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S t a ti s ti sc h e T h er m o d y n a mi k Vorlesungsmanuskript Prof. Dr. H. Züchner Institut für Physikalische Chemie Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 07.12.98

Statistische Thermodynamik

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Page 1: Statistische Thermodynamik

Statistische Thermodynamik

Vor lesungsmanuskr ipt

Prof. Dr . H. Züchner

Institut für Physikalische Chemie

Westfälische Wilhelms-Universität

Münster, 07.12.98

Page 2: Statistische Thermodynamik

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung und Kurzr ückblicke .................................................................4

1.1. Klassische Mechanik ......................................................................................4

1.2. Quantenmechanik ........................................................................................... 7

1.3. Thermodynamik .............................................................................................18

1.4. Mathematische Grundlagen ............................................................................ 24

1.4.1 Wahrscheinlichkeitsverteilungen .....................................................................24

1.4.2 Stirlingsche Näherung .............................................................................25

1.4.3 Binomial - und Multinomial - Verteilung .......................................................26

1.4.4 Methode des maximalen Terms ......................................................................29

1.4.5 Methode der Lagrangeschen Multiplikatoren .................................................. 30

2 Das kanonische Ensemble ...........................................................................32

2.1. Ensemble Mittelwerte .................................................................................... 32

2.2. Methode der wahrscheinlichsten Verteilung ...................................................34

2.3. Bestimmung der unbestimmten Multiplikatoren ..............................................36

2.4. Thermodynamische Funktionen ......................................................................41

3 Boltzmann-Statistik - Fermi-Dirac-Statistik - Bose-Einstein-Statistik ........ 45

3.1. Der spezielle Fall der Boltzmann-Statistik ....................................................... 45

3.2. Fermi-Dirac- und Bose-Einstein-Statistik ........................................................51

4 Ideales einatomiges Gas ...............................................................................57

4.1. Translationszustandssumme ............................................................................57

4.2. Elektronische und Kern-Zustandssumme ........................................................59

4.3. Thermodynamische Größen ............................................................................ 61

Page 3: Statistische Thermodynamik

5 Ideales zweiatomiges Gas ..............................................................................64

5.1. Starrer Rotator - harmonischer Oszill ator ........................................................ 64

5.2. Zustandssumme der Oszill ation ........................................................................68

5.3. Zustandssumme der Rotation für ein heteronukleares zweiatomiges Molekül ..... 71

5.4. Symmetrieeigenschaften der totalen Wellenfunktion für homonukleare

zweiatomige Moleküle oder Einfluß des Kernspins auf die Wellenfunktion .......74

5.5. Zustandssumme der Rotation für homonukleare zweiatomige Moleküle ........... 76

5.6. Thermodynamische Funktionen .......................................................................79

6 Klassische Statistische Mechanik .................................................................81

6.1. Die klassischen Zustandssummen .................................................................... 81

6.2. Phasenraum und Gleichverteilungsprinzip der Energie .....................................84

7 Kristalle .........................................................................................................86

7.1. Schwingungsspektrum eines monoatomaren Kristalls ........................................86

7.2. Einstein-Theorie und Wärmekapazität von Kristallen .......................................91

7.3. Debye-Theorie und Wärmekapazität von Kristallen ......................................... 92

7.4. Phononen ........................................................................................................99

8 QuantenStatistik ...........................................................................................102

8.1. Ideales Gas von Photonen (Strahlung eines schwarzen Körpers) ...................... 103

8.2. Stark entartetes ideales Fermi-Dirac Gas ..........................................................108

Page 4: Statistische Thermodynamik

1

Statistische Thermodynamik

Die statistische Mechanik ist der Bereich der Physik, in dem makroskopische Systeme vom

molekularen Standpunkt aus studiert werden. Das Ziel der statistischen Mechanik ist es, ma-

kroskopische Phänomene zu verstehen oder vorauszusagen und makroskopische

Eigenschaften aus den Eigenschaften individueller Moleküle, die das makroskopische System

bilden, zu berechnen.

Die statistische Mechanik läßt sich grob in zwei Zweige aufteilen, der eine beschäftigt sich

mit Systemen im Gleichgewicht, der andere mit solchen, die sich nicht im Gleichgewicht

befinden. Der erste Zweig, und dieser soll auch im Rahmen dieser Vorlesung behandelt

werden, wird üblicherweise Statistische Thermodynamik genannt. Diese statistische

Thermodynamik bildet damit die Brücke zwischen den universellen, aber makroskopisch

phänomenologischen Gesetzen der Thermodynamik und den mechanischen und

quantenmechanischen Eigenschaften der molekularen Bausteine. Typische und uns

bekannte thermodynamische Beziehungen wären z.B.

PT

vp T

V

V

UpCC

+=−

∂∂

∂∂

oder

pT

pT

V

U

V,NT,N

−=

∂∂

∂∂

Die Thermodynamik liefert uns die Verbindung zwischen den verschiedenen Größen, liefert

aber keine Information über Werte für diese Größen und macht auch nicht den Versuch, die

Beziehung auf ein molekulares Modell oder eine molekulare Interpretation

zurückzuführen. Dieses ist die Stärke und die Schwäche der Thermodynamik zugleich.

Denken wir z.B. an komplizierte biologische Systeme, so ist es unmöglich, diese durch eine

molekulare Theorie zu beschreiben, wohl aber gelten die thermodynamischen Beziehungen

exakt. Grundsätzlich bleibt festzustellen, daß die Thermodynamik und die statistische

Thermodynamik die gleichen Systeme beschreiben, wobei die Thermodynamik keine

Angaben zur Konstitution der Materie benötigt, während die statistische Thermodynamik von

der Existenz von Atomen und Molekülen ausgeht, um die thermodynamischen Größen aus

molekularer Sicht zu berechnen und zu interpretieren.

Welche Voraussetzungen müssen jetzt vorhanden sein, um die statistische Thermodynamik im

Rahmen dieser Vorlesung verstehen zu können? Diese Frage ist schnell zu beantworten: das

wichtigste sind die mathematischen Anforderungen, und die sind gering und beschränken sich

letztendlich auf Differentiations- und Integrationsrechnungen. Bezüglich der Quantenchemie

Page 5: Statistische Thermodynamik

2

und Quantenmechanik sollten die Grundkenntnisse vorhanden sein. Wir benötigen eigentlich

nicht mehr als die aus der Schrödinger-Gleichung (statisch) hergeleiteten

Energieeigenwerte. Dazu sollten noch die thermodynamischen Grundlagen und Beziehungen

bekannt sein.

Um aber auch für diese Bereiche eine Hil fe zu geben, möchte ich in der Einführung einige

Dinge hierzu noch kurz wiederholen.

Zum Mitschreiben sei noch angemerkt: es erscheint mir wichtiger zu sein, während der Vorle-

sung mitzudenken als mitzuschreiben. Alles, was gebracht wird, kann in Büchern nachgelesen

und anhand dieser Bücher auch nachgearbeitet werden. Und es gibt heute ausgezeichnete Bü-

cher, einmal steht in vielen allgemeinen Lehrbüchern zur Physikalischen Chemie Vieles über

die statistische Thermodynamik (s. Atkins (Physical Chemistry) oder Kortüm (Einführung in

die chemische Thermodynamik) oder Barrow (Physikalische Chemie)). Daneben gibt es eben

die Spezialbücher, z.B.:

Frederick Reif: Statistische Physik und Theorie der Wärme

de Gruyter

Donald A. Mc Quarr ie: Statistical Mechanics and Statistical Thermodynamics

Harper + Row

Gerhard H. Findenegg: Statistische Thermodynamik

Dr. Steinkopff

Ich werde mich im wesentlichen auf die Ausführungen von Mc Quarr ie und Findenegg bezie-

hen, da beide Bücher ausgezeichnet und nahezu fehlerfrei geschrieben und gedruckt sind. Ich

empfehle Ihnen dringend auf jeden Fall , den Findenegg (Ladenpreis 30,- DM) zu kaufen, wer

aber von dieser Materie mehr begeistert ist, der sollte sich nicht scheuen, den Mc Quarr ie zu

kaufen.

Mein Ziel ist es, Ihnen ggf. die Scheu vor der statistischen Thermodynamik zu nehmen,

gleichzeitig aber auch, Ihr Interesse für dieses außerordentlich wichtige und faszinierende

Gebiet innerhalb der Physikalischen Chemie zu wecken, so daß Sie ohne große

Schwierigkeiten die entsprechenden Lehrbücher und Abschnitte in umfassenderen Werken

verstehen können. Ich tue dieses als Chemiker aus der Sicht des Chemikers, das schließt

allerdings nicht aus, daß wir doch einigen Formalismus betreiben müssen.

Page 6: Statistische Thermodynamik

3

Als Inhaltsangabe nur so viel: nach der Einführung bzw. Wiederholung grundlegender Zu-

sammenhänge werden wir uns mit der Kombinatorik noch kurz auseinandersetzen, um dann

die Verteilungsstatistiken diskutieren zu können. Über die Zustandssummen für einatomige,

zwei- und mehratomige Gase kommen wir zur Berechnung thermodynamischer Größen für

Gase und werden dann auch einfache chemische Gleichgewichte (Eyring-Theorie) abhandeln.

Dann werden wir auch die statistische Thermodynamik zur Beschreibung idealer Kristalle an-

wenden und zwischendurch immer wieder auf Besonderheiten eingehen. So viel zum groben

Rahmen, wobei es mir wichtiger ist, weniger zu bringen, welches Sie auch verstanden haben,

als mehr zu bringen, welches Sie nicht mehr verarbeiten können.

Page 7: Statistische Thermodynamik

4

1. Einführung und Kurzr ückblicke

1.1. Klassische Mechanik

Nur wenige Worte und Beziehungen hierzu. Jeder kennt die Beziehung:

F = m a

(F = Kraft, m = Masse, a = Beschleunigung)

Wenn wir diese Beziehung über den Impuls ausdrücken, haben wir die etwas allgemeinere

Version des 2. Newtonschen Gesetzes:

dp

dtp F≡ =

(p = Impuls)

Ist die Masse unabhängig von der Zeit, dann gilt

dp

dtmdr dt mr ma= = =

/

(r = Ortskoordinate,

r = Geschwindigkeit)

Wenn F = F (x,y,z), d.h. eine Funktion der Ortskoordinaten ist, dann stellt die obige

Gleichung einen Satz von drei Differentialgleichungen zweiter Ordnung dar, deren Lösung die

Positionen x,y, und z als Funktion der Zeit geben, wenn die Anfangsbedingungen bekannt

sind. Die Form der Gleichung ist nützlich im Kartesischen Koordinatensystem (es sei denn,

man definiert zusätzliche Kräfte, z.B. Zentrifugalkraft); wenn wir uns nicht an ein

Koordinatensystem binden wollen, dann gibt es bequemere Formulierungen der klassischen

Mechanik.

Nehmen wir zuerst noch Kartesische Koordinaten. Für die kinetische Energie K gilt:

( ) ( )

xmx

K

zyx2

mz,y,xK 222

=

++=

∂∂

Wenn die potentielle Energie, hier einmal mit Ep bezeichnet, nur vom Ort abhängt, gelten die

Newtonschen Gleichungen der Form:

Page 8: Statistische Thermodynamik

5

mxE

xp = −

∂∂

Jetzt führen wir eine neue Größe ( )z,y,x,z,y,xLL

= ein und erhalten die Lagrange'sche

Funktion:

( ) ( ) ( )z,y,xEz,y,xKz,y,x,z,y,xL p−≡

Daraus erhalten wir:

xmx

E

x

L

xmx

K

x

L

p

=−=

==

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

Nun können wir auch die Newton-Gleichungen schreiben als:

x

L

td

x

Ld

∂∂∂

=

Die bemerkenswerten und brauchbaren Eigenschaften der Lagrange'schen Bewegungsglei-

chungen sind, daß sie in jedem Koordinatensystem die gleiche Form haben, d.h.,wenn die x, yund z transformiert werden in ein anderes System, z.B. q1, q2, q3, dann erhalten die

Lagrange'schen Gleichungen die Form:

3,2,1jq

L

q

L

dt

d

jj

==

∂∂

∂∂

Diese Form ist deshalb wertvoller als die Newton-Beziehung, da es einfacher ist, einen Aus-

druck für die potentielle Energie in einem geeigneten Koordinatensystem hinzuschreiben, als

alle unterschiedlichen Kräfte zu berücksichtigen. D.h. der Lagrange Formalismus basiert auf

der potentiellen Energie, während die Newton-Beziehung auf Kräften basiert.

Die Lagrangeschen Gleichungen sind 3 Differential-Gleichungen 2. Ordnung. Um die Lösung

zu erhalten, benötigen wir 3 Anfangsgeschwindigkeiten und Anfangspositionen. Wenn wir N

Partikel betrachten, müssen wir 3 N Gleichungen und 6 N Anfangsbedingungen kennen, um

die zukünftige und vergangene Bahn des Systems komplett bestimmen zu können.

Page 9: Statistische Thermodynamik

6

Es gibt eine weitere Formulierung der klassischen Mechanik, die 6 N Differentialgleichungen

erster Ordnung beinhaltet, und, obwohl sie weniger bequem als die Lagrangesche Formulie-

rung ist, von besonderer Bedeutung für die statistische Mechanik ist. Dies ist die Hamilton-

Formulierung:

Wir definieren einen verallgemeinerten Impuls:

p j Njj

= =∂∂

L

q , , ,....,1 2 3 3

Wir können nun die Hamilton-Funktion für ein System, welches nur eine Partikel enthält (zur

Vereinfachung) definieren als:

( ) ( ),q,q,q,q,q,qLqpq,q,q,p,p,pH 321321j

3

1jj321321

−≡∑

=

(

q j ist hier ersetzt durch pj (s.o.))

(Hier bewegen sich alle Teilchen in dem betrachteten Phasenraum, Γ-Raum, unabhängig von-

einander. D.h. anstelle der 6 Molekülkoordinaten führt man nun die 2 f (generalisierten Koor-

dinaten + konjugierte) Impulse ein. f ist die Anzahl der Freiheitsgrade des Systems.)

Die Lagrange-Funktion ist eine Funktion der verallgemeinerten Geschwindigkeiten

q j und

der Koordinaten q j , während die Hamilton-Funktion eine Funktion der verallgemeinerten

Impulse pj und der dazu konjugierten Koordinaten q j ist.

Die kinetische Energie läßt sich nun darstellen als:

( ) ,qq.....q,q,qaK 2jN3321

N3

1jj

⋅= ∑

=

wobei die a j nur eine Funktion von q j sind, und nicht von der Zeit. Wenn auch die potentielle

Energie nur eine Funktion der Koordinaten q ist, dann gilt:

pL

q

K

qa qj

j jj j= = =∂

∂∂∂

2

Einsetzen in die Hamilton-Funktion unter Berücksichtigung von L = K - Ep ergibt:

Page 10: Statistische Thermodynamik

7

( ) p2jj

2jj11 Eqaqa2....q....,,pH +−= ∑∑

H K Ep== ++

Diese ist das wichtige Ergebnis, daß H = Totale Energie ist.

Wir wollen nun noch zeigen, daß dH/dt = 0 (Energie-Konservierung!), wenn die

Lagrangesche Größen keine explizite Funktion der Zeit sind. Wir beginnen mit der Definition

von H und bilden das vollständige Differential.

j

pdt

pd

dt

q

Ld

jj

0

p

jjjj

jjj qd

q

Lqd

q

LqdpdpqdH

jjj

j

∑∑∑∑

====

=

−−+=

∂∂

∂∂

∂∂

jj

jj

jjj

jj pqH

.uqpH

dqpdpqdH

−−====⟩⟩−−== ∑∑∑∑ ∂∂∂∂

∂∂∂∂

Das sind die Hamilton-Gleichungen, 6 N Differentialgleichungen 1. Grades.

Da die Hamilton-Funktion die totale Energie enthält, ist sie für die statistische

Thermodynamik von herausragender Bedeutung. Glücklicherweise müssen wir diese

Gleichungen der Bewegung niemals für makroskopische Systeme berechnen. Es ist eben

gerade die Aufgabe der statistischen Thermodynamik dieses zu verhindern.

1.2. Quantenmechanik

Wir haben gesehen, daß der Verlauf eines Systems beschrieben werden kann, wenn die An-

fangsbedingungen und die Bewegungsgleichungen, d.h. auch das Potentialfeld, in dem sich

das System befindet, bekannt sind. Dieses heißt, daß, wenn der Zustand eines Systems(Geschwindigkeiten und Koordinaten) zum Zeitpunkt to bekannt sind, die klassische

Mechanik uns hil ft, den Zustand zur Zeit t zu berechnen. Um 1920 mußte man akzeptieren,

daß die Heisenbergsche Unschärferelation bedeutete, daß es unmöglich ist, zur gleichen Zeit

Impuls und Ort eines Teilchens beliebig genau zu spezifizieren. Konsequenterweise mußte die

klassische Mechanik modifiziert bzw. um die Unschärfe-Bedingung ergänzt werden. Diese

Modifikation mündete in die Entdeckung der Quantenmechanik.

Page 11: Statistische Thermodynamik

8

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten in die zentralen Ideen der Quantenmechanik einzustei-

gen. Wir benötigen nur eine sehr elementare für die weiteren Überlegungen. Ein

fundamentales Konzept der Quantenmechanik ist die sogenannte Wellenfunktion ΨΨ (q,t),

wobei q den Satz von Koordinaten repräsentiert, der notwendig ist, das System zu

beschreiben. Die physikalische Bedeutung der Wellenfunktion ist die, daß dieWahrscheinlichkeit, das System zur Zeit t zwischen q1 und q1 + dq1, q2 und q2 + dq2 usw. zu

finden, gegeben ist durch

( ) ( ) dq

N321 dq.....dqdqt,qt,q* ΨΨ ⋅

Da das System irgendwo sein muß, gilt

( ) ( ) 1dqt,qt,q* =⋅∫ ΨΨ

Darüber wird Ψ normiert.

Das zentrale Problem der Quantenmechanik ist die Bestimmung von ( )t,qΨ für das

interessierende System. Da wir es in dieser Vorlesung nur mit Systemen im stationärenZustand zu tun haben werden, wollen wir das System durch den Wellenfunktionsteil ( )qψ

beschreiben.

Diese Wellenfunktion erhalten wir aus der Lösung der Schrödinger-Gleichung

ψψψψ EH ==

(

H = Hamilton-Operator)

Der Schritt von der klassischen Wellenmechanik zur Schrödinger-Gleichung läßt sich leicht

verdeutlichen: Die Differentialgleichung in der Wellenmechanik lautet

2

2

2

chungWellenglei.zeitunabh

2

2

2

tc

1

c

2

x ∂ψ∂ψνπ

∂ψ∂ =

−=

[Eine mögliche Lösung:

−=

c

zt2coso νπψψ ]

Die de Broglie-Beziehung liefert uns den Übergang vom Teilchen zur Welle:

Page 12: Statistische Thermodynamik

9

p = m wh h m c

um c

c

u⋅ = = = ⋅ = ⋅

λν

ν λ

2

w = Teilchengeschwindigkeit ( c ( Lichtgeschwindigkeit) )

u = Wellenausbreitungsgeschwindigkeit ( c)

<

>

Für c ist in obige Gleichung u einzusetzen, d.h., es gilt:

ψψπψλπψνπ

∂ψ∂

2

2222

2

2 p

h

p22

u

2

x−=

−=

−=

−=

Wenn wir pklas. durch Eklas. ausdrücken, erhalten wir:

H = K + U (H = E )

E = 1

22mx U

+

E = ( ) m2UEpUm2

p 22

⋅−=⟩+

( )

ψψ∂∂

ψψ∂

ψ∂

ψ∂

ψ∂

EUxm2

EUxm2

m2UE

x

2

22

2

22

22

2

=

+−

=+−

⋅−−=⟩

H Eψψ ψψ==

Dreidimensional:

( )z,y,xUzyxm2

H

2

2

2

2

2

2

22

+

++−=

∂∂

∂∂

∂∂

Letztendlich haben wir nur

Kp

m=

2

2durch −

2 2

22m x

∂∂

ersetzt, oder

px durch )1i(xix

i −=⋅−=∂∂

∂∂

Page 13: Statistische Thermodynamik

10

Sind physikalische Randbedingungen gegeben, reicht es aus, durch Kenntnis von

H auch ψ(Eigenfunktion) und E (Eigenwert) zu berechnen. Üblicherweise gibt es viele ψ's und E's, die

die Schrödinger-Gleichung befriedigen, d.h. es gilt

H Ej j jψ ψ=

Die Berücksichtigung der Randbedingungen limiti ert die Werte von Ej häufig nur auf be-

stimmte diskrete Werte für Ej. Dieses wollen wir einmal kurz herleiten für eine Partikel in ei-

nem eindimensionalen Kasten der Länge a (Volumen v = a³), (Übergang von E → ε).

Wir nehmen ein ideales Gas an, d.h., eine Wechselwirkung ist nicht vorhanden ⟩ U = 0 im Ka-

sten, aber U = ∞ an den Rändern bzw. außerhalb des Kastens (dort soll sich das Teilchen

nicht aufhalten, d.h. dort muß ψ → 0 gehen).

Folgender Ansatz stellt eine Lösung der Schrödinger-Gleichung dar und erfüllt auch die gege-

benen Randbedingungen:

ψ ' = − −e eikx ikx (ψ ', weil nicht normiert!)

Für x = 0 und x = a muß ψ = 0 sein:

e eiko iko− =− 0 trivial

e e e eika ika ika ika− = ⟩ =− −0e e

ika

ika ika− = =−

20sin( )

Diese Bedingung ist erfüllt , wenn ka = nπ mit n = (0), 1,2, ... ∞ (n = 0 triviale Lösung)

⟩ =kn

a

π

(eine Funktion eikx alleine erfüllt die Randbedingungen nicht, da es z.B. kein k gibt, welches die Bedingung e+iko

= e+ika = 0 erfüllt !)

Die Energieeigenwerte (ε, weil nur ein Teilchen betrachtet wird) lassen sich jetzt auch

ausrechnen:

Page 14: Statistische Thermodynamik

11

( ) ( )

( )'k

eekekek

eikeikx

2

ikxikx2ikx2ikx2

ikx2ikx2

2

2

ψ

∂ψ∂

−=−−=+−=

−=

−−+

Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung ergibt:

+ = ⟩ = = 2

22

22 2

22

2 2 2mk

mk

m anψ ε ψ ε π

⟩⟩ ==εε hma

n2

22

8n = 1,2,3 ... ∞

n ist die Quantenzahl

Dreidimensional:

( )2y

2z

2x2

2

z,y,x nnnam8

h ++=εε

Es tritt also bei der Translation eine Nullpunktsenergie auf. Unsere Wellenfunktion ist noch

nicht normiert. Wir müssen dieses noch nachholen:

( )( )

( )( ) ( )

( )

a2

0sink

1n2sin

k

1a2kx2sin

k2

2a2dxkx2cos22

dx1ee1dxeeee

dxeeee

ee

dx*

ee

a

o

a

o

a

o

ikx2ikx2a

o

ikxikxikxikx

21

a

o

ikxikxikxikx

ikxikx

21

ikxikx

=

−−=−=−=

+−−=−−

î

−−

−=

−=

∫∫

∫∫

−−−

−−

∞+

∞−

π

ψψ

ψ

Einsetzen gibt:

−== − a

xina

xin

eea2

1

a2

' ππππψψψψ

Page 15: Statistische Thermodynamik

12

Ψ

x

h 2 / 8 m a 2

4 * h 2/ 8 m a 2

9 * h 2 / 8 m a 2

E

a0

Ψ Ψ *

x a0

Für große ψ-Werte → Gleichverteilung

Bei der dreidimensionalen Darstellung können mehrere Quantenzahlkombinationen nx , ny , nz

zum gleichen Energiezustand führen, man spricht von Entartung g des Energiezustandes:

QZ EZ gnx ny nz

1 1 13

8

2

2

h

ma1

1 1 2

1 2 16

8

2

2

h

ma3

2 1 1

1 2 2

2 1 29

8

2

2

h

ma3

2 2 1

Page 16: Statistische Thermodynamik

13

Wir wollen uns für die Zukunft merken, daß, wenn wir bei der Berechnung der Energie über

die Quantenzustände, z.B.mit dem Laufindex s, summieren können, oder über die

Energiezustände, hier z.B. Index i, unter Berücksichtigung des Entartungsgrades bedeutetdies z.B. ε εs

si

iig∑ ∑= .

