nach den Bestimmun-gen des BSHG]]91

Die VP-interne NP Hilfe zum Lebensunterhalt erbt die syntaktischen Merkmale ihres Kopfes Hilfe, d.h. die Markierung von Kasus (Akkusativ), Genus (Femininum) und Person (Singular).

90 Ich werde die strukturelle Ambiguität von (20) – ist die PP eine unabhängige Phrase oder Be-standteil der übergeordneten NP? – für die weitere Analyse nicht jeweils gesondert darstellen, sondern im Folgenden aus Gründe der Einfachheit davon ausgehen, dass PP und NP separate Phrasen bilden.

91 Die Köpfe der Phrasen sind jeweils unterstrichen dargestellt; die Bezeichnungen als XP resultie-ren aus der synaktischen Kategorie der Köpfe (vgl. auch Abkürzungsverzeichnis, Anhang A, S. A1). – Eine vollständige Darstellung der Phrasenstruktur des Satzes ist sehr unübersichtlich, hier aber auch nicht notwendig.

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4.2.1.1 X-bar-Theorie: komplexe Phrasen

Um die hierarchischen Unterschiede zwischen Nomen und NP zu verdeutlichen, bietet sich ein Konzept von (Komplexitäts-) Ebenen an (Grewendorf et al. 1999:204ff., Ramers 2000:46ff.), und damit gelangt man in den Bereich der X-bar-Theorie.92

Grundannahme ist, dass man für die Darstellung syntaktischer Phrasen „mit drei Ebenen auskommt“ (Ramers 2000:47).93 Einfache Phrasen bestehen aus dem Kopf (und einem eventuell Komplement) und werden maximal ‘projiziert’:

Die einzelnen kategorialen Ebenen bezeichnen wir als Projektionen des Kopfes der Konstruktion. Dementsprechend nennt man die höchste Projektionsebene die maxi-male Projektion oder Xmax. (Fanselow & Felix 1990:51)

In der X-bar-Theorie wird zudem für komplexe Phrasen eine Zwischenebene ange-nommen, die zwischen X (Kopf) und XP (maximaler Projektion) angesiedelt ist: die Zwischenprojektion X’. Das allgemeine Schema für die Darstellung einer komple-xen Phrase XP gibt Abbildung , S. , wieder.94

Beim Kopf kann es sich um eine lexi-kalische Kategorie (N, V, A, P) oder um eine funktionale Kategorie (etwa D, Konj etc.) handeln (vgl. Dürscheid 2000:135).95 Zusammen mit dem (fakultativen) Kom-plement ZP wird der Kopf X in einem Knoten auf der Ebene der Zwischenpro-jektion zusammengeführt: X’. Zusammen mit dem Spezifikator (Spec) bildet X’ die maximale Phrasenkategorie XP. Die Reihenfolge der Elemente der XP ist dabei nicht festgelegt: Denkbar sind auch Strukturen, in denen Y(P) und X bzw. X’ und ZP ihre Positionen tauschen (vgl. Ramers 2000:48, Linke et al. 1994:118ff.).

Dieses Schema kann allerdings noch durch so genannte Adjunkte erweitert wer-den. Im Gegensatz zu Komplementen werden Adjunkte nicht durch den Kopf se-legiert und in ihren Eigenschaften auch nicht vom Kopf regiert. „Sie werden an die XP angefügt (= adjungiert), modifizieren aber die interne Gliederung der XP nicht.“ (Dürscheid 2000:138f.) Zudem sind Adjunkte im Gegensatz zu Komple-menten in beliebiger Zahl hinzufügbar (vgl. Ramers 2000:50, Grewendorf et al. 1999:206ff., Fanselow & Felix 1990:51). Wird eine XP an eine Phrase adjungiert, steigt deren Komplexitätsgrad nicht. Adjunkte können als Schwesterknoten nach Ramers (2000:52) sowohl an XP, an X’ und an X angefügt werden; sie müssen –

92 Die nachfolgenden Erläuterungen basieren auf den Grundlagen der X-bar-Struktur, wie sie von Fanselow & Felix (1990), Grewendorf et al. (1999:198ff.), Ramers (2000:42ff.), Dürscheid (2000:134ff.), Linke et al. (1994:118ff.) oder Meng (1998:17ff.) dargestellt werden. – Einen sehr ausführlichen Einblick in generative Aspekte der deutschen Grammatik gibt Haider (1993).

93 Grewendorf et al. (1999:208) sind in dieser Hinsicht vorsichtiger: „Wir wollen uns hier auf eine bestimmte Ebenenzahl nicht festlegen.“

94 Neben den Bezeichnungen XP – X’ – X sind noch andere geläufig; vgl. Ramers (2000:45f.) oder Grewendorf et al. (1999:205). Unabhängig von der Bezeichnung ist wichtig, dass XP (bzw. X2

oder X’’) maximale Projektionen von X sind. Das bedeutet, dass Syntagmen an diesem Punkt maximal komplex sind.

95 Fanselow & Felix (1990:51) hingegen sagen, „daß phrasale Kategorien stets einen lexikalischen Kopf enthalten müssen“.

Abbildung 6: X-bar-Schema (nach Ramers 2000)

XP

ZP[Komplement]

X[Kopf]

X'Y(P)[Spezifikator]

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ebenso wie Komplemente – immer maximale Projektionen sein, „während [der Spezifikator] auch eine lexikalische Kategorie sein kann“ (Fanselow & Felix 1990:54).96

Zusammenfassend kann man also sagen, dass im Satz ein Wort X zu einer Phra-se XP projiziert wird und dass jede Phrase XP einen Kopf X hat. Wird ein syntakti-sches Wort oder dessen Projektion ergänzt, dann kann dies nur durch weitere Phra-sen geschehen; bei entsprechend komplexen Phrasen gibt es eine Ebene der Zwi-schenprojektion. Dies ermöglicht eine prinzipiell unendliche Rekursion und erfasst damit die Produktivität der menschlichen Sprache adäquat.

4.2.1.2 Struktur des Satzes in der X-bar-Theorie

Auch der Satz wird als Phrase aufgefasst: als CP (‘C’ für „‘Complementizer’“, Ra-mers 2000:69; vgl. auch Grewendorf et al. 1999:219). Die Spezifikator-Position des Satzes gilt als (syntaktische) Topikalisierungsposition (TOP oder SpecCP)97; diese syntaktische Position hat aber nichts mit der pragmatischen Topik-Funktion zu tun, die Thema der vorliegenden Arbeit ist.98 Bei Verberst- und Verbletztsätzen ist TOP leer; bei Verbzweitsätzen wird eine maximale Projektion nach TOP bewegt (so ge-nannte Topikalisierung, vgl. Grewendorf et al. 1999:223, Ramers 2000:73f.).

Kopf der CP (d.h. des Satzes) ist – vereinfacht gesprochen – entweder eine Konjunktion oder ein Relativpronomen (bei eingeleiteten Nebensätzen, d.h. bei Verbletztsätzen) oder ein finites Verb (bei Verberst- und Verbzweitsätzen); ist letzte-res der Fall, dann muss das finite Verb nach C bewegt werden (so genannte Fini-tumvoranstellung, vgl. Grewendorf et al. 1999:223, bzw. Verbbewegung, vgl. Ra-mers 2000:73f.).

Direkt unterhalb von C’ – als Schwesterknoten von C – ist die IP (Inflektionalphrase) angesiedelt. Der entspre-chende Knoten I „umfaßt die Flexionsmerkmale für Finit-heit, Person und Numerus.“ (Grewendorf et al. 1999:221). Demnach kann ein Satz wie in Abbildung , S. , als XP dar-gestellt werden.

Die Auffassung des Satzes als maximale Projektion er-möglicht es – wie bereits oben erwähnt –, vermittels der Rekursion beliebig lange, hypo- oder parataktische kom-plexe Sätze zu formen: CP können als Komplemente oder Adjunktionen angefügt werden.

96 Dürscheid (2000:139) geht allerdings davon aus, dass nur an XP und an X Phrasen adjungiert werden.

97 „Topikalisierung ist Besetzung des Vorfelds durch eine XP, die keine Interrogativphrase oder Relativphrase ist oder enthält.“ (Rosengren 1993:281)

98 Molnár (1991) sieht allerdings einen deutlichen Zusammenhang zwischen syntaktischer TOP-Position und pragmatischer Kategorie; für eine Diskussion dieses Aspekts vgl. Molnár 1991:94ff.

Abbildung 7: Struktur des Satzes (nach Dürscheid 2000)

CP

C

C'SpecCP

IP

IVP

I'NP

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 56

4.2.1.3 Nutzen der X-bar-Theorie für die vorliegende Arbeit

Worin liegt nun der Nutzen der X-bar-Theorie für die vorliegende Arbeit? Um die-se Frage zu beantworten, muss auf das Operationalisierungskriterium zurückgegrif-fen werden, das in (O|2) dargestellt ist. In Anwendung auf ein konkretes Beispiel, etwa einen Satz mit einer satzinitialen PP, bedeutet das: ich kann diese PP als Ge-samt-Phrase nicht als Topikausdruck auffassen (weil sie insgesamt keinen Diskurs-referenten kodiert und daher (O|2) nicht erfüllt). Das kann anhand von (22) ge-zeigt werden.

(22) [PP Gegen diesen Bescheid] können Sie Widerspruch erheben. (506-10, geän-dert99)

Hier kommt allerdings die X-bar-Struktur des Satzes ins Spiel: Als Baumdiagramm ergibt sich für (22) eine X-bar-Struktur wie in , S. .100

Wie bereits festgestellt, kann die PP in TOP-Position nicht als Topikausdruck gel-ten, weil sie als gesamte Phrase die Bedingungen unter (O|2) nicht erfüllt. Aller-dings ist insofern ungenau, als die PP selbst bereits eine maximale Projektion ist und ebenfalls als X-bar-Struktur wie in , S. , dargestellt werden kann.

Das semantisch leere gegen kann so von der referentiellen und referierenden NP die-sen Bescheid getrennt werden,101 und diese NP kann – je nach Kontext – durchaus

99 Aus Gründen der Einfachheit wurde das passivische Original in einen Aktivsatz transformiert.100 Auf Spuren – markiert durch ti und tj – und Bewegungen gehe ich nicht weiter ein, da sie für

das, was gezeigt werden soll, irrelevant sind – ausschlaggebend ist allein die Struktur der Phra-sen.

101 Zum terminologischen Unterschied zwischen „referentiell“ und „referierend“ vgl. Chur (1993:12).

Abbildung 9: Strukturdiagramm der PP gegen diesen Bescheid

P

PP

NP

diesen Bescheidgegen

NP

ND

Bescheiddiesen

Abbildung 8: Strukturdiagramm von Satz (22)

CP

Ckönneni

C'PP [SpecCP/TOP]gegen diesen Bescheidj

IP

Iti

VP

I'NPSie

tj

PPV'

Widerspruch erheben ti

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 57

einen Diskursreferenten kodieren. Es spricht offenbar nichts dagegen, die NP als Topikausdruck des Satzes zu betrachten.102

Festzuhalten ist, dass es das X-bar-Schema ermöglicht, Phrasen, die insgesamt nicht als Topikausdrücke in Frage kommen, weiter aufzuschlüsseln. Einzelne Kon-stituenten der Phrase wiederum können dann erneut überprüft werden. Zu klären ist hier allerdings, welche XP als Topikausdrücke aufgefasst werden können.

4.2.2 Welche Phrasen können als Topikausdrücke fungieren?

Potentielle Topiks sind zunächst alle Phrasen mit einem lexikalischen Kopf,103 d.h. NP, AP, AdvP, VP und PP. Dass NP Topikausdrücke sein können, braucht nicht weiter erläutert zu werden: sie sind geradezu prototypische Topiks, wie etwa (23) zeigt (entsprechende Konstituenten werden unterstrichen):

(23) Die Vorprüfung Ihres Antrages erfolgte durch Herrn XXX. (63-05)

Dass PP insgesamt nicht als Topikausdrücke aufgefasst werden können, weil sie keinen Diskursreferenten kodieren, wurde mit (22) gezeigt. Allerdings wurde mit (22) auch gezeigt, dass in PP eingebettete NP prinzipiell als Topikausdrücke fungie-ren können. Andere Beispiele, die dies zeigen, sind (24) und (25). Heikel in dieser Hinsicht sind hingegen (26) oder (27). Vor allem bei (27) ist zu bezweifeln, ob die eingebettete NP Topikausdruck sein kann.

(24) Im Sommerzeugnis (11. Juni 1999) der Unterstufe der Berufsschule wurden Ihre Leistungen im Fach „Beratung und Vermarktung“ mit „mangelhaft“ bewertet. (11-05)

(25) In diesem Schreiben wurden Sie darauf hingewiesen, dass die Verwarnung nur bei fristgemäßer Zahlung wirksam wird. (30-08)

(26) Bei schlechtem Wetter wanderten wir durch das Watt.(27) Mit Interesse musterten sie die Szenerie, die sich vor ihnen ausbreitete.

Zu vermuten ist, dass der Unterschied mit der Funktion der einzelnen PP im Satz zusammenhängt. Da die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen dieser Funk-tion der PP und einer möglichen Topiklesart gibt, eng mit der Frage nach der Lesart von (modalen) satzinitialen Teilsätzen verbunden ist, findet sich eine ausführliche Diskussion in Abschnitt D.6.3, S. 70.

AP sind insgesamt als Topikausdrücke nicht tauglich, wie an (28) zu sehen ist.104

(28) a. Einen Zentner schwer ist das Paket.b Stolz auf seine Tochter ist der Vater.c. Schwer verletzt ist sie.d. Interessiert zu gewinnen ist er.

102 Allerdings muss dies noch getestet werden. Geeignete Testverfahren sollen in Abschnitt D.5, S. 61, diskutiert werden.

103 Dass funktionelle Phrasen unterhalb von CP, also etwa DP, als Topikausdrücke in Frage kom-men, ist unwahrscheinlich. Ob allerdings CP, die Komplemente zu anderen CP sind, als Topik-ausdrücke fungieren können, wird in Abschnitt D.6, S. 64, ausführlich diskutiert.

104 Diese Beispielsätze entstammen Dürscheid (2000:70ff.), die sich ausführlich mit AP auseinander setzt. Aus nahe liegenden Gründen habe ich sie umgestellt, sodass sie im Vorfeld und damit vor anderen (als Topikausdrücke weitaus akzeptableren) Konstituenten stehen.

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e. Interessiert daran zu gewinnen, setzte der Mann alles auf eine Karte.f. Der an Linguistik interessierte Student las viele Bücher.

Es handelt sich hier um zwei Phänomene: entweder ist die AP prädikativ (d.h. Prä-dikativum (28.a-d) bzw. prädikativer Nebensatz (28.e)) oder Bestandteil einer ande-ren XP (28.f) (vgl. Dürscheid 2000:82). Die prädikativen AP in (28.a-e) erfüllen (O|2) nicht, d.h. sie kodieren insgesamt keine Diskursreferenten, sondern Eigenschaf-ten von Diskursreferenten, sodass sie als Topikausdrücke ausscheiden (vgl. auch Lötscher 1987:239 sowie Fußnote 74, S. 45). Zudem ist in diesen Fällen die Fokus-restriktion zu beachten.

Die attributive AP in (28.f) kommt deshalb nicht als Topikausdruck in Frage, weil sie Bestandteil einer übergeordneten NP ist, die wiederum – so ist zu vermuten – insgesamt den Topikausdruck des Satzes darstellt.

Die Frage, ob die in die AP eingebettete NP seine Tochter in (28.b) möglicherweise Topikausdruck ist, kann unter Rückgriff auf die X-bar-Struktur der AP beantwortet werden: wenn man einmal die Fokusrestriktion, die in diesem Fall greift, außer Acht lässt, spricht nichts dagegen, die NP seine Tochter als Topikausdruck aufzufassen.105 Das ändert aber nichts an der Feststellung, dass die AP insgesamt keinen Diskursre-ferenten kodieren kann.

Ähnliches wie für AP gilt auch für VP.106 Zwar können auch Propositionen und nicht nur Entitäten Diskursreferenten sein, doch enthalten VP keine vollständigen Propositionen – im Normalfall fehlt das Subjekt –, sodass VP keine Diskursreferen-ten kodieren können. Aufgrund von (O|2) kommen demnach VP nicht als Topik-ausdrücke in Frage. Zudem ist in den seltenen Fällen, dass vor der VP keine XP steht, die als Topikausdruck gelten kann, die Fokusrestriktion zu beachten; der (konstruierte) Satz (29) verdeutlicht dies.

(29) ERZÄHLT hat sie gestern eine Geschichte (nicht gehört).

Enthält eine VP eine andere XP, die potentiell als Topikausdruck in Frage kommt, spricht allerdings nichts dagegen, diese XP – wenn sie alle Voraussetzungen erfüllt – als Topikausdruck aufzufassen. (30) – ebenfalls aus Mangel an entsprechenden Belegen konstruiert – verdeutlicht dies.

(30) Mit ihr in den Urlaub gefahren bin ICH letztes Jahr auch schon mal.

Hier könnte die NP ihr, die in die VP eingebettet ist, durchaus als Topikausdruck aufgefasst werden.

Schließlich ist noch eine letzte Phrasenkategorie im Hinblick auf ihre Tauglich-keit als Topikausdruck zu überprüfen: die AdvP.107 Ähnlich wie bei PP hängt die Frage, ob eine AdvP Topikausdruck eines Satzes sein kann, offenbar mit ihrer syn-taktischen und semanto-pragmatischen Funktion zusammen. Ohne auf die Unter-105 Hier zeigt sich, dass die Fokusrestriktion offenbar für alle Konstituenten der Phrase gilt, die den

einzigen Fokusakzent im Satz trägt.106 Zu satzwertigen Infinitivkonstruktionen s. Abschnitt D.6, S. 64.107 Zu betonen ist hier, dass es sich nicht um Phrasen mit adverbialer Funktion (etwa PP) handelt,

sondern um Phrasen mit einem Adverb als Kopf.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 59

schiede zwischen Adverbien und Pro-Adverbien näher eingehen zu wollen (vgl. hierzu Helbig & Buscha 1996:347ff.), lässt sich feststellen, dass die besten Kandida-ten für Topikausdrücke wegen der notwendigen Referentialität zunächst AdvP mit lokaler oder temporaler Bedeutung sind, wie (31) und (32) zeigen. Dass aber AdvP mit einem Temporaladverb als Kopf und temporaler Funktion nicht immer ein To-pik enthalten können, über das etwas ausgesagt wird, zeigt (33).

(31) Gestern habe ich Petra getroffen.(32) Dort liegen noch einige Zeitungen.(33) Oft liest sie den Spiegel.

AdvP mit modalem Adverb als Kopf können – so scheint es zunächst – nicht als Topik fungieren, weil sie keine Diskursreferenten kodieren. Dies zeigt (34). Ein Ge-genbeispiel liefert allerdings (35): liest man die AdvP so als Paraphrase von auf diese Art und Weise (und nicht als Bezeichnung eines konsekutiven Verhältnisses), und geht man weiterhin davon aus, dass im Prätext dieses so spezifiziert wird (etwas jetzt fehlt nur noch ein lauer Sommerabend und eine ruhige Terrasse), dann ist hier tatsächlich eine Topikfunktion denkbar: das so kodiert als Proform einen Diskursreferenten, genauer gesagt eine Proposition, auf die Bezug genommen wird.

(34) Gern stehe ich Ihnen für weitere Auskünfte unter der o. a. Telefon-Nummer zur Verfügung. (30-15; Satz umgestellt; D. H.)

(35) So kann man dieses Gericht hervorragend genießen.

AdvP mit einem kausalen Adverb als Kopf können vermutlich nicht als Topikaus-drücke fungieren; die Sätze (36) oder (37) sind allerdings in dieser Hinsicht unklar: wenn sich die AdvP auf Propositionen beziehen, die Diskursreferenten sind, dann ist eine Topikfunktion augenscheinlich nicht ausgeschlossen.

(36) Deshalb empfehle ich Ihnen, in Ihrem eigenen Interesse unter Einhaltung der umseitig genannten Frist Ihren Zahlungspflichten aus dem Bußgeldbescheid nachzukommen. (30-14)

(37) Dazu können Sie durch die Beantwortung diese Schreibens erheblich beitragen, da auch ich die Möglichkeit habe, das Bußgeldverfahren - ohne Einschaltung des Amtsgerichts – abzuschließen. (30-01)

Beide Probleme – Topiklesart von minimalen AdvP mit modalem und kausalem Kopf – hängen eng mit der Frage einer möglichen Topikfunktion von satzinitialen Nebensätzen zusammen und werden daher in Abschnitt D.6.3, S. 70, diskutiert.

Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass neben NP – entweder als NP mit syntakti-scher Funktion oder als Bestandteil einer komplexen Phrase – auch Adverbialphra-sen als Topiks denkbar sind, sofern sie (O|2) erfüllen und nicht unter das Aus-schlusskriterium fallen.

4.3 Syntaktische Position des Topikausdrucks: notwendig satzinitial?

Das X-bar-Schema hebt die Position der ersten Konstituente im (Deklarativ-) Satz hervor (SpecCP/TOP; s. Abschnitt D.4.2.1.2, S. 55). Das stützt implizit die These der Bedeutung der ersten Position im Satz für die kognitive Verarbeitung und hat

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 60

zum Beispiel Molnár (1991), Schmidt (1987:243ff.) oder – nicht ganz so rigoros – Welke (1993) Anlass zu der Vermutung gegeben, nur satzinitiale Elemente könnten überhaupt als Topik (respektive Thema) aufgefasst werden. Festzuhalten ist jeden-falls, dass die erste Position im Satz syntaktisch hervorgehoben ist, obwohl nichts für die strikte Ablehnung anderer Positionen für Ausdrücke mit Topikfunktion spricht. Allerdings gibt es neben diesen syntaktischen Hinweisen auch Argumente der Informationsverarbeitung, nach denen das Topik möglichst an einer frühen Stelle im Satz realisiert werden sollte:

Es gibt viele Gründe dafür, anzunehmen, daß ein Satz kontinuierlich von links nach rechts, also in der zeitlichen Abfolge der Wörter vom Hörer analysiert wird. […] Da der Verarbeitungsprozeß mit dem ersten Stellungsglied beginnt, hat das erste Stel-lungsglied einen ausgezeichneten Platz innerhalb der linearen Verarbeitungsabfolge. (Welke 1993:94)108

Daher ergibt sich als weiteres Operationalisierungskriterium:

(O|4) Die erste (in einem Strukturbaum am weitesten links stehende) NP/AdvP im Satz, die die in (O|2) genannten Kriterien erfüllt, ist automatisch potentieller To-pikausdruck.

4.4 Weitere syntaktische Merkmale

Neben den genannten gibt es meiner Auffassung nach keine weiteren syntaktischen Merkmale, die zwangsläufig mit dem Topikstatus einer Konstituente einhergehen müssen. Zwar lässt etwa die Identifizierbarkeitsbedingung erwarten, dass es sich bei Topikausdrücken – sofern es NP sind – um definite lexikalische NP, indefinite, aber generische NP oder um Pronomen handelt; ich halte es aber für irreführend, eine mögliche Korrelation als distinktives Merkmal des Topiks zu postulieren. Aus-schlaggebend ist letztlich das pragmatische Kriterium der Identifizierbarkeit eines Referenten und nicht das syntaktische Merkmal der Definitheit.

Deshalb soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass nicht die syntaktische Form ausschlaggebend dafür sein kann zu entscheiden, ob eine Konstituente Topikausdruck ist oder nicht, sondern dass es schlussendlich auf den Referenten ankommt, der mit der Konstituente kodiert wird. Aussagen in Bezug auf eine mögliche Korrelation zwischen Topikfunktion und syntaktischer Form sind daher vor der Analyse wenig nützlich; am Ende der Analyse soll jedoch ein kurzer Blick auf die gefundenen Korrelationen stehen.109

108 Ähnlich beurteilt auch Meng (1998:2) die Informationsverarbeitung: „Wir verarbeiten sprachli-chen Input Wort für Wort“. Genauso Schwarz (1996:138): „Sprachliche Verarbeitung ist strikt on-line, d.h. von links nach rechts ablaufend“ (vgl. auch Lambrecht 1998:201, Küper 1998:222f.). – Harolds (1995:137) Aussage über die formale Struktur von Sätzen lässt sich direkt auf deren Informationsstruktur übertragen: „It is widely accepted that the beginning of a clause receives special attention. Because this taken to be a universal fact of human cognition, we should expect that some patterns across languages will reflect this.” (Harold 1995:137)

109 Dass XP, die als Topikausdrücke fungieren, nicht notwendigerweise definit sind, und zu Grün-den für die Annahme, Topiks müssten immer auch definit sein, vgl. Lötscher (1992). – Eine in-teressante Hypothese – „[d]efinite grammatical markers as mental processing instructions“ – vertritt Givón (1992:3). Seine Unterscheidung zwischen kognitiv relevanten und irrelevanten de-finiten Phrasen („[i]mportant vs. unimportant definites“) bleibt allerdings unklar. (Dass Relevanz für die Kommunikation eine wichtige Rolle spielt, ist intuitiv einsichtig. Einen theoretischen An-satz zu dieser Rolle bietet die Relevanztheorie; vgl. hierzu etwa Sperber & Wilson 1995 oder Wilson & Smith 1993, darin Wilson & Sperber 1993, Carston 1993 und Matsui 1993.)

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 61

5 Testverfahren

Anhand von Tests kann bestimmt werden, ob eine Konstituente tatsächlich das To-pik einer Äußerung ist. Molnár (1991:45ff.) und Lambrecht (1998:121ff.) nennen insgesamt drei Testtypen: den Frage-Antwort- bzw. Aufforderungs-Test, den as for- bzw. Versetzungs-Test und den performativen bzw. about-Test. Diese Tests sollen hier kurz erläutert werden.

5.1 Frage-Antwort-/Aufforderungs-Test

Beim Frage-Antwort-/Aufforderungs-Test wird entweder eine Frage des Typs „Was kannst Du mir über X sagen?“ oder eine Aufforderung des Typs „Erzähle mir über X“ gebildet (vgl. auch Reinhart 1981). Bezeichnend für solche „Fragen und Auffor-derungen, die zum Testen des Topiks geeignet sein sollen, ist […], daß sie sowohl die ‘Assertion’-Relation festlegen als auch die Konstituente spezifizieren, auf die diese Relation zu beziehen ist.“ (Molnár 1991:45; Hervorhebung getilgt, D. H.) We-gen des insgesamt reaktiven Charakters des Tests lehnt Molnár ihn jedoch ab (1991:49).

5.2 Versetzungs-/as for-Test

Beim as for- bzw. Versetzungs-Test wird eine Konstituente linskversetzt; im Deut-schen geschieht dies am besten mittels der Konstruktion was X betrifft. Problema-tisch erscheint hier, dass indefinite und quantifizierte Konstituenten nur schwerlich linskversetzt werden können: „Was ein X/viele X betrifft …“. Zwar ist Lambrecht (1998:151) der Ansicht, dass auch mithilfe des as for-Tests das Topik eines Satzes be-stimmt werden kann, doch die Tatsache, dass bestimmte NP durch diesen Test aus-geschlossen werden, lässt ihn wenig brauchbar erscheinen.

