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„Ich kämpfe für Euch“ Susianna Kentikian boxt am 20. März um die Weltmeisterschaft im Fliegengewicht. Eine Begegnung mit der „Killer Queen“ von Miriam Kaefert und Martin Kath (Fotos)
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Fliegengewicht
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Sie ist nur 1,52 Meter klein. Sie hat braune Locken, ein
süßes Lächeln, ihr Händedruck ist eher zart als hart.
Aber wenn Sie die Fäuste schwingt, dann endet das meist
mit einem k.o. für ihre Gegnerinnen. Im Boxen ist Susi Ken-
tikian eben die Größte. Aber um so weit zu kommen, mus-
ste sie hart kämpfen – und das nicht nur im Ring. In zwei
Wochen verteidigt Susi in Hamburg den Weltmeistertitel im
Fliegengewicht. Mitten in der harten Vorbereitungsphase
haben wir sie in ihrem Gym in Hamburg-Wandsbek getrof-
fen. Und nach dem Training ist sie schwach geworden ...
Im Universum-Boxstall herrscht konzentrierte Stille, der
knallblau ausgelegte Boxring in der linken Ecke der Halle ist
leer. Es riecht nach Schweiß und altem Leder. Von der Decke
baumeln in einer Reihe aufgehängte Sandsäcke, zerbeult und
fleckig. Auf die boxt auch Susi ein, momentan jeden Tag außer
sonntags. Das hier ist ihr Arbeitsplatz. An der Hantelbank trai-
niert Wladimir, 21 Jahre alt, er hat kurze dunkelbraune Haare
und einen Traum: Er will Profi werden, erfolgreicher Profi.
So wie seine Trainingspartnerin Susi, die in diesem Moment
aus dem Umkleideraum kommt. Sie trägt Jogging-Anzug,
Pferdeschwanz und ein Lächeln auf den Lippen. Training
macht Spaß. Na gut, meistens. Man muss beim Boxen nicht
nur den Gegner besiegen. Sondern erstmal den inneren
Schweinehund. „Und das fällt mir oft schwer“, gesteht Susi,
während sie einen Medizinball immer wieder mit aller Kraft
gegen die Wand schleudert und auffängt. Das trainiert Arm-
und Brustmuskeln. Eine Trainingseinheit dauert anderthalb
Stunden – zwei stehen momentan täglich auf dem Plan. „ Ich
muss Hanteln heben, laufen, Seilspringen, Nackendrücken
und dann gibt es ja noch Sparring“, erklärt sie keuchend,
„das ist manchmal total anstrengend. Aber ich will schließ-
„Ich kämpfe für Euch“Susianna Kentikian boxt am 20. März um die Weltmeisterschaft im Fliegengewicht. Eine Begegnung mit der „Killer Queen“
von Miriam Kaefert und Martin Kath (Fotos)
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„Ich habe vieles von meinem Vater und von meiner Mutter: Ehrgeiz, Wille. Wir haben uns gegenseitig Glück gebracht.“
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„Deutschland hat mir die Möglichkeit geschaffen, dass ich erfolgreich boxen kann.“
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lich gewinnen!“ Ehrgeiz, das ist eine ihrer stärksten Eigen-
schaften. Nach dem Training verschwindet die knallharte
Boxerin in die Duschräume.
Als sie nach einer halben Stunde wieder herauskommt, ist
sie kaum wieder zu erkennen! Susi ist keine hoch konzen-
trierte Profisportlerin mehr, die auf Boxsäcke eindrischt,
sondern ein süßer Lockenkopf mit hohen Schuhen, be-
sticktem Handtäschchen und rotem Lippenstift – ein rich-
tiges Mädchen eben. „Ich bin mit dem Training fertig“, erklärt
Susi strahlend und führt uns aus der Trainingshalle in einen
Nebenraum. Hier steht eine Eckbank, es gibt Kaffee und
alles wirkt bieder-gemütlich. „Ich habe so einen Hunger, wir
sollten etwas essen! Was Süßes“, schlägt Susi mit Strahle-
Augen vor. Die Killer-Queen ist nämlich ein Krümelmonster!
„Ich könnte ohne Schokolade und Kekse nicht leben“, gesteht
sie, „egal, was mein Diätplan sagt, ich muss ab und zu mal
was naschen. Da verzichte ich lieber auf alles andere!“ Also
los. 20 Minuten später sitzen wir im Café „Sweet Dreams“
in Hamburg-Eppendorf. Susi nimmt den Kampf auf, bestellt
Bananen-Schoko-Torte, Super-Schoko-Brownie-Torte. „Nur
zum Probieren ...“, sagt sie lächelnd, „ich werde echt aggres-
siv, wenn ich keine Schokolade bekomme!“ Lieber nicht ...
Die Killer-Queen haut rein! Ihr Kampfgewicht hat die Boxe-
rin bisher noch nicht. Susi erzählt: „Ich war undiszipliniert,
und momentan wiege ich 54 Kilo. Bis zum Kampf muss ich
noch dreieinhalb Kilo abnehmen.“ Bei dem momentanen
Trainingspensum sollte sie das schaffen.