Wir haben jetzt die Energieeigenwerte für einen Translator etwas ausführlicher hergeleitet.

Für einen starren Rotator, aber auch für einen harmonischen Oszill ator verfährt man ähnlich,

wobei allerdings eine Koordinatentransformation (z.B. in Kugelkoordinaten) erforderlich ist.

Wir wollen nur die Ergebnisse, die wir später benötigen, hinschreiben:

Einfacher harmonischer Oszill ator :

!H

m xfx

u

= − +"

# $ %2 2

22

2

1

2

∂∂

νε h2

1nn

+= mit n = 0, 1, 2, ... ∞ (mit Nullpunktsenergie)

ω"

+=

2

1n (

21

m

f

=ω bzw.

21

f

=

µω )

=

−r

/fHeN n

r2

/f

nn

2

∆µµ

ψ∆

µµ

"&Hn = Hermite'sche Polynome

Nn = Normierungsfaktor

0

UE

Ψ bzw.Ψ Ψ *

r

n = 4

n = 3

n = 2

n = 1

n = 0

Nullpunktsenergie tritt auf, da hier, wie

beim Translator, das Teilchen auf be-

stimmte Gebiete beschränkt ist.

Wäre das Teilchen in Ruhe, so müßte

∆x = 0 und damit ∆x ⋅ ∆p = 0, das ver-

stößt aber gegen Heisenbergsche Un-

schärferelation.

Starrer Rotator :

î

+

−= 2

2

2

2

sin

1sin

sin

1

I2H

Φ∂∂

θθ∂∂θ

θ∂∂

θ

'I = Trägheitsmoment = µ r²

Page 17: Statistische Thermodynamik

14

( )I

1JJ 2

j

(+=ε J = 0, 1, 2, 3, .... keine Nullpunktsenergie

g Jj = +2 1

Aus der Koordinatentransformation ergeben sich folgende Ergebnisse:

r0 sin Θ d Φ

r0 d Θ

Φ

Θ

µ

r0 sin Θ

r0

z

y

x

Rotation der reduzierten Masse µ:

( )

( )

( )Φθ

Φ∂∂θ

θ∂∂

Φθθ

ωω

Φθ

))))

))

2

rot

222rot

2y

2xrot

sinIK

P;IK

P

0UH

sinI2

1K

I2

1K

====

=↓

+=

+=

+=⟩

θθΦΦ

θθ 2

22

rot sin

PP

I21

H

Gehen wir noch einmal zurück zum wichtigen Konzept in der Quantenmechanik, nämlich zur

Entar tung, die bei dem starren Rotator deutlich wird, aber auch bei der Translation schon

diskutiert wurde. Nehmen wir gerade diesen Fall

( ) ...3,2,1n,n,nnnnma8

hzyx

2z

2y

2x2

2

n,n,n zyx=++=ε

Die ganze Zahl Mma

h= ⋅ε 8 2

2 kann für viele Fälle geschrieben werden als Summe von

Quadraten dreier ganzer Zahlen. Die Anzahl der Möglichkeiten, dieses zu tun, ist die

Entartung, die eine unregelmäßige und diskontinuierliche Funktion von M ist. Für viele Werte

von M ist die Anzahl auch Null , aber wenn M sehr groß wird, steigt auch die Anzahl der

Möglichkeiten und es läßt sich eine Funktion anpassen.

Spannt man einen dreidimensionalen Raum mit den Koordination nx , ny , nz auf, so kann man

die Energiezustände als Punkte mit Koordinaten von geraden Zahlen einzeichnen, wie es (zur

Vereinfachung) leicht in einem zweidimensionalen Bild zu sehen ist.

Page 18: Statistische Thermodynamik

15

n y

n x

R

Die obige Gleichung hat die Form einer

Kugelgleichung mit dem Radius

21

2

2

h

am8R

= ε

d.h. ( )2z

2y

2x

2 nnnR ++=

Wir möchten jetzt die Zahl der Gitterpunkte, die einen bestimmten Abstand R vom Ursprung

in dieser Kugel haben, berechnen. Dieses ist schwierig, läßt sich aber für große R-Werte annä-

hern.

Wir nehmen R bzw. ε als kontinuierliche Variable und fragen nach der Zahl der Gitterpunkte

zwischen ε und ε + ∆ε. Um dieses zu tun, ist es zweckmäßig zunächst die Gitterpunkte mit

Energien ≤ ε zu berechnen. Für große ε ist es eine ausgezeichnete Näherung, die Zahl der Git-

terpunkte mit Energien ≤ ε mit dem Volumen des Oktanten der Kugel mit dem Radius Rgleichzusetzen (1 Oktant, weil nx , ny , nz > 0).

Wir bezeichnen die Zahl dieser Zustände mit Φ (ε):

( )2

3

2

23

h

am8

63

R4

8

1

=

= εππεΦ

Die Zahl der Zustände zwischen ε und ε + ∆ε mit ∆ε/ε << 1 ist

( ) ( ) ( )( )

ε∆επ

ε∆εεΦ

εΦε∆εΦε∆εω

212

3

2

2

h

am8

4

d

d

,

=

=

−+=

Page 19: Statistische Thermodynamik

16

Wenn ( ) J1021.6J300103806.12

3K300T

2

kT3 2123 −− ⋅=⋅⋅⋅===ε

( ) kg10ˆ60106605.1g10m 252422 −−− =⋅⋅==m1,0cm10a ==

J1021.601.0 23−⋅== εε∆

Js106256.6h 34−⋅=

( ) 28102.1, ⋅≈εε∆∆εεωω

Der Entartungsgrad nimmt also schon bei Raumtemperatur extreme Werte an. Für ein N-Parti-

kel System ist er natürlich noch unvorstellbar größer:

( ) ∑∑==

=++=N3

1j

2j2

2N

1j

2z

2y

2x2

2

sam8

hnnn

am8

hE

jjj

Dieses wollen wir hier aber nicht mehr weiter fortführen. Wir wollen nur bemerken, daß wir

hier den Schritt von einem mikroskopischen zu einem makroskopischen gemacht haben (ε →E).

Ein weiteres quantenmechanisches Ergebnis, welches wir später benutzen, ist, daß die Hamil-

ton-Funktion für ein Mehrkörper-System häufig entweder exakt oder auch nur

näherungsweise als Summe von Ein-Partikel oder Weniger-Partikeln Hamilton-Funktionen

geschrieben werden kann (immer daran denken H = K + U!)

* * * *...H H H H= + + +α β γ

Wenn die Energieeigenwerte der *

H j mit ε j bezeichnet werden und die Eigenfunktionen durch

ψ j mit j = α, β, γ ..., dann kann man die Vielkörper-Schrödinger-Gleichung schreiben als:

( )( ) ( ) ( )

( ) ψψψψεεεψεψψψεψψψεψψ

ψψψψψψψψψ

ψψψψ

γβαγβα

γγβαββγαααγβ

γγβαββγαααγβ

γβαγβα

⋅=⋅⋅+++=

⋅⋅+⋅+⋅=

⋅⋅⋅+⋅⋅⋅+⋅⋅⋅=

⋅⋅+++=

E......

......

H...H...H...

......HHHH

d.h.: E jj

= ∑ ε .

Dies bedeutet, daß die Energie des Systems die Summe der Energien der individuellen

Partikel ist, wenn sie nicht wechselwirken. Dieses ist ein außerordentlich wichtiges Ergebnis,

da es es erlaubt, ein Vielkörperproblem auf ein Einkörperproblem zu reduzieren, wenn die

Page 20: Statistische Thermodynamik

17

Wechselwirkungen so schwach sind, daß sie ignoriert werden können. Aber wir werden auch

sehen, daß es trotz nicht zu vernachlässigender Wechselwirkung es möglich ist, formal die

Hamilton-Funktion als Summe der Einzelbeiträge zu schreiben. Aus dem bisher Gesagten,

läßt sich auch herleiten, daß sich die Schrödinger-Gleichung auch auf makroskopische

Systeme anwenden läßt und die Eigenfunktion Ψs und die zugehörigen Energieeigenwerte Es

liefert.

Die verschiedenen möglichen Eigenfunktionen werden als Mikrozustände des Systems be-

zeichnet. Sie können im einfachsten Fall auf einer Vielfalt von Anordnungsmöglichkeiten von

unterscheidbaren Teilchen beruhen. Da es in makroskopischen Systemen (N-Partikeln), wie

wir vorher gesehen haben, häufig eine größere Zahl von Mikrozuständen gleicher oderähnlicher Energie gibt, können wir solche Zustände zu einem gemeinsamen Energieniveau E j

zusammenfassen. Die Zahl dieser Möglichkeiten, die wir mit jΩ bezeichnen mögen,

entspricht dem Entartungsgrad gi eines Energieniveaus bei Einzelteilchen.

Als letztes quantenmechanisches Thema müssen wir noch kurz auf die Symmetrie der

Wellenfunktion in Bezug auf den Austausch identischer Teilchen eingehen. Nehmen wir einSystem von N identischen Partikeln, beschrieben durch die Wellenfunktion ( )N...3,2,1ψ . Bei

einem Austausch z.B. von Partikel 1 und 2 muß die Funktion erhalten bleiben oder das

Vorzeichen nur wechseln. Wenn wir P12 als Austauschoperator für identische Teilchen

ansehen dann gilt:

( ) ( )( )N...,3,2,1

N...,3,1,2N...,3,2,1P12

ψψψ

±==

Ob die Wellenfunktion die gleiche bleibt bei der Austauschoperation oder das Vorzeichen

wechselt, hängt von der Natur der auszutauschenden identischen Partikel ab. Für Partikel mit

einem ganzzahligen Spin (He 4, Photon ...) bleibt die Wellenfunktion erhalten (symmetrische

Wellenfunktion), solche Teilchen nennt man Bosonen. Bei Partikeln mit halbzahligem Spin

(Elektronen z.B.) ist die Wellenfunktion antisymmetrisch (Vorzeichen wechselt), diese

Partikel werden Fermionen genannt.

Wenn wir fragen, welche Wellenfunktion jetzt z.B. ein System von zwei Teilchen beschreiben

kann, so wird man zeigen können, daß die Schrödinger-Gleichung durch eine Funktion derForm ( ) ( )2211 qq ψψ ⋅ oder ( ) ( )1221 qq ψψ ⋅ oder irgendeine Linearkombination erfüllt wird.

Zulässig ist nur eine beschränkte Anzahl dieser Wellenfunktion ( )21 q,qψ . Da bei

Vertauschung von identischen Teilchen sich die Wellenfunktion nicht ändern darf (bzw. das

Page 21: Statistische Thermodynamik

18

Vorzeichen sich ändert), ist eine Funktion ( ) ( )2211 qq ψψ ⋅ ausgeschlossen. Die einzig

zulässigen Funktionen sind

( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( )( )112221121221221121S qqqqqqqqq,q ψψψψψψψψψ +=+=( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( )[ ]( )112221121221221121A qqqqqqqqq,q ψψψψψψψψψ −−=−=

Diese Funktionen besitzen als einzige die Eigenschaft, daß ψ 2 unverändert bleibt, wenn wir

irgendwie zwei Teilchen vertauschen.

Dieses sind die wichtigsten Grundlagen der Quantenmechanik, die wir für die weiteren

Ausführungen in der statistischen Thermodynamik benötigen.

1.3. Thermodynamik

Wir wollen in diesem Abschnitt nur kurz und einfach die drei Hauptsätze und ihre

Konsequenzen diskutieren. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik besagt, daß, obwohl die

Druck-Volumen-Arbeit (und nur die wollen wir hier berücksichtigen) und die absorbierte oder

abgegebene Wärme von dem Weg von einem Zustand A zum Zustand B abhängig sind, ihre

Summe nur noch eine Funktion der beiden Zustände ist

∫∫ −=+=−=B

A

B

A

AB pdVqwqUUU δ∆

Dieser 1. Hauptsatz ist letztendlich der Energieerhaltungssatz. Der 2. Hauptsatz ist ab-

strakt. Man kann ihn auch (wie den 1.) auf verschiedene Weise formulieren! Z.B.: Es gibt eine

Größe S, genannt Entropie, die eine Zustandsfunktion ist. In einem irreversiblen Prozeß steigt

die Entropie des Systems und seiner Umgebung an. In einem reversiblen Prozeß bleibt die

Entropie des Systems und seiner Umgebung konstant. Die mathematische Formulierung sieht

einfach aus:

∫=B

A

revdqS

Τ∆ oder d S

dqrev=Τ

Für alle anderen Prozesse gilt:

∫>B

A

dqS

Τ∆

Page 22: Statistische Thermodynamik

19

Der 3. Hauptsatz besagt, daß die Entropie perfekter kristalli ner Systeme bei T → OK auch 0

wird,

S Sdq

Torev

T

− = ∫0

mit So = 0

Für ein einfaches Einkomponenten-System kann man den 1. Hauptsatz damit auch in der

Form

dU = TdS - pdV

schreiben, d.h.

∂∂U

ST

V

= und

∂∂

U

Vp

S

= −

U ist eine natür liche Funktion von S und V. Wenn wir U als Funktion von V und T darstellen

wollen, müssen wir schreiben:

dU Tp

Tp dV C dT

V

V=

+∂∂

Dieser Ausdruck ist weniger einfach als der erstere, d.h. auch, S und V sind die natür lichen

Var iablen von U, nichtsdestoweniger sind sie (vor allem S) im Labor weniger einfach

kontrollier- bzw. einstellbar. Brauchbarere Variablenpaare wären z.B. (T,V) oder (T,p). Wir

sollten also nach Funktionen suchen, deren natürliche Variablen (T,V) oder (T,p) sind. Dieses

erreichen wir über die Legendre-Transformation.

Wir können eine kontinuierliche Kurve y = y(x) darstellen durch die Steigungen (p) und Ach-

senabschnitte φ (p) für jeden Punkt der Kurve

y

x

p = ( y - Φ ) / x = d y / d x

Φ

y

x

⟩ φ (p) = y - p ⋅ x

Page 23: Statistische Thermodynamik

20

Die Funktion φ (p) ist die Legendre-Funktion von y und komplett äquivalent zu y(x), wobei

hier nur die Steigung p die unabhängige Variable anstelle von x ist. Betrachten wir ein paar

Anwendungen: Zunächst eine Anwendung auf U(S,V), wobei wir eine Funktion von T,V

abhängig suchen. Da V konstant bleibt, haben wir ein Ein-Variablen-Problem.

φ (p) gesucht, genannt A(T,V)

y = U

"p" = V

S

U

∂∂

= T

x = S

⟩ A(T,V) = U - T S

Diese Funktion kennen wir als freie Energie oder Helmholtz-Energie.

d A dU TdS SdT pdV TdS TdS SdT= − − = − + − − == −− −−pdV SdT

STA

pVA

VT

−=

−=

∂∂∂∂

∂∂∂∂

Nehmen wir ein H(S,p) und gehen von U(S,V) aus:

( )

VdpTdS

VdpdpVpdVTdSVdppdVdUHd

pVUVV

UUp,SH

S

+=++−=++=⟩

+=⋅

−=

∂∂

Diese Funktion H(S,p) íst die Enthalpie. Daraus ergibt sich auch G(T,p) (Gibbs-Energie).

( )

SdTVdp

TdSSdTVdpTdSSdTTdSdHGd

TSHSS

HHp,TG

p

−=−−+=−−=⟩

−=⋅

−=

∂∂

STG

;VpG

pT

−=

=

∂∂∂∂

∂∂∂∂

Wir können auch die Transformationsgleichung verallgemeinern, um mehrere Schritte gleich

mit einzubeziehen.

Page 24: Statistische Thermodynamik

21

( ) jj

j xpyp ⋅−= ∑φ

Beispiel von U(S,V) auf G(T,p)

( )

TSHpV-TSU

VV

US

S

UUp,TG

SV

−=+=

−⋅

−=

∂∂

∂∂

⟩ = − − = − + − =dG dH TdS SdT TdS TdS Vdp SdT Vdp SdT−−

Bei grundlegenden Betrachtungen in der Physikalischen Chemie wird die Beziehung A = U -

TS häufig als a priori Definition präsentiert. Es sollte jetzt aber eigentlich klar geworden sein,

daß diese Form durch die Legendre-Transformation vorgeschrieben ist, wenn T und V als

natürliche Variable gewählt werden.

Bis jetzt haben wir Einkomponentensysteme betrachtet. Im allgemeinen hängen U, H, A oderG auch ab von der Molzahl oder Molekülzahl jeder Komponente. Wenn Nj die Molzahl der

Komponente j bedeutet, gilt:

jj

j

jj

N,V,Sj

dNpdVTdSdU

dNN

UpdVTdSdU

)JK(K

+−≡

+−=

=

µ

∂∂

Da der letzte Term bei der Legendre-Transformation immer erhalten bleibt, gilt auch

dH TdS Vdp dN

dA SdT pdV dN

dG SdT Vdp dN

j j

j j

j j

= + +

= − − +

= − + +

∑∑∑

µ

µ

µ

.....p,Tj.....V,Tj.....P,Sj.....V,Sjj N

G

N

A

N

H

N

U

=

=

=

=⟩

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂µ

ist das chemische Potential!

Bei den Variablen und thermodynamischen Größen können wir zwischen extensiven und

intensiven Größen unterscheiden, wobei die extensiven Eigenschaften additiv sind (Volumen,

Masse, Entropie), die intensiven (wie T, Molvolumen ...) nicht. In diesem Zusammenhang ist

eine mathematische Formulierung, das Eulersche Theorem von großer Wichtigkeit.

Page 25: Statistische Thermodynamik

22

Wenn für eine Funktion gilt( ) ( ) ( )( ) ( ),,...z,y,xf,...z,y,xf nλλλλ =

dann ist f eine homogene Funktion n-ten Grades. Beispiele: f x x( ) = 3 2 (2. Grades),

f x y z x y z x y( , , ) /= + −2 3 46 (3. Grades), aber f x x x( ) = + −2 2 3 ist keine homogene

Funktion!

Für homogene Funktionen der Ordnung n gilt das Eulersche Theorem

( )N

N3

32

21

1N321 x

fx...

x

fx

x

fx

x

fxx...x,x,xfn

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂ +++=

Beweis:

Differentration der Funktion nach λ:

( )

NN

22

11

N

N

2

2

1

1N21

1n

x

fx...

x

fx

x

fx

x

x

f...

x

x

fx

x

fx...x,xfn

λ∂∂

λ∂∂

λ∂∂

λ∂λ∂

λ∂∂

λ∂λ∂

λ∂∂

λ∂λ∂

λ∂∂λ

++=

++=−

Dies gilt für beliebige Werte von λ, also auch für λ = 1. In diesem Fall i st

( )N

N2

21

1N21 x

fx...

x

fx

x

fxx...,x,xfn

∂∂

∂∂

∂∂

++= .

Nun sind extensive thermodynamische Größen homogene Funtionen 1. Grades, intensive

Größen homogene Funktionen 0. Grades. Eulers Theorem angewandt auf die Gibbs-Energie:

( ) ( )...N,N,p,TG...N,N,p,TG 2121 ⋅=λλλ

(Beispiel bei Volumen:10 100

220 200

22

g NaCl g H O

g NaCl g H O

+ =

+ =

ν

ν bei T und p = konst.)

Nehmen wir T und p = const, so ergibt das Eulersche Theorem:

jj

j

...,P,Tjjj N

N

GNG µ

∂∂ ∑∑ =

=

Das Differential für p, T = const. ergibt:

Page 26: Statistische Thermodynamik

23

d G N d d Njj

j jj

j= +∑ ∑µ µ

Vergleich mit vorher d G d Nj j= ∑µ bedeutet

N djj

j∑ =µ 0 Gibbs-Duhem-Gleichung

Zum Schluß dieses thermodynamischen Abschnitts wollen wir noch kurz das chemische

Gleichgewicht abhandeln:

Nehmen wir eine allgemeine Reaktion, wobei die ν j die stöchiometrischen Koeff izienten und

die Großbuchstaben die Formel der Komponente bedeuten:

− − ⇔ +<>

⟩ + + + =

ν ν ν νν νν ν

ν ν ν ν

A B C DA B

C D

A B c D

A B C D

A B C D

....,

,

0

0

0

Die Reaktionslaufzahl ist definiert über

dd N j

j

ξν

= (immer > 0 !)

Für konstantes T und p ergibt sich

d G d N dj j j j= = ⋅∑ ∑µ ξ ν µ

Im Gleichgewicht ist d G

d ξ= ⟩0

ν µ ν µ ν µ ν µ ν µj j A A B B C C D D= + + + =∑ 0

Nehmen wir die Reaktion von verdünnten idealen Gasen an. Bei T = const. gilt

d G Vdp G G VdpNkT

pdp NkT

p

po

p

p

p

p

ooo

= ⟩ − = = =∫∫ ln

Go ist der Standardwert der Gibbs-Energie für den Druck po (normalerweise 1 atm). Für jede

Komponente gilt entsprechend

Page 27: Statistische Thermodynamik

24

( ) ( )

=+=≡⟩

+=

∑ oj

j'j

'

jo

jj

oj

jojj

p

ppplnRT

p

plnRTTp,T

jνΠµ∆µ∆µν

µµ

Für unser Beispiel gilt:

( ) ( )!0,pppplnRTT BA'B

'A

'D

'C

o BADC <+= ννµ∆µ∆ νννν

Im Gleichgewicht ∆ µ = 0 (siehe oben) gilt:

( ) [ ]p

chtGleichgewi'B

'A

'D

'C

o

KlnRT

pppplnRTT BADC

−=

−= ννννµ∆

Hiermit möge der Überblick über die Thermodynamik abgeschlossen sein.

1.4. Mathematische Grundlagen

1.4.1 Wahrscheinlichkeitsverteilungen

Wir wollen kurz einige mathematische Grundlagen, die wir im Verlauf der Vorlesungbenötigen, diskutieren. Nehmen wir an, die Variable u besitzt M diskrete Werte u1, u2, ... uM

mit entsprechenden Wahrscheinlichkeiten p(u1), p(u2), ... p(uM), dann ist u eine zufälli ge

diskrete Variable und p(u) die diskrete Verteilung. Der Mittelwert von u ist:

( )

( )∑

=

==M

1jj

M

1jjj

up

upu

u

Die Summe im Nenner dient der Normierung. Wir wollen im folgenden p(uj) immer als

normierte Wahrscheinlichkeit ansehen ( )( )∑ = 1up j , d.h. allgemein gilt für den Mittelwert

einer Funktion

( ) ( )j

M

1jj upuf)u(f ∑

=

=

Wenn die Variable kontinuierlich (anstelle diskret) ist, dann ist der Mittelwert:

Page 28: Statistische Thermodynamik

25

( ) ( )f u f u p u du( ) = ∫ ,

wobei p(u) du die Wahrscheinlichkeit ist, daß M zwischen u und u + du liegt.