5.3 Performativer Test/about-Test

Beim performativen oder auch about-Test wird ein Hypersatz über eine Äußerung gebildet, bei dem eine Konstituente – der Topikausdruck – durch eine Konstrukti-on des Typs „Ich sage (dir) über X, dass er/sie/es …“ aus der ursprünglichen Äuße-rung gelöst und im anschließenden Nebensatz als Proform (mit entsprechender Kasusmarkierung) wieder aufgenommen wird (vgl. Reinhart 1981). Dieser Neben-satz enthält dann die Aussage über die jeweilige Konstituente und stellt insofern den Kommentar über das Topik dar. Dieser Test ist weder reaktiv noch unverträg-lich mit indefiniten bzw. quantifizierten Ausdrücken und kann daher als „[a]uf dem heutigen Stand der Forschung“ gelten (Molnár 1991:51).

5.4 Geeignetes Testverfahren

Festzuhalten ist, dass von den drei Tests offenbar nur der performative Test geeig-net scheint, die Topikfunktion einer Konstituente sicher zu überprüfen. Heikel ist allerdings, dass mithilfe des performativen Tests prinzipiell nur NP als Topiks iden-tifiziert werden können, denn Konstruktionen wie „Ich sage Dir über gestern, dass

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 62

…“ oder „Ich sage Dir über drinnen, dass …“ erscheinen intuitiv wenig sinnvoll. Hinzu kommt, dass so aus dem eigentlichen Satz in den Hypersatz hineinverlagerte Konstituenten im Nebensatz (der die ursprüngliche Äußerung enthält) durch ein pronominales Resumptivum repräsentiert werden müssen. Bei NP ist dies noch un-problematisch; komplizierter wird es allerdings, wenn etwa (deiktische) AdvP oder Nebensätze im Hinblick auf ihren Topikstatus getestet werden sollen (s. hierzu auch Abschnitt D.6, S. 64). Hier ist eine einheitliche Lösung nötig, um die Tester-gebnisse nicht dem Vorwurf der Beliebigkeit auszusetzen.

Als hilfreich erweist sich in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, explizit auf den semanto-pragmatischen Referenzbereich einer XP bzw. eines Satzes zu verwei-sen, und zwar durch folgende, sehr explizite Notationsvarianten:

• bei NP: ich sage (dir)110 über die Entität(en) x (x = ENTITÄT), dass sie (die Entität x)…

• bei lokalen AdvP: ich sage über den Ort/die Orte x (x = ORT), dass dort (am Ort/an den Orten X)…

• bei temporalen AdvP: ich sage über den Zeitpunkt x (x = ZEITPUNKT), dass dann (zum Zeitpunkt x)…

Zu überlegen wäre hier noch, ob bei einer Aussage über mehrere Entitäten (d.h. bei koordinierten NP) oder bei Aussagen über generische NP eine Differenzierung Sinn macht. Dies erscheint sinnvoll; entsprechende Notationsvarianten, die an ent-sprechender Stelle verwendet werden sollen, sind:111

(38) ich sage über die Entitäten x und y (x = ENTITÄT, y = ENTITÄT), dass sie (die Entitäten x und y)…

(39) ich sage über die Klasse der Entitäten x (x = KLASSE DER ENTITÄTEN), dass sie (die Klasse der Entitäten x)…

Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit ist der performative Test insgesamt brauchbar; im Folgenden soll daher der performative Test benutzt werden, wenn überprüft werden muss, ob ein per (noch zu beschreibender) Suchprozedur gefun-dener Ausdruck den Topikreferenten des Satzes kodiert.112

110 Ob der Hörer im Hypersatz direkt erwähnt wird, hat keine Auswirkungen auf die Testergebnis-se.

111 Dass die Möglichkeit, über mehrere Entitäten eine Aussage zu machen, scheinbar der Identifi-zierbarkeitsbedingung widerspricht, sei hier kurz erwähnt. Allerdings ist zu vermuten, dass in ei-nem solchen Fall alle Entitäten durch eine gemeinsame mentale Repräsentation kognitiv erfasst werden (Prinzip des „chunking“; vgl. Eysenck & Keane 1995:127, Atkinson et al. 1993:293)

112 Bereits in Abschnitt D.3.1, S. 44, wurde festgestellt, dass ein Prädikativum nicht als Topikaus-druck fungieren kann. Interessant ist, dass der performative Test als sicheres Mittel benutzt wer-den kann, in einem Satz bei unklaren Relationen Subjekt und Prädikativum zu trennen. Die Transformation in einen entsprechenden Hypersatz zeigt deutlich, welcher Ausdruck Subjekt-funktion im Satz hat. Dies kann anhand von (40) gezeigt werden:(40) Der Gewinner ist Peter.(40’) ??Ich sage über die Entität x (x = GEWINNER), dass sie (die Entität x) Peter ist (dass es Peter

ist).(40’’) Ich sage über die Entität x (x = PETER), dass sie (die Entität x) der Gewinner ist.Offenbar kann ein Prädikativum nur durch es wiederaufgenommen werden, was darauf schlie-ßen lässt, dass es sich in diesem Fall nicht um eine identifizierbare Entität, sondern vielmehr um eine Eigenschaft oder ein unvollständiges Prädikat handelt.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 63

Dass anhand dieses Tests die Überprüfung möglich ist, ob eine Konstituente als Topikausdruck fungiert, kann am besten an einem Beispiel gezeigt werden. Dazu dient (22), den ich aus Gründen der Einfachheit noch einmal wiederhole:

(22) Gegen diesen Bescheid können Sie Widerspruch erheben.

Wie bereits in Abbildung , S. , dargestellt, ist die NP diesen Bescheid als Konstituente der maximalen PP gegen diesen Bescheid in (22) als potentieller Topikausdruck anzuse-hen. Wenn dies so ist, dann müsste sich der Satz in einen performativen Hypersatz überführen lassen.

(22’) Ich sage Ihneni über die Entität x (x = DIESEN BESCHEID), dass Siei gegen sie (die En-tität x) Widerspruch erheben können.

Der Satz ist völlig akzeptabel; diesen Bescheid scheint in der Tat Topikausdruck von (22) zu sein.

Aufgrund der eingeführten Notationsvarianten (s.o.) ist der Test auch mit deikti-schen Ausdrücken unproblematisch. Dies zeigen etwa (31), (32) oder (41). Die ent-sprechenden Hypersätze sind akzeptabel.

(31) Gestern habe ich Petra getroffen.(31’) Ich sage über den Zeitpunkt x (x = GESTERN), dass ich dann (zum Zeitpunk x) Petra

getroffen habe.(32) Dort liegen noch einige Zeitungen.(32’) Ich sage über den Ort x (x = DORT), dass dort (am Ort x) noch einige Zeitungen lie-

gen.(41) Sie halten sich als Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland auf [Teil ei-

ner hypotaktischen Konstruktion; nachfolgender Hauptsatz getilgt] (30-21)(41’) Ich sage Ihneni über die Entität x (x = SIEi|Hörer), dass sie (die Entität x) sich als

Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland aufhält.

Problematisch ist allerdings der folgende Satz:

(42) In diesem Fall würde eine Geldbuße in Höhe des Verwarnungsgeldbetrages fest-gesetzt. (30-26)

(42’) ??Ich sage über die Entität x (x = DIESER FALL), dass in ihr (Entität x) eine Geldbu-ße in Höhe des Verwarnungsgeldbetrages festgesetzt würde.

Zwar ist der Hypersatz nicht schlichtweg ungrammatisch; doch ergibt er in dieser Form keinen Sinn. An der PP kann es nicht liegen, wie deutlich an (22) gezeigt wur-de. Problematisch ist hier, dass in diesem Fall eine konditionale Bedeutung hat: (42) lässt sich auch wie in (43) paraphrasieren:

(43) Wenn dieser Fall eintritt, würde eine Geldbuße in Höhe des Verwarnungsgeldbe-trages festgesetzt.

Insofern ist (42) als komplexer Satz aufzufassen und würde nicht mehr unter den Geltungsbereich fallen, der oben festgelegt wurde. Dies leitet direkt zur Frage über, ob man das Topik anhand der oben beschriebenen Kriterien auch in komplexen Sätzen bestimmen kann.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 64

6 Topiks in komplexen Sätzen

Die Frage, ob komplexe Sätze Topiks haben bzw. was das Topik komplexer Sätze ist, wird in der Literatur offenbar oft ausgeklammert. Das ist verständlich, da sich große Probleme bei der Operationalisierung des Topik-Begriffs ergeben, wenn wenn man diese Sätze miteinbezieht,. Im Folgenden sollen zwei Ansätze diskutiert werden, mit deren Hilfe diese Frage vielleicht beantwortet werden kann.

6.1 Lösungsvorschlag I: Der Ansatz von Schmidt (1987)

Für Schmidt (1987) ist die Topikkonstituente – als „Diskursbegriff“ –

ein satzgliedförmiges Element, welches aufgrund seiner selektionalen Beziehung zum Prätext die Verbindung des Satzes mit dem vorausgehenden Kontext leistet und im Satz zur Basis der Aussage wird. (Schmidt 1987:245)113

Kennzeichnend ist stets die satzinitiale Position; das finite Verb „markiert die Tren-nungslinie zwischen topic- und comment-Teil.“ (Schmidt 1987:270ff.) Topologisch gesprochen: das gesamte Satzvorfeld wird als Topik aufgefasst. Da zudem jeder Satz „nur über (maximal) ein aussagentheoretisches Subjekt“ verfügt, können satz-teilwertige Nebensätze114 kein Topik haben. Sie sind nur Bestandteil einer Aussage (und damit einer TKG), enthalten aber selbst keine vollständige Aussage (und somit auch keine eigene TKG) (vgl. Schmidt 1987:279).

Satzinitiale Nebensätze können allerdings insgesamt als Topik fungieren. Schmidt macht dies an einem Beispiel deutlich (Schmidts Beispiel (26), S. 283; Un-tergliederung von mir, D. H.)

(44) a. Karl hatte für Freitag zu einer kleinen Feier eingeladen.b. Aber ausgerechnet an diesem Tage wurde er aufgehalten.c. Als er zu Hause ankam, waren die meisten der Gäste bereits eingetroffen.

Der Temporalsatz im Vorfeld von (44.c) ist nach Schmidt (1987) als Topik des Ma-trixsatzes aufzufassen. Ob dieser Nebensatz allerdings auch als Topikausdruck im Sinne dieser Arbeit gelten kann, ist damit keineswegs sicher. Um dies festzustellen, ist für (44.c) zu überprüfen, ob dieser Teilsatz die in (O|2) beschriebenen Bedin-gungen erfüllt und ob er auch anhand des performativen Tests als Topikkonstituen-te gelten kann. Festzuhalten ist zunächst, dass der Teilsatz eine Proposition über einen Referenten enthält:

(45) ankommen(er) & (zu Hause)

113 Damit sagt Schmidt implizit, dass das Topik immer auch etwas Vorerwähntes sein muss. Vorer-wähnung ist aber keinesfalls notwendig, lediglich kognitive Zugänglichkeit. Dass dies nicht gleichzusetzen ist, wird in Abschnitt E.5.1.1, S. 88 erläutert.

114 Schmidt nimmt hier Bezug auf Harweg (1971), der Nebensätze aufgrund aussagentheoretischer Kriterien in satzwertige und satzteilwertige Nebensätze unterteilt. Zu den satzwertigen Neben-sätzen zählt Harweg etwa freie Relativsätze und sodass-Sätze (vgl. Harweg 1971:28ff.). Den größ-ten Teil der Nebensätze bilden allerdings die satzteilwertigen Nebensätze; von diesen wird im Folgenden die Rede sein. Anzumerken ist noch, dass „satzteilwertig“ keineswegs zu verwechseln ist mit satzgliedwertig. Während ersteres einfach einen Bestandteil des Satzes bezeichnet, weist letzteres auf eine syntaktische Funktion hin.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 65

Hier ergibt sich ein Problem, das für alle Propositionen gilt: weder die Zugänglich-keit noch die Identifizierbarkeit der Proposition kann beurteilt werden. Nicht die Proposition selbst kann aktiv oder identifizierbar sein, sondern nur ihre Argumente. Im Falle von (45) bedeutet das: ich kann weder beurteilen, ob der Operator ankom-men aktiv ist oder nicht, noch kann ich diesen Operator identifizieren, da es sich nicht um ein singuläres Ereignis handelt, sondern vielmehr um eine im Prinzip pro-totypische, generische Handlung. Allerdings kann ich sehr wohl beurteilen, inwie-weit die Operanden, d.h. die Subjekt-NP er und die adverbiale PP zu Hause aktiviert, identifizierbar und existent sind. Für beide ist festzustellen, dass sie die in (O|2) formulierten Bedingungen erfüllen. In Verbindung mit dem Operator ankommen stellen sie somit in der aktuellen Diskurssituation ein singuläres, identifizierbares Ereignis dar. Mit der subordinierenden Konjunktion als wird die Proposition in eine temporale Relation zu einem diskursinternen Zeitpunkt (und implizit auch zum Zeitpunkt der Äußerung von (44.c)) gesetzt: (44.c) bezeichnet also nichts anderes als einen Zeitpunkt x (x = als er nach Hause kam).115 Der Teilsatz kann insofern als To-pikausdruck für den Vollsatz gelten.

Auch der performative Test ergibt, dass die Proposition des Teilsatzes als Topik-ausdruck fungieren kann:

(44.c’) Ich sage über den Zeitpunkt x (x = ALS ER NACH HAUSE KAM), dass dann (zu diesem Zeitpunkt x) die meisten der Gäste bereits eingetroffen waren.

Auf den ersten Blick erscheint Schmidts (1987) Ansatz also als praktikabel. Bei an-deren Nebensatztypen, zum Beispiel Konditionalsätzen, ergeben sich jedoch gravie-rende Probleme. In Satz (46) etwa lässt sich keinesfalls der gesamte Nebensatz als Topik auffassen.116

(46) a. Wenn die abschließende Stellungnahme des Amtes 66 vorliegt,b. bestehen gegen die Erteilung der Baugenehmigung keine Bedenken. (63-10)

Problematisch ist hier, dass kein entsprechender Hypersatz konstruiert werden kann. Dies hat meines Erachtens vor allem einen Grund: (46.a) trägt nicht zur Aus-sage in (46) bei, wie dies etwa der Teilsatz in (44.c) getan hat. Vielmehr schränkt (46.a) den Geltungsbereich von (46.b) ein, und insofern kann (46.a) auch nicht als der Ausdruck aufgefasst werden, über den (46.b) etwas aussagt.117

Mit dem Terminus ‘Geltungsbereich’ greife ich auf ein Konzept zurück, das in der Grammatik von Zifonun et al. (1997) ausführlich erläutert wird. Im Folgenden

115 Diese Annahme wird auch durch die Möglichkeit der Substitution gestützt: anstelle des tempo-ralen Nebensatzes in (44.c) könnte dort auch um 15 Uhr oder gestern Nachmittag stehen.

116 Denkbar wäre für (46) neben der konditionalen auch eine temporale Lesart. Zur Überprüfung, ob eine wenn–dann-Konstruktion temporal oder konditional ist, kann anstelle des wenn entweder sobald oder falls/nur wenn eingesetzt werden. Hier ist meines Erachtens beides möglich; die weite-ren Ausführungen gelten ausdrücklich für die konditionale Lesart.

117 Auch der Ansatz, einfach den Vollsatz, d.h. sowohl Nebensatz als auch Matrixsatz, im Hinblick auf geeignete Konstituenten zu untersuchen, kann verworfen werden. In manchen Fällen ist ein solches Vorgehen erfolgreich, nämlich dann, wenn zwischen einer Konstituente des Nebensatzes und einer Konstituente des Matrixsatzes Referenzidentität besteht. In Problemfällen wie (46) führt ein solcher Ansatz allerdings ebenfalls zu inakzeptablen Ergebnissen; auch hier lassen sich die oben formulierten Bedenken nicht ausräumen.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 66

werde ich diesen Ansatz darstellen und im Anschluss ausführen, inwiefern er zur Lösung des Problems der komplexen Sätze beitragen kann.

6.2 Lösungsvorschlag II: Diktum, Proposition und Modus dicendi nach Zifonun et al. (1997)

6.2.1 Das Diktumsmodell von Zifonun et al. (1997)

Wie bereits in Definition I, S. 13, dargestellt, enthält ein Satz immer eine kommuni-kative Minimaleinheit. Obwohl kommunikative Minimaleinheiten als sprachlich aus-gedrückte Einheiten zunächst formale Gebilde sind, ist doch festzuhalten,

daß mehr in Rechnung zu stellen ist […] Kommunikative Minimaleinheiten sind ver-stehbar und insofern mehr als bloße Form. […] Die Bedeutung kommunikativer Mi-nimaleinheiten besteht allgemein darin, daß man mit ihnen etwas sagen kann. (Zifo-nun et al. 1997:597)

Dieses Gesagte bezeichnen Zifonun et al. (1997:597) als das Diktum: „die Bedeu-tung einer kommunikativen Minimaleinheit“. Dikta bestehen aus zwei Hauptkom-ponenten: dem Modus dicendi („die Weise des Sagens“) und der Proposition („der Entwurf eines Sachverhaltes“) (1997:599). Während der Modus dicendi das Illoku-tionspotential eines Diktums bestimmt, bestimmt die Proposition „das Was des Diktums“ (1997:601).118

Relevant für das oben formulierte Problem ist vor allem der propositionale Teil des Diktums: Propositionen bestehen nach Zifonun et al. (1997:601f.) zunächst aus Elementarpropositionen, die durch Propositionsspezifikationen modifiziert werden können. Deutlich wird dies an (47) (Zifonun et al. 1997:601, Beispiel (9)):

(47) Gestern gingen wir bei strahlendem Sonnenschein auf der Alb spazieren.(48) Wir gingen spazieren.

Die Basisproposition (48) wird in drei Dimensionen spezifiziert: Raum, Zeit und „sonstige situationelle Gegebenheiten“ (Zifonun et al. 1997:601).

Im für die Analyse einfachsten Fall sind auch Dikta – genau wie Propositionen – elementar, enthalten also elementare Propositionen (und einen eindeutigen Modus dicendi). Komplexe Dikta, die vermutlich im täglichen Sprachgebrauch der Nor-malfall sind, können neben den beiden Hauptkomponenten noch ein oder mehrere so genannter Diktumserweiterungen einschließen.119 Dazu zählen:

1. Diktumserweiterungen, die die Geltungsbedingungen von Dikta beeinflussen• modifizierende Diktumserweiterungen: Propositionsspezifikation, Geltungs-

spezifikation, Geltungsrestriktion, Negation, Modalfunktion• additive Diktumserweiterungen: Diktumsgradierung, sachbezogene Kom-

mentierung und Wertung, Weiterführung

118 Zifonun et al. (1997) zählen insgesamt sieben Modi dicendi auf, die für den weiteren Verlauf dieser Arbeit aber nicht von Belang sind und hier deshalb nicht weiter erläutert werden sollen.

119 Obwohl Diktumserweiterungen sowohl Propositions- als auch Moduserweiterungen sein kön-nen, sprechen Zifonun et al. (1997:791) pauschal von „Diktumserweiterungen“. Sie rechtfertigen dies damit, dass bei der Äußerung einer kommunikativen Minimaleinheit stets Proposition und Modus dicendi realisiert, aber „im sprachlichen Ausdruck nicht eigens ausgewiesen werden.“

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 67

2. geltungsneutrale Diktumserweiterungen, die die Verifikationsbedingungen von Dikta nicht beeinflussen• handlungsbezogene Kommentierung und Wertung• Diskursorganisatoren• Abtönung

6.2.2 Anwendung auf das Problem der komplexen Sätze

Interessant im Hinblick auf die Frage, ob bzw. welche Teilsätze Topikausdrücke sein können, sind die Diktumserweiterungen, die die Geltungsbedingungen des Diktums beeinflussen, insbesondere die Propositionsspezifikation, die Geltungsspe-zifikation und die Geltungsrestriktion.120 Diese sollen anhand der Beispiele (49) bis (51) erläutert werden.121

(49) Am XX.XX.XXXX ist der Restbetrag von DM XXX fällig. (30-12)Propositionsspezifikation

(50) Weil ich die Glaubhaftmachung Ihres Verweigerungsgrundes durch eidliche Ver-sicherung vor dem Amtsgericht beantragen kann, ist dies erforderlich. (30-02)Geltungsspezifikation

(51) Erst wenn Ihnen die Baugenehmigung vorliegt, darf mit dem Bauvorhaben […] begonnen werden. (63-20) Geltungsrestriktion

Während in (49) die im Satz enthaltene Proposition spezifiziert wird, operieren die unterstrichenen Konstituenten in (50) und (51) „auf dem einer Basisproposition zu-gedachten Wissensstatus“ (Zifonun et al. 1997:796).

Im Fall von (50) besteht eine Kausalspezifikation; das Diktum trifft zu, wenn so-wohl der Sachverhalt der Basisproposition als auch der Sachverhalt der Kausalspe-zifikation besteht und wenn zwischen beiden Sachverhalten eine „Kausal- oder Mo-tivationsbeziehung“ (Zifonun et al. 1997:819) besteht.

Das Verhältnis von Nebensatz zu Matrixsatz in (51) ist konditionaler Natur:122 wiederum enthält das Diktum zwei Sachverhalte; der eine, nämlich der geltungsre-stringierende, entwirft die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit der andere, der im Matrixsatz entworfene Sachverhalt, gelten kann.123

Formal lässt sich dies etwa wie folgt darstellen (ein ‘B’ als Index markiert die Ba-sisproposition):124

(52) [B fällig sein(am XX.XX.XXXX) & (der Restbetrag von DM XXX)]

120 Negation und Modalfunktion sind für das Problem der komplexen Sätze unerheblich, weil sie nicht als Nebensätze im Vorfeld kodiert werden können. Negierte oder negierende Ausdrücke sowie modalisierende Satzadverbien etc. im Vorfeld, die nicht Nebensatzstatus haben, können aufgrund von (O|2) als Topikausdrücke ausgeschlossen werden.

121 Aus Gründen der Deutlichkeit habe ich die Sätze umgestellt. Die Diktumserweiterungen sind je-weils unterstrichen.

122 Für (51) gilt Fußnote 116, S. 65 analog.123 Schiffrin (1992) plädiert allerdings vehement – wenn auch anhand von englischen Beispielen –

für eine mögliche Topiklesart von Konditionalsätzen. Allerdings geht sie auch von einem ande-ren Topikbegriff aus: Konditionalsätze bilden bei ihr eine Art Hintergrund-Topik, ähnlich der „background-providing clause“ bei Lambrecht (1998:125f.).

124 Die Darstellung des Konditionalverhältnisses erfolgt durch AB (A impliziert B); die kausale Relation wird durch A⇒B dargestellt (aus A folgt B).

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 68

(53) [beantragen können(ich, die Glaubhaftmachung Ihres Verweigerungsgrundes durch eidliche Versicherung) & (vor dem Amtsgericht)] ⇒ [B erforderlich sein(dies)]125

(54) [vorliegen(Ihnen, die Baugenehmigung)] [B beginnen(Sie, mit dem Bauvorha-ben)]

Hier ist deutlich zu erkennen, dass es sich bei den Nebensätzen, die auf den Gel-tungsbereich einwirken, um Teilpropositionen handelt, die zusammen mit der Ba-sisproposition das Diktum ergeben, aber nicht Bestandteil dieser Basisproposition sind, außerhalb von dieser stehen. Die eigentliche Aussage, d.h. der kommunikativ zentrale Sachverhalt, wird aber in der Basisproposition ausgedrückt.

Wie kann nun die Differenz zwischen propositionspezifizierenden und geltungs-bereichsmodifizierenden Diktumserweiterungen dabei helfen, die Frage nach der möglichen Topikalität von Teilsätzen zu beantworten? Wie in Abschnitt D.1.2.1, S. 41 erläutert, gehe ich in der vorliegenden Arbeit davon aus, dass das Topik eines Satzes eine pragmatisch determinierte Kategorie des Worüber der im Satz ausge-drückten Proposition ist. Zusammen machen Topik und Kommentar – einen kate-gorischen Satz vorausgesetzt – das mit dem Diktum eines Satzes Gesagte aus. Wenn diese Annahme zutrifft, dann ist jede Diktumserweiterung, die den Geltungs-bereich der zentralen Aussage des Diktums und nicht die zentrale Aussage selbst (d.h. die Basisproposition) modifiziert, nicht mehr Bestandteil des Diktums. Folge-richtig muss sie als Topikausdruck ausgeschlossen werden.126

Teilsätze, die den Geltungsbereich von Dikta modifizieren, sind daher nie Topik-ausdrücke.127 Teilsätze hingegen, die lediglich die zugrunde liegende Proposition ei-nes Diktums modifizieren (und daher selbst zur Basisproposition des Diktums zu zählen sind), können durchaus als Topikausdrücke gelten (s. aber nächsten Ab-schnitt).

Insofern kann der Ansatz von Zifonun et al. (1997) präzise Aussagen darüber treffen, welche Teilsätze überhaupt als Topikausdrücke in Frage kommen und bei welchen eine Überprüfung nicht lohnt.

6.2.3 Überprüfung des Ansatzes an Beispielen

Dies kann anhand der Nebensätze in (55) bis (58) sowie (44.c) veranschaulicht wer-den.128

(55) Während gestern ein schöner Tag war, hat es heute den ganzen Tag über gereg-net. Geltungsspezifikation (Kontrastivspezifikation)

125 Der Bereich der epistemischen Modalität, der durch kann berührt wird, soll an dieser Stelle nicht weiter thematisiert werden; für eine ausführliche Diskussion vgl. etwa Jongeboer (1985), Diet-rich (1992), Schilling (1990) oder Fritz (2000). Gleiches gilt für den Bereich der Deixis; vgl. Fill-more (1997) oder Green (1995b).

126 Aus diesem Grund können auch alle Konstituenten von Teilpropositionen, die nicht zur Ba-sisproposition zu rechnen sind, von der Topiklesart ausgeschlossen werden.

127 Dass dies nicht am Nebensatzstatus der Konstituenten liegt und auch für Vorfeldkonstituenten gilt, die keine Nebensätze sind, wird in Abschnitt D.6.3, S. 70, gezeigt.

128 Zu den Subklassen der Geltungsspezifikation bzw. -restriktion vgl. Zifonun et al. 1997:809ff.; zur Propositionsspezifikation 1997:797ff.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 69

(56) Damit ich über Ihren Antrag abschließend entscheiden kann, ist eine Erlaubnis gem. § 6 Abs. 3 Baumschutzsatzung des Grünflächenamtes der Stadt Bochum, Rathaus erforderlich. (63-05) Geltungsspezifikation (Finalspezifikation)

(57) Wo diese Bahn hinfährt, ist das Stadion. Propositionsspezifikation (Ortsspezifikation)(58) Von aufmunternden Zurufen begleitet, erreichten wir das Ziel.129

Propositionsspezifikation (Umstandsspezifikation)(44.c) Als er nach Hause kam, waren die meisten der Gäste bereits eingetroffen.

Propositionsspezifikation (Zeitspezifikation)

Die satzinitialen Nebensätze in (55) und (56) können nicht als Topikausdrücke fun-gieren, obwohl die in ihnen enthaltenen Operanden (bzw. Argumente) (O|2) erfül-len und die in ihnen kodierten Propositionen somit als Diskursreferenten gelten könnten (s. auch Abschnitt D.6.1, S. 64). Man kann beide Sätze nicht in entspre-chende Hypersätze transformieren, in denen die satzinitialen Nebensätze als Topik-ausdrücke fungieren.

