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alle jlzhr- lSbil- Ger- ;netz Wits- m2, I rger, :tpu- Thomas Studer BRAUCHT ES EIN NEUES DACH(L)? 1. INTERKULTURELLES LERNEN MIT SCHWEIZER LITERATUR - EIN BEISPIEL UND ANSCHLUSSFRAGEN IM UMKREIS DES "NEUEN" DACH-PRINZIPS "Wer hat die Schweiz entdeckt?" Das war eine Frage, wie sie nur die Neue Welt stellen konnte, amüsierte sich zunächst der Immune. [... ] "Bei uns", so brachte der Immune ausholend vor, "bei uns verhält sich das anders." Beinahe hätte er gesagt: "Uns gab es schon immer." (Loetscher 1985: 144f.) Die Frage trifft den Immunen unvorbereitet. Eine Schülerin richtet sie an ihn, als er in Kolumbien ein Seminar für Lehrerinnen und Lehrer besucht. "Wer hat die Schweiz entdeckt?" Je länger er über diese Frage nachdenkt, desto verle- gener wird er. Caesar? Napoleon? Die Engländer? Einen Entdecker kann er nicht finden. Da stieg in ihm der Verdacht auf, dass sein Land vielleicht noch gar nicht entdeckt worden ist. In seiner Verlegenheit suchte der Immune Hilfe in den Gesichtern der in- dianischen Bauernkinder. Er richtete den Blick auf ein Paar Schlitzaugen; diese verloren ihre Ängstlichkeit und öffneten sich weit, und der Immune sah in ihnen etwas Dunkles auftauchen, ein Schiff mit fremden Männern: "Wir kämpften uns den Fluss hinauf." (Ebd.: 145f.) Mit diesem Perspektivenwechsel scheint sich der Text von Hugo Loetscher für interkulturelles Lernen in besonderer Weise zu eignen. 1 Erzählt wird eine Ent- deckergeschichte, aber für einmal anders herum. Bestaunt werden nicht "In- dianer" mit den Augen von Ethnographen aus der ,Alten Welt', sondern er- kundet wird die Schweiz als modemes westliches Land aus der Perspektive indigener Entdecker. Ein doppeltes Potential lässt sich dabei dem fremden Blick zuschreiben: Der fremde Blick der indianischen Entdecker auf das, was für Schweizerinnen und Schweizer gewohnt und normal ist, kann eben dieses Ge- 1 Zur interkulturellen Landeskunde vgL u. a. Zeuner 2010: 1473; Zeuner 2001; zum Zusam- menhang zwischen Landeskunde und interkulturellem Lernen Koreik/Pietzuch 2010: 1447f.; zu literaturdidaktischen Aspekten z. B, Rösch 2011; Kritisches zur Vereinnahrnung von Literatur durch Landeskunde resp. zur Funktion der Literatur für die Kulturvennitt- lung bei Neidlinger/Pasewa\ck 2011: 144f. 67

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BRAUCHT ES EIN NEUES DACH(L)

1 INTERKULTURELLES LERNEN MIT SCHWEIZER LITERATUR - EIN BEISPIEL

UND ANSCHLUSSFRAGEN IM UMKREIS DES NEUEN DACH-PRINZIPS

Wer hat die Schweiz entdeckt Das war eine Frage wie sie nur die Neue Welt stellen konnte amuumlsierte sich zunaumlchst der Immune [ ] Bei uns so brachte der Immune ausholend vor bei uns verhaumllt sich das anders Beinahe haumltte er gesagt Uns gab es schon immer (Loetscher 1985 144f)

Die Frage trifft den Immunen unvorbereitet Eine Schuumllerin richtet sie an ihn als er in Kolumbien ein Seminar fuumlr Lehrerinnen und Lehrer besucht Wer hat die Schweiz entdeckt Je laumlnger er uumlber diese Frage nachdenkt desto verleshygener wird er Caesar Napoleon Die Englaumlnder Einen Entdecker kann er nicht finden

Da stieg in ihm der Verdacht auf dass sein Land vielleicht noch gar nicht entdeckt worden ist In seiner Verlegenheit suchte der Immune Hilfe in den Gesichtern der inshydianischen Bauernkinder Er richtete den Blick auf ein Paar Schlitzaugen diese verloren ihre Aumlngstlichkeit und oumlffneten sich weit und der Immune sah in ihnen etwas Dunkles auftauchen ein Schiff mit fremden Maumlnnern Wir kaumlmpften uns den Fluss hinauf (Ebd 145f)

Mit diesem Perspektivenwechsel scheint sich der Text von Hugo Loetscher fuumlr interkulturelles Lernen in besonderer Weise zu eignen1 Erzaumlhlt wird eine Entshydeckergeschichte aber fuumlr einmal anders herum Bestaunt werden nicht Inshydianer mit den Augen von Ethnographen aus der Alten Welt sondern ershykundet wird die Schweiz als modemes westliches Land aus der Perspektive indigener Entdecker Ein doppeltes Potential laumlsst sich dabei dem fremden Blick zuschreiben Der fremde Blick der indianischen Entdecker auf das was fuumlr Schweizerinnen und Schweizer gewohnt und normal ist kann eben dieses Geshy

1 Zur interkulturellen Landeskunde vgL u a Zeuner 2010 1473 Zeuner 2001 zum Zusamshymenhang zwischen Landeskunde und interkulturellem Lernen KoreikPietzuch 2010 1447f zu literaturdidaktischen Aspekten z B Roumlsch 2011 Kritisches zur Vereinnahrnung von Literatur durch Landeskunde resp zur Funktion der Literatur fuumlr die Kulturvennittshylung bei NeidlingerPasewack 2011 144f

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wohnte und Normale fragwuumlrdig erscheinen lassen und Anlass sein zur Relashy ~

tivierung eigener Wahrnehmungen und Einstellungen Gleichzeitig eroumlffnet der fremde Blick eine differenzierte Sicht auf das Fremde und Ungewohnte und kann dazu beitragen das Fremde weniger als Abweichung und mehr als Andersartiges prinzipiell aber Gleichwertiges und Gleichberechtigtes zu beshygreifen

Perspektivenwechsel und noch einen Schritt weiter Perspektivenkoordishynation sind denn auch zentrale Elemente von Definitionen interkulturellen Lernens wie zB derjenigen von Caspari (2007 71) fuumlr den Kontext des schushylischen Fremdsprachenunterrichts2

Die Entdeckung der Schweiz laumlsst sich also als Einladung zum interkulshyturellen Lernen verstehen (siehe auch Kap 2) Aber waumlre dieser Text auch ein Beispiel fuumlr landeskundliches Arbeiten nach dem DACH-Prinzip wie es von einer neuen DACHL-Arbeitsgruppe 2008 verabschiedet und von dieser als neu bezeichnet wurde3 Und was genau waumlre denn das Neue dieses Prinshyzips gegenuumlber dem bekannten DACH(L)-Landeskundekonzept das der klashyreren Bezugnahme wegen hier alt genannt wird und dessen Fundament den ABCD-Thesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht (zB Fremdsprache Deutsch 31990) Diesen Fragen will ich im naumlchsten Abschnitt nachgehen (Kap 2) Im dritten Kapitel soll anhand von einigen Beispielen ershykundet werden was das neue Prinzip fuumlr den Unterricht der deutschen Sprashyche (31) und die Vermittlung von LandeskundeKulturvermittlung (32) leisshyten kann und was nicht Ausgehend davon soll im vierten Kapitel diskutiert werden ob das neue Prinzip weiter entwickelt werden sollte und falls ja in welche Richtungen die Entwicklungen gehen koumlnnten Meine Thesen werden dabei sein dass Weiterentwicklungen des DACH-Prinzips zumal im Bereich von Kultur- und Interkulturalitaumltskonzepten notwendig sind wenn DACH auch in Zukunft in der wissenschaftlichen Diskussion Gehoumlr finden und in der Praxis beachtet werden will In Kap 5 werden die Uumlberlegungen dann noch kurz bilanziert

2 Beim interkulturellen Lernen [soll] explizit die Beziehung zwischen eigenen und fremdshykulturell gepraumlgten Wirklichkeitsbereichen hergestellt werden (PerspektivenkoordinashyHon) Dazu ist der Vergleich der verschiedenen Perspektiven (Perspektiven wechsel) notwendig [ ] Caspari 2007 71 vgl auch Caspari 2009 sowie zur Diskussion des Persshypektivenbegriffs ua BechteI2009 145f

3 Zur Geschichte dieses Prinzips siehe Langner 2011 zur Konzeptgruppe auch Pucharskil Zank 2009

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2 ZUM (GAR NICHT SO) IINEUEN DACH-PRINZIP

Das DACH-Prinzip bedeutet die grundsaumltzliche Anerkennung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch im Rahmen des Unterrichts der deutschen Sprache der Vermittlung von Landeskunde der Produktion von Lehrmashyterialien sowie der Aus- und Fortbildung von Unterrichtenden (DACHLshyAG 2008)

Keine Frage Dem so gefassten DACH-Prinzip wird man zustimmen koumlnnen nicht nur in den Alpenrepubliken sondern auch in deutschen Landen und in nicht-deutschsprachigen Laumlndern Nur Was in dieser Definition waumlre denn neu gegenuumlber dem alten DACH(L)-Landeskundekonzept bzw den ABCD-Thesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht (zur Aktushyalitaumlt dieser Thesen siehe auch Haumlgi 2011) Mit Sicherheit nicllt neu ist z B das zentrale Postulat der Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Gegenteil die sprachliche und kulturelle Pluralitaumlt des deutschshysprachigen Raumes wird in den ABCD-Thesen nicht nur erwaumlhnt sondern bereits in Richtung Binnenkontrastivitaumlt als Chance weiter gedacht In These 5 wird gefordert dass der ganze deutschsprachige Raum beruumlcksichtigt wershyden soll wobei die Vielfalt der Quellen und Transparenz der jeweiligen Standshypunkte und Sichtweisen wichtige Kriterien seien In These 3 steht auszligerdem Die Tatsache dass Deutsch in verschiedenen Regionen Muttersprache ist stellt eine besondere Chance fuumlr einen auf interkulturelle Kommunikation hin orientierten Unterricht dar (ABCD-Thesen 1990 These 3) Worin diese Chance gesehen wird haben HackllLangnerlSimon-Pelanda in Heft 18 von Fremdsprache Deutsch genauer ausgefuumlhrt Empfohlen wird dort (HackllLangshynerlSimon-Pelanda 1998 10) die interkulturelle Reflexion nicht nur und nicht einmal zuerst anhand des Kontrasts von Herkunfts- und Zielsprachenland in Gang zu bringen sondern sie dort beginnen zu lassen wo die grundsaumltzliche Gleichwertigkeit verschiedener Kulturen weniger fraglich zu sein scheint naumlmlich innerhalb des deutschsprachigen Raums Genutzt werden sollte so die sprachliche und kulturelle Pluralitaumlt im deutschsprachigen Raum Bei dieshyser Vielfalt so die Idee kann soziolinguistische Sensibilisierung ansetzen hier koumlnnen Wahrnehmungen geschult und verschiedene Perspektiven nachvollshyzogen werden und das eben wegen der grundsaumltzlichen Gleichwertigkeit der Kulturen als wichtiger Voraussetzung interkulturellen Lernens (ebd) mit wenig Risiko und mit einer Art Schonfrist fuumlr die Auseinandersetzung mit eigenen kulturellen Praumlgungen auf die es letztlich auch in diesem Ansatz ankommt Binnenkontrastivitaumlt wurde also auch als Chance verstanden intershykulturelles Lernen vorzubereiten

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Ausser der IJBezugnahme auf mehr als ein Land steht dann eigentlich bullnicht mehr viel drin im neuen DACH-Prinzip mindestens explizit nicht Und

die Bezugnahme lJ selbst wird konzeptuell nicht weiter ausgefolgert ein Hinshyweis in Richtung Binnenkontrastivitaumlt fehlt Dies duumlrfte auch damit zu tun haben dass die Binnenkontrastivitaumlt mitunter auch falsch verstanden dh im Uumlbermass betrieben wurde naumlmlich im Sinne der parallelen Behandlung von gleichen Themen fuumlr alle deutschsprachigen Laumlnder (Langner 2011 266) und das auszligerdem noch mit der Ausrichtung auf Fakten4bull Demgegenuumlber zeigt Fischer (2007) am Beispiel des Lehrwerks Dimensionen dem DACHshyAushaumlngeschild dass Themen wie zB Geschichte durchaus laumlndervergleishychend behandelt werden koumlnnen und zwar durchaus auch mit Informationsshytexten und dem Ziel ein Bewusstsein fuumlr Differenzierungen zwischen den DACH-Laumlndern zu schaffen Dabei kommt es allerdings so Fischer darauf an dass die Themen auch via Einzelschicksale aus den drei Laumlndern erarbeitet werden und zentral sei dass die Lernenden ihre eigenen Erfahrungen und persoumlnlichen Bezuumlge einbringen koumlnnen um sie fuumlr die Geschichte ihrer Hershykunftskulturen zu sensibilisieren (VgL Fischer 2007)

Auch das Praumldikat integrativ das die Landeskunde des alten DACH(L)shyKonzepts charakterisiert wurde nicht ins neue Prinzip uumlbernommen Integrashytiv ist das alte DACH(L)-Konzept ja in mindestens dreierlei Hinsicht Erstens handelt es sich um ein alle deutschsprachigen Regionen und Laumlnder einbezieshyhendes landeskundliches Konzept Zweitens versteht sich dieses Konzept als integrierte Landeskunde bei der das Sprachenlernen mit sozio-kulturellem Lernen und Kulturverstehen auf eine explizite Weise verknuumlpft wird indem die kulturellen Bezuumlge sprachlicher Phaumlnomene zum Reflexionsgegenstand gemacht werden Drittens schliesslich sind im DACH(L)-Konzept gleich mehshyrere allgemeindidaktische Grundsaumltze integriert darunter die thematische Recherche mit der dafuumlr typischen Lerner- Projekt- und Prozessorientierung (z B FischerFrischherzINoke 2010 1507) - Vielleicht versteht sich das neue Prinzip deshalb nicht als integrativ weil die damit einhergehenden Fordeshyrungen als erfuumlllt angesehen werden vielleicht ging es auch darum den umshyfassenden Anspruch auf Beruumlcksichtigung aller deutschsprachigen Regionen zugunsten der Bezugnahme auf mehr als ein Land zuruumlckzunehmen Wie auch immer Dass es trotz des Anspruchs die Vielfalt des deutschsprachigen Raums zu beruumlcksichtigen nicht zu einer Uumlberforderung der Akteure komshymen muss wurde vielfach gezeigt und braucht hier nicht mehr genauer ausshygefuumlhrt zu werden (z B Langner 2011 FischerFrischherzINoke 2010 Fischer

4 Der Didaktik-Band zu den so genannten Ziegelsteinen von Koch (1999) haumltte dies indesshysen verhindem helfen koumlnnen

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2007) Die bekannten Massnahmen sind Arbeit am Beispiel einerseits und Foumlrderung von Methoden des selbstaumlndigen Wissenserwerbs andererseits

Und was ist jetzt mit derEntdeckung der Schweiz Kann die Auseinandershysetzung mit diesem Text auch als Beispiel fuumlr landeskundliches Arbeiten nach dem neuen DACH-Prinzip gelten Ja und sogar als Einzelbeispiel (in der Reshygel wird man sonst nicht ein einzelnes Beispiel sondern etwa eine Aufgabenshysammlung auf DACH(L)-Tauglichkeit pruumlfen) insofern der Text am Rande die deutsch-schweizerische Grenze thematisiert5 Gleichzeitig weist der Text aber uumlber erste Schritte interkulturellen Verstehens (hier ein CH-D Kontrast der sich teilweise auch als Null-Kontrast darstellt) hinaus indem er einen Suumldamerika-Schweiz-Kontrast inszeniert und diesen durch einen Perspektishyvenwechsel nachvollziehen laumlsst was zur Auseinandersetzung mit der Wahrshynehmung von Fremdenm und eigenen Fremdbildern einlaumldt

Das Beispiel vermag aber auch zu illustrieren wie wichtig bei der Arbeit mit literarischen Texten die Differenzierung nach Zielgruppen und Lernorten ist Je nach Lernort und was quer dazu stehen kann je nach Art und Umfang eigener Erfahrungen mit dem Zielsprachenland (primaumlren und medial vershymittelten) ist mit sehr unterschiedlichem Vorwissen und sehr verschiedenen Textverstaumlndnissen der Lernenden zu rechnen Dabei sollte es folgt man neushyeren literaturdidaktischen Ansaumltzen (z B NeidlingerPasewalck 2011 DobshystadtRiedner 2011) nicht darum gehen fehlendes Vorwissen der Lernenden zu kompensieren indem man externes Wissen beibringt und noch viel wenishyger darum auf das eine Textverstaumlndnis hinzuarbeiten Denn Ersteres wuumlrde Vorstellungen von der Literatur als Informationsspeicher Vorschub leisten und damit an deren Charakter als einer eigenen auch Muttersprachlerinnen immer ein Stuumlck weit fremd bleibenden Sprache vorbeigehen und Letzteres der prinzipiell nicht letztguumlltig festlegbaren Bedeutung und Wirkung von Lishyteratur zuwiderlaufen Hingegen koumlnnte es darum gehen Paralleltexte zur Entdeckung der Schweiz beizuziehen darunter nicht-literarische historishysche undoder aktuelle Texte welche die erwaumlhnten Fremdbilder von der Schweiz (zB im Hinblick auf Reichtum oder die Neutralitaumlt) ebenfalls zur Sprache bringen Dies sollte es den Lernenden erlauben den literarischen Text besser einzuschaumltzen dessen auch historische Bedingtheit abzuschaumltzen und auch etwas von der Vielfalt der Meinungen und Standpunkte zB zur Neu-

Der Fluss durch den sich die Boote hinaufkaumlmpften (Loetscher 1985 146f) wird zwar nicht explizit genannt im Verlauf der Lektuumlre wird allerdings fuumlr Ortskundige () schon klar dass es sich um den Rhein handelt ua wegen dem Dreilaumlndereck und den deutshylichen Anspielungen auf die Basler Chemie und auch weil der fragliche Fluss ein Grenzshyfluss ist mit der Schweiz auf der einen Seite wobei diese Grenze von den Entdeckern gerade nicht als Landesgrenze wahrgenommen wird

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tralitaumlt der Schweiz zu erfahren6 Aber auch der literarische Ausgangstext selbst kann Anlass sein auf ein vertieftes Verstaumlndnis hinzuarbeiten etwa durch mehrmaliges genaues Lesen im Sinne einer fuumlnften Fertigkeit (vgl den Five-Skills-English-Ansatz von McRea 2008) z B um zu erkunden von wem und mit welchen Verben die Fremdbilder von der Schweiz im Beispielshytext erzaumlhlt werden Weiters koumlnnten mit Methoden die sonst im Rahmen der sprachbezogenen Landeskunde Anwendung finden (Bettermann 2010) kulturell aufgeladene Textwoumlrter wie Einheimische recherchiert werden und zwar auch in elektronischen Korpora des Deutschen zB im Leipziger Korpus (httpcorporainformatikuni-leipzigde 3112013) Letzterer bietet sich fuumlr D-CH-bezogene Fragestellungen in besonderer Weise an da separate Abfragen fuumlr die nationalen Standardvarietaumlten des Deutschen in Deutschshyland und in der Schweiz (German und German (eH) moumlglich sind8 Das ershygaumlnzt die traditionelle Arbeit mit den DaF-Woumlrterbuumlchern in idealer Weise weil man sich die Suchwoumlrter in elektronischen Korpora in der Regel in aktushyellen Gebrauchskontexten anzeigen lassen kann (sog KWICs - keyword in conshytext) Das ist insbesondere auch fuumlr vom deutschen Sprachraum weit(er) entshyfernte Laumlnder eine Moumlglichkeit zu problem-fokussierter und gleichwohl aushythentischer Sprache zu kommen9

Alle diese Arbeitsideen sind nicht an das DACH-Prinzip gebunden aber sie vermoumlgen vielleicht anzudeuten wie dieses Prinzip zum Leben erweckt werden kann

Solche Vergleichstexte gibt es zB in der Schweizer Ausgabe der deutschen Zeitung Die Zeit Zum Begriff Paralleltexte vgl Altmayer 2002 dort freilich im Zusammenhang mit dem Konzept einer kulturwissenschaftlichen Textanalyse

7 So heisst es etwa im Text von Hugo Loetscher Wir hatten zwar gehoumlrt dass der Stamm der goldhuumltenden Gnomen friedfertig sei seit langem wuumlrden sie nicht mehr selber Krieg fuumlhren aber alle Kriege aufmerksam verfolgen indem sie keinem der Streitenden helfen und mit beiden Seiten Handel treiben [ ] Wir mussten feststellen dass diese Einheimishyschen nicht nur vor dem Gluumlck Angst haben sondern nichts so sehr fuumlrchten wie vor allem wenn diese von Fremden wie wir es sind werden (Loetscher 148 und 157 Hervorhebungen Ts) Literarisch werden hier Fremdbilder von der Schweiz solche die die Entdecker mitbringen (11 wir hatten gehoumlrt) und solche die sie in der Auseinandersetzung mit Einheimischen ad hoc bilden (wir mussten feststelshylen) Ein Subkorpus fuumlr Oumlsterreich fehlt hingegen leider

9 Fuumlr eine erste Orientierung bezuumlglich korpuslinguistischem Arbeiten im Fremdsprachenshyunterricht vgl z B Roumlmer 2010

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3 DAS NEUE DACH-PRINZIP UMSETZUNGEN UND UMSETZUNGSPROshyBLEME

Neu ist das neu genannte DACH-Prinzip also nicht oder zumindest jetzt noch nicht wie auch immer es genannt werden soll (vgl Demmig 2009 34) DACHL 20 DACHL-2 oder DACH(L)-neu Im Gegenteil Vor dem Hintergrund der ABCD-Thesen wirkt dieses Prinzip merkwuumlrdig bescheiden und blass Fishyscher (2007) und FischerFrischherzNoke (2010) kommen zu positiven Bilanshyzen was Anwendungen und Umsetzungen des (alten) DACH(L)-Konzepts anshygeht Haumlngt das miteinander zusammen Wuumlrde sich heute ein forderndes und farbiges DACH(L)-Konzept eruumlbrigen Die Gegenthese waumlre Auch das neue schlanke DACH-Prinzip das die grundsaumltzliche Anerkennung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch erreichen moumlchte wird nur teilweise beachtet und dort wo es beachtet wird zeigen sich Umsetzungsprobleme In diesem Spannungsshyfeld einige Beispiele zu sichten ist das Ziel dieses Kapitels Die sehr verschiedeshynen und natiirlich nicht repraumlsentativen Beispiele betreffen die Bereiche Sprachshyunterricht und Vermittlung von LandeskundeIKulturvermittlung nicht beshyruumlcksichtigt werden an dieser Stelle die Einschaumltzung landeskundlicher Lehrshymaterialien und die Lehreraus- und -weiterbildung

31 Unterricht der deutschen Sprache

Wenn die Oumlsterreicher ein bisschen anders sprechen ist ihr Deutsch beshystimmt nicht falsch Aber fuumlr die meisten Deutsch-Lerner ist es vielleicht besshyser wenn sie ein Standard-Deutsch lernen (Walser 2007 zitiert nach Haumlgi 2010 58) In Anbetracht der langen Tradition linguistischer und auch fremdshysprachendidaktischer Literatur zur Plurizentrik des Deutschen zusammengeshy

etwa in Haumlgi 2006 sind Faumllle wie der zitierte wo dem oumlsterreichischen Deutsch der standardsprachliche Status abgesprochen wird schon sehr ershystaunlich aber sie stehen nicht allein (z B Ransmayr 2006 Haumlgi 2011 unten in diesem Abschnitt) Waumlre es heute also tatsaumlchlich immer noch noumltig die Stanshydardsprachlichkeit des oumlsterreichischen Deutsch und des Schweizerhochshydeutschen herauszustellen Wahrscheinlich verhaumllt es sich zwar schon so dass man mit plurizentrisch konzipierten Pruumlfungen wie dem Zertifikat Deutsch (ZD) mehr Wirkung erzielt als mit Thesen Konzepten und Prinzishypien (Langner 2011 StuderWiedenkeller 2006)10 Trotzdem wird man festhalshy

10 Im ZD dominiert selbstverstaumlndlich deutschlaumlndisches Deutsch (mit moumlglichst hohem Anteil an Gemeindeutsch) hin und wieder kommt aber auch ein schweizerhochdeutsches Statement vor und nicht alle Austriazismen werden automatisch herausgestrichen

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ten muumlssen Falsche Darstellungen der linguistischen Verhaumlltnisse wie die zishytierte widersprechen dem neuen DACH-Prinzip nicht ganz einfach weil die- ses Prinzip mit der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes zwar die Plurishyzentrik des Deutschen aufruft dazu aber keine konkreten Aussagen macht

Ein in diesem Zusammenhang interessantes Fallbeispiel ist die Schweizer Ausgabe von studio d (Funk ua 2011) Im Vorwort zum Kurs- und Uumlbungsshybuch Al heisst es Die Houmlrtexte sind alle im Schweizer Standarddeutsch aufshygenommen waumlhrend die Phonetikuumlbungen keine regionalsprachlichen Merkshymale enthalten (Ebd 3) Man reibt sich die Augen und zwar gleich zwei Mal Alle Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch Und Phonetikuumlbungen ohne regional sprachliche Merkmale Was auf den ersten Blick aus einer schweizeshyrischen Perspektive wie Weihnachten im Sommer aussieht - alle () Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch wirft auf den zweiten Blick Fragen auf denn das Lehrbuch will auch in den Alltag der Menschen in den deutschsprachigen Laumlndern (ebd) einfuumlhren Wie so fragt man sich geht das zusammen Diese Menschen sprechen ja nicht alle Schweizerhochdeutsch Auch werden die Lernenden in der Schweiz ausserhalb des Kurses sicher nicht nur mit Schweishyzerhochdeutsch konfrontiert sein sondern mit vielerlei Deutsch zumal mit der deutschlaumlndischen Standardvarietaumlt auch mit der oumlsterreichischen und ganz sicher mit Schweizer Dialekten und zwar vor Ort ebenso wie in den Meshydien Waumlre man hier folglich mit der Forcierung des Schweizerhochdeutschen in bester Absicht uumlbers Ziel hinausgeschossen Nein so ist es nicht denn Buch und Vorwort von studio d sprechen eine andere Sprache und insbesondere die CD widerlegt was das Vorwort ankuumlndigt Mal houmlrt man Schweizerhochshydeutsch (meist mit schwacher gelegentlich mit staumlrkerer dialektaler Faumlrbung) mal deutschlaumlndisches Deutsch (durchgaumlngig deutlich noumlrdlicher Praumlgung) und dieses Nebeneinander gilt fuumlr die Houmlrtexte ebenso wie fuumlr die Uumlbungen zur Aussprache und bei den Ausspracheuumlbungen selbst finden sich beide Vashyrietaumlten sogar in ein- und derselben UumlbungY Insgesamt trifft man also in der fuumlr die Schweiz regionalisierten Ausgabe von studio d auf ein hohes Mass an Variation im Bereich der Aussprache und zwar schon auf Niveau Al Gross ist damit auch die Herausforderung fuumlr Lernende und Lehrende und es gaumllte genauer zu untersuchen welche Muster die Lernenden unter diesen Umstaumlnshyden produzieren und wie diese von den Lehrpersonen bewertet werden

11 zB werden Zahlen mit der Endsilbe -jg wie in dreissig zushynaumlchst mit Verschlusslaut es im Schweizerhochdeutschen aber auch in Suumlddeutschshyland und Oumlsterreich ist) und dann mit Reibelaut (wie in Norddeutschland) ausgeshysprochen in der einleitenden Uumlbung zu dieser Einheit vermutlich die mustergebende Phonetikuumlbung - houmlrt man ausschliesslich Reibelaute (zur regionalen Zuordnunl der Aussprache von -ig vgl Ammon 2004 LVIII zur Loyalitaumlt der Aussprache personen in DACH gegenuumlber der jeweils eigenen Standardvarietaumlt siehe SCmruulID

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Die zweite Ankuumlndigung im Vorwort die keine regionalsprachlichen Merkmale laumlsst sich grundsaumltzlich nicht halten Hier setzt sich wieder eine alt-bekannte Verwechslung durch Deutschlaumlndishysches Deutsch (noumlrdlicher Praumlgung) wird seiner hohen Sprecheranzahl und Praumlsenz wegen als neutral angesehen alles andere gilt im besseren Fall als markiert und im schlechteren als Abweichung Von da ist dann der Weg zur Nicht-Anerkennung des standardsprachlichen Status des Schweizerhochshydeutschen doch wieder vorgezeichnet und nicht mehr weit12

Festhalten laumlsst sich einstweilen Fuumlr die Inlandsituation ist das neue DACH-Prinzip deutlich unterspezifiziert und fuumlr die Auslandsituation bietet es nur eine sehr grobe Orientierung an Was genau mit der Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch gemeint sein soll- und was bedarf in beiden Faumlllen einer genaueren kontextspezifischen Ausfolgerung

Fuumlr das interkulturelle Lernen hat die Plurizentrik des Deutschen aber noch eine ganz andere Funktion Sie macht erfahrbar dass sprachliche Vielfalt herrscht nicht nur innerhalb des deutschsprachigen Raumes im Grossen sonshydern auch und das ist mindestens so wichtig (Fischer 2007 FischerFrischshyherzINoke 2010) an den Lernorten im Kleinen sie zeigt dass es nicht ein rich-

Deutsch gibt und dass mit den Varietaumlten und Varianten Einstellungen und Bewertungen einhergehen die einen erheblichen Einfluss auf die Komshymunikation und deren Gelingen haben koumlnnen Bekanntere Beispiele hierfuumlr aus der Schweiz sind einer Zusammenstellung von Haumlgi (2006 78) entnomshymen Ein Deutschschweizer der Schweizerhochdeutsch spricht wirkt auf eishynen deutschen Houmlrer exotisch niedlich und muss damit rechnen dass seine gesprochene Schweizer Standardvarietaumlt als Dialekt aufgefasst wird13

Umgekehrt wirkt die deutschlaumlndische Varietaumlt einer deutschen Sprecherin auf eine Deutschschweizerin neutral - oder aber arrogant und kalt Hier bei den soziolinguistischen Implikationen der Plurizentrik eroumlffnet sich ein weites Feld fuumlr interkulturelles Lernen lassen sich Wahrnehmungen nachshyvollziehen und vergleichen lassen sich Perspektiven und (fehlende) Perspekshytivenwechsel (zB Deutschschweizer Deutsche) rekonstruieren und diskutieren

12 In dem Zusammenhang sei an (zB 2005) erinnert der zwischen D(ominant) and O(ther) varieties unterscheidet zehn Asymmetrien zwischen D- und uO-Varietaumlshyten bezeichnet Demnach sehen zB Sprecher Innen einer dominanten Varietaumlt - im deutshyschen Sprachraum immer das deutschlaumlndische Deutsch - ihre eigene Varietaumlt in der Reshygel als Standard und die anderen Varietaumlten als abweichend an als nicht-standardsprachshylich und oft auch als exotisch herzig und archaisch (ebd 297)

13 Eine weitere Anekdote dazu Kuumlrzlich war ich zu einer Fachtagung in Deutschland (zum Themenkreis DaZ) eingeladen Der deutsche Kollege der fuumlr die Publikation der Referate verantwortlich ist bedeutete mir (ob mit leisem ironischen Unterton war mir nicht ganz deutlich) Sie schreiben nach der Schrift ja

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Einen guten wissenschaftlichen Ausgangspunkt dafuumlr bieten die Laienlingu- bull istik und die Wahrnehmungs dialektologie Hierbei handelt es sich um aktive linguistische Forschungszweige mit einem beachtliche~ freilich noch kaum genutzten Potential fuumlr die Landeskundedidaktik Ein konkretes Beispiel dashyfuumlr ist die Arbeit von Cuonz (z B Cuonz 2010) in der aumlsthetisch positive und negative sowie affektive Sprachurteile von Laien in der Deutsch- und Westshyschweiz anhand eines grossen Interview-Korpus untersucht werden14

bull Geshyrade die varietaumltenbezogenen Perzeptionen und Konzepte von Nicht-Unshyguistlnnen der Zielsprachenlaumlnder deren Urteile und Urteilsbegruumlndungen koumlnnten Lernende dazu anstossen uumlber Perzeptionen und Konzepte nachzushydenken die sie selbst mit ihren Sprachen verbinden

32 Vermittlung von LandeskundeKulturvermittlung

Traditionell wurden bei der Vermittlung von Landeskunde drei Ansaumltze unshyterschieden die gros so modo in dieser Reihenfolge entstanden sind kognishytive kommunikative und interkulturelle Ansaumltze (Zeuner 2001)15 Hinzu kommt als juumlngste Entwicklungslinie der kulturwissenschaftliche Ansatz (zB AltmayerKoreik 2010) Schlagwortartig und stark verkuumlrzt resuumlmiert gehen mit diesen Ansaumltzen die folgenden uumlbergeordneten Lernziele einher (Zeuner 2001 5ff) systematische Kenntnisse der Zielkultur (kognitiver Anshysatz) funktionierende Verstaumlndigung (kommunikativer Ansatz) sich selbst und andere (besser) verstehen (interkultureller Ansatz) Beim kulturwissenshyschaftlichen Ansatz sind die Lernziele im deutlichen Gegensatz zu den Zieshylen dieses Ansatzes fuumlr die landeskundliche Forschung nicht leicht auszushymachen und wohl nicht auf einen Begriff zu bringen sie duumlrften sich aber im Bereich des Nachvollziehens kollektiver Sinnstiftung bzw Orientierungsshymuster der soziokulturellen Partizipation und der personalen Identitaumltsshykonstruktion bewegen (vgl KoreiklPietzuch 2010 1449)