Die wichtigste kontinuierliche Wahrscheinlichkeitsverteilung ist die Gauß-Verteilung

(Gaußsche Glockenkurve)

( )( )

p xx x

x( ) exp= −−

− ∞ ≤ ≤ ∞1

2 2212

2

2

πσ σ

σ2 ist die Varianz, die ein Maß für die Breite der Gauß-Verteilung ist, σ ist die

Standardabweichung. Für σ → 0 erhalten wir eine Deltafunktion

σWendepunkt

x x

1.4.2 Stirlingsche Näherung

Kommen wir zur Stirlingschen Näherung. In der statistischen Thermodynamik haben wir es

häufig mit sehr großen Zahlen (Avogadro-Zahl) bzw. Produkte von Zahlen zu tun. Die

Berechnung und Bearbeitung derart großer Zahlen ist oft unbequem und daher ist es z.B.

erforderlich, für N! eine Näherung für große N zu finden. Diese sogenannten asymptotischen

Näherungen an eine Funktion werden mit wachsendem Argument immer idealer. Da N! ein

Produkt ist, ist es günstig, mit ln N! zu arbeiten, da man hier eine Summe erhält. Die

asymptotische Näherung in diesem Fall i st die Stir ling-Näherung, die wir schnell verstehen

werden:

Page 29: Statistische Thermodynamik

26

N! = N(N-1) (N-2) .... (2) (1)

⟩ ==

∑ln ! lnN mm

N

1

1⋅ ln m ist die Fläche eines Rechtecks,also ln m∑ dann die Summe der

Rechtecksflächen.

5 10 15

ln x

x

Wir können diese Summe näherungsweise auch darstellen durch das Integral der einhüllenden

Kurve, d.h.

ln ! ln ln ln

ln ln !

N m x dx x x x

N N N N N N NN

e

N N N

N

= ≈ = −

= − + ≈ − ⟩ ≈

∑ ∫1 1 1

1

( )

ee

e

N

eN N N

N N

N

N

N

lnln

− = =

Eine etwas genauere Herleitung ergibt:

( )ln ! ln lnN N N N N= − + 212π

oder NN

eN

N

! =

⋅ 2π

Diese letztere Näherung wird aber selten verwendet.

1.4.3 Binomial- und Multinomial-Verteilung

Bei der Diskussion des kanonischen Ensembles werden wir diskutieren, wievieleMöglichkeiten es gibt, N unterscheidbare Systeme in Gruppen einzuteilen, so daß u1

Systeme in der 1., u2 in der 2. usw. sind, mit der Nebenbedingung u1 + u2 + ... = N. Dieses ist

eines der einfachsten kombinatorischen Probleme. Um dieses Problem zu lösen, berechnen

wir zunächst einmal die Möglichkeiten, N unterscheidbare Objekte zu ordnen.

Page 30: Statistische Thermodynamik

27

Für das erste Objekt gibt es N Möglichkeiten, für das zweite (N-1) usw. bis nur noch ein Ob-

jekt auf die N te Position zu setzen ist. Die Gesamtzahl der Möglichkeiten ist gegeben durch

das Produkt aller Möglichkeiten.

N(N-1) (N-2) ... (2) (1) ≡ N ! (unterscheidbare Objekte)

Nun überlegen wir uns die Zahl der Möglichkeiten, N unterscheidbare Objekte in 2 Gruppen

einzuordnen, wobei die eine Gruppe N1, die andere N N N2 1= − Objekte enthält.

Es gibt

( )( ) [ ] ( )!NN

!N1NN....2N1NN

11 −

=+−⋅−−

Möglichkeiten für die Gruppe 1 und ( )!NN 1− Möglichkeiten für die Gruppe 2, also

insgesamt

( ) ( ) !N!NN!NN

!N1

1

=−⋅−

Möglichkeiten.

Da jetzt aber die Ordnung innerhalb jeder Gruppe für unser Problem unerheblich ist, haben

wir hoffnungslos übergezählt, d.h. wir müssen berücksichtigen, daß Vertauschungen

innerhalb einer Gruppe unwesentlich sind und uns keine neuen oder anderen Erkenntnisse

bringt. Alle N1 ! Ordnungen in der ersten Gruppe und N2 ! in der 2. Gruppe korrespondieren

zu ein und derselben Einteilung von N1 Objekten in Gruppe 1 und N2 in Gruppe 2. Daher ist

das gewünschte Ergebnis:

( )!NN!N

!N

!N!N

!N

1121 −=

Beispiel: N mal Münze werfen mit N1 x Adler und N2 x Zahl z.B., wobei beliebige Reihenfolge angenommen

wird. Die Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Abfolge AAZAZZZAAZAZA... wäre ( ) ⟩−⋅ − 11 NNN p1p für

p = 1

2 wäre Wahrscheinlichkeit

N

2

1

(Normierung !).

Der obige Ausdruck taucht in der Binomial-Erweiterung auf:

( ) ( ) ∑∑ =−

=+=

21

12

1

11

NN 21

NNN

0N 11

NNNN

!N!N

yx!N

!NN!N

yx!Nyx mit N N N1 2+ = .

Der Faktor ( )!N!N/!N 21 ⋅ ist der sogenannte Binomialkoeff izient.

Page 31: Statistische Thermodynamik

28

Man kann das ganze Problem verallgemeinern, Aufteilung von N Objekten in r Gruppen mit

N N N Nr1 2+ + =...N

N N N

N

Nr jr

j

!

! ! ... !

!

!1 2 1

==Π

(Multinomial-Koeff izient)

( ) ∑ ∑ ∑∑= = =

=++N

0N

N

0N

N

0N r21

Nr

N1N

r21

1 2 r

r1

!N...!N!N

x...x!N...x...xx

Wir werden die Änderung des Multinomial-Koeff izienten als Funktion der N j -Werte für

große N j -Werte diskutieren müssen. Wir wollen dieses Problem der Einfachheit halber an

dem Bionomialkoeff izienten diskutieren, es läßt sich aber problemlos erweitern bzw.

verallgemeinern.

Wir wollen zunächst den Wert von N1 suchen, für den der Binomialkoeffizient seinen

maximalen Wert erreicht. Da N1 und N sehr groß sein sollen, können wir sie als

kontinuierliche Variable betrachten. Da ln x eine monotone Funktion von x ist, können wir( )1Nf maximieren durch Maximieren von ( )1Nfln .

Maximumsbedingung( )

( )0

Nd

!NNlnd

Nd

!Nlnd0

Nd

!N!N

!Nlnd

0Nd

Nflnd

1

1

1

1

1

21

1

1

=−−−⟩=

=

( ) ( ) ( ) ( )1111

1111

NNNNlnNN!NNln

NNlnN!Nln

−−−−=−−=

( ) ( )

( ) 0NNlnNln

01NN

NNNNln11Nln

11

1

111

=−+−

=

+

−−−−−−+−−⟩

⟩ = − ⟩N N N1 1 NN

1 2* ==

Wenn wir jetzt unsere Funktion ( )1Nf um diesen Punkt entwickeln, erhalten wir:

( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( )...

Nd

Nflnd

2

1NN

Nd

NflndNNNflnNfln

*1

*1

*1

*1

NN

4

NN

1

N

1

21

12

2*11

N0

1

1*11

*11 +−+−+=

−=−

−−== +

,+ -

.+

,+ -

.

Page 32: Statistische Thermodynamik

29

( ) ( ) ( )N

2NNNflnNfln

2*11

*11 −−=⟩

( ) ( ) ( )

î

−−=⟩

N

NN2expNfNf

2*11*

11

Dieses ist die Gaußverteilung mit σ 2

4= N

oder σσ == N / 4 (= halbe Breite am Wendepunkt)

(s.S. 25).

Mit steigendem N nimmt die Breite nur mit N zu, gleichzeitig sinkt der Funktionswert mit1

N, d.h. es ist unwahrscheinlicher z.B. genau 500 mal Adler bei 1000 Würfen zu erzielen

als 50 mal bei 100 Würfen! Uns interessieren nun aber relative Änderungen. Danach nimmt

die relative Breite σ / N mit steigendem N um 1N

ab!, d.h. die Breite der Gauß-Kurve in

der relativen Darstellung nimmt ab, während der Funktionswert proportional zu N

zunimmt.

Die Gaußfunktion geht im wesentlichen auf Null , wenn x von x* nur um einige σ abweicht.

Wie sieht das bei großen Zahlen aus. Wenn N1 oder N ungefähr 1020, dann ist die Breite der

Kurve nur größenordnungsmäßig 1010, d.h. die Kurve sieht aus wie eine Deltafunktion zen-

triert um N N1 2* /= . Gleiches gilt für den Multinomialkoeff izienten, der ein scharfes Maxi-mum bei N N N N N SS1 2 3= = = = / zeigt. Je größer N j , desto schärfer die Kurve!

1.4.4 Methode des maximalen Terms

Ein weiteres wichtiges Ergebnis als Folge der großen Zahlen ist die Maximalterm-Methode,

die besagt, daß bei geeigneten Bedingungen der Logarithmus einer Summe durch den

Logarithmus des Maximalterms der Summe ersetzt werden kann.

Dieses können wir sehr einfach zeigen:

S TNN

M

==

∑1

mit TN > 0 für alle N

Es muß gelten

T S MTmax max≤ ≤d.h. auch

ln ln ln lnmax maxT S M T≤ ≤ +

Page 33: Statistische Thermodynamik

30

Tmax ist häufig in der Größenordnung eM .

Nehmen wir nur einmal eM , dann gilt

M S M M≤ ≤ +ln ln

Für große M (z.B. 1020) ist ln M << M ⟩M S M≤ ≤ln

oder ln ln lnmax maxT S T≤ ≤oder

ln ln maxS T==

Hieraus leitet sich die Berechtigung ab, bei Verteilungen nur die wahrscheinlichste zu berück-

sichtigen, andere sind beliebig unwahrscheinlich!

1.4.5 Methode der Lagrangeschen Multiplikatoren

Es wird notwendig werden, das Maximum einer Multinomialverteilung zu finden mit der

Einschränkung z.B. N N N const Nr1 2+ + + = =.... . . Dies bringt uns das mathematische

Problem, eine Funktion von mehreren Variablen ( )f x x xr1 2, ... zu maximieren, wobei die

Variablen miteinander über andere Beziehungen verknüpft sind (z.B. ( )g x x xr1 1 2 0, ... = oder

( )g x x xr2 1 2 0, ... = usw.

Ohne Einschränkung würde das Maximum von ( )f x x xr1 2, ... gegeben sein über

δ ∂∂

δff

xx

jj

r

j=

=

=∑

01

0

∂∂

f

x j

0

sind die partiellen Ableitungen an der Stelle des Extremwertes.

Wenn, wie hier, keine Einschränkungen am Maximum von f vorhanden sind, könnten alle δ xj

unabhängig voneinander gewählt werden, so daß δ f =0 nur geht, wenn alle ∂∂

f

x j

=

0

0

sind.

Hätten wir aber eine einschränkende Bedingung, z.B. ( )g x x xr1 2 0, , ... = , so gilt auch

Page 34: Statistische Thermodynamik

31

δ ∂∂

δgg

xx

jj

r

j=

=

=∑

1 0

0

Über diese Gleichung wird ein δ xj abhängig von den anderen r −1.

Wir multiplizieren diese Gleichung will kürlich mit einem Parameter λ und ziehen diesen Aus-

druck (= 0!) von der obigen Beziehung ab:

∂∂

∂∂

λ δf

x

g

xx

j jj

r

j−

=

=∑

1

0

δ xj sind nicht unabhängig, d.h. sie können nicht unabhängig voneinander gewählt werden.

Wir nehmen jetzt einfach an, daß eines der r xjδ die abhängige Größe ist und nennen sie δ µx .

Der Trick ist jetzt der, daß wir λ so wählen, daß λ ∂∂

∂∂µ µ

=

f

x

g

x0 0

/ , so daß der obige

Koeff izient für δ µx Null wird. Wir haben jetzt in der Summe dieses Glied nicht mehr, d.h.

j r= − +1 2 1 1, ... , , ...µ µ , d.h. auch, wir haben nur noch die unabhängigen δ xj und damit

gilt

∂∂

λ ∂∂

f

x

g

xj j

=

0 0

0 (ohne µ)

Aber durch die Wahl von λ gilt dieses auch für das µ-Glied: ∂∂

λ ∂∂µ µ

f

x

g

x− = 0 , so daß wir zu-

sammenfassen können:

∂∂

λ ∂∂

f

x

g

xj j

=

0 0

0 für alle j

Diese Lagrangesche-Methode wird nicht schwieriger, wenn wir mehrere Einschränkungen zu

berücksichtigen haben:

∂∂

λ ∂∂

λ ∂∂

f

x

g

x

g

xj j j

− =

0

11

0

22

0

0...

Damit wollen wir die mathematischen Grundlagen abschließen und uns einem ganz neuen

Kapitel zuwenden.

Page 35: Statistische Thermodynamik

32

2. Das kanonische Ensemble

Wir wollen nun in das grundlegende Konzept der statistischen Thermodynamik einsteigen

und dieses auf ein N-Körperproblem mit festen Werten von V und N im thermischen

Gleichgewicht mit der Umgebung anwenden. Wir werden die fundamentale Verbindung

zwischen quantenmechanischen Energieniveaus und den thermodynamischen

Funktionen herleiten. Dabei werden wir die Zustandssumme kennnenlernen, die von

zentraler Bedeutung für die statistische Thermodynamik ist.

2.1. Ensemble Mittelwerte

Unser Ziel ist es, thermodynamische Eigenschaften aus molekularen Eigenschaften zu berech-

nen. Wir werden ausgehen von mechanischen Eigenschaften (Druck, Energie, Volumen) (=

ohne Temperaturbezug), um dann die nichtmechanischen thermodynamischen Eigenschaften

(Entropie, freie Energie, Größen mit Temperaturbezug) einzuschließen.

Zur Beschreibung eines makroskopischen Systems (1 Liter Wasser oder Salzlösung z.B.) be-

nötigen wir in der Thermodynamik wenige Parameter. Aus mikroskopischer Sicht wird es

eine enorme Zahl von Quantenzuständen geben, die alle konsistent noch sind mit den

festgelegten makroskopischen Größen. Wir haben gesehen, daß die Entartung bei einem N-

Körpersystem bei Raumtemperatur schon Werte in der Größenordnung 10N erreicht, d.h. z.B.

ein Liter der Salzlösung kann sich in einem der etwa 10N Zustände befinden, wobei wir nicht

wissen, in welchem.

Um aber eine mechanische thermodynamische Größe (z.B. Druck) berechnen zu können, muß

der Zustand des Systems bekannt sein, da der Wert dieser Eigenschaft für jeden einzelnen

Zustand verschieden ist. Ein eigentlich unlösbares Problem!

Aber hier helfen uns die Gedanken von Maxwell , Boltzmann und vor allem Gibbs weiter. Die

Idee ist die: Wir berechnen die mechanische Eigenschaft (Druck z.B.) für jeden einzelnen Zu-

stand, der konsistent ist mit den vorgegebenen zur Beschreibung des Systems notwendigen

makroskopischen Parametern. Dann nimmt man den Mittelwert dieser mechanischen Eigen-

schaft, wobei man jedem möglichen Zustand das gleiche Gewicht gibt. Dann postulieren wir,

daß dieser Mittelwert der parallelen thermodynamischen Eigenschaft entspricht. Wie das

geschieht, werden wir gleich sehen, nachdem wir uns zunächst mit dem Ensemble-Begriff be-

schäftigt haben. Nach Gibbs denken wir uns ein Ensemble, welches zusammengesetzt ist aus

lauter identischen, sehr vielen Kopien des Systems, wobei jedes System im makroskopisch

thermodynamischen Sinne identisch ist. Die Zahl der Kopien sei / . Nehmen wir an, unser Sy-

Page 36: Statistische Thermodynamik

33

stem besteht aus N Molekülen, nimmt ein Volumen V ein und besitzt eine Energie E, dann ha-

ben wir ein isoliertes (abgeschlossenes System) mit festem N, V, E. Das Ensemble hätte ein

Volumen 0 V, enthält 0 N Teilchen und besitzt eine totale Energie 1 = 2 E. Für ein System

können mit festem N, V sowie den Kraftgesetzen zwischen den Molekülen die Energieeigen-werte Ej aus der Schrödingergleichung und der Entartungsgrad ( )jEΩ bestimmt werden.

Da wir in unserem Beispiel von einer festen Energie E ausgehen, entspricht nur ein Ej dieser

Energie E mit der entsprechenden Entartung ( )EΩ . D.h. die ( )EΩ verschiedenen Quanten-

zustände sind konsistent mit den wenigen Größen (N, V, E), die wir kennen. Obwohl jetzt alle

Systeme in unserem Ensemble aus thermodynamischer Sicht (N, V, E) identisch sind, sind sie

nicht notwendigerweise identisch aus molekularer Sicht. Wir haben nichts ausgesagt über dieVerteilung unserer Systeme im Ensemble auf die ( )EΩ möglichen Quantenzustände.

Und jetzt kommt ein wichtiges Postulat. Wir postulieren, daß unser Ensemble dem Pr inzip

der gleichen Ausgangs- oder a pr ior i-Wahrscheinlichkeit gehorcht, d.h. jeder Zustand

(Mikrozustand) besitzt die gleiche Wahrscheinlichkeit oder anders gesagt, jeder Zustand Ωerscheint die gleiche Zeit, wobei jeder Mikrozustand konsistent ist mit den vorgegebenen ther-

modynamischen Größen. Natürlich muß, damit dieses hinreichend erfüllt i st, die Zahl der Sy-steme im Ensemble ein ganzes Vielfaches vom ( )EΩ sein. Dieses gilt zunächst einmal für ein

isoliertes System (N, V und E fest). Wir können nun ein Ensemble-Mittelwert oder

Scharmittel einer mechanischen Größe als Mittelwert dieser Größe über alle Teile bzw.

Systeme des Ensembles definieren und postulieren (s.o.), daß diese Größe der entsprechenden

thermodynamischen Eigenschaft entspricht.

Bis jetzt haben wir unsere Aufmerksamkeit einem Ensemble geschenkt, dessen Systeme feste

Werte für N, V und E haben. Dieses Ensemble nennt man das mikrokanonische Ensemble,

welches aber eigentlich nur für theoretische Diskussionen einen Wert hat. Für praktische An-

wendungen wollen wir uns nicht auf abgeschlossene (isolierte) Systeme beschränken,

sondern geschlossene betrachten, bei denen anstelle der Energie die Temperatur vorgegeben

ist. Das in der statistischen Thermodynamik normalerweise benutzte Ensemble ist das

kanonische Ensemble, in welchem eben jedes individuelle System feste Werte für N, V und T

annimmt (Ensemble für offene Systeme nennt man großkanonische Gesamtheiten oder

Ensembles (V vorgegeben, N und T nicht!)). Eine kanonische Gesamtheit ist eigentlich, wie

wir gleich sehen werden, die Summe aller mikrokanonischen Ensembles für alle

Energieniveaus (nicht nur eines).

Page 37: Statistische Thermodynamik

34

2.2. Methode der wahrscheinlichsten Verteilung

Wir denken uns ein Ensemble von Systemen, die jeweils ein Volumen V mit N Teilchen ein-

nehmen und die zueinander wärmedurchlässige, aber teilchenundurchlässige Wände haben.

Das gesamte Ensemble befindet sich in einem nach außen isolierten Wärmebad der

Temperatur T. Damit ist das Ensemble wieder ein isoliertes System mit den Volumen 3 V,

Anzahl der Moleküle 3 N und einer gesamten Energie 4 . Da jedes System für sich nur eine

vorgegebene Temperatur besitzt, aber nicht eine vorgegebene Energie, haben wir auch das

ganze Energiespektrum zu berücksichtigen für jedes einzelne System.

Wir können das ganze Ensemble jetzt wie folgt spezifizieren:

Zustand Nr. 1, 2, 3, ..., l ...

Energie E1, E2, E3, ..., El ...Zahl der Systeme im jeweili gen ZustandBesetzungszahl

a1, a2, a3, ..., al ...

Dabei müssen wir auch noch beachten, daß jeder Energiezustand ( )iEΩ fach entartet ist. Der

Satz der Besetzungszahlen ist die Verteilung ( aa j = ).

Folgende Bedingungen müssen nun bezüglich der Besetzungszahlen gelten

ajj

∑ = 3 (Zahl der gesamten Systeme)

a Ejj

j∑ = 4 (Kanonisches Ensemble = isol. System)

Da das kanonische Ensemble ein isoliertes System darstellt , können wir das 1. Postulat

anwenden, daß jede Verteilung gleich wahrscheinlich ist (Nebenbedingungen müssen

selbstverständlich erfüllt sein).

Die Zahl der Möglichkeiten ( )a W a a a= 1 2 3, , ... , daß eine einzelne Verteilung der a j reali -

siert werden kann, entspricht der Zahl der Möglichkeiten 3 unterscheidbare Objekte in Grup-

pen zu ordnen, so daß a1 in der ersten, a2 in der 2. usw. sich befinden. Die Systeme sind als

makroskopische Systeme unterscheidbar . Die Zahl der Anordnungsmöglichkeiten kennen

wir als Multinomial-Verteilung:

aa a a ak k

= =A A !

! ! !...

!

!1 2 3 Π

Page 38: Statistische Thermodynamik

35

Es gibt jetzt eine Vielzahl von Möglichkeiten, die alle die Randbedingungen erfüllen.In jeder individuellen Verteilung ist a j / 5 der Bruchteil von Systemen des kanonischen En-

sembles in j-ten Zustand mit der Energie Ej. Die Gesamtwahrscheinlichkeit Pj, daß ein System

sich im Quantenzustand j befindet, wird dadurch gegeben, daß man a j / 5 über alle erlaubten

Verteilungen (mit gleichem Gewicht) mittelt. D.h.

( )( )P

aa W a

W ajj

ja

a

= =∑∑A A

1

Wenn diese Wahrscheinlichkeit gegeben ist für ein System mit festem N, V und T, dann kann

man den kanonischen Ensemble-Mittelwert jeder mechanischen Eigenschaft berechnen:

M P Mjj

j= ∑

Es ist aber wegen der großen Zahl schwierig, diese Summationen mathematisch

durchzuführen. Da wir aber 5 → ∞ gehen lassen können, können wir die mathematischen

Hil fsmittel anwenden, die wir schon kennengelernt haben.

Da 5 sehr groß werden kann, können auch die a j sehr groß werden. Der Multinomialkoeff i-

zient besitzt dann ein extrem scharfes Maximum. Unter der einzigen Bedingung ajj

∑ = 5

wissen wir, wird W(a) maximal, wenn alle a j gleich sind. Nun müssen wir einen anderen Satz

von a j suchen, da eine zweite Nebenbedingung gilt . Aber auch für diesen Fall erhalten wir

eine extrem scharfe Kure. Wenn wir den Satz der a j bei maximalem W(a) als a*

bezeichnen, können wir für

( )( )P

W a a

W ajj= ∑

∑1

A

setzen

( )( )P

W a a

W a

aj

j j= =1

A A

* *

*

*

(lim aj → ∞ )

da alle W(a) in der obigen Gleichung mit Sätzen der a j , die ungleich a j* sind, die ja W(a) ma-

ximieren, vernachlässigbar sind.

Dieses Ergebnis heißt

Pa a

jj j= =A A

*

Page 39: Statistische Thermodynamik

36

Wir müssen also, um Pj oder a j zu bestimmen, nur die Verteilung a j* zu kennen, die W(a) ma-

ximiert unter den vorgegebenen Randbedingungen.