Während die satzinitialen Nebensätze in (57) und (44.c) durchaus als Topikaus-drücke fungieren können, erscheint (58) in dieser Hinsicht heikel: weder die NP auf-munternde Zurufe noch die Partizipialkonstruktion von aufmunternden Zurufen begleitet kann als Topikausdruck gelten, wie die Überführung in einen entsprechenden Hy-persatz mit der bisher verwendetet Notation zeigt:

(58’) ??Ich sage dir über die Entität x (x = ZURUFE [aufmunternde Zurufe]), dass wir von ihr (der Entität x) begleitet das Ziel erreichten.

(58’’) ??Ich sage dir über den Sachverhalt x (x = BEGLEITET(yi, von aufmunternden Zurufen) [von aufmunternden Zurufe begleitet]), dass wir unter ihm (dem Sachverhalt x) das Ziel er-reichten.

(58’) und (58’’) stellen keine akzeptablen Hypersätze dar; offenbar ist es hier not-wendig, eine weitere Notationsvariante einzuführen, wie sie in (58’’’) dargestellt wird.

(58’’’) Ich sage über den Umstand x (x = BEGLEITET von aufmunternden Zurufen) [von aufmun-ternden Zurufe begleitet]), dass wir so (unter dem Umstand x) das Ziel erreichten.

Ob allerdings alle modalen Nebensätze so behandelt werden können, kann hier auf-grund der offensichtlichen Heterogenität der Klasse (vgl. etwa Helbig & Buscha 1996:684ff.) nicht bis ins letzte Detail diskutiert werden. Zwei weitere Beispiele sol-len hier genügen, um zu zeigen, bei welchen modalen Nebensätzen eine Topiklesart möglich ist und bei welchen nicht (Beispiele nach Helbig & Buscha 1996:685 und 688; umgestellt, D. H.)(59) Ohne dass der Verkäufer sie bemerkte, betrat eine Kundin den Laden.(59‘) Ich sage über den Umstand x (x = OHNE DASS DER VERKÄUFER SIE BEMERKTE), dass so

(unter dem Umstand x) eine Kundin den Laden betrat.(60) Wie Frau Müller erzählte, ist Peter krank.(60’) *Ich sage über den Umstand x (x = WIE FRAU MÜLLER ERZÄHLTE), dass Peter so (unter

Umstand x) krank ist.

129 Vgl. Zifonun et al. 1997:807, Beispiel (5).

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 70

Ohne Zweifel ist der modale „Restriktivsatz“ (Helbig & Buscha 1996:688) in (60) nicht Topikausdruck des Gesamtsatzes. Als wahrscheinlichster Topikausdruck kann Peter gelten:(60’’) Ich sage über die Entität x (x = PETER), dass sie (die Entität x) krank ist, wie Frau

Müller erzählte.

Offensichtlich liegt auch hier eine geltungsrestringierende Spezifikation der Ba-sisproposition vor. Nach Zifonun et al. (1997:860ff.) handelt es sich bei diesem Teilsatz um eine „Modalfunktion“.130 „Modalfunktionen operieren […] auf den ei-ner einer Proposition zugedachten Wissensstatus. […] Sie wandeln kategorische Ansprüche um in mehr oder weniger sichere Vermutungen.“131 Ausschlaggebend ist auch hier, dass es sich nicht um Ergänzungen oder Spezifikationen der Basispropo-sition handelt, sondern um Modifikationen des Geltungsbereiches. Solche Teilsätze können im Hinblick auf ihren Status für das Diktum mit Satzadverbien gleichge-setzt werden; diese können ebenso wenig als Topikausdrücke fungieren.

Festzuhalten ist hier, dass nur solche Modalsätze als Topikausdrücke fungieren können, die von Zifonun et al. (1997:806ff.) als „Umstandsspezifikationen“ be-zeichnet werden. Nur für diese gilt auch die mit (58’’’) eingeführte Notationsvarian-te.

6.3 Konsequenz: Ausschluss aller geltungsspezifizierender und -restringierender Ausdrücke

Abgesehen davon, dass der Diktums-Ansatz von Zifonun et al. (1997) den Aus-schluss bestimmter Nebensätze im Vorfeld ermöglicht, ergibt sich eine weitere Konsequenz: es müssen auch alle nicht-satzwertigen Konstituenten innerhalb eines einfachen Satzes als Topikausdrücke ausgeschlossen werden, die den Geltungsbe-reich des Diktums modifizieren.132 Ihnen liegt nämlich eine ähnliche Struktur wie (55) und (56) zugrunde; sie können durch entsprechende Umformungen in kom-plexe Sätze überführt werden. Dies zeigt sich deutlich an den Beispielen (61) bis (63).

(61) Wegen dieser Ordnungswidrigkeit(en) wird gegen Sie eine Geldbuße (§ 17 OWiG) festgesetzt. (30-24) Geltungsspezifikation (Kausalspezifikation)

(62) Trotz Aufforderung des Ordnungsamtes der Stadt Bochum vom XX.XX.XXXX und Ordnungsverfügung vom XX.XX.XXXX erfolgte die erforderliche Gewer-bemeldung erst am XX.XX.XXXX. (30-23; Satz umgestellt, D. H.)

Geltungsspezifikation (Konzessivspezifikation)(63) In diesem Fall bin ich außerdem verpflichtet, beim Amtsgericht Bochum die

Fortsetzung des Erzwingungshaftverfahrens zu beantragen. (11-09)Geltungsrestriktion (Konditionalrestriktion)

130 Bei Satz (60) könnte es sich allerdings auch um eine Spezialform der Redewiedergabe handeln; vgl. hierzu Carlsen (1998) oder Pittner (1993).

131 „Kategorisch“ bezieht sich hier nicht auf die semanto-pragmatische Gliederung des Satzes, son-dern vielmehr auf eine Klassifizierung von Sätzen, wie sie etwa Lyons (1977, 1983) vornimmt. – Zifonun et al. (1997) meinen mit ihrer Definition der Modalfunktion übrigens offensichtlich das, was Lyons (1983) als subjektive epistemische Modalität bezeichnet.

132 Auch Teilkonstituenten solcher Elemente können keine Topikfunktion haben, da sie nicht Be-standteil der Basisproposition sind oder diese spezifizieren.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 71

Spätestens beim performativen Test wird deutlich, dass keine der unterstrichenen Konstituenten als Topikausdruck fungieren kann.

Ähnlich muss auch die Frage beantwortet werden, ob (minimale) AdvP mit mo-dalem oder kausalem Kopf Topiklesart haben können. Anhand der Beispiele (31) bis (37), die aus Gründen der Einfachheit hier noch einmal wiederholt werden, kann dies gezeigt werden.

(31) Gestern habe ich Petra getroffen.(32) Dort liegen noch einige Zeitungen.(33) Oft liest sie den Spiegel.(34) Gern stehe ich Ihnen für weitere Auskünfte unter der o. a. Telefon-Nummer zur

Verfügung.(35) So kann man dieses Gericht hervorragend genießen.(36) Deshalb empfehle ich Ihnen, in Ihrem eigenen Interesse unter Einhaltung der

umseitig genannten Frist Ihren Zahlungspflichten aus dem Bußgeldbescheid nachzukommen. (30-14)

(37) Dazu können Sie durch die Beantwortung diese Schreibens erheblich beitragen, da auch ich die Möglichkeit habe, das Bußgeldverfahren - ohne Einschaltung des Amtsgerichts – abzuschließen. (30-01)

Während (31) und (32) die Umstände der Proposition spezifizieren und daher theo-retisch Topikausdruck sein können, ist die AdvP in (33) eine geltungsbereichsmodi-fizierende Frequenzspezifikation und kann daher nicht Topikausdruck sein.

Bei der AdvP in (34) handelt es sich um eine sachbezogene Kommentierung (vgl. Zifonun et al. 1997:895ff.); in (35) fungiert die AdvP als geltungsbereichsmodi-fizierende Finalspezifikation, die AdvP in (36) enthält eine Kausal- und die in (37) eine Finalspezifikation. Da es sich also nicht um eine Spezifizierung der Propositi-ons-Umstände handelt, kann die Topiklesart ausgeschlossen werden.133

6.4 Nebensätze mit Argumentstatus

Nachdem deutlich geworden ist, wann Nebensätze, die keinen Argumentstatus im Satz haben, als Topikausdrücke aufzufassen sind, bleibt noch zu klären, wie Sub-jekt- oder Objektsätze im Vorfeld des Matrixsatzes behandelt werden müssen.134 Nimmt man auch hier wieder Bezug auf das Diktumschema, dann ist zunächst fest-zuhalten, dass solche Nebensätze stets zur Basisproposition gehören; keinesfalls spezifizieren sie den Geltungsbereich. Es ist also anzunehmen, dass sie prinzipiell als Topiks fungieren können. Hinzu kommt noch, dass solche Subjekt- oder Ob-

133 Maienborn (1998) stellt in ihrer Untersuchung fest, dass auch manche lokale PP und AdvP als so genannte „frame-setting modifiers“ den Geltungsbereich einer Proposition einschränken. „They constrain the application of the comment (= the main predication of the sentence) to the topic (= what the sentence is about)“ (Maienborn 1998:15; die Idee des „frame-setting“ geht zu-rück auf Chafe 1976; vgl. auch Jacobs 1999:14ff.); sie spezifizieren nicht die Basisproposition. Daher können sie weder Topikausdrücke sein noch XP mit Topikfunktion enthalten. Der fol-gende Satz zeigt dies (Maienborns Beispiel (21.b), S. 8; geändert, D. H.):(64) [Dort/In Australien] sind fast alle Schwäne schwarz.Maienborn (1998:1) geht davon aus, dass auch andere PP und Adverbiale eine ähnliche Funkti-on haben können. – Dies erscheint plausibel und ist mit dem Ansatz von Zifonun et al. (1997) konsistent, kann aber hier nicht weiter diskutiert werden.

134 Prädikativsätze sind von der Topiklesart ausgeschlossen, da sie (O|2) nicht erfüllen (s. hierzu Abschnitt D.4.2.2, S. 57).

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 72

jektsätze in den meisten Fällen durch ein Korrelat mit entsprechendem Argument-status im Matrixsatz wieder aufgenommen werden können, etwa durch der/die/das oder die Tatsache. Das zeigt, dass sie in der Tat zur Basisproposition gehören.135

Für den Test mittels Überführung in einen Hypersatz ist aber zu berücksichti-gen, dass sowohl Subjekt- als auch Objektsätze auf verschiedene Arten beginnen können: mit dass, mit ob, mit w-Pronomen (mit relativischer oder interrogativischer Funktion) oder – etwa bei Infinitivkonstruktionen – ohne Einleitung (vgl. Helbig & Buscha 1996:671).

Mögliche Subjektsätze sind (65) bis (67), Objektsätze (68) bis (70); (71) steht ex-emplarisch für Infinitivkonstruktionen; zur Verdeutlichung wird an entsprechender Stelle im Matrixsatz in eckigen Klammern ein Korrelat eingefügt.

(65) Wer nach § 14 Abs. 1 Gewerbeordnung den selbständigen Betrieb eines stehen-den Gewerbes oder den Betrieb einer Zweigniederlassung anfängt, aufgibt oder verlegt, [der] muss dies der für den betreffenden Ort zuständigen Behörde gleichzeitig anzeigen. (30-23) Subjektsatz mit w-Pronomen (relativisch)

(66) Ob eine derartige Entscheidung gem. § 109a II OWiG getroffen wird, [das] liegt jedoch allein im Ermessen des Amtsgerichts. (30-01) Subjektsatz mit ob

(67) Dass er nicht gekommen ist, [das] enttäuscht mich. (nach Helbig & Buscha 1996:671) Subjektsatz mit dass

(68) Ob […] es sich dabei um anrechenbare Einnahmen handelt, [das] werde ich Ih-nen auf Anfrage erläutern. (506-02) Objektsatz mit ob

(69) Dass dem Bauvorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen, [das] habe ich festgestellt. (63-13; Satz umgestellt, D. H.) Objektsatz mit dass

(70) Wie er das gemacht hat, [das] habe ich nicht gesehen.Objektsatz mit w-Pronomen (interrogativisch)

(71) Den Film zu sehen[,] [das] halte ich für eine gute Idee. Infinitivsatzsatz

Bei der Überführung in einen Hypersatz ist dem einleitenden Element insofern Rechnung zu tragen, als die Notationsvarianten, die in Abschnitt D.5, S. 61, einge-führt wurden, zu kurz greifen: die im Subjekt-/Objektsatz geäußerten Propositio-nen sind entweder offen, d.h. ein Argument der Teilproposition muss noch be-stimmt werden (Satz (70), oder aber die Propositionen sind nicht-faktivisch, d.h. der Wahrheitswert der Propositionen wird vom Sprecher offen gelassen und muss noch bestimmt werden.136 Dies kann in entsprechenden Hypersätzen berücksichtigt wer-den, macht solche Strukturen aber recht kompliziert.

(65) ist in dieser Hinsicht unproblematisch, wenn man davon absieht, dass es sich um einen freien Relativsatz handelt, der zugleich das Subjekt des Matrixsatzes darstellt und im Prinzip eine Klasse von Referenten bezeichnet (quasi-generischer Ausdruck). Da die Bedingungen dennoch erfüllt sind, spricht nichts gegen die Auf-fassung eines Subjektsatzes als Topikausdruck. Ähnliches gilt für (67).

Ich schlage vor, die Hypersätze wie in (66’) bis ((71’) zu bilden.137

135 Zu einer Diskussion von Subjektsätzen und deren Topikstatus vgl. auch Lötscher (1992).136 Zum Begriff der Faktivität vgl. Lyons (1983:394ff.).137 Zwar ist die entsprechende Konstruktion in (71) im logisch-semantischen Sinn keine vollständi-

ge Proposition (fehlendes Agens-Argument), was sich auch im Hypersatz widerspiegelt. Da die Konstituente aber den Status eines Objektsatzes hat, kann sie als vollständige Proposition be-handelt werden. Es kann daher für die vorliegende Arbeit angenommen werden, dass es sich um einen Diskursreferenten handelt.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 73

(66’) Ich sage über den Sachverhalt x (x = TREFFEN(das Amtsgericht, Entscheidung gem. § 109a II OWiG), dass jedoch allein im Ermessen des Amtsgerichts liegt, ob ((x) ∨ (¬x)).

(67’) Ich sage über den Sachverhalt x (x = ¬(KOMMEN(er)), dass er (der Sachverhalt x) mich enttäuscht.

(68’) Ich sage über den Sachverhalt (x) (x = SICH HANDELN UM(dabei, anrechenbare Einnah-men)), dass ich ihnen auf Anfrage erläutern werde, ob ((x) ∨ (¬x)).

(69’) Ich sage dir über die Tatsache (x) (x = ¬(ENTGEGENSTEHEN(dem Bauvorhaben, öffent-lich-rechtliche Vorschriften)), dass ich ihn (den Sachverhalt x) festgestellt habe.

(70’) Ich sage über den Sachverhalt x (x = (MACHEN(er, das) & (y))), dass ich nicht gesehen habe, wie (y).

(71’) Ich sage über den Sachverhalt x (x = SEHEN(den Film)), dass ich ihn (den Sachverhalt x) für eine gute Idee halte.

7 Fazit

Mithilfe des Ansatzes von Zifonun et al. (1997) scheint es möglich zu sein, zwi-schen potentiellen Topikausdrücken und Konstituenten, die nicht Topikausdruck sein können, zu unterscheiden. Nur Konstituenten, die Bestandteil der Basispropo-sition sind oder diese im Hinblick auf Raum, Zeit oder Umstand modifizieren, kön-nen Topikausdrücke sein. Dies umfasst neben entsprechenden NP und AdvP auch satzwertige Phrasen (CP). Hier kann dieser Ansatz erklären, welche Nebensätze im Vorfeld eines Matrixsatzes als Topikausdrücke fungieren können: sowohl nicht-satz-wertige XP als auch Nebensätze, die nicht zur Basisproposition gehören oder diese im Hinblick auf Raum, Zeit oder Umstand spezifizieren, sind von der Topiklesart ausgeschlossen.

Wichtig ist auch die Erkenntnis, dass der performative Test Ausdrücke, die nicht als Topiks fungieren können, mit großer Sicherheit aussortiert.

7.1 Komplexe Topikausdrücke

Auffällig bei der Analyse einzelner Sätze ist, dass Topikausdrücke gelegentlich kom-plexe Phrasen sind, also Komplemente oder Adjunkte enthalten. Als Beispiel diene ein Satz aus Text 11-05.

(72) [Sehr geehrter Herr Mustermann,] das Paul-Ehrlich-Berufskolleg der Stadt Dortmund hat der Stadt Bochum mit Schreiben vom 10. Dezember 1999 mitgeteilt, dass die Leistungen der Auszubildenden bei Leistungsüberprüfungen im prüfungsrelevanten, berufsbezoge-nen Fach "Wirtschafts- und Betriebslehre" im 1. Halbjahr 1999/2000 zum überwiegen-den Teil mit nicht ausreichenden Leistungen bewertet worden sind.

Topikausdruck in diesem Satz ist die komplexe NP das Paul-Ehrlich-Berufskolleg der Stadt Dortmund (der dritte Diskursreferent des gesamten Textes). Kopf der Phrase ist Paul-Ehrlich-Berufskolleg, Spezifikator der Artikel das; Komplement der NP das Paul-Ehrlich-Berufskolleg ist die NP der Stadt Dortmund. Die eigentliche NP wird also spezifiziert138; es werden zusätzliche Informationen mit der NP verknüpft. Die Baumstruktur der komplexen NP wird in Abbildung , S. , dargestellt.

138 Gemeint ist hier natürlich ‘spezifiziert durch das Komplement’, nicht durch den Spezifikator, auch wenn dieser Schluss aufgrund der Terminologie nahe liegt.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 74

Fraglich ist, an welchem Knoten der tatsächliche Topi-kreferent kodiert wird. Die Lesart, nur den Phrasenkopf, eventuell noch in Verbindung mit dem Spezifikator, als Topi-kausdruck aufzufassen, ist in-sofern problematisch, als dann bereits innerhalb der komplexen NP eine Aussage über diesen Referenten enthalten wäre. Man müsste die Aussage in Satz (72) dann als zweifache Aussage über den Topikreferenten werten: Das Paul-Ehrlich-Berufskolleg wird von der Stadt Dortmund betrieben. Dieses Berufskolleg hat der Stadt Bochum mitgeteilt …

Daher scheint es angemessen, in diesem und in allen weiteren, ähnlichen Fällen die gesamte Phrase als Topikausdruck zu werten. Der eigentliche Topikreferent – die mentale Repräsentation PAUL-EHRLICH-BERUFSKOLLEG – ist sowohl syntaktischer als auch kognitiver Kern dieser Phrase. Insofern kann die Phrase als Ausdruck für einen Referenten gelten, der mit zusätzlichen Einheiten spezifiziert wird. Inwiefern eine solche Spezifikation eine Funktion innerhalb der Topikstruktur erfüllt, kann nur im Gesamtzusammenhang eines Textes diskutiert werden.

Bei Hypersätzen werde ich aus diesen Gründen nur den Ausdruck, der den tat-sächlichen Topikreferenten kodiert, in Kapitälchen wiedergeben; der komplette, komplexe Topikausdruck wird in eckigen Klammern hinter dem Topikreferenten angegeben, um die Identifizierung des Ausdrucks im ursprünglichen Text zu ver-einfachen.139

7.2 Notationsvarianten

Insgesamt ergeben sich sieben Notationsvarianten für den performativen Test:

(N|1) bei NP oder relativischen Subjekt-/Objektsätzen:ich sage über die Entität x (x = ENTITÄT [Topikausdruck]), dass sie (die Entität x)…140

(N|2) bei AdvP oder Nebensätzen, die die Basisproposition im Hinblick auf räumliche Aspekte spezifizieren:ich sage über den Ort/die Orte x (x = ORT [Topikausdruck]), dass dort (am Ort/an den Orten X)…

(N|3) bei AdvP oder Nebensätzen, die die Basisproposition im Hinblick auf zeitliche Aspekte spezifizieren:ich sage über den Zeitpunkt x (x = ZEITPUNKT [Topikausdruck]), dass dann (zum Zeit-punkt x)…

(N|4) bei AdvP oder Nebensätzen, die die Basisproposition im Hinblick auf die Um-stände spezifizieren:ich sage über den Umstand x (x = UMSTAND [Topikausdruck]), dass so (unter dem Um-stand x)…

139 Dieses Prinzip soll im Folgenden für alle Hypersätze gelten. Die einzige Ausnahme bilden pro-positionale Topikreferenten; hier ist es aus Gründen der Übersichtlichkeit geboten, nicht den kompletten Topikausdruck einzufügen, sondern nur den Topikreferenten anzugeben. – Bei Aus-sagen über Diskursteilnehmer wird per Index angegeben, um welchen Sprecher es sich handelt Bei einer NP Sie als wahrscheinlichem Topikausdruck sollte der Hypersatz also lauten: ich sage über die Entität x (x =SPRECHER J [Sie]).

140 Siehe Abschnitt D.5.4, S. 61, für weitere Differenzierungen bei koordinierten oder generischen NP als Topikausdrücke.

Abbildung 10: Struktur des Topikausdrucks in Satz (72)

(N)Paul-Ehrlich-Berufskolleg

(Spec)das

NP

N'

NP

(N)Stadt

Dortmund

(Spec)der

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 75

(N|5) bei Subjekt- oder Objektsätzen, die mit dass eingeleitet werden:ich sage über den Sachverhalt x (x = entsprechende Proposition), dass er (der Sachverhalt x)…

(N|6) bei Subjekt- oder Objektsätzen, die mit w-Pronomen eingeleitet werden:ich sage über den Sachverhalt x (x = entsprechende Proposition mit offener Argumentstelle y), dass …, (w-Pronomen) (y)

(N|7) bei Subjekt- oder Objektsätzen, die mit ob eingeleitet werden:ich sage über den Sachverhalt x (x = entsprechende Proposition), dass…, ob ((x) ∨ (¬x))

8 Operationalisierung: Suchprozedur für das Satztopik

Aufgrund der gerade angestellten Überlegungen kann nun ein operationalisierter Suchalgorithmus bzw. eine operationalisierte Suchprozedur entwickelt werden. Die-se gilt – unter Berücksichtigung der in Abschnitt D.6, S. 64ff., diskutierten Eigen-schaften von komplexen Sätzen und in Modifikation von (O|3) – für die in (P|1)141 definierten Sätze. Grundgedanke ist, dass man durch Abarbeitung der einzelnen Suchschritte automatisiert potentielle Topikausdrücke eines Satzes herausfinden und damit den Topikreferenten erschließen kann; daher wird die Prozedur wie ein einfaches Computerprogramm aufgebaut sein. Aufgrund der in Abschnitt D.4.2, S. 52f., diskutierten Verarbeitungskriterien ergibt sich – in Abwandlung von (O|4) – die Prozedurrichtung (P|3). Auf Basis der in Abschnitt D.4.2.2, S. 57, dargestellten Überlegungen beschreibt (P|2) Phrasen, die potentielle Topikausdrücke sind. Die notwendige Bedingung, die eine Phrase erfüllen muss, um als Topikausdruck infra-ge zu kommen, ist (P|4) (≙ (O|2)); Ausschlusskriterium ist – in Abwandlung von (O|1) – (P|5).

(P|1) Geltungsbereich für die Suchprozedur (P|6) sind ausschließlich einfache oder komplexe Deklarativsätze, die im pragmatischen Sinne gegliedert sind.

(P|2) a. Potentielle Topikausdrücke sind folgende Phrasen:• NP• AdvP oder Nebensätze (entsprechende CP), die die Basisproposition im

Hinblick auf Raum, Zeit oder Umstand spezifizieren• Nebensätze mit Subjektfunktion (entsprechende CP)• Nebensätze mit Objektfunktion (entsprechende CP)

b. Ausgeschlossen von der Topiklesart sind alle Phrasen, die nicht zur Basispro-position des Satzes gehören oder diese direkt spezifizieren, sondern ihren Gel-tungsbereich modifizieren; auch Phrasen, die Bestandteil einer geltungsbereichs-modifizierenden Phrase sind, können nicht Topikausdruck des Gesamtsatzes sein.

(P|3.a) Die Überprüfung entspricht – innerhalb der X-bar-Struktur des Satzes – einem Top-down-Verarbeitungsprozess mit Anteilen eines Bottom-up-Prozesses. Aus-gehend von der CP des Matrixsatzes (top-down – von oben nach unten) wird an ei-nem Knoten – entsprechend der linearen Verarbeitung von Sätzen – stets zuerst der linke Ast überprüft (von links nach rechts – ähnlich der seriellen Verarbei-tung des Satzes (bottom-up)).

(P|3.b) Die ‘nächste’ XP bedeutet in diesem Sinne entwederb1. eine XP, die vom aktuellen Knoten dominiert wird (die XP links bzw. – wenn links keine XP steht – rechts unterhalb des aktuellen Knotens) oder

141 ‘P’ für Prozedurschritt bzw. -bedingung.

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 76

b2. den nächsten c-kommandierten Knoten innerhalb des Strukturbaums, wenn der aktuelle Knoten nicht Topikausdruck ist und keine weiteren XP enthält.142

(P|4) Als Topikausdruck kann nur eine Phrase aufgefasst werden, die einen Diskursre-ferenten kodiert.

(P|5) Eine Phrase, die den einzigen Fokusakzent des Satzes trägt, kann nicht der Topi-kausdruck des Satzes sein.

Demnach ermittelt folgende Suchprozedur den Topikausdruck eines Satzes:(P|6. a) Überprüfe Satz n.

a1. Erfüllt der Satz (P|1), dann weiter bei (P|6.b).a2. Erfüllt der Satz (P|1) nicht, dann (mit n = n+1) weiter bei (P|6.a).

(P|6.b) Finde die (laut (P|6)) nächste XP im Satz.b1.Ist die Phrase ein potentieller Topikausdruck laut (P|3), dann weiter bei

(P|6.c).b2.Ist die Phrase kein potentieller Topikausdruck laut (P|3), dann (mit n =

n+1) weiter bei (P|6.b).

(P|6.c) Überprüfe die XP.c1. Erfüllt die XP (P|4), dann weiter bei (P|6.d).c2. Erfüllt die XP (P|4) nicht, dann (mit n = n+1) weiter bei (P|6.b).

(P|6.d) Überprüfe die Prosodie der XP.d1.Trägt die XP nicht den einzigen Fokusakzent des Satzes, dann weiter bei

(P|6.e).d2.Trägt die XP den einzigen Fokusakzent des Satzes, dann (mit n = n+1)

weiter bei (P|6.b).

(P|6.e) Teste die XP mithilfe des performativen Tests.e1. Lässt sich Satz n in einen Hypersatz mit der XP im Matrixsatz umformen,

dann weiter bei (P|6.f).e2. Lässt sich Satz n nicht in einen Hypersatz mit der XP im Matrixsatz um-

formen, dann (mit n = n+1) weiter bei (P|6.b).

(P|6.f) Erkläre die XP zum Topikausdruck des Satzes.

Tabelle 2: Suchprozedur zur Bestimmung des Topikausdrucks

Ein so ermittelter Topikausdruck kodiert den Topikreferenten des Satzes n; beide zusammen bilden das Topik des Satzes. Anhand von Beispielen kann das Funktio-nieren der Prozedur (P|6) überprüft werden.

(55) Während gestern ein schöner Tag war, hat es heute den ganzen Tag über gereg-net.