Grundsaumltzlich ist Bezugnahme auf mehr als ein deutschsprachiges Land der Zielsprache Deutsch wie es das neue DACH-Prinzip postuliert bei allen erwaumlhnten Ansaumltzen moumlglich Dies weist abermals auf die noch aussteshyhende konzeptuelle Ausfolgerung dieses Prinzips hin Gemaumlss Demmig

Thematisiert wird in dieser Arbeit auch das Problem der (Nicht-)Unterscheidbarkeit von Urteilen uumlber Sprache und Urteilen uumlber Sprach gemeinschaften und deren VertreterInshynen Mit diesem Problem ist natuumlrlich auch die landeskundliche Auseinandersetzung mit Varietaumlten konfrontiert

15 Eher quer dazu steht der sprachbezogene Ansatz vgl demgegenuumlber dh um ein Vielfashyches differenzierter das Handbuch Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (Krumm Ua 2010)

Braucht es ein neues DACH(L)

(2009) soll im neuen Prinzip dem interkulturellen Lernen ein wichtiger Stelshylenwert zukommen Das waumlre dann allerdings kein neues Element setzt doch schon das alte DACH(L)-Konzept einen Akzent im Bereich des interkulturelshylen Lernens (zB Fischer 2007)

Zu den prominenten Gegenstaumlnden interkulturellen Lernens gehoumlrte und gehoumlrt die Auseinandersetzung mit Stereotypen Auffaumlllig ist dabei ua wie hoch die diesbezuumlglichen Ziele gesteckt wurden und werden vgl etwa die ABCD-These 4 (Vorurteile und Klischees [sollen) sichtbar [gemacht] und abshygebaut sowie eine kritische Toleranz entwickelt werden) und fast woumlrtlich zB Caspari (2007 71 s auch oben Kap 1) Vorurteile und Klischees [sollen] sichtbar gemacht und abgebaut werden Es ist hier nicht der Ort den Begriff Stereotyp und verwandte Konzepte wie Vorurteil und Klischee genauer gegeneinander abzuwaumlgen Als Arbeitsdefinition mag ausreichen dass es sich bei Stereotypen um eine Form der nichtreflexiven Wahrnehmung und Verarbeitung der Auszligenwelt handelt (Althaus 2010 1425) Aus paumldagogischshydidaktischer Sicht von Bedeutung ist die Frage wie realistisch die Zielsetzung ist mittels Landeskunde Stereotype abbauen zu koumlnnen Diesbezuumlglich scheint mehr Realismus angezeigt nur schon wegen der Doppeigesichtigkeit von Stereotypen (z B KoumlnigsGnutzmann 2006 Stereotype gelten einershyseits als kognitive Schemata die durch grundlegende Wahmehmungs- Filteshyrungs- und Kategorisierungsprozesse entstehen Andererseits werden Stereoshytype als ungerechtfertigt vereinfachende generalisierende Wertungen und Aussagen angesehen Im ersten Fall sind Stereotype etwas kognitiv Notwenshydiges und Neutrales (das vor Reizuumlberflutung schuumltzt) im zweiten etwas Negatives Unerwuumlnschtes Daraus folgt dass sich Stereotypenbildung auch und gerade kulturbezogene nicht vermeiden lassen wird auch wenn sie zu Unerwuumlnschtem fuumlhrt und auch dass es schwierig sein wird Stereotype zu beeinflussen und zu veraumlndern Ein Ansatzpunkt in dieser Situation kann dashyrin gesehen werden die materielle Basis von Stereotypen zu rekonstruieren dh aufzuzeigen dass Vereinfachungen und Generalisierungen auf fehlender oder mangelnder empirischer Erfahrung beruhen koumlnnen In entsprechenden Projekten lassen sich z B Interviews mit SprecherInnen der Zielsprache uumlber Sprachurteile heranziehen (s oben 31) oder in der Inlandsituation von den Lernenden selbst durchfuumlhren

Hilfreiche Anregungen fuumlr die Arbeit am Stereotyp geben auch die von Roumlsch (2011) interkulturell akzentuierten Phasenmodelle der Uteraturdidakshytik Dort taucht das Konzept der bornierten Subjektivitaumlt auf im Zusamshymenhang mit der ersten Phase des Herangehens an einen literarischen Text Gemeint ist ein spontaner subjektiver Zugang zum literarischen Text der weishyteren objektivierenden und anwendungsbezogenen Phasen des Textversteshydas nicht weniger als neun Artikel zur Landeskunde umfasst die Artikel zur Rolle der

Literatur noch nicht eingerechnet

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hens vorangeht In interkultureller Akzentuierung heisst diese Phase bei

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Roumlsch (2011 348) bornierte Ethnizitaumlt und die Autorin empfiehlt diese beim Umgang mit Literatur zuzulassen auch wenn und gerade weil sie [die bornierte Ethnizitaumlt TS] Kulturalisierungen offenbart die im weiteren Vershylauf des Unterrichts aufgebrochen werden (ebd) Ein solcher Zugang zu inshyterkultureller Literatur ist lernerorientiert und scheint fruchtbar weil Lershynende im Unterricht in vielen Faumlllen mit Kulturalisierungen ankommen wershyden In aumlhnlicher Weise koumlnnte das anfaumlngliche Zulassen einer bornierten Ethnizitaumlt die Arbeit am Stereotyp in der Landeskunde unterstuumltzen indem eine realistische Ausgangslage fuumlr eine genauere Auseinandersetzung mit Stereotypen erzeugt wird (vgl dazu auch schon die ABeD-These 17 in der eine emotionale und subjektive Erfahrung der fremden Kultur empfohlen wird)

Zum begrifflichen Inventar der Auseinandersetzung mit Stereotypen geshyhoumlren die Selbst- und Fremdbilder (Auto- und Heterostereotype) die gegenshyuumlber sozialen Kollektiven bestehen und die sich perspektivisch jeweils auf Ausgangs- und Zielkulturen beziehen lassen Eine solche Differenzierung ershygibt ein Vierfelderschema anhand dessen Erdmenger (1996) versucht hat dishydaktisch nutzbare Konstellationen herauszuarbeiten Eine besondere Rolle spielen dabei die bei den Begriffe eigenes Heterostereotyp (z B was Deutschshyschweizer uumlber Deutsche denken) und fremdes Autostereotyp (zB was Deutsche uumlber sich selbst denken eigen und fremd hier also aus der Sicht der Deutschschweizer Ausgangskultur) weil zwischen diesen beiden Stereoshytypen oft eine grosse Diskrepanz besteht Erdmenger (1996 49) nennt diese Diskrepanz objektive soziale Urteilsdivergenz und meint damit nicht etwa dass diese Urteile die Wirklichkeit zeigen sondern dass es sich bei dieser Divergenz um empirisch feststellbare Zuschreibungen auf beiden Seiten handelt Ansatzpunkt der didaktischen Arbeit bei Erdmenger ist nun das jeweils eishygene Heterostereotyp Ein Beispiel eines sprachbezogenen Heterostereotyps aus der Deutschschweiz das hierzulande nach wie vor gelaumlufig ist wurde oben bereits zitiert DeutschschweizerInnen empfinden das gesprochene Standarddeutsch Deutschlands als neutral oder aber als arrogant und kalt Hier waumlre gemaumlss Erdmenger anzusetzen mit Fragen wie Warum auf welcher Folievor welchem Hintergrundvor dem Hintergrund welcher Ershywartungen und Erfahrungen schreiben Deutschschweizerlnnen Deutschen diese Praumldikate zu Und und das zielt dann auf die Konfrontation dieses Heshyterostereotyps mit dem (aus Sicht der DeutschschweizerInnen fremden) Aushytostereotyp der Deutschen Wie nehmen Deutsche ihre eigene Standardvarieshytaumlt wahr In umgekehrter Sichtweise wuumlrde es darum gehen dass Deutsche bei ihrem Heterostereotyp gegenuumlber DeutschschweizerInnen ansetzen und sich fragen Wie kommt es dazu DeutschschweizerInnen die Schweizerhochshydeutsch sprechen als exotisch oder niedlich zu apostrophieren Und

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diese Bilder waumlren dann wieder mit dem (aus Sicht von Deutschen fremden) Autostereotyp der Deutschschweizer zu konfrontieren in dem die Zuschreishybung niedlich sicher nicht vorkommt

Aktuell lassen sich Hetero- und Autostereotype zum Schweizerhochdeutshyschen zB gut anhand der Schweizer Produktionen zur TV-Krimiserie Tatshyort studieren16 So meinte ein deutscher Zuschauer zur Folge Skalpell ich koumlnnte mich immer wegschmeisen [sic] vor Lachen houmlrt sich einfach nur lusshytig an (Intemetforum der ARD zu Tatort Benutzemame 3052012) wohingegen sich das Schweizer Boulevard-Blatt Blick zur Folge Wunschdenken so vernehmen liess Schweizer Profi-Schauspieler reden wie Laien im Dorftheater Es holpert und aumlchzt - und tut in den Ohren weh (Blick zitiert nach Bild am Sonntag 1482011) Was fuumlr den deutschen Zushyschauer einfach nur lustig ist (heterostereotype Perzeption) tut Schweizer Redakteuren in den Ohren weh (autostereotype Perzeption) Unterschiedlishycher koumlnnten die Wahrnehmungen kaum sein Will man sie im Unterricht aufshygreifen und auf ihre soziolinguistischen Hintergruumlnde befragen scheint es noumlshytig den Lernenden auch Wissen anzubieten und zwar durchaus im Sinne der informationsbezogenen Landeskunde hier etwa Hintergrundwissen zum Verhaumlltnis von Dialekt und Standardsprache in der muumlndlichen Alltagskomshymunikation und in der Schule der Deutschschweiz

Die Idee der Auseinandersetzung mit der objektiven sozialen Urteilsdishyvergenz Erdmengers laumluft also darauf hinaus Heterostereotype mit Autosteshyreotypen in Beziehung zu setzen um divergente Zuschreibungen sichtbar zu machen Voraussetzung dafuumlr waumlre wiederum die Bereitschaft fuumlr und das sich Einlassen auf einen PerspektivenwechseL

Im Rahmen einer Interventionsstudie zum gymnasialen Englischuntershyricht bringt Papenberg Indizien bei die dafuumlr sprechen dass Uumlbungen zum Perspektivenwechsel die interkulturelle Sensitivitaumlt der Schuumllerinnen und Schuumller entwickeln und somit ethnorelative Sichtweisen foumlrdern koumlnnen (Pashypenberg 2009 203) Allerdings gibt es auch Hinweise darauf dass negative Heterostereotype dauerhaft sind und sich sogar wider besseres am Einzelfall erfahrbares und uumlberpruumlfbares Wissen durchsetzen koumlnnen TaHel (1982 zit n Thomas 2006 9f) beschreibt in einer fruumlhen sozialpsychologischen Studie die Tendenz menschliches Verhalten das de facto individuell ist als gleichshyfoumlrmig einheitlich und gruppentypisch wahrzunehmen Der Punkt ist dabei

16 Die Schweizer Tatort-Folgen werden jeweils in zwei Versionen produziert und ausgeshystrahlt naumlmlich einmal in einer Dialekt-Version fuumlr die Schweiz und einmal in einer synshychronisierten Version fuumlr Deutschland in der je nach Folge unterschiedlich stark dialektal gepraumlgtes Schweizerhochdeutsch gesprochen wird Die synchronisierten Versionen sind regelmaumlssig Stein des Anstosses in Presse und Chatraumlumen und zwar auf beiden Seiten des Rheins

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der dass diese Depersonalisierungstendenz sehr ungleich verteilt ist dh nur auf die Wahrnehmung von Mitgliedern wenig bekannter fremder z B politischer oder religioumlser Gruppen zutrifft nicht aber auf die Wahrnehmung von Mitgliedern eigener Gruppen (zB KollegInnen im Sportverein) Deren Verhalten wird als individuell angesehen und in der Folge als Beleg fuumlr die Uumlberlegenheit der eigenen Gruppe gewertet Falls sich Taifels (fruumlhe unter kontrollierten Bedingungen erhobenen) Befunde auch heute noch ergaumlben koumlnnte man sich die Resistenz bestimmter Stereotype z B derjenigen die oben im Zusammenhang mit dem Schweizerhochdeutschen angefuumlhrt wurshyden immerhin etwas besser erklaumlren

Gerne werden im Unterricht beim Thema Stereotype Ergebnisse der pushyblizistisch orientierten Demoskopie herangezogen nicht zuletzt weil sie leicht greifbar sind So kann man etwa in Die Welt vom 2592012 lesen

Die Deutschen haben das typisch Deutsche satt Einer repraumlsentativen Studie zufolge fuumlhren die Deutschen ein regelrechtes Doppelleben 73 Proshyzent sagen man sei hierzulande gar nicht so ehrlich puumlnktlich und gewisshysenhaft wie man immer tue Lediglich 35 Prozent schaumltzen sich als tyshypisch deutsch ein 36 Prozent stufen sich als nicht typisch deutsch ein der Rest aumluszligert sich unentschieden (oRepraumlsentative Studie im Auftrag der Brauerei Oettinger an der 1000 Personen teilnahmen und 200 Frauen und Maumlnner in Einzel- und Gruppeninterviews befragt wurden http wwwweltdevermischtesartide109452067Die-Deutschen-haben-das-tyshypisch-Deutsche-satthtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Oder auch in Die Welt vom 272012

Noch nie hatten Oumlsterreicher die Deutschen so lieb Lange waren Deutsche in Oumlsterreich als hochnaumlsige Piefkes verschrien - doch diese Zeiten scheinen vorbei Jetzt haben 47 Prozent der Oumlsterreicher eine ziemlich gute Meinung von ihnen (Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts unter einer Graphik steht Oumlsterreichische Bevoumllkerung ab 16 Jahren wwwweltdevermischtesartic1e1 07688360N och-nie-hatten-Oesterreichershydie-Deutschen-so-liebhtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Das sind natuumlrlich attraktive Schlagzeilen und sie wuumlrden im Unterricht sishycherlich fuumlr Diskussionsstoff sorgen Man koumlnnte sogar versucht sein aus dem ersten Beispiel die These abzuleiten dass sich Autostereotype (Ledigshylich 35 Prozent [der Deutschen] schaumltzen sich als typisch deutsch schneller veraumlndern oder mindestens schneller differenzieren als Heterosteshyreotype (siehe dazu oben die sprachbezogenen Heterostereotype in der Deutschschweiz gegenuumlber Deutschen) Allerdings ist auch an dieser Stelle

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eindringlich vor Fehlschluumlssen aus solchen Umfragen zu warnen Zu bedenshyken gilt es zunaumlchst dass die Art der Befragung die Form und auch den Inhalt der Antworten vorzeichnen kann - und meistens auch vorzeichnet Wer nach Stereotypen bekommt Stereotypen zur Antwort und wer abgestufte Antwortkategorien vorgibt bekommt als Antwort genau den erfragten Diffeshyrenziertheitsgrad zuruumlck Damit besteht die Gefahr dass Stereotype abgerushyfen (im besseren Fall) oder durch die Fragen selbst erst konstruiert werden

schlechteren Fall) Dh es ist damit zu rechnen dass es durch Umfragen auch zu Fest- und Fortschreibungen von klischeehaften Vorstellungen komshymen kann die an der Wirklichkeit vorbeigehen bzw zu Resultaten die sich mit anderen Untersuchungsmethoden zB mit qualitativen offenen intershyviews uU (so) nicht ergaumlben Die Art der Befragung strukturiert die Form des Urteils das sie selbst zu ermitteln versucht selbst vor Sie setzt die Verallshygemeinerung von Eigenschaften auf ganze Nationen als gegeben voraus die dann als Vorurteil festgestellt wird (Picht 1980 zit n Althaus 2010 1425) Hinzu kommt das Problem dass bei Umfragen dieser Art die Transparenz in der Regel nicht oder nur in eingeschraumlnktem Mass gegeben ist Das jeweilige Befragungsinstrument ist nicht verfuumlgbar die Daten erst recht nicht und uumlber die Durchfuumlhrung der Untersuchung ist kaum etwas bekannt Ausserdem lieshygen die Resultate oft nur in redaktionell aufbereiteter Form vor

All das bedeutet natuumlrlich nicht dass man Umfragen im Unterricht nicht verwenden soll es bedeutet aber dass man dies reflektiert tun sollte Was das im Einzelnen heisst sollte unten in Kap 42 noch deutlicher werden

Eine wissenschaftliche Untersuchung die sich der Struktur-Problematik der Stereotypen forschung sehr wohl bewusst ist (ihr aber letztlich auch nicht ausweichen kann) ist die Studie von Bolten (2006) zur Entwicklung von Natishyonalstereotypen im Globalisierungsprozess Sie zeigt dass der DaF-Untershyricht immer noch mit tradierten Stereotypen zu rechnen hat auf Seiten der Lernenden ebenso wie auf Seiten der Lehrenden (vgl auch Althaus 2010 1429) Genau deshalb fordert zB Bechtel (2009 153) mit Recht dass Stereoshytype nicht ausgeblendet sondern im Unterricht thematisiert und zum Gegenshystand von Lernprozessen gemacht werden

4 DACH(l) WIE WEITER

Das alte DACH(L)-Konzept hatte die sozio-kulturelle Sensibilisierung und den Perspektivenwechsel als einen von drei grossen Lernzielbereichen beshystimmt (neben der Vermittlung von Strategien zum selbstaumlndigen Wissensershywerb und Methoden zur Integration von Vorwissen Wahrnehmungen und neuem Wissen als den beiden andern Lernzielbereichen) Zur sozio-kulturelshy

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len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Braucht es ein neues DACH(L)

Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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Thomas Studer

lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Thomas Studer

wohnte und Normale fragwuumlrdig erscheinen lassen und Anlass sein zur Relashy ~

tivierung eigener Wahrnehmungen und Einstellungen Gleichzeitig eroumlffnet der fremde Blick eine differenzierte Sicht auf das Fremde und Ungewohnte und kann dazu beitragen das Fremde weniger als Abweichung und mehr als Andersartiges prinzipiell aber Gleichwertiges und Gleichberechtigtes zu beshygreifen

Perspektivenwechsel und noch einen Schritt weiter Perspektivenkoordishynation sind denn auch zentrale Elemente von Definitionen interkulturellen Lernens wie zB derjenigen von Caspari (2007 71) fuumlr den Kontext des schushylischen Fremdsprachenunterrichts2

Die Entdeckung der Schweiz laumlsst sich also als Einladung zum interkulshyturellen Lernen verstehen (siehe auch Kap 2) Aber waumlre dieser Text auch ein Beispiel fuumlr landeskundliches Arbeiten nach dem DACH-Prinzip wie es von einer neuen DACHL-Arbeitsgruppe 2008 verabschiedet und von dieser als neu bezeichnet wurde3 Und was genau waumlre denn das Neue dieses Prinshyzips gegenuumlber dem bekannten DACH(L)-Landeskundekonzept das der klashyreren Bezugnahme wegen hier alt genannt wird und dessen Fundament den ABCD-Thesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht (zB Fremdsprache Deutsch 31990) Diesen Fragen will ich im naumlchsten Abschnitt nachgehen (Kap 2) Im dritten Kapitel soll anhand von einigen Beispielen ershykundet werden was das neue Prinzip fuumlr den Unterricht der deutschen Sprashyche (31) und die Vermittlung von LandeskundeKulturvermittlung (32) leisshyten kann und was nicht Ausgehend davon soll im vierten Kapitel diskutiert werden ob das neue Prinzip weiter entwickelt werden sollte und falls ja in welche Richtungen die Entwicklungen gehen koumlnnten Meine Thesen werden dabei sein dass Weiterentwicklungen des DACH-Prinzips zumal im Bereich von Kultur- und Interkulturalitaumltskonzepten notwendig sind wenn DACH auch in Zukunft in der wissenschaftlichen Diskussion Gehoumlr finden und in der Praxis beachtet werden will In Kap 5 werden die Uumlberlegungen dann noch kurz bilanziert

2 Beim interkulturellen Lernen [soll] explizit die Beziehung zwischen eigenen und fremdshykulturell gepraumlgten Wirklichkeitsbereichen hergestellt werden (PerspektivenkoordinashyHon) Dazu ist der Vergleich der verschiedenen Perspektiven (Perspektiven wechsel) notwendig [ ] Caspari 2007 71 vgl auch Caspari 2009 sowie zur Diskussion des Persshypektivenbegriffs ua BechteI2009 145f

3 Zur Geschichte dieses Prinzips siehe Langner 2011 zur Konzeptgruppe auch Pucharskil Zank 2009

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2 ZUM (GAR NICHT SO) IINEUEN DACH-PRINZIP

Das DACH-Prinzip bedeutet die grundsaumltzliche Anerkennung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch im Rahmen des Unterrichts der deutschen Sprache der Vermittlung von Landeskunde der Produktion von Lehrmashyterialien sowie der Aus- und Fortbildung von Unterrichtenden (DACHLshyAG 2008)

Keine Frage Dem so gefassten DACH-Prinzip wird man zustimmen koumlnnen nicht nur in den Alpenrepubliken sondern auch in deutschen Landen und in nicht-deutschsprachigen Laumlndern Nur Was in dieser Definition waumlre denn neu gegenuumlber dem alten DACH(L)-Landeskundekonzept bzw den ABCD-Thesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht (zur Aktushyalitaumlt dieser Thesen siehe auch Haumlgi 2011) Mit Sicherheit nicllt neu ist z B das zentrale Postulat der Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Gegenteil die sprachliche und kulturelle Pluralitaumlt des deutschshysprachigen Raumes wird in den ABCD-Thesen nicht nur erwaumlhnt sondern bereits in Richtung Binnenkontrastivitaumlt als Chance weiter gedacht In These 5 wird gefordert dass der ganze deutschsprachige Raum beruumlcksichtigt wershyden soll wobei die Vielfalt der Quellen und Transparenz der jeweiligen Standshypunkte und Sichtweisen wichtige Kriterien seien In These 3 steht auszligerdem Die Tatsache dass Deutsch in verschiedenen Regionen Muttersprache ist stellt eine besondere Chance fuumlr einen auf interkulturelle Kommunikation hin orientierten Unterricht dar (ABCD-Thesen 1990 These 3) Worin diese Chance gesehen wird haben HackllLangnerlSimon-Pelanda in Heft 18 von Fremdsprache Deutsch genauer ausgefuumlhrt Empfohlen wird dort (HackllLangshynerlSimon-Pelanda 1998 10) die interkulturelle Reflexion nicht nur und nicht einmal zuerst anhand des Kontrasts von Herkunfts- und Zielsprachenland in Gang zu bringen sondern sie dort beginnen zu lassen wo die grundsaumltzliche Gleichwertigkeit verschiedener Kulturen weniger fraglich zu sein scheint naumlmlich innerhalb des deutschsprachigen Raums Genutzt werden sollte so die sprachliche und kulturelle Pluralitaumlt im deutschsprachigen Raum Bei dieshyser Vielfalt so die Idee kann soziolinguistische Sensibilisierung ansetzen hier koumlnnen Wahrnehmungen geschult und verschiedene Perspektiven nachvollshyzogen werden und das eben wegen der grundsaumltzlichen Gleichwertigkeit der Kulturen als wichtiger Voraussetzung interkulturellen Lernens (ebd) mit wenig Risiko und mit einer Art Schonfrist fuumlr die Auseinandersetzung mit eigenen kulturellen Praumlgungen auf die es letztlich auch in diesem Ansatz ankommt Binnenkontrastivitaumlt wurde also auch als Chance verstanden intershykulturelles Lernen vorzubereiten

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Ausser der IJBezugnahme auf mehr als ein Land steht dann eigentlich bullnicht mehr viel drin im neuen DACH-Prinzip mindestens explizit nicht Und

die Bezugnahme lJ selbst wird konzeptuell nicht weiter ausgefolgert ein Hinshyweis in Richtung Binnenkontrastivitaumlt fehlt Dies duumlrfte auch damit zu tun haben dass die Binnenkontrastivitaumlt mitunter auch falsch verstanden dh im Uumlbermass betrieben wurde naumlmlich im Sinne der parallelen Behandlung von gleichen Themen fuumlr alle deutschsprachigen Laumlnder (Langner 2011 266) und das auszligerdem noch mit der Ausrichtung auf Fakten4bull Demgegenuumlber zeigt Fischer (2007) am Beispiel des Lehrwerks Dimensionen dem DACHshyAushaumlngeschild dass Themen wie zB Geschichte durchaus laumlndervergleishychend behandelt werden koumlnnen und zwar durchaus auch mit Informationsshytexten und dem Ziel ein Bewusstsein fuumlr Differenzierungen zwischen den DACH-Laumlndern zu schaffen Dabei kommt es allerdings so Fischer darauf an dass die Themen auch via Einzelschicksale aus den drei Laumlndern erarbeitet werden und zentral sei dass die Lernenden ihre eigenen Erfahrungen und persoumlnlichen Bezuumlge einbringen koumlnnen um sie fuumlr die Geschichte ihrer Hershykunftskulturen zu sensibilisieren (VgL Fischer 2007)

Auch das Praumldikat integrativ das die Landeskunde des alten DACH(L)shyKonzepts charakterisiert wurde nicht ins neue Prinzip uumlbernommen Integrashytiv ist das alte DACH(L)-Konzept ja in mindestens dreierlei Hinsicht Erstens handelt es sich um ein alle deutschsprachigen Regionen und Laumlnder einbezieshyhendes landeskundliches Konzept Zweitens versteht sich dieses Konzept als integrierte Landeskunde bei der das Sprachenlernen mit sozio-kulturellem Lernen und Kulturverstehen auf eine explizite Weise verknuumlpft wird indem die kulturellen Bezuumlge sprachlicher Phaumlnomene zum Reflexionsgegenstand gemacht werden Drittens schliesslich sind im DACH(L)-Konzept gleich mehshyrere allgemeindidaktische Grundsaumltze integriert darunter die thematische Recherche mit der dafuumlr typischen Lerner- Projekt- und Prozessorientierung (z B FischerFrischherzINoke 2010 1507) - Vielleicht versteht sich das neue Prinzip deshalb nicht als integrativ weil die damit einhergehenden Fordeshyrungen als erfuumlllt angesehen werden vielleicht ging es auch darum den umshyfassenden Anspruch auf Beruumlcksichtigung aller deutschsprachigen Regionen zugunsten der Bezugnahme auf mehr als ein Land zuruumlckzunehmen Wie auch immer Dass es trotz des Anspruchs die Vielfalt des deutschsprachigen Raums zu beruumlcksichtigen nicht zu einer Uumlberforderung der Akteure komshymen muss wurde vielfach gezeigt und braucht hier nicht mehr genauer ausshygefuumlhrt zu werden (z B Langner 2011 FischerFrischherzINoke 2010 Fischer

4 Der Didaktik-Band zu den so genannten Ziegelsteinen von Koch (1999) haumltte dies indesshysen verhindem helfen koumlnnen

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2007) Die bekannten Massnahmen sind Arbeit am Beispiel einerseits und Foumlrderung von Methoden des selbstaumlndigen Wissenserwerbs andererseits

Und was ist jetzt mit derEntdeckung der Schweiz Kann die Auseinandershysetzung mit diesem Text auch als Beispiel fuumlr landeskundliches Arbeiten nach dem neuen DACH-Prinzip gelten Ja und sogar als Einzelbeispiel (in der Reshygel wird man sonst nicht ein einzelnes Beispiel sondern etwa eine Aufgabenshysammlung auf DACH(L)-Tauglichkeit pruumlfen) insofern der Text am Rande die deutsch-schweizerische Grenze thematisiert5 Gleichzeitig weist der Text aber uumlber erste Schritte interkulturellen Verstehens (hier ein CH-D Kontrast der sich teilweise auch als Null-Kontrast darstellt) hinaus indem er einen Suumldamerika-Schweiz-Kontrast inszeniert und diesen durch einen Perspektishyvenwechsel nachvollziehen laumlsst was zur Auseinandersetzung mit der Wahrshynehmung von Fremdenm und eigenen Fremdbildern einlaumldt

Das Beispiel vermag aber auch zu illustrieren wie wichtig bei der Arbeit mit literarischen Texten die Differenzierung nach Zielgruppen und Lernorten ist Je nach Lernort und was quer dazu stehen kann je nach Art und Umfang eigener Erfahrungen mit dem Zielsprachenland (primaumlren und medial vershymittelten) ist mit sehr unterschiedlichem Vorwissen und sehr verschiedenen Textverstaumlndnissen der Lernenden zu rechnen Dabei sollte es folgt man neushyeren literaturdidaktischen Ansaumltzen (z B NeidlingerPasewalck 2011 DobshystadtRiedner 2011) nicht darum gehen fehlendes Vorwissen der Lernenden zu kompensieren indem man externes Wissen beibringt und noch viel wenishyger darum auf das eine Textverstaumlndnis hinzuarbeiten Denn Ersteres wuumlrde Vorstellungen von der Literatur als Informationsspeicher Vorschub leisten und damit an deren Charakter als einer eigenen auch Muttersprachlerinnen immer ein Stuumlck weit fremd bleibenden Sprache vorbeigehen und Letzteres der prinzipiell nicht letztguumlltig festlegbaren Bedeutung und Wirkung von Lishyteratur zuwiderlaufen Hingegen koumlnnte es darum gehen Paralleltexte zur Entdeckung der Schweiz beizuziehen darunter nicht-literarische historishysche undoder aktuelle Texte welche die erwaumlhnten Fremdbilder von der Schweiz (zB im Hinblick auf Reichtum oder die Neutralitaumlt) ebenfalls zur Sprache bringen Dies sollte es den Lernenden erlauben den literarischen Text besser einzuschaumltzen dessen auch historische Bedingtheit abzuschaumltzen und auch etwas von der Vielfalt der Meinungen und Standpunkte zB zur Neu-

Der Fluss durch den sich die Boote hinaufkaumlmpften (Loetscher 1985 146f) wird zwar nicht explizit genannt im Verlauf der Lektuumlre wird allerdings fuumlr Ortskundige () schon klar dass es sich um den Rhein handelt ua wegen dem Dreilaumlndereck und den deutshylichen Anspielungen auf die Basler Chemie und auch weil der fragliche Fluss ein Grenzshyfluss ist mit der Schweiz auf der einen Seite wobei diese Grenze von den Entdeckern gerade nicht als Landesgrenze wahrgenommen wird

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tralitaumlt der Schweiz zu erfahren6 Aber auch der literarische Ausgangstext selbst kann Anlass sein auf ein vertieftes Verstaumlndnis hinzuarbeiten etwa durch mehrmaliges genaues Lesen im Sinne einer fuumlnften Fertigkeit (vgl den Five-Skills-English-Ansatz von McRea 2008) z B um zu erkunden von wem und mit welchen Verben die Fremdbilder von der Schweiz im Beispielshytext erzaumlhlt werden Weiters koumlnnten mit Methoden die sonst im Rahmen der sprachbezogenen Landeskunde Anwendung finden (Bettermann 2010) kulturell aufgeladene Textwoumlrter wie Einheimische recherchiert werden und zwar auch in elektronischen Korpora des Deutschen zB im Leipziger Korpus (httpcorporainformatikuni-leipzigde 3112013) Letzterer bietet sich fuumlr D-CH-bezogene Fragestellungen in besonderer Weise an da separate Abfragen fuumlr die nationalen Standardvarietaumlten des Deutschen in Deutschshyland und in der Schweiz (German und German (eH) moumlglich sind8 Das ershygaumlnzt die traditionelle Arbeit mit den DaF-Woumlrterbuumlchern in idealer Weise weil man sich die Suchwoumlrter in elektronischen Korpora in der Regel in aktushyellen Gebrauchskontexten anzeigen lassen kann (sog KWICs - keyword in conshytext) Das ist insbesondere auch fuumlr vom deutschen Sprachraum weit(er) entshyfernte Laumlnder eine Moumlglichkeit zu problem-fokussierter und gleichwohl aushythentischer Sprache zu kommen9

Alle diese Arbeitsideen sind nicht an das DACH-Prinzip gebunden aber sie vermoumlgen vielleicht anzudeuten wie dieses Prinzip zum Leben erweckt werden kann

Solche Vergleichstexte gibt es zB in der Schweizer Ausgabe der deutschen Zeitung Die Zeit Zum Begriff Paralleltexte vgl Altmayer 2002 dort freilich im Zusammenhang mit dem Konzept einer kulturwissenschaftlichen Textanalyse