Dazu wenden wir die Methode der Lagrangeschen Multiplikatoren an:

∂∂

λ ∂∂

λ ∂∂

f

x

g

x

g

xj j j

− − =11

22 0 (anstelle von W(a) → ln W(a))

g a

g a E

k

k k

1

2

= −

= −∑∑

A

E

( ) ( )( ) ( )( )∂∂

∂ α

∂ β

∂ln W a

a

a

a

a E

aj

k

j

k k

j

−−

−−

=∑ ∑A E

0

( )∂∂

α βln W a

aE

jj− − = 0

( )

( )

jE*j

j*j

jj

kkkkkk

eea

0Ealn

11alna

aWln

aalnaln!a

!ln

!a

!aW

ββαα

ββαα

∂∂∂∂

−−=

=−−−

+−−=

+−−=⟩= ∑∑AAAAA

ΠΠ

Wir müssen erkennen, daß wir unser Problem, die obige Maximumsbedingung zu lösen, ein-

fach nur verlagert haben in die Größen α und β. Wenn es jetzt Möglichkeiten gibt, α und βauf andere Weise zu bestimmen, dann erst haben wir alles gelöst. Dazu wollen wir jetzt

kommen.

2.3. Bestimmung der unbestimmten Multiplikatoren

Summation der letzten Beziehung auf beiden Seiten

a e e

ee

ae

e

jE

E

j E

E

j

j

j

j

*

*

∑ ∑∑

= =

⟩ = ⟩ =

− −

−−

A

A

A

α β

αβ

ββ

⟩ = =−

−∑P

a e

ej

jE

E

j

j

*

A

A

A

β

β mit E E N Vj j= ( , )

( ) ( )⟩ = =∑ ∑

∑−

−E N V P EE N V e

ej

jj

jE

E

j

j, ,

β

β

Page 40: Statistische Thermodynamik

37

Entsprechend dem Ensemble-Postulat von Gibbs entspricht dieses E der thermodynamischen

Energie, die wir mit U bezeichnet haben.

Der Druck ist eine weitere wichtige mechanische Variable. Betrachten wir ein System im

Zustand j, dann istd E p dVj j= −

die Arbeit, die das System, bei konstantem N, verrichtet, wenn V um dV geändert wird. Daherist pj im Zustand j gegeben durch

pE

Vjj

N

= −

∂∂

⟩ = = −

=∑∑

−p p P

E

Ve

ej j

j

N

E

E

j

j

∂∂

β

β thermodynamischer Druck

Die Summe im Nenner begegnet uns immer wieder. Wir nennen sie Q(N,V,β), die Zustands-

summe. Sie spielt die zentrale Rolle im kanonischen Ensemble.

Wir suchen nun nach der Lösung für β, d.h., wir wollen β bestimmen, und dieses auf zwei

Wegen.

Weg 1:

∂∂

∂∂

β∂∂

β∂∂

β

β β β β

E

V

E

Ve E

E

Ve Q

Q

E eE

Ve

Q QN

j Ej

j E

j

E j Ej j j j

=

− ⋅

+⋅

− − − −∑∑ ∑ ∑,

2

= − + ⋅ − ⋅p E p E pβ β

∂∂ β

∂∂

∂∂

β β β

p

E

VE e Q

E

Ve E e

QN V

jj

E j Ej

Ej j j

=

⋅ + ⋅ −− − −∑∑ ∑,

2

= − ⋅ + ⋅E p p E

⟩ − =

− + ⋅

=

+

pE

VEp E p

E

V

p

N

N N V

∂∂

β β

∂∂

β ∂∂ β

β

β

,

, ,

Page 41: Statistische Thermodynamik

38

Wir müssen uns merken, daß E j nur eine Funktion von N, V ist, E aber von N, V, β! Verglei-

chen wir die obige Gleichung mit der reinen thermodynamischen Beziehung:

V,NN,TT

pT

V

Up

=−

∂∂∂∂

∂∂∂∂

Exkurs:dU pdV TdS= − + dA pdV SdT= − −

;V

STp

V

U

T

+−=

∂∂∂∂

∂∂∂∂

TVV

S

T

p

=

∂∂∂∂

∂∂∂∂

(2. Gemischte)

VT

pTp

+−=

∂∂∂∂

VTT

pT

V

Up

=−⟩

∂∂∂∂

∂∂∂∂

so stört nur das Minuszeichen. Wir können aber die untere Beziehung auch als:

( )V,NN,T

T/1

p

T

1

V

Up

+

=−

∂∂∂∂

∂∂∂∂

schreiben

=+=+=−⟩−=⟩=

T/1

p

T

1pp1

T

pT

1T1T 2

2 ∂∂∂∂

αα∂∂∂∂αααα

αα∂∂∂∂

αα∂∂∂∂

αααα∂∂∂∂

αα

Der direkte Vergleich zeigt uns:

β = ⋅ =constT kT

1 1(k = Boltzmann-Konstante)

Wir müssen nur noch zeigen, daß k eine universelle Konstante ist.

Wir betrachten zwei geschlossene Systeme A und B mit jeweils eigenen Partikeln und

Energiezuständen, aber in thermischem Kontakt miteinander in einem Wärmebad.

A B A B A B Kanonisches Ensemble vonzusammengesetzten AB-Systemen

A B A B A B

Page 42: Statistische Thermodynamik

39

Die Zahl der Anordnungen mit a j Systemen in A und bj in B mit den Energien E jA und E jB ist

gegeben durch:

( )W a ba bj j k k

,!

!

!

!=

A B

Π Π

Mit Nebenbedingungen: a bj j∑ ∑= = =A B A,

und ( )a E b Ej jA j jB+ =∑ E

Wir bekommen mit der Methode der Lagrangeschen Multiplikatoren heraus:

( )− − − − + =

= ⋅

⟩ = ⋅ = ⋅

− − − −

− −

ln * * ' "

* * "'

a b E E

a b e e e e

Pe

Q

e

QP P

j i jA iB

j iE E

ij

E

A

E

BjA iB

jA iB

jA iB

α α βα β α β

β β

0

Beide zufälli gen Systeme haben das gleiche β, wenn sie miteinander im thermischen

Gleichgewicht sind, d.h. beide Systeme haben dasselbe k, das damit eine universelle

Konstante ist.

Weg 2:Wir haben gesehen, daß β eine Funktion von T sein muß. Wir wollen nun zeigen, daß β δ⋅ qrev

ein exaktes (totales) Differential ist.

Nehmen wir die Funktion f = ln Q = f (β, E j )

( )f E E e E

j

jβ β, , , ... ln1 2 =î

−∑

Das totale Differential ist:

d ff

df

Ed E

E kk E

k

j i

=

+

∑∂

∂ ββ ∂

∂β ,

Bilden wir die partiellen Differentialquotienten unter Beachtung, daß ( ) ( )

( )d f x

d x

f x

f x

ln '= :

EQ

eEf j

j

E

j

E

−=−

=

∑ −β

β∂∂

Page 43: Statistische Thermodynamik

40

jj

j

k

E

E,k

EdPdEfd

PQ

e

E

f k

j

∑−−=⟩

−=−=

ββ

ββ∂∂ β

β

Diese Beziehung können wir umformen zu:

( )

( ) ( )!UdEdEdPEdEfd

EddEEdPdE

EddEfdEfd

jj

j

jj

=

−=+

++−−=++=+

∑ββ

βββββββ

Wir wollen jetzt unser Ensemble dadurch ändern, daß wir die Volumina aller Systeme um dVändern, was zur Folge hat, daß alle E j gleichmäßig geändert werden, um immer noch ein En-

semble von makroskopisch identischen Systemen zu haben. Wir ändern auch die Temperatur

um dT durch Kopplung an ein Wärmebad mit T + dT.

Wenn sich anfangs a j Systeme des Ensembles im Energiezustand j mit der Energie E j befun-

den haben, dann ist a d Ej j die Arbeit, um die Energie dieser Systeme von E j auf E d Ej j+zu ändern. Für das gesamte Ensemble wird dann a d Ej j∑ verrichtet, und P d Ej j∑ ist der

Ensemble-Mittelwert der reversiblen an den Systemen verrichteten Arbeit. Da d E der Mit-

telwert des Energiezuwachses darstellt , muß nach dem 1. Hauptsatz, der rechte Klammer-

ausdruck = δqrev (mitt lere reversible Wärme) sein.

( ) ( )∑−==+ jjrev EdPEdqEfd βδββ

Diese Gleichung besagt (da f und E = Zustandsfunktionen), daß βδrev die Ableitung einer Zu-

standsfunktion ist, d.h. β ist der integr ierende Faktor von δrev. Eine Formulierung des 2.

Hauptsatzes besagt, daß β = =const T kT/ /1 ist.

( ) Sdk

1Efd =+⟩ β

oder ( )EfdkSd β+=

constT

EQlnkS ++++==⟩⟩

Die Konstante ist unabhängig von T und von N und V. Wir setzen sie zunächst einmal will kür-

lich = 0.

Page 44: Statistische Thermodynamik

41

Bei der vorausgegangenen Herleitung haben wir P d Ej j∑ als mitt lere Arbeit am Ensemble

betrachtet, wobei wir still schweigend vorausgesetzt haben, daß sich die Population dieser Zu-stände nicht ändert, nur die Energie geringfügig um d E j . Dieses ist die molekulare

Interpretation der thermodynamischen Arbeit. Daß die molekulare Interpretation der

Wärmeabsorption das entgegengesetzte ist, ergibt sich aus:

(dU d q pdVrev= − )

d E E d P P d Ej j j j= +∑ ∑ (aus E P Ej j= ∑ )

d E q wrev rev= +δ δ

D.h., wenn Wärme absorbiert wird (infinitesimal wenig), ändern sich die Energiezustände

nicht (da N und V erhalten bleiben!), aber die Besetzung ändert sich!

2.4. Thermodynamische Funktionen

Wir wollen nun den Zusammenhang zwischen den thermodynamischen Größen und dem ka-

nonischen Ensemble vervollständigen:

EE e

Qj

E kTj

= =−∑ /

kTQ

TU

N V

2 ∂∂ln

,

=

da kT/E

2

j jekT

E

T

Q −∑+=∂∂

und∂

∂∂∂

Q

T Q

Q

T= ln

.

Wir haben auch schon kennengelernt:

p

E

Ve

Q

j

N

E kTj

= −

=

−∑∂∂

/

kTQ

Vp

N T

∂∂ln

,

=

∂∂

∂∂

Q

V kT

E

Vej E kTj= −

−∑ 1 /

und S k Q kTQ

TN V

= +

ln

ln

,

∂∂

Page 45: Statistische Thermodynamik

42

Wir sehen, daß Q die zentrale Funktion der statistischen Thermodynamik des kanonischen

Ensembles ist. Sie ist die Brücke zwischen den quantenmechanischen Energiezuständen eines

makroskopischen Systems und den thermodynamischen Eigenschaften. Wenn wir Q als Funk-

tion von N, V und T kennen, können wir die thermodynamischen Eigenschaften in Termender quantenmechanischen und molekularen Parameter berechnen. Obwohl die E j die Ener-

giezustände eines N-Körpersystems sind und damit praktisch unbestimmbar sind, werden wir

sehen, daß wir das N-Körperproblem häufig reduzieren können auf ein Ein-, Zwei-, Drei- usw.

Körpersystem, oder aber wir können unser System durch klassische Mechanik annähern.

Wir können auch die freie Energie als Funktion von Q schreiben:

A U TS kT Q= − = − ln

Von allen denkbaren Funktionen ist es A, welche direkt proportional ln Q(N,V,T) ist und die

gleichen natür lichen Variablen wie Q besitzt, d.h., wie das kanonische Ensemble.

Eine kleine Tabelle der wichtigsten Funktionen, auch für das mikrokanonische Ensemble, beidem es ja nur ein E j mit allerdings vielen Ω Entartungen gibt und es gilt ln ln /Q emk

E kT= −Ω :

Mikrokanonisches Ensemble ΩΩ(N,V,E) Kanonisches Ensemble Q(N,V,T)

dU pdV T d S d N= − + + µ A kT Q= − ln

d ST

d Ep

TdV

TdN= + −1 µ d A SdT pdV d N= − − + µ

S k= lnΩ S k Q kTQ

TN V

= +

ln

ln

,

∂∂

1

kT EV N

=

∂∂ln

,

Ωp kT

Q

VN T

=

∂∂ln

,

p

kT VE N

=

∂∂ln

,

Ω µ ∂∂

= −

kT

Q

NV T

ln

,

− =

µ ∂∂kT N

E V

ln

,

ΩU kT

Q

TN V

=

2 ∂

∂ln

,

Page 46: Statistische Thermodynamik

43

Zum Schluß dieses Kapitels wollen wir noch den 2. und 3. Hauptsatz der Thermodynamik

diskutieren. Für geschlossene isotherme Systeme gilt für spontane Prozesse (2. Hauptsatz)

∆ A< 0.

Gehen wir aus von der Zustandssumme, bei der wir jetzt aber nicht über die Zustände,

sondern über die Niveaus summieren wollen, so daß wir jetzt den Index wegfallen lassen

können.

( ) ( ) kT/V,NE

j

kT/E eE,V,NeQ j −− ∑∑ == Ω

isoliertes System

Spontaner Prozeß (Expansion nach Entfernung der Barriere)

Bei der Entartung für ein ideales einatomiges Gas haben wir kennengelernt

( ) NVE,V,N ∼Ω (bzw. ( ) 2

N32a )

Für obiges Beispiel: E, N, V/2 → E, N, V

⟩ Ω wächst, damit Q.

Was wir jetzt gesagt haben, gilt für ein isoliertes System. Nehmen wir ein System in einem

Wärmebad (geschlossenes isothermes System), so müssen wir wieder über alle Zustände oder

Energieniveaus summieren. Wenn wir ein Hindernis beseitigen, so kann die Zahl der

erreichbaren Quantenzustände jedes Energiewertes nicht abnehmen, da die Originalzuständeja immer noch zur Verfügung stehen. So gilt für eine Energie ( ) ( )E,V,NE,V,N 12 ΩΩ ≥

( ) ( ) ∑ −−=−⟩E

kT/E1212 eE,V,NE,V,NQQ ΩΩ > 0

Kein Term kann negativ werden ⟩ ∆ A < 0! da:

∆ A A A kTQ

Q= − = −2 1

2

1

ln < 0!

2. Hauptsatz in Q geschrieben!

Page 47: Statistische Thermodynamik

44

Nun müssen wir noch rechtfertigen, die Konstante bei der Entropiebetrachtung Null gesetzt zu

haben. Schreiben wir die Gleichung für die Entropie voll aus:

S k eT

E e

eE kT

j

jE kT

jE kT

j

j

j= +−

−∑∑∑

ln /

/

/

1

Wir wollen diese Beziehung betrachten für T → 0. Wir nehmen an, daß die ersten n Zuständedie gleiche Energie haben ( )n321 E....EEE ==== , die nächsten m die Energie

( )m3n2n1n E....EEE ==== +++ usw., dann kann die obige Gleichung für kleine T

umgeschrieben werden:

T → 0!

[ ]

++++= −−

−−−−

kT/EkT/E

kT/Em

kT/EnkT/EkT/E

mn

mn

mn

emen

eEmeEn

T

1emenlnkS

( ) ⋅+

+= −−− T.....e

n

m1enlnk kT/EEkT/E nmn Ableitung von 1. Term

( ) ( )

( ) ( ) ( ) kT/EEnm

nkT/EEn

kT/EE

2

nm

2

nkT/EEn

nmnm

nmnm

eEETn

m

T

Ee

n

mk

T

Enlnk

eT

EE

n

mT

T

TEe

n

mk

kT

kEnlnk

−−−−

−−−−

−+++−=

−⋅+

⋅++−=

nlnkSlim ≈≈⟩⟩ 0T →→

Für T → 0 ist S proportional dem Logarithmus der Entartung des niedrigsten Niveaus, d.h.,

wenn n nicht sehr sehr groß ist, ist S für T → 0 = 0! Zum Beispiel: Wenn das System ein N-

Partikel-System ist und die Entartung im untersten Niveaus in der Größenordnung N ist, dann

wäre k ln N im Vergleich zur üblichen Größenordnung für die Entropie von N k (da

S k k V N= =ln lnΩ ) gleich Null . D.h., das Setzen der Konstante auf Null i st äquivalent mit

der Konvention, daß S → 0 jetzt für T → 0 für die meisten Systeme!

Page 48: Statistische Thermodynamik

45

3. Boltzmann-Statistik - Fermi-Dirac-Statistik - Bose-Einstein-Statistik

Die bisherigen Ergebnisse gelten für makroskopische Systeme. Um die Gleichungen, die wir

bis jetzt hergeleitet haben, anzuwenden, müssen wir den Satz von Energieeigenwerten

Ej(N,V) der N-Körper-Schrödinger-Gleichung kennen. Dieses ist im allgemeinen unmög-

lich. Es gibt aber viele besondere Systeme, in denen der N-Körper-Hamiltonoperator als

Summe unabhängiger Einzelhamiltonoperatoren geschrieben werden kann, so daß die Zu-

standssumme stark vereinfacht wird.

Wir werden sehen, daß das Aussehen der endgültigen Formeln davon abhängt, ob die indivi-

duellen Partikel des Systems Fermionen (N-Körper-Wellenfunktion ist antisymmetr isch hin-

sichtlich der Vertauschung identischer Partikel) oder Bosonen (symmetr ische

Wellenfunktion) sind. Beide Typen von Partikeln gehorchen unterschiedlichen Gesetzen, der

Fermi-Dirac- bzw. der Bose-Einstein-Statistik. Wir werden sehen, daß beide

Verteilungsgesetze unter normalen Bedingungen (z.B. genügend hohen Temperaturen)

näherungsweise auf die einfachere Boltzmann-Verteilung reduziert werden können.

Die Boltzmann-Verteilung kann aber auch ohne Kenntnis der F.-D.- oder B.-E-Verteilung

über Q (N,V,T) für hohe Temperaturen hergeleitet werden.

3.1. Der spezielle Fall der Boltzmann-Statistik

Wir haben schon gesehen, daß der Hamilton-Operator eines Systems als Summe vom Ein-

Körper-Hamilton-Operatoren geschrieben werden kann, daß die Energie dieses Systems die

Summe von individuellen Energien ist und daß die System-Wellenfunktion sich aus dem Pro-

dukt der Einzelwellenfunktion zusammensetzt. Bei einem System von identischen Partikeln

müssen die Wellenfunktionen bestimmten Symmetriebeziehungen gehorchen im Hinblick auf

ihre Vertauschung. Wir haben zwei Klassen von Partikeln, die Bosonen und die Fermionen.

Die ersteren unterliegen keinerlei Einschränkungen hinsichtlich ihrer Verteilung auf die

verfügbaren Energiezustände, die zweiteren unterliegen der Einschränkung, daß nicht 2

identische Partikel den gleichen Einzelpartikelenergiezustand besetzen können.

Wann können wir nun die Hamiltonoperatoren als Summe einzelner Operatoren schreiben?

Das einfachste Beispiel wäre ein verdünntes Gas, bei dem die intermolekularen

Wechselwirkungen vernachlässigt werden können. Ein anderes Beispiel wäre die Aufteilung

des Hamiltonoperators für ein vielatomiges Molekül nach den verschiedenen Freiheitsgraden:

Page 49: Statistische Thermodynamik

46

6 6 6 6 6H H H H Htrans rot vibr elektronisch= + + +

Diese Gleichung ist eine gute Näherung, wobei sie auch systematisch durch Einführung von

kleinen Wechselwirkungstermen bei Bedarf korrigiert werden kann.

Die Einzelterme der Operatoren müssen nicht Hamiltonians für aktuelle individuelle Mole-

küle sein, sie werden auch gebraucht für bzw. definieren Quasi-Partikel, welche sich

mathematisch wie reale unabhängige Partikel verhalten. Dieses sind z.B. Phononen,

Plasmonen, Magnonen, Rotonen und andere ons.

Zunächst wollen wir einmal die kanonische Zustandssumme für ein System unterscheidbarer

Teilchen betrachten, bei dem wir den Hamiltonoperator auch als Summe von Einzeltermenschreiben können. Die individuellen Energiezustände sind a

jε (a = bezeichnet die unter-

scheidbare Partikel, j den Quantenzustand). Es gilt für diesen Fall:

( ) ( )

....eee

eeT,V,NQ

k

kT/

j

kT/

i

kT/

...k,j,i

kT/...

j

kT/E

ck

bj

ai

ck

bj

aij

⋅⋅⋅=

==

∑∑∑

∑∑−−−

+++−−

εεε

εεε

== ⋅⋅ ⋅⋅ ⋅⋅q q qa b c ....

mit ( ) ∑ −=i

kT/ieT,Vq ε

Wir können also, wenn wir den N-Partikel-Hamilton-Operator als Summe unabhängiger

Terme schreiben können und die Partikel unterscheidbar sind, die Berechnung von Q (N,V,T)

auf die Berechnung der Einzelzustandssumme oder molekularen Zustandssumme q (V,T) zu-

rückführen. Da q (V,T) nur die Kenntnis der Energiezustände einer individuellen Partikel bzw.

Quasipartikel erfordert, ist die Berechnung deutlich einfacher als für Q (V,N,T)!.

Wenn die Energiezustände für alle Partikel dieselben sind, erhalten wir:

( ) ( )[ ]NT,VqT,V,NQ =

für unterscheidbare Teilchen. Es gibt jetzt eine Reihe von Fällen, in denen die Partikel nicht

unterscheidbar sind und doch als solche behandelt werden können. Dies gilt z.B. für einen

perfekten Kristall . Die Bindung an einen festen numerierten Gitterplatz (Lokalisierung)

sorgt dafür, daß die ansonsten identischen Gitterbausteine als unterscheidbar betrachtet

werden können. Auch werden wir später sehen, daß wir die Oszill ation eines Gitterbausteins

Page 50: Statistische Thermodynamik

47

um den Gitterpunkt trotz starker intermolekularer Wechselwirkung in erster Näherung als

unabhängig von der anderer Bausteine ansehen können.

Eine andere, sehr wertvolle Anwendung der Faktor isierung oder Separ ierung ist die der

molekularen Zustandssumme entsprechend:

q q q q qMolek trans rot vibr elekt. = ⋅ ⋅ ⋅mit z.B. q etrans

kT

i

itrans

= −∑ ε /

Wir können also das N-Partikel-Problem zu einem Ein-Körper-Problem machen und dieses

auch noch nach einzelnen Freiheitsgraden aufteilen.

Das obige Ergebnis ist ein attraktives, dennoch sind in vielen Fällen unsere Partikel nicht

unterscheidbar. Das heißt, die N-Körper Energie wäre:

( ) ( )∑ +++−=

++++=

,...l,k,j,i

kT/....

lkji...ijkl

lkjieT,V,NQ

....Eεεεε

εεεε

Da die Moleküle ununterscheidbar sind, kann man nicht separat summieren, wie wir es

vorher getan haben.

Beispiele:

Nehmen wir zuerst Fermionen. Da sich nicht 2 Teilchen im selben Einzel-Energieniveaus befinden können,

müßten alle die Summationsterme ausgeschlossen werden, bei denen 2 Indizes gleich sind. D.h., die i, j, k, l ...

sind nicht unabhängig voneinander. Diese Einschränkung gilt nicht bei Bosonen; dennoch ist die Summation

kompliziert.

Wir könnten uns z.B. vorstellen, daß die Summe einen Term enthält, bei dem alle Indizes bis auf einen dieselben

sind

ε ε ε εi j j j i j+ + + + ≠....

Da die Teilchen ununterscheidbar sind, ist die Position des εi unwichtig, so daß dieser Zustand identisch ist mit

einem

ε ε ε ε εj i j j j+ + + + ..... bzw. ε ε ε ε εj j i j j+ + + + +.....

Ein solcher Term sollte in der Summe aber nur einmal vertreten sein! Eine unbeschränkte Summation würde z.B.

N solcher Terme haben.