(56) Damit ich über Ihren Antrag abschließend entscheiden kann, ist eine Erlaubnis gem. § 6 Abs. 3 Baumschutzsatzung des Grünflächenamtes der Stadt Bochum, Rathaus erforderlich. (63-05)

(73) Bei Baubeginn ist dem Bauordnungsamt der zugehörige Nachweis über den Schallschutz, den Wärmeschutz und über die Standsicherheit vorzulegen. (63-15)

(74) Zur Vervollständigung Ihrer Bewerbung bitte ich Sie jedoch, mir bis zum 15. März 2000 eine vollständige Fotokopie des letzten Zeugnisses einzureichen. (11-03)

Für (55) liefert (P|6.a-d) die temporale AdvP heute als potentiellen Topikausdruck, da der satzinitiale Nebensatz den Geltungsbereich des Vollsatzes modifiziert (Kon-trastivspezifikation) und daher aufgrund von (P|6.b) ausgeschlossen wird. Der ent-

142 Zum Begriff des c- bzw. k-Kommandos vgl. von Stechow & Sternefeld (1988:36).

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D. Versuch einer Operationalisierung des Topik-Begriffs 77

sprechende Hypersatz (55’) erscheint akzeptabel ((P|6.e)), sodass die AdvP heute als Topikausdruck gelten kann ((P|6.f)).

(55’) Ich sage über den Zeitpunkt x (x = HEUTE), dass es dann (zum Zeitpunkt x) den gan-zen Tag über geregnet hat, während gestern ein schöner Tag war.

Für (56) liefert (P|6.a-d) die komplexe NP eine Erlaubnis gem. § 6 Abs. 3 Baumschutz-satzung des Grünflächenamtes der Stadt Bochum, Rathaus als potentiellen Topikaus-druck,143 da der satzinitiale Nebensatz den Geltungsbereich des Vollsatzes modifi-ziert (Finalspezifikation) und daher aufgrund von (P|6.b) ausgeschlossen wird. Der entsprechende Hypersatz (56’) erscheint akzeptabel ((P|6.e)), sodass die NP eine Er-laubnis gem. § 6 Abs. 3 Baumschutzsatzung des Grünflächenamtes der Stadt Bochum, Rathaus als Topikausdruck gelten kann ((P|6.f)).

(56’) Ich sage über die Entität x (x = ERLAUBNIS [eine Erlaubnis gem. § 6 Abs. 3 Baum-schutzsatzung des Grünflächenamtes der Stadt Bochum, Rathaus]), dass sie (die Entität x) erforderlich ist, damit ich über Ihren Antrag abschließend entscheiden kann.

Für (73) liefert (P|6.a-d) die NP dem Bauordnungsamt als potentiellen Topikausdruck, da die satzinitiale PP bei Baubeginn – bei konditionaler Lesart – den Geltungsbereich des Satzes einschränkt und daher aufgrund von (P|6.b) ausgeschlossen wird. Der entsprechende Hypersatz (73’) erscheint akzeptabel ((P|6.e)), sodass die NP dem Bauordnungsamt als Topikausdruck gelten kann ((P|6.f)).144

(73’) Ich sage über die Entität x (x = BAUORDNUNGSAMT [dem Bauordnungsamt]), dass ihr (der Entität x) bei Baubeginn der zugehörige Nachweis über den Schallschutz, den Wärmeschutz und über die Standsicherheit vorzulegen ist.

(74) ist insofern ein Sonderfall, als der Sprecher dieses Satzes eine Aussage über sich macht: (P|6.a-d) ermittelt die NP ich als potentiellen Topikausdruck.145 Der entsprechende Hypertest ist ebenfalls akzeptabel (wenn auch wegen der expliziten Form der Selbstaussage ungewöhnlich) ((P|6.e)), sodass die NP ich als Topikaus-druck gelten kann ((P|6.f)).

(74’) Ichi sage über die Entität x (x = SPRECHERI [ich]), dass siei (die Entität x) Siej jedoch bittet, zur Vervollständigung Ihrerj Bewerbung zum 15. März 2000 eine vollstän-dige Fotokopie des letzten Zeugnisses einzureichen.

E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur

Die Hypothese, die hier diskutiert werden soll, ist die, dass die Topikstruktur eines Textes Hinweise auf das ‘Textthema’ gibt, dass also mithilfe der Topikstruktur mög-licherweise thematische Strukturen rekonstruiert werden können (vgl. Hypothese

143 Auf die strukturelle Ambiguität der NP und die mögliche Lesart als diskontinuierliche NP gehe ich hier nicht weiter ein; die Ergebnisse der Suchprozedur gelten entsprechend auch für die ein-fache NP eine Erlaubnis.

144 Zum Problem der komplexen Topikausdrücke s. Abschnitt D.7.1, S. 73.145 Die PP zur Vervollständigung Ihrer Unterlagen kann kein Topikausdruck sein, weil sie eine finale,

geltungsspezifizierende Funktion im Hinblick auf die Aussage des Satzes hat.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 78

(H|B), S. 7). Die zugrunde liegende Überlegung ist dreischrittig: (1) Das Topik ei-nes Satzes stellt die pragmatisch-funktionale Kategorie des ‘Worüber’ im Satz dar. (2) Ein Text ist eine (kohärente) Sequenz einzelner Sätze, die (im Idealfall) alle eine Topik–Kommentar-Gliederung aufweisen. (3) Die Satztopiks zusammen konstituie-ren dabei ein noch zu spezifizierendes Texttopik.

Unter Texttopik ist dabei etwas zu verstehen, das vielleicht am besten mit ‘Ge-genstandsbereich des Textes’ bezeichnet werden kann. In Analogie zum Satztopik-Begriff könnte man damit auch eine pragmatisch-funktionale Kategorie des Wor-über im Text bezeichnen (s. Definition VI, S. 43). Der Text selbst ist – wenn man die Analogie weiterführt – als Kommentar über dieses Topik anzusehen.

Dabei ist das Texttopik nicht einfach als Addition der einzelnen Satztopiks zu sehen; vielmehr ergibt sich das Texttopik aus der Topikstruktur. Um zu überprüfen, welche Verknüpfungsoperationen und Strukturelemente hier zu erwarten sind, sol-len zunächst drei textlinguistische Ansätze vorstellt werden, mit denen Texte im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Struktur beschrieben werden können.146

Im Anschluss werde ich die relevanten Kriterien zusammenfassen und einen An-satz formulieren, wie die Strukturbeziehung der einzelnen Satztopiks untereinander zu beschreiben ist und wie daraus das Texttopik erschlossen werden kann. Dies ge-schieht exemplarisch anhand der Topikstruktur des Textes 30-14.

1 Illokutionssemantische Darstellung der Textstruktur (Brandt & Rosengren 1992)

Eine Variante, den Informationskern eines Textes zu bestimmen, ist die Beschrei-bung seiner Illokutionsstruktur, wie sie etwa von Brandt & Rosengren (1992) vor-geschlagen wird.147 Brandt & Rosengren (1992:10) gehen – in der Absicht, ein Text-prinzipien- und kein Textproduktionsmodell zu konzipieren – davon aus, dass „je-der Satz […] syntaktisch einem Satztyp [angehört]“. Basiseinheit ist die Proposition, „die mit dem Satzmodus […] zusammen die grammatisch determinierte Bedeutung des Satzes ausmacht.“ Allerdings gibt es daneben noch eine Bedeutung, die durch die Äußerungssituation bestimmt wird. Diese Äußerungssituation gehört zum Be-reich der Pragmatik, zu deren System auch ein „autonomes Illokutionssystem“ ge-hört (Brandt & Rosengren 1992:10). Mit den Einheiten dieses Systems handelt ein Sprecher, wenn er kommuniziert. Illokutionen sind daher als Handlungseinheiten aufzufassen.

Es können vier illokutionäre Grundtypen unterschieden werden: Deklaration, Darstellungs-, Ausdrucks- und Regulierungshandlung.

Die Illokution steht in einem systematischen Verhältnis zu dem Satz. Der Satzmo-dus legt in Interaktion mit der Proposition (den Propositionen) […] ein kommuni-katives Potential fest, aus dem im Augenblick der Äußerung eine der möglichen An-wendungen aktualisiert wird, indem der Satz auf einen Sachverhalt bezogen wird und […] eine Äußerungsbedeutung und eine illokutive Funktion erhält (Brandt & Rosengren 1992:10f.).

146 Ein Vorschlag für ein komplexes Modell der „an der Textgestaltung beteiligten Ebenen und Komponenten“ findet sich in Motsch (1996b). Im Sammelband von Motsch (1996a) werden ei-nige dieser „Ebenen und Komponenten“ ausführlich beschrieben.

147 Vgl. auch Motsch & Viehweger 1991 oder Heinemann & Viehweger 1991:54ff.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 79

Zwischen Illokutionen und Informationseinheiten (die nicht mit Propositionen gleichgesetzt werden können, sondern von der Äußerungssituation determiniert werden) besteht eine Interdependenz: „Die Illokution ist zugleich Träger der Infor-mationseinheit, ohne mit ihr in einem 1 : 1-Verhältnis zu stehen.“ (Brandt & Rosen-gren 1992:11) Vielmehr muss eine aktuelle Illokution stets durch mindestens eine Informationseinheit gefüllt werden, damit die Illokution zustande kommen kann. Insofern ist sprachliches Handeln (bzw. Handeln durch Sprache) nur möglich, wenn gleichzeitig Informationen kommuniziert werden.

Auf dieser terminologischen Basis beschreiben Brandt & Rosengren (1992) die Illokutionsstruktur von Texten. Ausgangsbeobachtung ist, dass Texte „meist aus mehr als einer Illokution“ bestehen, wobei diese Illokutionen eine Struktur bil-den.148

Sie gehen davon aus, dass es im Hinblick auf Illokutionsstrukturen – wie bei der Beschreibung von Sätzen – eine hierarchische und eine lineare bzw. sequentielle Re-präsentationsebene gibt. Die „Sequenzierung [setzt] dabei die Illokutionshierarchie theoretisch voraus […] und nicht umgekehrt“ (Brandt & Rosengren 1992:14); inso-fern ist die Illokutionsebene die primäre Ebene.

Enthält ein Text mehrere Illokutionen, dann sind diese Illokutionen in mindes-tens einer Illokutionshierarchie organisiert. Die Hierarchie wird dabei von Zielen des Sprechers bestimmt. Sie kann allerdings nicht immer auch mit einer Zielhierar-chie gleichgesetzt werden: „die hierarchische Struktur der Illokutionshierarchie [ist] verglichen mit der Zielhierarchie meist die umgekehrte.“ (Brandt & Rosengren 1992:15)

Ausgehend von einer dominierenden Illokution, nehmen Brandt & Rosengren (1992:16) an, dass ein Sprecher nach dem „Erfolgsprinzip“ handelt: um sein Ziel zu erreichen, d.h. die Handlung, die mit der dominierenden Illokution verfolgt wird, zu realisieren, muss er diese Illokution entsprechend abstützen. Dazu gibt es „Stüt-zungsprinzipien“. Folgerichtig enthält jede Hierarchie mindestens eine dominieren-de und eine stützende Illokution, wobei aber die Illokution nicht per se stützend ist, sondern diese Funktion nur innerhalb der Hierarchie einnimmt. Im Regelfall ist eine Illokutionshierarchie aber insofern komplexer, als sie „mehr als eine hierarchi-sche Ebene und mehr als eine Illokution auf jeder Ebene aufweist.“ (Brandt & Ro-sengren 1992:16) Zu Darstellung verwenden Brandt & Rosengren (1992) den aus der X-bar-Theorie (s. Abschnitt D.4.2, S. 52) bekannten Strukturbaum.

Dass stützende Illokutionen in einem Zusammenhang mit der dominierenden Il-lokution stehen und Informationen enthalten, „deren Inhalt der Sender im Hinblick auf das Ziel der dominierenden Illokution für relevant oder wertvoll hält“, ist of-fensichtlich.

Die Sequenzierung der Illokutionen folgt nach Brandt & Rosengren (1992:23) drei Prinzipien: dem Hierarchieprinzip, dem Ikonizitätsprinzip und dem Situations-prinzip.

148 Davon zu unterscheiden ist die Informationsstruktur des Textes, obwohl eine Interaktion zwi-schen beiden Strukturen besteht, da Illokutionen Informationen tragen. Brandt & Rosengren (1992) beschäftigen sich jedoch primär mit der Illokutionsstruktur von Texten.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 80

Das Hierarchieprinzip besagt, dass die Sequenzierung der Illokutionshierarchie insofern folgt, „als Illokutionen, die zusammen eine Illokution stützen, nicht un-kontrolliert auseinandergerissen werden können.“ (Brandt & Rosengren 1992:23). Das Ikonizitätsprinzip besagt, dass die zeitliche und kausale Struktur der Sachver-halte, über die Informationen gegeben werden, berücksichtigt werden muss. Unter das Situationsprinzip fallen sprachexterne Faktoren, die als ‘Kontext’ zusammenge-fasst werden können. Alle drei Prinzipien interagieren bei der Sequenzierung.

2 Quaestio und referentielle Bewegung (von Stutterheim 1997)

Als nächstes textlinguistisches Konzept soll hier das Modell der referentiellen Be-wegung – das Quaestio-Modell von Texten – vorgestellt werden, wie es etwa von von Stutterheim (1997), Klein & von Stutterheim (1992, 1987) oder Ahrenholz (1998) vertreten wird. Ich werde mich im Wesentlichen auf die Darstellung von von Stutterheim (1997) stützen.

Den Kern dieses Ansatzes bildet die Annahme, „daß jeder kohärente Text als Antwort auf eine einleitende Frage, die Quaestio, zu verstehen ist“ (von Stutter-heim 1997:19). Von Stutterheim (1997) geht bei ihrer am Sprachproduktionsprozess orientierten Darstellung davon aus, dass mindestens vier Ebenen zu berücksichti-gen sind (vgl. von Stutterheim 1997:4f.):149

1. die Sachverhaltsebene, d.h. die „Ebene des realen Geschehens“,2. die Ebene der (kognitiven) Sachverhaltsrepräsentation, „die der Sprecher zu ei-

nem gegebenen Zeitpunkt davon [vom Sachverhalt, D. H.] in seinem Gedächtnis gespeichert hat“,

3. die Ebene der aktuellen Diskursrepräsentation, die ein Sprecher in einer Redesi-tuation aufbaut, sowie

4. die Ebene der sprachlichen Darstellung; das Endprodukt dieser Ebene ist der Text.

Aus Sicht des Sprechers sind Texte „Produkte von Artikulationsprozessen“, bei der Sprachrezeption durch einen Hörer hingegen „Interpretationsanweisungen“ (von Stutterheim 1997:7). Von Stutterheim (1997:8) geht davon aus, dass ein Sprecher an verschiedenen Stellen des Produktionsprozesses Wahlmöglichkeiten hat und gewis-se Entscheidungen treffen muss; insofern übt der Sprecher Kontrolle aus. „Spre-chen [wird] als Handeln von Subjekten“ aufgefasst (von Stutterheim 1997:8).

Zu Beginn eines Textes sieht sich der Sprecher einer kommunikativen Aufgabe gegenüber; er hat „bereits Anhaltspunkte dafür, wie der Text als ganzer aufgebaut sein wird“ (von Stutterheim 1997:16). Die kommunikative Aufgabe kann entweder vom Sprecher selbst oder von anderen – etwa im Diskurs – gestellt werden. In An-lehnung an Quintilian wird diese Aufgabe als Quaestio bezeichnet. Dabei handelt es

149 Ein sehr ähnliches Modell zur Textproduktion formuliert Rothkegel (1991). Überhaupt weist der Ansatz von Rothkegel, der Textproduktionsprozesse aus einer kognitiv-pragmatischen Perspekti-ve beschreibt, einige Ähnlichkeiten zum Modell von Stutterheims (1997) auf: „Textproduktion findet […] in einem dialogischen Kontext statt, der […} Sprachhandlungen als Antworthand-lungen klassifiziert.“ (Rothkegel 1991:195)

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 81

sich „um ein theoretisches Konstrukt und nicht um eine Beschreibungskategorie auf der Phänomenebene“ (von Stutterheim 1997:18). Folgerichtig muss die Quaes-tio in einem Text nicht explizit als Frage erscheinen, bleibt aber theoretisch rekon-struierbar.

Mit der Quaestio werden inhaltliche und strukturelle Vorgaben für den Textauf-bau gesetzt. Die inhaltlichen Vorgaben beziehen sich auf die Ebene der Diskursre-präsentation: mit der Quaestio wird ein bestimmter Sachverhalt – „festgelegt durch einen spezifischen referentiellen Rahmen“ (von Stutterheim 1997:21) – eingeführt. Zu diesem Sachverhalt und seinen einzelnen Elementen wird spezifisches Wissen aktiviert. Damit verbunden ist auch eine bestimmte Serialisierung und die Wahl ei-nes „Detaillierungsgrades“ (von Stutterheim 1997:22; Hervorhebung getilgt, D. H.)

Der Sachverhalt wird zudem perspektiviert: einem Sprecher ist stets „nur ein be-stimmter Ausschnitt aus der externen Welt zugänglich“. Der Sprecherstandpunkt bestimmt „spezifische Relationen zwischen Komponenten einer gegeben Konfigura-tion“ (von Stutterheim 1997:24) sowie die Gewichtung einzelner Elemente. Die Planung eines Textes unterliegt einer konstanten Perspektive; zwar sind Perspektiv-wechsel möglich, diese aber nur „vor dem Hintergrund der global etablierten Per-spektive“ (von Stutterheim 1997:26).

In struktureller Hinsicht unterscheidet von Stutterheim (1997:26ff.) zwischen Haupt- und Nebenstrukturen.150 Elemente, die zur Hauptstruktur gehören, antwor-ten direkt auf die Quaestio, während Nebenstrukturen alle übrigen Äußerungen umfassen. „Man hat damit für die Hauptstruktur eine positive Definition, für die Nebenstruktur nur eine negative.“ (Ahrenholz 1998:32).

Hauptstrukturen enthalten so genannte „Kohärenzmuster[ ]“ (von Stutterheim 1997:30). Kohärenz kann dabei nach Dimension und Typ subkategorisiert werden: die beiden möglichen Dimensionen sind globale (textbezogene) und lokale (auf Äu-ßerungspaare bezogene) Kohärenz, während als Kohärenztypen statische und dyna-mische Kohärenz zu unterscheiden sind. Dynamische Kohärenz erfolgt aufgrund des linearen Charakters von Sprache (vgl. von Stutterheim 1997:31f.); für die stati-sche Kohärenz relevant sind

diejenigen Komponenten einer Sachverhaltsrepräsentation, die beim Aufbau einer entsprechenden Informationsstruktur konstant bleiben und somit den Geltungsrah-men für eine Menge von Einzelinformationen bilden (von Stutterheim 1997:31)

In diesem Zusammenhang führt von Stutterheim (1997:33ff.) einen für ihre Dar-stellung relevanten Topik-/Fokus-Begriff ein. Sie nimmt an, dass ein Satz die Ant-wort auf verschiedene Fragen sein kann. Je nach (rekonstruierter) Frage kann der Topik- und der Fokusbereich festgelegt werden: Die Elemente, die eine Menge von Kandidaten beschreiben, aus der in der Antwort auf die Frage einer gewählt wer-den muss, nennt von Stutterheim (1997:36) „die Topik“. Die tatsächliche Auswahl

150 Sie geht von „Äußerungseinheiten“ (kurz: Äußerungen) als Analyseeinheiten aus. Gemeint sind damit die „Segmente, die auf sprachlicher Ebene der Einheit Situation entsprechen“ (von Stut-terheim 1997:55).

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 82

ist der Fokus.151 Insofern bildet die Topik den Rahmen für die Referenzeinheiten im Text. Dies lässt sich am besten an einem Beispiel verdeutlichen:

(75) Das Verfahren findet voraussichtlich Ende Januar/Anfang Februar 2000 statt. (11-03)

Der Satz in (75) kann die Antwort auf verschiedene Fragen bilden:

(75’) Was findet voraussichtlich Ende Januar/Anfang Februar 2000 statt?(75’’) Wann findet das Verfahren statt?(75’’’) Was geschieht?

In der Replik auf (75’) ist ein Kandidat aus der Menge aller Ereignisse zu spezifizie-ren, die voraussichtlich Ende Januar/Anfang Februar 2000 stattfinden; insofern bildet fin-det voraussichtlich Ende Januar/Anfang Februar 2000 statt die Topikkomponente von (75) (als Replik auf (75’)); Fokusausdruck152 ist das Verfahren. In der Replik auf (75’’) bildet das Verfahren findet … statt die Topikkomponente bzw. den Topikausdruck; der Fokusausdruck ist hier voraussichtlich Ende Januar/Anfang Februar 2000. (Die jeweilige Topikkomponente kann in der Replik ohne Probleme ausgelassen werden.)

Dieses Verfahren kann auch bei der Quaestio eines längeren Textes angewandt werden, denn

[d]ie Quaestio einer Äußerung kann sich nun auch aus einer übergeordneten Quaes-tio ergeben, nämlich jener, die der Text, zu dem die betreffende Äußerung gehört, in seiner Gesamtheit zu beantworten sucht. (Klein & von Stutterheim 1987:165)

Allerdings ist eine Differenzierung vorzunehmen: während bei der (rekonstruierten) Quaestio eines Einzelsatzes in der Regel nur eine Referenz zu füllen ist (vgl. (75), S. 82), wird durch die Quaestio eines längeren Textes „eine referentielle Struktur er-fragt ist, die über mehrere Äußerungen hinweg zu entwickeln ist“ (Fragefunktion, vgl. von Stutterheim 1997:38f.). Die einzelnen Referenten sind in der Sachverhalts-repräsentation verankert; „die Quaestio führt Beschränkungen dafür ein, welche Referenten zu spezifizieren sind und wie die referentielle Verknüpfung zu leisten ist.“ (von Stutterheim 1997:38)

Daraus resultiert einerseits die so genannte referentielle Besetzung, andererseits aber auch „die Entfaltung der Information von Äußerung zu Äußerung“, die so ge-nannte referentielle Bewegung (vgl. von Stutterheim 1997:56ff.). Unter referentieller Besetzung ist dabei die „Art und Weise, wie Bedeutungselemente […] in einem Satz verbunden sind“ (von Stutterheim 1997:56), zu verstehen. Hier werden die konzep-tuellen Domänen Person/Objekt, Handlung/Vorgang/Zustande (Prädikat), Zeit, Raum und Modalität unterschieden (vgl. von Stutterheim 1997:59).153 In jeder dieser

151 Die Kennzeichnung, ob ein Ausdruck der Topik- oder der Fokuskomponente zuzurechnen ist, ist nach von Stutterheim (1997:37) sprachspezifisch; problematisch erscheint ihr, dass die Ele-mente, die zur Kennzeichnung dienen, oft „plurifunktional“ verwendet werden.

152 Von Stutterheim (1997:36) unterscheidet wie Lambrecht (1998) zwischen Topik/Fokus und To-pikausdruck/Fokusausdruck. Während Topik und Fokus „für die Ebene der Diskursrepräsenta-tion definiert“ sind, ist der jeweilige Ausdruck auf der sprachlichen Ebene anzusiedeln (vgl. auch Klein & von Stutterheim 1987:164 sowie Klein & von Stutterheim 1992:76).

153 Der von von Stutterheim (1997:74) postulierte Referenzbegriff ist – wie auch der Referenzbe-griff der vorliegenden Arbeit – zweistufig: referierende Ausdrücke beziehen sich nicht unmittel-bar auf „Gegenstände der Außenwelt“, sondern vielmehr auf „Konzepte, die kategorial geord-

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 83

Domänen gibt es elementare Einheiten; „all diese Einheiten [sind] in irgendeiner Weise Vorstellungen oder Konzepte des menschlichen Geistes“ (von Stutterheim 1997:58; zum Konzept-Begriff vgl. etwa Schwarz 1996:87ff.). Nicht in jedem Satz müssen alle fünf Domänen vertreten sein. Äußerungen haben im einfachsten Fall die Grundstruktur [Person/Objekt Prädikat], können aber nach dem Schema [Modali-tät (Ort, Zeit (Person/Objekt Prädikat))] erweitert werden („innerer Kern“ vs. „äußeres Argument“; vgl. Klein & von Stutterheim 1987:171).

Im Hinblick auf die referentielle Bewegung unterscheidet von Stutterheim (1997:63f.) folgende Formen: Neueinführung, Erhalt, Wiederaufnahme, Verschie-bung und Bündelung; für die Domänen Person/Objekt sowie Raum und Zeit zu-dem Eingrenzung und Erweiterung.154 Im Regelfall „verläuft die Bewegung inner-halb einer einzigen konzeptuellen Domäne“; Kombinationen, etwa „die Anbindung einer neuen Person an einen bereits eingeführten Ort“ sind aber möglich (von Stut-terheim 1997:64).

3 Textthema und thematische Kohärenz

Textlinguistische Ansätze, die sich auf den Aspekt der thematischen Kohärenz kon-zentrieren, sind sehr zahlreich und oft untereinander nicht kompatibel – weder im Hinblick auf die Terminologie noch auf den Untersuchungsgegenstand. Einen Überblick über verschiedene Textthema-Begriffe gibt Lötscher (1987). Dieser nimmt an, dass die Vielzahl der Begriffe darauf zurückzuführen ist, dass „es unter-schiedliche Themabegriffe für unterschiedliche Texttypen gibt“ (Lötscher 1987:124). Für die vorliegende Arbeit ergibt sich die Schwierigkeit, dass im Prinzip ein passender Themabegriff für Verwaltungstexte gefunden oder aber erarbeitet werden müsste. Versucht man Ersteres, bleibt die Suche ohne Erfolg. Letzteres kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden, sondern erforder-te eine gesonderte Untersuchung. Im Folgenden werden daher zwei allgemein ge-haltene Thema-Begriffe behandelt, die möglicherweise dabei helfen, die Topikstruk-tur in ein geeignetes Verhältnis zum Texttopik zu setzen respektive Letzteres zu be-stimmen.

3.1 Thema als Informationskern (van Dijk 1980)

Van Dijk (1980), dessen Ansatz hier exemplarisch für die so genannte „Informati-onskerntheorie“ (Schröder 1998:128; vgl. auch Lötscher 1987:35; eine frühere Ver-sion dieses Ansatzes findet sich etwa in van Dijk 1978) vorgestellt werden soll, geht davon aus, dass Texte „globale[ ] Textstrukturen“ enthalten, d.h. „Zusammenhänge, die auf dem Text als ganzem beruhen oder jedenfalls auf größeren Einheiten des

net sind“. Konzepte sind dabei „psychologische Einheiten, die […] dazu dienen, unsere Wahr-nehmung strukturiert zu verarbeiten und unser Wissen strukturiert zu organisieren“ (von Stut-terheim 1997:72). Gravierende Unterschiede ergeben sich allerdings in den Referenzbereichen: von den fünf Domänen, die von Stutterheim (1997) annimmt, können höchstens drei als mit dem Referenzbegriff der vorliegenden Arbeit konform gehend angesehen werden: Person/Ob-jekt, Zeit und Raum.

154 In diesem Rahmen behandelt von Stutterheim (1997:65ff.) auch drei problematische Bereiche: inhaltlich komplexe Strukturen, implizite vs. explizite Informationen (Inferenzen) und Vagheit von Aussagen (vgl. auch Klein & von Stutterheim 1987:170ff.).

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 84

Textes.“155 Dies sind Makrostrukturen, „die ihrer Art nach semantisch sind.“156 Davon abzugrenzen sind Mikrostrukturen, d.h. „die Satz- und Sequenzstrukturen von Tex-ten“ (van Dijk 1980:41), die aus einer Proposition oder einer Reihe von Propositio-nen bestehen. Nur solche Satzsequenzen, denen eine Makrostruktur zugeordnet werden kann, können als Texte bezeichnet werden.