„Mir macht das Training Spaß. Ich finde es viel anstren-
gender, im Rampenlicht zu stehen, das ganze Drumherum
eben“, sagt Susi. Klar stylt sie sich gern, natürlich will sie
„Ich hab mir nie was sagen lassen. Ich war ein kleines freches Mädchen. Ich konnte meine Kräfte nie kontrollieren!“
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auch umwerfend aussehen. „Aber das Wichtigste ist mein
Sport“, erklärt sie und schnappt sich eine Kuchengabel, „ich
habe dem Boxen alles zu verdanken!“
Susi ist acht, als sie nach Deutschland kommt. Ihre Familie ist
aus Armenien vor dem Krieg um die Region Berg-Karabach
geflohen. Drei Jahre ziehen sie durch Europa, versuchen in
Moldawien und Russland eine neue Heimat zu finden – dann
landen sie in Hamburg. Hier lebt die Familie auf dem Wohn-
schiff für Asylbewerber, der Bibby Altona. Die ganze Fami-
lie in einem Zimmer. Es ist eng, kalt und niemand weiß wie
lange sie bleiben dürfen. Aber schon mit acht ist Susi eine
kleine Kämpferin. „Als wir zur Bibby Altona kamen, haben
wir nichts anderes erwartet. Man gewöhnt sich daran. Das
gehört dazu.“ Susi, ihr älterer Bruder und ihre Eltern sollen
abgeschoben werden, einmal steht sogar schon der Flieger
nach Eriwan bereit. „Es war ein Kampf, dass wir bleiben
können“, sagt Susi. Diesen Kampf gewinnen ihre Eltern für
sie. Dafür ist sie ihnen dankbar. „Ich habe vieles von meinem
Vater und von meiner Mutter: Ehrgeiz, Wille. Wir haben uns
gegenseitig Glück gebracht!“
Als sie zwölf ist, begleitet Susi ihren Bruder Mikael zum
Boxtraining. Sie will Sport machen, weiß aber nicht genau,
welchen. Susi ist vom ersten Moment im Gym wie elek-
trisiert. „Ich hatte so viel Energie und bis dahin wusste ich
nicht, wohin damit“, erzählt sie. Jetzt weiß sie es. Susi ist
von Anfang an so stark, dass sie im Sparring fast nur gegen
Jungs boxt. Damit sie für ihre Kämpfe überhaupt noch Geg-
nerinnen findet, macht sie sich manchmal schwerer, als sie
ist. Einmal bindet sie vor dem offiziellen Wiegen Gewichts-
manschetten um die Fußgelenke und überdeckt sie mit ih-
„Ich habe mir ständig gesagt: Gib nicht auf, gib nicht auf, mach weiter. Deine Zeit kommt noch.“
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rer langen Trainingshose. So darf sie gegen eine Gegnerin
kämpfen, die fünf Kilo mehr wiegt. Susi gewinnt.
Das hat sie bisher immer getan, wenn sie in den Ring steigt:
23 Kämpfe, 23 Siege. Für sich selbst – und für Deutschland.
Seit vergangenem August hat sie die deutsche Staatsbür-
gerschaft. „Ich fühle mich zur Hälfte deutsch, zur Hälfte ar-
menisch. Aber ich kämpfe für euch“, sagt sie. Und das so
siegreich wie vorher nur Regina Halmich. Aber für Susi ist
der Erfolg nicht überraschend:
„Wenn der Mensch sich etwas vornimmt, ist ihm mehr mög-
lich, als er selbst glaubt“, sagt sie. Das ist ihr Lebensmotto.
Momentan hat alles, was sie sich vornimmt, mit dem Sport
zu tun. Für andere Dinge bleibt kaum Zeit. Auch fürs Verlie-
ben nicht. „Ich bin Single“, sagt Susi, „und auch gar nicht auf
der Suche!“ Sie hat den Kuchen auf ihrem Teller fast aufge-
gessen. „Lecker! Aber mehr darf ich jetzt nicht“, erklärt sie,
„es sind nur noch zwei Wochen bis zum Kampf!“ Aufgeregt
ist sie nicht – eher konzentriert. „Ich will gewinnen, und das
werde ich“, sagt sie – und obwohl ihr noch ein Kuchenkrü-
mel am Mund klebt, sieht sie jetzt wieder aus wie eine Killer
Queen.
Sport und Schokolade – zwei Dinge, die Susi stark machen.
Am 20. März wird sie das im Kampf gegen die Amerikanerin
Elena Reid beweisen. Die konnte auch Regina Halmisch nicht
besiegen - der Kampf im Jahr 2007 endete unentschieden.
Susi ist sicher, dass sie auch dieses Mal gewinnen wird.
Aber weiß: „Das wird mein härtester Kampf bisher.“ <<<
„Ich sage nie ich. Ich sage immer wir.“
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„Ich hatte immer so viel Energie, ich wusste nicht, wohin damit.“
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Miriam KaefertJournalistinMobil 0176 - 61 58 99 [email protected]
Martin KathFotografieMobil 0171 - 642 17 [email protected]
Seilerstraße 2020359 Hamburg St. PauliTelefon 040 - 69 64 39 50Fax o40 - 69 64 64 18
Die Reportage in dieser Form ist ein reines Angebot – also variabel in Länge, Layout und Aufbau. (6600 Zeichen)
Fotos und Text gibt es auch jeweils einzeln und unabhängig voneinan-der. Weitere Fotos auf der Home-page des Fotografen: www.martinkath.de
Textproben/Veröffentlichungen von Miriam Kaefert (Bild, FHM, blond, Frau im Spiegel etc) gern auf Anfrage.
Andere Aufträge zu anderen Themen auch gern, auch auf Anfrage!