Page 51: Statistische Thermodynamik

48

Betrachtet man den anderen extremen Fall , daß alle Indizes verschieden sind: ε ε ε εi j k l+ + + +.... mit

i j k l≠ ≠ ≠ ≠.... Es gibt N! Anordnungen, und nur eine kann zählen.

Wir sehen, daß auch hier die Summation (für Bosonen) schwierig auszuführen ist.

Wir hatten die Gesamtzahl der Zustände für einen Translator mit Energien ≤ ε ermittelt:

( )2

3

2

2

h

am8

6

= επεΦ

Für m g a cm T K= = =−10 10 30022 , , ist ( ) 3010≈εΦ .

Wir sehen, daß die Zahl der Zustände, die ein Molekül in dem Würfel einnehmen kann, bei

Raumtemperatur viel, viel größer ist als die Zahl der Moleküle in einem System (außer bei

extremen Dichten). Da jede Partikel viele, viele individuelle Zustände wählen kann, wird es

kaum wahrscheinlich sein, daß zwei Partikel denselben molekularen Zustand wählen. D.h.,

die Mehrheit der Terme in der Energie werden immter unterschiedliche Indizes haben, so daß

wir einfach über alle Indizes unbeschränkt summieren können und dann durch N! (s.o.) teilen

( )!N

qT,V,NQ

N

=⟩ ununterscheidbare Teilchen

mit ( ) ∑=j

kT/jeT,Vqε

(immer mit der Einschränkung, daß die Zahl der zur Verfügung stehenden molekularen Zu-

stände wesentlich größer als die Zahl der Partikel ist!)

Wir haben auch in diesem Fall unser N-Körper-Problem auf ein Ein-Körperproblem reduziert.

Die Nichtunterscheidbarkeit ist nur in N! berücksichtigt!

Wir können die einschränkende Bedingung noch etwas näher untersuchen. Wir fordern

( )εΦ >> N.

Mit ε = 3

2

kT ergibt sich:

32

3

2a

h2

kT3m8

6

π >> N oder

23

2h

kTm12

6

π

>> N

V

( )Va3 =

Page 52: Statistische Thermodynamik

49

Bei großem m und T und geringer Dichte ist diese Bedingung erfüllt . Wenn man das ausrechnet, wird man

feststellen, daß diese Bedingung für ideale Gase auch bei sehr kleinen Temperaturen erfüllt i st (außer für sehr

leichte Partikel).

Wenn diese Bedingung erfüllt i st, dann sagen wir, daß die Partikel der Boltzmann Statistik gehorchen. Die

Boltzmann Statistik ist eine umso bessere Näherung je höher die Temperatur ist.

Wir werden noch sehen, daß wir bei hohen Temperaturen die Energie eines Systems durch die

klassische Mechanik beschreiben können. Da in diesem Fall nur bei der Boltzmann-Statistik

hohe Temperaturen gefordert werden, spricht man auch von der klassischen Boltzmann-Sta-

tistik.

Mit der Molekülzustandssumme wollen wir einmal die Energie eines Systems beschreiben:

V,N

2

T

QlnkTNU

==

∂∂ε

( )T

q

q

1NkT

T

qlnNkT

T

!N/qlnkT 22

V,N

N2

∂∂

∂∂

∂∂ ⋅=⋅=

=

= + =∑ −N kTq kT

ej kTj22

1 ε ε / Ne

qj

kTjεε εε−−∑∑ /

Wir sehen: ε ε εε

= =∑ ∑−

j

kT

j j

e

q NN

j / 1

πj (Wahrscheinlichkeit für ein Molekül im j-ten Zustand) = =−e

q

N

N

j kTj

ε /

Pa e

ej

jE kT

E kT

j

j= =

−∑* /

/A

Die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Wahrscheinlichkeitsbeziehungen ist nicht zufälli g.Wir könnten πj natürlich ganz analog wie Pj mathematisch herleiten, wenn wir ein Ensemble

aus N Teilchen (Systemen), die in thermischem Kontakt miteinander sind, betrachten. Wir

müssen allerdings noch beachten, daß die Verteilungswahrscheinlichkeit für einzelne

Moleküle nicht scharf ist. Eine scharfe Verteilung (Delta-Funktion) ist ein Vielkörpereffekt!

Die Varianz ( )2xx − ist ein Maß für die Breite einer Wahrscheinlichkeitsverteilung um den Mittelwert. Jede

Abweichung einer mechanischen Variablen vom Mittelwert nennt man eine Fluktuation. Im kanonischenEnsemble gilt z.B. für die Fluktuation der Energie:

Page 53: Statistische Thermodynamik

50

( )

( ) 22

2

E

j2kT/E2j

2kT/E

2j

2j

2j

2222E

EQln

EE

EQE

Q

1

EeE

Q

1EeE

Q

1

EQ

eEEPE

EEEE

j

j

j

−−−=−−=

−−=−=

−=−=

−=−=

∑∑

∑∑−

β∂∂

β∂∂

β∂∂

β∂∂

σ

β

T

EkTEE

T

EkT 2222

∂∂

∂∂

=−++= V2CkT≡

V,N

22E T

EkT

=

∂∂σ

⋅=

⋅= 2

V

2 NT

NkT εσ∂

ε∂

( )E

ckT

E

21

V2

E =σ ( )2

1E

V

N

1

EkNC,kTNE ∼⟩==

σ

D.h. die relative Abweichung vom Mittelwert in einem makroskopischen System ist sehr, sehr klein ⟩Energieverteilung ist nahezu eine Deltafunktion. Für einzelne Moleküle erhalten wir keine scharfe Verteilung:

σ σ σε

σε

ε ε εE

E

N

E

N

N N= = = 1

⟩ =σε

σε NE

E (ideales Gas!)σε

ε ∼ ∼N

N1

Der Ausdruck für πj kann noch weiter reduziert werden, wenn wir z.B. die Enerige eines

Moleküls aufteilen inε ε ε ε ε= + + +i

transjrot

kvib

lelek,

dann können wir z.B. für die Wahrscheinlichkeit, daß ein Molekül sich im

Schwingungszustand j befindet (unabhängig von den anderen Freiheitsgraden), schreiben

πε β

jvib

vib

e

q

ivib

=−

Die Beziehung Q(N,V,T) = q

N

N

! (ununterscheidbare Teilchen) ist anwendbar auf die meisten

Systeme, dennoch ist es notwendig, die Beziehung ( )∑ +++−= kT/...kjieQ εεε exakter zu lösen.

Page 54: Statistische Thermodynamik

51

3.2. Fermi-Dirac und Bose-Einstein-Statistik

Da alle Teilchen Fermionen oder Bosonen sind, sind diese beiden Statistiken die einzig

exakten Verteilungen. Wir werden aber sehen, daß beide Verteilungen für hohe Temperaturen

und/oder geringe Teilchenzahldichten in die klassische Boltzmann-Verteilung übergehen.

Wir wollen nun wiederum annehmen, daß Teilchen, die sich in einem makroskopischen

Volumen frei bewegen können, eine außerordentlich große Zahl von Quantenzuständen mit

sehr benachbarten Energiewerten εS haben, so daß die Wahrscheinlichkeit, in einem

gegebenen Zustand ein Teilchen zu finden, selbst bei Systemen mit Teilchenzahlen von 1023

sehr gering ist.

Rechnerisch ist es jetzt zweckmäßig, eine Gruppe von g j engbenachbarten Zuständen zu

einem g j -fach entarteten Energienivau ε j zusammenzufassen.

εS ε j

In der Bose-Einstein-Statistik sind alle unterscheidbaren Anordnungen der N j Teilchen in

dem Bündel der g j Zustände (also auch solche mit mehreren Teilchen in einem Zustand s)

erlaubt und statistisch gleichwertig.

Um die Zahl der Anordnungen wj zu bestimmen, betrachten wir einmal die

Anordnungsmöglichkeiten von 2 Teilchen auf einem 3 fach entarteten Energieniveau.

Nach Maxwell -Boltzmann gäbe es 9 Möglichkeiten ( )3 3 92N = = . Das Verhältnis ξ der

Wahrscheinlichkeit, 2 Teilchen im gleichen Zustand, zur Wahrscheinlichkeit, 2 Teilchen in

verschiedenen Zuständen anzutreffen, ist

ξ MB = =3

6

1

2bzw. ξ BE = =3

31 bzw. ξFD = =0

30 .

Page 55: Statistische Thermodynamik

52

Das Verteilungsproblem besteht simplerweise darin, daß man N j Teilchen und g j -1 Trenn-

wände (wie 2. Teilchensorte zu betrachten) verteilt . Dieses Problem kennen wir aus der Bino-

mialverteilung:

( )[ ]( )w

N g

N gj

j j

j j

=+ −

1

1

!

! !

( )2 2

2 2

2 3 4

2 26

+= ⋅ ⋅

⋅=

!

! !

Da es sich um unabhängige Teilchen handelt, ist jeder der wj Möglichkeiten, d.h. jeder der wj

Zustände der N j Teilchen im Niveau ε j mit jedem der wj +1 Zustände der N j +1 Teilchen im

Niveau ε j +1 zu kombinieren, d.h., für die Gesamtzahl der unterscheidbaren Mikrozustände

einer Verteilung N j ergibt sich

( )( )w w

N g

N gj j j

j j

j j

= =+ −

−Π Π

1

1

!

! !

Wir müssen nun wieder, wie früher schon kennengelernt (Lagrangesche Multiplikatoren-Me-

thode), die wahrscheinlichste Verteilung (oder Gleichgewichtsverteilung) berechnen, in dem

wir als Nebenbedingung wieder haben:

N Njj

∑ = und N Ejj

j∑ =ε

d.h. es gilt:

( ) ( )( )

0N

wln

0ENNNwlnN

jj

kkkj

=−−⟩

=−−−− ∑∑

εβα∂∂

εβα∂

• •a(b) b(a)

• • FDa(b) b(a)

• •

BEa(b) b(a) ••

•• Pauli -Prinzip verbietet

die Besetzung bei Fermionen ••

Page 56: Statistische Thermodynamik

53

( ) ( )( ) ( )( ) ( ) ( ) ( )

( ) ( )

( )

ln ln ln

ln

ln ln ln

lnln ln

ln ln ln

w N g N g N g N N N

g g g

N g N g g g N N

w

NN g

N g

N gN

N g NN g

N

j j j j j j j j j

j j j

j j j j j j j j

jj j

j j

j jj

j j jj j

j

= + − + − − − + − +

− − − + −

= + − + − − − − −

= + − ++ −+ −

− −

= + − − ≈+

1 1 1

1 1 1

1 1 1 1

11

11

1

∂∂

( )

ln

*

*

* *

*

N g

N

N g

Ne e

N g N e e

N e g

j j

jj

j j

j

j j j

j j

j

j

j

+− − =

+=

+ =

− = −+

α β ε

α β ε

α β ε

α β ε

0

1

Ng

ej

j

j

* ==−−++αα ββ εε 1

Damit haben wir die Gleichgewichtsverteilungszahlen der BE-Statistik erhalten.

Sonderfall: Photonenstatistik

In diesem Fall haben wir eine unbestimmte Teilchenzahl, d.h. α fällt weg:

Ng

ejj

j

* =−β ε 1

Bei der Fermi-Dirac-Statistik ist zu berücksichtigen, daß jeder Quantenzustand eines Bündelsvon g j -Zuständen nur von höchstens einem der N j -Teilchen besetzt werden darf. Die Zahl

von unterscheidbaren Mikrozuständen wj für ein Energieniveau ε j ist dann gleich der Zahl

von Vertauschungen von N j besetzten und g j - N j unbesetzten Zellen, wobei wir insgesamt g j

Plätze haben (s. auch ( )N

N N N1 1! !−):

( )wg

N g Nj

j

j j j

=−!

! !

Page 57: Statistische Thermodynamik

54

Wie vorher gilt:

( )wg

N g Nj

j

j j j

=−

Π!

! !

und∂∂

α β εln w

N jj− − = 0

( ) ( )( ) ( )

( ) ( )

ln ln ln ln

ln ln ln

lnln ln

ln

w g g g N N N g N g N g N

g g N N g N g N

w

NN g N

g N

g N

g N

N

j j j j j j j j j j j j

j j j j j j j j

jj j j

j j

j j

j j

j

= − − + − − − + −

= − − − −

= − − + − +−−

=−

∑∑

∂∂

1

g N N ej j jj− = +* * α β ε

Ng

ej

j

j

* ==++++αα ββ εε 1

Dieses Ergebnis unterscheidet sich von der BE-Statistik nur durch das andere Vorzeichen vor

der 1!

N j* ist die Summe der Teilchen in der Gruppe von g j -Zuständen, deren Energien in der Nähe

des Wertes ε j liegen.

Die mittlere Teilchenzahl pro einzelnem Zustand dieser Gruppe ergibt sich aus:

NN

g esj

jj

**

= = +1

1α β ε 7 + = FD-Statistik

- = BE-Statistik

=− −

− −e

e

j

j

α β ε

α β ε1

λλλλ

ββ εε

ββ εεe

e

j

j

−−

−−±±1

E Ne

es kk

j

j= =

±∑ ∑−

−* ε ε λ

λ

β ε

β ε1

Page 58: Statistische Thermodynamik

55

Diese Beziehung ist der quantenstatistische Gegenpart zu πε

j

kTje

q

N

N

j

= =− /

. Wir stellen fest,

daß die molekulare Zustandssumme q keine relevante Größe ist, wenn wir mit der Quanten-

statistik arbeiten.

Wir hatten schon erwähnt, daß beide Statistiken in die Boltzmann-Statistik übergehen bei ho-

hen Temperaturen und/oder Teilchenzahldichten, wo die Zahl der erreichbaren

Quantenzustände sehr viel größer ist als die Zahl der Partikel. Diese Bedingung impliziert,

daß die mittlere Zahl von Molekülen in jedem Zustand sehr klein ist, d.h., die meisten

Zustände sind unbesetzt und die besetzten enthalten in der Regel höchstens eine Partikel, d.h.

Ns* → 0.

Diese Bedingung wird erreicht für kleine λ-Werte oder große eα -Werte, dann wird:

λ

λ

β ε

β ε α β ε

e

N e e e

j

s ss

− − −

<< ⟩

= =

1*

Summieren wir auf beiden Seiten über alle s Zustände und dividieren wir durch die jeweili gen

Ausdrücke:

N N e qss* ;∑ ∑= = ⋅−λ λβ ε

N

N

e

qs

s*

=−β ε

= Boltzmann-Verteilung

NN

qe

N

qe

q

N

Q

NskTs* / ln

ln= ⟩ = = ⟩ = =− −ε αλ α ∂∂

Beweis:

( ) ( )N

qlnNlnqln

N

N

N

NlnN

N

qlnN

N!N

qln

N

Qln

N

=−=+−==∂∂

∂∂

∂∂

∂∂

A = - kT ln Q

µ ∂∂

∂∂

∂∂

µ α≡ = − ⟩ = − = ⟩A

NkT

Q

N

Q

N kT

ln ln( ) 1e

1N

S

*S ±

=−µεβ

Wir werden im folgenden im wesentlichen die Boltzmann- bzw. die klassische Statistik

anwenden können. Es gibt einige wenige Systeme, bei denen wir Quantenstatistik

berücksichtigen müssen (Elektronen in Metallen, flüssiges He, elektromagn. Strahlung). Dazu

werden wir (hoffentlich) auch noch kommen.

Page 59: Statistische Thermodynamik

56

Werte für N

q:

T/K N/q

He (l) 4 2,2

He (g) 4 0,15

He (g) 20 0,0028

He (g) 100 4,8⋅10-5

Ar (l) 86 7⋅10-4

Elektr. in Na 300 2025

Page 60: Statistische Thermodynamik

57

4. Ideales einatomiges Gas

Ideal bedeutet, daß intermolekulare Wechselwirkungen vernachlässigt werden können. Das

ideale Gasgesetz gilt:

p V N kT⋅ =

Wir haben schon gezeigt, daß die Zahl der erreichbaren Quantenzustände sehr viel größer ist

als die Zahl der Partikel in einem vorgegebenen Volumen, so daß wir die Systemzustandssum-

me durch die atomare Zustandssumme ausdrücken können:

( ) ( )[ ]Q N V T

q V T

N

N

, ,,

!=

Ein einatomiges Gas hat Translations-, elektronische und Kern-Freiheitsgrade, die in sehr

guter Näherung voneinander getrennt werden können:

(( ))q V T q q qtrans elekt nukl, == ⋅⋅ ⋅⋅ ,

die wir auch getrennt behandeln wollen.

4.1. Translatationszustandssumme

Die Energieeigenwerte für einen Translator sind:

( )ε

β β β

β

β ε

n n n x y z x y z

transn n n

xn

yn

zn

n

x y z

nx ny nz

x y z

x y z

h

man n n n n n

q e

h

man

h

man

h

man

h

man

, ,

, ,

, , , , ...

exp exp exp

exp

, ,

= + + =

=

= −

= −

=

=

=

=

∑ ∑ ∑

2

22 2 2

2

22

1

2

22

1

2

22

1

2

22

1

3

812 3

8 8 8

8

Die Summation kann in geschlossener Form nicht durchgeführt werden, d.h. es gibt keinen

geschlossenen analytischen Ausdruck. Jedoch unterscheiden sich die aufeinanderfolgenden

Terme nur so wenig voneinander, daß man sagen kann, sie ändern sich kontinuierlich, so daß

die Summation durch ein Integral ersetzt werden kann.

Page 61: Statistische Thermodynamik

58

Betrachten wir zunächst einmal

( ) ( )2

x2

2

2x

2

2

2x

2

am8

1n2h

am8

nh

am8

1nh +=−

+=

βββ∆ ,

um zu überprüfen, ob die obige Aussage stimmt. Für m g= −10 22 und a cm= 10 und Raumtemperatur ist

( ) 20x 101n2 −+≈∆ .

Ein typischer Wert für nx bei Raumtemperatur ist von der Größenordnung 1010, d.h., ∆ ist hierfür sehr klein. ∆

wird 10 5− für nx -Werte, die sich für Energien von 1010 kT ergeben, aber dieses ist eine absolut

unwahrscheinliche Energie, d.h., ∆ ist sehr klein für nicht extrem hohe nx -Werte!

Nun können wir qtrans durch das Integral ausdrücken:

( ) =

−= ∫

∞ 3

02

22

trans dnam8

hnexpT,Vq

β V

h

kTm2 23

2

π

( )3aV =

Wir haben hier über die Zustände summiert. Wir können auch mit Hil fe eines anderen

bekannten Ausdrucks über die Energieniveaus summieren:

( )

21

0

23

2

2

0

212

3

2

2

0

trans

de2h

am8

4

deh

am8

4

deq

εεπ

εεπ

εεω

εβ

εβ

εβ

−∞

−∞

−∞

=

=

=

=⋅

=

4

/12

h

am8

4

23

2

2 βπβ

π V

h

kTm2 23

2

π

Wir erhalten (natürlich) dasselbe Ergebnis wie vorher.

Der Faktor 2

12

kTm2

h

π

hat die Einheit einer Länge und wird üblicherweise mit Λ bezeichnet.

Page 62: Statistische Thermodynamik

59

qV

trans =Λ3

Die Bedeutung für Λ läßt sich wie folgt erklären:

Die mittlere Translations- oder kinetische Energie eines Gasmoleküls läßt sich in

Abhängigkeit von qtrans leicht berechnen:

ε ∂∂trans

transkTq

TkT

d T

dT= = ⋅ =2 2 3

2

ln ln 32

kT

Da εtrans

p

mmv= =

22

2

1

2 (p = Impuls)

istmv

kTp

mp mkT

2 22

2

3

2 23= = ⟩ =

Ein Teilchen mit dem Impuls p hat nach de Broglie eine Wellenlänge h/p, d.h. die Größe Λ

Λ =h

2 π m kT

h

m kT3

ist ungefähr die mittlere Wellenlänge eines Moleküls, d.h., Λ wird die thermische de Broglie-

Wellenlänge genannt. Die Bedingung, die erfüllt sein muß, daß die klassische Statistik ange-

wandt werden kann, ist äquivalent der Bedingung Λ 3 1/ V << (q sehr groß!). Diese Aussage

ist ähnlich der, daß Quanteneffekte weniger deutlich werden, wenn die de Broglie-

Wellenlänge klein wird.

4.2. Elektronische und Kern-Zustandssummen

Es ist bequemer, die elektronische Zustandssumme als Summe über die Niveaus (und nicht

Zustände) zu schreiben.q eelektr ej

j= ∑ −ω β ε ,

wobei ωej die Entartung, ε j die Energie des j-ten elektronischen Niveaus ist. Wir legen zu-

nächst einmal den Energie-Nullpunkt so, daß ε1 0= , d.h. wir messen alle elektronischen Ener-

gien relativ zum Grundzustand. Dann können wir schreiben:

Page 63: Statistische Thermodynamik

60

( )( )( )...eee

eeq

31

3

21

21

1

1j1

j

eee

eelektr

+++=

=−−−

−−−∑ε∆βε∆βεβ

εεβεβ

ωωω

ω

q eelektr e e0

1 2

12= + +−ω ω β ε∆ ... (mit ε1 0= )

∆ ε1j sind die Energien der j-elektronischen Niveaus relativ zum Grundzustand. Diese ∆ ε

sind typischer Weise in der Größenordnung von eV, so daß β ε∆ bei normalen Temperaturen

sehr groß ist,∆ εk

eV=⋅

= ⋅⋅

≈−

1

1 38 10

1 6 10

1 38 1023

19

23,

,

, 11600K ! ,

d.h., die elektronischen Anregungszustände liefern bei normalen Temperaturen keinen Beitrag

zur Zustandssumme, außer bei Halogenen, bei denen der erste angeregte Zustand nur einen

Bruchteil von eV über dem Grundniveau liegt, so daß bei der Berechnung von qelektr mehrere

Terme berücksichtigt werden müssen. Auch bei Sauerstoff sind die Energieunterschiede

relativ gering.

Elektronische Zustände von Sauerstoffatomen:

j Termsymbol ωe j∆∆ εε1 j /eV N Nj / (1000 K)

0 32P 5 0 0,62

1 31P 3 0,02 0,29

2 30P 1 0,03 0,09

3 12D 5 1,97 < 10-9

4 10S 1 4,19 < 10-21

Wir müssen noch auf ein grundsätzliches Problem bei der Berechnung der elektronischen Zu-

standssumme hinweisen. Der Abstand benachbarter elektronischer Energieniveaus von

Atomen wird gegen die Ionisierungsenergie hin immer kleiner. Dadurch wird die

Zustandssumme letztendlich unendlich. Der Abstand vom Grundzustand zum ersten

angeregten ist aber häufig schon so groß, daß diese Zustände bei normalen Temperaturen

nicht erreichbar sind, so daß die Zustandssumme gleich dem Entar tungsgrad des

Grundzustandes ist.

Die Kernzustandssummen sind in ihrer Form den elektronischen ähnlich, nur sind die Energie-

niveau-Abstände bei Kernen in der Größenordnung von Milli onen eV ( 8 != 1010 K ). Die Kern-zustandssumme qnukl n= ω

1 trägt also nur mit einer multiplikativen Konstante zu Q bei und

beeinflußt daher nur die Entropie und die freien Energien durch einen additiven Term. Da

der Kernzustand sich bei den zu betrachtenden chemischen Reaktionen nicht ändert (bzw. fast

Page 64: Statistische Thermodynamik

61

nicht ändert), trägt er nicht bei zu thermodynamischen Änderungen, so daß wir im weiteren

qnukl nicht weiter berücksichtigen wollen.

Nur der Vollständigkeit halber, für ein ideales einatomiges Gas ist

( )Q

q q q

Ntrans elektr nukl

N

=⋅ ⋅

!

mit

qmkT

hV

V

q e

q

trans

elektr e e

nukl n

=

=

= + +

= +

22

32

3

1 2

12

1

π

ω ωω

β ε

Λ∆ ...