Wichtig im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit ist, dass eine solche Makrostruktur die „globale Bedeutungsstruktur eines Textes […] abstrakt repräsen-tiert.“ (van Dijk 1980:41) Da Makrostrukturen inhärent semantisch sind, können sie – wie Mikrostrukturen – als Propositionen dargestellt werden, die wiederum andere Propositionen beinhalten bzw. diesen hierarchisch übergeordnet sind.157 Insofern „stellt sich der Begriff Makrostruktur relativ dar“ (van Dijk 1980:42): Makrostruktu-ren können als Mikrostrukturen Bestandteil anderer Makrostrukturen sein. Als Pro-positionen unterliegen Makrostrukturen zudem den gleichen Bedingungen wie Mi-krostrukturen: erfüllt werden müssen „konditionale Zusammenhänge zwischen Propositionen, Identität zwischen Referenten usw.“ (van Dijk 1980:42), um die Ko-härenz des Textes zu sichern.

Die Verbindung beider Strukturen unterliegt gewissen „Makroregeln“ (van Dijk 1980:43), die eine Ordnung in die Propositionen eines Textes bringen und die „für verschiedene Textsorten und in verschiedenen pragmatischen Kontexten unterschiedlich angewandt werden.“ (van Dijk 1980:50) Exemplarisch nennt van Dijk (1980:45f.) vier Makroregeln: Auslassen, Selektieren, Generalisieren und Konstruieren/Inte-grieren. Makrostrukturen definieren Textmengen, „nämlich alle Texte, die dieselbe globale Bedeutung haben.“ (1980:49f.)

Zudem – und hier werden die Makroregeln für die vorliegende Arbeit inter-essant – ermöglichen Makroregeln einem Sprecher das „‘Ableiten’ eines Themas [ei-nes Textes]“ Das Thema eines Textes ist nach van Dijk (1980:50) „nun nichts ande-res […] als eine Makroproposition auf einem bestimmten Abstraktionsniveau.“ Das Thema muss nicht explizit genannt werden; wenn dies der Fall ist, dann geschieht das durch „Themawörter (Schlüsselwörter)“ und „Themasätze, die direkt einen Teil der Makrostruktur repräsentieren.“ (van Dijk 1980:45, 50)

3.2 Thema als mangelhaftes Objekt (Lötscher 1987)

Lötscher (1987:125; vgl. auch 1987:84) wendet sich gegen van Dijk (1980) und for-muliert einen eigenen Themabegriff. Heikel am Themabegriff van Dijks erscheint Lötscher, dass vor allem die Verfahren

der Transformation einer Satzkette in eine Zusammenfassung […] programmatisch [bleiben] und […] jedenfalls kein objektivierbares Verfahren [zeigen], das nur auf dem propositionalen Gehalt von Texteinheiten operieren könnte, wie das der Termi-nus „semantische Transformation“ suggeriert. (Lötscher 1987:41)

155 Darstellungen finden sich u.a. in Schröder (1998), Brinker (1997), Lötscher (1987) und Gülich & Raible (1977).

156 Die von van Dijk (1980:128ff.) ebenfalls diskutierten Superstrukturen von Texten – „eine Art Textform, deren Gegenstand, Thema, d.h.: Makrostruktur, der Textinhalt ist“ (van Dijk 1980:128) – sind für die vorliegende Arbeit nicht relevant.

157 Eine schematische Darstellung findet man in van Dijk (1980:43).

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 85

Daher verwirft er den Themabegriff von van Dijk (1980). Er geht vielmehr davon aus, dass „Texte wie andere Handlungen eine mangelhafte Situation in eine befrie-digendere Situation überführen sollen. […] Dieses anfänglich mangelhafte Objekt, das im Text ‘behandelt’ wird, erscheint textgrammatisch nun als ‘Thema’.“ Dabei unterscheidet Lötscher (1987:109f.) drei große Mängeltypen bzw. mit Mängeln be-haftete Objekte: (1) Objekte, über die zu wenig Informationen vorliegen (Beschrei-bungen, wissenschaftliche Analysen, Berichte etc.), (2) Objekte, die zu wenig oder nur intensional bestimmt sind (Absprachen: es wird ein Objekt gesucht, das be-stimmten Anforderungen der Diskursteilnehmer entspricht), und (3) Objekte, die nicht von allen Diskursteilnehmern akzeptiert werden (Diskussionen, wissenschaft-liche Abhandlungen etc.).

Die entsprechenden Texte nennt Lötscher (1987:110) deskriptiv (beschreibend), deliminativ (eingrenzend) und kontradiktorisch (durchsetzend). Da der Begriff „Objekt“ zudem je nach Textsorte unterschiedlich gefüllt werden kann, ist der von ihm postulierte Themabegriff im Prinzip textsortenübergreifend – allerdings mit ei-ner Einschränkung, die sich ebenfalls aus dem Objekt-Aspekt ergibt:

Nicht alle Texte sind als Behandlung eines mangelhaften Objektes aufzufassen. […] Nur in sach-/problemorientierten Texten gewinnt die inhaltliche Ebene jene eigen-ständige Funktion und Organisation, die es berechtigt erscheinen läßt, solchen Tex-ten ein einheitliches, dominierendes Thema zu unterlegen. (Lötscher 1987:125f.)

Texte sind nach Lötscher (1987:128) in der Regel komplex: es werden mehrere mit-einander verknüpfte Themen behandelt. Von textsortenbezogenen Themenbegrif-fen (vgl. oben) lassen „sich fast zwangsläufig auch spezifische Themenverknüp-fungsmöglichkeiten ableiten“ (Lötscher 1987:129).158

Lötscher (1987:148) geht davon aus, dass in „einem mehrschichtigen funktiona-len Textmodell mit der dazugehörigen Unterscheidung von z.B. Themen, Textfunk-tionen und propositionalen Gehalten“ ein Zusammenhang zwischen Textfunktion und der Struktur des Textes besteht. Er nimmt an, dass Teilthemen von Textab-schnitten in einer funktionalen Beziehung zum Thema des Gesamttextes stehen, in-dem sie Teilprobleme eines übergeordneten Problems – des „mangelhaften Ob-jekts“ – lösen. Daneben gibt es allerdings auch noch „rein inhaltlich motivierte Übergänge“ (Lötscher 1987:300).

158 Eine dieser Möglichkeiten soll hier kurz diskutiert werden, weil sie eng mit dem ursprünglichen Thema–Rhema-Konzept auf Satzebene verbunden ist: die thematische Progression, wie sie ver-schiedene Linguisten der Prager Schule, zum Beispiel Daneš (1964, 1970), vorschlagen. Es wer-den fünf Arten der thematischen Progression angenommen: lineare Progression, Progression mit durchlaufendem Thema, Progression mit abgeleitetem Thema, Entwicklung eines gespalte-nen Themas oder Progression mit Themasprung (vgl. hierzu auch Gülich & Raible 1977:76ff., Eroms 1991:61ff., Brinker 1997:48ff.; eine Weiterentwicklung der thematischen Progression ent-halten Makovec-Èerne 1991 und Zifonun et al. 1997:507ff., die die Thema-Rhema-Gliederung in einem diskursiven Rahmen darstellen). Nimmt man eine solche Progression an, dann impli-ziert das, dass es ein übergeordnetes Thema gibt, von dem sich die Satzthemen ableiten lassen; wie dieses Thema ermittelt werden kann, bleibt unklar. – Mittlerweile gilt die Idee der Thema–Rhema-Struktur und der thematischen Progression „als nicht geeignet, die Textstruktur […] darzustellen“ (Brinker 1997:51). Dies liegt meines Erachtens vor allem daran, dass nicht zwi-schen Satzthemen und dem Thema des Textes differenziert wird (vgl. auch Lötscher 1987:14ff., 233ff., 252ff.). Daher kann der Ansatz der thematischen Progression, wie er von Daneš (1970) vertreten wird, für die vorliegende Arbeit verworfen werden.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 86

Unter einer funktionalen Perspektive ist auch Lötschers (1987) Ansatz der Ver-bindung von Satzthema und Textthema zu sehen. Unter Satzthema versteht Löt-scher (1987:235ff.) ein „prinzipiell grammatisches Phänomen“. Im Gegensatz zu anderen Thema–Rhema-Begriffen (vgl. Lutz 1981) favorisiert Lötscher (1987:240) eine „propositionale Thema–Rhema-Theorie“: er geht davon aus, dass das Thema in einem Satz durch die Auffassung des Satzes als „Lösung einer vorauszusetzenden Problemstellung“ bestimmt werden kann. Das Thema kann daher als „Problemstel-lungsrahmen mit Lücke, die in einer Äußerung gefüllt werden soll“ (Lötscher 1987:241), aufgefasst werden. Thematisch sind daher die Satzteile, die diesen Rah-men bilden, während die Elemente, die die Lücken füllen, rhematisch sind. Im „ide-altypische[n] Fall“ besteht die Thema–Rhema-Gliederung aus der „Benennung ei-nes referentiell gegebenen Objekts [… und der] Vervollständigung durch eine Prä-dikation zu einem Satz“ (Lötscher 1987:246).

Dieser Satzthemabegriff lässt eine deutliche Ähnlichkeit zum Begriff des Text-themas – ein „mangelhaftes Objekt“ – erkennen. Insofern ist es logisch, dass Löt-scher (1987:251) davon ausgeht, dass ein Textthema prinzipiell als Satzthema reali-siert werden kann. Sätze können zudem Themen enthalten, die kein direkt vorgebe-nes Textthema realisieren. Diese bestimmt Lötscher (1987:249) als „‘Hilfsthemen’, die eingeführt werden, um das gegebene Textthema zu behandeln“. Lötscher (1987:300f.) wendet sich allerdings gegen eine rein isotopiebasierte Beschreibung von Texten – ausschlaggebend seien letztlich „die funktionalen Bezüge, die zwi-schen Oberthemen und Teilthemen vermitteln“.

Hier wird auch das Problem relevant, wie das Textthema (aus Rezipientenper-spektive) erkannt werden kann. Dazu meint Lötscher (1987:260), dass ein Thema grundsätzlich immer nur im Zusammenhang mit der Textfunktion zu erkennen sei. „Um ein Thema und seine Rolle im Text richtig einschätzen zu können, müssen wir also immer auch gleichzeitig die Funktion eines Textes erkennen.“ Diese Funktion des Themas „und der es behandelnden Sätze im Text“ (Lötscher 1987:257) sei es auch, die thematische Kohärenz von Texten ausmacht. Daher müsse für die thema-tische Analyse eines Textes immer auch der gesamte Kontext berücksichtigt wer-den. Insofern kann das Thema eines Textes nur „aus der Themabehandlung er-schlossen werden.“ (Lötscher 1987:264)

4 Bewertung der textlinguistischen Ansätze

Vor allem aufgrund unterschiedlicher Analyseperspektiven erlaubt es keiner der oben diskutierten Ansätze direkt, eine Verbindung zwischen der Topikstruktur und dem Texttopik, d.h. dem Thema bzw. dem Inhaltskern eines Textes im Sinne der diskutierten Ansätze zu erstellen.159 Allerdings enthalten die Ansätze bedenkenswer-te Einzelaspekte, die hier noch einmal kurz zusammengefasst werden sollen.

159 Dass die Terminologie insgesamt uneinheitlich ist, erschwert die Diskussion der einzelnen An-sätze, führt aber nicht automatisch zum Verwerfen eines der drei Ansätze. Zu dezidierter Kritik an van Dijk (1980) vgl. Lötscher (1987:41f.) und Schröder (1998:129f); Kritik an Brandt & Ro-sengren (1992), von Stutterheim (1997) und Lötscher (1987) findet sich in Schröder (1998). Dar-stellungen der Ansätze zur Illokutionsstrukturanalyse und zum Textthema bzw. zur themati-schen Progression finden sich auch in Brinker (1997).

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 87

Geht man davon aus, dass eine ähnliche Verbindung zwischen Satztopik (dem funktional-pragmatischen Worüber des Satzes) und Texttopik besteht, wie Lötscher (1987) sie für Satz- und Textthema vorschlägt, dann lässt die Topikstruktur – wie hier angenommen wird – tatsächlich Rückschlüsse auf das Texttopik zu: jeder Ein-zelsatz enthält ein Satztopik, das in einem funktionalen oder inhaltlichen Verhältnis zum übergeordneten Texttopik steht. Wie bereits erwähnt, kann nicht einfach von einem additiven Topikbereich ausgegangen werden;160 vielmehr sollen hier die Vor-schläge von Brandt & Rosengren (1992) zur hierarchischen Strukturierung wieder aufgegriffen werden. Dann ist davon auszugehen, dass es ein dominierendes Satzto-pik gibt, dem andere Satztopiks untergeordnet sind. Ob es sich dabei allerdings um eine einzelne mentale Repräsentation (d.h. einen einzelnen Referenten oder eine Proposition) handelt, kann bezweifelt werden; vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich um eine konzeptuelle Einheit handelt, die nicht nur einen, sondern mehrere Referenten, eventuell sogar Verknüpfungen zwischen den Referenten umfasst (zu kognitiven Aspekten s. Abschnitt E.5, S. 87).

Um die Strukturbeziehungen der einzelnen Satztopiks zueinander zu beschrei-ben, ist von Stutterheims (1997) Idee der referentiellen Bewegung nützlich. Auf die Topikstruktur von Sätzen übertragen, kann man von der ‘Topikbewegung’ inner-halb eines Textes reden. Die Art der Bewegung liefert möglicherweise Hinweise auf den Status der Satztopiks im Hinblick auf eine hierarchische Topikanordnung.161

5 Entwicklung eines kognitiv ausgerichteten Ansatzes: Aktivierung und Verkettung

Auffällig bei den diskutierten textlinguistischen Modellen ist, dass kognitive As-pekte, insbesondere die mentale Repräsentation von Referenten und deren Aktivie-rungszustand, kaum berücksichtigt werden. Meines Erachtens können jedoch viele Phänomene, die sich bei der Analyse von Text- und Topikstrukturen zeigen, mithil-fe kognitiver Ansätze erklärt werden. Die Grundidee, die hier vertreten werden soll, ist daher, dass mit der Aktivierung eines Referenten – genauer: mit der Aktivierung seiner mentalen Repräsentation162 – gleichzeitig auch bestimmte kognitive Schemata oder Frames (vgl. hierzu etwa Atkinson et al. 1997:325ff. oder Schnotz 1994:61ff.) (vor-) aktiviert werden, die weitere mentale Repräsentationen enthalten. Diese Sche-mata haben weit reichende Folgen für die Textstruktur.163

160 Dies meint auch Pufahl (1992:219). Obwohl sie einen deutlich von van Dijks (1980) Makropro-positions-Konzept geprägten Texttopik-Begriff vertritt, geht sie doch davon aus, „that a text topic depends on the topics of sentences and how they are interrelated.“ (Pufahl 1992:219)

161 An dieser Stelle muss der Topik-Begriff diskutiert werden, den von Stutterheim (1997) einführt (und der deutliche Ähnlichkeit zu Lötschers 1987 Themabegriff aufweist). Dieser Topikbegriff kann für die vorliegende Arbeit nicht benutzt werden. Die Topik bei von Stutterheim meint im Wesentlichen das ‘Bekannte’, d.h. die Komponenten des Satzes, die durch den Kontext gegeben sind und die ein zu spezifizierendes Element beschreiben, den Fokus. Deshalb – und das ist ein ganz wesentlicher Unterschied zum hier vertretenen Topik-Begriff – muss die Topik nach von Stutterheim nicht einmal im Satz realisiert werden; es handelt sich um eine „redundant[e]“ Kom-ponente (von Stutterheim 1997:37).

162 An dieser Stelle sei noch einmal darauf verwiesen, dass ich aus Gründen der Einfachheit ‘Refe-rent’ und ‘mentale Repräsentation eines Referenten’ synonym verwende, obwohl beide nicht das Gleiche meinen (s. hierzu Abschnitt D.1.1, insbesondere S. 40).

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 88

5.1 Aktivierung über den Kotext

5.1.1 Schemata und Frames

Der Schema-Begriff geht zurück auf Bartlett (1932); er meint damit Wissensstruk-turen im Langzeitspeicher. Dieser Begriff wurde weiterentwickelt und präzisiert (vgl. Eysenck & Keane 1995:257ff.). Schwarz (1996:92ff.) geht in ihrer Darstellung davon aus, dass Schemata sowohl Voraussetzung als auch Ergebnis aller Informati-onsverarbeitung sind. Bei Schemata handelt es sich also um

aktive Wissenseinheiten, die den Erkenntnisprozeß organisieren und sich zugleich im Rahmen dieser Aktivität ständig verändern. Sie verallgemeinern bisherige Erfah-rungen und repräsentieren typische Sachverhalte und Zusammenhänge innerhalb ei-nes Realitätsbereichs. (Schnotz 1994:92)

Strohner (1990:102) geht davon aus, dass Schemata für die Informationsverarbei-tung vier wesentliche Funktionen erfüllen: (1) Selektion der wahrgenommenen In-formationen, (2) Abstraktion der Bedeutung von der wahrgenommenen Form, (3) Interpretation der wahrgenommenen Information im Hinblick auf bereits beste-henden Schemata und (4) Integration der so aufbereiteten Information in bereits bestehende Schemata bzw. Neubildung von Schemata (vgl. auch Atkinson et al. 1997:235f.).

Schemata weisen so genannte Slots für konzeptuelle Einheiten auf. „Die Varia-blen werden in Verstehensprozessen mit konkreten Werten (Fillers) besetzt.“ (Schwarz 1996:92; zum Lücken–Füller-Modell vgl. auch Meng 1998:32ff.) Als Bei-spiel für ein einfaches Schema nennt Schwarz (1996:92) das GEBEN-Schema, das drei Slots umfasst: Geber (x), Empfänger (y) und Gabe (z).164 „Diese Variablen können je nach Situation durch partikulare Instanzen gefüllt bzw. instantiiert werden.“ Falls die Slots nicht explizit gefüllt werden, werden standardmäßig so genannte „Ersatz-annahmen (default assignments)“ (Schnotz 1994:62) als Filler eingesetzt. „Alle fehlen-den Informationen werden aufgrund unseres Schema-Wissens inferiert, so daß auch eigentlich unvollständige Textsequenzen mühelos verstanden werden können.“ (Schwarz 1996:93; zur Inferenz vgl. auch Ping 2000)

Neben einfachen Schemata gibt es auch komplexe Schemata.165 Diese „repräsen-tieren Standardsituationen oder -handlungen und sind hierarchisch aufgebaut.“ (Schwarz 1996:93; vgl. auch Schnotz 1994:66f.) Komplexe Schemata füllen ihre Slots mit Referenten und mit anderen (einfachen oder komplexen) Schemata. Jedes

163 „Anstelle von Schemata […] wird häufig auch von Frames gesprochen“ (Schnotz 1994:64). Da diese aber im Prinzip mit Schemata identisch sind, werde ich im Folgenden nur noch von Sche-mata sprechen. Zudem wird der Terminus ‘Frame’ später in einer anderen Bedeutung verwendet (s. nächster Abschnitt).

164 Schemata und Frames (s.u.) werden in kursiven Kapitälchen gesetzt, die entsprechenden Slots kursiv. Mentale Repräsentationen/Referenten erscheinen weiterhin in einfachen Kapitälchen, und Versalien kennzeichnen weiterhin eine fokussierte Konstituente. – Der hier verwendete Fra-me-Begriff muss deutlich von dem Jacobs (1999) und Maienborns (1998) unterschieden werden (s. hierzu Fußnote 133, S. 71).

165 Was von Schwarz (1996) als komplexes Schema bezeichnet wird, haben Schank & Abelson (1977) ursprünglich Skript genannt. Das Skript-Modell beschreibt, wie komplexe Handlungsab-läufe kognitiv organisiert sind. Ein klassische Beispiel für ein Skript ist RESTAURANTBESUCH. (Eine Darstellung und Diskussion findet sich in Eysenck & Keane 1995:263, Schnotz 1994:64f. oder Atkinson et al. 1993:325)

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 89

Schema kann insofern komplex sein, als über eine mögliche Rekursion die Slots mit anderen Schemata gefüllt werden (vgl. Eysenck & Keane 1995:263, Schnotz 1994:66f.).166

Auszugehen ist zudem davon, dass Schemata Informationen über die optimale Serialisierung der einzelnen Teilschemata beinhalten, d.h. Serialisierungsanweisun-gen. Im Hinblick auf das beispielhafte Schema RESTAURANTBESUCH bedeutet das, dass die hierarchisch untergeordneten Schemata BESTELLEN, ESSEN, BEZAHLEN idealer-weise in dieser Reihenfolge (sprachlich) realisiert werden sollten.167 Die Serialisie-rung ESSEN, BESTELLEN, BEZAHLEN wäre hingegen aus logischen Gründen ausge-schlossen (vgl. auch „ordo naturalis“, von Stutterheim 1997:31f., oder Ikonizitätsprin-zip, Brandt & Rosengren 1992:23f.).

Im Hinblick auf die Analyse der Topikstruktur von Texten scheint das Schema-Modell geeignet, Strukturbeziehungen einzelner Topikreferenten zueinander und vor allem auch die Möglichkeit der Aktivierung von Referenten zu erklären. Daraus lässt sich überdies schließen, dass in und mit Texten Schemata sprachlich realisiert werden.

Wie bereits erwähnt, ist die hier zugrunde liegende Idee, dass die Aktivierung ei-nes Referenten gleichzeitig auch andere Referenten ‘voraktiviert’.168 Im Rahmen der Schematheorie scheint diese Annahme plausibel und systematisch erklärbar: wenn ich einen Slot mit einem Referenten fülle und somit ein Schema (oder sogar mehre-re Schemata) aktiviere, ‘prime’ ich damit auch andere mögliche Referenten.169

Wenn ich zum Beispiel in einer Äußerung den Nordpol erwähne (und damit den entsprechenden Referenten aktiviere), wäre es nicht ungewöhnlich, wenn ich im nächsten Satz von Eisbären redete: durch die Aktivierung der mentalen Repräsenta-tion NORDPOL und damit des entsprechenden Schemas ‘prime’/voraktiviere ich bei meinem Gesprächspartner gleichzeitig auch weitere Referenten, die mit dem Refe-renten NORDPOL über schematische Strukturen in Verbindung stehen. Daher kön-nen die Referenten der Schemata in einem ‘Aktivierungsrahmen’ zusammengefasst werden. Eine solche kognitive Struktur werde ich im Folgenden als Frame bezeich-

166 Hier kann eventuell das Modell der Illokutionshierarchie (vgl. Brandt & Rosengren 1992) auf das Schema-Modell übertragen werden: In jedem Text gibt es ein dominierendes Schema, das durch andere Schemata gestützt wird, die dem dominierenden Schema hierarchisch untergeord-net sind. Entweder sind dominierendes und stützendes Schema über einen Referenten verbun-den, die in beiden Schemata einen Slot füllen, oder die hierarchisch untergeordneten Schemata selbst füllen einen Slot des übergeordneten Schemas. Wenn etwa im Rahmen des Schemas RESTAURANTBESUCH von GELD gesprochen wird, dann wäre eine zulässige sprachliche Bewegung, sich auf andere Schemata zu beziehen, die über den Referenten GELD mit dem Schema RESTAURANTBESUCH verbunden sind. Man könnte zum Beispiel ohne Probleme über den Referen-ten GELD auf die Probleme kommen, die man in der letzten Zeit mit der Bank hatte.

167 Schnotz (1994:65) spricht hier von einer „normalen, standardmäßigen Reihenfolge“.168 Dieses Phänomen wird als priming bezeichnet; s. auch Abschnitt D.3.3, S. 46.169 Dieses priming erfolgt durch die die sprachliche Kodierung jedes Diskursreferenten, ist also nicht

nur auf Topikreferenten beschränkt. – Einen ähnlichen Ansatz vertritt Matsui (1993): Ist es not-wendig, Referenten zu erschließen (Inferenzbildung bzw. „bridging“), um den Sinn eines Satzes zu konstruieren, „the most accessible candidates will be tested first“ (Matsui 1993:66). Die Überprüfung erfolgt dabei anhand von Konzepten, die als enzyklopädisches Wissen im Lang-zeitgedächtnis abgelegt werden. Ein Konzept umfasst dabei „the objects, events, and/or proper-ties which instantiate it“ (Matsui 1993:64), Insofern weisen diese Konzepte eine deutliche Ähn-lichkeit zum hier vertretenen Schema-Begriff auf. – Ein ebenfalls ähnliches Modell vertritt Gi-vón (1992).

Abbildung 11: Schema und Frame

Slot(Konzept)

Frame

komplexes Schema

Slot(Schema)

Slot(Konzept)

Slot(Konzept)

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 90

nen.170 Ein Frame umfasst die Referenten einer kompletten Schemastruktur, d.h. die Referenten des übergeordneten (komplexen) und der untergeordneten (einfachen oder komplexen) Schemata, nicht aber die Relationen zwischen den Referenten.171 Dies verdeutlicht exemplarisch Abbildung , S. . Hier wird auch deutlich, dass Vorer-wähnung im Dialog keine Voraussetzung für die Übernahme der Topikfunktion ist; ausschlaggebend ist vielmehr die kognitive Zugänglichkeit, die über das priming gesi-chert wird.172

Am Beispiel des komplexen Schemas RESTAURANTBESUCH kann das Frame-Kon-zept verdeutlicht werden. Der entsprechende Frame umfasst sowohl die mentale Repräsentation RESTAURANT als auch die Repräsentationen KELLNER, SPEISEKARTE, RECHNUNG, GELD, obwohl diese letztgenannten Referenten Bestandteile unterschied-licher, untergeordneter Schemata sind (BESTELLEN, BEZAHLEN).173

Neben einer konventionell-assoziativen Verbindung (etwa NORDPOL–EISBÄR) ist allerdings auch eine individuell-assoziative kognitive Verbindung von Referenten denkbar. Wenn ich zum Beispiel im letzten Jahr Urlaub in Griechenland gemacht habe und dort eine schwere Grippeinfektion hatte, dann wäre auch eine Verbin-dung wie GRIECHENLAND–GRIPPE möglich. Bei individuell-assoziativen Verbindungen oder Schemata ist allerdings davon auszugehen, dass nur die wenigsten Gesprächs-partner – im Extremfall nur der Sprecher selbst – in der Lage sind, solche Verbin-dungen nachzuvollziehen, weshalb sie – so ist zu vermuten – stets lexikalisch expli-zit gemacht werden müssen.

5.1.2 Probleme des Schema-Begriffs

Das größte Problem im Zusammenhang mit dem Schema-Begriff zeigt sich in der Frage, inwiefern dieses Phänomen empirisch fassbar ist. Der Begriff selbst ist vage (vgl. hierzu Schnotz 1994:91f.); vielleicht handelt es sich um ein reines Black-Box-Phänomen, dass nicht ‘gemessen’ werden kann (zum Black-Box-Begriff vgl. Schwarz 1996:13ff.). Eng damit verbunden ist auch die Frage nach der Konventio-nalisierung des Inventars von Schemata. Bei einfachen Schemata wie GEBEN oder ESSEN ist es noch relativ leicht möglich, entsprechende Slots und Filler zu bestim-men; das liegt vermutlich daran, dass solche Schema propositionale Form haben und dementsprechend prädikatenlogisch erschlossen werden können (vgl. hierzu

170 ‘Frame’ und nicht ‘Rahmen’, um Unklarheiten oder Doppeldeutigkeiten zu vermeiden.171 Dieser Idee der Aktivierung entspricht in etwa das konnektivistische Prinzip der Speicherung

und Aktivierung von Konzepten (s. hierzu Fußnote 76, S. 47).172 Auch die bereits erwähnten Diskurstopiks (s. Abschnitt D.3.3, S. 46) können in die Frame-Theo-

rie eingeordnet werden: es handelt sich um solche Referenten eines Frames, die bereits im Dis-kurs kodiert wurden und daher ein so hohes Aktivierungspotential innehaben, dass sie im nach-folgenden Text jederzeit pronominal kodiert werden können – bis das Aktivierungspotential so weit abgenommen hat, dass diese Referenten unter die semi-aktiven Referenten fallen und daher im Diskurs lexikalisch voll kodiert werden müssen.