7 So heisst es etwa im Text von Hugo Loetscher Wir hatten zwar gehoumlrt dass der Stamm der goldhuumltenden Gnomen friedfertig sei seit langem wuumlrden sie nicht mehr selber Krieg fuumlhren aber alle Kriege aufmerksam verfolgen indem sie keinem der Streitenden helfen und mit beiden Seiten Handel treiben [ ] Wir mussten feststellen dass diese Einheimishyschen nicht nur vor dem Gluumlck Angst haben sondern nichts so sehr fuumlrchten wie vor allem wenn diese von Fremden wie wir es sind werden (Loetscher 148 und 157 Hervorhebungen Ts) Literarisch werden hier Fremdbilder von der Schweiz solche die die Entdecker mitbringen (11 wir hatten gehoumlrt) und solche die sie in der Auseinandersetzung mit Einheimischen ad hoc bilden (wir mussten feststelshylen) Ein Subkorpus fuumlr Oumlsterreich fehlt hingegen leider

9 Fuumlr eine erste Orientierung bezuumlglich korpuslinguistischem Arbeiten im Fremdsprachenshyunterricht vgl z B Roumlmer 2010

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Braucht es ein neues DACH(L)

3 DAS NEUE DACH-PRINZIP UMSETZUNGEN UND UMSETZUNGSPROshyBLEME

Neu ist das neu genannte DACH-Prinzip also nicht oder zumindest jetzt noch nicht wie auch immer es genannt werden soll (vgl Demmig 2009 34) DACHL 20 DACHL-2 oder DACH(L)-neu Im Gegenteil Vor dem Hintergrund der ABCD-Thesen wirkt dieses Prinzip merkwuumlrdig bescheiden und blass Fishyscher (2007) und FischerFrischherzNoke (2010) kommen zu positiven Bilanshyzen was Anwendungen und Umsetzungen des (alten) DACH(L)-Konzepts anshygeht Haumlngt das miteinander zusammen Wuumlrde sich heute ein forderndes und farbiges DACH(L)-Konzept eruumlbrigen Die Gegenthese waumlre Auch das neue schlanke DACH-Prinzip das die grundsaumltzliche Anerkennung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch erreichen moumlchte wird nur teilweise beachtet und dort wo es beachtet wird zeigen sich Umsetzungsprobleme In diesem Spannungsshyfeld einige Beispiele zu sichten ist das Ziel dieses Kapitels Die sehr verschiedeshynen und natiirlich nicht repraumlsentativen Beispiele betreffen die Bereiche Sprachshyunterricht und Vermittlung von LandeskundeIKulturvermittlung nicht beshyruumlcksichtigt werden an dieser Stelle die Einschaumltzung landeskundlicher Lehrshymaterialien und die Lehreraus- und -weiterbildung

31 Unterricht der deutschen Sprache

Wenn die Oumlsterreicher ein bisschen anders sprechen ist ihr Deutsch beshystimmt nicht falsch Aber fuumlr die meisten Deutsch-Lerner ist es vielleicht besshyser wenn sie ein Standard-Deutsch lernen (Walser 2007 zitiert nach Haumlgi 2010 58) In Anbetracht der langen Tradition linguistischer und auch fremdshysprachendidaktischer Literatur zur Plurizentrik des Deutschen zusammengeshy

etwa in Haumlgi 2006 sind Faumllle wie der zitierte wo dem oumlsterreichischen Deutsch der standardsprachliche Status abgesprochen wird schon sehr ershystaunlich aber sie stehen nicht allein (z B Ransmayr 2006 Haumlgi 2011 unten in diesem Abschnitt) Waumlre es heute also tatsaumlchlich immer noch noumltig die Stanshydardsprachlichkeit des oumlsterreichischen Deutsch und des Schweizerhochshydeutschen herauszustellen Wahrscheinlich verhaumllt es sich zwar schon so dass man mit plurizentrisch konzipierten Pruumlfungen wie dem Zertifikat Deutsch (ZD) mehr Wirkung erzielt als mit Thesen Konzepten und Prinzishypien (Langner 2011 StuderWiedenkeller 2006)10 Trotzdem wird man festhalshy

10 Im ZD dominiert selbstverstaumlndlich deutschlaumlndisches Deutsch (mit moumlglichst hohem Anteil an Gemeindeutsch) hin und wieder kommt aber auch ein schweizerhochdeutsches Statement vor und nicht alle Austriazismen werden automatisch herausgestrichen

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ten muumlssen Falsche Darstellungen der linguistischen Verhaumlltnisse wie die zishytierte widersprechen dem neuen DACH-Prinzip nicht ganz einfach weil die- ses Prinzip mit der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes zwar die Plurishyzentrik des Deutschen aufruft dazu aber keine konkreten Aussagen macht

Ein in diesem Zusammenhang interessantes Fallbeispiel ist die Schweizer Ausgabe von studio d (Funk ua 2011) Im Vorwort zum Kurs- und Uumlbungsshybuch Al heisst es Die Houmlrtexte sind alle im Schweizer Standarddeutsch aufshygenommen waumlhrend die Phonetikuumlbungen keine regionalsprachlichen Merkshymale enthalten (Ebd 3) Man reibt sich die Augen und zwar gleich zwei Mal Alle Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch Und Phonetikuumlbungen ohne regional sprachliche Merkmale Was auf den ersten Blick aus einer schweizeshyrischen Perspektive wie Weihnachten im Sommer aussieht - alle () Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch wirft auf den zweiten Blick Fragen auf denn das Lehrbuch will auch in den Alltag der Menschen in den deutschsprachigen Laumlndern (ebd) einfuumlhren Wie so fragt man sich geht das zusammen Diese Menschen sprechen ja nicht alle Schweizerhochdeutsch Auch werden die Lernenden in der Schweiz ausserhalb des Kurses sicher nicht nur mit Schweishyzerhochdeutsch konfrontiert sein sondern mit vielerlei Deutsch zumal mit der deutschlaumlndischen Standardvarietaumlt auch mit der oumlsterreichischen und ganz sicher mit Schweizer Dialekten und zwar vor Ort ebenso wie in den Meshydien Waumlre man hier folglich mit der Forcierung des Schweizerhochdeutschen in bester Absicht uumlbers Ziel hinausgeschossen Nein so ist es nicht denn Buch und Vorwort von studio d sprechen eine andere Sprache und insbesondere die CD widerlegt was das Vorwort ankuumlndigt Mal houmlrt man Schweizerhochshydeutsch (meist mit schwacher gelegentlich mit staumlrkerer dialektaler Faumlrbung) mal deutschlaumlndisches Deutsch (durchgaumlngig deutlich noumlrdlicher Praumlgung) und dieses Nebeneinander gilt fuumlr die Houmlrtexte ebenso wie fuumlr die Uumlbungen zur Aussprache und bei den Ausspracheuumlbungen selbst finden sich beide Vashyrietaumlten sogar in ein- und derselben UumlbungY Insgesamt trifft man also in der fuumlr die Schweiz regionalisierten Ausgabe von studio d auf ein hohes Mass an Variation im Bereich der Aussprache und zwar schon auf Niveau Al Gross ist damit auch die Herausforderung fuumlr Lernende und Lehrende und es gaumllte genauer zu untersuchen welche Muster die Lernenden unter diesen Umstaumlnshyden produzieren und wie diese von den Lehrpersonen bewertet werden

11 zB werden Zahlen mit der Endsilbe -jg wie in dreissig zushynaumlchst mit Verschlusslaut es im Schweizerhochdeutschen aber auch in Suumlddeutschshyland und Oumlsterreich ist) und dann mit Reibelaut (wie in Norddeutschland) ausgeshysprochen in der einleitenden Uumlbung zu dieser Einheit vermutlich die mustergebende Phonetikuumlbung - houmlrt man ausschliesslich Reibelaute (zur regionalen Zuordnunl der Aussprache von -ig vgl Ammon 2004 LVIII zur Loyalitaumlt der Aussprache personen in DACH gegenuumlber der jeweils eigenen Standardvarietaumlt siehe SCmruulID

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Die zweite Ankuumlndigung im Vorwort die keine regionalsprachlichen Merkmale laumlsst sich grundsaumltzlich nicht halten Hier setzt sich wieder eine alt-bekannte Verwechslung durch Deutschlaumlndishysches Deutsch (noumlrdlicher Praumlgung) wird seiner hohen Sprecheranzahl und Praumlsenz wegen als neutral angesehen alles andere gilt im besseren Fall als markiert und im schlechteren als Abweichung Von da ist dann der Weg zur Nicht-Anerkennung des standardsprachlichen Status des Schweizerhochshydeutschen doch wieder vorgezeichnet und nicht mehr weit12

Festhalten laumlsst sich einstweilen Fuumlr die Inlandsituation ist das neue DACH-Prinzip deutlich unterspezifiziert und fuumlr die Auslandsituation bietet es nur eine sehr grobe Orientierung an Was genau mit der Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch gemeint sein soll- und was bedarf in beiden Faumlllen einer genaueren kontextspezifischen Ausfolgerung

Fuumlr das interkulturelle Lernen hat die Plurizentrik des Deutschen aber noch eine ganz andere Funktion Sie macht erfahrbar dass sprachliche Vielfalt herrscht nicht nur innerhalb des deutschsprachigen Raumes im Grossen sonshydern auch und das ist mindestens so wichtig (Fischer 2007 FischerFrischshyherzINoke 2010) an den Lernorten im Kleinen sie zeigt dass es nicht ein rich-

Deutsch gibt und dass mit den Varietaumlten und Varianten Einstellungen und Bewertungen einhergehen die einen erheblichen Einfluss auf die Komshymunikation und deren Gelingen haben koumlnnen Bekanntere Beispiele hierfuumlr aus der Schweiz sind einer Zusammenstellung von Haumlgi (2006 78) entnomshymen Ein Deutschschweizer der Schweizerhochdeutsch spricht wirkt auf eishynen deutschen Houmlrer exotisch niedlich und muss damit rechnen dass seine gesprochene Schweizer Standardvarietaumlt als Dialekt aufgefasst wird13

Umgekehrt wirkt die deutschlaumlndische Varietaumlt einer deutschen Sprecherin auf eine Deutschschweizerin neutral - oder aber arrogant und kalt Hier bei den soziolinguistischen Implikationen der Plurizentrik eroumlffnet sich ein weites Feld fuumlr interkulturelles Lernen lassen sich Wahrnehmungen nachshyvollziehen und vergleichen lassen sich Perspektiven und (fehlende) Perspekshytivenwechsel (zB Deutschschweizer Deutsche) rekonstruieren und diskutieren

12 In dem Zusammenhang sei an (zB 2005) erinnert der zwischen D(ominant) and O(ther) varieties unterscheidet zehn Asymmetrien zwischen D- und uO-Varietaumlshyten bezeichnet Demnach sehen zB Sprecher Innen einer dominanten Varietaumlt - im deutshyschen Sprachraum immer das deutschlaumlndische Deutsch - ihre eigene Varietaumlt in der Reshygel als Standard und die anderen Varietaumlten als abweichend an als nicht-standardsprachshylich und oft auch als exotisch herzig und archaisch (ebd 297)

13 Eine weitere Anekdote dazu Kuumlrzlich war ich zu einer Fachtagung in Deutschland (zum Themenkreis DaZ) eingeladen Der deutsche Kollege der fuumlr die Publikation der Referate verantwortlich ist bedeutete mir (ob mit leisem ironischen Unterton war mir nicht ganz deutlich) Sie schreiben nach der Schrift ja

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Einen guten wissenschaftlichen Ausgangspunkt dafuumlr bieten die Laienlingu- bull istik und die Wahrnehmungs dialektologie Hierbei handelt es sich um aktive linguistische Forschungszweige mit einem beachtliche~ freilich noch kaum genutzten Potential fuumlr die Landeskundedidaktik Ein konkretes Beispiel dashyfuumlr ist die Arbeit von Cuonz (z B Cuonz 2010) in der aumlsthetisch positive und negative sowie affektive Sprachurteile von Laien in der Deutsch- und Westshyschweiz anhand eines grossen Interview-Korpus untersucht werden14

bull Geshyrade die varietaumltenbezogenen Perzeptionen und Konzepte von Nicht-Unshyguistlnnen der Zielsprachenlaumlnder deren Urteile und Urteilsbegruumlndungen koumlnnten Lernende dazu anstossen uumlber Perzeptionen und Konzepte nachzushydenken die sie selbst mit ihren Sprachen verbinden

32 Vermittlung von LandeskundeKulturvermittlung

Traditionell wurden bei der Vermittlung von Landeskunde drei Ansaumltze unshyterschieden die gros so modo in dieser Reihenfolge entstanden sind kognishytive kommunikative und interkulturelle Ansaumltze (Zeuner 2001)15 Hinzu kommt als juumlngste Entwicklungslinie der kulturwissenschaftliche Ansatz (zB AltmayerKoreik 2010) Schlagwortartig und stark verkuumlrzt resuumlmiert gehen mit diesen Ansaumltzen die folgenden uumlbergeordneten Lernziele einher (Zeuner 2001 5ff) systematische Kenntnisse der Zielkultur (kognitiver Anshysatz) funktionierende Verstaumlndigung (kommunikativer Ansatz) sich selbst und andere (besser) verstehen (interkultureller Ansatz) Beim kulturwissenshyschaftlichen Ansatz sind die Lernziele im deutlichen Gegensatz zu den Zieshylen dieses Ansatzes fuumlr die landeskundliche Forschung nicht leicht auszushymachen und wohl nicht auf einen Begriff zu bringen sie duumlrften sich aber im Bereich des Nachvollziehens kollektiver Sinnstiftung bzw Orientierungsshymuster der soziokulturellen Partizipation und der personalen Identitaumltsshykonstruktion bewegen (vgl KoreiklPietzuch 2010 1449)

Grundsaumltzlich ist Bezugnahme auf mehr als ein deutschsprachiges Land der Zielsprache Deutsch wie es das neue DACH-Prinzip postuliert bei allen erwaumlhnten Ansaumltzen moumlglich Dies weist abermals auf die noch aussteshyhende konzeptuelle Ausfolgerung dieses Prinzips hin Gemaumlss Demmig

Thematisiert wird in dieser Arbeit auch das Problem der (Nicht-)Unterscheidbarkeit von Urteilen uumlber Sprache und Urteilen uumlber Sprach gemeinschaften und deren VertreterInshynen Mit diesem Problem ist natuumlrlich auch die landeskundliche Auseinandersetzung mit Varietaumlten konfrontiert

15 Eher quer dazu steht der sprachbezogene Ansatz vgl demgegenuumlber dh um ein Vielfashyches differenzierter das Handbuch Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (Krumm Ua 2010)

Braucht es ein neues DACH(L)

(2009) soll im neuen Prinzip dem interkulturellen Lernen ein wichtiger Stelshylenwert zukommen Das waumlre dann allerdings kein neues Element setzt doch schon das alte DACH(L)-Konzept einen Akzent im Bereich des interkulturelshylen Lernens (zB Fischer 2007)

Zu den prominenten Gegenstaumlnden interkulturellen Lernens gehoumlrte und gehoumlrt die Auseinandersetzung mit Stereotypen Auffaumlllig ist dabei ua wie hoch die diesbezuumlglichen Ziele gesteckt wurden und werden vgl etwa die ABCD-These 4 (Vorurteile und Klischees [sollen) sichtbar [gemacht] und abshygebaut sowie eine kritische Toleranz entwickelt werden) und fast woumlrtlich zB Caspari (2007 71 s auch oben Kap 1) Vorurteile und Klischees [sollen] sichtbar gemacht und abgebaut werden Es ist hier nicht der Ort den Begriff Stereotyp und verwandte Konzepte wie Vorurteil und Klischee genauer gegeneinander abzuwaumlgen Als Arbeitsdefinition mag ausreichen dass es sich bei Stereotypen um eine Form der nichtreflexiven Wahrnehmung und Verarbeitung der Auszligenwelt handelt (Althaus 2010 1425) Aus paumldagogischshydidaktischer Sicht von Bedeutung ist die Frage wie realistisch die Zielsetzung ist mittels Landeskunde Stereotype abbauen zu koumlnnen Diesbezuumlglich scheint mehr Realismus angezeigt nur schon wegen der Doppeigesichtigkeit von Stereotypen (z B KoumlnigsGnutzmann 2006 Stereotype gelten einershyseits als kognitive Schemata die durch grundlegende Wahmehmungs- Filteshyrungs- und Kategorisierungsprozesse entstehen Andererseits werden Stereoshytype als ungerechtfertigt vereinfachende generalisierende Wertungen und Aussagen angesehen Im ersten Fall sind Stereotype etwas kognitiv Notwenshydiges und Neutrales (das vor Reizuumlberflutung schuumltzt) im zweiten etwas Negatives Unerwuumlnschtes Daraus folgt dass sich Stereotypenbildung auch und gerade kulturbezogene nicht vermeiden lassen wird auch wenn sie zu Unerwuumlnschtem fuumlhrt und auch dass es schwierig sein wird Stereotype zu beeinflussen und zu veraumlndern Ein Ansatzpunkt in dieser Situation kann dashyrin gesehen werden die materielle Basis von Stereotypen zu rekonstruieren dh aufzuzeigen dass Vereinfachungen und Generalisierungen auf fehlender oder mangelnder empirischer Erfahrung beruhen koumlnnen In entsprechenden Projekten lassen sich z B Interviews mit SprecherInnen der Zielsprache uumlber Sprachurteile heranziehen (s oben 31) oder in der Inlandsituation von den Lernenden selbst durchfuumlhren

Hilfreiche Anregungen fuumlr die Arbeit am Stereotyp geben auch die von Roumlsch (2011) interkulturell akzentuierten Phasenmodelle der Uteraturdidakshytik Dort taucht das Konzept der bornierten Subjektivitaumlt auf im Zusamshymenhang mit der ersten Phase des Herangehens an einen literarischen Text Gemeint ist ein spontaner subjektiver Zugang zum literarischen Text der weishyteren objektivierenden und anwendungsbezogenen Phasen des Textversteshydas nicht weniger als neun Artikel zur Landeskunde umfasst die Artikel zur Rolle der

Literatur noch nicht eingerechnet

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hens vorangeht In interkultureller Akzentuierung heisst diese Phase bei

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Roumlsch (2011 348) bornierte Ethnizitaumlt und die Autorin empfiehlt diese beim Umgang mit Literatur zuzulassen auch wenn und gerade weil sie [die bornierte Ethnizitaumlt TS] Kulturalisierungen offenbart die im weiteren Vershylauf des Unterrichts aufgebrochen werden (ebd) Ein solcher Zugang zu inshyterkultureller Literatur ist lernerorientiert und scheint fruchtbar weil Lershynende im Unterricht in vielen Faumlllen mit Kulturalisierungen ankommen wershyden In aumlhnlicher Weise koumlnnte das anfaumlngliche Zulassen einer bornierten Ethnizitaumlt die Arbeit am Stereotyp in der Landeskunde unterstuumltzen indem eine realistische Ausgangslage fuumlr eine genauere Auseinandersetzung mit Stereotypen erzeugt wird (vgl dazu auch schon die ABeD-These 17 in der eine emotionale und subjektive Erfahrung der fremden Kultur empfohlen wird)

Zum begrifflichen Inventar der Auseinandersetzung mit Stereotypen geshyhoumlren die Selbst- und Fremdbilder (Auto- und Heterostereotype) die gegenshyuumlber sozialen Kollektiven bestehen und die sich perspektivisch jeweils auf Ausgangs- und Zielkulturen beziehen lassen Eine solche Differenzierung ershygibt ein Vierfelderschema anhand dessen Erdmenger (1996) versucht hat dishydaktisch nutzbare Konstellationen herauszuarbeiten Eine besondere Rolle spielen dabei die bei den Begriffe eigenes Heterostereotyp (z B was Deutschshyschweizer uumlber Deutsche denken) und fremdes Autostereotyp (zB was Deutsche uumlber sich selbst denken eigen und fremd hier also aus der Sicht der Deutschschweizer Ausgangskultur) weil zwischen diesen beiden Stereoshytypen oft eine grosse Diskrepanz besteht Erdmenger (1996 49) nennt diese Diskrepanz objektive soziale Urteilsdivergenz und meint damit nicht etwa dass diese Urteile die Wirklichkeit zeigen sondern dass es sich bei dieser Divergenz um empirisch feststellbare Zuschreibungen auf beiden Seiten handelt Ansatzpunkt der didaktischen Arbeit bei Erdmenger ist nun das jeweils eishygene Heterostereotyp Ein Beispiel eines sprachbezogenen Heterostereotyps aus der Deutschschweiz das hierzulande nach wie vor gelaumlufig ist wurde oben bereits zitiert DeutschschweizerInnen empfinden das gesprochene Standarddeutsch Deutschlands als neutral oder aber als arrogant und kalt Hier waumlre gemaumlss Erdmenger anzusetzen mit Fragen wie Warum auf welcher Folievor welchem Hintergrundvor dem Hintergrund welcher Ershywartungen und Erfahrungen schreiben Deutschschweizerlnnen Deutschen diese Praumldikate zu Und und das zielt dann auf die Konfrontation dieses Heshyterostereotyps mit dem (aus Sicht der DeutschschweizerInnen fremden) Aushytostereotyp der Deutschen Wie nehmen Deutsche ihre eigene Standardvarieshytaumlt wahr In umgekehrter Sichtweise wuumlrde es darum gehen dass Deutsche bei ihrem Heterostereotyp gegenuumlber DeutschschweizerInnen ansetzen und sich fragen Wie kommt es dazu DeutschschweizerInnen die Schweizerhochshydeutsch sprechen als exotisch oder niedlich zu apostrophieren Und

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diese Bilder waumlren dann wieder mit dem (aus Sicht von Deutschen fremden) Autostereotyp der Deutschschweizer zu konfrontieren in dem die Zuschreishybung niedlich sicher nicht vorkommt

Aktuell lassen sich Hetero- und Autostereotype zum Schweizerhochdeutshyschen zB gut anhand der Schweizer Produktionen zur TV-Krimiserie Tatshyort studieren16 So meinte ein deutscher Zuschauer zur Folge Skalpell ich koumlnnte mich immer wegschmeisen [sic] vor Lachen houmlrt sich einfach nur lusshytig an (Intemetforum der ARD zu Tatort Benutzemame 3052012) wohingegen sich das Schweizer Boulevard-Blatt Blick zur Folge Wunschdenken so vernehmen liess Schweizer Profi-Schauspieler reden wie Laien im Dorftheater Es holpert und aumlchzt - und tut in den Ohren weh (Blick zitiert nach Bild am Sonntag 1482011) Was fuumlr den deutschen Zushyschauer einfach nur lustig ist (heterostereotype Perzeption) tut Schweizer Redakteuren in den Ohren weh (autostereotype Perzeption) Unterschiedlishycher koumlnnten die Wahrnehmungen kaum sein Will man sie im Unterricht aufshygreifen und auf ihre soziolinguistischen Hintergruumlnde befragen scheint es noumlshytig den Lernenden auch Wissen anzubieten und zwar durchaus im Sinne der informationsbezogenen Landeskunde hier etwa Hintergrundwissen zum Verhaumlltnis von Dialekt und Standardsprache in der muumlndlichen Alltagskomshymunikation und in der Schule der Deutschschweiz

Die Idee der Auseinandersetzung mit der objektiven sozialen Urteilsdishyvergenz Erdmengers laumluft also darauf hinaus Heterostereotype mit Autosteshyreotypen in Beziehung zu setzen um divergente Zuschreibungen sichtbar zu machen Voraussetzung dafuumlr waumlre wiederum die Bereitschaft fuumlr und das sich Einlassen auf einen PerspektivenwechseL

Im Rahmen einer Interventionsstudie zum gymnasialen Englischuntershyricht bringt Papenberg Indizien bei die dafuumlr sprechen dass Uumlbungen zum Perspektivenwechsel die interkulturelle Sensitivitaumlt der Schuumllerinnen und Schuumller entwickeln und somit ethnorelative Sichtweisen foumlrdern koumlnnen (Pashypenberg 2009 203) Allerdings gibt es auch Hinweise darauf dass negative Heterostereotype dauerhaft sind und sich sogar wider besseres am Einzelfall erfahrbares und uumlberpruumlfbares Wissen durchsetzen koumlnnen TaHel (1982 zit n Thomas 2006 9f) beschreibt in einer fruumlhen sozialpsychologischen Studie die Tendenz menschliches Verhalten das de facto individuell ist als gleichshyfoumlrmig einheitlich und gruppentypisch wahrzunehmen Der Punkt ist dabei

16 Die Schweizer Tatort-Folgen werden jeweils in zwei Versionen produziert und ausgeshystrahlt naumlmlich einmal in einer Dialekt-Version fuumlr die Schweiz und einmal in einer synshychronisierten Version fuumlr Deutschland in der je nach Folge unterschiedlich stark dialektal gepraumlgtes Schweizerhochdeutsch gesprochen wird Die synchronisierten Versionen sind regelmaumlssig Stein des Anstosses in Presse und Chatraumlumen und zwar auf beiden Seiten des Rheins

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der dass diese Depersonalisierungstendenz sehr ungleich verteilt ist dh nur auf die Wahrnehmung von Mitgliedern wenig bekannter fremder z B politischer oder religioumlser Gruppen zutrifft nicht aber auf die Wahrnehmung von Mitgliedern eigener Gruppen (zB KollegInnen im Sportverein) Deren Verhalten wird als individuell angesehen und in der Folge als Beleg fuumlr die Uumlberlegenheit der eigenen Gruppe gewertet Falls sich Taifels (fruumlhe unter kontrollierten Bedingungen erhobenen) Befunde auch heute noch ergaumlben koumlnnte man sich die Resistenz bestimmter Stereotype z B derjenigen die oben im Zusammenhang mit dem Schweizerhochdeutschen angefuumlhrt wurshyden immerhin etwas besser erklaumlren

Gerne werden im Unterricht beim Thema Stereotype Ergebnisse der pushyblizistisch orientierten Demoskopie herangezogen nicht zuletzt weil sie leicht greifbar sind So kann man etwa in Die Welt vom 2592012 lesen

Die Deutschen haben das typisch Deutsche satt Einer repraumlsentativen Studie zufolge fuumlhren die Deutschen ein regelrechtes Doppelleben 73 Proshyzent sagen man sei hierzulande gar nicht so ehrlich puumlnktlich und gewisshysenhaft wie man immer tue Lediglich 35 Prozent schaumltzen sich als tyshypisch deutsch ein 36 Prozent stufen sich als nicht typisch deutsch ein der Rest aumluszligert sich unentschieden (oRepraumlsentative Studie im Auftrag der Brauerei Oettinger an der 1000 Personen teilnahmen und 200 Frauen und Maumlnner in Einzel- und Gruppeninterviews befragt wurden http wwwweltdevermischtesartide109452067Die-Deutschen-haben-das-tyshypisch-Deutsche-satthtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Oder auch in Die Welt vom 272012

Noch nie hatten Oumlsterreicher die Deutschen so lieb Lange waren Deutsche in Oumlsterreich als hochnaumlsige Piefkes verschrien - doch diese Zeiten scheinen vorbei Jetzt haben 47 Prozent der Oumlsterreicher eine ziemlich gute Meinung von ihnen (Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts unter einer Graphik steht Oumlsterreichische Bevoumllkerung ab 16 Jahren wwwweltdevermischtesartic1e1 07688360N och-nie-hatten-Oesterreichershydie-Deutschen-so-liebhtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Das sind natuumlrlich attraktive Schlagzeilen und sie wuumlrden im Unterricht sishycherlich fuumlr Diskussionsstoff sorgen Man koumlnnte sogar versucht sein aus dem ersten Beispiel die These abzuleiten dass sich Autostereotype (Ledigshylich 35 Prozent [der Deutschen] schaumltzen sich als typisch deutsch schneller veraumlndern oder mindestens schneller differenzieren als Heterosteshyreotype (siehe dazu oben die sprachbezogenen Heterostereotype in der Deutschschweiz gegenuumlber Deutschen) Allerdings ist auch an dieser Stelle

Braucht es ein neues DACH(L)

eindringlich vor Fehlschluumlssen aus solchen Umfragen zu warnen Zu bedenshyken gilt es zunaumlchst dass die Art der Befragung die Form und auch den Inhalt der Antworten vorzeichnen kann - und meistens auch vorzeichnet Wer nach Stereotypen bekommt Stereotypen zur Antwort und wer abgestufte Antwortkategorien vorgibt bekommt als Antwort genau den erfragten Diffeshyrenziertheitsgrad zuruumlck Damit besteht die Gefahr dass Stereotype abgerushyfen (im besseren Fall) oder durch die Fragen selbst erst konstruiert werden

schlechteren Fall) Dh es ist damit zu rechnen dass es durch Umfragen auch zu Fest- und Fortschreibungen von klischeehaften Vorstellungen komshymen kann die an der Wirklichkeit vorbeigehen bzw zu Resultaten die sich mit anderen Untersuchungsmethoden zB mit qualitativen offenen intershyviews uU (so) nicht ergaumlben Die Art der Befragung strukturiert die Form des Urteils das sie selbst zu ermitteln versucht selbst vor Sie setzt die Verallshygemeinerung von Eigenschaften auf ganze Nationen als gegeben voraus die dann als Vorurteil festgestellt wird (Picht 1980 zit n Althaus 2010 1425) Hinzu kommt das Problem dass bei Umfragen dieser Art die Transparenz in der Regel nicht oder nur in eingeschraumlnktem Mass gegeben ist Das jeweilige Befragungsinstrument ist nicht verfuumlgbar die Daten erst recht nicht und uumlber die Durchfuumlhrung der Untersuchung ist kaum etwas bekannt Ausserdem lieshygen die Resultate oft nur in redaktionell aufbereiteter Form vor

All das bedeutet natuumlrlich nicht dass man Umfragen im Unterricht nicht verwenden soll es bedeutet aber dass man dies reflektiert tun sollte Was das im Einzelnen heisst sollte unten in Kap 42 noch deutlicher werden

Eine wissenschaftliche Untersuchung die sich der Struktur-Problematik der Stereotypen forschung sehr wohl bewusst ist (ihr aber letztlich auch nicht ausweichen kann) ist die Studie von Bolten (2006) zur Entwicklung von Natishyonalstereotypen im Globalisierungsprozess Sie zeigt dass der DaF-Untershyricht immer noch mit tradierten Stereotypen zu rechnen hat auf Seiten der Lernenden ebenso wie auf Seiten der Lehrenden (vgl auch Althaus 2010 1429) Genau deshalb fordert zB Bechtel (2009 153) mit Recht dass Stereoshytype nicht ausgeblendet sondern im Unterricht thematisiert und zum Gegenshystand von Lernprozessen gemacht werden

4 DACH(l) WIE WEITER

Das alte DACH(L)-Konzept hatte die sozio-kulturelle Sensibilisierung und den Perspektivenwechsel als einen von drei grossen Lernzielbereichen beshystimmt (neben der Vermittlung von Strategien zum selbstaumlndigen Wissensershywerb und Methoden zur Integration von Vorwissen Wahrnehmungen und neuem Wissen als den beiden andern Lernzielbereichen) Zur sozio-kulturelshy

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len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Thomos Studer

Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Thomas Studer

Ausser der IJBezugnahme auf mehr als ein Land steht dann eigentlich bullnicht mehr viel drin im neuen DACH-Prinzip mindestens explizit nicht Und

die Bezugnahme lJ selbst wird konzeptuell nicht weiter ausgefolgert ein Hinshyweis in Richtung Binnenkontrastivitaumlt fehlt Dies duumlrfte auch damit zu tun haben dass die Binnenkontrastivitaumlt mitunter auch falsch verstanden dh im Uumlbermass betrieben wurde naumlmlich im Sinne der parallelen Behandlung von gleichen Themen fuumlr alle deutschsprachigen Laumlnder (Langner 2011 266) und das auszligerdem noch mit der Ausrichtung auf Fakten4bull Demgegenuumlber zeigt Fischer (2007) am Beispiel des Lehrwerks Dimensionen dem DACHshyAushaumlngeschild dass Themen wie zB Geschichte durchaus laumlndervergleishychend behandelt werden koumlnnen und zwar durchaus auch mit Informationsshytexten und dem Ziel ein Bewusstsein fuumlr Differenzierungen zwischen den DACH-Laumlndern zu schaffen Dabei kommt es allerdings so Fischer darauf an dass die Themen auch via Einzelschicksale aus den drei Laumlndern erarbeitet werden und zentral sei dass die Lernenden ihre eigenen Erfahrungen und persoumlnlichen Bezuumlge einbringen koumlnnen um sie fuumlr die Geschichte ihrer Hershykunftskulturen zu sensibilisieren (VgL Fischer 2007)

Auch das Praumldikat integrativ das die Landeskunde des alten DACH(L)shyKonzepts charakterisiert wurde nicht ins neue Prinzip uumlbernommen Integrashytiv ist das alte DACH(L)-Konzept ja in mindestens dreierlei Hinsicht Erstens handelt es sich um ein alle deutschsprachigen Regionen und Laumlnder einbezieshyhendes landeskundliches Konzept Zweitens versteht sich dieses Konzept als integrierte Landeskunde bei der das Sprachenlernen mit sozio-kulturellem Lernen und Kulturverstehen auf eine explizite Weise verknuumlpft wird indem die kulturellen Bezuumlge sprachlicher Phaumlnomene zum Reflexionsgegenstand gemacht werden Drittens schliesslich sind im DACH(L)-Konzept gleich mehshyrere allgemeindidaktische Grundsaumltze integriert darunter die thematische Recherche mit der dafuumlr typischen Lerner- Projekt- und Prozessorientierung (z B FischerFrischherzINoke 2010 1507) - Vielleicht versteht sich das neue Prinzip deshalb nicht als integrativ weil die damit einhergehenden Fordeshyrungen als erfuumlllt angesehen werden vielleicht ging es auch darum den umshyfassenden Anspruch auf Beruumlcksichtigung aller deutschsprachigen Regionen zugunsten der Bezugnahme auf mehr als ein Land zuruumlckzunehmen Wie auch immer Dass es trotz des Anspruchs die Vielfalt des deutschsprachigen Raums zu beruumlcksichtigen nicht zu einer Uumlberforderung der Akteure komshymen muss wurde vielfach gezeigt und braucht hier nicht mehr genauer ausshygefuumlhrt zu werden (z B Langner 2011 FischerFrischherzINoke 2010 Fischer