...

Mit diesen Beziehungen können wir nun die thermodynamischen Größen für ein ideales ein-

atomiges Gas berechnen.

4.3. Thermodynamische Größen

( )A N V T kT Q N kTmkT

hV, , ln ln= − = −

22

32π

( )( )+ − +

− = −

−kT N N kT eN kT N kT N N kT N e

e eln ! lnln ln ln

9 :; <; ω ω β ε1 2

12∆

( )= −

− + −N kTmkT

h

V e

NN kT ee e

klein gegen ersten Term

ln ln2

2

32

1 2

12π ω ω β ε∆

9 :; ; ; ; <; ; ; ;

U kTQ

TN kT

TN kT

kTe

qN V

eelektr

=

= ⋅ + ⋅ ⋅−2 2 2

12 2

3

2

1 1 12

12∂

∂ω ε β εln

,

∆ ∆

== 32

N kT + N e

qe

elektr

klein imVergl zum Term

⋅ −ω ε β ε2

12

12

1

∆ ∆

. .

9 :; ; ; <; ; ;

Dieser erste Term repräsentiert nur die kinetische Energie, da wir den Beitrag des

intermolekularen Potentials grundsätzlich vernachlässigt haben. Jedes Atom hat eine mitt lere

kinetische Energie von 3/2 kT oder 1/2 kT für jeden Translationsfreiheitsgrad.

Wenn wir die sehr kleinen Beiträge von den elektronischen Freiheitsgraden ignorieren, ergibt

sich eine molare Wärmekapazität von 3/2 Nk.

Page 65: Statistische Thermodynamik

62

Der Druck ergibt sich entsprechend der Beziehung

V

kTN

V

QlnkTp

T,N

=

=

∂∂

Dieses Ergebnis erhalten wir, da wir q(V,T) darstellen können als f(T)⋅V. Der einzige Beitrag

zum Druck stammt aus der Translationsenergie der Atome, ein Ergebnis, welches wir

intuitiv erwarten würden.

Die Entropie erhalten wir aus:

T

A

T

U

T

QlnkTQlnkS

V,N

−=

+=

∂∂

( )21

21elnNk

N

eV

h

kTm2lnNkNk

2

3ee

23

2

ε∆βωωπ −++

+=

+−N e

T qe

elektr

ω ε β ε2

12

12∆ ∆

elektr

25

23

2S

N

eV

h

kTm2lnNkS +

= π

(Sackur-Tetrode)

Als letzte Größe haben wir noch das chemische Potential zu betrachten:

( )

( )11NlnkTqlnkT

N

N

N

NlnNkTqlnkT

N

!NlnkTqlnkT

N!N

qln

kTN

QlnkTp,T

N

T,V

−++−=

++−=+−=

−=

−=

∂∂

∂∂

∂∂

∂∂µ

== −−kTqN

ln

Page 66: Statistische Thermodynamik

63

( )µ π

π

π

T p kTmkT

h

V

NkT q q

kTmkT

h

kT

pkT q q

kTmkT

hkT kT q q kT p

elektr nukl

elektr nukl

Einheit eines Druckes

elektr nukl

, ln ln

ln ln

ln ln ln

= −

− ⋅

= −

− ⋅

= −

− +

2

2

2

2

32

2

32

2

32

= >? ? ? @? ? ?

( ) ( ) plnkTTp,T 0 += µµ

mit ( )µ πo elektr nuklT kT

mkT

hkT kT q q= −

−ln ln2

2

32

Page 67: Statistische Thermodynamik

64

5. Ideales zweiatomiges Gas

Zusätzlich zu den Translations- und elektronischen Freiheitsgraden haben wir Oszill ations-

und Rotationsanteile zu berücksichtigen.

Wir müßten eine Schrödinger-Gleichung für 2 Kerne und n Elektronen aufstellen und diese

Beziehung für den Satz von Eigenwerten für das zweiatomige Molekül lösen. Solch eine

generelle Lösung ist sehr schwierig und bisher nur für das H2-Molekül hinreichend gut gelöst

worden. Glücklicherweise gibt es aber auch hier gute Näherungen, um das komplizierte 2

Kerne-n-Elektronen-Problem zu einem einfacheren zu reduzieren. Die einfachste Näherung ist

die des starren Rotators - harmonischen Oszill ators.

Betrachten wir zunächst diese Näherung.

5.1. Starrer Rotator - harmonischer Oszill ator

Zunächst benutzen wir die Born-Oppenheimer-Näherung, die besagt, daß sich die schweren

Kerne im Vergleich zu den leichten Elektronen relativ langsam bewegen. D.h., die Elektronen

bewegen sich in einem Feld, welches erzeugt wird durch die Kerne mit festgelegtem inter-

nuklearen Abstand. Mathematisch heißt dieses, daß die Schrödinger-Gleichung näherungs-

weise in zwei einfachere Gleichungen aufgetrennt werden kann.

Eine Gleichung beschreibt die Bewegung der Elektronen im Feld der fixierten Kerne. Die Ei-

genwerte dieser Gleichung sind uj(r), wobei r der Kernabstand ist. Die zweite Gleichung be-

schreibt die Bewegung der Kerne (Schwingung und Rotation) im elektronischen Potential

uj(r) der Elektronen im Elektronenzustand j. Jeder elektronische Zustand erzeugt ein eigenes

internukleares Potential. Wie im Fall des atomaren Gases, liegt der erste angeregte

elektronische Zustand einige eV über dem Grundzustand, so daß wir nur den elektronischen

Grundzustand betrachten müssen. Aber auch die Berechnung von uj(r) für den Grundzustand

ist ein schwieriges n-Elektronen-Problem, so daß Näherungen benutzt werden, wie z.B. das

semiempir ische Morse-Potential.

Wenn uo(r) gegeben ist, können wir die Bewegung von zwei Kernen in diesem Potential be-

handeln.

Nun können wir die Bewegung von zwei Massen in einem sphärischen symmetrischen

Potential rigoros aufteilen durch die Einführung des Schwerpunktes und relativer

Koordinaten. Die Schwerpunktsbewegung ist die eines freien Translators der Masse m1 +

Page 68: Statistische Thermodynamik

65

m2 (vereinigt im Schwerpunkt). Das andere Problem, ist das der relativen Bewegung von zwei

Körpern, welche interpretiert wird als Bewegung eines Körpers der reduzierten Masse

µ = ⋅+

m m

m m1 2

1 2

um den anderen fixiert im Ursprung (Schwerpunkt). Der Hamilton-Operator läßt

sich dementsprechend aufteilen in

A A AintH H Htrans= +

mit den Energieeigenwertenεε εε εε== ++trans int

Für die Zustandssumme des zweiatomigen Moleküls gilt damit

q q qtrans= ⋅ int mit

( )q

m m kT

hVtrans =

+

2 1 22

32π

Die Dichte der Translationszustände ist so hoch, daß wir wiederum schreiben können

( )Q

q q

Ntrans

N

=⋅ int

!

Wir müssen nun noch qint bestimmen, um die Behandlung des zweiatomigen Moleküls

vervollständigen zu können.

Die relative Bewegung der zwei Kerne im Potential u(r) besteht in einer Rotation um den

Schwerpunkt und einer relativen Oszill ationsbewegung der zwei Kerne. Es zeigt sich, daß

die Amplitude der Oszill ation klein ist, so daß es eine gute Näherung ist, anzunehmen, daß

die Rotationsbewegung, die einer starren Hantel mit fixiertem Abstand re ist.

Zusätzlich kann man das internukleare Potential um den Ruheabstand re entwickeln:

( ) ( ) ( ) ( )u r u r r rdu

drr r

d u

dre er r

e

r re e

= + −

+ −

+

= =

1

22

2

2 ...

=↑0

In erster Näherung gilt:

Page 69: Statistische Thermodynamik

66

( ) ( ) ( )u r u r r rd u

dre e

r re

= + −

=

1

22

2

2

oder ( ) ( ) ( )u r u r k r re e= + −1

22

Dabei ist k ein Maß für die Steilheit der Kurve (Potentialkurve) = Kraftkonstante (hohes k =

feste Bindung).

Beide Näherungen zusammen sind die des starren Rotators und des harmonischen

Oszill ators. Wir können nun den Hamilton-Operator schreiben:

B B B,H H Hrot osz rot osz= +

starrer Rotator

harmon Osz. .

Näherung

ε ε εrot osz rot osz, = +

q q qrot osz rot osz, = ⋅

Für den Rotator kennen wir die Energieeigenwerte und den Entartungsgrad:

( )ε J

J J

I=

+C 2 1

2 J = 0, 1, 2, . . .(I = µ re

2 = Trägheitsmoment)

ωJ J= +2 1

Für den Oszill ator gilt:

( )ε νosz h n= + 12 n = 0, 1, 2, ..

ωn = 1 für alle n

mit νπ µ

= 1

2

k

Der Übergang von einem Rotationsniveau in ein anderes kann durch Aufnahme elektromagnetischer Strahlung

erfolgen. Die Auswahlregeln sind: das Molekül muß ein permanentes Dipolmoment haben und ∆ J = ±1 . Die

Frequenz der absorbierten Strahlung ergibt sich zu:

( )( ) ( )( ) ( )ν ε επ π

= − =⋅

+ + − + = ++J J

h

h

I hJ J J J

h

IJ1

2

2 22 41 2 1

41 ,

Page 70: Statistische Thermodynamik

67

man sieht also im ν-Spektrum Linien mit gleichen Abständen.

Die gebräuchliche Einheit der Frequenz in diesem Bereich ist die Wellenzahl ( )ωλ

νcm

c− = =1 1

, wobei Mikro-

wellenspektroskopiker die Rotationskonstante Bh

I c' =

8 2π definieren, so daß ( )ε J B h J J c= + ⋅' 1 =

( )B J J +1 oder ( )ε εJ

J

hcB J J= = +' 1 (cm-1)

Für einen Oszill ationsübergang eines Moleküls muß sich das Dipolmoment während der Schwingung ändern und

die Auswahlregel ∆n = ± 1 erfüllt sein:

ν ε επ µ

= − =+n n

h

k1 1

2,

d.h., eine einzige Linie wird im Spektrum zu beobachten sein (typischer Bereich 1000 cm-1 (IR) )!

Wir nehmen ebenfalls wieder an, daß die elektronischen und die Kernfreiheitsgrade separiert

werden können, dann erhalten wir in guter Näherung

D D D D D DH H H H H Htrans rot osz elektr nukl= + + + +

d.h. ε ε ε ε ε ε= + + + +trans rot osz elektr nukl

und q q q q q qtrans rot osz elektr nukl= ⋅ ⋅ ⋅ ⋅

Innerhalb der üblichen Näherungen erhalten wir

( ) ( )Q N V T

q q q q q

Ntrans rot osz elektr nukl

N

, ,!

=⋅ ⋅ ⋅ ⋅

Setzen wir qnukl = 1 und betrachten wir den elektronischen Grundzustand, so müssen wir noch

qosz und qrot kennenlernen. Bevor wir uns damit beschäftigen, müssen wir noch den Nullpunkt

der Energie für die Rotation und Oszill ation festlegen. Für die Rotation wählen wir üblicher-

weise den Zustand J = 0. Für die Oszill ation gibt es zwei Möglichkeiten der Nullpunktwahl:

man kann den Grundzustand nehmen und Null setzen oder das Minimum der Potentialkurve.

Im zweiten (üblichen) Fall i st die Energie des Grundzustandes hν/2. Wir legen uns hier auch

fest darauf, daß der Nullpunkt der Oszill ationsenergie der des Minimums der Potentialkurve

des niedrigsten elektronischen Zustandes ist. Als Nullpunkt der elektronischen Energie

nehmen wir den Zustand des dissoziierten Moleküls, also der beiden Atome im Ruhezustand.

Page 71: Statistische Thermodynamik

68

De

D01/2 h ν

- De

ε2

0

Damit ist die Tiefe der Potentialmulde des elektronischen Grundzustandes De, d.h. die Energie

des elektronischen Grundzustandes ist -De und die elektronische Zustandssumme ergibt sich

zu:q e eelektr e

D kTe

kTe= + +−ω ω ε1 2

2/ / ...

D D ho e= −↑

12 ν ist die chem. Dissoziationsenergie bei 0 K.

spektroskopische Dissoziationsenergie

5.2. Zustandssumme der Oszill ation

Da wir die Oszill ationsenergie relativ zum Minimum der Potentialmulde messen, gilt

( )ε νn n h= + 12 n = 0, 1, 2 ... ν

π µ= 1

2

k

( )[ ]q n hoszn

= − − ⋅∑exp 12 ν β

= =−

− −

−∑e ee

e

hnh

o

h

h

β νβ ν

β ν

β ν2

2

1

↓ geometrische Reihe e e e e

enx x x x

x

− − − −−∑ = + + + + =

−1

1

12 3 ...

e x− < 1!

Page 72: Statistische Thermodynamik

69

Dieser Fall i st einer der seltenen, bei dem wir direkt summieren können, ohne durch

Integration nähern zu müssen.

Für hohe Temperaturen ist β νh << 1 (kT >> hν), dann können wir die Summe durch ein

Integral ersetzen und erhalten:

( )q T e e dn

eh

e

oszh h n

o

h h n

o

=

= −

− −∞

− −∞

∫β ν β ν

β ν β ν

β ν

/

/

2

2 1

[ ]= −

⋅ − = =1

10 1

1

β ν β νh h

kT

hν(kT >> hν)

Diese Näherung werden wir gelegentlich benutzen. Aus qosz(T) können wir auch den Anteil

der Oszill ation zur inneren Energie berechnen:

U kTQ

TkT

q

NT

N k Tq

T

N kTd q

dTN kT

d e

d TN kT

d e

dT

oszosz

N

osz

osz

T Tosz osz

=

= =

= = −−

+

− −

2 2 2

2 2 2

21

∂∂

∂∂

∂θ θ

ln ln! ln

lnln ln

(θ νosz

h

k= = charakteristische Oszill ationstemperatur)

= −−

+

= +−

N kT Te

eN kT

T

N ke

e

oszT

Tosz

osz oszT

T

osz

osz

osz

osz

22

22

1

1 2

2 1

θ θ

θ θ

θ

θ

θ

θ

/

/

/

== ++−−

++N k

eosz osz

Tosz

θθ θθθθ2 1/

Der Beitrag zur Wärmekapazität ergib sich aus:

Page 73: Statistische Thermodynamik

70

( )∂∂

θ θ

θ

U

TN k T

e

eosz

osz T

T

osz

osz

= ⋅+

=

2

2

21

/

/ (( ))N k

Te

eCosz

T

T vosz

osz

osz

θθ θθ

θθ

−−

==2

21

/

/

Für T → ∞ wird Uosz = N kT und Cv = N k

Beweis:

qkT

hE kT N

q

TN kT

E

TN k= ⟩ = = ⟩ =

ν∂∂

∂∂

2 ln

oder: E N ke

N k

T

T= +

= ++ −

θ θ θ θθθ2 1 2 1 1

/

= +

≈N k T N kTθ2

für θosz << T

( ) ( )C N k

T

e

eN k

T TN kv

T

T=

=

=θ θθ

θ

θ

2

2

2

2

1

1/

/ /

T U N k Cv→ ⟩ = ⟩ =02

Eine interessante Größe ist der Bruchteil der Moleküle in angeregten Zuständen der Schwin-

gung. Der Anteil im Schwingungszustand n ist gegeben durch

( )f

e

qn

h n

osz

=− +β ν 1

2

T

N k

cvosz

θosz

Page 74: Statistische Thermodynamik

71

e osz T−−θθ /

Gas θθosz/K θθ rot/K 300 K 1000 K

H2 6215 85,3 1 ⋅ 10-9 2 ⋅ 10-3

HCl 4227 15,02 1 ⋅ 10-6 1,6 ⋅ 10-2

N2 3374 2,88 1,5 ⋅ 10-5 3,6 ⋅ 10-2

CO 3100 2,77 3,7 ⋅ 10-5 4,6 ⋅ 10-2

Cl2 810 0,351 6,7 ⋅ 10-2 4,5 ⋅ 10-1

J2 310 0,0537 3,56 ⋅ 10-1 7,3 ⋅ 10-1

e osz T−θ / gibt den Bruchteil der Moleküle an, die sich in Schwingungszuständen n > 0 befinden:

( )f

e

q

q e

qfn

h n

oszn

oszh

oszn>

− +

=

∞ −

== = − = −∑0

12

1

2

01β ν β ν /

( )= = =

− + +

=

∞−∑ e

qe

h n

oszn

h

β νβ ν

1 12

0

e osz T−θ /

5.3. Zustandssumme der Rotation für ein heteronukleares zweiatomiges Molekül

Für heteronukleare Moleküle ist die Rotationszustandssumme gegeben durch:

0 1 2 30.0

0.5

1.0

n

f n

Br2 (300K)

(kleine Schwingungskonstante)

Page 75: Statistische Thermodynamik

72

( )( )

( ) ( )q J e J erot

J J

I B J J= + = +∞ −

+ ∞− +∑ ∑2 1 2 1

0

1

2

0

1

2

ββ

E

Summation über Niveaus, nicht über Zustände.

B k/ ist die charakteristische Rotationstemperatur θ rot, also gilt:

( ) ( )q J erot

TJ Jrot

= +∞ − +

∑ 2 10

Anders als bei der Schwingung können wir die Summe wiederum nicht in geschlossener Form

hinschreiben, aber, da θ rot/T bei normalen Temperaturen klein ist, können wir wieder die

Summation durch eine Integration ersetzen:

( ) ( )q T J e dJrot

TJ Jrot

( ) = +∞

− +

∫ 2 10

( )

( ) ( ) ( )( )

J J ndn

dJJ dJ

dn

J

q TJ

Je d J Jrot

TJ Jrot

+ = ⟩ = + ⟩ =+

⟩ = ++

+∞

− +

1 2 12 1

2 1

2 11

0

( )( )= −

− +∞

Te

rot

TJ Jrot

θ

θ1

0

(( ))== == ⋅⋅ <<<<T I kTh

Trot

rotθθππ θθ8 2

2

Je höher die Temperatur, desto besser gilt diese Näherung. Sonst müssen wir, wenn θrot relativ

groß ist, die ersten paar Summenglieder ausrechnen.

Der Rotationsbeitrag zur Energie ist trivialerweise:

U N kTq

TN kT

TN kTrot

rot= = =2 2 1∂∂ln

(für größere θrot oder niedrigere T sind

zusätzliche Glieder zu berücksichtigen (s.o.))

C N kvrot = +.....

Der Bruchteil der Moleküle im J-ten Rotationszustand

Page 76: Statistische Thermodynamik

73

( ) ( )N

N

J e

qJ

J J T

rot

rot

=+ − +2 1 1θ /

Im Gegensatz zum Schwingungsfall sind

bei der Rotation mehr Moleküle n

angeregten Zuständen als im Grundzustand

(wegen der Entartung).

Man erhält das Maximum der Kurve durch Differentiation und Maximalwertbildung

( ) ( ) ( ) ( )∂

θθ

θN

NJ

e

q

JT

J e

q

JJ J T

rot

rot J J T

rot

rot

rot

= ⋅ ++ ⋅ −

+=

− +− +

11

22 1 2 1

0/

/

( )2 2 1 0

2 12

21

2 2

1

2

2− + =

+ = ⋅

=−

= −

JT

JT

J

T

T

rot

rot

rot

rot

θ

θ

θθ

Bevor wir jetzt die Rotationszustandssumme für gleichkernige oder symmetr ische zweiato-

mige Moleküle diskutieren, müssen wir uns mit den Symmetrieeigenschaften der totalen

Wellenfunktion eines homonuklearen zweiatomigen Moleküls auseinandersetzen.

0 3 6 9 12

NJ / N

J

HCl (300 K)

( ≈ 3 für HCl bei 300 K)

Page 77: Statistische Thermodynamik

74

5.4. Symmetr ieeigenschaften der totalen Wellenfunktion für homonukleare

zweiatomige Moleküle oder Einfluß des Kernspins auf die Wellenfunktion

Symmetr ische Moleküle (H2, CO2, C2H2) werden durch Drehung um ihre zweizählige Sym-

metrieachse um 180° in eine identische Anordnung gebracht, die vom Ausgangszustand der

Moleküle nicht zu unterscheiden ist. Die Zahl der unterscheidbaren Rotationszustände

gegenüber den unsymmetrischen linearen Molekülen wird um den Faktor ½ verkleinert.

qT T

rotrot rot

= =1

2

1

θ σ θ (allgemeine Lösung für alle unsymmetrischen

und symmetrischen linearen Moleküle)

Mit σ bezeichnen wir die Symmetriezahl (hier σ = 2).

σ = 1 σ = 2

Der exakte Ursprung des Symmetriefaktors wird im folgenden diskutiert. Die Gesamtwellen-

funktion eines Moleküls (ψtrans⋅ψrot⋅ψosz⋅ψnukl⋅ψelektr) muß im Hinblick auf die Vertauschung

der beiden identischen Kerne symmetrisch oder antisymmetrisch sein, je nachdem, ob die

Kerne einen ganzzähligen (Bosonen) oder halbzähligen (Fermionen) Spin haben.

Was heißt vertauschen? Wir denken uns die Vertauschung durchgeführt in zwei Schritten,

Schritt 1 ist die Inversion aller Partikel (Elektronen + Kerne) durch den Schwerpunkt und

dann eine Rückinversion nur der Elektronen, was einem Vertauschen insgesamt der Kerne

entspricht. Betrachten wir zunächst die Gesamtwellenfunktion ψ‘ total (ohne den Kernanteil

(daher ψ‘ ))

ψ‘ total = ψtrans⋅ψrot⋅ψosz⋅ψelektr

ψtrans hängt nur von den Koordinaten des Schwerpunktes ab, ist also durch die Inversion

ebenso wenig beeinflußt wie ψosz, welche nur von der Größe der Ablenkung (r - re) abhängt.

ψelektr hängt ab von der Symmetrie des Elektronenzustandes des Moleküls. Für die meisten

Moleküle ist dieser bezüglich der beiden Inversionsschritte symmetrisch. D.h. die Symmetrie

von ψ‘ total wird kontrolli ert über die Symmetrie von ψrot.

Page 78: Statistische Thermodynamik

75

Ohne jetzt weiter auf die Eigenschaften der Rotationswellenfunktionen einzugehen, überneh-

men wir das Ergebnis, daß ψrot und damit ψ‘ total unverändert bleibt für geradzahlige J (wobei

in jedem Fall der Grundelektronenzustand symmetrisch ist).