173 Inwieweit das konventionelle Assoziationsverhältnis zwischen Referenten etwa auch auf Gegen-sätze ausgedehnt werden kann, kann hier nicht erschöpfend diskutiert werden. Eine Satzsequenz wie (76) ist allerdings denkbar (Gegensatz ausgedrückt durch Komparativ), während (77) eher ungewöhnlich ist: die assoziative Verbindung kann zwar kognitiv erstellt werden, erfordert aber wesentlich mehr Aufwand (Fokusakzent durch Versalien markiert).(76) Letztes Jahr war ich am NORDPOL. Am Südpol ist es KÄLTER.(77) Letztes Jahr war ich am NORDPOL. Am Südpol leben PINGUINE.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 91

Eysenck & Keane 1995:207f.). Bei komplexen Schemata hingegen, die über einfa-che Propositionen hinausgehen, scheint eine solche logisch-semantische Bestim-mung heikel, weil sie stark von der Intuition des einzelnen Sprechers bzw. des Ana-lysten abhängt. Daher ist zu bezweifeln, dass Schemata inhärent propositionaler Natur sind. Das Schema RESTAURANTBESUCH kann als erster Beleg hierfür gelten (vgl. auch Schnotz 1994:61).174

Unklar bleibt überdies, wie stark Schemata kulturell bedingt sind. Dass es eine Übereinstimmung verschiedener Sprecher eines Kulturkreises im Hinblick auf komplexe Schemata gibt, zeigen die Untersuchungen von Bower et al. (1979) und Galambos & Rips (1982). Dort wird (am bereits angesprochenen Schema RESTAURANTBESUCH) festgestellt, dass es offenbar einen invarianten Kern des Sche-mas gibt, der von unterschiedlichen Sprechern gleichermaßen gekannt und auch be-nutzt wird. Denkbar ist aber, dass Schemata in kulturspezifische und kulturüber-greifende unterteilt werden müssen.

Diese Punkte können hier nicht weiter diskutiert werden; trotz dieser Probleme erscheint es aber möglich, mit der Idee der (komplexen) Schemata weiter zu arbei-ten (vgl. Schnotz 1994:92 oder Rothkegel 1991:193ff.). Hier ist allerdings noch wei-tere Forschungsarbeit nötig.

5.2 Aktivierung über den situativen Kontext

Neben dieser Aktivierung über Frames kann man davon ausgehen, dass zusätzlich zu den in einer Kommunikationssituation kotextuell aktivierten Referenten auch solche Referenten (und damit implizit auch Schemata) voraktiviert sind, die durch den unmittelbaren Kontext gegeben sind. Unter diesem Blickwinkel müssen vor al-lem deiktische Ausdrücke betrachtet werden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass in Gesprächen jederzeit mit deiktischen Ausdrücken auf Gesprächspartner re-feriert werden kann, dass tatsächlich präsente Gegenstände jederzeit als Diskursre-ferenten benutzt werden können (mit entsprechenden Deiktika als Hinweis auf den Gegenstand) etc. Der Kontext spielt daher eine ebenso wichtige Rolle wie der Prä-text.175

Darüber hinaus erscheint es plausibel anzunehmen, dass bei zeitlich versetzten Kommunikationssituationen auch frühere Kommunikationseinheiten und zur Kommunikationssituation gehörende Geschehnisse zum Kontext zu rechnen sind (s. auch Abschnitt B.8, S. 16). Im Hinblick auf Amtsbriefe bedeutet das, dass etwa der gesamte institutionelle Vorlauf zum Kontext gehört: ein Strafzettel als Auslöser für einen Brief vom Rechtsamt, ein vom Briefempfänger gestellter Bauantrag, frü-here Briefe und Telefonate etc. Aufgrund der zeitlichen Versetzung kann man aber davon ausgehen, dass solche Referenten ein geringeres Aktivierungspotential haben als unmittelbar in einem Diskurs präsente Objekte. Sie sind dennoch nicht als gänz-lich inaktiv zu bezeichnen.176

174 Hier wird deutlich, inwiefern sich der Ansatz der vorliegenden Arbeit von van Dijks (1980) Be-griff der Makroproposition unterscheidet.

175 Anzumerken ist allerdings, dass ein plötzlicher Wechsel zu einem vom Schema abweichenden, aber im Kontext präsenten Objekt die Kohärenz stört und von den Diskursteilnehmern auch als störend (zumindest als abweichend) empfunden wird.

176 Bereits der Erhalt des Briefes ‘triggert’ beim Empfänger kognitive Schemata.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 92

5.3 Aktivierung inaktiver und semi-aktiver Referenten durch sprachliche Konstruktionen

Inaktive Referenten müssen durch thetische Konstruktionen in einen Diskurs ein-geführt werden. Solche Konstruktionen präsentieren entweder ein kognitives Kon-zept (Entität, Objekt etc.) oder machen eine Proposition mental zugänglich, d.h. berichten über einen Sachverhalt (P- respektive ER-Konstruktionen).177

Davon abzugrenzen sind V-Konstruktionen wie die Linksversetzung:178 durch solche Konstruktionen werden Referenten, die semi-aktiv sind, zu aktiven Referen-ten; ihr Aktivierungspotential wird also erhöht.

Lambrecht (1998:184) geht davon aus, dass die Benutzung von thetischen und V-Konstruktionen komplementär ist. Dieser Annahme ist prinzipiell zuzustimmen, sie muss allerdings modifiziert werden: mit thetischen Konstruktionen können nur Referenten aktiviert werden, die (1) keine Diskursreferenten und (2) weder kotextu-ell an bereits aktivierte Schemata gebunden (3) noch durch den Kontext gegeben sind. Solche Referenten sind gänzlich inaktiv.179

Mit V-Konstruktionen hingegen können sowohl Diskursreferenten, die an Akti-vierungspotential verloren haben, als auch kotextuell oder kontextuell voraktivierte Referenten, die noch keine Diskursreferenten sind, gänzlich aktiviert werden. V-Konstruktionen kodieren demnach niemals inaktive Referenten.180

Anzumerken ist aber, dass semi-aktive Referenten keineswegs mit V-Konstruk-tionen aktiviert werden müssen. Es ist ohne Weiteres möglich, solche Referenten mit einer Äußerung ins Diskursregister einzutragen und gleichzeitig als Topikrefe-renten zu verwenden. Die Aktivierung durch eine V-Konstruktion ist vielmehr als explizite Topikbewegung aufzufassen: der Sprecher kündigt an, dass er – innerhalb eines kognitiven Schemas – das Topik, d.h. den kognitiven Bezugspunkt, wechseln will.181

177 Hier folge ich Lambrecht (1998:137ff. und 176ff.).178 Zum Thema ‘Linksversetzung’ vgl. auch Anagnostopoulou et al. (1997), insbesondere Rodman

(1997), Vat (1997) und van Riemsdijk (1997). – Verschiedene V-Konstruktionen werden in Ja-cobs (1999) diskutiert.

179 Für diese Referenten gilt Lambrechts Principle of the Separation of Reference and Role, das besagt, dass die Einführung von Referenten und die Aussage über diese Referenten aus kognitiven Gründen voneinander getrennt werden sollten (s. Abschnitt C.3.9.1, S. 36)

180 An dieser Stelle wird deutlich, warum lange Zeit die Dichotomie ‘alte’ versus ‘neue’ Information zur Unterscheidung von Thema und Rhema herangezogen wurde (vgl. Lutz 1981). Thetische/vollrhematische Sätze erhalten nur ‘neue’ Informationen. Kategorische Sätze hinge-gen weisen eine Thema–Rhema-Gliederung auf. Der Schluss, das distinktive Merkmal des The-mas sei daher ein Anknüpfen an ‘alte’ Information bzw. die Vorerwähntheit des thematischen Satzgliedes, liegt nahe. Durch den hier vertretenen kognitiven Ansatz kann dies präzisiert wer-den: nicht das Gegensatzpaar alt–neu macht die Besonderheit von kategorischen Sätzen aus, sondern vielmehr das Gegensatzpaar kognitiv zugänglich–kognitiv unzugänglich.

181 Rechtsversetzung kann in diesem theoretischen Rahmen auf zwei Arten erklärt werden: entwe-der als Stilmittel, das Spannung erzeugen kann, oder als nachträgliche Korrektur, wenn ein Spre-cher festgestellt hat, dass seine Annahmen über die kognitiven Zustände des Hörers falsch wa-ren und die Gefahr eines Missverständnisses droht. Im letztgenannten Fall kann man davon aus-gehen, dass die Abwägung des Principle of the Assumption of Ignorance gegen das Principle of the As-sumption of Knowledge (vgl. Strawson 1971:86f., Lambrecht 1998:46ff) nicht funktioniert hat.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 93

5.4 Zusammenfassung: Möglichkeiten der Aktivierung und korrelierende sprachliche Formen

Zusammen mit der sprachlich expliziten Aktivierung sind insgesamt drei verschie-dene Arten der Aktivierung von Referenten denkbar:• assoziative Anbindung an bereits sprachlich kodierte Referenten (Diskursrefe-

renten) (kotextuelle Anbindung),

• Anbindung an aufgrund des Kontextes zugängliche Referenten (kontextuelle Anbindung) und

• sprachlich explizite Einführung durch thetische Konstruktionen (keine Anbin-dung).

Mit jeder Aktivierungsmöglichkeit sind sprachliche Formen verbunden: kotextuelle Aktivierung und sprachlich explizite Aktivierung kann nur über lexikalisch vollstän-dig realisierte XP geschehen. Werden solche Referenten als NP kodiert, ist zudem zu vermuten, dass die NP bei thetischer Einführung von Referenten vermutlich stets indefinit ist, da der eingeführte Referent nur für den Sprecher, nicht aber für den Hörer identifizierbar ist. Bei Aktivierung über den Kotext kann die NP hinge-gen definit oder indefinit sein.182

Kontextuell voraktivierte Referenten können lexikalisch explizit oder pronomi-nal kodiert werden, da die Identifizierungsmöglichkeit durch den Kontext sicherge-stellt wird.

6 Schemata, Topikstrukturen und das Texttopik

Bezogen auf die Topikstruktur eines Textes und im Hinblick auf Hypothese (H|B), S. 7, kann man schließen, dass sich die Kohärenz eines Textes, dessen ‘roter Faden’ besonders dadurch konstituiert, dass die Diskursreferenten insgesamt zu einem hierarchisch übergeordneten Schema respektive Frame gehören. Die im Text reali-sierten Schemata können über die Analyse der Diskursreferenten ermittelt werden. Optimal ist der Fall, dass sich alle Diskursreferenten einem Schema unterordnen lassen; der ideale Aufbau des Textes folgt dabei der im Schema enthaltenen Seriali-sierungsanweisung.

Die Topikreferenten der Einzelsätze spielen hier eine besondere Rolle. Da sie die kognitiven Ausgangspunkte der Aussage des Satzes sind (s. Definition VI, S. 43), si-chern sie die Verankerung des Satzes im Text und im Schema; das Topik ist „the entity anchoring the sentence to the previous discourse“ (Büring 1999:145). Die Satztopiks sind daher Elemente, die die Kohärenz von Texten sicherstellen. Die To-pikstruktur gibt folgerichtig wichtige Hinweise auf die Schemata, die im Text akti-viert und realisiert werden.

182 Ausgenommen sind einmalige Entitäten, die den Diskursteilnehmern bekannt sind. Diese kön-nen durch einfache Nennung ihres Namens aktiviert werden, eine Kodierung als indefinite NP ist ausgeschlossen.(78) (??Der/*Ein/⊘) PETER kommt.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 94

Das eigentliche Texttopik besteht dabei aus den Referenten, die die Slots des do-minierenden Schemas füllen; es bildet den kognitiven ‘Gegenstandsbereich’ des Textes.183

Hypothese (H|B), S. 7, muss daher abgewandelt werden und lautet nun:

(H|B’) Es besteht folgender Zusammenhang zwischen der Topikstruktur eines Textes und dessen Texttopik: Das Texttopik konstituiert sich aus den Referenten, die die Slots des dominierenden Schemas des Textes füllen.Die Topikreferenten der Einzelsätze sind entweder die gleichen Referenten, die das Texttopik bilden, oder sie füllen die Slots von Schemata, die dem dominie-renden Schema hierarchisch untergeordnet sind.184

Auf diese Weise können im Übrigen auch inkohärente Texte von schlecht geglie-derten Texten, d.h. Texten ohne ‘roten Faden’ unterschieden werden.185 Bei inkohä-renten Texten sind die Zusammenhänge zwischen einzelnen Referenten unklar, d.h. die im Text aktiven Referenten gehören nicht zum gleichen kognitiven Frame. Bei Texten ohne ‘roten Faden’ hingegen sind die aktivierten Referenten zwar Bestand-teil eines Frames, aber die Serialisierungsanweisungen des dominierenden Schemas werden nicht eingehalten.

7 Topikbewegung

Wie bereits in Abschnitt E.4, S. 86, angedeutet, ist eine Übertragung der referentiel-len Bewegung auf Satztopiks möglicherweise ein brauchbarer Ansatz, um Struktur-beziehungen der Satztopiks eines Textes zu beschreiben. Zwar könnte man – ähn-lich wie es von Stutterheim (1997) für alle referentiellen Domänen eines Textes vor-schlägt – die Bewegungen aller Diskursreferenten eines Textes untersuchen, um so festzustellen, welche Diskursreferenten an welcher Stelle wieder aufgegriffen wer-den, nicht mehr kodiert sind etc.186 Aufschlussreicher und zudem übersichtlicher sind aber die Bewegungen, die sich vom Topikreferenten des Satzes A zum Topi-kreferenten des Satzes B usw. ergeben, da durch die Analyse dieser Bewegungen

183 Ein solcher Texttopik-Begriff erlaubt einerseits die Analyse des Textes als Produkt; andererseits können auch die Schritte bei der Textproduktion nachvollzogen werden. Hier wird allerdings die in Abschnitt D.2, S 43, beschriebene, an der Textproduktion orientierte Perspektive beibehalten.

184 Der Ansatz von Schnotz (1994) geht ebenfalls von einer besonderen Relevanz des Topiks für die Kohärenzbildung im Text aus. Da sein Topikbegriff allerdings „weitgehend der Given-New-Un-terscheidung“ (Schnotz 1994:188) und damit dem klassischen Thema-Begriff entspricht (vgl. Lutz 1981), gehen die weiteren Überlegungen eher in Richtung der thematischen Progression bzw. „Kontinuität“ (Schnotz 1994:190ff.). Dass dies für die vorliegende Arbeit nicht relevant ist, wird in Abschnitt E.3, S. 83ff., dargestellt. – In eine ähnliche Richtung zielt der auf Keenan & Schieffelin (1976) basierende Ansatz von Shi (1993), der sich mit der Kontinuität von „discourse topics“ befasst.

185 Langer et al. (1974, 1999) unterscheiden in ihrer Untersuchung vier Dimensionen, die die Ver-ständlichkeit von Texten ausmachen: Einfachheit, Kürze/Prägnanz, Gliederung/Ordnung, zu-sätzliche Stimulanz. Texte, denen der rote Faden fehlt, weisen Mängel in der Dimension Gliede-rung/Ordnung auf; dies kann meines Erachtens mit einer Analyse der Topikstruktur gezeigt werden. Einen kritischen Überblick über verschiedene Verständlichkeitskonzepte gibt Schendera (2000); dort wird auch das Modell von Langer et al. (1974, 1999) gewürdigt. – Vater (1991:47) kommt in seiner Untersuchung der Referenzverhältnisse in Texten zu dem Schluss, dass sich die Kohärenz von Texten überwiegend durch ein „Fadengeflecht“, ein „‘rotes Netzwerk’“ konstitu-iert.

186 Zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass von Stutterheim (1997) einen anders definierten Refe-renzbegriff vertritt (s. Fußnote 153, S. 82).

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 95

Hinweise auf relevante Textstrukturen und das im Text realisierte dominierende Schema gewonnen werden können.

In Abwandlung von von Stutterheims (1997) Bewegungsarten sind dabei die fol-genden Bewegungen denkbar:187

1. Neueinführung: der Topikreferent und der zugehörige kognitive Frame werden im Text insgesamt zum ersten Mal aktiv; mit der Kodierung als Topikreferent wird der Referent gleichzeitig auch ins Diskursregister eingetragen. Eine solche Neueinführung kann nur über thetische Konstruktionen erfolgen; sie stellt den Ausnahmefall dar.

2. kognitiv motivierte Einführung (Verschiebung): der Referent ist noch kein Dis-kursreferent, allerdings Element eines bereits aktivierten Frames oder des situati-ven Kontextes.

3. Erhalt des Topikreferenten: im aktuellen Satz wird der gleiche Diskursreferent kodiert wie im vorangehenden Satz.188 Ein solcher Topikreferent wird vor allem in mündlicher Kommunikation oft pronominal kodiert.

4. Wiederaufnahme

a) eines Topikreferenten: ein Diskursreferent, der im Prätext bereits Topikrefe-rent war, wird erneut als Topikreferent verwendet.

b) eines Diskursreferenten: ein Referent, der bereits ins Diskursregister eingetra-gen wurde, wird als Topikreferent kodiert.

Je nach Aktivierungszustand muss der Referent mit einer Versetzungskonstrukti-on erst entsprechend aktiviert werden oder aber kann direkt als Topikreferent aufgegriffen werden. (Dann gilt der Referent in diesem Diskursabschnitt als Dis-kurstopik; s. Abschnitt D.3.3.2, S. 46)

8 Erste Überprüfung des Ansatzes

Bevor ich diese Überlegungen auf die bereits relativ komplexe Topikstruktur von Text 30-14 übertrage, sollen sie kurz an einem kleinen Beispieltext überprüft wer-den:189

(79.1) EU-Umweltpreis für Schülerinnen aus Bochum(79.2) Zwei Schülerinnen aus Bochum haben den Umweltpreis der EU erhalten.(79.3) Gemeinsam mit elf weiteren Preisträgern wurden Judith Schwittek und Corinna Seidel in

Brüssel ausgezeichnet.

187 Interessant wäre zudem noch eine detaillierte Analyse koreferenter Topikausdrücke aus kogni-tiv-pragmatischer Perspektive, wie sie Vater (1991:35ff.) vorschlägt. Allerdings kann dies im Rah-men der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden und muss daher ein Desiderat bleiben.

188 Anzumerken ist hier, dass mentale Repräsentationen, die in einem Satz als Topikreferenten fun-gieren, durch den Kommentar stets verändert werden: mit jeder Aussage über den Referenten füge ich der mentalen Repräsentation neue Informationen hinzu oder modifiziere bereits beste-hende Information. Wenn hier also vom Erhalt des Topikreferenten oder von der Wiederauf-nahme die Rede ist, dann ist damit die Adresse gemeint, unter der die Informationen gespei-chert werden („addressation“, s. Fußnote 82, S. 49).

189 Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 28. April 2001. – Die Topikausdrücke der Einzelsätze sind unterstrichen dargestellt. Sätze, bei denen die Bestimmung des Topiks nicht möglich oder diskussionsbedürftig ist, werden kursiv wiedergegeben. Diskursreferenten werden mit ‘D’, ge-folgt von einer laufenden Nummer, markiert. Mit einer tiefer gestellten Zahl wird bei Referenzi-dentität auf den entsprechenden Diskursreferenten verwiesen.

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 96

(79.4) Die beiden 17-Jährigen überzeugten die Jury mit einer Fotoarbeit zum Thema Umwelt.

(79.5) In dem Wettbewerb waren 9- bis 23-Jährige aus ganz Europa dazu aufgerufen, ihre Umwelt, Umweltprobleme und Schutzprojekte zu beschreiben.

(79.6) Über 1000 Jugendliche nahmen an dem Wettbewerb teil.

Bei (79.1) ist zu bezweifeln, ob eine Topik–Kommentar-Gliederung vorgenommen werden kann. Heikel ist vor allem, dass es sich zwar um eine kommunikative Mini-maleinheit, nicht aber um einen vollständigen Satz handelt (s. Definition I, S. 13). Vielmehr ist diese Überschrift die pragmatisch ungegliederte Einführung relevanter Diskursreferenten: mit dieser thetischen P-Konstruktion werden nämlich sowohl EU-UMWELTPREIS (D1) als auch SCHÜLERINNEN AUS BOCHUM (D2) ins Diskursregister eingetragen.

Auch (79.3) ist problematisch, weil der Status der Konstituente gemeinsam mit elf weiteren Preisträgern zunächst unklar ist. Man kann die Konstituente allerdings als komplexe PP auffassen; als Kopf gälte dann gemeinsam mit. Diese PP spezifiziert die Umstände der Basisproposition. Meines Erachtens kann die PP daher mithilfe der X-bar-Theorie aufgelöst werden. Der durch die NP elf weiteren Preisträgern kodierte Diskursreferent (D3) kann als Topikreferent gelten (zum Problem des komplexen Topikausdrucks s. Abschnitt E.2, S. 98). Die Überführung in einen entsprechenden Hypersatz ergibt ein akzeptables Resultat:

(79.3’) Ich sage über die Entitäten x (x = PREISTRÄGER [elf weiteren Preisträgern]), dass ge-meinsam mit ihnen (den Entitäten x) Judith Schwittek und Corinna Seidel in Brüs-sel ausgezeichnet wurden.

Die folgenden Referenten werden als Diskursreferenten ins Diskursregister einge-tragen:(D1) EU-Umweltpreis (D2) Schülerinnen aus Bochum

(D3) elf weitere Preisträger (D4) Brüssel

(D5) die Jury (D6) eine Fotoarbeit zum Thema Umwelt

(D7) der Wettbewerb (D8) 9- bis 23-Jährige aus ganz Europa

(D9) ihre8 Umwelt, Umweltprobleme und Schutz-projekte

Die Diskursreferenten, die als Topikreferenten kodiert werden, zeigt die folgende Matrix:

DiskursreferentSatz

D2 D3 D7

(79.2) ✘

(79.3) ✘

(79.4) ✘

(79.5) ✘

(79.6) ✘

Tabelle 3: Topikreferenten in Beispiel (79)

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E. Zusammenhang zwischen Topikstruktur und thematischer Struktur 97

Mit den Topikausdrücken in (79.2) und (79.4) wird der gleiche Diskursreferent D2 kodiert; allerdings spezifizieren die Topikausdrücke diesen Referenten in unter-schiedlicher Weise: in (79.2) wird die zunächst generische mentale Repräsentation SCHÜLERINNEN AUS BOCHUM quantifiziert, sodass es sich nicht mehr um einen generi-schen, sondern um einen verankerten generischen Referenten handelt (s. Abschnitt C.3.8.1, S. 33). In (79.4) werden die beiden Elemente aus der Klasse der Bochumer Schülerinnen im Hinblick auf ihr Alter spezifiziert. Dennoch handelt es sich um den selben Diskursreferenten.

Hier bereits von einer Topikbewegung zu sprechen, ist vermutlich nicht ange-messen; dazu ist der Text zu kurz. Allerdings ist bereits eine Tendenz zu erkennen: der Bereich des Texttopiks ist im Vergleich zum Bereich der Diskursreferenten deutlich eingegrenzt; nur drei von neun Diskursreferenten werden als Topikaus-drücke kodiert, zwei davon zweimal. Zudem zeigt der Text deutlich, dass die Ein-führung von Diskursreferenten kognitiven Prinzipien folgt: Alle Diskursreferenten können zwei Frames zugeordnet werden, GEWINNEN und EUROPÄISCHE UNION. Der Frame EUROPÄISCHE UNION ist Bestandteil des Schemas GEWINNEN. Das Schema GEWINNEN öffnet zunächst die Slots Gewinner (x) und Preis/Wettbewerb (y). Diese Slots werden von den beiden Diskursreferenten D1 und D2 gefüllt (x = SCHÜLERINNEN AUS BOCHUM, y = EU-UMWELTPREIS).

Der Frame EUROPÄISCHE UNION wird aktiviert durch die Spezifizierung des Slots Preis und ist insofern dem Schema GEWINNEN untergeordnet. Die Dominanz dieses Schemas und des damit verbundenen Frames zeigt sich einerseits im Verhältnis der Diskursreferenten (sieben zu zwei) und andererseits in der Tatsache, dass nur Refe-renten aus dem dominierenden Schema als Topikreferenten kodiert werden.190

Als Texttopik des Textes (79) kann somit der Bereich [zwei Schülerinnen aus Bo-chum, Umweltpreis der Europäischen Union] gelten; das entsprechende Schema, das im Text aktiviert wird, verwendet primär die beiden Elemente des Texttopiks als Filler, sodass (H|B’) für diesen Text bestätigt ist.

F. Die Topikstruktur von Texten

1 Vorbemerkungen

Im Folgenden soll ein Text exemplarisch untersucht werden. Ich habe mich aus drei Gründen für Text 30-14 entschieden: erstens erscheint er typisch für einen Verwal-tungstext. Zweitens ist der Text insgesamt im Vergleich zu vielen anderen Korpus-texten relativ lang, aber dennoch nicht so lang, dass er den Rahmen dieser Arbeit sprengt. Drittens lässt sich hier der institutionelle Vorlauf, d.h. der Kontext, relativ leicht und lückenlos rekonstruieren, da der enthaltene Sachverhalt vergleichsweise einfach ist.

190 D3 kann insofern als Bestandteil des Schema GEWINNEN gelten, als D2 durch die Positionierung im Slot Gewinner des Schemas ebenfalls als ‘Preisträger’ spezifiziert sind. D3 kann demnach ebenfalls dem Gewinner-Slot zugeordnet werden.

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F. Die Topikstruktur von Texten 98

2 Referentenstruktur von Text 30-14

Der Text – wiedergegeben in Anhang E, S. A3, – besteht aus 20 Sätzen ((80.1) bis (80.20)). Wie auch in Beispiel (79), sind die Topikausdrücke der Einzelsätze unter-strichen dargestellt. Sätze, bei denen die Bestimmung des Topiks nicht möglich oder diskussionsbedürftig ist, werden kursiv wiedergegeben. Im Anschluss an die notwendigen Diskussionen solcher Sätze werde ich zunächst einen Überblick über die im Text kodierten Diskursreferenten und die kodierten Topikreferenten geben. Eine separate Darstellung der Topikreferenten und damit der Topikstruktur sowie eine Diskussion der Ergebnisse erfolgt danach.