4 Der Didaktik-Band zu den so genannten Ziegelsteinen von Koch (1999) haumltte dies indesshysen verhindem helfen koumlnnen

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2007) Die bekannten Massnahmen sind Arbeit am Beispiel einerseits und Foumlrderung von Methoden des selbstaumlndigen Wissenserwerbs andererseits

Und was ist jetzt mit derEntdeckung der Schweiz Kann die Auseinandershysetzung mit diesem Text auch als Beispiel fuumlr landeskundliches Arbeiten nach dem neuen DACH-Prinzip gelten Ja und sogar als Einzelbeispiel (in der Reshygel wird man sonst nicht ein einzelnes Beispiel sondern etwa eine Aufgabenshysammlung auf DACH(L)-Tauglichkeit pruumlfen) insofern der Text am Rande die deutsch-schweizerische Grenze thematisiert5 Gleichzeitig weist der Text aber uumlber erste Schritte interkulturellen Verstehens (hier ein CH-D Kontrast der sich teilweise auch als Null-Kontrast darstellt) hinaus indem er einen Suumldamerika-Schweiz-Kontrast inszeniert und diesen durch einen Perspektishyvenwechsel nachvollziehen laumlsst was zur Auseinandersetzung mit der Wahrshynehmung von Fremdenm und eigenen Fremdbildern einlaumldt

Das Beispiel vermag aber auch zu illustrieren wie wichtig bei der Arbeit mit literarischen Texten die Differenzierung nach Zielgruppen und Lernorten ist Je nach Lernort und was quer dazu stehen kann je nach Art und Umfang eigener Erfahrungen mit dem Zielsprachenland (primaumlren und medial vershymittelten) ist mit sehr unterschiedlichem Vorwissen und sehr verschiedenen Textverstaumlndnissen der Lernenden zu rechnen Dabei sollte es folgt man neushyeren literaturdidaktischen Ansaumltzen (z B NeidlingerPasewalck 2011 DobshystadtRiedner 2011) nicht darum gehen fehlendes Vorwissen der Lernenden zu kompensieren indem man externes Wissen beibringt und noch viel wenishyger darum auf das eine Textverstaumlndnis hinzuarbeiten Denn Ersteres wuumlrde Vorstellungen von der Literatur als Informationsspeicher Vorschub leisten und damit an deren Charakter als einer eigenen auch Muttersprachlerinnen immer ein Stuumlck weit fremd bleibenden Sprache vorbeigehen und Letzteres der prinzipiell nicht letztguumlltig festlegbaren Bedeutung und Wirkung von Lishyteratur zuwiderlaufen Hingegen koumlnnte es darum gehen Paralleltexte zur Entdeckung der Schweiz beizuziehen darunter nicht-literarische historishysche undoder aktuelle Texte welche die erwaumlhnten Fremdbilder von der Schweiz (zB im Hinblick auf Reichtum oder die Neutralitaumlt) ebenfalls zur Sprache bringen Dies sollte es den Lernenden erlauben den literarischen Text besser einzuschaumltzen dessen auch historische Bedingtheit abzuschaumltzen und auch etwas von der Vielfalt der Meinungen und Standpunkte zB zur Neu-

Der Fluss durch den sich die Boote hinaufkaumlmpften (Loetscher 1985 146f) wird zwar nicht explizit genannt im Verlauf der Lektuumlre wird allerdings fuumlr Ortskundige () schon klar dass es sich um den Rhein handelt ua wegen dem Dreilaumlndereck und den deutshylichen Anspielungen auf die Basler Chemie und auch weil der fragliche Fluss ein Grenzshyfluss ist mit der Schweiz auf der einen Seite wobei diese Grenze von den Entdeckern gerade nicht als Landesgrenze wahrgenommen wird

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Thomos Studer

tralitaumlt der Schweiz zu erfahren6 Aber auch der literarische Ausgangstext selbst kann Anlass sein auf ein vertieftes Verstaumlndnis hinzuarbeiten etwa durch mehrmaliges genaues Lesen im Sinne einer fuumlnften Fertigkeit (vgl den Five-Skills-English-Ansatz von McRea 2008) z B um zu erkunden von wem und mit welchen Verben die Fremdbilder von der Schweiz im Beispielshytext erzaumlhlt werden Weiters koumlnnten mit Methoden die sonst im Rahmen der sprachbezogenen Landeskunde Anwendung finden (Bettermann 2010) kulturell aufgeladene Textwoumlrter wie Einheimische recherchiert werden und zwar auch in elektronischen Korpora des Deutschen zB im Leipziger Korpus (httpcorporainformatikuni-leipzigde 3112013) Letzterer bietet sich fuumlr D-CH-bezogene Fragestellungen in besonderer Weise an da separate Abfragen fuumlr die nationalen Standardvarietaumlten des Deutschen in Deutschshyland und in der Schweiz (German und German (eH) moumlglich sind8 Das ershygaumlnzt die traditionelle Arbeit mit den DaF-Woumlrterbuumlchern in idealer Weise weil man sich die Suchwoumlrter in elektronischen Korpora in der Regel in aktushyellen Gebrauchskontexten anzeigen lassen kann (sog KWICs - keyword in conshytext) Das ist insbesondere auch fuumlr vom deutschen Sprachraum weit(er) entshyfernte Laumlnder eine Moumlglichkeit zu problem-fokussierter und gleichwohl aushythentischer Sprache zu kommen9

Alle diese Arbeitsideen sind nicht an das DACH-Prinzip gebunden aber sie vermoumlgen vielleicht anzudeuten wie dieses Prinzip zum Leben erweckt werden kann

Solche Vergleichstexte gibt es zB in der Schweizer Ausgabe der deutschen Zeitung Die Zeit Zum Begriff Paralleltexte vgl Altmayer 2002 dort freilich im Zusammenhang mit dem Konzept einer kulturwissenschaftlichen Textanalyse

7 So heisst es etwa im Text von Hugo Loetscher Wir hatten zwar gehoumlrt dass der Stamm der goldhuumltenden Gnomen friedfertig sei seit langem wuumlrden sie nicht mehr selber Krieg fuumlhren aber alle Kriege aufmerksam verfolgen indem sie keinem der Streitenden helfen und mit beiden Seiten Handel treiben [ ] Wir mussten feststellen dass diese Einheimishyschen nicht nur vor dem Gluumlck Angst haben sondern nichts so sehr fuumlrchten wie vor allem wenn diese von Fremden wie wir es sind werden (Loetscher 148 und 157 Hervorhebungen Ts) Literarisch werden hier Fremdbilder von der Schweiz solche die die Entdecker mitbringen (11 wir hatten gehoumlrt) und solche die sie in der Auseinandersetzung mit Einheimischen ad hoc bilden (wir mussten feststelshylen) Ein Subkorpus fuumlr Oumlsterreich fehlt hingegen leider

9 Fuumlr eine erste Orientierung bezuumlglich korpuslinguistischem Arbeiten im Fremdsprachenshyunterricht vgl z B Roumlmer 2010

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3 DAS NEUE DACH-PRINZIP UMSETZUNGEN UND UMSETZUNGSPROshyBLEME

Neu ist das neu genannte DACH-Prinzip also nicht oder zumindest jetzt noch nicht wie auch immer es genannt werden soll (vgl Demmig 2009 34) DACHL 20 DACHL-2 oder DACH(L)-neu Im Gegenteil Vor dem Hintergrund der ABCD-Thesen wirkt dieses Prinzip merkwuumlrdig bescheiden und blass Fishyscher (2007) und FischerFrischherzNoke (2010) kommen zu positiven Bilanshyzen was Anwendungen und Umsetzungen des (alten) DACH(L)-Konzepts anshygeht Haumlngt das miteinander zusammen Wuumlrde sich heute ein forderndes und farbiges DACH(L)-Konzept eruumlbrigen Die Gegenthese waumlre Auch das neue schlanke DACH-Prinzip das die grundsaumltzliche Anerkennung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch erreichen moumlchte wird nur teilweise beachtet und dort wo es beachtet wird zeigen sich Umsetzungsprobleme In diesem Spannungsshyfeld einige Beispiele zu sichten ist das Ziel dieses Kapitels Die sehr verschiedeshynen und natiirlich nicht repraumlsentativen Beispiele betreffen die Bereiche Sprachshyunterricht und Vermittlung von LandeskundeIKulturvermittlung nicht beshyruumlcksichtigt werden an dieser Stelle die Einschaumltzung landeskundlicher Lehrshymaterialien und die Lehreraus- und -weiterbildung

31 Unterricht der deutschen Sprache

Wenn die Oumlsterreicher ein bisschen anders sprechen ist ihr Deutsch beshystimmt nicht falsch Aber fuumlr die meisten Deutsch-Lerner ist es vielleicht besshyser wenn sie ein Standard-Deutsch lernen (Walser 2007 zitiert nach Haumlgi 2010 58) In Anbetracht der langen Tradition linguistischer und auch fremdshysprachendidaktischer Literatur zur Plurizentrik des Deutschen zusammengeshy

etwa in Haumlgi 2006 sind Faumllle wie der zitierte wo dem oumlsterreichischen Deutsch der standardsprachliche Status abgesprochen wird schon sehr ershystaunlich aber sie stehen nicht allein (z B Ransmayr 2006 Haumlgi 2011 unten in diesem Abschnitt) Waumlre es heute also tatsaumlchlich immer noch noumltig die Stanshydardsprachlichkeit des oumlsterreichischen Deutsch und des Schweizerhochshydeutschen herauszustellen Wahrscheinlich verhaumllt es sich zwar schon so dass man mit plurizentrisch konzipierten Pruumlfungen wie dem Zertifikat Deutsch (ZD) mehr Wirkung erzielt als mit Thesen Konzepten und Prinzishypien (Langner 2011 StuderWiedenkeller 2006)10 Trotzdem wird man festhalshy

10 Im ZD dominiert selbstverstaumlndlich deutschlaumlndisches Deutsch (mit moumlglichst hohem Anteil an Gemeindeutsch) hin und wieder kommt aber auch ein schweizerhochdeutsches Statement vor und nicht alle Austriazismen werden automatisch herausgestrichen

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Thomas Studer

ten muumlssen Falsche Darstellungen der linguistischen Verhaumlltnisse wie die zishytierte widersprechen dem neuen DACH-Prinzip nicht ganz einfach weil die- ses Prinzip mit der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes zwar die Plurishyzentrik des Deutschen aufruft dazu aber keine konkreten Aussagen macht

Ein in diesem Zusammenhang interessantes Fallbeispiel ist die Schweizer Ausgabe von studio d (Funk ua 2011) Im Vorwort zum Kurs- und Uumlbungsshybuch Al heisst es Die Houmlrtexte sind alle im Schweizer Standarddeutsch aufshygenommen waumlhrend die Phonetikuumlbungen keine regionalsprachlichen Merkshymale enthalten (Ebd 3) Man reibt sich die Augen und zwar gleich zwei Mal Alle Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch Und Phonetikuumlbungen ohne regional sprachliche Merkmale Was auf den ersten Blick aus einer schweizeshyrischen Perspektive wie Weihnachten im Sommer aussieht - alle () Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch wirft auf den zweiten Blick Fragen auf denn das Lehrbuch will auch in den Alltag der Menschen in den deutschsprachigen Laumlndern (ebd) einfuumlhren Wie so fragt man sich geht das zusammen Diese Menschen sprechen ja nicht alle Schweizerhochdeutsch Auch werden die Lernenden in der Schweiz ausserhalb des Kurses sicher nicht nur mit Schweishyzerhochdeutsch konfrontiert sein sondern mit vielerlei Deutsch zumal mit der deutschlaumlndischen Standardvarietaumlt auch mit der oumlsterreichischen und ganz sicher mit Schweizer Dialekten und zwar vor Ort ebenso wie in den Meshydien Waumlre man hier folglich mit der Forcierung des Schweizerhochdeutschen in bester Absicht uumlbers Ziel hinausgeschossen Nein so ist es nicht denn Buch und Vorwort von studio d sprechen eine andere Sprache und insbesondere die CD widerlegt was das Vorwort ankuumlndigt Mal houmlrt man Schweizerhochshydeutsch (meist mit schwacher gelegentlich mit staumlrkerer dialektaler Faumlrbung) mal deutschlaumlndisches Deutsch (durchgaumlngig deutlich noumlrdlicher Praumlgung) und dieses Nebeneinander gilt fuumlr die Houmlrtexte ebenso wie fuumlr die Uumlbungen zur Aussprache und bei den Ausspracheuumlbungen selbst finden sich beide Vashyrietaumlten sogar in ein- und derselben UumlbungY Insgesamt trifft man also in der fuumlr die Schweiz regionalisierten Ausgabe von studio d auf ein hohes Mass an Variation im Bereich der Aussprache und zwar schon auf Niveau Al Gross ist damit auch die Herausforderung fuumlr Lernende und Lehrende und es gaumllte genauer zu untersuchen welche Muster die Lernenden unter diesen Umstaumlnshyden produzieren und wie diese von den Lehrpersonen bewertet werden

11 zB werden Zahlen mit der Endsilbe -jg wie in dreissig zushynaumlchst mit Verschlusslaut es im Schweizerhochdeutschen aber auch in Suumlddeutschshyland und Oumlsterreich ist) und dann mit Reibelaut (wie in Norddeutschland) ausgeshysprochen in der einleitenden Uumlbung zu dieser Einheit vermutlich die mustergebende Phonetikuumlbung - houmlrt man ausschliesslich Reibelaute (zur regionalen Zuordnunl der Aussprache von -ig vgl Ammon 2004 LVIII zur Loyalitaumlt der Aussprache personen in DACH gegenuumlber der jeweils eigenen Standardvarietaumlt siehe SCmruulID

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Die zweite Ankuumlndigung im Vorwort die keine regionalsprachlichen Merkmale laumlsst sich grundsaumltzlich nicht halten Hier setzt sich wieder eine alt-bekannte Verwechslung durch Deutschlaumlndishysches Deutsch (noumlrdlicher Praumlgung) wird seiner hohen Sprecheranzahl und Praumlsenz wegen als neutral angesehen alles andere gilt im besseren Fall als markiert und im schlechteren als Abweichung Von da ist dann der Weg zur Nicht-Anerkennung des standardsprachlichen Status des Schweizerhochshydeutschen doch wieder vorgezeichnet und nicht mehr weit12

Festhalten laumlsst sich einstweilen Fuumlr die Inlandsituation ist das neue DACH-Prinzip deutlich unterspezifiziert und fuumlr die Auslandsituation bietet es nur eine sehr grobe Orientierung an Was genau mit der Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch gemeint sein soll- und was bedarf in beiden Faumlllen einer genaueren kontextspezifischen Ausfolgerung

Fuumlr das interkulturelle Lernen hat die Plurizentrik des Deutschen aber noch eine ganz andere Funktion Sie macht erfahrbar dass sprachliche Vielfalt herrscht nicht nur innerhalb des deutschsprachigen Raumes im Grossen sonshydern auch und das ist mindestens so wichtig (Fischer 2007 FischerFrischshyherzINoke 2010) an den Lernorten im Kleinen sie zeigt dass es nicht ein rich-

Deutsch gibt und dass mit den Varietaumlten und Varianten Einstellungen und Bewertungen einhergehen die einen erheblichen Einfluss auf die Komshymunikation und deren Gelingen haben koumlnnen Bekanntere Beispiele hierfuumlr aus der Schweiz sind einer Zusammenstellung von Haumlgi (2006 78) entnomshymen Ein Deutschschweizer der Schweizerhochdeutsch spricht wirkt auf eishynen deutschen Houmlrer exotisch niedlich und muss damit rechnen dass seine gesprochene Schweizer Standardvarietaumlt als Dialekt aufgefasst wird13

Umgekehrt wirkt die deutschlaumlndische Varietaumlt einer deutschen Sprecherin auf eine Deutschschweizerin neutral - oder aber arrogant und kalt Hier bei den soziolinguistischen Implikationen der Plurizentrik eroumlffnet sich ein weites Feld fuumlr interkulturelles Lernen lassen sich Wahrnehmungen nachshyvollziehen und vergleichen lassen sich Perspektiven und (fehlende) Perspekshytivenwechsel (zB Deutschschweizer Deutsche) rekonstruieren und diskutieren

12 In dem Zusammenhang sei an (zB 2005) erinnert der zwischen D(ominant) and O(ther) varieties unterscheidet zehn Asymmetrien zwischen D- und uO-Varietaumlshyten bezeichnet Demnach sehen zB Sprecher Innen einer dominanten Varietaumlt - im deutshyschen Sprachraum immer das deutschlaumlndische Deutsch - ihre eigene Varietaumlt in der Reshygel als Standard und die anderen Varietaumlten als abweichend an als nicht-standardsprachshylich und oft auch als exotisch herzig und archaisch (ebd 297)

13 Eine weitere Anekdote dazu Kuumlrzlich war ich zu einer Fachtagung in Deutschland (zum Themenkreis DaZ) eingeladen Der deutsche Kollege der fuumlr die Publikation der Referate verantwortlich ist bedeutete mir (ob mit leisem ironischen Unterton war mir nicht ganz deutlich) Sie schreiben nach der Schrift ja

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Thomas Studer

Einen guten wissenschaftlichen Ausgangspunkt dafuumlr bieten die Laienlingu- bull istik und die Wahrnehmungs dialektologie Hierbei handelt es sich um aktive linguistische Forschungszweige mit einem beachtliche~ freilich noch kaum genutzten Potential fuumlr die Landeskundedidaktik Ein konkretes Beispiel dashyfuumlr ist die Arbeit von Cuonz (z B Cuonz 2010) in der aumlsthetisch positive und negative sowie affektive Sprachurteile von Laien in der Deutsch- und Westshyschweiz anhand eines grossen Interview-Korpus untersucht werden14

bull Geshyrade die varietaumltenbezogenen Perzeptionen und Konzepte von Nicht-Unshyguistlnnen der Zielsprachenlaumlnder deren Urteile und Urteilsbegruumlndungen koumlnnten Lernende dazu anstossen uumlber Perzeptionen und Konzepte nachzushydenken die sie selbst mit ihren Sprachen verbinden

32 Vermittlung von LandeskundeKulturvermittlung

Traditionell wurden bei der Vermittlung von Landeskunde drei Ansaumltze unshyterschieden die gros so modo in dieser Reihenfolge entstanden sind kognishytive kommunikative und interkulturelle Ansaumltze (Zeuner 2001)15 Hinzu kommt als juumlngste Entwicklungslinie der kulturwissenschaftliche Ansatz (zB AltmayerKoreik 2010) Schlagwortartig und stark verkuumlrzt resuumlmiert gehen mit diesen Ansaumltzen die folgenden uumlbergeordneten Lernziele einher (Zeuner 2001 5ff) systematische Kenntnisse der Zielkultur (kognitiver Anshysatz) funktionierende Verstaumlndigung (kommunikativer Ansatz) sich selbst und andere (besser) verstehen (interkultureller Ansatz) Beim kulturwissenshyschaftlichen Ansatz sind die Lernziele im deutlichen Gegensatz zu den Zieshylen dieses Ansatzes fuumlr die landeskundliche Forschung nicht leicht auszushymachen und wohl nicht auf einen Begriff zu bringen sie duumlrften sich aber im Bereich des Nachvollziehens kollektiver Sinnstiftung bzw Orientierungsshymuster der soziokulturellen Partizipation und der personalen Identitaumltsshykonstruktion bewegen (vgl KoreiklPietzuch 2010 1449)

Grundsaumltzlich ist Bezugnahme auf mehr als ein deutschsprachiges Land der Zielsprache Deutsch wie es das neue DACH-Prinzip postuliert bei allen erwaumlhnten Ansaumltzen moumlglich Dies weist abermals auf die noch aussteshyhende konzeptuelle Ausfolgerung dieses Prinzips hin Gemaumlss Demmig

Thematisiert wird in dieser Arbeit auch das Problem der (Nicht-)Unterscheidbarkeit von Urteilen uumlber Sprache und Urteilen uumlber Sprach gemeinschaften und deren VertreterInshynen Mit diesem Problem ist natuumlrlich auch die landeskundliche Auseinandersetzung mit Varietaumlten konfrontiert

15 Eher quer dazu steht der sprachbezogene Ansatz vgl demgegenuumlber dh um ein Vielfashyches differenzierter das Handbuch Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (Krumm Ua 2010)

Braucht es ein neues DACH(L)

(2009) soll im neuen Prinzip dem interkulturellen Lernen ein wichtiger Stelshylenwert zukommen Das waumlre dann allerdings kein neues Element setzt doch schon das alte DACH(L)-Konzept einen Akzent im Bereich des interkulturelshylen Lernens (zB Fischer 2007)

Zu den prominenten Gegenstaumlnden interkulturellen Lernens gehoumlrte und gehoumlrt die Auseinandersetzung mit Stereotypen Auffaumlllig ist dabei ua wie hoch die diesbezuumlglichen Ziele gesteckt wurden und werden vgl etwa die ABCD-These 4 (Vorurteile und Klischees [sollen) sichtbar [gemacht] und abshygebaut sowie eine kritische Toleranz entwickelt werden) und fast woumlrtlich zB Caspari (2007 71 s auch oben Kap 1) Vorurteile und Klischees [sollen] sichtbar gemacht und abgebaut werden Es ist hier nicht der Ort den Begriff Stereotyp und verwandte Konzepte wie Vorurteil und Klischee genauer gegeneinander abzuwaumlgen Als Arbeitsdefinition mag ausreichen dass es sich bei Stereotypen um eine Form der nichtreflexiven Wahrnehmung und Verarbeitung der Auszligenwelt handelt (Althaus 2010 1425) Aus paumldagogischshydidaktischer Sicht von Bedeutung ist die Frage wie realistisch die Zielsetzung ist mittels Landeskunde Stereotype abbauen zu koumlnnen Diesbezuumlglich scheint mehr Realismus angezeigt nur schon wegen der Doppeigesichtigkeit von Stereotypen (z B KoumlnigsGnutzmann 2006 Stereotype gelten einershyseits als kognitive Schemata die durch grundlegende Wahmehmungs- Filteshyrungs- und Kategorisierungsprozesse entstehen Andererseits werden Stereoshytype als ungerechtfertigt vereinfachende generalisierende Wertungen und Aussagen angesehen Im ersten Fall sind Stereotype etwas kognitiv Notwenshydiges und Neutrales (das vor Reizuumlberflutung schuumltzt) im zweiten etwas Negatives Unerwuumlnschtes Daraus folgt dass sich Stereotypenbildung auch und gerade kulturbezogene nicht vermeiden lassen wird auch wenn sie zu Unerwuumlnschtem fuumlhrt und auch dass es schwierig sein wird Stereotype zu beeinflussen und zu veraumlndern Ein Ansatzpunkt in dieser Situation kann dashyrin gesehen werden die materielle Basis von Stereotypen zu rekonstruieren dh aufzuzeigen dass Vereinfachungen und Generalisierungen auf fehlender oder mangelnder empirischer Erfahrung beruhen koumlnnen In entsprechenden Projekten lassen sich z B Interviews mit SprecherInnen der Zielsprache uumlber Sprachurteile heranziehen (s oben 31) oder in der Inlandsituation von den Lernenden selbst durchfuumlhren

Hilfreiche Anregungen fuumlr die Arbeit am Stereotyp geben auch die von Roumlsch (2011) interkulturell akzentuierten Phasenmodelle der Uteraturdidakshytik Dort taucht das Konzept der bornierten Subjektivitaumlt auf im Zusamshymenhang mit der ersten Phase des Herangehens an einen literarischen Text Gemeint ist ein spontaner subjektiver Zugang zum literarischen Text der weishyteren objektivierenden und anwendungsbezogenen Phasen des Textversteshydas nicht weniger als neun Artikel zur Landeskunde umfasst die Artikel zur Rolle der

Literatur noch nicht eingerechnet

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hens vorangeht In interkultureller Akzentuierung heisst diese Phase bei

Thomos Studer

Roumlsch (2011 348) bornierte Ethnizitaumlt und die Autorin empfiehlt diese beim Umgang mit Literatur zuzulassen auch wenn und gerade weil sie [die bornierte Ethnizitaumlt TS] Kulturalisierungen offenbart die im weiteren Vershylauf des Unterrichts aufgebrochen werden (ebd) Ein solcher Zugang zu inshyterkultureller Literatur ist lernerorientiert und scheint fruchtbar weil Lershynende im Unterricht in vielen Faumlllen mit Kulturalisierungen ankommen wershyden In aumlhnlicher Weise koumlnnte das anfaumlngliche Zulassen einer bornierten Ethnizitaumlt die Arbeit am Stereotyp in der Landeskunde unterstuumltzen indem eine realistische Ausgangslage fuumlr eine genauere Auseinandersetzung mit Stereotypen erzeugt wird (vgl dazu auch schon die ABeD-These 17 in der eine emotionale und subjektive Erfahrung der fremden Kultur empfohlen wird)

Zum begrifflichen Inventar der Auseinandersetzung mit Stereotypen geshyhoumlren die Selbst- und Fremdbilder (Auto- und Heterostereotype) die gegenshyuumlber sozialen Kollektiven bestehen und die sich perspektivisch jeweils auf Ausgangs- und Zielkulturen beziehen lassen Eine solche Differenzierung ershygibt ein Vierfelderschema anhand dessen Erdmenger (1996) versucht hat dishydaktisch nutzbare Konstellationen herauszuarbeiten Eine besondere Rolle spielen dabei die bei den Begriffe eigenes Heterostereotyp (z B was Deutschshyschweizer uumlber Deutsche denken) und fremdes Autostereotyp (zB was Deutsche uumlber sich selbst denken eigen und fremd hier also aus der Sicht der Deutschschweizer Ausgangskultur) weil zwischen diesen beiden Stereoshytypen oft eine grosse Diskrepanz besteht Erdmenger (1996 49) nennt diese Diskrepanz objektive soziale Urteilsdivergenz und meint damit nicht etwa dass diese Urteile die Wirklichkeit zeigen sondern dass es sich bei dieser Divergenz um empirisch feststellbare Zuschreibungen auf beiden Seiten handelt Ansatzpunkt der didaktischen Arbeit bei Erdmenger ist nun das jeweils eishygene Heterostereotyp Ein Beispiel eines sprachbezogenen Heterostereotyps aus der Deutschschweiz das hierzulande nach wie vor gelaumlufig ist wurde oben bereits zitiert DeutschschweizerInnen empfinden das gesprochene Standarddeutsch Deutschlands als neutral oder aber als arrogant und kalt Hier waumlre gemaumlss Erdmenger anzusetzen mit Fragen wie Warum auf welcher Folievor welchem Hintergrundvor dem Hintergrund welcher Ershywartungen und Erfahrungen schreiben Deutschschweizerlnnen Deutschen diese Praumldikate zu Und und das zielt dann auf die Konfrontation dieses Heshyterostereotyps mit dem (aus Sicht der DeutschschweizerInnen fremden) Aushytostereotyp der Deutschen Wie nehmen Deutsche ihre eigene Standardvarieshytaumlt wahr In umgekehrter Sichtweise wuumlrde es darum gehen dass Deutsche bei ihrem Heterostereotyp gegenuumlber DeutschschweizerInnen ansetzen und sich fragen Wie kommt es dazu DeutschschweizerInnen die Schweizerhochshydeutsch sprechen als exotisch oder niedlich zu apostrophieren Und

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diese Bilder waumlren dann wieder mit dem (aus Sicht von Deutschen fremden) Autostereotyp der Deutschschweizer zu konfrontieren in dem die Zuschreishybung niedlich sicher nicht vorkommt

Aktuell lassen sich Hetero- und Autostereotype zum Schweizerhochdeutshyschen zB gut anhand der Schweizer Produktionen zur TV-Krimiserie Tatshyort studieren16 So meinte ein deutscher Zuschauer zur Folge Skalpell ich koumlnnte mich immer wegschmeisen [sic] vor Lachen houmlrt sich einfach nur lusshytig an (Intemetforum der ARD zu Tatort Benutzemame 3052012) wohingegen sich das Schweizer Boulevard-Blatt Blick zur Folge Wunschdenken so vernehmen liess Schweizer Profi-Schauspieler reden wie Laien im Dorftheater Es holpert und aumlchzt - und tut in den Ohren weh (Blick zitiert nach Bild am Sonntag 1482011) Was fuumlr den deutschen Zushyschauer einfach nur lustig ist (heterostereotype Perzeption) tut Schweizer Redakteuren in den Ohren weh (autostereotype Perzeption) Unterschiedlishycher koumlnnten die Wahrnehmungen kaum sein Will man sie im Unterricht aufshygreifen und auf ihre soziolinguistischen Hintergruumlnde befragen scheint es noumlshytig den Lernenden auch Wissen anzubieten und zwar durchaus im Sinne der informationsbezogenen Landeskunde hier etwa Hintergrundwissen zum Verhaumlltnis von Dialekt und Standardsprache in der muumlndlichen Alltagskomshymunikation und in der Schule der Deutschschweiz

Die Idee der Auseinandersetzung mit der objektiven sozialen Urteilsdishyvergenz Erdmengers laumluft also darauf hinaus Heterostereotype mit Autosteshyreotypen in Beziehung zu setzen um divergente Zuschreibungen sichtbar zu machen Voraussetzung dafuumlr waumlre wiederum die Bereitschaft fuumlr und das sich Einlassen auf einen PerspektivenwechseL

Im Rahmen einer Interventionsstudie zum gymnasialen Englischuntershyricht bringt Papenberg Indizien bei die dafuumlr sprechen dass Uumlbungen zum Perspektivenwechsel die interkulturelle Sensitivitaumlt der Schuumllerinnen und Schuumller entwickeln und somit ethnorelative Sichtweisen foumlrdern koumlnnen (Pashypenberg 2009 203) Allerdings gibt es auch Hinweise darauf dass negative Heterostereotype dauerhaft sind und sich sogar wider besseres am Einzelfall erfahrbares und uumlberpruumlfbares Wissen durchsetzen koumlnnen TaHel (1982 zit n Thomas 2006 9f) beschreibt in einer fruumlhen sozialpsychologischen Studie die Tendenz menschliches Verhalten das de facto individuell ist als gleichshyfoumlrmig einheitlich und gruppentypisch wahrzunehmen Der Punkt ist dabei

16 Die Schweizer Tatort-Folgen werden jeweils in zwei Versionen produziert und ausgeshystrahlt naumlmlich einmal in einer Dialekt-Version fuumlr die Schweiz und einmal in einer synshychronisierten Version fuumlr Deutschland in der je nach Folge unterschiedlich stark dialektal gepraumlgtes Schweizerhochdeutsch gesprochen wird Die synchronisierten Versionen sind regelmaumlssig Stein des Anstosses in Presse und Chatraumlumen und zwar auf beiden Seiten des Rheins

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der dass diese Depersonalisierungstendenz sehr ungleich verteilt ist dh nur auf die Wahrnehmung von Mitgliedern wenig bekannter fremder z B politischer oder religioumlser Gruppen zutrifft nicht aber auf die Wahrnehmung von Mitgliedern eigener Gruppen (zB KollegInnen im Sportverein) Deren Verhalten wird als individuell angesehen und in der Folge als Beleg fuumlr die Uumlberlegenheit der eigenen Gruppe gewertet Falls sich Taifels (fruumlhe unter kontrollierten Bedingungen erhobenen) Befunde auch heute noch ergaumlben koumlnnte man sich die Resistenz bestimmter Stereotype z B derjenigen die oben im Zusammenhang mit dem Schweizerhochdeutschen angefuumlhrt wurshyden immerhin etwas besser erklaumlren

Gerne werden im Unterricht beim Thema Stereotype Ergebnisse der pushyblizistisch orientierten Demoskopie herangezogen nicht zuletzt weil sie leicht greifbar sind So kann man etwa in Die Welt vom 2592012 lesen

Die Deutschen haben das typisch Deutsche satt Einer repraumlsentativen Studie zufolge fuumlhren die Deutschen ein regelrechtes Doppelleben 73 Proshyzent sagen man sei hierzulande gar nicht so ehrlich puumlnktlich und gewisshysenhaft wie man immer tue Lediglich 35 Prozent schaumltzen sich als tyshypisch deutsch ein 36 Prozent stufen sich als nicht typisch deutsch ein der Rest aumluszligert sich unentschieden (oRepraumlsentative Studie im Auftrag der Brauerei Oettinger an der 1000 Personen teilnahmen und 200 Frauen und Maumlnner in Einzel- und Gruppeninterviews befragt wurden http wwwweltdevermischtesartide109452067Die-Deutschen-haben-das-tyshypisch-Deutsche-satthtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Oder auch in Die Welt vom 272012