Rotationswellenfunktionen haben die gleichen Symmetrieeigenschaften wie die elektronischen

Wellenfunktionen des H-Atoms

J s J p J d= = = = = =0 1 2F

,F

,F

(siehe chemische Bindung)

Nun müssen wir aber noch ψnukl und damit auch den Kernspin berücksichtigen. Betrachten wir

2 Fälle, die Kerne des H2 und des D2. Der Wasserstoff-Kern hat den Spin I = 1/2, der Deu-

terium-Kern I = 1 (Proton + Neutron). Die 2 Kerne des H2 haben 3 symmetrische Spinwellen-

funktionen χ und eine asymmetrische

( )↑ ↑ + ↑ ↑ s αα Spinfunktionen

( )↓ ↓ + ↓ ↓ s ββ

( )↓↑ +↑↓↑↓ +↓↑ +s αβ βα 1

22 aus Norminierung ψψ ψ*∫ =d 1

( )↓↑ −↑↓↑↓ −↓↑ −G H I as αβ βα 1

2 ( )( )ψψ ψ ψ ψ ψ* * *∫ ∫= −d d

1

2 12 21

Wellenfunktion für Molekül

( ) ( ) ( ) ( )( ) ( ) ( ) ( )( ) ( ) ( ) ( )

s

s

s

χ χ χ χχ χ χ χχ χ χ χ

1 1 1 1

2 2 2 2

1 2 2 1

1 2 1 2

1 2 1 2

1 2 1 2

+

+

+( ) ( ) ( ) ( )as χ χ χ χ1 2 2 11 2 1 2− Vertauschung: ( ) ( ) ( ) ( )χ χ χ χ1 2 2 12 1 2 1−

Die symmetr ischen Kernspinzustände nennt man ortho-Zustände, die unsymmetrischen

para-Zustände. Für Deuterium ergeben sich insgesamt 6 ortho- und 3 para-Kernzustände, d.h.

insgesamt gibt es immer 2 I + 1 Kernspinzustände für einen Kern und damit (2 I + 1)2 für 2

Kerne ( )H D22

222 3

F,

F= = . Diese können wir (und wir wollen hier nur noch das H2 diskutie-

ren) einteilen in

(I + 1) (2 I + 1) symmetrische (ortho)

Spinzustände

I (2 I + 1) antisymmetrische (para)

Nun müssen wir beachten, daß Wasserstoff-Kerne Fermionen sind, d.h. ψtotal = ψ‘ total⋅ψnukl

muß antisymmetrisch sein, was wir nur erreichen durch Kombination von symmetrischen

Spinfunktionen mit antisymmetrischen Rotationswellenfunktionen oder von

antisymmetrischen Spinfunktionen mit symmetrischen Rotationswellenfunktionen, d.h.

Page 79: Statistische Thermodynamik

76

ortho (I + 1) (2 I + 1) Kernspinfunkt. koppeln mit ungeraden J

para I (2 I + 1) Kernspinfunkt. koppeln mit geraden J

Diese Kombination erzeugt die erforderliche Symmetrie der Gesamtwellenfunktion, so daß

wir jetzt die Zustandssumme qrot, nukl berechnen können.

5.5. Zustandssumme der Rotation für homonukleare zweiatomige Moleküle

Nach dem vorher Gesagten können wir für das H2-Molekül schreiben:

( ) ( ) ( )

( ) ( ) ( ) ( )

q I I J e

I I I e

rot nuklJ gerade

J J T

unger

J J T

rot

rot

,/

.

/

= + +

+ + + +

− +

− +

2 1 2 1

1 2 1 2 1

1

1

θ

θ

Was wir hier sehen, ist, daß q q qrot nukl rot nukl, /= ⋅ !

Wir könnten leicht jetzt auch eine entsprechende Beziehung für Teilchen mit ganzzahligem

Spin hinschreiben, wobei wir antisymmetrische Spinfunktion mit antisymmetrischer

Rotationswellenfunktion und symmetrisch/symmetrisch miteinander koppeln müßten.

Zurück zu unserem Wasserstoff . Machen wir wieder die Betrachtung bei T >> θrot, so daß wir

die Summe durch das Integral ersetzen können:

( ) ( )

( )( ) ( )( )( ) ( )

≈ ≈ ≈ + =

⟩ = + + + +

=+

= ⋅

∑ ∑ ∑ ∫ − +

J gerade J ungerade J

J J T

rot

rot nuklrot

rotrot nukl

J e dJT

qT

I I I I

I Tq T q

rot1

2

1

22 1

1

2

21 2 1 2 1

2 1

2

1

2

θ

θ

θ

θ

/

,

mit qT

rotrot

=2 θ

und ( )q Inukl = +2 12

Page 80: Statistische Thermodynamik

77

Bei heteronuklearen Molekülen war qT

rotrot

==θθ

. Der Faktor 2 berücksichtigt also, daß das

Molekül hier homonuklear ist. Dieser Faktor wird Symmetr iefaktor σ genannt. Für den Fallθrot T≤ 0 2, können wir also allgemein schreiben für zweiatomige Moleküle:

( ) ( ) ( )q TI kT

hJ e Trot

J J Trot

rot= ≈ + <<− +∑8 12 1

2

2

1πσ σ

θθ /

σ = 1 heteronuklear

σ = 2 homonuklear

Der Wasserstoff mit geradzahligen Rotationsniveaus (antisymmetrischen Spinfunktion)

wird para-Wasserstoff genannt, der mit ungeradzahligen Rotationsniveaus (symmetrischer

Spinfunktion oder parallelen Kernspin) ist der ortho-Wasserstoff . Der Bruchteil der Zahl der

ortho-Moleküle zu den para-Molekülen ist gegeben durch:

( ) ( )

( ) ( )N

N

J e

J e

T J e

JN

N

TN

N

ortho

para

J J T

unger

J J T

ger

ortho

para

rotortho

para

rot

rot=

+

+

→ > ⟩ →

= ⟩ =

>> =

− +

− +

∑∑

3 2 1

1 2 1

0 0 0

00

1

3

1

1

θ

θ

θ

/

/

...

T / K

% p - H2

25

100

100 200 300

Die Temperaturabhängigkeit des Mengenverhältnisses macht sich in den thermodynamischen

Eigenschaften des Wasserstoffs bemerkbar.

Page 81: Statistische Thermodynamik

78

Die Beziehung:

( ) ( ) ( ) ( )

( ) ( )

q J e J e

para ortho

rot nuklJ ger

J J T

J unger

J J Trot rot

,/ /= + + +∑ ∑− + − +2 1 3 2 11 1θ θ

erlaubt die Berechnung von ( )C Hvrot

2 . Die Kurven für C Cvrot

vrotpara ortho, und Cv

rot sind in der

nächsten Abbildung zu sehen und zu vergleichen mit den experimentell gemessenen Werten

(Punkten). Diese Kurve weicht aber stark von der theoretisch berechneten ab. Eine Erklärung

für dieses Verhalten läßt sich aber relativ einfach herleiten.

0 50 100 150 200 250 300

θr / 2≈ 40 K

2

1

Gleichgewichtsmischung

Meßkurve (1/4 p- + 3/4 o-H)2

Ortho

Para

rC r / Nk

T / K

Der Übergang zwischen ortho- und para-H2 ist schon bei Raumtemperatur kinetisch stark ge-

trennt, so daß sich ohne Katalysator das Gleichgewicht gar nicht einstellen kann und immer

eine Mischung aus ¼ p- und ¾ o-H2 vorliegt. Diese Kurve stimmt auch mit der experimentel-

len überein:

C C Cv vortho

vpara= +3

4

1

4

Bei Messungen der Molwärme mit Hil fe eines Katalysators mißt man, und dieses hat

Bonhoeffer als erster zeigen können, tatsächlich die theoretische Gleichgewichtskurve.

Die Erklärung des Verlaufes der Wärmekapazität gerade für diesen Fall war einer der größten

Triumphe für die quantenmechanische statistische Mechanik. Bevor die Erklärung gegeben

war, hatten viele gerade den von der Theorie abweichenden Verlauf als einen Beweis gegen

die Gültigkeit der Quantenmechanik angesehen.

Page 82: Statistische Thermodynamik

79

Daß gerade beim Wasserstoff diese Beobachtungen gemacht wurden, liegt an der relativ

hohen charakteristischen Rotationstemperatur der H2, die meisten anderen Moleküle erreichen

den „Hochtemperaturstatus“ noch im festen Zustand!

5.6. Thermodynamische Funktionen

In der starren Rotator- harmonischer Oszill ator Näherung können wir für die

Zustandssumme jetzt schreiben:

( )q V TmkT

hV

I kT

he e e

h

kTh

kTe

D kTe, /=

− −−

2 81

2

32 2

22

1

1

π πσ

ων ν

Diese Beziehung gilt unter den Bedingungen:

θrot << T, nur Elektronen-Grundzustand, Energienullpunkt für getrennte Atome in Ruhe im

elektronischen Grundzustand.

Mit dieser Funktion lassen sich die bekannten thermodynamischen Funktionen berechnen:

U

N kT

h

kT

h

kT

e

D

kTh

kT

e= + +− +

−+

5

2 21

νν

ν

C

Nk

h

kT

e

e

v

h

kT

h

kT

= +

+5

21

2

2

νν

ν

A

N kT NQ

N

q

Nq N q

N

e

q e

N

N

= − = − = − + − = − +

= − ⋅

1 11ln ln

!ln ln ln ln

ln

( )A

N kT

m m kT

h

Ve

N

IkT

h

h

kTe

D

kT

h

kT

ee

= −+

− + + −

− −

−ln ln ln

ln

2 8

211 2

2

32 2

2

1

π πσ

ν

ω

ν

( )S

Nk

U

N kT

A

N kT

m m kT

h

Ve

N

IkT

he

h kT

e

h

kT

e h kT

= − = ++

+ − −

+ +−

−ln ln ln

ln/

/

2 81

1

1 22

32 7

2 2

2

1

π πσ

ω ν

ν

ν

Page 83: Statistische Thermodynamik

80

p V N kT⋅ =

( ) ( )µ π π ν

ω

νo h

kT

ee

T

kT

m m kT

hkT

IkT

h

h

kTe

D

kT

= −+

− + + −

− −

−ln ln ln

ln

2 8

211 2

2

32 2

2

1

Wenn man für S berechnete Werte mit experimentell bestimmten vergleicht, wird man eine

hervorragende Übereinstimmung feststellen. Bei noch genaueren Berechnungen

(Berücksichtigung der ersten Korrekturen zum harmonischen Oszill ator - starren Rotator

(Zentrifugaleffekte, anharmonische Effekte)) kann man natürlich die Übereinstimmung noch

weiter verbessern.

Es erscheint eigentlich logisch, nun zu polyatomaren Molekülen überzugehen und diese

analog zu den zweiatomigen zu behandeln. Dieses ist aber nicht einfach, da man in vielen

Fällen, z.B. dann, wenn die Moleküle keinen bestimmten Symmetriegrad besitzen, keine

geschlossene Form für den Ausdruck für die Rotationsniveaus erhalten kann. D.h. die

Bestimmung von qrot ist ein nicht leichtes numerisches Problem. D.h. auch, wir stoßen jetzt

schon auf die Grenzen der statistischen Thermodynamik, obwohl wir noch nicht einmal

einfachste Wechselwirkung zwischen Molekülen berücksichtigt haben. Allein schon die

Wechselwirkung von nur zwei einfachen Molekülen, hervorgerufen durch ein realistisches

interatomares Potential, wird zu einem extrem komplizierten quantenmechanischen Problem.

Page 84: Statistische Thermodynamik

81

6. K lassische Statistische Mechanik

Mit ein grundlegendes Prinzip der Quantenmechanik ist es, daß bei hohen Quantenzahlen

klassisches Verhalten erreicht wird. Wir waren bis jetzt ausgegangen von einem quantenme-

chanischen Problem, haben das Ergebnis in der molekularen Zustandssumme benutzt, eine

Hochtemperaturnäherung benutzt und dann befriedigende Ergebnisse für die Hochtempera-

turgrenze gefunden, d.h. wir haben zunächst eine quantenmechanische Lösung gehabt, dann

zu einem späteren Zeitpunkt die klassischen Grenzen benutzt. Es ist nur natürlich, wenn wir

uns überlegen, ob wir nicht auch ohne Quantenmechanik mit klassischer Mechanik zum

gleichen Ziel gelangen können. (Maxwell , Boltzman, Gibbs in Zeiten vor der

Quantenmechanik entdeckt.)

6.1. Die klassischen Zustandssummen

Die molekulare Zustandssumme ist die Summe über alle möglichen Quantenzustände.

Der entsprechende klassische Ausdruck ist eine ähnliche Summe, oder, da im klassischen

Sinne die Energie eine kontinuierliche Funktion der Impulse pj und der Koordinaten qj ist, und

zwar das Integral über diese klassischen Zustände des Systems. Da die klassische Energie die

Hamiltonfunktion H(p,q) ist, können wir schreiben:

( )q e dpdqklassH p q∼ −∫∫ ..... ,β

dp = dp1 dp2 dp3 ... dps s = Zahl der Freiheiten des Moleküls

dq= dq1 dq2 dq3 ... dqs

qj muß nicht notwendigerweise ein Satz von kartesischen Koordinaten sein, qj stellt

üblicherweise einen Satz von verallgemeinerten Koordinaten dar, d.h. einen Satz von Koor-

dinaten, die die Position des Moleküls spezifizieren, z.B. x, y, z für einen Massenpunkt (auch

Schwerpunkt), φ und q für einen starren Rotator.

Page 85: Statistische Thermodynamik

82

Die klassische Hamiltonenergie für ein einatomiges Gas (Translator) ist

( )Hm

p p px y z= + +1

22 2 2

und damit folgt:

( )q

p p p

mdp dpdp dxdydzklass

x y z

x z y∼ −+ +

∫∫ ... exp

β 2 2 2

2

Wir haben hier drei Koordinaten benötigt, um die Position des Moleküls festzulegen.

( )

dxdydz V

q V e dp mkT Vklassp m

=

⟩ ∼

=−

−∞

∞β π

2 2

33

22/

Vergleichen wir diese Ergebnis mit dem Ausdruck

( )q V TmkT

hVtrans , =

22

32π

,

so stellen wir fest, daß nur das h (bzw. h3) in der klassischen Gleichung fehlt, was aber nicht

verwundert, da h eine quantenmechanische Größe ist.

Betrachten wir auch den starren Rotator, dessen Hamilton-Funktion sich schreiben läßt, wie

wir zu Anfang der Vorlesung gesehen haben, als

HI

pp= +

1

22

2

2θθ

θsin

(zwei Paare vom konjugierten Orts- und Impulskoordinaten)

Page 86: Statistische Thermodynamik

83

Damit folgt:

( ) ( )

qI kT

pp

dp dp d d

dI kT

p dpI kT

pdp d

I kT I kT d

rot ∼ − +

∼ −

−∞

−∞

−∞

+∞

−∞

∫∫∫∫

∫ ∫ ∫∫

expsin

exp expsin

sin

1

2

1

2

1

2

2 2 2

22

200

2

0

22

0

2

2

12

12

0

θφ

ππ

θ φ

π

θ θ

πφ

φ

π

θθ φ

φθ

θ

π π π θ θ

( )∼ ⋅ =2 2 2π π I kT (( ))8 2ππ I kT

Für den klassischen harmonischen Oszill ator gilt:

( )

Hp k'

x

q e dpdx

p

kTdp

k' x

kTdx

kTkT

k'

kTk'

kT k'

oszHosz

= +

∼ −

∼ ⋅

∼ =

−∞

−∞

−∞

−∞

∫∫

∫∫

22

2 2

12

12

12

2 2

2 2

22

21

2

µ

µ

π µ π

π µν

νπ µ

β

exp exp

Bei der Translation fehlt h3, bei der Rotation h2 und bei der Schwingung h. Wir stellen fest,

daß pro dpj dqj ein h fehlt. Da h die Dimension eines Impuls · Zeit hat und damit dpj dqj /h di-

mensionslos wird, wie wir es für die Zustandssumme fordern, nehmen wir einfach an, daß

q eh

e dp dqj kT

sH

jj

s

j= →− −

=∑ ∫∫ ∏ε β/ ...

1

1

Da die Oszill ation normalerweise nicht klassisch behandelt werden kann, können wir auch

schreiben q = qklass ⋅ qquant, wobei qklass die Rotation und Translation, qquant die anderen Terme

berücksichtigt.

Page 87: Statistische Thermodynamik

84

6.2. Phasenraum und Gleichverteilungspr inzip der Energie

Wir wollen dieses Ergebnis uns anschaulich machen, wenn auch die Einführung von h

letztendlich will kürlich war.

Wenn wir z.B. die eindimensionale Translation betrachten, so stellt der sogenannte Phasen-

raum eines Freiheitsgrades (s = 1) eine Fläche x ⋅ px dar (allgemein qx ⋅ px) (d.h. 2 s Koordina-

ten), in welcher jeder Punkt (Phasenpunkt) einen möglichen Zustand des Teilchens entspricht.

Diese Anschauung können wir analog auf vieldimensionale Probleme ausdehnen (z.B. 6-di-

mensional bei Translation in drei Raumrichtungen, oder 6N-dimensional bei N-Partikeln mit

Translation in drei Raumrichtungen). Damit ist das Teilchen bzw. das System von N-Teilchen

spezifiziert, d.h. durch einen Punkt im Phasenraum. Nach der quantenchemischen Beschrei-

bung stehen dem Teilchen aber nur diskrete Zustände ψs zur Verfügung. Der Phasenraum des

betrachteten Freiheitsgrades ist daher in Zellen aufzuteilen, die die Größe ∆qx ⋅ ∆px = h auf-

weisen. Jede Zelle entspricht einem Quantenzustand. Dementsprechend ist ein 6 dimensinaler

Phasenraum in Zellen mit dem Volumen h3 aufzuteilen. Dieses Bild des in Zellen unterteilten

Phasenraumes wurde von Planck entwickelt.

Aus den klassischen Ausdrücken der Zustandssummen läßt sich schnell auch das

Gleichverteilungsprinzip der Energie auf die einzelnen Bewegungsformen bei hohen

Temperaturen (klassisch) herleiten.

Die Hamilton-Funktion ist eine Summe von Termen, die vom Quadrat der Impuls- oder Orts-

variablen abhängen. Jeder dieser Terme definiert einen sogenannten Freiheitsgrad des

Moleküls und hat die Form

εu cu= 2

u ist zum Beispiel px oder x und c ein Zahlenfaktor. Das Phasenintegral und damit auch die

Zustandssumme enthält dementsprechend den Faktor

q e dukT

cu

cu

kT∼ =

−∞

+∞

∫2 1

Page 88: Statistische Thermodynamik

85

Da

U N kTq

dTN kTu

u

V N

=

=2 1

2

∂ ln

,

und

CU

TNkV u

u

V

, =

=∂

bringt jedes qu und damit jeder Freiheitsgrad (quadratischer Term der Hamilton-Funktion)

gemäß der klassischen Behandlung 1

2RT zu Umol und

1

2R zu CV mol. Bei hinreichend hohen

Temperaturen ist die Energie also gleichmäßig auf alle Freiheitsgrade gleichmäßig verteilt .

Enthält die Hamilton-Funktion n solche quadratischen Terme, so ergibt sich gemäß dem

Äquipartitionsprinzip für ein Mol:

Un

RT Cn

Rm V m= =2 2

,

Bei einem idealen zweiatomigen Gas liefert die Tranlation drei quadratische Terme (px, py,

pz), die Rotation zwei (pθ, pφ) und die Schwingung ebenfalls zwei (pr, r-r0) ⟩ n= 7. Die

charakteristische Temperatur der Schwingung ist allerdings so hoch, daß bei Raumtemperatur

die klassische Behandlung nicht mehr auf die Schwingung anwendbar ist. Diese ist dann nach

der quantenmechanischen Formel auszurechnen.

Die Schwingung von Gitterbausteinen läßt sich dagegen oft schon bei Raumtemperatur klas-

sisch beschreiben (Dulong - Petit!). Hiermit ist auch das Stichwort gegeben für das nächste

Kapitel.

Page 89: Statistische Thermodynamik

86

7. Kr istalle

Anders als bei idealen Gasen können in Kristallen die Wechselwirkung der Teilchen

untereinander selbstverständlich nicht vernachlässigt werden, aber das Prinzip der

Normalkoordinaten erlaubt es uns, den Kristall als ein System unabhängiger Teilchen zu

betrachten. Wir werden sehen, daß alle thermodynamischen Eigenschaften eines Kristalls über

die Verteilung der Frequenzen der Normalschwingungen ausgedrückt werden können. Diese

Verteilung exakt auszurechnen ist schwierig, aber wir werden zwei bekannte Näherungen

diskutieren, die Einstein- und die Debyenäherung. Zunächst aber wenden wir uns dem

Schwingungsspektrum eines monoatomigen Kristalls zu.

7.1. Schwingungsspektrum eines monoatomaren Kr istalls

Wir wollen die Zustandssumme für einen einatomigen Kristall berechnen. Wir hatten schon

festgestellt , daß man den Kristall als System von unabhängigen Teilchen beschreiben kann,

wenn man das Konzept der Normalschwingungen benutzt. Wir wollen den Kristall darstellen

durch ein System regulär angeordneter Massenpunkte, verbunden durch Federn. Diese Federn

repräsentieren die interatomaren Kräfte (Kraftkonstante), die jedes Atom um den Gitterplatz

sieht. Jedes Atom sitzt in einer Potentialmulde mit dem Minimum im Gitterpunkt.

In einem typischen Kristall sieht jedes Atom eine sehr tiefe bzw. steile Potentialmulde, d.h.,

die Amplitude (Auslenkung von der Ruhelage) der Schwingung um den Gitterpunkt ist klein.

Diese Tatsache erlaubt es uns, das interatomare Potential für den gesamten Kristall i n eine

Taylor Reihe zu entwickeln. Wir setzen an:

( )U U x x x xN= ∆ ∆ ∆ ∆1 2 3, , ,....

∆ xj sind die Auslenkungen aus der Gleichgewichtslage, N, die Anzahl der Atome; durch die

∆ xj wird die relative Lage der Teilchen zueinander ausgedrückt, wobei der Energienullpunkt

die Gleichgewichtslage ist.

Wir schreiben für kleine Auslenkungen:

Page 90: Statistische Thermodynamik

87

( ) ( )U x x x UU

xx

U

x xx x

Njj

N

j

j ii

N

j

N

j i

∆ ∆ ∆∆

∆ ∆∆ ∆

1 21 0

2

0

000 0

1

2

, , .... , , ...,

....

= +

+

+

=∑

∑∑

∂∂

∂∂ ∂

Diese Beziehung gilt für den eindimensionalen Fall

a a a a a

∆xj-1 ∆xj ∆xj+1

j-1 j j+1

Die Ableitungen müssen an den Stellen ∆ xj = 0 gebildet werden. Da U dann seinen

Minimalwert erreicht, ist ∂

∂U

xj∆= 0 , d.h. es gilt:

( ) ( )

( )

U x x x UU

x xx x

U k x x

Ni ji j

N

i j

iji j

N

i j

∆ ∆ ∆∆ ∆

∆ ∆

∆ ∆

1 2

2

00 01

2

00 01

2

, , .... , , ..., ...

, , ...,

,

,

= + +

= +

∂∂ ∂

Wobei wir einen Satz von Kraftkonstanten kij eingeführt haben und die Reihe nach dem 2.

Glied abgebrochen haben, da Glieder höherer Ordnung keinen entscheidenden Einfluß mehr

ausüben können. Das wichtigste Ergebnis ist, daß U eine quadratische Funktion der Auslen-

kung ist.

U(0,0, ..., 0) ist eine reine Funktion der Gitterabstände, d.h. eine Funktion von V/N oder von

der Dichte ρ. Um dieses zu verdeutlichen, schreiben wir für die potentielle Energie U(0,ρ).

Wir wählen als Energienullpunkt die getrennten Teilchen in Ruhe. In deren

Potentialminimum ist die Änderung von ( )U x x xN∆ ∆ ∆1 2, , .... nur eine Funktion von V/N,

d.h. auch, die Kraftkonstanten hängen auch nur von V/N ab.