Der Text weist die folgende Referentenstruktur auf:

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F. Die Topikstruktur von Texten 99

(80.1) 1[Bußgeldbescheid vom 2[01.01.01], zuge-stellt am 3[01.02.01]]

T1 = {} [?]D1. der BUSSGELDBESCHEID vom 01.01.01D2. 01.01.01D3. 01.02.01

(80.2) 4[Kassenzeichen: XXX] T2 = {} [?]D4. das KASSENZEICHEN XXX

(80.3) 5[Bußgeldbetrag XXX DM], zahlbar bis 6[01.03.01]

T3 = {} [?]D5. der BUSSGELDBETRAG XXX DMD6. 01.03.01

(80.4) Sehr geehrter 7[Herr Mustermann], T4 = {} [?]D7. Herr Mustermann (DISKURSTEILNEHMER J

[Hörer])

(80.5) 9[1[der gegen 7[Sie] erlassene Bußgeldbe-scheid] wurde 7[Ihnen] gegen 8[Postzustellungs-urkunde] übersandt.]

T5 = D1. der gegen Sie erlassene BUSSGELDBESCHEID

D8. die POSTZUSTELLUNGSURKUNDE

D9. ÜBERSENDEN(Ihnen, der gegen Sie erlassene Bußgeldbescheid) & gegen Postzustel-lungsurkunde)

(80.6) Da 11[der Postbote] 7[Sie] in 12[7[Ihrer] Wohnung] nicht antraf, wurde 14.1[10[die Sen-dung]] bei 13[7[Ihrer] zuständigen Postanstalt] niedergelegt und 14.2[gilt seit 3[dem Tag der Nie-derlegung] als zugestellt].

T6 = D10. die SENDUNG

D11. der POSTBOTE

D12. die WOHNUNG D13. die zuständige POSTANSTALT

D14. ALS ZUGESTELLT GELTEN(die Sendung) & (seit dem Tag der Niederlegung)

(80.7) Von 14[dieser Zustellung] wurden 7[Sie] durch 11[den Postboten] schriftlich benachrich-tigt.

T7 = D14. ALS ZUGESTELLT GELTEN(die Sendung) & (seit dem Tag der Niederlegung)

(80.8a) 16.1[1[Der Bußgeldbescheid]] ist durch 15[Ablauf der Rechtsmittelfrist] […] 16.2[rechts-kräftig geworden.](80.8b) 7[Sie] hatten das 17[Recht des Ein-spruchs] innerhalb von 18[zwei Wochen nach 14[Zustellung]]

T8a = D1. der BUSSGELDBESCHEID

T8b = D7. DISKURSTEILNEHMER J [Hörer]D15. der ABLAUF DER RECHTSMITTELFRIST

D16. RECHTSKRÄFTIG SEIN(der Bußgeldbescheid)D17. das RECHT DES EINSPRUCHS

D18. zwei WOCHEN nach Zustellung

(80.9a) Auch 19[die im 1[Bußgeldbescheid] ange-gebene Zahlungsfrist] […] ist inzwischen abge-laufen.(80.9b) 5[der Bußgeldbetrag] war spätestens 20[zwei Wochen nach 16[Rechtskraft]] (das sind 21[vier Wochen nach 14[Zustellung]]) zu zahlen

T9a = D19. die im Bußgeldbescheid angegebe-ne ZAHLUNGSFRIST

T9b = D5. der BUSSGELDBETRAG

D20. ZWEI WOCHEN nach RechtskraftD21. VIER WOCHEN nach Zustellung

(80.10) Nach 22[Auskunft 23[der Stadtkasse]] ha-ben 7[Sie] bis 24[heute] keine 25[Zahlung] geleis-tet.

T10 = D7. DISKURSTEILNEHMER J [Hörer]D22. die AUSKUNFT der StadtkasseD23. die STADTKASSE

D24. HEUTE

D25. die ZAHLUNG

(80.11) Ferner haben 7[Sie] bisher weder schrift-lich noch mündlich und begründet dargetan, dass 7[Ihnen] 25[die fristgemäße Zahlung] nach 26[7[Ihren] wirtschaftlichen Verhältnissen] nicht zuzumuten war.

T11 = D7. DISKURSTEILNEHMER J [Hörer]D25. die fristgemäße ZAHLUNG

D26. die WIRTSCHAFTLICHEN VERHÄLTNISSEN

(80.12) 27[Ich] wiederhole deshalb 28[die schon im 1[Bußgeldbescheid] enthaltene Belehrung], die entsprechend 29[den gesetzlichen Vorschrif-ten] wie folgt lautet:

T12 = D27. ich (DISKURSTEILNEHMER I [Sprecher])

D28. die schon im Bußgeldbescheid enthaltene BELEHRUNG

D29. die gesetzlichen VORSCHRIFTEN

(80.13) "Wird 5[die Geldbuße] nicht fristgerecht gezahlt und haben 7[Sie] 30[7[Ihre] Zahlungsunfä-higkeit] nicht dargetan, muss 5[der fällige Be-trag] zwangsweise beigetrieben werden.

T13 = D5. der BUSSGELDBETRAG

D30. die ZAHLUNGSUNFÄHIGKEIT

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F. Die Topikstruktur von Texten 100

(80.14) Auch kann 31[das Amtsgericht] gegen 7[Sie] 32[Erzwingungshaft bis zur Dauer von sechs Wochen] anordnen."

T14 = D31. das AMTSGERICHT

D32. die ERZWINGUNGSHAFT bis zur Dauer von sechs Wochen

(80.15) 27[Ich] nehme an, dass 7[Sie] es zu 32[sol-chen schwerwiegenden Maßnahmen] nicht kommen lassen wollen.

T15 = D27. DISKURSTEILNEHMER I [Sprecher]

(80.16) Deshalb empfehle 27[ich] 7[Ihnen], in 33[7[Ihrem] eigenen Interesse] unter 34[Einhal-tung 35[der umseitig genannten Frist]] 36[7[Ihren] Zahlungspflichten aus dem Bußgeldbescheid] nachzukommen.

T16 = D27. DISKURSTEILNEHMER I [Sprecher]D33. das eigene INTERESSE

D34. die EINHALTUNG DER umseitig genannten FRIST

D35. die umseitig genannte FRIST

D36. die ZAHLUNGSPFLICHTEN aus dem Bußgeld-bescheid

(80.17) Sollten 7[Sie] auch 35[diese] Frist nicht beachten, muss 27[ich] davon ausgehen, dass 7[Sie] zahlungsunwillig sind.

T17 = D27. DISKURSTEILNEHMER I [Sprecher]

(80.18) 37[Es] lässt sich dann nicht vermeiden, 37[38[die gesetzlich zulässigen Vollstreckungs-maßnahmen] zu veranlassen].

T18 = D37. VERANLASSEN(die gesetzlich zulässi-gen Vollstreckungsmaßnahmen)

D38. die gesetzlich zulässigen VOLLSTRECKUNGSMASSNAHMEN

(80.19) Hochachtungsvoll T19 = {}

(80.20) Im Auftrag T20 = {}

Tabelle 4: Referentenstruktur des Textes 30-14

3 Diskussion problematischer Sätze

In Text 30-14 erscheinen zwei Sätze problematisch: (80.8) und (80.9). Das Problem liegt darin, dass es sich jeweils um einen einfachen Aussagesatz handelt, in den ein weiterer einfacher Aussagesatz als Parenthese integriert wurde. Der Interpunktion nach handelt es sich dabei um nur einen Satz. Allerdings ist es plausibler, hier von jeweils zwei unabhängigen Sätzen auszugehen, denn jeder Satz stellt eine eigene, unabhängige kommunikative Minimaleinheit dar. Diese Konstruktion ist meines Erachtens als eine stilistisch motivierte Variante der normalen Satzreihe anzusehen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass jede kommunikative Einheit auch ein eigenes Topik enthält.

4 Diskussion der Topikbesetzung und Topikbewegung

Einen Überblick über die Topikbewegungen gibt Tabelle , S. .Satz Topikreferent Topikbewegung

(80.5) D1. der gegen Sie erlassene BUSSGELDBESCHEIDWiederaufnahme (Dis-kursreferent)

(80.6) D10. die SENDUNGkognitiv motivierte Einführung

(80.7) D14. ALS ZUGESTELLT GELTEN(die Sendung) & (seit dem Tag der Niederlegung)

kognitiv motivierte Einführung

(80.8a) D1. DER BUSSGELDBESCHEIDWiederaufnahme(Topikreferent)

(80.8b) D7. DISKURSTEILNEHMER J [Hörer] Wiederaufnahme (Dis-kursreferent)

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F. Die Topikstruktur von Texten 101

Satz Topikreferent Topikbewegung

(80.9a) D19. die im Bußgeldbescheid angegebene ZAHLUNGSFRISTkognitiv motivierte Einführung

(80.9b) D5. der BUSSGELDBETRAGWiederaufnahme (Dis-kursreferent)

(80.10) D7. DISKURSTEILNEHMER J [Hörer] Wiederaufnahme(Topikreferent)

(80.11) D7. DISKURSTEILNEHMER J [HÖRER] Erhalt

(80.12) D27. ich (DISKURSTEILNEHMER I [Sprecher]) Wiederaufnahme (Dis-kursreferent)

(80.13) D5. der BUSSGELDBETRAGWiederaufnahme(Topikreferent)

(80.14) D31. das AMTSGERICHTkognitiv motivierte Einführung

(80.15) D27. DISKURSTEILNEHMER I [Sprecher] Wiederaufnahme(Topikreferent)

(80.16) D27. DISKURSTEILNEHMER I [Sprecher] Erhalt

(80.17) D27. DISKURSTEILNEHMER I [Sprecher] Erhalt

(80.18) D27. VERANLASSEN(die gesetzlich zulässigen Vollstreckungsmaß-nahmen)

kognitiv motivierte Einführung

Tabelle 5: Topikbewegung in Text 30-14

Interessant ist zunächst, dass kein Diskursreferent in pronominaler Form kodiert wird (wenn man einmal von den (Anrede-) Pronomen für die beiden Diskursteil-nehmern absieht).191 Zu vermuten ist, dass diese lexikalische Explizitheit mit dem Gebot der Rechtssicherheit zu tun hat: um Unklarheiten zu vermeiden, die Beschei-de und andere amtliche Briefe eventuell juristisch anfechtbar machen, werden diese Briefe oft redundant explizit formuliert. Es handelt sich also um ein textsortenspe-zifisches Phänomen; in anderen Texten – vor allem in mündlichen Diskursen – ist die pronominale Kodierung von Diskursreferenten üblich und normal; lexikalische Explizitheit erscheint dort manchmal sogar markiert.

Mit den thetischen Betreffzeilen (80.1) bis (80.2) werden die ersten Referenten ins Diskursregister eingetragen. Diese Zeilen enthalten Informationen über den ers-ten Diskursreferenten D1 (BUSSGELDBESCHEID) und spezifizieren diesen Referenten. Ein Hinweis darauf, in welchem Verhältnis dieser Brief zum Bußgeldbescheid steht, fehlt.192 Dennoch erfüllt die Betreffzeile eine wichtige Funktion: es wird bereits ein kognitiver Rahmen und dadurch implizit ein Schema aktiviert.

Im Text lässt sich bereits eine deutliche Topikbewegung erkennen. In den Äuße-rungseinheiten (80.1) bis (80.4) des Textes, die weder Sätze noch im pragmatischen Sinne gegliedert sind, werden die ersten sieben Diskursreferenten eingeführt (d.h.

191 Mit dieser Feststellung geht auch einher, dass die in Abschnitt D.3.3, S. 46, formulierte Annah-me, es gebe Diskurstopiks, deren Aktivierungszustand eine pronominale Kodierung zulasse, nicht überprüft werden kann. Diese Überprüfung bleibt somit ein Desiderat für spätere Arbei-ten.

192 Das ist typisch für die im Projekt „Verwaltungssprache und Textoptimierung“ überarbeiteten Texte. Die schnelle Orientierung wird so verhindert und die Verständlichkeit des Gesamttextes erschwert, da die Intention erst mühsam (re-) konstruiert werden muss. Daher wird im Projekt-Abschlussbericht vorgeschlagen, „dass in der Betreffzeile die Textintention kurz und prägnant angegeben werden sollte“ (Fluck et al. 2001:16 [Fußnote 16]).

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F. Die Topikstruktur von Texten 102

ins Diskursregister eingetragen). Die Diskursreferenten193 D2, D3 und D6 sind in-sofern relevant, als sie D1 und D5 spezifizieren.194 Vor allem D2 und D3 in Verbin-dung mit dem Datum des Briefes zeigen deutlich, dass es sich bei Text 30-14 nicht um einen Bußgeldbescheid selbst handelt, sondern vielmehr um einen Folgebrief. Zudem deuten sie zusammen mit D6 auf inhaltlicher Ebene an, dass die zeitliche Abfolge eines noch zu erläuternden Geschehens eine Rolle spielen wird.

In der Anrede (80.4) wird der Hörer explizit genannt (D7) und so als Diskursre-ferent eingeführt.195 Bei D5 – DER BUSSGELDBETRAG – handelt es sich um einen Dis-kursreferenten, der den Slot Höhe des Bußgeldes (w) des Schemas BUSSGELDBESCHEID (D1) füllt. Dieses Schema wird aktiviert; allerdings scheint es sich nicht um das zen-trale Schema des Briefes zu handeln. Dann müssten nämlich alles Slots im Text an-gesprochen werden: Höhe des Bußgeldes (w), Adressat (x), ausstellende Person/Institution (y) sowie Grund (z). Die ersten drei Slots werden zwar augenscheinlich mit entspre-chenden Diskursreferenten gefüllt (w = D5 (XXX DM) , x = D7 (DISKURSTEILNEHMER J), y = D27 (DISKURSTEILNEHMER I)); nicht gefüllt wird allerdings Grund (z). Dies ist (neben der zeitlichen Spezifizierung durch D2 und D3) ein wei-terer, deutlicher Hinweis darauf, dass der Brief selbst kein Bußgeldbescheid ist.

Im Hinblick auf die Kommunikationssituation kann also gefolgert werden, dass der Bußgeldbescheid zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellt worden sein muss, aber im Text 30-14 noch eine wichtige Rolle spielt: in diesem Brief geht es um die Aufforderung, den Betrag des vorangegangenen Bußgeldbescheides zu bezahlen, dessen Zahlungsfrist bereits überschritten ist. Mit anderen Worten: der Brief ent-hält eine Mahnung bzw. eine Zahlungsaufforderung. Das entsprechende komplexe Schema MAHNUNG hat die folgenden Slots: Mahner (v), Gemahnter (w), Mahnungsrefe-renz (x), Begründung (y), Drohung mit Konsequenzen (z). Die ersten drei Slots werden werden im Text klar und eindeutig durch Diskursreferenten gefüllt: v = D7 (DISKURSTEILNEHMER I), w = D27 (DISKURSTEILNEHMER J)196), x = D1 (BUSSGELDBESCHEID vom 01.01.01).

Die Slots Begründung und Drohung mit Konsequenzen hingegen werden nicht einfach durch (konzeptuelle) Referenten gefüllt. Vielmehr werden ganze Satzsequenzen dazu verwendet, diese Slots zu füllen. Abschnitt A – die Satzsequenz (80.5) bis (80.

193 Obwohl sich hier darüber streiten lässt, inwiefern ein Datum als Diskursreferent aufzufassen ist, gehe ich davon aus, dass es sich um mentale Repräsentationen handelt, deren Referenten identi-fizierbar sind. Durch die lexikalisch explizite Nennung werden sie ins Diskursregister eingetra-gen.

194 Bei den Daten handelt es sich nicht um die ursprünglichen, realen Daten, sondern vielmehr um ‘Blindtext’, da die Korpustexte anonymisiert wurden. Die zeitlichen Relationen erscheinen also verzerrt. Da dieser Punkt im weiteren Text keine wesentliche Rolle spielt, kann er aber vernach-lässigt werden.

195 Anzumerken hierzu ist, dass bereits schon durch das Anschriftenfeld, das bei den Korpustexten unberücksichtigt blieb, deutlich wird, wer der Adressat des Briefes ist. Gleiches gilt im Übrigen auch für den Verfasser des Schreibens, der im Text zum ersten Mal explizit in (80.12) genannt wird: im Kopf von Briefen der Stadt Bochum wird normalerweise der Sachbearbeiter eines Vor-gangs genannt. Damit sind die beiden Diskursteilnehmer festgelegt; die Kommunikationssituati-on muss allerdings noch um die ‘Botschaft’, das zu kommunizierende ergänzt werden.

196 Offiziell wird der Bußgeldbescheid allerdings im Namen des Oberbürgermeisters der Stadt Bo-chum ausgestellt; darauf weisen einerseits der Kopf des Briefes (Stadt Bochum – Der Oberbürger-meister), andererseits die Grußformel (Im Auftrag) hin. Um die Analyse nicht unnötig zu kompli-zieren, soll dieser verwaltungshierarchischen Notwendigkeit hier jedoch keiner weitere Beach-tung geschenkt werden.

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F. Die Topikstruktur von Texten 103

11) – behandelt den Slot Begründung, während Abschnitt B – die Sätze (80.12) bis (80.18) – den Slot Drohung mit Konsequenzen inhaltlich füllt.

Die Sätze (80.5) bis (80.11) von Abschnitt A lassen sich wiederum in vier Unter-abschnitte bzw. Subsequenzen teilen: Der erste Unterabschnitt konstituiert sich aus den Sätzen (80.5) bis (80.7). Ausgehend von D1 wird in den Sätzen (80.5) bis (80.7) festgehalten, dass D1 als zugestellt gilt. Dies findet sich als Diskursreferent D14 in (80.7). Die Topikstruktur dieser Sätze zeigt deutlich, dass hier eine Bewegung statt-findet: Topikreferent des Satzes (80.5) ist der BUSSGELDBESCHEID, über den ausgesagt wird, dass er dem Verfasser übersandt wurde. Topikreferent des Satzes (80.6) ist die SENDUNG, d.h. der Brief, der den Bußgeldbescheid enthielt. Über diese Sendung wird ausgesagt, dass sie beim Postamt deponiert wurde und seit diesem Zeitpunkt als zugestellt gilt. Propositionaler Topikreferent des Satzes (80.7) ist die Teilaussage des Satzes (80.6) über die Gültigkeit der Zustellung.

Als mögliche Konsequenz dieser Analyse ergibt sich, dass offenbar auch einzel-nen strukturellen Abschnitten eines Textes ein dominierendes Topik zugeordnet werden kann: kognitiv-pragmatischer Ausgangspunkt des gesamten Unterabschnitts ist D1; die gesamte Subsequenz ist als Kommentar über diesen Ausgangspunkt bzw. als Aussage über den Status diesen Ausgangspunktes und die Relevanz für den Adressaten zu verstehen. Insofern ist es angemessen zu sagen, D1 sei dominieren-des Topik dieses Abschnitts.

Der zweite Unterabschnitt – Satz (80.8) – hat wiederum D1 (den BUSSGELDBESCHEID) als kognitiv-pragmatischen Ausgangspunkt. In (80.8a) wird fest-gestellt, dass D1 wegen seines Status, der im Prätext festgestellt wurde, rechtskräftig ist. Die Parenthese (80.8b) kann als Einwandvorwegnahme gewertet werden: die Rechtskraft wurde vom Adressaten nicht per Einspruch angezweifelt. Folgerichtig ist in (80.8a) D1 Topikreferent, während im parenthetischen (80.8b) D7 – der Adressat des Schreibens – als Topikreferent fungiert. Die Subsequenz ist insgesamt als Aussage über das dominierende Topik D1 anzusehen.

Im dritten Unterabschnitt – Satz (80.9) – wird festgestellt, dass die Zahlungsfrist (D19 als Topikreferent in (80.9a)) abgelaufen ist. Die Parenthese (80.9b) ist als Er-läuterung des Topikreferenten von (80.9a) zu betrachten: hier wird über das domi-nierende Topik D5 (den BUSSGELDBETRAG) gesagt, dass er innerhalb von vier Wochen nach Zustellung (D14 in (80.7)) hätte bezahlt werden müssen. Durch diese Paren-these wird über den Topikreferenten auch der Bezug zum vorangegangenen ersten Unterabschnitt hergestellt.

Der vierte Unterabschnitt schließlich – (80.10) und (80.11) – ist als Fazit des Prätextes zu verstehen. Trotz der im Prätext getroffenen Aussagen über den Buß-geldbescheid, dessen Rechtskraft und die Zahlungsfrist hat der Adressat des Schrei-bens (in beiden Sätzen D7 als Topikreferent197) nicht so gehandelt, wie es rechtlich korrekt gewesen wäre: er hat nicht gezahlt. Hier ist auch der eigentliche Grund für den Brief 30-14 zu suchen; die Aussagen in diesem vierten Unterabschnitt füllen

197 Satz (80.10) wird durch einen geltungsrestringierenden Ausdruck (Modalfunktion) eingeleitet; Auskunft der Stadtkasse kann daher nicht Topikausdruck des Gesamtsatzes sein.

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F. Die Topikstruktur von Texten 104

insofern den Slot Begründung des übergeordneten komplexen Schemas MAHNUNG. Dies verdeutlicht Abbildung , S. .

Subsequenz Sätze dominierender Topikreferent KommentarA1 (80.5) bis (80.7) D1 (BUSSGELDBESCHEID) zugestellt

A2 (80.8) D1 (BUSSGELDBESCHEID) rechtskräftig

⇩A3 (80.9) D19 (ZAHLUNGSFRIST) abgelaufen

⇩A4 (80.10) bis (80.11) D7 (DISKURSTEILNEHMER j) ohne Grund nicht gezahlt

Abbildung 12: Struktur von Abschnitt A, Text 30-14

Der dominierende Topikreferent der vierten Subsequenz kann (zusammen mit dem Kommentar) als funktionale Füllung des Slots Begründung angesehen werden; die Topikbewegung (und die Bewegung der Diskursreferenten) führt konsequent auf diese Füllung zu.198

Die neu eingeführten Diskursreferenten in den vier Subsequenzen lassen sich eindeutig unterschiedlichen kognitiven Frames zuordnen: In Unterabschnitt 1 gehö-ren die Diskursreferenten – abgesehen von D1 – zum Frame POST/POSTZUSTELLUNG; in den Unterabschnitten 2 und 3 ist der entsprechende Frame BUSSGELDBESCHEID. Die Diskursreferenten in Subsequenz 4 gehören bis auf den deiktischen Diskursre-ferenten D24 zum Frame BEZAHLUNG.

In Abschnitt B – die Sätze (80.12) bis (80.18) – wird der Slot Drohung mit Konse-quenzen inhaltlich gefüllt. Auch hier können wieder Unterabschnitte bzw. Subse-quenzen unterschieden werden. Allerdings ist die Struktur weitaus weniger deutlich als im oben beschriebenen Abschnitt (s.u.).

Die erste Subsequenz besteht aus den Sätzen (80.12) bis (80.14). Dominierendes Topik ist hier offenbar D27, der Verfasser des Schreibens. D27 ist Topikreferent des Satzes (80.12); in (80.13) wird erneut auf D5 – den BUSSGELDBETRAG – eingegan-gen, während in (80.14) ein neuer Diskursreferent eingeführt und als Topik verwen-det wird: D31, das AMTSGERICHT. Formell sind (80.13) und (80.14) wörtliche Rede-wiedergaben; diese werden durch den einleitenden Satz (80.12) als BELEHRUNG (D28) des Verfassers über die gesetzlichen VORSCHRIFTEN gekennzeichnet. Hier zeigt sich ein Phänomen der Verwaltungssprache: „der Sachbearbeiter tritt als Individu-um, das mit dem und durch den Text handelt, kaum auf.“ (Fluck et al. 2001:12) Auch wenn dies hier nicht zuzutreffen scheint, weil der Verfasser persönlich im Brief genannt und sogar der Topikreferent eines Satzes dieser Subsequenz ist: der Verfasser des Briefes beruft sich hier auf die gesetzlichen Vorgaben, um die Verant-wortlichkeiten für Entscheidungen zu verdeutlichen. Insofern tritt er hinter die ge-setzlichen Vorschriften und legitimiert dadurch sein Handeln; dies erklärt, warum

198 Wenn man annimmt, dass in den Unterabschnitten A1 bis A3 kognitive Schemata sprachlich rea-lisiert wurden (ZUSTELLUNG, RECHTSKRAFT, ZAHLUNGSFRIST), dann kann hier von einer Schema-Hierarchie mit einem dominierenden Schema und drei stützenden Schemata gesprochen wer-den.

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F. Die Topikstruktur von Texten 105

der Verfasser in der nachfolgenden Subsequenz als dominierendes Topik auftreten kann.

Die eigentliche Drohung, d.h. die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften auf den konkreten Fall, findet in der zweiten Subsequenz – (80.15) bis (80.18) – statt. Auffällig ist hier vor allem, dass in den ersten drei Sätzen stets D27, der Verfasser des Schreibens, als Topikreferent auftritt. Die Sätze (80.15) und (80.16) sind hier als gesichtswahrend zu sehen (zum Konzept des positiven und negativen Gesichts vgl. Lüger 2001a): dem Adressaten wird hier zunächst unterstellt, dass er die in (80.13) und (80.14) angeführten gesetzlichen Maßnahmen vermeiden möchte. Die Sätze (80.17) und (80.18) werden dem entgegen gesetzt: eingeleitet durch einen Konditio-nalsatz und dadurch in ihrer Schärfe deutlich eingeschränkt, werden dem Verfasser dort explizit Konsequenzen angedroht, wenn der Bußgeldbescheid nicht bezahlt wird. Der letzte Satz enthält einen propositionalen Topikreferenten, der zugleich als Kulmination der Drohung anzusehen ist: D37, die Veranlassung der gesetzlichen Vollstreckungsmaßnahmen. Obwohl D27 – der Verfasser des Schreibens – häufiger als Topikreferent benutzt wird, ist D37 hier aus funktionalen Gründen als zentrales Topik zu betrachten: durch diese Proposition wird der Slot Drohung des insgesamt dominierenden Schemas MAHNUNG gefüllt.

In diesem Abschnitt ist keine so deutliche Topikbewegung wie in Abschnitt A des Briefes zu erkennen; vielmehr ist in den drei ersten Sätzen des Abschnitt D27, der Verfasser des Briefes, Topikreferent. Dies lässt sich leicht erklären: der Verfasser ist der Ausgangspunkt der Drohung (D37); er (respektive der Oberbürgermeister der Stadt Bochum, s. Fußnote 196, S. 102) droht dem Adressaten des Textes Kon-sequenzen für den Fall an, dass der Bußgeldbescheid über eine bestimmte Frist hin-aus (D35) nicht bezahlt wird.

Die in den Subsequenzen aktivierten Referenten sind wie auch in den Subse-quenzen von Abschnitt A in sich konsistent. Während in der ersten Subsequenz Re-ferenten sprachlich ins Diskursregister eingetragen werden, die zum Frame GESETZLICHE VORSCHRIFTEN gehören, werden in der zweiten Subsequenz solche Dis-kursreferenten neu eingeführt, die zum Frame VERMEIDUNG DER GESETZLICHEN MASSNAHMEN gehören.

5 Bewertung der Analyseergebnisse

5.1 Topikstruktur und der Topikbewegung

Wie bereits eingangs geschildert, ist das zentrale Schema des Textes MAHNUNG. Die-ses weist die folgenden Slots auf: Mahner (v), Gemahnter (w), Mahnungsreferenz (x), Be-gründung (y), Drohung mit Konsequenzen (z). Die Slots sind dabei wie folgt gefüllt:(v) = D7 (DISKURSTEILNEHMER I)(w) = D27 (DISKURSTEILNEHMER J)(x) = D1 (BUSSGELDBESCHEID)(y) = (¬(zahlen(Sie, den Bussgeldbetrag)) & (ohne Grund)(z) = D37. VERANLASSEN (die gesetzlich zulässigen Vollstreckungsmassnahmen)

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F. Die Topikstruktur von Texten 106

Der einzige Slot, der nicht direkt mit einem Diskursreferenten gefüllt wird, ist Be-gründung. Da die Begründung insgesamt in Abschnitt A hergeleitet wird, erscheint es dennoch gerechtfertigt, die Füllung dieses Slots als ein Ergebnis der Topikbewe-gung aufzufassen und daher ein Texttopik zu behaupten, das den vier Fillern (v) bis (z) entspricht.