Noch nie hatten Oumlsterreicher die Deutschen so lieb Lange waren Deutsche in Oumlsterreich als hochnaumlsige Piefkes verschrien - doch diese Zeiten scheinen vorbei Jetzt haben 47 Prozent der Oumlsterreicher eine ziemlich gute Meinung von ihnen (Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts unter einer Graphik steht Oumlsterreichische Bevoumllkerung ab 16 Jahren wwwweltdevermischtesartic1e1 07688360N och-nie-hatten-Oesterreichershydie-Deutschen-so-liebhtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Das sind natuumlrlich attraktive Schlagzeilen und sie wuumlrden im Unterricht sishycherlich fuumlr Diskussionsstoff sorgen Man koumlnnte sogar versucht sein aus dem ersten Beispiel die These abzuleiten dass sich Autostereotype (Ledigshylich 35 Prozent [der Deutschen] schaumltzen sich als typisch deutsch schneller veraumlndern oder mindestens schneller differenzieren als Heterosteshyreotype (siehe dazu oben die sprachbezogenen Heterostereotype in der Deutschschweiz gegenuumlber Deutschen) Allerdings ist auch an dieser Stelle

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eindringlich vor Fehlschluumlssen aus solchen Umfragen zu warnen Zu bedenshyken gilt es zunaumlchst dass die Art der Befragung die Form und auch den Inhalt der Antworten vorzeichnen kann - und meistens auch vorzeichnet Wer nach Stereotypen bekommt Stereotypen zur Antwort und wer abgestufte Antwortkategorien vorgibt bekommt als Antwort genau den erfragten Diffeshyrenziertheitsgrad zuruumlck Damit besteht die Gefahr dass Stereotype abgerushyfen (im besseren Fall) oder durch die Fragen selbst erst konstruiert werden

schlechteren Fall) Dh es ist damit zu rechnen dass es durch Umfragen auch zu Fest- und Fortschreibungen von klischeehaften Vorstellungen komshymen kann die an der Wirklichkeit vorbeigehen bzw zu Resultaten die sich mit anderen Untersuchungsmethoden zB mit qualitativen offenen intershyviews uU (so) nicht ergaumlben Die Art der Befragung strukturiert die Form des Urteils das sie selbst zu ermitteln versucht selbst vor Sie setzt die Verallshygemeinerung von Eigenschaften auf ganze Nationen als gegeben voraus die dann als Vorurteil festgestellt wird (Picht 1980 zit n Althaus 2010 1425) Hinzu kommt das Problem dass bei Umfragen dieser Art die Transparenz in der Regel nicht oder nur in eingeschraumlnktem Mass gegeben ist Das jeweilige Befragungsinstrument ist nicht verfuumlgbar die Daten erst recht nicht und uumlber die Durchfuumlhrung der Untersuchung ist kaum etwas bekannt Ausserdem lieshygen die Resultate oft nur in redaktionell aufbereiteter Form vor

All das bedeutet natuumlrlich nicht dass man Umfragen im Unterricht nicht verwenden soll es bedeutet aber dass man dies reflektiert tun sollte Was das im Einzelnen heisst sollte unten in Kap 42 noch deutlicher werden

Eine wissenschaftliche Untersuchung die sich der Struktur-Problematik der Stereotypen forschung sehr wohl bewusst ist (ihr aber letztlich auch nicht ausweichen kann) ist die Studie von Bolten (2006) zur Entwicklung von Natishyonalstereotypen im Globalisierungsprozess Sie zeigt dass der DaF-Untershyricht immer noch mit tradierten Stereotypen zu rechnen hat auf Seiten der Lernenden ebenso wie auf Seiten der Lehrenden (vgl auch Althaus 2010 1429) Genau deshalb fordert zB Bechtel (2009 153) mit Recht dass Stereoshytype nicht ausgeblendet sondern im Unterricht thematisiert und zum Gegenshystand von Lernprozessen gemacht werden

4 DACH(l) WIE WEITER

Das alte DACH(L)-Konzept hatte die sozio-kulturelle Sensibilisierung und den Perspektivenwechsel als einen von drei grossen Lernzielbereichen beshystimmt (neben der Vermittlung von Strategien zum selbstaumlndigen Wissensershywerb und Methoden zur Integration von Vorwissen Wahrnehmungen und neuem Wissen als den beiden andern Lernzielbereichen) Zur sozio-kulturelshy

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len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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Thomas Studer

lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Thomos Studer

tralitaumlt der Schweiz zu erfahren6 Aber auch der literarische Ausgangstext selbst kann Anlass sein auf ein vertieftes Verstaumlndnis hinzuarbeiten etwa durch mehrmaliges genaues Lesen im Sinne einer fuumlnften Fertigkeit (vgl den Five-Skills-English-Ansatz von McRea 2008) z B um zu erkunden von wem und mit welchen Verben die Fremdbilder von der Schweiz im Beispielshytext erzaumlhlt werden Weiters koumlnnten mit Methoden die sonst im Rahmen der sprachbezogenen Landeskunde Anwendung finden (Bettermann 2010) kulturell aufgeladene Textwoumlrter wie Einheimische recherchiert werden und zwar auch in elektronischen Korpora des Deutschen zB im Leipziger Korpus (httpcorporainformatikuni-leipzigde 3112013) Letzterer bietet sich fuumlr D-CH-bezogene Fragestellungen in besonderer Weise an da separate Abfragen fuumlr die nationalen Standardvarietaumlten des Deutschen in Deutschshyland und in der Schweiz (German und German (eH) moumlglich sind8 Das ershygaumlnzt die traditionelle Arbeit mit den DaF-Woumlrterbuumlchern in idealer Weise weil man sich die Suchwoumlrter in elektronischen Korpora in der Regel in aktushyellen Gebrauchskontexten anzeigen lassen kann (sog KWICs - keyword in conshytext) Das ist insbesondere auch fuumlr vom deutschen Sprachraum weit(er) entshyfernte Laumlnder eine Moumlglichkeit zu problem-fokussierter und gleichwohl aushythentischer Sprache zu kommen9

Alle diese Arbeitsideen sind nicht an das DACH-Prinzip gebunden aber sie vermoumlgen vielleicht anzudeuten wie dieses Prinzip zum Leben erweckt werden kann

Solche Vergleichstexte gibt es zB in der Schweizer Ausgabe der deutschen Zeitung Die Zeit Zum Begriff Paralleltexte vgl Altmayer 2002 dort freilich im Zusammenhang mit dem Konzept einer kulturwissenschaftlichen Textanalyse

7 So heisst es etwa im Text von Hugo Loetscher Wir hatten zwar gehoumlrt dass der Stamm der goldhuumltenden Gnomen friedfertig sei seit langem wuumlrden sie nicht mehr selber Krieg fuumlhren aber alle Kriege aufmerksam verfolgen indem sie keinem der Streitenden helfen und mit beiden Seiten Handel treiben [ ] Wir mussten feststellen dass diese Einheimishyschen nicht nur vor dem Gluumlck Angst haben sondern nichts so sehr fuumlrchten wie vor allem wenn diese von Fremden wie wir es sind werden (Loetscher 148 und 157 Hervorhebungen Ts) Literarisch werden hier Fremdbilder von der Schweiz solche die die Entdecker mitbringen (11 wir hatten gehoumlrt) und solche die sie in der Auseinandersetzung mit Einheimischen ad hoc bilden (wir mussten feststelshylen) Ein Subkorpus fuumlr Oumlsterreich fehlt hingegen leider

9 Fuumlr eine erste Orientierung bezuumlglich korpuslinguistischem Arbeiten im Fremdsprachenshyunterricht vgl z B Roumlmer 2010

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Braucht es ein neues DACH(L)

3 DAS NEUE DACH-PRINZIP UMSETZUNGEN UND UMSETZUNGSPROshyBLEME

Neu ist das neu genannte DACH-Prinzip also nicht oder zumindest jetzt noch nicht wie auch immer es genannt werden soll (vgl Demmig 2009 34) DACHL 20 DACHL-2 oder DACH(L)-neu Im Gegenteil Vor dem Hintergrund der ABCD-Thesen wirkt dieses Prinzip merkwuumlrdig bescheiden und blass Fishyscher (2007) und FischerFrischherzNoke (2010) kommen zu positiven Bilanshyzen was Anwendungen und Umsetzungen des (alten) DACH(L)-Konzepts anshygeht Haumlngt das miteinander zusammen Wuumlrde sich heute ein forderndes und farbiges DACH(L)-Konzept eruumlbrigen Die Gegenthese waumlre Auch das neue schlanke DACH-Prinzip das die grundsaumltzliche Anerkennung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch erreichen moumlchte wird nur teilweise beachtet und dort wo es beachtet wird zeigen sich Umsetzungsprobleme In diesem Spannungsshyfeld einige Beispiele zu sichten ist das Ziel dieses Kapitels Die sehr verschiedeshynen und natiirlich nicht repraumlsentativen Beispiele betreffen die Bereiche Sprachshyunterricht und Vermittlung von LandeskundeIKulturvermittlung nicht beshyruumlcksichtigt werden an dieser Stelle die Einschaumltzung landeskundlicher Lehrshymaterialien und die Lehreraus- und -weiterbildung

31 Unterricht der deutschen Sprache

Wenn die Oumlsterreicher ein bisschen anders sprechen ist ihr Deutsch beshystimmt nicht falsch Aber fuumlr die meisten Deutsch-Lerner ist es vielleicht besshyser wenn sie ein Standard-Deutsch lernen (Walser 2007 zitiert nach Haumlgi 2010 58) In Anbetracht der langen Tradition linguistischer und auch fremdshysprachendidaktischer Literatur zur Plurizentrik des Deutschen zusammengeshy

etwa in Haumlgi 2006 sind Faumllle wie der zitierte wo dem oumlsterreichischen Deutsch der standardsprachliche Status abgesprochen wird schon sehr ershystaunlich aber sie stehen nicht allein (z B Ransmayr 2006 Haumlgi 2011 unten in diesem Abschnitt) Waumlre es heute also tatsaumlchlich immer noch noumltig die Stanshydardsprachlichkeit des oumlsterreichischen Deutsch und des Schweizerhochshydeutschen herauszustellen Wahrscheinlich verhaumllt es sich zwar schon so dass man mit plurizentrisch konzipierten Pruumlfungen wie dem Zertifikat Deutsch (ZD) mehr Wirkung erzielt als mit Thesen Konzepten und Prinzishypien (Langner 2011 StuderWiedenkeller 2006)10 Trotzdem wird man festhalshy

10 Im ZD dominiert selbstverstaumlndlich deutschlaumlndisches Deutsch (mit moumlglichst hohem Anteil an Gemeindeutsch) hin und wieder kommt aber auch ein schweizerhochdeutsches Statement vor und nicht alle Austriazismen werden automatisch herausgestrichen

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Thomas Studer

ten muumlssen Falsche Darstellungen der linguistischen Verhaumlltnisse wie die zishytierte widersprechen dem neuen DACH-Prinzip nicht ganz einfach weil die- ses Prinzip mit der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes zwar die Plurishyzentrik des Deutschen aufruft dazu aber keine konkreten Aussagen macht

Ein in diesem Zusammenhang interessantes Fallbeispiel ist die Schweizer Ausgabe von studio d (Funk ua 2011) Im Vorwort zum Kurs- und Uumlbungsshybuch Al heisst es Die Houmlrtexte sind alle im Schweizer Standarddeutsch aufshygenommen waumlhrend die Phonetikuumlbungen keine regionalsprachlichen Merkshymale enthalten (Ebd 3) Man reibt sich die Augen und zwar gleich zwei Mal Alle Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch Und Phonetikuumlbungen ohne regional sprachliche Merkmale Was auf den ersten Blick aus einer schweizeshyrischen Perspektive wie Weihnachten im Sommer aussieht - alle () Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch wirft auf den zweiten Blick Fragen auf denn das Lehrbuch will auch in den Alltag der Menschen in den deutschsprachigen Laumlndern (ebd) einfuumlhren Wie so fragt man sich geht das zusammen Diese Menschen sprechen ja nicht alle Schweizerhochdeutsch Auch werden die Lernenden in der Schweiz ausserhalb des Kurses sicher nicht nur mit Schweishyzerhochdeutsch konfrontiert sein sondern mit vielerlei Deutsch zumal mit der deutschlaumlndischen Standardvarietaumlt auch mit der oumlsterreichischen und ganz sicher mit Schweizer Dialekten und zwar vor Ort ebenso wie in den Meshydien Waumlre man hier folglich mit der Forcierung des Schweizerhochdeutschen in bester Absicht uumlbers Ziel hinausgeschossen Nein so ist es nicht denn Buch und Vorwort von studio d sprechen eine andere Sprache und insbesondere die CD widerlegt was das Vorwort ankuumlndigt Mal houmlrt man Schweizerhochshydeutsch (meist mit schwacher gelegentlich mit staumlrkerer dialektaler Faumlrbung) mal deutschlaumlndisches Deutsch (durchgaumlngig deutlich noumlrdlicher Praumlgung) und dieses Nebeneinander gilt fuumlr die Houmlrtexte ebenso wie fuumlr die Uumlbungen zur Aussprache und bei den Ausspracheuumlbungen selbst finden sich beide Vashyrietaumlten sogar in ein- und derselben UumlbungY Insgesamt trifft man also in der fuumlr die Schweiz regionalisierten Ausgabe von studio d auf ein hohes Mass an Variation im Bereich der Aussprache und zwar schon auf Niveau Al Gross ist damit auch die Herausforderung fuumlr Lernende und Lehrende und es gaumllte genauer zu untersuchen welche Muster die Lernenden unter diesen Umstaumlnshyden produzieren und wie diese von den Lehrpersonen bewertet werden

11 zB werden Zahlen mit der Endsilbe -jg wie in dreissig zushynaumlchst mit Verschlusslaut es im Schweizerhochdeutschen aber auch in Suumlddeutschshyland und Oumlsterreich ist) und dann mit Reibelaut (wie in Norddeutschland) ausgeshysprochen in der einleitenden Uumlbung zu dieser Einheit vermutlich die mustergebende Phonetikuumlbung - houmlrt man ausschliesslich Reibelaute (zur regionalen Zuordnunl der Aussprache von -ig vgl Ammon 2004 LVIII zur Loyalitaumlt der Aussprache personen in DACH gegenuumlber der jeweils eigenen Standardvarietaumlt siehe SCmruulID

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Braucht es ein neues DACH(L)

Die zweite Ankuumlndigung im Vorwort die keine regionalsprachlichen Merkmale laumlsst sich grundsaumltzlich nicht halten Hier setzt sich wieder eine alt-bekannte Verwechslung durch Deutschlaumlndishysches Deutsch (noumlrdlicher Praumlgung) wird seiner hohen Sprecheranzahl und Praumlsenz wegen als neutral angesehen alles andere gilt im besseren Fall als markiert und im schlechteren als Abweichung Von da ist dann der Weg zur Nicht-Anerkennung des standardsprachlichen Status des Schweizerhochshydeutschen doch wieder vorgezeichnet und nicht mehr weit12

Festhalten laumlsst sich einstweilen Fuumlr die Inlandsituation ist das neue DACH-Prinzip deutlich unterspezifiziert und fuumlr die Auslandsituation bietet es nur eine sehr grobe Orientierung an Was genau mit der Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch gemeint sein soll- und was bedarf in beiden Faumlllen einer genaueren kontextspezifischen Ausfolgerung

Fuumlr das interkulturelle Lernen hat die Plurizentrik des Deutschen aber noch eine ganz andere Funktion Sie macht erfahrbar dass sprachliche Vielfalt herrscht nicht nur innerhalb des deutschsprachigen Raumes im Grossen sonshydern auch und das ist mindestens so wichtig (Fischer 2007 FischerFrischshyherzINoke 2010) an den Lernorten im Kleinen sie zeigt dass es nicht ein rich-

Deutsch gibt und dass mit den Varietaumlten und Varianten Einstellungen und Bewertungen einhergehen die einen erheblichen Einfluss auf die Komshymunikation und deren Gelingen haben koumlnnen Bekanntere Beispiele hierfuumlr aus der Schweiz sind einer Zusammenstellung von Haumlgi (2006 78) entnomshymen Ein Deutschschweizer der Schweizerhochdeutsch spricht wirkt auf eishynen deutschen Houmlrer exotisch niedlich und muss damit rechnen dass seine gesprochene Schweizer Standardvarietaumlt als Dialekt aufgefasst wird13

Umgekehrt wirkt die deutschlaumlndische Varietaumlt einer deutschen Sprecherin auf eine Deutschschweizerin neutral - oder aber arrogant und kalt Hier bei den soziolinguistischen Implikationen der Plurizentrik eroumlffnet sich ein weites Feld fuumlr interkulturelles Lernen lassen sich Wahrnehmungen nachshyvollziehen und vergleichen lassen sich Perspektiven und (fehlende) Perspekshytivenwechsel (zB Deutschschweizer Deutsche) rekonstruieren und diskutieren

12 In dem Zusammenhang sei an (zB 2005) erinnert der zwischen D(ominant) and O(ther) varieties unterscheidet zehn Asymmetrien zwischen D- und uO-Varietaumlshyten bezeichnet Demnach sehen zB Sprecher Innen einer dominanten Varietaumlt - im deutshyschen Sprachraum immer das deutschlaumlndische Deutsch - ihre eigene Varietaumlt in der Reshygel als Standard und die anderen Varietaumlten als abweichend an als nicht-standardsprachshylich und oft auch als exotisch herzig und archaisch (ebd 297)

13 Eine weitere Anekdote dazu Kuumlrzlich war ich zu einer Fachtagung in Deutschland (zum Themenkreis DaZ) eingeladen Der deutsche Kollege der fuumlr die Publikation der Referate verantwortlich ist bedeutete mir (ob mit leisem ironischen Unterton war mir nicht ganz deutlich) Sie schreiben nach der Schrift ja

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Einen guten wissenschaftlichen Ausgangspunkt dafuumlr bieten die Laienlingu- bull istik und die Wahrnehmungs dialektologie Hierbei handelt es sich um aktive linguistische Forschungszweige mit einem beachtliche~ freilich noch kaum genutzten Potential fuumlr die Landeskundedidaktik Ein konkretes Beispiel dashyfuumlr ist die Arbeit von Cuonz (z B Cuonz 2010) in der aumlsthetisch positive und negative sowie affektive Sprachurteile von Laien in der Deutsch- und Westshyschweiz anhand eines grossen Interview-Korpus untersucht werden14

bull Geshyrade die varietaumltenbezogenen Perzeptionen und Konzepte von Nicht-Unshyguistlnnen der Zielsprachenlaumlnder deren Urteile und Urteilsbegruumlndungen koumlnnten Lernende dazu anstossen uumlber Perzeptionen und Konzepte nachzushydenken die sie selbst mit ihren Sprachen verbinden

32 Vermittlung von LandeskundeKulturvermittlung

Traditionell wurden bei der Vermittlung von Landeskunde drei Ansaumltze unshyterschieden die gros so modo in dieser Reihenfolge entstanden sind kognishytive kommunikative und interkulturelle Ansaumltze (Zeuner 2001)15 Hinzu kommt als juumlngste Entwicklungslinie der kulturwissenschaftliche Ansatz (zB AltmayerKoreik 2010) Schlagwortartig und stark verkuumlrzt resuumlmiert gehen mit diesen Ansaumltzen die folgenden uumlbergeordneten Lernziele einher (Zeuner 2001 5ff) systematische Kenntnisse der Zielkultur (kognitiver Anshysatz) funktionierende Verstaumlndigung (kommunikativer Ansatz) sich selbst und andere (besser) verstehen (interkultureller Ansatz) Beim kulturwissenshyschaftlichen Ansatz sind die Lernziele im deutlichen Gegensatz zu den Zieshylen dieses Ansatzes fuumlr die landeskundliche Forschung nicht leicht auszushymachen und wohl nicht auf einen Begriff zu bringen sie duumlrften sich aber im Bereich des Nachvollziehens kollektiver Sinnstiftung bzw Orientierungsshymuster der soziokulturellen Partizipation und der personalen Identitaumltsshykonstruktion bewegen (vgl KoreiklPietzuch 2010 1449)

Grundsaumltzlich ist Bezugnahme auf mehr als ein deutschsprachiges Land der Zielsprache Deutsch wie es das neue DACH-Prinzip postuliert bei allen erwaumlhnten Ansaumltzen moumlglich Dies weist abermals auf die noch aussteshyhende konzeptuelle Ausfolgerung dieses Prinzips hin Gemaumlss Demmig

Thematisiert wird in dieser Arbeit auch das Problem der (Nicht-)Unterscheidbarkeit von Urteilen uumlber Sprache und Urteilen uumlber Sprach gemeinschaften und deren VertreterInshynen Mit diesem Problem ist natuumlrlich auch die landeskundliche Auseinandersetzung mit Varietaumlten konfrontiert

15 Eher quer dazu steht der sprachbezogene Ansatz vgl demgegenuumlber dh um ein Vielfashyches differenzierter das Handbuch Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (Krumm Ua 2010)

Braucht es ein neues DACH(L)

(2009) soll im neuen Prinzip dem interkulturellen Lernen ein wichtiger Stelshylenwert zukommen Das waumlre dann allerdings kein neues Element setzt doch schon das alte DACH(L)-Konzept einen Akzent im Bereich des interkulturelshylen Lernens (zB Fischer 2007)

Zu den prominenten Gegenstaumlnden interkulturellen Lernens gehoumlrte und gehoumlrt die Auseinandersetzung mit Stereotypen Auffaumlllig ist dabei ua wie hoch die diesbezuumlglichen Ziele gesteckt wurden und werden vgl etwa die ABCD-These 4 (Vorurteile und Klischees [sollen) sichtbar [gemacht] und abshygebaut sowie eine kritische Toleranz entwickelt werden) und fast woumlrtlich zB Caspari (2007 71 s auch oben Kap 1) Vorurteile und Klischees [sollen] sichtbar gemacht und abgebaut werden Es ist hier nicht der Ort den Begriff Stereotyp und verwandte Konzepte wie Vorurteil und Klischee genauer gegeneinander abzuwaumlgen Als Arbeitsdefinition mag ausreichen dass es sich bei Stereotypen um eine Form der nichtreflexiven Wahrnehmung und Verarbeitung der Auszligenwelt handelt (Althaus 2010 1425) Aus paumldagogischshydidaktischer Sicht von Bedeutung ist die Frage wie realistisch die Zielsetzung ist mittels Landeskunde Stereotype abbauen zu koumlnnen Diesbezuumlglich scheint mehr Realismus angezeigt nur schon wegen der Doppeigesichtigkeit von Stereotypen (z B KoumlnigsGnutzmann 2006 Stereotype gelten einershyseits als kognitive Schemata die durch grundlegende Wahmehmungs- Filteshyrungs- und Kategorisierungsprozesse entstehen Andererseits werden Stereoshytype als ungerechtfertigt vereinfachende generalisierende Wertungen und Aussagen angesehen Im ersten Fall sind Stereotype etwas kognitiv Notwenshydiges und Neutrales (das vor Reizuumlberflutung schuumltzt) im zweiten etwas Negatives Unerwuumlnschtes Daraus folgt dass sich Stereotypenbildung auch und gerade kulturbezogene nicht vermeiden lassen wird auch wenn sie zu Unerwuumlnschtem fuumlhrt und auch dass es schwierig sein wird Stereotype zu beeinflussen und zu veraumlndern Ein Ansatzpunkt in dieser Situation kann dashyrin gesehen werden die materielle Basis von Stereotypen zu rekonstruieren dh aufzuzeigen dass Vereinfachungen und Generalisierungen auf fehlender oder mangelnder empirischer Erfahrung beruhen koumlnnen In entsprechenden Projekten lassen sich z B Interviews mit SprecherInnen der Zielsprache uumlber Sprachurteile heranziehen (s oben 31) oder in der Inlandsituation von den Lernenden selbst durchfuumlhren

Hilfreiche Anregungen fuumlr die Arbeit am Stereotyp geben auch die von Roumlsch (2011) interkulturell akzentuierten Phasenmodelle der Uteraturdidakshytik Dort taucht das Konzept der bornierten Subjektivitaumlt auf im Zusamshymenhang mit der ersten Phase des Herangehens an einen literarischen Text Gemeint ist ein spontaner subjektiver Zugang zum literarischen Text der weishyteren objektivierenden und anwendungsbezogenen Phasen des Textversteshydas nicht weniger als neun Artikel zur Landeskunde umfasst die Artikel zur Rolle der

Literatur noch nicht eingerechnet

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hens vorangeht In interkultureller Akzentuierung heisst diese Phase bei

Thomos Studer

Roumlsch (2011 348) bornierte Ethnizitaumlt und die Autorin empfiehlt diese beim Umgang mit Literatur zuzulassen auch wenn und gerade weil sie [die bornierte Ethnizitaumlt TS] Kulturalisierungen offenbart die im weiteren Vershylauf des Unterrichts aufgebrochen werden (ebd) Ein solcher Zugang zu inshyterkultureller Literatur ist lernerorientiert und scheint fruchtbar weil Lershynende im Unterricht in vielen Faumlllen mit Kulturalisierungen ankommen wershyden In aumlhnlicher Weise koumlnnte das anfaumlngliche Zulassen einer bornierten Ethnizitaumlt die Arbeit am Stereotyp in der Landeskunde unterstuumltzen indem eine realistische Ausgangslage fuumlr eine genauere Auseinandersetzung mit Stereotypen erzeugt wird (vgl dazu auch schon die ABeD-These 17 in der eine emotionale und subjektive Erfahrung der fremden Kultur empfohlen wird)

Zum begrifflichen Inventar der Auseinandersetzung mit Stereotypen geshyhoumlren die Selbst- und Fremdbilder (Auto- und Heterostereotype) die gegenshyuumlber sozialen Kollektiven bestehen und die sich perspektivisch jeweils auf Ausgangs- und Zielkulturen beziehen lassen Eine solche Differenzierung ershygibt ein Vierfelderschema anhand dessen Erdmenger (1996) versucht hat dishydaktisch nutzbare Konstellationen herauszuarbeiten Eine besondere Rolle spielen dabei die bei den Begriffe eigenes Heterostereotyp (z B was Deutschshyschweizer uumlber Deutsche denken) und fremdes Autostereotyp (zB was Deutsche uumlber sich selbst denken eigen und fremd hier also aus der Sicht der Deutschschweizer Ausgangskultur) weil zwischen diesen beiden Stereoshytypen oft eine grosse Diskrepanz besteht Erdmenger (1996 49) nennt diese Diskrepanz objektive soziale Urteilsdivergenz und meint damit nicht etwa dass diese Urteile die Wirklichkeit zeigen sondern dass es sich bei dieser Divergenz um empirisch feststellbare Zuschreibungen auf beiden Seiten handelt Ansatzpunkt der didaktischen Arbeit bei Erdmenger ist nun das jeweils eishygene Heterostereotyp Ein Beispiel eines sprachbezogenen Heterostereotyps aus der Deutschschweiz das hierzulande nach wie vor gelaumlufig ist wurde oben bereits zitiert DeutschschweizerInnen empfinden das gesprochene Standarddeutsch Deutschlands als neutral oder aber als arrogant und kalt Hier waumlre gemaumlss Erdmenger anzusetzen mit Fragen wie Warum auf welcher Folievor welchem Hintergrundvor dem Hintergrund welcher Ershywartungen und Erfahrungen schreiben Deutschschweizerlnnen Deutschen diese Praumldikate zu Und und das zielt dann auf die Konfrontation dieses Heshyterostereotyps mit dem (aus Sicht der DeutschschweizerInnen fremden) Aushytostereotyp der Deutschen Wie nehmen Deutsche ihre eigene Standardvarieshytaumlt wahr In umgekehrter Sichtweise wuumlrde es darum gehen dass Deutsche bei ihrem Heterostereotyp gegenuumlber DeutschschweizerInnen ansetzen und sich fragen Wie kommt es dazu DeutschschweizerInnen die Schweizerhochshydeutsch sprechen als exotisch oder niedlich zu apostrophieren Und

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Braucht es ein neues DACH(L)

diese Bilder waumlren dann wieder mit dem (aus Sicht von Deutschen fremden) Autostereotyp der Deutschschweizer zu konfrontieren in dem die Zuschreishybung niedlich sicher nicht vorkommt

Aktuell lassen sich Hetero- und Autostereotype zum Schweizerhochdeutshyschen zB gut anhand der Schweizer Produktionen zur TV-Krimiserie Tatshyort studieren16 So meinte ein deutscher Zuschauer zur Folge Skalpell ich koumlnnte mich immer wegschmeisen [sic] vor Lachen houmlrt sich einfach nur lusshytig an (Intemetforum der ARD zu Tatort Benutzemame 3052012) wohingegen sich das Schweizer Boulevard-Blatt Blick zur Folge Wunschdenken so vernehmen liess Schweizer Profi-Schauspieler reden wie Laien im Dorftheater Es holpert und aumlchzt - und tut in den Ohren weh (Blick zitiert nach Bild am Sonntag 1482011) Was fuumlr den deutschen Zushyschauer einfach nur lustig ist (heterostereotype Perzeption) tut Schweizer Redakteuren in den Ohren weh (autostereotype Perzeption) Unterschiedlishycher koumlnnten die Wahrnehmungen kaum sein Will man sie im Unterricht aufshygreifen und auf ihre soziolinguistischen Hintergruumlnde befragen scheint es noumlshytig den Lernenden auch Wissen anzubieten und zwar durchaus im Sinne der informationsbezogenen Landeskunde hier etwa Hintergrundwissen zum Verhaumlltnis von Dialekt und Standardsprache in der muumlndlichen Alltagskomshymunikation und in der Schule der Deutschschweiz

Die Idee der Auseinandersetzung mit der objektiven sozialen Urteilsdishyvergenz Erdmengers laumluft also darauf hinaus Heterostereotype mit Autosteshyreotypen in Beziehung zu setzen um divergente Zuschreibungen sichtbar zu machen Voraussetzung dafuumlr waumlre wiederum die Bereitschaft fuumlr und das sich Einlassen auf einen PerspektivenwechseL

Im Rahmen einer Interventionsstudie zum gymnasialen Englischuntershyricht bringt Papenberg Indizien bei die dafuumlr sprechen dass Uumlbungen zum Perspektivenwechsel die interkulturelle Sensitivitaumlt der Schuumllerinnen und Schuumller entwickeln und somit ethnorelative Sichtweisen foumlrdern koumlnnen (Pashypenberg 2009 203) Allerdings gibt es auch Hinweise darauf dass negative Heterostereotype dauerhaft sind und sich sogar wider besseres am Einzelfall erfahrbares und uumlberpruumlfbares Wissen durchsetzen koumlnnen TaHel (1982 zit n Thomas 2006 9f) beschreibt in einer fruumlhen sozialpsychologischen Studie die Tendenz menschliches Verhalten das de facto individuell ist als gleichshyfoumlrmig einheitlich und gruppentypisch wahrzunehmen Der Punkt ist dabei

16 Die Schweizer Tatort-Folgen werden jeweils in zwei Versionen produziert und ausgeshystrahlt naumlmlich einmal in einer Dialekt-Version fuumlr die Schweiz und einmal in einer synshychronisierten Version fuumlr Deutschland in der je nach Folge unterschiedlich stark dialektal gepraumlgtes Schweizerhochdeutsch gesprochen wird Die synchronisierten Versionen sind regelmaumlssig Stein des Anstosses in Presse und Chatraumlumen und zwar auf beiden Seiten des Rheins

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der dass diese Depersonalisierungstendenz sehr ungleich verteilt ist dh nur auf die Wahrnehmung von Mitgliedern wenig bekannter fremder z B politischer oder religioumlser Gruppen zutrifft nicht aber auf die Wahrnehmung von Mitgliedern eigener Gruppen (zB KollegInnen im Sportverein) Deren Verhalten wird als individuell angesehen und in der Folge als Beleg fuumlr die Uumlberlegenheit der eigenen Gruppe gewertet Falls sich Taifels (fruumlhe unter kontrollierten Bedingungen erhobenen) Befunde auch heute noch ergaumlben koumlnnte man sich die Resistenz bestimmter Stereotype z B derjenigen die oben im Zusammenhang mit dem Schweizerhochdeutschen angefuumlhrt wurshyden immerhin etwas besser erklaumlren

Gerne werden im Unterricht beim Thema Stereotype Ergebnisse der pushyblizistisch orientierten Demoskopie herangezogen nicht zuletzt weil sie leicht greifbar sind So kann man etwa in Die Welt vom 2592012 lesen

Die Deutschen haben das typisch Deutsche satt Einer repraumlsentativen Studie zufolge fuumlhren die Deutschen ein regelrechtes Doppelleben 73 Proshyzent sagen man sei hierzulande gar nicht so ehrlich puumlnktlich und gewisshysenhaft wie man immer tue Lediglich 35 Prozent schaumltzen sich als tyshypisch deutsch ein 36 Prozent stufen sich als nicht typisch deutsch ein der Rest aumluszligert sich unentschieden (oRepraumlsentative Studie im Auftrag der Brauerei Oettinger an der 1000 Personen teilnahmen und 200 Frauen und Maumlnner in Einzel- und Gruppeninterviews befragt wurden http wwwweltdevermischtesartide109452067Die-Deutschen-haben-das-tyshypisch-Deutsche-satthtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Oder auch in Die Welt vom 272012

Noch nie hatten Oumlsterreicher die Deutschen so lieb Lange waren Deutsche in Oumlsterreich als hochnaumlsige Piefkes verschrien - doch diese Zeiten scheinen vorbei Jetzt haben 47 Prozent der Oumlsterreicher eine ziemlich gute Meinung von ihnen (Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts unter einer Graphik steht Oumlsterreichische Bevoumllkerung ab 16 Jahren wwwweltdevermischtesartic1e1 07688360N och-nie-hatten-Oesterreichershydie-Deutschen-so-liebhtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Das sind natuumlrlich attraktive Schlagzeilen und sie wuumlrden im Unterricht sishycherlich fuumlr Diskussionsstoff sorgen Man koumlnnte sogar versucht sein aus dem ersten Beispiel die These abzuleiten dass sich Autostereotype (Ledigshylich 35 Prozent [der Deutschen] schaumltzen sich als typisch deutsch schneller veraumlndern oder mindestens schneller differenzieren als Heterosteshyreotype (siehe dazu oben die sprachbezogenen Heterostereotype in der Deutschschweiz gegenuumlber Deutschen) Allerdings ist auch an dieser Stelle

Braucht es ein neues DACH(L)

eindringlich vor Fehlschluumlssen aus solchen Umfragen zu warnen Zu bedenshyken gilt es zunaumlchst dass die Art der Befragung die Form und auch den Inhalt der Antworten vorzeichnen kann - und meistens auch vorzeichnet Wer nach Stereotypen bekommt Stereotypen zur Antwort und wer abgestufte Antwortkategorien vorgibt bekommt als Antwort genau den erfragten Diffeshyrenziertheitsgrad zuruumlck Damit besteht die Gefahr dass Stereotype abgerushyfen (im besseren Fall) oder durch die Fragen selbst erst konstruiert werden

schlechteren Fall) Dh es ist damit zu rechnen dass es durch Umfragen auch zu Fest- und Fortschreibungen von klischeehaften Vorstellungen komshymen kann die an der Wirklichkeit vorbeigehen bzw zu Resultaten die sich mit anderen Untersuchungsmethoden zB mit qualitativen offenen intershyviews uU (so) nicht ergaumlben Die Art der Befragung strukturiert die Form des Urteils das sie selbst zu ermitteln versucht selbst vor Sie setzt die Verallshygemeinerung von Eigenschaften auf ganze Nationen als gegeben voraus die dann als Vorurteil festgestellt wird (Picht 1980 zit n Althaus 2010 1425) Hinzu kommt das Problem dass bei Umfragen dieser Art die Transparenz in der Regel nicht oder nur in eingeschraumlnktem Mass gegeben ist Das jeweilige Befragungsinstrument ist nicht verfuumlgbar die Daten erst recht nicht und uumlber die Durchfuumlhrung der Untersuchung ist kaum etwas bekannt Ausserdem lieshygen die Resultate oft nur in redaktionell aufbereiteter Form vor

All das bedeutet natuumlrlich nicht dass man Umfragen im Unterricht nicht verwenden soll es bedeutet aber dass man dies reflektiert tun sollte Was das im Einzelnen heisst sollte unten in Kap 42 noch deutlicher werden

Eine wissenschaftliche Untersuchung die sich der Struktur-Problematik der Stereotypen forschung sehr wohl bewusst ist (ihr aber letztlich auch nicht ausweichen kann) ist die Studie von Bolten (2006) zur Entwicklung von Natishyonalstereotypen im Globalisierungsprozess Sie zeigt dass der DaF-Untershyricht immer noch mit tradierten Stereotypen zu rechnen hat auf Seiten der Lernenden ebenso wie auf Seiten der Lehrenden (vgl auch Althaus 2010 1429) Genau deshalb fordert zB Bechtel (2009 153) mit Recht dass Stereoshytype nicht ausgeblendet sondern im Unterricht thematisiert und zum Gegenshystand von Lernprozessen gemacht werden

4 DACH(l) WIE WEITER

Das alte DACH(L)-Konzept hatte die sozio-kulturelle Sensibilisierung und den Perspektivenwechsel als einen von drei grossen Lernzielbereichen beshystimmt (neben der Vermittlung von Strategien zum selbstaumlndigen Wissensershywerb und Methoden zur Integration von Vorwissen Wahrnehmungen und neuem Wissen als den beiden andern Lernzielbereichen) Zur sozio-kulturelshy

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len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Braucht es ein neues DACH(L)

Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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ten muumlssen Falsche Darstellungen der linguistischen Verhaumlltnisse wie die zishytierte widersprechen dem neuen DACH-Prinzip nicht ganz einfach weil die- ses Prinzip mit der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes zwar die Plurishyzentrik des Deutschen aufruft dazu aber keine konkreten Aussagen macht

Ein in diesem Zusammenhang interessantes Fallbeispiel ist die Schweizer Ausgabe von studio d (Funk ua 2011) Im Vorwort zum Kurs- und Uumlbungsshybuch Al heisst es Die Houmlrtexte sind alle im Schweizer Standarddeutsch aufshygenommen waumlhrend die Phonetikuumlbungen keine regionalsprachlichen Merkshymale enthalten (Ebd 3) Man reibt sich die Augen und zwar gleich zwei Mal Alle Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch Und Phonetikuumlbungen ohne regional sprachliche Merkmale Was auf den ersten Blick aus einer schweizeshyrischen Perspektive wie Weihnachten im Sommer aussieht - alle () Houmlrtexte in Schweizerhochdeutsch wirft auf den zweiten Blick Fragen auf denn das Lehrbuch will auch in den Alltag der Menschen in den deutschsprachigen Laumlndern (ebd) einfuumlhren Wie so fragt man sich geht das zusammen Diese Menschen sprechen ja nicht alle Schweizerhochdeutsch Auch werden die Lernenden in der Schweiz ausserhalb des Kurses sicher nicht nur mit Schweishyzerhochdeutsch konfrontiert sein sondern mit vielerlei Deutsch zumal mit der deutschlaumlndischen Standardvarietaumlt auch mit der oumlsterreichischen und ganz sicher mit Schweizer Dialekten und zwar vor Ort ebenso wie in den Meshydien Waumlre man hier folglich mit der Forcierung des Schweizerhochdeutschen in bester Absicht uumlbers Ziel hinausgeschossen Nein so ist es nicht denn Buch und Vorwort von studio d sprechen eine andere Sprache und insbesondere die CD widerlegt was das Vorwort ankuumlndigt Mal houmlrt man Schweizerhochshydeutsch (meist mit schwacher gelegentlich mit staumlrkerer dialektaler Faumlrbung) mal deutschlaumlndisches Deutsch (durchgaumlngig deutlich noumlrdlicher Praumlgung) und dieses Nebeneinander gilt fuumlr die Houmlrtexte ebenso wie fuumlr die Uumlbungen zur Aussprache und bei den Ausspracheuumlbungen selbst finden sich beide Vashyrietaumlten sogar in ein- und derselben UumlbungY Insgesamt trifft man also in der fuumlr die Schweiz regionalisierten Ausgabe von studio d auf ein hohes Mass an Variation im Bereich der Aussprache und zwar schon auf Niveau Al Gross ist damit auch die Herausforderung fuumlr Lernende und Lehrende und es gaumllte genauer zu untersuchen welche Muster die Lernenden unter diesen Umstaumlnshyden produzieren und wie diese von den Lehrpersonen bewertet werden

11 zB werden Zahlen mit der Endsilbe -jg wie in dreissig zushynaumlchst mit Verschlusslaut es im Schweizerhochdeutschen aber auch in Suumlddeutschshyland und Oumlsterreich ist) und dann mit Reibelaut (wie in Norddeutschland) ausgeshysprochen in der einleitenden Uumlbung zu dieser Einheit vermutlich die mustergebende Phonetikuumlbung - houmlrt man ausschliesslich Reibelaute (zur regionalen Zuordnunl der Aussprache von -ig vgl Ammon 2004 LVIII zur Loyalitaumlt der Aussprache personen in DACH gegenuumlber der jeweils eigenen Standardvarietaumlt siehe SCmruulID

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Die zweite Ankuumlndigung im Vorwort die keine regionalsprachlichen Merkmale laumlsst sich grundsaumltzlich nicht halten Hier setzt sich wieder eine alt-bekannte Verwechslung durch Deutschlaumlndishysches Deutsch (noumlrdlicher Praumlgung) wird seiner hohen Sprecheranzahl und Praumlsenz wegen als neutral angesehen alles andere gilt im besseren Fall als markiert und im schlechteren als Abweichung Von da ist dann der Weg zur Nicht-Anerkennung des standardsprachlichen Status des Schweizerhochshydeutschen doch wieder vorgezeichnet und nicht mehr weit12

Festhalten laumlsst sich einstweilen Fuumlr die Inlandsituation ist das neue DACH-Prinzip deutlich unterspezifiziert und fuumlr die Auslandsituation bietet es nur eine sehr grobe Orientierung an Was genau mit der Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch gemeint sein soll- und was bedarf in beiden Faumlllen einer genaueren kontextspezifischen Ausfolgerung

Fuumlr das interkulturelle Lernen hat die Plurizentrik des Deutschen aber noch eine ganz andere Funktion Sie macht erfahrbar dass sprachliche Vielfalt herrscht nicht nur innerhalb des deutschsprachigen Raumes im Grossen sonshydern auch und das ist mindestens so wichtig (Fischer 2007 FischerFrischshyherzINoke 2010) an den Lernorten im Kleinen sie zeigt dass es nicht ein rich-

Deutsch gibt und dass mit den Varietaumlten und Varianten Einstellungen und Bewertungen einhergehen die einen erheblichen Einfluss auf die Komshymunikation und deren Gelingen haben koumlnnen Bekanntere Beispiele hierfuumlr aus der Schweiz sind einer Zusammenstellung von Haumlgi (2006 78) entnomshymen Ein Deutschschweizer der Schweizerhochdeutsch spricht wirkt auf eishynen deutschen Houmlrer exotisch niedlich und muss damit rechnen dass seine gesprochene Schweizer Standardvarietaumlt als Dialekt aufgefasst wird13

Umgekehrt wirkt die deutschlaumlndische Varietaumlt einer deutschen Sprecherin auf eine Deutschschweizerin neutral - oder aber arrogant und kalt Hier bei den soziolinguistischen Implikationen der Plurizentrik eroumlffnet sich ein weites Feld fuumlr interkulturelles Lernen lassen sich Wahrnehmungen nachshyvollziehen und vergleichen lassen sich Perspektiven und (fehlende) Perspekshytivenwechsel (zB Deutschschweizer Deutsche) rekonstruieren und diskutieren

12 In dem Zusammenhang sei an (zB 2005) erinnert der zwischen D(ominant) and O(ther) varieties unterscheidet zehn Asymmetrien zwischen D- und uO-Varietaumlshyten bezeichnet Demnach sehen zB Sprecher Innen einer dominanten Varietaumlt - im deutshyschen Sprachraum immer das deutschlaumlndische Deutsch - ihre eigene Varietaumlt in der Reshygel als Standard und die anderen Varietaumlten als abweichend an als nicht-standardsprachshylich und oft auch als exotisch herzig und archaisch (ebd 297)

13 Eine weitere Anekdote dazu Kuumlrzlich war ich zu einer Fachtagung in Deutschland (zum Themenkreis DaZ) eingeladen Der deutsche Kollege der fuumlr die Publikation der Referate verantwortlich ist bedeutete mir (ob mit leisem ironischen Unterton war mir nicht ganz deutlich) Sie schreiben nach der Schrift ja

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Einen guten wissenschaftlichen Ausgangspunkt dafuumlr bieten die Laienlingu- bull istik und die Wahrnehmungs dialektologie Hierbei handelt es sich um aktive linguistische Forschungszweige mit einem beachtliche~ freilich noch kaum genutzten Potential fuumlr die Landeskundedidaktik Ein konkretes Beispiel dashyfuumlr ist die Arbeit von Cuonz (z B Cuonz 2010) in der aumlsthetisch positive und negative sowie affektive Sprachurteile von Laien in der Deutsch- und Westshyschweiz anhand eines grossen Interview-Korpus untersucht werden14

bull Geshyrade die varietaumltenbezogenen Perzeptionen und Konzepte von Nicht-Unshyguistlnnen der Zielsprachenlaumlnder deren Urteile und Urteilsbegruumlndungen koumlnnten Lernende dazu anstossen uumlber Perzeptionen und Konzepte nachzushydenken die sie selbst mit ihren Sprachen verbinden

32 Vermittlung von LandeskundeKulturvermittlung

Traditionell wurden bei der Vermittlung von Landeskunde drei Ansaumltze unshyterschieden die gros so modo in dieser Reihenfolge entstanden sind kognishytive kommunikative und interkulturelle Ansaumltze (Zeuner 2001)15 Hinzu kommt als juumlngste Entwicklungslinie der kulturwissenschaftliche Ansatz (zB AltmayerKoreik 2010) Schlagwortartig und stark verkuumlrzt resuumlmiert gehen mit diesen Ansaumltzen die folgenden uumlbergeordneten Lernziele einher (Zeuner 2001 5ff) systematische Kenntnisse der Zielkultur (kognitiver Anshysatz) funktionierende Verstaumlndigung (kommunikativer Ansatz) sich selbst und andere (besser) verstehen (interkultureller Ansatz) Beim kulturwissenshyschaftlichen Ansatz sind die Lernziele im deutlichen Gegensatz zu den Zieshylen dieses Ansatzes fuumlr die landeskundliche Forschung nicht leicht auszushymachen und wohl nicht auf einen Begriff zu bringen sie duumlrften sich aber im Bereich des Nachvollziehens kollektiver Sinnstiftung bzw Orientierungsshymuster der soziokulturellen Partizipation und der personalen Identitaumltsshykonstruktion bewegen (vgl KoreiklPietzuch 2010 1449)

Grundsaumltzlich ist Bezugnahme auf mehr als ein deutschsprachiges Land der Zielsprache Deutsch wie es das neue DACH-Prinzip postuliert bei allen erwaumlhnten Ansaumltzen moumlglich Dies weist abermals auf die noch aussteshyhende konzeptuelle Ausfolgerung dieses Prinzips hin Gemaumlss Demmig

Thematisiert wird in dieser Arbeit auch das Problem der (Nicht-)Unterscheidbarkeit von Urteilen uumlber Sprache und Urteilen uumlber Sprach gemeinschaften und deren VertreterInshynen Mit diesem Problem ist natuumlrlich auch die landeskundliche Auseinandersetzung mit Varietaumlten konfrontiert

15 Eher quer dazu steht der sprachbezogene Ansatz vgl demgegenuumlber dh um ein Vielfashyches differenzierter das Handbuch Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (Krumm Ua 2010)

Braucht es ein neues DACH(L)

(2009) soll im neuen Prinzip dem interkulturellen Lernen ein wichtiger Stelshylenwert zukommen Das waumlre dann allerdings kein neues Element setzt doch schon das alte DACH(L)-Konzept einen Akzent im Bereich des interkulturelshylen Lernens (zB Fischer 2007)

Zu den prominenten Gegenstaumlnden interkulturellen Lernens gehoumlrte und gehoumlrt die Auseinandersetzung mit Stereotypen Auffaumlllig ist dabei ua wie hoch die diesbezuumlglichen Ziele gesteckt wurden und werden vgl etwa die ABCD-These 4 (Vorurteile und Klischees [sollen) sichtbar [gemacht] und abshygebaut sowie eine kritische Toleranz entwickelt werden) und fast woumlrtlich zB Caspari (2007 71 s auch oben Kap 1) Vorurteile und Klischees [sollen] sichtbar gemacht und abgebaut werden Es ist hier nicht der Ort den Begriff Stereotyp und verwandte Konzepte wie Vorurteil und Klischee genauer gegeneinander abzuwaumlgen Als Arbeitsdefinition mag ausreichen dass es sich bei Stereotypen um eine Form der nichtreflexiven Wahrnehmung und Verarbeitung der Auszligenwelt handelt (Althaus 2010 1425) Aus paumldagogischshydidaktischer Sicht von Bedeutung ist die Frage wie realistisch die Zielsetzung ist mittels Landeskunde Stereotype abbauen zu koumlnnen Diesbezuumlglich scheint mehr Realismus angezeigt nur schon wegen der Doppeigesichtigkeit von Stereotypen (z B KoumlnigsGnutzmann 2006 Stereotype gelten einershyseits als kognitive Schemata die durch grundlegende Wahmehmungs- Filteshyrungs- und Kategorisierungsprozesse entstehen Andererseits werden Stereoshytype als ungerechtfertigt vereinfachende generalisierende Wertungen und Aussagen angesehen Im ersten Fall sind Stereotype etwas kognitiv Notwenshydiges und Neutrales (das vor Reizuumlberflutung schuumltzt) im zweiten etwas Negatives Unerwuumlnschtes Daraus folgt dass sich Stereotypenbildung auch und gerade kulturbezogene nicht vermeiden lassen wird auch wenn sie zu Unerwuumlnschtem fuumlhrt und auch dass es schwierig sein wird Stereotype zu beeinflussen und zu veraumlndern Ein Ansatzpunkt in dieser Situation kann dashyrin gesehen werden die materielle Basis von Stereotypen zu rekonstruieren dh aufzuzeigen dass Vereinfachungen und Generalisierungen auf fehlender oder mangelnder empirischer Erfahrung beruhen koumlnnen In entsprechenden Projekten lassen sich z B Interviews mit SprecherInnen der Zielsprache uumlber Sprachurteile heranziehen (s oben 31) oder in der Inlandsituation von den Lernenden selbst durchfuumlhren

Hilfreiche Anregungen fuumlr die Arbeit am Stereotyp geben auch die von Roumlsch (2011) interkulturell akzentuierten Phasenmodelle der Uteraturdidakshytik Dort taucht das Konzept der bornierten Subjektivitaumlt auf im Zusamshymenhang mit der ersten Phase des Herangehens an einen literarischen Text Gemeint ist ein spontaner subjektiver Zugang zum literarischen Text der weishyteren objektivierenden und anwendungsbezogenen Phasen des Textversteshydas nicht weniger als neun Artikel zur Landeskunde umfasst die Artikel zur Rolle der

Literatur noch nicht eingerechnet

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hens vorangeht In interkultureller Akzentuierung heisst diese Phase bei

Thomos Studer

Roumlsch (2011 348) bornierte Ethnizitaumlt und die Autorin empfiehlt diese beim Umgang mit Literatur zuzulassen auch wenn und gerade weil sie [die bornierte Ethnizitaumlt TS] Kulturalisierungen offenbart die im weiteren Vershylauf des Unterrichts aufgebrochen werden (ebd) Ein solcher Zugang zu inshyterkultureller Literatur ist lernerorientiert und scheint fruchtbar weil Lershynende im Unterricht in vielen Faumlllen mit Kulturalisierungen ankommen wershyden In aumlhnlicher Weise koumlnnte das anfaumlngliche Zulassen einer bornierten Ethnizitaumlt die Arbeit am Stereotyp in der Landeskunde unterstuumltzen indem eine realistische Ausgangslage fuumlr eine genauere Auseinandersetzung mit Stereotypen erzeugt wird (vgl dazu auch schon die ABeD-These 17 in der eine emotionale und subjektive Erfahrung der fremden Kultur empfohlen wird)

Zum begrifflichen Inventar der Auseinandersetzung mit Stereotypen geshyhoumlren die Selbst- und Fremdbilder (Auto- und Heterostereotype) die gegenshyuumlber sozialen Kollektiven bestehen und die sich perspektivisch jeweils auf Ausgangs- und Zielkulturen beziehen lassen Eine solche Differenzierung ershygibt ein Vierfelderschema anhand dessen Erdmenger (1996) versucht hat dishydaktisch nutzbare Konstellationen herauszuarbeiten Eine besondere Rolle spielen dabei die bei den Begriffe eigenes Heterostereotyp (z B was Deutschshyschweizer uumlber Deutsche denken) und fremdes Autostereotyp (zB was Deutsche uumlber sich selbst denken eigen und fremd hier also aus der Sicht der Deutschschweizer Ausgangskultur) weil zwischen diesen beiden Stereoshytypen oft eine grosse Diskrepanz besteht Erdmenger (1996 49) nennt diese Diskrepanz objektive soziale Urteilsdivergenz und meint damit nicht etwa dass diese Urteile die Wirklichkeit zeigen sondern dass es sich bei dieser Divergenz um empirisch feststellbare Zuschreibungen auf beiden Seiten handelt Ansatzpunkt der didaktischen Arbeit bei Erdmenger ist nun das jeweils eishygene Heterostereotyp Ein Beispiel eines sprachbezogenen Heterostereotyps aus der Deutschschweiz das hierzulande nach wie vor gelaumlufig ist wurde oben bereits zitiert DeutschschweizerInnen empfinden das gesprochene Standarddeutsch Deutschlands als neutral oder aber als arrogant und kalt Hier waumlre gemaumlss Erdmenger anzusetzen mit Fragen wie Warum auf welcher Folievor welchem Hintergrundvor dem Hintergrund welcher Ershywartungen und Erfahrungen schreiben Deutschschweizerlnnen Deutschen diese Praumldikate zu Und und das zielt dann auf die Konfrontation dieses Heshyterostereotyps mit dem (aus Sicht der DeutschschweizerInnen fremden) Aushytostereotyp der Deutschen Wie nehmen Deutsche ihre eigene Standardvarieshytaumlt wahr In umgekehrter Sichtweise wuumlrde es darum gehen dass Deutsche bei ihrem Heterostereotyp gegenuumlber DeutschschweizerInnen ansetzen und sich fragen Wie kommt es dazu DeutschschweizerInnen die Schweizerhochshydeutsch sprechen als exotisch oder niedlich zu apostrophieren Und

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Braucht es ein neues DACH(L)

diese Bilder waumlren dann wieder mit dem (aus Sicht von Deutschen fremden) Autostereotyp der Deutschschweizer zu konfrontieren in dem die Zuschreishybung niedlich sicher nicht vorkommt

Aktuell lassen sich Hetero- und Autostereotype zum Schweizerhochdeutshyschen zB gut anhand der Schweizer Produktionen zur TV-Krimiserie Tatshyort studieren16 So meinte ein deutscher Zuschauer zur Folge Skalpell ich koumlnnte mich immer wegschmeisen [sic] vor Lachen houmlrt sich einfach nur lusshytig an (Intemetforum der ARD zu Tatort Benutzemame 3052012) wohingegen sich das Schweizer Boulevard-Blatt Blick zur Folge Wunschdenken so vernehmen liess Schweizer Profi-Schauspieler reden wie Laien im Dorftheater Es holpert und aumlchzt - und tut in den Ohren weh (Blick zitiert nach Bild am Sonntag 1482011) Was fuumlr den deutschen Zushyschauer einfach nur lustig ist (heterostereotype Perzeption) tut Schweizer Redakteuren in den Ohren weh (autostereotype Perzeption) Unterschiedlishycher koumlnnten die Wahrnehmungen kaum sein Will man sie im Unterricht aufshygreifen und auf ihre soziolinguistischen Hintergruumlnde befragen scheint es noumlshytig den Lernenden auch Wissen anzubieten und zwar durchaus im Sinne der informationsbezogenen Landeskunde hier etwa Hintergrundwissen zum Verhaumlltnis von Dialekt und Standardsprache in der muumlndlichen Alltagskomshymunikation und in der Schule der Deutschschweiz

Die Idee der Auseinandersetzung mit der objektiven sozialen Urteilsdishyvergenz Erdmengers laumluft also darauf hinaus Heterostereotype mit Autosteshyreotypen in Beziehung zu setzen um divergente Zuschreibungen sichtbar zu machen Voraussetzung dafuumlr waumlre wiederum die Bereitschaft fuumlr und das sich Einlassen auf einen PerspektivenwechseL

Im Rahmen einer Interventionsstudie zum gymnasialen Englischuntershyricht bringt Papenberg Indizien bei die dafuumlr sprechen dass Uumlbungen zum Perspektivenwechsel die interkulturelle Sensitivitaumlt der Schuumllerinnen und Schuumller entwickeln und somit ethnorelative Sichtweisen foumlrdern koumlnnen (Pashypenberg 2009 203) Allerdings gibt es auch Hinweise darauf dass negative Heterostereotype dauerhaft sind und sich sogar wider besseres am Einzelfall erfahrbares und uumlberpruumlfbares Wissen durchsetzen koumlnnen TaHel (1982 zit n Thomas 2006 9f) beschreibt in einer fruumlhen sozialpsychologischen Studie die Tendenz menschliches Verhalten das de facto individuell ist als gleichshyfoumlrmig einheitlich und gruppentypisch wahrzunehmen Der Punkt ist dabei

16 Die Schweizer Tatort-Folgen werden jeweils in zwei Versionen produziert und ausgeshystrahlt naumlmlich einmal in einer Dialekt-Version fuumlr die Schweiz und einmal in einer synshychronisierten Version fuumlr Deutschland in der je nach Folge unterschiedlich stark dialektal gepraumlgtes Schweizerhochdeutsch gesprochen wird Die synchronisierten Versionen sind regelmaumlssig Stein des Anstosses in Presse und Chatraumlumen und zwar auf beiden Seiten des Rheins

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der dass diese Depersonalisierungstendenz sehr ungleich verteilt ist dh nur auf die Wahrnehmung von Mitgliedern wenig bekannter fremder z B politischer oder religioumlser Gruppen zutrifft nicht aber auf die Wahrnehmung von Mitgliedern eigener Gruppen (zB KollegInnen im Sportverein) Deren Verhalten wird als individuell angesehen und in der Folge als Beleg fuumlr die Uumlberlegenheit der eigenen Gruppe gewertet Falls sich Taifels (fruumlhe unter kontrollierten Bedingungen erhobenen) Befunde auch heute noch ergaumlben koumlnnte man sich die Resistenz bestimmter Stereotype z B derjenigen die oben im Zusammenhang mit dem Schweizerhochdeutschen angefuumlhrt wurshyden immerhin etwas besser erklaumlren

Gerne werden im Unterricht beim Thema Stereotype Ergebnisse der pushyblizistisch orientierten Demoskopie herangezogen nicht zuletzt weil sie leicht greifbar sind So kann man etwa in Die Welt vom 2592012 lesen

Die Deutschen haben das typisch Deutsche satt Einer repraumlsentativen Studie zufolge fuumlhren die Deutschen ein regelrechtes Doppelleben 73 Proshyzent sagen man sei hierzulande gar nicht so ehrlich puumlnktlich und gewisshysenhaft wie man immer tue Lediglich 35 Prozent schaumltzen sich als tyshypisch deutsch ein 36 Prozent stufen sich als nicht typisch deutsch ein der Rest aumluszligert sich unentschieden (oRepraumlsentative Studie im Auftrag der Brauerei Oettinger an der 1000 Personen teilnahmen und 200 Frauen und Maumlnner in Einzel- und Gruppeninterviews befragt wurden http wwwweltdevermischtesartide109452067Die-Deutschen-haben-das-tyshypisch-Deutsche-satthtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Oder auch in Die Welt vom 272012

Noch nie hatten Oumlsterreicher die Deutschen so lieb Lange waren Deutsche in Oumlsterreich als hochnaumlsige Piefkes verschrien - doch diese Zeiten scheinen vorbei Jetzt haben 47 Prozent der Oumlsterreicher eine ziemlich gute Meinung von ihnen (Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts unter einer Graphik steht Oumlsterreichische Bevoumllkerung ab 16 Jahren wwwweltdevermischtesartic1e1 07688360N och-nie-hatten-Oesterreichershydie-Deutschen-so-liebhtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Das sind natuumlrlich attraktive Schlagzeilen und sie wuumlrden im Unterricht sishycherlich fuumlr Diskussionsstoff sorgen Man koumlnnte sogar versucht sein aus dem ersten Beispiel die These abzuleiten dass sich Autostereotype (Ledigshylich 35 Prozent [der Deutschen] schaumltzen sich als typisch deutsch schneller veraumlndern oder mindestens schneller differenzieren als Heterosteshyreotype (siehe dazu oben die sprachbezogenen Heterostereotype in der Deutschschweiz gegenuumlber Deutschen) Allerdings ist auch an dieser Stelle

Braucht es ein neues DACH(L)

eindringlich vor Fehlschluumlssen aus solchen Umfragen zu warnen Zu bedenshyken gilt es zunaumlchst dass die Art der Befragung die Form und auch den Inhalt der Antworten vorzeichnen kann - und meistens auch vorzeichnet Wer nach Stereotypen bekommt Stereotypen zur Antwort und wer abgestufte Antwortkategorien vorgibt bekommt als Antwort genau den erfragten Diffeshyrenziertheitsgrad zuruumlck Damit besteht die Gefahr dass Stereotype abgerushyfen (im besseren Fall) oder durch die Fragen selbst erst konstruiert werden

schlechteren Fall) Dh es ist damit zu rechnen dass es durch Umfragen auch zu Fest- und Fortschreibungen von klischeehaften Vorstellungen komshymen kann die an der Wirklichkeit vorbeigehen bzw zu Resultaten die sich mit anderen Untersuchungsmethoden zB mit qualitativen offenen intershyviews uU (so) nicht ergaumlben Die Art der Befragung strukturiert die Form des Urteils das sie selbst zu ermitteln versucht selbst vor Sie setzt die Verallshygemeinerung von Eigenschaften auf ganze Nationen als gegeben voraus die dann als Vorurteil festgestellt wird (Picht 1980 zit n Althaus 2010 1425) Hinzu kommt das Problem dass bei Umfragen dieser Art die Transparenz in der Regel nicht oder nur in eingeschraumlnktem Mass gegeben ist Das jeweilige Befragungsinstrument ist nicht verfuumlgbar die Daten erst recht nicht und uumlber die Durchfuumlhrung der Untersuchung ist kaum etwas bekannt Ausserdem lieshygen die Resultate oft nur in redaktionell aufbereiteter Form vor

All das bedeutet natuumlrlich nicht dass man Umfragen im Unterricht nicht verwenden soll es bedeutet aber dass man dies reflektiert tun sollte Was das im Einzelnen heisst sollte unten in Kap 42 noch deutlicher werden

Eine wissenschaftliche Untersuchung die sich der Struktur-Problematik der Stereotypen forschung sehr wohl bewusst ist (ihr aber letztlich auch nicht ausweichen kann) ist die Studie von Bolten (2006) zur Entwicklung von Natishyonalstereotypen im Globalisierungsprozess Sie zeigt dass der DaF-Untershyricht immer noch mit tradierten Stereotypen zu rechnen hat auf Seiten der Lernenden ebenso wie auf Seiten der Lehrenden (vgl auch Althaus 2010 1429) Genau deshalb fordert zB Bechtel (2009 153) mit Recht dass Stereoshytype nicht ausgeblendet sondern im Unterricht thematisiert und zum Gegenshystand von Lernprozessen gemacht werden

4 DACH(l) WIE WEITER

Das alte DACH(L)-Konzept hatte die sozio-kulturelle Sensibilisierung und den Perspektivenwechsel als einen von drei grossen Lernzielbereichen beshystimmt (neben der Vermittlung von Strategien zum selbstaumlndigen Wissensershywerb und Methoden zur Integration von Vorwissen Wahrnehmungen und neuem Wissen als den beiden andern Lernzielbereichen) Zur sozio-kulturelshy

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len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Thomas Studer

Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Braucht es ein neues DACH(L)

Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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Thomas Studer

lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Einen guten wissenschaftlichen Ausgangspunkt dafuumlr bieten die Laienlingu- bull istik und die Wahrnehmungs dialektologie Hierbei handelt es sich um aktive linguistische Forschungszweige mit einem beachtliche~ freilich noch kaum genutzten Potential fuumlr die Landeskundedidaktik Ein konkretes Beispiel dashyfuumlr ist die Arbeit von Cuonz (z B Cuonz 2010) in der aumlsthetisch positive und negative sowie affektive Sprachurteile von Laien in der Deutsch- und Westshyschweiz anhand eines grossen Interview-Korpus untersucht werden14

bull Geshyrade die varietaumltenbezogenen Perzeptionen und Konzepte von Nicht-Unshyguistlnnen der Zielsprachenlaumlnder deren Urteile und Urteilsbegruumlndungen koumlnnten Lernende dazu anstossen uumlber Perzeptionen und Konzepte nachzushydenken die sie selbst mit ihren Sprachen verbinden

32 Vermittlung von LandeskundeKulturvermittlung

Traditionell wurden bei der Vermittlung von Landeskunde drei Ansaumltze unshyterschieden die gros so modo in dieser Reihenfolge entstanden sind kognishytive kommunikative und interkulturelle Ansaumltze (Zeuner 2001)15 Hinzu kommt als juumlngste Entwicklungslinie der kulturwissenschaftliche Ansatz (zB AltmayerKoreik 2010) Schlagwortartig und stark verkuumlrzt resuumlmiert gehen mit diesen Ansaumltzen die folgenden uumlbergeordneten Lernziele einher (Zeuner 2001 5ff) systematische Kenntnisse der Zielkultur (kognitiver Anshysatz) funktionierende Verstaumlndigung (kommunikativer Ansatz) sich selbst und andere (besser) verstehen (interkultureller Ansatz) Beim kulturwissenshyschaftlichen Ansatz sind die Lernziele im deutlichen Gegensatz zu den Zieshylen dieses Ansatzes fuumlr die landeskundliche Forschung nicht leicht auszushymachen und wohl nicht auf einen Begriff zu bringen sie duumlrften sich aber im Bereich des Nachvollziehens kollektiver Sinnstiftung bzw Orientierungsshymuster der soziokulturellen Partizipation und der personalen Identitaumltsshykonstruktion bewegen (vgl KoreiklPietzuch 2010 1449)