Damit kann die Hypothese (H|B’) für den Text 30-14 als bewiesen gelten.

5.2 Syntaktische Eigenschaften der Topikausdrücke in Text 30-14

Tabelle , S. , gibt einen Überblick über die syntaktischen Merkmale der Topikaus-drücke in Text 30-14.199 Diese sollen hier nur kurz diskutiert werden.

Im Großen und Ganzen haben sich Molnárs (1991, 1993, 1998) und Lambrechts (1998) Annahmen im Hinblick auf Topikfunktion und Korrelation mit grammati-schen Eigenschaften erfüllt: der überwiegende Teil der Topikausdrücke (15 von 16 = 93,75 %) fungiert im Satz als Subjekt. Von diesen ‘Subjekt-Topik’-Konstituenten sind 14 NP; eine ‘Subjekt-Topik’-Konstituente ist satzwertig (T18), während ein To-pikausdruck zwar eine NP ist, aber in eine PP eingebettet (T7); alle Topikausdrücke, denen ein Definitheitsmerkmal zugewiesen werden kann, sind definit. Drei von 16 Topikausdrücken (18,75 %) sind komplexe Phrasen; zwei davon NP, eine ein Ne-bensatz. Sieben Topikreferenten (43,75 %) werden als Pronomen kodiert; allerdings handelt es sich in vier Fällen um den Sprecher. Die restlichen vier Pronomen sind Anredepronomen, die sich an den Hörer richten.

Diese Aussagen sind allerdings mit Vorsicht zu behandeln, da sie wenig Aussage-kraft haben; um fundierte Aussagen über Korrelationen zwischen syntaktischen Merkmalen und Topikfunktion treffen zu können, müssten weitere Analyse durch-geführt werden.

199 Ein ‘+’ steht für das Vorhandensein eines Merkmals, ein ‘-’ für die Abwesenheit. Ein ‘±’ zeigt an, dass der betreffende Ausdruck in dieser Hinsicht unbestimmbar ist.

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F. Die Topikstruktur von Texten 107

MerkmalSatz

Subjekt NP komplex definit lexikalischvollständig

satzwertig eingebettet

(80.5) + + + + + - -(80.6) + + - + + - -(80.7) - + - + + - +(80.8a) + + - + + - -(80.8b) + + - ± - - -(80.9a) + + + + + - -(80.9b) + + - + + - -(80.10) + + - ± - - -(80.11) + + - ± - - -(80.12) + + - ± - - -(80.13) + + - + + - -(80.14) + + - + + - -(80.15) + + - ± - - -(80.16) + + - ± - - -(80.17) + + - ± - - -(80.18) + - + ± + + -

Tabelle 6: Syntaktische Eigenschaften der Topikausdrücke in Text 30-14

5.3 Überblick: Topikstruktur, Topikreferenten und Topikbewegung

Die folgenden Tabellen verdeutlichen Topikstruktur und Topikbewegung. Tabelle , S. , gibt einen Überblick über die Topikreferenten der einzelnen Sätze des Textes 30-14. Die Gliederung des Textes aufgrund der Topikstruktur zeigt Tabelle , S. .

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F. Die Topikstruktur von Texten 108

DiskursreferentSatz

D1 D5 D7 D10 D14 D19 D27 D31 D37

(80.5) ✘

(80.6) ✘

(80.7) ✘

(80.8a) ✘

(80.8b) ✘

(80.9a) ✘

(80.9b) ✘

(80.10) ✘

(80.11) ✘

(80.12) ✘

(80.13) ✘

(80.14) ✘

(80.15) ✘

(80.16) ✘

(80.17) ✘

(80.18) ✘

Tabelle 7: Übersicht über die Topikreferenten in 30-14

Satz Sequenz zentraler Topikreferent Abschnitt/Funktion

(80.1)

(80.2)

(80.3)

(80.4)

Betreffzeile(thetische Einführung vonDiskursreferenten)

(Textanfang)

(80.5)

(80.6)

(80.7)

Subsequenz A1 D1 (BUSSGELDBESCHEID)

(80.8) Subsequenz A2 D1 (BUSSGELDBESCHEID)

(80.9) Subsequenz A3 D19 (ZAHLUNGSFRIST)

(80.10)

(80.11)Subsequenz A4 D7 (DISKURSTEILNEHMER J)

Abschnitt ASlot: Begründung

(80.12)

(80.13)

(80.14)

Subsequenz B1 D27 (DISKURSTEILNEHMER j)

(80.15)

(80.16)

(80.17)

(80.18)

Subsequenz B2D37. VERANLASSEN (die ge-setzlich zulässigen Vollstre-ckungsmaßnahmen)

Abschnitt BSlot: Drohung

(80.19)

(80.20)

Grußformel und Verdeutlichung hierarchischer Verwaltungsstruk-turen

(Textende)

Tabelle 8: Gliederung von 30-14 nach Analyse der Topikstruktur

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G. Zusammenfassung und Perspektiven für die weitere Forschung 109

G. Zusammenfassung und Perspektiven für die weitere Forschung

1 Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit wird das Topik als eine kognitiv-pragmatische Kategorie aufgefasst, die im Deklarativsatz die Funktion des kognitiven Ausgangspunktes in-nehat. Es konnte gezeigt werden, dass dieser Topik-Begriff operationalisierbar ist. Hypothese (H|A), S. 7, kann somit als bestätigt gelten.

Als komplementäre Kategorie zum Topik ist der Kommentar aufzufassen. Die-ser enthält Informationen, die dem kognitiven Ausgangspunkt zugeordnet werden. Das Topik steht daher in einem aboutness-Verhältnis zum Kommentar.

Die Topikfunktion wird in zweierlei Hinsicht repräsentiert: sprachlich durch den Topikausdruck, kognitiv-mental durch den Topikreferenten.

Damit ein Referent (d.h. die mentale Repräsentation des Referenten) als Topik-ausdruck kodiert werden kann, ist neben der Identifizierbarkeit vor allem die kogni-tive Zugänglichkeit des Referenten eine notwendige Bedingung. Referenten, die nicht aktiv sind, müssen daher aktiviert werden, bevor sie als Topikreferenten fun-gieren können.

Referenten, die gänzlich inaktiv sind, müssen durch thetische Konstruktionen in den Diskurs eingeführt werden. Sie werden dadurch in das Diskursregister eingetra-gen und gelten dann als Diskursreferenten.

Zudem können Referenten durch Priming voraktiviert werden; dies geschieht immer dann, wenn über die sprachliche Kodierung eines Referenten ein kognitives Schema (s.u.) aktiviert wird, in dem weitere Referenten enthalten sind. Diese Refe-renten gelten als kognitiv zugänglich, weil sie durch Inferenz bzw. kotextuelle Asso-ziation erschlossen werden können. Solche Referenten können gleichzeitig ins Dis-kursregister eingetragen werden und als Topikreferent fungieren.

Darüber hinaus sind auch kontextuell gegebene Referenten kognitiv zugänglich. Auch auf sie kann mit deiktischen Ausdrücken unmittelbar Bezug genommen wer-den; sie können gleichzeitig ins Diskursregister eingetragen werden und die Topik-funktion im Satz einnehmen.

Als Topikausdrücke kommen in Frage: (1) NP, die prototypische Topikaus-drücke sind; (2) bestimmte AdvP; (3) Nebensätze mit Argumentstatus; (4) solche Nebensätze, die die im Satz ausgedrückte Basisproposition im Hinblick auf Zeit, Raum oder Umstand spezifizieren. Ausgeschlossen von der Topikfunktion sind AP, PP, VP und solche AdvP bzw. Nebensätze, die den Geltungsbereich der im Satz ausgedrückten Basisproposition modifizieren. In komplexe AP, PP und VP können allerdings andere Phrasen oder Nebensätze eingebettet sein, die Topikfunktion ha-ben können.

Die X-bar-Theorie stellt ein ausgereiftes Werkzeug dar, mit dessen Hilfe Sätze und komplexe Phrasen aufgelöst werden können. Dies liegt daran, dass die X-bar-

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G. Zusammenfassung und Perspektiven für die weitere Forschung 110

Theorie die Top-down-Verarbeitungsrichtung von Sprache abbildet: sprachliche In-formationen werden in einem konzeptgesteuerten Top-down-Prozess syntaktisch analysiert (‘parsing’).

Die frühe Position des Topikausdrucks im Satz ermöglicht eine frühe Zuord-nung von Topik und Kommentar und erleichtert die kognitiv-mentale Strukturie-rung der aufgenommenen Information. Dies liegt an der grundsätzlich linearen, da-tengesteuerten Rezeption von Sprache (Bottom-up-Prozess).

Bei der Sprachverarbeitung werden beide Prozesse kombiniert; sie laufen parallel ab. Daher gibt eine Kombination aus Prinzipien der X-bar-Theorie und der linearen Sprachverarbeitung die Suchstrategie für eine Operationalisierungsprozedur vor.

Durch die sprachliche Kodierung von Referenten, d.h. durch den Eintrag von Referenten ins Diskursregister, werden zugleich kognitive Schemata aktiviert. Sche-mata sind abstrakte Wissensstrukturen, mit deren Hilfe Konzepte und Propositio-nen mental strukturiert werden können. Mit Texten werden solche Schemata sprachlich realisiert. Zwischen den Schemata eines Textes bestehen hierarchische Verbindungen. Aus Schemata und ihren hierarchischen Strukturen ergibt sich einer-seits die Kohärenz eines Textes; andererseits sorgen die den Schemata inhärenten Serialisierungsanweisungen für die kognitiv sinnvolle Gliederung eines Textes.

Eine besondere Rolle im Text spielen die Topikreferenten, da sie die kognitiven Ausgangspunkte des Satzes bilden. Von den Topikreferenten kann auf die im Text aktivierten kognitiven Schemata geschlossen werden.

Mithilfe der Operationalisierung des Topik-Begriffs lässt sich für einen Text des-sen Topikstruktur erstellen, indem für jeden Satz das Element mit Topikfunktion bestimmt wird. Die Topikstruktur gibt Hinweise auf das Texttopik. Dieses wird konstituiert durch die Referenten – d.h. Propositionen und/oder Konzepte –, die die Slots des dominierenden Schemas des Textes füllen.

Dies wurde exemplarisch an einem Text gezeigt. Hypothese (H|B’), S. 94, kann für diesen Text als bewiesen gelten, muss aber noch an weiteren Texten überprüft werden.

2 Abschließendes Fazit und Perspektiven für die weitere Forschung

Mit dieser Arbeit konnte nur ein erster, kleiner Schritt in Richtung der Topikstruk-tur-Analyse gemacht werden. Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich die Analyse der Topikstruktur von Texten als ebenso komplex wie produktiv erwiesen hat. Die-se Produktivität, die vor allem wohl auf der Integration verschiedenster Ansätze – Syntax, Pragmatik, Semantik, Textlinguistik und Kognitionswissenschaft – beruht, gilt es für weitere Untersuchungen zu nutzen. Die Zahl der zwangsläufig offen ge-blieben Fragen ist groß; auch konnten aufgrund der gebotenen Kürze dieser Arbeit einige Aspekte nur angerissen werden. Hier werden die wichtigsten offen gebliebe-nen Punkte noch einmal aufgegriffen; zudem sollen weiterführende Perspektiven aufgezeigt werden.

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G. Zusammenfassung und Perspektiven für die weitere Forschung 111

(1) Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wurden nur exemplarisch getestet. Da-her ist es erforderlich, die hier vorgeschlagenen Modelle anhand einer breit gefä-cherten Textbasis zu überprüfen, die neben schriftlichen auch mündliche Texte um-fasst. Besonderes Augenmerk bei einer Überprüfung der hier vertretenen Hypothe-sen und Modelle müsste auf der Analyse der Topikstruktur der Korpustexte liegen. Im Hinblick auf (a) die Beziehungen der Satztopiks zueinander, (b) auf die Stüt-zungsfunktion von einzelnen Topiks und in Teilabschnitten eines Textes realisierten Schemata sowie (c) auf die Hierarchisierung von Schemata müssen die modelltheo-retischen Annahmen präzisiert und überprüft werden. Hier sind Ansätze aus Text-linguistik, Diskursanalyse und Kognitionswissenschaft zu berücksichtigen; Schnotz (1994) bietet einen geeigneten Einstieg.

Mit einer Ausweitung des Analysekorpus wäre auch die Möglichkeit verbunden, empirisch fundierte Aussagen im Hinblick auf eine Korrelation zwischen gramma-tischen Merkmalen von Ausdrücken und Topikfunktion zu treffen.

Interessant wäre in diesem Zusammenhang zudem eine detaillierte Analyse kore-ferenter Topikausdrücke. Nach Vater (1991:35ff.) sind die folgenden Koreferenz-Relationen denkbar: totale und partielle Referenzidentität, referentielle Überlap-pung sowie komplementäre Referenz. Dies müsste aus kognitiv-pragmatischer Per-spektive untersucht werden und könnte eventuell weitere Hinweise auf die Struk-turbeziehungen der Topiks untereinander geben.

(2) Für die Weiterentwicklung der hier vorgestellten Topik-Operationalisierung ist es wichtig zu überprüfen, inwiefern die Untersuchungsergebnisse von Maienborn (1998) auf AdvP und PP mit temporaler oder den Umstand spezifizierender Funk-tion übertragbar sind. Treffen die Aussagen Maienborns (1998) zu, dann sind alle Phrasen mit einer frame-setting-Funktion sowie alle in sie eingebetteten NP von der Topikfunktion auszuschließen.

Von genereller Bedeutung in diesem Zusammenhang wäre es auch, die heteroge-ne Klasse der modalen Nebensätze zu untersuchen. Dabei müssten syntaktische, se-mantische, pragmatische und kognitive Aspekte berücksichtigt werden, die eine stringente Subklassifizierung ermöglichen.

(3) Interessant erscheint zudem der Ansatz, dass in einer kommunikativen Einheit neben Satz- und Texttopik auch Diskurstopiks auftreten können. Vor allem die Un-tersuchung mündlicher Kommunikation scheint in dieser Hinsicht Erfolg zu ver-sprechen. Die lexikalisch explizite Kodierung von Referenten ist dort aufgrund ökonomischer Prinzipien (vgl. etwa Keller 1994:131ff.) vermutlich seltener zu fin-den als in zeitversetzter, schriftlicher Kommunikation. Diese ist darauf angewiesen, möglichst genau und explizit zu sein, da nicht die Möglichkeit besteht, direkt Rück-fragen zu stellen. Daher werden in solcher Kommunikation Diskurstopiks nur schwer nachzuweisen sein, wie der exemplarisch analysierte Text deutlich zeigt.

(4) Die Frage, ob neben Verbzweit-Sätzen auch Verberst- und Verbletzt-Sätze eine Topik–Kommentar-Gliederung aufweisen, ist ebenfalls noch nicht beantwortet worden. In diesem Zusammenhang kann auch die Frage aufgegriffen werden, ob in redewiedergebenden Sätzen Elemente mit Topikfunktion identifiziert werden kön-

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G. Zusammenfassung und Perspektiven für die weitere Forschung 112

nen. Das in dieser Arbeit ausgeblendete Zusammenspiel von Modus dicendi und Diktum (Zifonun et al. 1997) bedarf ebenfalls weiterer Diskussion.

(5) Überdies muss noch das Zusammenspiel zwischen Topik–Kommentar-Gliede-rung und weiteren pragmatischen Ebenen untersucht werden. Vor allem die Fokus-sierung von Konstituenten scheint ein relevanter Faktor für die Sprachverarbei-tungsprozesse beim Hörer zu sein. Außerdem müssen in diesem Zusammenhang neben den Sprachverarbeitungsprozessen im Allgemeinen auch die syntaktischen parsing-Mechanismen im Speziellen weiter analysiert werden, wie es etwa Meng (1998) anstrebt.

Die Frage, ob neben der Topik–Kommentar- und der Fokus–Hintergrund-Glie-derung noch weitere Gliederungsebenen existieren, die die Verarbeitung eines Sat-zes beeinflussen – wie es etwa Molnár (1991, 1993, 1998) mit ihrem Drei-Ebenen-Modell vorschlägt –, steht ebenfalls zur Diskussion. Relevant wird hier möglicher-weise auch der Aspekt der Sprecher-Perspektive im Satz (Origo) (Dürscheid 2001).

(6) Auch im Hinblick auf den Schema-Begriff sind weitere Untersuchungen not-wendig. So muss etwa geklärt werden, ob die von Schnotz (1994) konstatierte Vag-heit von Schemata auf unzureichende Untersuchungsergebnisse zurückzuführen ist oder darauf, dass Schemata Black-Box-Phänomene sind, die sich einer empirischen Untersuchung entziehen.

Ganz generell muss diskutiert werden, ob es sinnvoll ist, standardisierte Schema-Inventare mit entsprechenden Serialisierungsanweisungen zu entwickeln. Auf sol-chen Inventaren könnten zukünftige Arbeiten – seien sie linguistischer oder kogni-tionspsychologischer Natur – aufbauen. In dieser Hinsicht erscheint es auch viel-versprechend, die mentale Repräsentation von Referenten genauer zu untersuchen. Unklar ist einerseits, wie Propositionen und Konzepte mental gespeichert werden, andererseits, wie die Aktivierung und Hemmung von Konzepten, Relationen und letztlich Schemata neuropsychologisch zu erklären ist. Hier erscheinen vor allem weitere Forschungen im Gebiet der konnektivistischen Netzwerke Erfolg zu ver-sprechen.

Noch nicht zufrieden stellend geklärt ist weiterhin die Frage nach der Auswir-kung von Kurzzeit- und Langzeitspeicher auf die Bildung von Kohärenzmustern. Hier wären empirische Untersuchungen erforderlich, mit denen Linguisten und Psychologen gemeinsam sowohl Produktions- als auch Rezeptionsprozesse im Hin-blick auf schriftliche und mündliche Texte analysieren.

(7) Eine interessante Perspektive eröffnet die Frage nach der Struktur des Diskurs-registers. Man könnte vermuten, dass das Diskursregister genau wie Schemata im Text hierarchisch strukturiert ist. Um dies zu überprüfen, müsste die sehr komplexe Referentenstruktur von Texten analysiert werden; möglicherweise sind die in dieser Arbeit vorgestellten Ansätze zur Topikbewegung und zur Topikstruktur ein erster Schritt in diese Richtung.

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Schwarz, Monika (21996): Einführung in die kognitive Linguistik. 2., überarbeitete und ak-tualisierte Auflage. Tübingen/Basel (= UTB 1636)

Schwarze, Christoph (41986): Einführung in die Sprachwissenschaft. Mit Beispielen aus dem Französischen und dem Deutschen. Frankfurt am Main (= Monographien Lin-guistik und Kommunikationswissenschaft 21)

Shannon, Thomas F. (1992): Towards an adequate characterization of relative clause extra-position in modern German. In: Rauch et al. (1992). S. 253-281

Shi, Dingxu (1993): Discourse topic continuity and syntactic reduction. In: Guenter et al. (1993). S. 313-322

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H. Verzeichnis der verwendeten Literatur 120

von Stechow, Armin von/Wolfgang Sternefeld (1988): Bausteine syntaktischen Wissens. Ein Lehrbuch der modernen Generativen Grammatik. Opladen

Sperber, Dan/Deirdre Wilson (1995): Relevance. Communication and Cognition. Oxford

Steinberg, Danny D./Leon A. Jakobovits (Hg.) (1971): Semantics. An Interdisciplinary Reader in Philosophy, Linguistics and Psychology. Cambridge

Strawson, Peter F. (1971): Identifying reference and truth values. In: Steinberg & Jakobovits (1971). S. 86-99(erstmals erschienen: Strawson, Peter F. (1964): Identifying reference and truth val-ues. In: Theoria 30 (1964). S. 96-118)

Strohner, Hans (1990): Textverstehen. Kognitive und kommunikative Grundlagen der Sprachverarbeitung. Opladen (= Psycholinguistische Studien)

Strömqvist, Sven (1996): Discourse Flow and Linguistic Information Structuring: Explora-tions in Speech and Writing. Göteborg (= Gothenburg Papers in Theoretical Lin-guistics 78)

von Stutterheim, Christiane (1997): Einige Prinzipien des Textaufbaus. Empirische Unter-suchungen zur Produktion mündlicher Texte. Tübingen (= Reihe Germanistische Linguistik 184)

Sucharowski, Wolfgang (1996): Sprache und Kognition. Neuere Perspektiven in der Sprachwissenschaft. Opladen (= WV Studium 167)

Uhmann, Susanne (1991): Fokusphonologie. Tübingen (= Linguistische Arbeiten 252)

Ulrich, Miorita (1985): Thetisch und kategorisch. Funktionen der Anordnung von Satzkon-stituenten am Beispiel des Rumänischen und anderer Sprachen. Tübingen (= Roma-nica Moncensia 24)

Vallduví, Enric (1995): Structural Properties of Information Packaging in Catalan. In: É: Kiss (1995a). S. 122-152

Vasconcellos, Muriel (1992): The theme as message onset. Its structure and characteristics. In: Dittmar (1992a). S. 147-164

Vat, Jan (1997) (= van Geijn-Brouwers, Mariette/Ton van Haaften/Jos ten Hacken/Fred Landman/Ieke Moerdijk/Henk van Riemsdijk/Rik Smits): Left Dislocation, Con-nectedness and Reconstruction. In: Anagnostopoulou et al. (1997). S. 67-92

Vater, Heinz (1991): Referenzrelationen in Texten. In: Brinker (1991). S. 19-53

Vennemann, Theo (1973): Topics, sentence accent, ellipsis: A proposal for their formal treatment. Trier

Wagner, Hildegard (1972): Die deutsche Verwaltungssprache der Gegenwart. Eine Unter-suchung der sprachlichen Sonderform und ihrer Leistung. Düsseldorf

Welke, Klaus (21993): Funktionale Satzperspektive. Ansätze und Probleme der funktionalen Grammatik. 2., durchgesehene und überarbeitete Auflage. Münster

Welke, Klaus (1994): Thematische Relationen. Sind thematische Relationen semantisch, syntaktisch oder/und pragmatisch zu definieren? In: Deutsche Sprache 22 (1994). S. 1-18

Wilson, Deirdre/Dan Sperber (1993): Linguistic Form and Relevance. In: Wilson & Smith (1993). S. 1-25

Wilson, Deirdre/Neil Smith (1993): Relevance Theory. Vol. 2. Amsterdam (= Lingua 90 (1993), Special Issue)

Zifonun, Gisela/Ludger Hoffmann/Bruno Strecker (1997): Grammatik der deutschen Sprache. 3 Bde. Berlin/New York (= Schriften des Instituts für deutsche Sprache 7)

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Anhang A1

Anhang A: AbbildungsverzeichnisS.

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S.

S.

S.

S.

S.

S.

S.

S.

S.

S.

Anhang B: Tabellenverzeichnis

S.

S.

S.

S.

S.

S.

S.

Anhang C: Verzeichnis der DefinitionenDefinition I: Satz und kommunikative Minimaleinheit S. 13

Definition II: Text (nach Brinker 1997) S. 13

Definition III: Gebrauchstexte (nach Rolf 1993) S. 14

Definition IV: Kommunikative Einheiten und Kommunikationssituation S. 15

Definition V: Referent S. 40

Definition VI: (Satz-) Topik, Topikreferent, Topikausdruck und Kommentar S. 43

Definition VII: Diskursreferent und Diskursregister S. 49

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Anhang A2

Anhang D: Abkürzungsverzeichnis

A Adjektiv P Präposition

Adv Adverb P-Konstruktion präsentationale Konstruktion

AdvP Adverbialphrase PP Präpositionalphrase

AP Adjektivphrase PSRR Principle of the Separation of Reference and Role

CP complementizer-Phrase (Satz) Spec Spezifikator (specifier)

D Determinierer SpecCP Topikalisierungsposition(= TOP)

DP Deteminiererphrase TAS Topic Acceptability Scale

FHG Fokus–Hintergrund-Gliederung TKG Topik–Kommentar-Gliederung

I Inflektionsknoten TOP Topikalisierungsposition(= SpecCP)

IP Inflektionalphrase V Verb

Konj Konjunktion V-Konstruktion Versetzung-Konstruktion

N Nomen VP Verbalphrase

NP Nominalphrase

Tabelle 9: Abkürzungen

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Anhang A3

Anhang E: Text 30-14

(80.1) Bußgeldbescheid vom 01.01.01, zugestellt am 01.02.01

(80.2) Kassenzeichen: XXX

(80.3) Bußgeldbetrag XXX DM, zahlbar bis 01.03.01

(80.4) Sehr geehrter Herr Mustermann,

(80.5) der gegen Sie erlassene Bußgeldbescheid wurde Ihnen gegen Postzustellungsurkunde übersandt.

(80.6) Da der Postbote Sie in Ihrer Wohnung nicht antraf, wurde die Sendung bei Ihrer zustän-digen Postanstalt niedergelegt und gilt seit dem Tag der Niederlegung als zugestellt.

(80.7) Von dieser Zustellung wurden Sie durch den Postboten schriftlich benachrichtigt.

(80.8) Der Bußgeldbescheid ist durch Ablauf der Rechtsmittelfrist – Sie hatten das Recht des Einspruchs in-nerhalb von zwei Wochen nach Zustellung – rechtskräftig geworden.

(80.9) Auch die im Bußgeldbescheid angegebene Zahlungsfrist – der Bußgeldbetrag war spätestens zwei Wo-chen nach Rechtskraft (das sind vier Wochen nach Zustellung) zu zahlen – ist inzwischen abgelaufen.

(80.10) Nach Auskunft der Stadtkasse haben Sie bis heute keine Zahlung geleistet.

(80.11) Ferner haben Sie bisher weder schriftlich noch mündlich und begründet dargetan, dass Ihnen die fristgemäße Zahlung nach Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumu-ten war.

(80.12) Ich wiederhole deshalb die schon im Bußgeldbescheid enthaltene Belehrung, die ent-sprechend den gesetzlichen Vorschriften wie folgt lautet:

(80.13) "Wird die Geldbuße nicht fristgerecht gezahlt und haben Sie Ihre Zahlungsunfähigkeit nicht dargetan, muss der fällige Betrag zwangsweise beigetrieben werden.

(80.14) Auch kann das Amtsgericht gegen Sie Erzwingungshaft bis zur Dauer von sechs Wo-chen anordnen."

(80.15) Ich nehme an, dass Sie es zu solchen schwerwiegenden Maßnahmen nicht kommen las-sen wollen.

(80.16) Deshalb empfehle ich Ihnen, in Ihrem eigenen Interesse unter Einhaltung der umseitig genannten Frist Ihren Zahlungspflichten aus dem Bußgeldbescheid nachzukommen.

(80.17) Sollten Sie auch diese Frist nicht beachten, muss ich davon ausgehen, dass Sie zahlungs-unwillig sind.

(80.18) Es lässt sich dann nicht vermeiden, die gesetzlich zulässigen Vollstreckungsmaßnahmen zu veranlassen.

(80.19) Hochachtungsvoll

(80.20) Im Auftrage

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A4

Anhang F: Korpustexte