Grundsaumltzlich ist Bezugnahme auf mehr als ein deutschsprachiges Land der Zielsprache Deutsch wie es das neue DACH-Prinzip postuliert bei allen erwaumlhnten Ansaumltzen moumlglich Dies weist abermals auf die noch aussteshyhende konzeptuelle Ausfolgerung dieses Prinzips hin Gemaumlss Demmig

Thematisiert wird in dieser Arbeit auch das Problem der (Nicht-)Unterscheidbarkeit von Urteilen uumlber Sprache und Urteilen uumlber Sprach gemeinschaften und deren VertreterInshynen Mit diesem Problem ist natuumlrlich auch die landeskundliche Auseinandersetzung mit Varietaumlten konfrontiert

15 Eher quer dazu steht der sprachbezogene Ansatz vgl demgegenuumlber dh um ein Vielfashyches differenzierter das Handbuch Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (Krumm Ua 2010)

Braucht es ein neues DACH(L)

(2009) soll im neuen Prinzip dem interkulturellen Lernen ein wichtiger Stelshylenwert zukommen Das waumlre dann allerdings kein neues Element setzt doch schon das alte DACH(L)-Konzept einen Akzent im Bereich des interkulturelshylen Lernens (zB Fischer 2007)

Zu den prominenten Gegenstaumlnden interkulturellen Lernens gehoumlrte und gehoumlrt die Auseinandersetzung mit Stereotypen Auffaumlllig ist dabei ua wie hoch die diesbezuumlglichen Ziele gesteckt wurden und werden vgl etwa die ABCD-These 4 (Vorurteile und Klischees [sollen) sichtbar [gemacht] und abshygebaut sowie eine kritische Toleranz entwickelt werden) und fast woumlrtlich zB Caspari (2007 71 s auch oben Kap 1) Vorurteile und Klischees [sollen] sichtbar gemacht und abgebaut werden Es ist hier nicht der Ort den Begriff Stereotyp und verwandte Konzepte wie Vorurteil und Klischee genauer gegeneinander abzuwaumlgen Als Arbeitsdefinition mag ausreichen dass es sich bei Stereotypen um eine Form der nichtreflexiven Wahrnehmung und Verarbeitung der Auszligenwelt handelt (Althaus 2010 1425) Aus paumldagogischshydidaktischer Sicht von Bedeutung ist die Frage wie realistisch die Zielsetzung ist mittels Landeskunde Stereotype abbauen zu koumlnnen Diesbezuumlglich scheint mehr Realismus angezeigt nur schon wegen der Doppeigesichtigkeit von Stereotypen (z B KoumlnigsGnutzmann 2006 Stereotype gelten einershyseits als kognitive Schemata die durch grundlegende Wahmehmungs- Filteshyrungs- und Kategorisierungsprozesse entstehen Andererseits werden Stereoshytype als ungerechtfertigt vereinfachende generalisierende Wertungen und Aussagen angesehen Im ersten Fall sind Stereotype etwas kognitiv Notwenshydiges und Neutrales (das vor Reizuumlberflutung schuumltzt) im zweiten etwas Negatives Unerwuumlnschtes Daraus folgt dass sich Stereotypenbildung auch und gerade kulturbezogene nicht vermeiden lassen wird auch wenn sie zu Unerwuumlnschtem fuumlhrt und auch dass es schwierig sein wird Stereotype zu beeinflussen und zu veraumlndern Ein Ansatzpunkt in dieser Situation kann dashyrin gesehen werden die materielle Basis von Stereotypen zu rekonstruieren dh aufzuzeigen dass Vereinfachungen und Generalisierungen auf fehlender oder mangelnder empirischer Erfahrung beruhen koumlnnen In entsprechenden Projekten lassen sich z B Interviews mit SprecherInnen der Zielsprache uumlber Sprachurteile heranziehen (s oben 31) oder in der Inlandsituation von den Lernenden selbst durchfuumlhren

Hilfreiche Anregungen fuumlr die Arbeit am Stereotyp geben auch die von Roumlsch (2011) interkulturell akzentuierten Phasenmodelle der Uteraturdidakshytik Dort taucht das Konzept der bornierten Subjektivitaumlt auf im Zusamshymenhang mit der ersten Phase des Herangehens an einen literarischen Text Gemeint ist ein spontaner subjektiver Zugang zum literarischen Text der weishyteren objektivierenden und anwendungsbezogenen Phasen des Textversteshydas nicht weniger als neun Artikel zur Landeskunde umfasst die Artikel zur Rolle der

Literatur noch nicht eingerechnet

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hens vorangeht In interkultureller Akzentuierung heisst diese Phase bei

Thomos Studer

Roumlsch (2011 348) bornierte Ethnizitaumlt und die Autorin empfiehlt diese beim Umgang mit Literatur zuzulassen auch wenn und gerade weil sie [die bornierte Ethnizitaumlt TS] Kulturalisierungen offenbart die im weiteren Vershylauf des Unterrichts aufgebrochen werden (ebd) Ein solcher Zugang zu inshyterkultureller Literatur ist lernerorientiert und scheint fruchtbar weil Lershynende im Unterricht in vielen Faumlllen mit Kulturalisierungen ankommen wershyden In aumlhnlicher Weise koumlnnte das anfaumlngliche Zulassen einer bornierten Ethnizitaumlt die Arbeit am Stereotyp in der Landeskunde unterstuumltzen indem eine realistische Ausgangslage fuumlr eine genauere Auseinandersetzung mit Stereotypen erzeugt wird (vgl dazu auch schon die ABeD-These 17 in der eine emotionale und subjektive Erfahrung der fremden Kultur empfohlen wird)

Zum begrifflichen Inventar der Auseinandersetzung mit Stereotypen geshyhoumlren die Selbst- und Fremdbilder (Auto- und Heterostereotype) die gegenshyuumlber sozialen Kollektiven bestehen und die sich perspektivisch jeweils auf Ausgangs- und Zielkulturen beziehen lassen Eine solche Differenzierung ershygibt ein Vierfelderschema anhand dessen Erdmenger (1996) versucht hat dishydaktisch nutzbare Konstellationen herauszuarbeiten Eine besondere Rolle spielen dabei die bei den Begriffe eigenes Heterostereotyp (z B was Deutschshyschweizer uumlber Deutsche denken) und fremdes Autostereotyp (zB was Deutsche uumlber sich selbst denken eigen und fremd hier also aus der Sicht der Deutschschweizer Ausgangskultur) weil zwischen diesen beiden Stereoshytypen oft eine grosse Diskrepanz besteht Erdmenger (1996 49) nennt diese Diskrepanz objektive soziale Urteilsdivergenz und meint damit nicht etwa dass diese Urteile die Wirklichkeit zeigen sondern dass es sich bei dieser Divergenz um empirisch feststellbare Zuschreibungen auf beiden Seiten handelt Ansatzpunkt der didaktischen Arbeit bei Erdmenger ist nun das jeweils eishygene Heterostereotyp Ein Beispiel eines sprachbezogenen Heterostereotyps aus der Deutschschweiz das hierzulande nach wie vor gelaumlufig ist wurde oben bereits zitiert DeutschschweizerInnen empfinden das gesprochene Standarddeutsch Deutschlands als neutral oder aber als arrogant und kalt Hier waumlre gemaumlss Erdmenger anzusetzen mit Fragen wie Warum auf welcher Folievor welchem Hintergrundvor dem Hintergrund welcher Ershywartungen und Erfahrungen schreiben Deutschschweizerlnnen Deutschen diese Praumldikate zu Und und das zielt dann auf die Konfrontation dieses Heshyterostereotyps mit dem (aus Sicht der DeutschschweizerInnen fremden) Aushytostereotyp der Deutschen Wie nehmen Deutsche ihre eigene Standardvarieshytaumlt wahr In umgekehrter Sichtweise wuumlrde es darum gehen dass Deutsche bei ihrem Heterostereotyp gegenuumlber DeutschschweizerInnen ansetzen und sich fragen Wie kommt es dazu DeutschschweizerInnen die Schweizerhochshydeutsch sprechen als exotisch oder niedlich zu apostrophieren Und

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diese Bilder waumlren dann wieder mit dem (aus Sicht von Deutschen fremden) Autostereotyp der Deutschschweizer zu konfrontieren in dem die Zuschreishybung niedlich sicher nicht vorkommt

Aktuell lassen sich Hetero- und Autostereotype zum Schweizerhochdeutshyschen zB gut anhand der Schweizer Produktionen zur TV-Krimiserie Tatshyort studieren16 So meinte ein deutscher Zuschauer zur Folge Skalpell ich koumlnnte mich immer wegschmeisen [sic] vor Lachen houmlrt sich einfach nur lusshytig an (Intemetforum der ARD zu Tatort Benutzemame 3052012) wohingegen sich das Schweizer Boulevard-Blatt Blick zur Folge Wunschdenken so vernehmen liess Schweizer Profi-Schauspieler reden wie Laien im Dorftheater Es holpert und aumlchzt - und tut in den Ohren weh (Blick zitiert nach Bild am Sonntag 1482011) Was fuumlr den deutschen Zushyschauer einfach nur lustig ist (heterostereotype Perzeption) tut Schweizer Redakteuren in den Ohren weh (autostereotype Perzeption) Unterschiedlishycher koumlnnten die Wahrnehmungen kaum sein Will man sie im Unterricht aufshygreifen und auf ihre soziolinguistischen Hintergruumlnde befragen scheint es noumlshytig den Lernenden auch Wissen anzubieten und zwar durchaus im Sinne der informationsbezogenen Landeskunde hier etwa Hintergrundwissen zum Verhaumlltnis von Dialekt und Standardsprache in der muumlndlichen Alltagskomshymunikation und in der Schule der Deutschschweiz

Die Idee der Auseinandersetzung mit der objektiven sozialen Urteilsdishyvergenz Erdmengers laumluft also darauf hinaus Heterostereotype mit Autosteshyreotypen in Beziehung zu setzen um divergente Zuschreibungen sichtbar zu machen Voraussetzung dafuumlr waumlre wiederum die Bereitschaft fuumlr und das sich Einlassen auf einen PerspektivenwechseL

Im Rahmen einer Interventionsstudie zum gymnasialen Englischuntershyricht bringt Papenberg Indizien bei die dafuumlr sprechen dass Uumlbungen zum Perspektivenwechsel die interkulturelle Sensitivitaumlt der Schuumllerinnen und Schuumller entwickeln und somit ethnorelative Sichtweisen foumlrdern koumlnnen (Pashypenberg 2009 203) Allerdings gibt es auch Hinweise darauf dass negative Heterostereotype dauerhaft sind und sich sogar wider besseres am Einzelfall erfahrbares und uumlberpruumlfbares Wissen durchsetzen koumlnnen TaHel (1982 zit n Thomas 2006 9f) beschreibt in einer fruumlhen sozialpsychologischen Studie die Tendenz menschliches Verhalten das de facto individuell ist als gleichshyfoumlrmig einheitlich und gruppentypisch wahrzunehmen Der Punkt ist dabei

16 Die Schweizer Tatort-Folgen werden jeweils in zwei Versionen produziert und ausgeshystrahlt naumlmlich einmal in einer Dialekt-Version fuumlr die Schweiz und einmal in einer synshychronisierten Version fuumlr Deutschland in der je nach Folge unterschiedlich stark dialektal gepraumlgtes Schweizerhochdeutsch gesprochen wird Die synchronisierten Versionen sind regelmaumlssig Stein des Anstosses in Presse und Chatraumlumen und zwar auf beiden Seiten des Rheins

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der dass diese Depersonalisierungstendenz sehr ungleich verteilt ist dh nur auf die Wahrnehmung von Mitgliedern wenig bekannter fremder z B politischer oder religioumlser Gruppen zutrifft nicht aber auf die Wahrnehmung von Mitgliedern eigener Gruppen (zB KollegInnen im Sportverein) Deren Verhalten wird als individuell angesehen und in der Folge als Beleg fuumlr die Uumlberlegenheit der eigenen Gruppe gewertet Falls sich Taifels (fruumlhe unter kontrollierten Bedingungen erhobenen) Befunde auch heute noch ergaumlben koumlnnte man sich die Resistenz bestimmter Stereotype z B derjenigen die oben im Zusammenhang mit dem Schweizerhochdeutschen angefuumlhrt wurshyden immerhin etwas besser erklaumlren

Gerne werden im Unterricht beim Thema Stereotype Ergebnisse der pushyblizistisch orientierten Demoskopie herangezogen nicht zuletzt weil sie leicht greifbar sind So kann man etwa in Die Welt vom 2592012 lesen

Die Deutschen haben das typisch Deutsche satt Einer repraumlsentativen Studie zufolge fuumlhren die Deutschen ein regelrechtes Doppelleben 73 Proshyzent sagen man sei hierzulande gar nicht so ehrlich puumlnktlich und gewisshysenhaft wie man immer tue Lediglich 35 Prozent schaumltzen sich als tyshypisch deutsch ein 36 Prozent stufen sich als nicht typisch deutsch ein der Rest aumluszligert sich unentschieden (oRepraumlsentative Studie im Auftrag der Brauerei Oettinger an der 1000 Personen teilnahmen und 200 Frauen und Maumlnner in Einzel- und Gruppeninterviews befragt wurden http wwwweltdevermischtesartide109452067Die-Deutschen-haben-das-tyshypisch-Deutsche-satthtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Oder auch in Die Welt vom 272012

Noch nie hatten Oumlsterreicher die Deutschen so lieb Lange waren Deutsche in Oumlsterreich als hochnaumlsige Piefkes verschrien - doch diese Zeiten scheinen vorbei Jetzt haben 47 Prozent der Oumlsterreicher eine ziemlich gute Meinung von ihnen (Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts unter einer Graphik steht Oumlsterreichische Bevoumllkerung ab 16 Jahren wwwweltdevermischtesartic1e1 07688360N och-nie-hatten-Oesterreichershydie-Deutschen-so-liebhtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Das sind natuumlrlich attraktive Schlagzeilen und sie wuumlrden im Unterricht sishycherlich fuumlr Diskussionsstoff sorgen Man koumlnnte sogar versucht sein aus dem ersten Beispiel die These abzuleiten dass sich Autostereotype (Ledigshylich 35 Prozent [der Deutschen] schaumltzen sich als typisch deutsch schneller veraumlndern oder mindestens schneller differenzieren als Heterosteshyreotype (siehe dazu oben die sprachbezogenen Heterostereotype in der Deutschschweiz gegenuumlber Deutschen) Allerdings ist auch an dieser Stelle

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eindringlich vor Fehlschluumlssen aus solchen Umfragen zu warnen Zu bedenshyken gilt es zunaumlchst dass die Art der Befragung die Form und auch den Inhalt der Antworten vorzeichnen kann - und meistens auch vorzeichnet Wer nach Stereotypen bekommt Stereotypen zur Antwort und wer abgestufte Antwortkategorien vorgibt bekommt als Antwort genau den erfragten Diffeshyrenziertheitsgrad zuruumlck Damit besteht die Gefahr dass Stereotype abgerushyfen (im besseren Fall) oder durch die Fragen selbst erst konstruiert werden

schlechteren Fall) Dh es ist damit zu rechnen dass es durch Umfragen auch zu Fest- und Fortschreibungen von klischeehaften Vorstellungen komshymen kann die an der Wirklichkeit vorbeigehen bzw zu Resultaten die sich mit anderen Untersuchungsmethoden zB mit qualitativen offenen intershyviews uU (so) nicht ergaumlben Die Art der Befragung strukturiert die Form des Urteils das sie selbst zu ermitteln versucht selbst vor Sie setzt die Verallshygemeinerung von Eigenschaften auf ganze Nationen als gegeben voraus die dann als Vorurteil festgestellt wird (Picht 1980 zit n Althaus 2010 1425) Hinzu kommt das Problem dass bei Umfragen dieser Art die Transparenz in der Regel nicht oder nur in eingeschraumlnktem Mass gegeben ist Das jeweilige Befragungsinstrument ist nicht verfuumlgbar die Daten erst recht nicht und uumlber die Durchfuumlhrung der Untersuchung ist kaum etwas bekannt Ausserdem lieshygen die Resultate oft nur in redaktionell aufbereiteter Form vor

All das bedeutet natuumlrlich nicht dass man Umfragen im Unterricht nicht verwenden soll es bedeutet aber dass man dies reflektiert tun sollte Was das im Einzelnen heisst sollte unten in Kap 42 noch deutlicher werden

Eine wissenschaftliche Untersuchung die sich der Struktur-Problematik der Stereotypen forschung sehr wohl bewusst ist (ihr aber letztlich auch nicht ausweichen kann) ist die Studie von Bolten (2006) zur Entwicklung von Natishyonalstereotypen im Globalisierungsprozess Sie zeigt dass der DaF-Untershyricht immer noch mit tradierten Stereotypen zu rechnen hat auf Seiten der Lernenden ebenso wie auf Seiten der Lehrenden (vgl auch Althaus 2010 1429) Genau deshalb fordert zB Bechtel (2009 153) mit Recht dass Stereoshytype nicht ausgeblendet sondern im Unterricht thematisiert und zum Gegenshystand von Lernprozessen gemacht werden

4 DACH(l) WIE WEITER

Das alte DACH(L)-Konzept hatte die sozio-kulturelle Sensibilisierung und den Perspektivenwechsel als einen von drei grossen Lernzielbereichen beshystimmt (neben der Vermittlung von Strategien zum selbstaumlndigen Wissensershywerb und Methoden zur Integration von Vorwissen Wahrnehmungen und neuem Wissen als den beiden andern Lernzielbereichen) Zur sozio-kulturelshy

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len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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Thomas Studer

lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Thomos Studer

Roumlsch (2011 348) bornierte Ethnizitaumlt und die Autorin empfiehlt diese beim Umgang mit Literatur zuzulassen auch wenn und gerade weil sie [die bornierte Ethnizitaumlt TS] Kulturalisierungen offenbart die im weiteren Vershylauf des Unterrichts aufgebrochen werden (ebd) Ein solcher Zugang zu inshyterkultureller Literatur ist lernerorientiert und scheint fruchtbar weil Lershynende im Unterricht in vielen Faumlllen mit Kulturalisierungen ankommen wershyden In aumlhnlicher Weise koumlnnte das anfaumlngliche Zulassen einer bornierten Ethnizitaumlt die Arbeit am Stereotyp in der Landeskunde unterstuumltzen indem eine realistische Ausgangslage fuumlr eine genauere Auseinandersetzung mit Stereotypen erzeugt wird (vgl dazu auch schon die ABeD-These 17 in der eine emotionale und subjektive Erfahrung der fremden Kultur empfohlen wird)

Zum begrifflichen Inventar der Auseinandersetzung mit Stereotypen geshyhoumlren die Selbst- und Fremdbilder (Auto- und Heterostereotype) die gegenshyuumlber sozialen Kollektiven bestehen und die sich perspektivisch jeweils auf Ausgangs- und Zielkulturen beziehen lassen Eine solche Differenzierung ershygibt ein Vierfelderschema anhand dessen Erdmenger (1996) versucht hat dishydaktisch nutzbare Konstellationen herauszuarbeiten Eine besondere Rolle spielen dabei die bei den Begriffe eigenes Heterostereotyp (z B was Deutschshyschweizer uumlber Deutsche denken) und fremdes Autostereotyp (zB was Deutsche uumlber sich selbst denken eigen und fremd hier also aus der Sicht der Deutschschweizer Ausgangskultur) weil zwischen diesen beiden Stereoshytypen oft eine grosse Diskrepanz besteht Erdmenger (1996 49) nennt diese Diskrepanz objektive soziale Urteilsdivergenz und meint damit nicht etwa dass diese Urteile die Wirklichkeit zeigen sondern dass es sich bei dieser Divergenz um empirisch feststellbare Zuschreibungen auf beiden Seiten handelt Ansatzpunkt der didaktischen Arbeit bei Erdmenger ist nun das jeweils eishygene Heterostereotyp Ein Beispiel eines sprachbezogenen Heterostereotyps aus der Deutschschweiz das hierzulande nach wie vor gelaumlufig ist wurde oben bereits zitiert DeutschschweizerInnen empfinden das gesprochene Standarddeutsch Deutschlands als neutral oder aber als arrogant und kalt Hier waumlre gemaumlss Erdmenger anzusetzen mit Fragen wie Warum auf welcher Folievor welchem Hintergrundvor dem Hintergrund welcher Ershywartungen und Erfahrungen schreiben Deutschschweizerlnnen Deutschen diese Praumldikate zu Und und das zielt dann auf die Konfrontation dieses Heshyterostereotyps mit dem (aus Sicht der DeutschschweizerInnen fremden) Aushytostereotyp der Deutschen Wie nehmen Deutsche ihre eigene Standardvarieshytaumlt wahr In umgekehrter Sichtweise wuumlrde es darum gehen dass Deutsche bei ihrem Heterostereotyp gegenuumlber DeutschschweizerInnen ansetzen und sich fragen Wie kommt es dazu DeutschschweizerInnen die Schweizerhochshydeutsch sprechen als exotisch oder niedlich zu apostrophieren Und

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Braucht es ein neues DACH(L)

diese Bilder waumlren dann wieder mit dem (aus Sicht von Deutschen fremden) Autostereotyp der Deutschschweizer zu konfrontieren in dem die Zuschreishybung niedlich sicher nicht vorkommt

Aktuell lassen sich Hetero- und Autostereotype zum Schweizerhochdeutshyschen zB gut anhand der Schweizer Produktionen zur TV-Krimiserie Tatshyort studieren16 So meinte ein deutscher Zuschauer zur Folge Skalpell ich koumlnnte mich immer wegschmeisen [sic] vor Lachen houmlrt sich einfach nur lusshytig an (Intemetforum der ARD zu Tatort Benutzemame 3052012) wohingegen sich das Schweizer Boulevard-Blatt Blick zur Folge Wunschdenken so vernehmen liess Schweizer Profi-Schauspieler reden wie Laien im Dorftheater Es holpert und aumlchzt - und tut in den Ohren weh (Blick zitiert nach Bild am Sonntag 1482011) Was fuumlr den deutschen Zushyschauer einfach nur lustig ist (heterostereotype Perzeption) tut Schweizer Redakteuren in den Ohren weh (autostereotype Perzeption) Unterschiedlishycher koumlnnten die Wahrnehmungen kaum sein Will man sie im Unterricht aufshygreifen und auf ihre soziolinguistischen Hintergruumlnde befragen scheint es noumlshytig den Lernenden auch Wissen anzubieten und zwar durchaus im Sinne der informationsbezogenen Landeskunde hier etwa Hintergrundwissen zum Verhaumlltnis von Dialekt und Standardsprache in der muumlndlichen Alltagskomshymunikation und in der Schule der Deutschschweiz

Die Idee der Auseinandersetzung mit der objektiven sozialen Urteilsdishyvergenz Erdmengers laumluft also darauf hinaus Heterostereotype mit Autosteshyreotypen in Beziehung zu setzen um divergente Zuschreibungen sichtbar zu machen Voraussetzung dafuumlr waumlre wiederum die Bereitschaft fuumlr und das sich Einlassen auf einen PerspektivenwechseL

Im Rahmen einer Interventionsstudie zum gymnasialen Englischuntershyricht bringt Papenberg Indizien bei die dafuumlr sprechen dass Uumlbungen zum Perspektivenwechsel die interkulturelle Sensitivitaumlt der Schuumllerinnen und Schuumller entwickeln und somit ethnorelative Sichtweisen foumlrdern koumlnnen (Pashypenberg 2009 203) Allerdings gibt es auch Hinweise darauf dass negative Heterostereotype dauerhaft sind und sich sogar wider besseres am Einzelfall erfahrbares und uumlberpruumlfbares Wissen durchsetzen koumlnnen TaHel (1982 zit n Thomas 2006 9f) beschreibt in einer fruumlhen sozialpsychologischen Studie die Tendenz menschliches Verhalten das de facto individuell ist als gleichshyfoumlrmig einheitlich und gruppentypisch wahrzunehmen Der Punkt ist dabei

16 Die Schweizer Tatort-Folgen werden jeweils in zwei Versionen produziert und ausgeshystrahlt naumlmlich einmal in einer Dialekt-Version fuumlr die Schweiz und einmal in einer synshychronisierten Version fuumlr Deutschland in der je nach Folge unterschiedlich stark dialektal gepraumlgtes Schweizerhochdeutsch gesprochen wird Die synchronisierten Versionen sind regelmaumlssig Stein des Anstosses in Presse und Chatraumlumen und zwar auf beiden Seiten des Rheins

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Thomas Studer

der dass diese Depersonalisierungstendenz sehr ungleich verteilt ist dh nur auf die Wahrnehmung von Mitgliedern wenig bekannter fremder z B politischer oder religioumlser Gruppen zutrifft nicht aber auf die Wahrnehmung von Mitgliedern eigener Gruppen (zB KollegInnen im Sportverein) Deren Verhalten wird als individuell angesehen und in der Folge als Beleg fuumlr die Uumlberlegenheit der eigenen Gruppe gewertet Falls sich Taifels (fruumlhe unter kontrollierten Bedingungen erhobenen) Befunde auch heute noch ergaumlben koumlnnte man sich die Resistenz bestimmter Stereotype z B derjenigen die oben im Zusammenhang mit dem Schweizerhochdeutschen angefuumlhrt wurshyden immerhin etwas besser erklaumlren

Gerne werden im Unterricht beim Thema Stereotype Ergebnisse der pushyblizistisch orientierten Demoskopie herangezogen nicht zuletzt weil sie leicht greifbar sind So kann man etwa in Die Welt vom 2592012 lesen

Die Deutschen haben das typisch Deutsche satt Einer repraumlsentativen Studie zufolge fuumlhren die Deutschen ein regelrechtes Doppelleben 73 Proshyzent sagen man sei hierzulande gar nicht so ehrlich puumlnktlich und gewisshysenhaft wie man immer tue Lediglich 35 Prozent schaumltzen sich als tyshypisch deutsch ein 36 Prozent stufen sich als nicht typisch deutsch ein der Rest aumluszligert sich unentschieden (oRepraumlsentative Studie im Auftrag der Brauerei Oettinger an der 1000 Personen teilnahmen und 200 Frauen und Maumlnner in Einzel- und Gruppeninterviews befragt wurden http wwwweltdevermischtesartide109452067Die-Deutschen-haben-das-tyshypisch-Deutsche-satthtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Oder auch in Die Welt vom 272012

Noch nie hatten Oumlsterreicher die Deutschen so lieb Lange waren Deutsche in Oumlsterreich als hochnaumlsige Piefkes verschrien - doch diese Zeiten scheinen vorbei Jetzt haben 47 Prozent der Oumlsterreicher eine ziemlich gute Meinung von ihnen (Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts unter einer Graphik steht Oumlsterreichische Bevoumllkerung ab 16 Jahren wwwweltdevermischtesartic1e1 07688360N och-nie-hatten-Oesterreichershydie-Deutschen-so-liebhtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Das sind natuumlrlich attraktive Schlagzeilen und sie wuumlrden im Unterricht sishycherlich fuumlr Diskussionsstoff sorgen Man koumlnnte sogar versucht sein aus dem ersten Beispiel die These abzuleiten dass sich Autostereotype (Ledigshylich 35 Prozent [der Deutschen] schaumltzen sich als typisch deutsch schneller veraumlndern oder mindestens schneller differenzieren als Heterosteshyreotype (siehe dazu oben die sprachbezogenen Heterostereotype in der Deutschschweiz gegenuumlber Deutschen) Allerdings ist auch an dieser Stelle

Braucht es ein neues DACH(L)

eindringlich vor Fehlschluumlssen aus solchen Umfragen zu warnen Zu bedenshyken gilt es zunaumlchst dass die Art der Befragung die Form und auch den Inhalt der Antworten vorzeichnen kann - und meistens auch vorzeichnet Wer nach Stereotypen bekommt Stereotypen zur Antwort und wer abgestufte Antwortkategorien vorgibt bekommt als Antwort genau den erfragten Diffeshyrenziertheitsgrad zuruumlck Damit besteht die Gefahr dass Stereotype abgerushyfen (im besseren Fall) oder durch die Fragen selbst erst konstruiert werden

schlechteren Fall) Dh es ist damit zu rechnen dass es durch Umfragen auch zu Fest- und Fortschreibungen von klischeehaften Vorstellungen komshymen kann die an der Wirklichkeit vorbeigehen bzw zu Resultaten die sich mit anderen Untersuchungsmethoden zB mit qualitativen offenen intershyviews uU (so) nicht ergaumlben Die Art der Befragung strukturiert die Form des Urteils das sie selbst zu ermitteln versucht selbst vor Sie setzt die Verallshygemeinerung von Eigenschaften auf ganze Nationen als gegeben voraus die dann als Vorurteil festgestellt wird (Picht 1980 zit n Althaus 2010 1425) Hinzu kommt das Problem dass bei Umfragen dieser Art die Transparenz in der Regel nicht oder nur in eingeschraumlnktem Mass gegeben ist Das jeweilige Befragungsinstrument ist nicht verfuumlgbar die Daten erst recht nicht und uumlber die Durchfuumlhrung der Untersuchung ist kaum etwas bekannt Ausserdem lieshygen die Resultate oft nur in redaktionell aufbereiteter Form vor

All das bedeutet natuumlrlich nicht dass man Umfragen im Unterricht nicht verwenden soll es bedeutet aber dass man dies reflektiert tun sollte Was das im Einzelnen heisst sollte unten in Kap 42 noch deutlicher werden

Eine wissenschaftliche Untersuchung die sich der Struktur-Problematik der Stereotypen forschung sehr wohl bewusst ist (ihr aber letztlich auch nicht ausweichen kann) ist die Studie von Bolten (2006) zur Entwicklung von Natishyonalstereotypen im Globalisierungsprozess Sie zeigt dass der DaF-Untershyricht immer noch mit tradierten Stereotypen zu rechnen hat auf Seiten der Lernenden ebenso wie auf Seiten der Lehrenden (vgl auch Althaus 2010 1429) Genau deshalb fordert zB Bechtel (2009 153) mit Recht dass Stereoshytype nicht ausgeblendet sondern im Unterricht thematisiert und zum Gegenshystand von Lernprozessen gemacht werden

4 DACH(l) WIE WEITER

Das alte DACH(L)-Konzept hatte die sozio-kulturelle Sensibilisierung und den Perspektivenwechsel als einen von drei grossen Lernzielbereichen beshystimmt (neben der Vermittlung von Strategien zum selbstaumlndigen Wissensershywerb und Methoden zur Integration von Vorwissen Wahrnehmungen und neuem Wissen als den beiden andern Lernzielbereichen) Zur sozio-kulturelshy

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Thomas Studer

len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Thomas Studer

der dass diese Depersonalisierungstendenz sehr ungleich verteilt ist dh nur auf die Wahrnehmung von Mitgliedern wenig bekannter fremder z B politischer oder religioumlser Gruppen zutrifft nicht aber auf die Wahrnehmung von Mitgliedern eigener Gruppen (zB KollegInnen im Sportverein) Deren Verhalten wird als individuell angesehen und in der Folge als Beleg fuumlr die Uumlberlegenheit der eigenen Gruppe gewertet Falls sich Taifels (fruumlhe unter kontrollierten Bedingungen erhobenen) Befunde auch heute noch ergaumlben koumlnnte man sich die Resistenz bestimmter Stereotype z B derjenigen die oben im Zusammenhang mit dem Schweizerhochdeutschen angefuumlhrt wurshyden immerhin etwas besser erklaumlren

Gerne werden im Unterricht beim Thema Stereotype Ergebnisse der pushyblizistisch orientierten Demoskopie herangezogen nicht zuletzt weil sie leicht greifbar sind So kann man etwa in Die Welt vom 2592012 lesen

Die Deutschen haben das typisch Deutsche satt Einer repraumlsentativen Studie zufolge fuumlhren die Deutschen ein regelrechtes Doppelleben 73 Proshyzent sagen man sei hierzulande gar nicht so ehrlich puumlnktlich und gewisshysenhaft wie man immer tue Lediglich 35 Prozent schaumltzen sich als tyshypisch deutsch ein 36 Prozent stufen sich als nicht typisch deutsch ein der Rest aumluszligert sich unentschieden (oRepraumlsentative Studie im Auftrag der Brauerei Oettinger an der 1000 Personen teilnahmen und 200 Frauen und Maumlnner in Einzel- und Gruppeninterviews befragt wurden http wwwweltdevermischtesartide109452067Die-Deutschen-haben-das-tyshypisch-Deutsche-satthtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Oder auch in Die Welt vom 272012

Noch nie hatten Oumlsterreicher die Deutschen so lieb Lange waren Deutsche in Oumlsterreich als hochnaumlsige Piefkes verschrien - doch diese Zeiten scheinen vorbei Jetzt haben 47 Prozent der Oumlsterreicher eine ziemlich gute Meinung von ihnen (Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts unter einer Graphik steht Oumlsterreichische Bevoumllkerung ab 16 Jahren wwwweltdevermischtesartic1e1 07688360N och-nie-hatten-Oesterreichershydie-Deutschen-so-liebhtrnl) [Letzter Zugriff 1522013]

Das sind natuumlrlich attraktive Schlagzeilen und sie wuumlrden im Unterricht sishycherlich fuumlr Diskussionsstoff sorgen Man koumlnnte sogar versucht sein aus dem ersten Beispiel die These abzuleiten dass sich Autostereotype (Ledigshylich 35 Prozent [der Deutschen] schaumltzen sich als typisch deutsch schneller veraumlndern oder mindestens schneller differenzieren als Heterosteshyreotype (siehe dazu oben die sprachbezogenen Heterostereotype in der Deutschschweiz gegenuumlber Deutschen) Allerdings ist auch an dieser Stelle

Braucht es ein neues DACH(L)

eindringlich vor Fehlschluumlssen aus solchen Umfragen zu warnen Zu bedenshyken gilt es zunaumlchst dass die Art der Befragung die Form und auch den Inhalt der Antworten vorzeichnen kann - und meistens auch vorzeichnet Wer nach Stereotypen bekommt Stereotypen zur Antwort und wer abgestufte Antwortkategorien vorgibt bekommt als Antwort genau den erfragten Diffeshyrenziertheitsgrad zuruumlck Damit besteht die Gefahr dass Stereotype abgerushyfen (im besseren Fall) oder durch die Fragen selbst erst konstruiert werden

schlechteren Fall) Dh es ist damit zu rechnen dass es durch Umfragen auch zu Fest- und Fortschreibungen von klischeehaften Vorstellungen komshymen kann die an der Wirklichkeit vorbeigehen bzw zu Resultaten die sich mit anderen Untersuchungsmethoden zB mit qualitativen offenen intershyviews uU (so) nicht ergaumlben Die Art der Befragung strukturiert die Form des Urteils das sie selbst zu ermitteln versucht selbst vor Sie setzt die Verallshygemeinerung von Eigenschaften auf ganze Nationen als gegeben voraus die dann als Vorurteil festgestellt wird (Picht 1980 zit n Althaus 2010 1425) Hinzu kommt das Problem dass bei Umfragen dieser Art die Transparenz in der Regel nicht oder nur in eingeschraumlnktem Mass gegeben ist Das jeweilige Befragungsinstrument ist nicht verfuumlgbar die Daten erst recht nicht und uumlber die Durchfuumlhrung der Untersuchung ist kaum etwas bekannt Ausserdem lieshygen die Resultate oft nur in redaktionell aufbereiteter Form vor

All das bedeutet natuumlrlich nicht dass man Umfragen im Unterricht nicht verwenden soll es bedeutet aber dass man dies reflektiert tun sollte Was das im Einzelnen heisst sollte unten in Kap 42 noch deutlicher werden

Eine wissenschaftliche Untersuchung die sich der Struktur-Problematik der Stereotypen forschung sehr wohl bewusst ist (ihr aber letztlich auch nicht ausweichen kann) ist die Studie von Bolten (2006) zur Entwicklung von Natishyonalstereotypen im Globalisierungsprozess Sie zeigt dass der DaF-Untershyricht immer noch mit tradierten Stereotypen zu rechnen hat auf Seiten der Lernenden ebenso wie auf Seiten der Lehrenden (vgl auch Althaus 2010 1429) Genau deshalb fordert zB Bechtel (2009 153) mit Recht dass Stereoshytype nicht ausgeblendet sondern im Unterricht thematisiert und zum Gegenshystand von Lernprozessen gemacht werden

4 DACH(l) WIE WEITER

Das alte DACH(L)-Konzept hatte die sozio-kulturelle Sensibilisierung und den Perspektivenwechsel als einen von drei grossen Lernzielbereichen beshystimmt (neben der Vermittlung von Strategien zum selbstaumlndigen Wissensershywerb und Methoden zur Integration von Vorwissen Wahrnehmungen und neuem Wissen als den beiden andern Lernzielbereichen) Zur sozio-kulturelshy

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Thomas Studer

len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Thomos Studer

Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Thomas Studer

Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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len Sensibilisierung wurden gerechnet die Einsicht in die Spezifika der Komshymunikation und Interaktion unter und mit Deutschsprachigen einerseits SO_I

wie die vielfaumlltigen Bezuumlge dieser Spezifika auf das sozio-kulturelIe Umfeld in den deutschsprachigen Laumlndern andererseits (HackllLangnerISimon-Peshylanda 1998 6) Fuumlr die Ausfolgerung des neuen DACH-Prinzips bietet sich hier ein guter Anknuumlpfungspunkt wobei eine Reihe von Weiterentwicklunshygen anzugehen waumlren

Prioriilir Rechnung zu tragen ist ua dem Umstand dass sich seit den ABCD-Thesen sowohl die Spezifika der Kommunikation als auch das soshyzio-kulturelle Umfeld selbst gewandelt haben Der deutschsprachige Raum hat sich nicht anders als die meisten westlichen Gesellschaften im 21 Jahrshyhundert auch zu einer multikulturellen Gesellschaft entwickelt in welcher der (staumldtische) kommunikative Alltag von Multikulturalitaumlt und Heterogenishytaumlt gepraumlgt ist (Hess-Luumlttich 2010 1494) Charakteristisch dafuumlr ist eine Plushyralitaumlt von Zeicheninventaren (zB Mehrsprachigkeit) und kulturellen Konshyventionssystemen (z B Kleidersemiotik religioumlse Symbole) eine Vielfalt die es verlangt beim Sprachgebrauch sensibel und flexibel mit komplexeren Uumlberlappungssituationen umzugehen (ebd) Diese Herausforderung stellt sich fuumlr die Kommunikation im Zeichen gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit generell sie stellt sich speziell fuumlr Lehr-Lernsituationen und da wiederum betrifft sie Lernende und Lehrende Fischer greift diesen Wandel in seinen Prinzipien einer aufgeklaumlrten Landeskunde-Didaktik fuumlr die naumlchsten Jahre auf wenn er verlangt dass sich der Blick auf DACH aus einer grundsaumltzlich plurikulturellen Mehrsprachigkeit mit einbeziehenden Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts ergeben sollte und daraus folgert dass als uumlbershyOprrlintp Lernziel fuumlr den Fremdsprachenunterricht eine (umfassende) inshyterkulturelle Kompetenz anzusetzen sei (Fischer 2007

AusgE~hend davon haumltte sich das neue DACH-Prinzip auch mit dem Beshygriff der Kultur zu beschaumlftigen und innerhalb der Debatte um Inter- vs Transkulturalitaumlt zu positionieren Welches Verstaumlndnis von Kultur ist im Beshygriff der soziokulturellen Sensibilisierung mitgemeint Und Ist Interkultushyralitaumlt in diesem Zusammenhang noch ein zeitgemaumlsses Konzept oder sollte es durch Transkulturalitaumlt ersetzt werden

41 Kulturbegriffe

Zum Kulturbegriff liegen inzwischen mehrere Arbeiten vor die auch fuumlr DaFI DaZ relevant sind Deren drei seien hier herausgegriffen Heringer Altmayer und EBer Heringer (2004 107) fasst Kultur dreifach als Produkt (der unsichtshybaren Hand) als Potenzial (fuumlr gemeinsames sinntraumlchtiges Handeln) und als Performanz (das Potenzial zeigt sich nur in der Performanz und ist uumlber Pershy

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formanz entstanden) Ein Vorteil dieser Definition ist ihr integrativer Charakshyter Sie schafft es ein traditionelles Kulturverstaumlndnis mit modemen dynamishyschen Vorstellungen von Kultur zu verbinden17

Altmayers Kultur-Definition (zB 2009 126f) ist spezifischer und kompleshyxer sie ist in gewisser Weise subjektorientiert fokussiert aber gerade nicht das beobachtbare Verhalten von Menschen sondern die Ebene der (verstehba-

Bedeutungszuschreibungen Diese Zuschreibungen basieren auf (Vor-) Wissen Den Inbegriff dieses Wissens oder dieses Interpretationsrepershytoires das uns als Mitgliedern verschiedener sozialer Gruppen zur deutenshyden Herstellung von Wirklichkeit und insbesondere zu unserer Orientierung in dieser Wirklichkeit zur Verfuumlgung steht nenne ich Kultur (Altmayer 2009 127) Fuumlr die operationale Ebene zentral ist in Altmayers kulturwissenshyschaftlichem Kultur-Konzept der Begriff der Deutungsmuster (Ebd 128) Dabei handelt es sich um typisierte Wissenselemente mittleren Abstraktionsshygrades die dazu dienen je konkrete Erfahrungen und Situationen als Fall eines allgemeineren Typs zu deuten und einzuordnen was Sinnzuschreishybung und Handlungsorientierung ermoumlgliche18 Ein kulturelles Deutungsshymuster ist weiter ein in Sprache und Tradition gespeichertes und uumlberliefershytes Wissenselement das in alltaumlglichen Handlungsvollzuumlgen und Kommushynikationssituationen in der Regel implizit und unreflektiert verwendet und als allgemein bekannt und selbstverstaumlndlich vorausgesetzt wird (Ebd) Aus diesen Attributen der Deutungsmuster - ihrer Vorausgesetztheit und der norshymalerweise unreflektierten Verwendung - ergibt sich das Forschungsproshygramm dieses Ansatzes (zB AltmayerlKoreik 2010 1381f) dem grundsaumltzshylich auch fuumlr die Kulturarbeit im Unterricht eine hohe Bedeutung zukommen kann Es geht darum in Texten kulturelle Deutungsmuster die normalershyweise implizit bleiben (eine Art kulturelle Praumlsuppositionen) zu rekonstruieshyren und damit auch lernbar machen Und es geht darum die kulturellen Deushytungsschemata auf deren Basis Lernende Texte verstehen zum Gegenstand der Reflexion zu machen19 Dass die Arbeit mit diesem Ansatz kein einfaches

17 So ist es sowohl moumlglich konkrete kulturelle Manifestationen wie z B Literatur (ProduktshyaIs auch beispielsweise Haltungen oder Werte (Potenzial-Aspekte) und auch

(Performanz-Aspekt) auf ihre kulturellen Praumlgungen oder Ausformungen betral2en Nicht zuletzt kann das eine Systematisierungshilfe fuumlr die Arbeit der Kulshy

18 lUUl~bll$lU der Abduktion nach und upr~nkprt den Begriff dadurch semiotisch der Semiotik von Peitce zur Abduktion als

des Sprachverstehens vgl Studer Damit Iiessen auch mit den oben angefuumlhrten von tless-LuttlCh

ralitaumlt in Verbindung bringen die ebenfalls semiotischen Ansatz basieren 19 Zur Unterscheidung von Deutungs1nusterll als Elemente der diskursiven Ebene und indishy

viduellen Deutungsschemata auf der kognitiven Ebene vgl AltmayerlScharl2010

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Unternehmen ist zeigt sich jetzt bei ersten empirischen Untersuchungen die zum kulturwissenschaftlichen Ansatz erscheinen (vgL AltmayerKoreil( 2010) Stellvertretend dafuumlr kann die Studie von Ruumlger 2010 stehen in der kulturbezogene Lernprozesse im Kontext der DeutschlehrerInnenausbildung an einer kolumbianischen Universitaumlt erforscht werden2o

Wieder allgemeiner und am naumlchsten beim Unterricht ist der von Eszliger (2006 8) entwickelte Kulturbegriff resp der von ihr so genannte Kulturfakshytor

Kultur ist ein abstrakter Begriff fuumlr die ganz spezifische Art und Weise wie die Menschen (hier einer deutschsprachigen Zielkultur und die der Ausgangskultur der LernerInnen) leben dh wie sie ihre Lebenswelt jeshyweils organisieren Und das heisst auch wie sie jeweils kommunizieren und wie sie Wissen vermitteln und sich also wie sie jeweils sprechen und wie sie lehren und lernen

Ausgehend von dieser Definition umreisst Eszliger einerseits kulturelle Lerninshyhalte im DaF-Unterricht und weist andererseits auf die kulturell gepraumlgte Art jeden Lehrens und Lernens im DaF-Unterricht hin ist bei ersterem wie oft Aspekte des Wissens genannt werden z B Wissen uumlber die Kulturs zifik des Alltagshandeins und dass Landeskunde auf einen solchen Wissensshyaspekt reduziert wird und zwar den kognitiven (z B Wissen uumlber Geschichte ebd 9)

Im Kultur-ABC in dem Eszliger (ebd 4ff) 26 Differenzierungen und Praumlshyzisierungen des Kulturfaktors anfuumlhrt lassen sich Parallelen und Untershyschiede sowohl zu Heringer als auch zu Altmayer ausmachen Ohne hier auf die Einzelheiten eingehen zu koumlnnen faumlllt auf dass Kultur bei Eszliger etwas Beshyobachtbares oder doch Wahrnehmbares ist (zB die Spezifik des Sprechens) Dazu passt Heringers Performanz-Aspekt von Kultur wohingegen Altmayer Kultur in tieferen Schichten zu orten scheint derer man sich erst reflektieshyrend versichern muss Das wiederum ist ein interessanter Beruumlhrungspunkt zu einem Aspekt von Hofstedes Kulturmodell (HofstedeHofstede 2011 8ff) In diesem Modell manifestiert sich Kultur auf verschiedenen Ebenen die sich durch Dauerhaftigkeit und Zugaumlnglichkeit unterscheiden wobei z B Werte als innerste Schicht zwar durch Praktiken sichtbar werden koumlnnen die Beshy

20 Die Rekonstruktion von Deutungsschemata der Lernenden zB in Bezug auf Werte in den deutschsprachigen Laumlndern erweist sich in dieser Studie ua deshalb als schwierig weil viele Lernende andere Erwartungen an ein Landeskunde-Seminar haben Sie moumlchten in einem Landeskunde-Seminar vielmehr erfahren wie die Deutschen sind und wie das alles in Deutschland tatsaumlchlich ist (Ruumlger 2010 86 vgl zu dieser Erwartungshaltung auch Kap 32 in diesem Beitrag)

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deutungen dieser Praktiken selbst aber nicht sichtbar sind sondern erschlosshysen werden muumlssen

Gemeinsam ist allen angefuumlhrten Kultur-Begriffen die Orientierung und Identitaumlt stiftende Funktion von Kultur die Omnipraumlsenz von Kultur in Komshymunikationszusammenhaumlngen und die grundsaumltzliche Bewusstseinsfaumlhigkeit von kulturellen Praumlgungen Letzteres stimmt fuumlr das Lehren und Lernen optishymistisch denn etwas das bewusstseinsfaumlhig ist kann zum der Reflexion gemacht und diskutiert werden Schwierig wiederum scheint in alshylen diesen Definitionen die Abgrenzung von Kultur(en) Was ist der ltcushy

radius einer Kultur Wie gross ist das soziale Kollektiv dem bestimmte kultushyrelle Praktiken gemeinsame Orientierungen stiften Waumlhrend Eszliger (2006 8 und 5) klar zwischen Ausgangs- und Zielkultur unterscheidet Kultur und Nation aber nicht automatisch gleichsetzen will lehnt Altmayer eine Kulshyturauffassung im Sinne eines auf Nationen undoder Ethnien als mehr oder weniger geschlossene Gruppen bezogenen homogenisierenden und determishynistischen Orientierungssystems strikt ab (Altmayer 2009 126) raumlumt aber ein dass auch z B die Konstruktion ethnisch-nationaler Gruppenidentitaumlten auf dem Vorhandensein und der Verfuumlgbarkeit bestimmter kultureller Deushytungsmuster [beruht] (ebd 129) Der groumlsste gemeinsame Nenner bei den in dieser Beziehung sehr verschiedenen Positionen ist wohl der dass es innershyhalb von Kulturen ein hohes Mass an Variation gibt Variation nicht nur im Sinne einer Vielzahl von subkulturellen Kollektiven sondern auch innerhalb derselben Mit der Frage nach der Abgrenzbarkeit von Kultur(en) ist auch die Debatte um Interkulturalitaumlt und Transkulturalitaumlt aufgerufen die hier abshyschliessend noch angesprochen werden soll

42 Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt

Welsch (2010) unterscheidet eine inhaltliche und eine extensionale Bedeutung von Kultur und will mit dem Konzept der Transkulturalitaumlt die extensionale Bedeutungsdimension revidieren An die Stelle des alten (Kugel-)Modells der Kultur im Sinne von homogenen klar gegeneinander abgegrenzten Kulshyturen setzt er ein Modell von kultureller Durchdringung und Verflechtung denn Kulturen seien heute nicht mehr homogen und separiert sondern wuumlrshyden sich wechselseitig durchdringen und mischen

Zeitgenoumlssische Kulturen sind extern denkbar stark miteinander verbunshyden und verflochten Die Lebensformen enden nicht mehr an den Grenzen der Einzelkulturen von einst (der vorgeblichen Nationalkulturen) sonshydern uumlberschreiten diese finden sich ebenso in anderen Kulturen (Welsch 2010 42)

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Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Thomos Studer

Dem Kugelmodell der Kultur wirft Welsch vor dass es deskriptiv falsch und sogar gefaumlhrlich sei weil es Grenzen errichte und damit Ein- und Ausgrenshyzungen vornehme Das Kugelideal verfuumlgt also im gleichen Zug inneren Hoshymogenisierungsdruck und aumluszligere Abgrenzung (bis hin zu expliziten Formen der Feindseligkeit) (Ebd 40) Welsehs These ist weiter dass sowohl Konshyzepte der Multi- als auch der Interkulturalitaumlt am Kugelmodell der Kultur festhalten Der Unterschied zwischen beiden ist nur dass die Multikulturashylisten dies im Blick auf Verhaumlltnisse innerhalb von Gesellschaften die Intershykulturalisten hingegen im Blick auf die Verhaumlltnisse zwischen Gesellschaften tun (Ebd 46) Als Beleg fuumlr diese These fuumlhrt Welsch Beispiele fuumlr transkulshyturelle Tendenzen auf verschiedenen Ebenen an Auf der Makroebene etwa die Internationalisierung der Konsum- und Pop kultur den Sport aber z B auch die Medizin Beispielsweise wird die Medizin zunehmend transkultushyrell in den asiatischen Laumlndern dringt die westliche Medizin vor und im Wesshyten greift man zunehmend zu Akupunktur Quigong und Ayurveda (Ebd 43) Auf der Mikroebene geht es ua um die Identitaumlt der Individuen Dazu wird knapp diagnostiziert Heutige Menschen werden zunehmend in sich transkulturell Und Die kulturelle Identitaumlt der heutigen Individuen ist eine patchwork-Identitaumlt (Ebd

Wenn das alles richtig waumlre koumlnnte man sich weitere Uumlberlegungen zu einer DACH(L)-Landeskunde sparen Eine Landeskunde des deutschsprachishygen Raumes waumlre in einer transkulturellen Welt schlicht uumlberfluumlssig oder eishygentlich gar nicht moumlglich bzw haumltte wohl aufzugehen in einer (west-)euroshypaumlisch oauml ausgerichteten Kulturkunde Allerdings ist es nach Welsch dann doch auch wieder so dass transkulturelle (patchwork-)Identitaumlten Praumlferenzen lokaler regionaler oder nationaler Art keineswegs ausschliessen (Ebd 54) Das ist eine entscheidende Abschwaumlchung von Welsehs urspruumlnglicher Posishytion denn mit der Moumlglichkeit solcher Praumlferenzen wird der Anspruch zushyruumlckgenommen nur die Transkulturalitaumlt sei fuumlr heutige Gesellschaften ein deskriptiv adaumlquates Modell Und in der Tat kommt Welsch zum Schluss sofern kann die alte Kulturform auch unter den neuen Bedingungen abgeshyschwaumlcht nachleben (Ebd)

Bredella (2010) kritisiert das urspruumlngliche Transkulturalitaumlts-Konzept von Welsch (1994) und plaumldiert fuumlr die Interkulturalitaumlt aus der Sicht der Dishydaktik des Fremdverstehens Jedoch scheint sich ein Teil seiner Kritik mit der gerade zitierten Abschwaumlchung von Welsehs fruumlherer Position zu eruumlbrigen Wenn es bei transkulturellen Identitaumlten Praumlferenzen z B regionaler Art gibt dann gibt es auch abgrenzbare Lebensformen und damit waumlre die grundsaumltzshyliche Berechtigung der Begriffe Eigenes und Fremdes die fuumlr interkultushyrelles Verstehen zentral sind und fuumlr die Bredella ein gros ses Argumentatoshy

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rium entfaltet nicht in Frage gestellt bzw wieder gegeben - noch unabhaumlngig davon wie diese Begriffe im Einzelnen zu fuumlllen sind Bredella (2010) zeigt zunaumlchst mit Bezug auf soziologische Literatur dass Grenzziehungen fuumlr Prozesse der Gruppenbildung unvermeidlich sind

Wenn irgend eine Bindung betont wird so erfolgt stets ein Vergleich mit anderen konkurrierenden Bindungen Fuumlr jede zu definierende Gruppe wird dementsprechend eine Liste von Anti-Gruppen aufgestellt [ ] Die Gruppengrenzen werden markiert (Latour 2007 zitn Bredella 2010 24)

Dabei sei es wichti~ Gruppen nicht auf die negative Funktion der Ausgrenshyzung nach aussen und der Unterdruumlckung nach innen zu reduzieren weil Gruppen fuumlr das Individuum im Zusammenhang mit dem Beduumlrfnis nach Anerkennung und Wertschaumltzung eine wichtige Bedeutung zukomme (Breshydella 2010 34 mit Bezug auf Honneth 2010)

Was nun die Ebene der Kulturen betrifft so gaumlbe es zwar so Bredella zwishyschen den Kulturen keine klaren Grenzen aber das rechtfertige nicht die Forshyderun~ nicht mehr von unterschiedlichen Kulturen zu sprechen Vielmehr kaumlme es darauf an die komplexen Beziehungen zwischen den Kulturen aufshyzuspuumlren

Manche Aspekte der eigenen Lebensform sind fremde Einfluumlsse - von anshyderswo uumlbernommen und darin noch kenntlich Auszligerdem kann wer zur eigenen Lebensform gehoumlrt von anderswoher stammen und etwa durch seinen Namen daran erkannt werden umgekehrt kann man mit anderen wegen ihrer Verhaltensweisen und Einstellungen nichts zu tun haben wolshylen - sie sind einem fremd ohne daszlig sie von anderswoher waumlren fremder als jemand von anderswoher (Figa11996 zit n Bredella 2010 26)

Auch widerspricht Bredella dem Vorwurf an die Adresse der Didaktik des Fremdverstehens dass sie von homogenen Kulturen ausgehe (ein Vorwurf den Welsch ja auch gegen interkulturelle Ansaumltze generell erhebt s oben)

Das ist offensichtlich falsch Wenn von Forschungsergebnissen die Rede ist die besagen dass amerikanische und indische Studenten bei der Lekshytuumlre eines Textes unterschiedliche Vorstellungen von Hochzeit ins Spiel bringen ist damit weder gesagt dass die indische und amerikanische Kulshytur homogen seien noch ist damit gesagt dass Inder oder US-Amerikaner alle gleich seien (Bredella 2010 25)

Belege fuumlr Binnendifferenzen innerhalb von Kulturen fuumlhrt auch Rathje (2006) an Sie zeigt im Rahmen einer breiten Literaturanalyse zur Interkulturalitaumlt dass kulturelle Normen (in Bezug auf grosse Kollektive) zwar oft nicht geleugshynet werden dass dem Individuum aber beim Umgang mit diesen Normen

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Thomas Studer

Handlungsspielraum zugestanden wird (vgl dazu auch den Prozess-Aspekt der Kultur bei Heringer) Demnach gaumlbe es also Kulturen die a) nach aussen nicht klar abgrenzbar sind die b) nach innen Individualitaumlt zulassen und die (auch deshalb) c) in sich heterogen sind Trotz der attestierten Individualitaumlt moumlchte Rathje (2006) am beobachtbare[n] Zusammenhalt von groszligen und komplexen Kollektiven festhalten Um diese Spannung zu uumlberbruumlcken braucht sie den Begriff der Multikollektivitaumlt und meint damit dass Indivishyduen gleichzeitig Mitglieder in verschiedenen Kollektiven sein koumlnnen was dem grossen Kollektiv Stabilitaumlt verleihe

So erzeugt die Zugehoumlrigkeit zu bestimmten Gruppen zwar automatisch eine Absonderung von anderen Gruppen die jedoch durch die MehrfachshyVerortung der Individuen in zahlreichen Kollektiven wieder entschaumlrft wird und auf diese Weise netzwerkartig Stabilitaumlt erzeugt (Ebd 13)

Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

Fast alle Stereotype von der Schweiz werden in diesem Empfangsszenario bedient21 Wie genau die Reisenden darauf reagieren bleibe dahingestellt

21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Braucht es ein neues DACH(L)

Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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Thomas Studer

lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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Letztlich entsteht kulturelle Stabilitaumlt (grosser Kollektive) nach Rathje (ebd) weniger aufgrund allgemeinverbindlicher Werte oder Normen sondern vielmehr durch die Erzeugung von Normalitaumlt Erzeugung von Normalitaumlt aber wuumlrde in diesem Kontext heissen Differenzen werden bekannt gemacht und Normalitaumlt wuumlrde bedeuten Differenzen sind bekannt

Uumlbertraumlgt man diese Vorstellung von Kultur auf den Anwendungsfall der Interkulturalitaumlt so laumlsst sich ableiten dass wenn Kulturalitaumlt nicht durch Homogenitaumlt sondern vor allem durch Bekanntheit von Differenzen geshykennzeichnet ist sich Interkulturalitaumlt demgegenuumlber durch Unbekanntshyheit bzw durch Fremdheit von Differenzen auszeichnet Interkulturelle Interaktion [ ] muss dann als Interaktion zwischen Individuen aus untershyschiedlichen Kollektiven aufgefasst werden die aufgrund mangelnder Beshykanntheit des jeweiligen Differenzspektrums Fremdheitserfahrungen mashychen (Ebd 14)

Stichwort Anwendungsfall Jauchzen Alphorn und Kuhglocken - das ist das erste was die Passagiere houmlren wenn sie am Flughafen Zuumlrich mit der SkyshyMetro vom Dok Eins Airside-Center fahren Switzerland get natural wird dazu eingeblendet als Schriftzug neben Edelweiss mit Schweizerkreuz Ein Maumldchen mit Zoumlpfen in Tracht huscht durchs Bild dahinter das Matterhorn Swissness Und Swissness dann auch im Airside-Center selbst Schokolade Uhshyren Taschenmesser (airportTVch 1622013)

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21 Beim Abschiedsszenario waumlhrend der Fahrt mit der Sky-Metro zu den Aussen-Doks des Flughafens kommt dann noch ein Jodler dazu

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Klar scheint aber Alle werden merken dass sie in der Schweiz sind auch wenn sie im Flugzeug geschlafen haben sollten Nicht kennen werden dageshygen viele auslaumlndische Reisende die Hintergruumlnde dieser Szenarios und das breite Meinungsspektrum das mit der Swissness einhergeht

Swissness (frz suissitude) ist ein Ende der 1990er Jahre gepraumlgter Neologisshymus um die Schweiz wirtschaftlich als trendige Marke zu positionieren Der Begriff soll positiv konnotierte Attribute wie Fairness Praumlzision Zuverlaumlssigshykeit Multikulturalitaumlt () ua die als typisch schweizerisch gelten auf den Punkt bringen Einerseits geht es darum die Kauffreude an Schweizer Proshydukten zu stimulieren andererseits ist der Begriff aber auch im Zusammenshyhang mit dem Selbstvertrauen der Schweizerinnen zu sehen von dem gesagt wird dass es durch die Globalisierung bruumlchig geworden sei und drittens dient der Begriff als politisches Schlagwort Swissness wird so zu einem imashyginaumlren komplexen kulturellen Raum der in verschiedenen Diskurszusamshymenhaumlngen reproduziert und dabei auch wieder mit neuen Bedeutungen aufshygeladen wird22

Auch SchweizerInnen werden nicht alle Hintergruumlnde der Swissness geshynau kennen aber im Unterschied zu Personen aus anderen Laumlndern werden sie alle genau uumlber die Diversitaumlt der Meinungen zum Thema Swissness Beshyscheid wissen Ein Stimulus wie die Kuhglocken in der Sky-Metro reicht da um die entsprechenden Schemata zu aktivieren Das ist eine Erfahrung von Vertrautheit von Bekanntheit eine Normalitaumltserfahrung die auch und geshyrade eine Erfahrung von Bekanntheit von Differenzen ist Bei nicht oder kaum mit der Schweiz vertrauten Personen dagegen waumlre die gleiche Erfahrung eine Fremdheitserfahrung weil zwangslaumlufig die Bekanntheit des Differenzspektshyrums der Swissness fehlt Dazwischen liegt das weite Feld der interkulturellen Verstaumlndigung

Von diesem Anwendungsfall nicht grundsaumltzlich verschieden ist die Sishytuation zu Beginn vieler Sprachkurse Auch hier wird es um Vertrautheitsshyund Fremdheitserfahrungen gehen solche der Lernenden ebenso wie solche der Lehrenden und darum diese Erfahrungen zur Sprache zu bringen

Zusammenfassend laumlsst sich zur Diskussion um Interkulturalitaumlt und Transshykulturalitaumlt sagen dass es Anzeichen fuumlr Konvergenz gibt (nicht fuumlr Gleichshyheit vgl auch Roumlsch 2011 345 die Inter- und Transkulturalitaumltnebeneinander gelten laumlsst um die jeweiligen Vor- und Nachteile beider Konzepte auszugleishychen) Welsch (2010) raumlumt in Bezug auf transkulturelle Identitaumlten die Moumlgshy

22 Siehe dazu allgemein httpdewikipediaorgwikiSwissness sowie weiterfuumlhrend http wwwith-zchforschungab geschlossene-forschungsprojekte swissness-revisi ted [Letzshyter Zugriff 23062013]

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Thomas Studer

lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

LITERATURVERZEICHNIS

ABCD-Thesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht Ua in Fremdsprache Deutsch 31990 S 60-61

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Thamas Studer

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Thomas Studer Braucht es ein neues DACH(L)

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lichkeit von Praumlferenzen verschiedener Art ein zB auch nationale Praumlferenshyzen Auf der Seite der Interkulturalitaumlt gibt es zahlreiche Modellierungert intrakultureller Variation und gleichzeitig kaum mehr ein Festhalten an allgeshymeinverbindlichen auf Nationen bezogenen Werten oder Normen An deren Stelle treten individuelle Praktiken im Umgang mit kulturellen Normen (z B Rathje 2006) - Wenn diese Einschaumltzung richtig ist ist auch das Feld fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde wieder offen Es gibt keinen Grund eine Landesshykunde der deutschsprachigen Laumlnder auf dem Altar der Transkulturalitaumlt zu opfern vielmehr besteht eine gute Chance DACH(L) im Kontext eines geshyschaumlrften Verstaumlndnisses von Interkulturalitaumlt neu zu lancieren

5 VORLAumlUFIGE BILANZ

Das neue DACH-Prinzip von 2008 postuliert die grundsaumltzliche Anerkenshynung der Vielfalt des deutschsprachigen Raumes und die Bezugnahme auf mehr als ein Land der Zielsprache Deutsch Im Vergleich zu den ABCDshyThesen zur Rolle der Landeskunde im Deutschunterricht von 1990 erweist sich dieses Postulat als bescheiden und ist jedenfalls nicht neu Dennoch zeishygen sich Umsetzungsprobleme im Sprachunterricht ebenso wie bei der Kulshyturarbeit Die Probleme ruumlhren aber nicht daher dass die Forderungen zu weit gingen vielmehr ist das DACH-Prinzip in seiner jetzigen Form so allgemein formuliert dass es nur sehr grobe Orientierungen ermoumlglicht So kommt es beispielsweise auch in aktuellen Lehrmitteln zu falschen Darstellungen der plurizentrischen Verhaumlltnisse des Deutschen ohne dass diese Darstellungen dem DACH-Prinzip widersprechen wuumlrden Was also fehlt sind zeitgemaumlsse konzeptuelle Ausfolgerungen des DACH-Prinzips

Umgekehrt laumlsst sich die Offenheit des Prinzips natuumlrlich auch positiv nutshyzen dh es koumlnnen allgemeinere Entwicklungen und Tendenzen im Bereich des Fremdsprachenlehrens und -lernens und von DaFlDaZ aufgegriffen und fuumlr eine DACH(L)-Landeskunde adaptiert werden In welche Richtungen dies gehen kann habe ich in diesem Beitrag mit Hinweisen und Beispielen aus ganz verschiedenen Zusammenhaumlngen anzudeuten versucht Korpuslinguisshytik Literaturdidaktik Stereotypen-Forschung uam

Ausserdem habe ich versucht einen zur theoretischen Unterfuumltteshyrung des DACH-Prinzips zu leisten indern ich mich mit Kulturbegriffen ausshyeinandergesetzt und die Debatte um Interkulturalitaumlt vs Transkulturalitaumlt aufgegriffen habe Aus meiner Sicht sollte sich das DACH-Prinzip in diese Diskussionen einbringen bzw sich dazu positionieren nicht nur um sich in der wissenschaftlichen Landeskunde-Diskussion zu halten sondern va auch um klassische Lernzielbereiche wie die sozio-kulturelle Sensibilisierung

Braucht es ein neues DACH(L)

theoretisch fundiert weiterentwickeln zu koumlnnen und (damit) fuumlr die Praxis attraktiv und relevant zu bleiben

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