Page 91: Statistische Thermodynamik

88

Die obige Gleichung gilt für ein System von gekoppelten harmonischen Oszill atoren. Sie sind

gekoppelt, da die Kreuzterme auftreten. Daher ist die potentielle Energie und damit die

Hamil tonfunktion eine komplizierte Mischung der Koordinaten ∆ ∆x x1 2, , ..... Träten diese

nicht auf, dann hätten wir wieder eine Summe von unabhängigen Termen, d.h. die

Schrödinger Gleichung (quantenmechanisch) oder die Lagrangeschen Gleichungen

(klassisch) würden uns N getrennte oder unkoppelte harmonische Oszill atoren liefern. Wir

können aber, da wir oben eine quadratische Funktion von den Auslenkungen haben, eine

Koordinatentransformation (bestimmte lineare Kombination kartesischer Koordinaten)

durchführen, d.h. neue Koordinaten (Normalkoordinaten) einführen, so daß wir tatsächlich

einen Satz unabhängiger harmonischer Oszill atoren erhalten. Wie bei einem polyatomaren

Molekül können wir die Normalkoordinatenanalyse auf den gesamten Kristall von N Atomen

anwenden, d.h., wir können den Kristall als ein sehr großes polyatomares Molekül ansehen.

Wir können einsehen, daß das Born-Oppenheimer Potential, d.h. das Potential, erzeugt durch

die Elektronenbewegung im Feld fixierter Kerne, von der Zahl der internuklearen Abstände

abhängt. Jedes Atom in einem n-atomigen Molekül erfordert drei Koordinaten, um es zu

lokalisieren. Man benötigt damit 3n Koordinaten, um das Molekül insgesamt zu spezifizieren.

Davon sind drei Koordinaten erforderlich, um den Schwerpunkt festzulegen, zwei (für lineare)

oder drei (für nichtlineare), um die Orientierung festzulegen. Die verbleibenden 3n-5 oder 3n-

6 inneren Koordinaten sind notwendig, um die relative Lage der n Kerne zu beschreiben.

Damit hängt das Born-Oppenheimer Potential von 3n-5 bzw. 3n-6 Koordinaten ab, d.h. wir

haben eine 3n-5 oder 3n-6 dimensionale komplizierte Energiefläche zu betrachten. Um dieses

Problem zu lösen, hil ft uns eben (s.o.) die Normalkoordinatentransformation.

Im Festkörper, d.h. im Kristall haben wir nun nach Anwendung der

Koordinatentransformation 3N-6 Schwingungsfreiheitsgrade, d.h. auch 3N-6 ≈ 3N

unabhängige harmonische (quadr. Abhängigkeit) Oszill atoren und damit 3N verschiedene

Schwingungsfrequenzen (einzige Bedingung nur: kleine Amplituden!!)

JH

m xf x= − +

K

2

1

2

2

22∂

νπ µj

j

j

k=

1

2

12

j = 1, 2, .... 3N-6 ≈ 3N

Page 92: Statistische Thermodynamik

89

wobei kj und µj effektive Kraftkonstanten fV

N

bzw. effektive reduzierte Massen sind.

Die genauen Formen von kj und µj sind für uns uninteressant, der wichtige Punkt ist nur der,

daß das komplizierte allgemeine Schwingungsproblem mathematisch auf 3N unabhängige

harmonische Oszill atoren, jeder mit seiner eigenen Frequenz, die eine komplizierte Funktion

der Massen, Kraftkonstanten und der Gittergeometrie sind, reduziert werden kann.

Da die Translation und Rotation des Kristalls nur einen vernachlässigbaren Beitrag zur Zu-

standssumme liefern, ist die Zustandssumme auszusetzen als

( )Q

V

NT e q

U

kTosz

j

N

j,

,

=−

=

∏0

1

3 6ρ

Das Glied ( )

eU

kT−

0,ρ

berücksichtigt die Festlegung des Nullpunktes der Energie (getrennte Teil -

chen in Ruhe). Wir müssen in diesem Fall nicht durch N! dividieren, da wir die lokalisierten

Teilchen durch ihren Platz als unterscheidbar betrachten können. Die Molekülzustandssumme

für die Schwingung kennen wir von den zweiatomigen Molekülen her:

( )

qe

e

Qe

e

e

osz

h

kT

h kT

h

kT

h

kTj

NU kT

j

j

=−

⟩ =−

−=

−∏

ν

ν

ν

νρ

2

2

1

30

1

1

/

, /

Da wir 3N Normalfrequenzen haben, können wir davon ausgehen, daß sie kontinuierlich ver-

teilt sind, d.h. wir können logarithmieren und dann die Summe durch das Integral ersetzen,

wobei wir die Funktion g(ν) dν einführen, die die Zahl der Frequenzen zwischen ν und ν +

dν angibt:

( ) ( )− = + −

+

∫ln,

lnQU

kTe

h

kTg d

h

kT0

12

0

ρ ν ν νν

Page 93: Statistische Thermodynamik

90

Dabei muß ( )g d Nν ν0

3∞

∫ =

Wenn wir g(ν) kennen, können wir auch die thermodynamischen Funktionen eines Kristalls

berechnen. Es gilt:

( ) ( )U kTQ

TkT

U

kT

kTh

kTe

e

hg d

h

kT

h

kT

= = +−

+

∫2 22

22

0

0

12

∂∂

ρν

ν ν ν

ν

νln ,

(( )) (( ))== ++−−

++

−−

−−

∞∞

∫∫Uh e

eh

g d

h

kT

h kT0

1 20

,/

ρρ νν νν νν νν

νν

νν

und

( ) ( )( ) ( )C

h

kTe e h e

h

kTe

eg dV

h

kT h kTh

kT

h

kT

h kT=

− +

− − − −

νν ν

ν ν

νν

ν ν

ν

2

2 2

2

0

1

1

/

/

(( )) (( ))==

−−

−−

−−

∞∞

∫∫k

hkT

e

eg d

h

kT

h kT

νν

νν νν

νν

νν

2

20 1 /

Man kann g(ν) bestimmen, aber dieses ist ein nicht leichtes Problem (obwohl leichter, als

ν j zu bestimmen). Einfacher ist es, für g(ν) Näherungen zu benutzen. Zwei Näherungen

sind bekannt und wichtig, die von Einstein und die von Debye. Nach Einstein sind alle

Normalschwingungen bzw. -frequenzen gleich. Debye behandelt den Kristall als ein

kontinuierliches elastisches Medium und berücksichtigt alle elastischen Wellen, welche in

einem solchen Körper möglich sind.

Page 94: Statistische Thermodynamik

91

7.2. Einstein-Theor ie und Wärmekapazität von Kr istallen

Dieses ist die Anwendung eines sehr einfachen Modells. Anfang des Jahrhunderts war die

klassische statistische Thermodynamik bekannt. Danach müßte, falls sich die N Atome im

Kristall wie harmonische Oszill atoren verhalten, jedes Atom für jeden der drei Freiheitsgrade

k(J/K) zur Wärmekapazität, d.h. für ein Mol 3⋅Nk = 3 R (6 cal/mol K bzw. 25 J/mol K) zur

Molwärme beitragen. Diese Voraussage (Dulong/Petit) stimmt für viele Kristalle bei höheren

Temperaturen, oft auch bei Raumtemperatur, aber nicht bei tiefen Temperaturen. Experimen-

tell wurde gefunden, daß CV bei T → 0 ebenfalls Null wird und zwar entsprechend einer Funk-

tion ∼ T 3. Dieses T 3-Gesetz muß durch jede Theorie, die richtig sein soll , bestätigt werden.

Einstein war nun der erste, der auch Anfang des Jahrhunderts eine Erklärung für das Tieftem-

peraturverhalten der Molwärme der Festkörper lieferte. Er nahm an, daß jedes Atom im

Kristall die gleiche Umgebung sieht und unabhängig von den anderen Schwingungen mit der

gleichen Frequenz um die Ruhelage ausführt, d.h., der gesamte Kr istall wurde als ein System

von 3N unabhängigen harmonischen Oszill atoren angesehen. Diese Annahme lieferte für

den klassischen Grenzfall die Dulong-Petische Regel, aber Einsteins Verdienst war es (1907)

zu sagen, daß die Energie jedes Oszill ators quantisiert ist, entsprechend der Planckschen

Vorstellung. Heute können wir das so interpretieren, daß Einstein annahm, daß das Frequenz-

Spektrum g(ν) eine Delta-Funktion bei einer Frequenz ist:

( ) ( )g N Eν δ ν ν= ⋅ −3 (Einstein war allerdings nur von qosz3N ausgegangen!)

Über den Faktor 3 N wird ( )g d Nν ν0

3∞

∫ = befriedigt. Der Wert der Einsteinfrequenz variiert

von Substanz zu Substanz und spiegelt die Nähe der interatomaren Wechselwirkung wider.

Wenn wir die Deltafunktion einsetzen in unsere Beziehung für CV, erhalten wir:

( )C Nk

h

kT

e

eV

Eh kT

h kT

E

E

=

−3

12

ν ν

ν

/

/

oder bei Definition der Einsteintemperatur θθE

Page 95: Statistische Thermodynamik

92

(( ))C Nk

Te

eV

ET

T

E

E

==

−−

−−

−−3

1

2

2

θθ θθ

θθ

/

/

( )T eT

E T E→ ∞ − → − +

⟩−: /1 1 12

2θ θ

C NkV == 3

T C NkT

eVE TE→ ⟩ →

−0: 32θ θ /

Für T → 0 stimmt also das Einstein-Modell nicht, da man ja ein T 3-Verhalten experimentell

bestimmt hat. Die obige Beziehung ergibt ein schnelleres Abfallen auf Null .

Aber eines zeigt die Einsteinbeziehung für CV auch noch. Wenn wir CV gegen T/θE

auftragen, erhalten wir für alle Substanzen die gleiche Funktion, d.h., CV ist eine universelle

Funktion von T/θE. D.h. die Kristalle gehorchen dem Theorem der übereinstimmenden

Zustände. Obwohl die Einstein-Beziehung die experimentellen Daten nicht quantitativ

reproduziert, so ist die Voraussage des Theorems richtig.

7.3. Debye-Theor ie und Wärmekapazität von Kr istallen

Nach Planck ist die Energie eines Oszill ators proportional zur Frequenz. Da bei kleinen

Temperaturen die niedrigen Energien stärker vertreten sind, sind dort die niedrigen

Frequenzen (größere Wellenlängen) wichtiger. Der Erfolg der Debye-Theorie ist, die größeren

Wellenlängen exakter zu behandeln und somit das Tieftemperaturverhalten der

Wärmekapazität besser beschreiben zu können.

Die Normalfrequenzen eines Kristalls variieren von 0 bis zu einer Größenordnung von 1013 s-

1. Normalfrequenzen sind nicht Schwingungen einzelner Atome zuzuordnen, sind aber eine

konzentrierte Aktion aller Atome. Diese gemeinsame Bewegung (ist die Normalkoordinate

bzw.) sind die Normalmoden. Die Normalmoden von CO2 oder H2O bedeuten z.B. die

gemeinsame Bewegung (synchron) aller Atome.

Page 96: Statistische Thermodynamik

93

Wir können einmal die extremen Normalmoden eines eindimensionalen Kristalls zeichnen:

Im oberen Fall i st die Wellenlänge 2a, in diesem Fall i st die Annahme eines Kontinuums

sicher eine schlechte Näherung (da Auslenkung benachbarter Teilchen sehr verschieden!). Im

unteren Fall (große Wellenlänge) werden bei sehr, sehr vielen Atomen die Auslenkungen

benachbarter Atome ähnlich groß sein, d.h. hier ist die Annahme eines kontinuierlichen

Systems sicher eine gute Näherung, d.h. die Frequenzdichte des Kontinuums stimmt mit der

im Festkörper hinreichend gut überein. Und dieses ist die wesentliche Annahme von Debye,

daß wir von einem kontinuierlichem elastischen Medium für alle Normalschwingungen

auszugehen haben, welches wir bis zu den 3 N Schwingungen approximieren (in Wirklichkeit

ist hier die Annahme nicht mehr korrekt), d.h.

( ) ( )g gD kontinν ν' = für ν < νD

( )g Dν ' = 0 für ν > νD

( )g Dν ' ist zu berechnen, wie sonst stehende Wellen in einem schwarzen Körper erhalten wer-

den.

Wir betrachten eine harmonische elektromagnetische Welle mit der Geschwindigkeit c in x-

Richtung. Wir können für die Welle schreiben:

( ) ( )E x t A x ct

Ax

ct

, sin

sin

= −

= −

2

2

πλ

πν

Page 97: Statistische Thermodynamik

94

Durch Einführung der Wellenvektoren k = 2 π ⁄λ

erhalten wir:

( ) ( )E x t A kx kct

A kx ct

, sin

sin

= −

= −

2π νλ ν

( )= −A kx tsin ω mit λ⋅ν = c und 2π ν = ω

Durch Überlagerung von zwei entgegengesetzt gerichteten Wellen erhalten wir´jetzt stehende

Wellen:

( ) ( ) ( )Φ x t A kx t A kx t

A kx t

, sin sin

sin cos

= − + +=

ω ωω

Diese stehende Welle verschwindet für alle t, wenn sin kx = 0, d.h. kx = nπ (n = 1, 2, 3 ...)

(Knoten)

Zwischen den Knoten beobachten wir harmonische Schwingungen mit der Zeit. Für unseren

Fall müssen wir annehmen, daß an den Enden des schwarzen Körpers bzw. unseres Kristalls

Knoten existieren, d.h. unsere Welle ist fixiert zwischen x = 0 und L, d.h. es gilt:

( )kn

Ln= =π

1 2, ...2πλ

π= ⟩

n

LL n= λ

2oder

λ2

=

L

n

L0

n = 1

L0

n = 2

L0

n = 3

Zischen 0 und L gibt es also nur eine ganzzahlige Anzahl von λ2

.

Page 98: Statistische Thermodynamik

95

Für die Diskussion von dreidimensionalen Wellen ist es zweckmäßig nicht mit einem sin-An-

satz, sondern mit dem e-Ansatz zu arbeiten (nun setzen wir A = 1!):

( ) ( )E x t ei kx t, = −ω ( )e x i xix = +cos sin

Eine stehende Welle erhalten wir durch:

( ) ( ) ( )φ ω ωx t e ei kx t i kx t, = +− +

( )= + =−e e eikx i t i tω ω 2e ti kxL L

cosω Vektor!

Für x = 0 und L muß der Imaginärteil wieder verschwinden. Diese Bedingung bedeutet:

kxL = nxπ, kyL = nyπ und kzL = nzπ, wobei kx, ky, kz die Komponenten des Vektors Mk sind. In

Vektorschreibweise heißt dieses

MkL

n= π

Die Frequenz ν (und die Energie) hängt nun aber nur vom Betrag von Mk ab (ω = kc), der

über das Quadrat ermittelt wird:

( )kL

n n nx y z2

22 2 2=

+ +π

Die Zahl der stehenden Wellen zwischen k und k + dk wird jetzt genauso bestimmt wie

seinerzeit die Zahl der Translationsenergiezustände zwischen ε und ε + dε.

Die Zahl der stehenden Wellen mit Wellenvektoren vom Betrag < k ist:

( )φ ππ

ππ π

kk L k L V

k=

=

=1

8

4

3 6 6

3 3

23

Die Zahl zwischen k und k + dk ergibt sich

( )ω φπ

k dkd

dkdk

Vkdk= =

2

22

Page 99: Statistische Thermodynamik

96

Für k haben wir jetzt ν einzuführen über die Beziehung

νλ

ππλ π

ν π π ν= = = ⋅ ⟩ = ⋅ ⟩ =c c c kk

cdk

cd

2

2 2

2 2

( )g dV

c cdν ν ν π

ππ ν=

2 2 2

2 2

2

2

2

= 4 2

3

V

cd

π ν ν

Wir müssen nun aber wissen, daß es zwei Arten von Wellen gibt, die durch ein

kontinuierliches Medium wandern können, transversale Wellen (Oszill ation senkrecht zur

Fortpflanzung, d.h. zur Richtung von Nk ) und longitudinale (Oszill ation in

Fortpflanzungsrichtung). Da man zwei unabhängige Vektoren senkrecht zu Nk und nur einen

parallel zu Nk zeichnen kann, gibt es zwei transversale und eine longitudinale Welle, die zu g

(ν) beitragen, so daß letztendlich gilt:

( )g dc c

V dt l

ν ν π ν ν= +

2 14

3 32

Es ist jetzt empfehlenswert, eine Art mittlere Geschwindingkeit einzuführen:

( )3 2 1 123 3 3 3

2

c c cg d

V

cd

o t l o

= + ⟩ =ν ν π ν ν

Dieser Ausdruck ist exakt für kleine Frequenzen (große Wellenlängen), wo die atomare Natur

des Kristalls unwichtig ist. Die Debye Theor ie benutzt diese Beziehung aber, wie wir

einleitend schon gesagt haben, für alle Normalfrequenzen.

Die Gesamtzahl der Frequenzen ist 3 N, so daß Debye eine Grenzfrequenz νD wie folgt defi-

niert hat:

( )g d ND

ν νν

0

3∫ = (νD = Debye-Frequenz)

Page 100: Statistische Thermodynamik

97

νE νD ν

g(ν )

Einsetzen ergibt:

[ ]12 12 1

33

30

23

3π ν ν π νν

V

cd

V

cN

o oD

D

∫ = =

νπD o

N

Vc=

3

4

13

Drückt man g(ν)dν über νD aus, so erhält man

( )g dN V

Vd

Nd

D D

ν ν πν π

ν νν

ν ν= =3 12

4

93

23

2 0 ≤ ≤ν ν D

( )g dν ν = 0 für ν > νD

Nun können wir dieses Ergebnis in unsere Beziehung für CV einsetzen und erhalten:

( )C N k

h

kTe

edV

h

kT

h kTD

D

=

−∫91

2

20

2

3

ννν

ν

ν

ν

ν

/

Wir ersetzen hν/kT durch xdx

d

h

kT⟩ =

ν und

h

kD

D

ν θ=

( )C N k

x e

ex

kT

h

h

k

kT

hdxV

x

x

T

D

D

=−

−∫91

2

20

22 3

3 3

θ

θ

/

Page 101: Statistische Thermodynamik

98

( )C N k

x e

e

TdxV

x

x

T

D

D

=−

∫9

1

4

20

θ

/

Das Integral muß numerisch gelöst werden, es ist nur eine Funktion der oberen Grenze, d.h.

auch, es ist bequem eine Funktion D(T/θD) zu definieren, derart, daß

( )( )

D TT x e

edxD

D

x

x

TD

//

θθ

θ

=

−=∫3

1

3 4

20

Debye-Funktion

so daß

( )C N k D TV D= 3 / θ

( )D T D/ θ ist tabelli ert, so daß für bekannte Werte von T

Dθ auch CV bestimmt werden kann.

Grenzbereiche:

( )T

x e

edx

x

xdx

TD

x

x

x x

DD D

>> ⟩−

= =

∫ ∫θ θ4

20

4

20

3

1

1

3

(x sehr klein)

⟩ =C N kV 3

T << >>θ D Dx, 1 ⟩ der Integrand geht schnell gegen 0, so daß das Integral durch

(x sehr groß)

( )x e

edx

x

4 4

2

0

4

1

4

15−=

∫π

ersetzt werden kann ⟩ ∼

C

TV

3

Bei T = θD ist die Debye-Funktion = 0,95

Page 102: Statistische Thermodynamik

99

Silber :ΘD = 210 KΘE = 168 K

T3

Debye

Einstein

T / K

Cv / 3 R

Dulong Petit1

Die Debye-Theor ie gilt zwar nicht exakt, sie beschreibt aber ausgezeichnet das T3-Verhalten

bei kleinen Temperaturen. Darüberhinaus sagt es (wie die Einstein-Theor ie) auch die Gültig-

keit eines Theorems der übereinstimmenden Zustände für die Molwärme vorher: CT

VD

=

θ

(für alle Substanzen).

Vielleicht ist noch wichtig anzumerken, daß θD aus elastischen Konstanten bestimmt werden

kann, was einleuchtet, da ja von einem kontinuierlichen elastischen Medium ausgegangen

war. Aus der Tatsache, daß θD aber abhängig ist von der Temperatur, bei der es berechnet

wird (z.B. bei bekanntem CV aus CV = 3 Nk D(T/θD), ist erkennbar, daß die Debye-Theor ie

eben auch nur eine Näherung (und zwar eine gute) ist.

Hiermit soll nun aber die Berechnung der Molwärme in Kristallen weitgehend abgeschlossen

sein, wir wollen uns nur noch einem Aspekt der Phononen zuwenden.

7.4. Phononen

Wir hatten gesehen, daß der Kristall 3 N Normalschwingungen hat (aus deren Überlagerung

sich das komplizierte Schwingungsverhalten im Kristall ergibt (daher Normal-Koordinaten-

Analyse)) mit jeweils eigenen charakteristischen Frequenzen ν1, ν2 .... ν3 N.

Page 103: Statistische Thermodynamik

100

Wir können die Gesamtenergie des Kristalls über

( ) ( ) ( )E n h n U Oj jj

N

j= + +=∑ ν ρ

1

31

2 ;

berechnen.

Damit gilt:

( ) ( )

( )

E n U Oh

h n

U O E h n

jj

j

N

jj

N

j

jj

N

j

= + +

= + +

∑ ∑

;

;

ρν

ν

ρ ν

2

3 3

0

3

Wir haben E0 gleich der gesamten Nullpunktsschwingungsenergie gesetzt. Wir haben zu

jedem νj die entsprechende Quantenzahl nj zu berücksichtigen (eine Zahl aus allen

Möglichkeiten). Da E eine Summe von Termen ist, kann es interpretiert werden als die

Energie eines Systems unabhängiger Teilchen (die Normalschwingungen sind keine

Teilchen), welche die Zustände 1, 2, 3 ... 3 N mit entsprechenden Energien hν1, hν2, ... hν3 N

mit n1 Partikeln im ersten und n3 N im 3 N-ten Zustand besetzen. Durch den Satz der Zahlen

nj, der Besetzungszahl der 3 N-Zustände, ist der Zustand des Systems komplett beschrieben.

Da nun nur diese Zahl der Partikel in jedem Zustand das System spezifiziert, können wir

diese Partikel auch als ununterscheidbar ansehen, und, da keine Beschränkung hinsichtlich

der Besetzungszahl eines Zustandes vorhanden ist (nj = 0, 1, 2, ..., 3 N), sind diese Partikel

Bosonen. Es sind sogenannte Quasiteilchen, die wir Phononen (quantisierte

Oszill ationsteilchen) nennen.

Halten wir aber fest, daß dieses hier eine Interpretation (zugegebenermaßen sehr nützliche)

ist, daher Quasiteilchen (wie Photonen z.B.! quantisierte elektromagnetische Strahlungsteil -

chen). Wir haben wegen der Nichtwechselwirkung ein ideales Bose-Einstein-Gas in den Pho-

nonen. Da Gitterschwingungen eng verknüpft mit Schallwellen sind, können Phononen auch

als quantisierte Schallwellenteilchen betrachtet werden.

Wir können für nj das Ergebnis der Bose-Einstein-Statistik heranziehen. Dort hatten wir

erhalten:

Page 104: Statistische Thermodynamik

101

ne

e ee ej

j

j j=

−=

−= =

− −−λ

λ λλ

βε

βε βεα βµ

1

1

11

Wir müssen λ kennen, um diese Gleichung bequem handhaben zu können. Und wir haben

Glück, daß wir für im Phononen-Gas λ einfach bestimmen können. Der Grund hierfür ist der,

daß die Zahl der Phononen nicht vorgegeben ist, d.h., es ist möglich, eine Anzahl von Sätzen

nj zu haben, für welche gleiches E(nj) gefunden wird, aber n njj

= ∑ verschieden ist (weil

νj in der Gleichung steht!). Thermodynamisch ist das System also durch V und E charakteri-

siert, d.h. auch, das Phononensystem ist mathematisch identisch mit einem Photonengas.

Wir erhalten µ = 0 oder λ = 1. Der Beweis hierfür ist einfach. Wir nehmen ein Gleichgewicht

an:

n A ←→ m A mit n ≠ m

⟩ Gleichgewichtsbedingung (m - n) µ = 0, da m ≠ n, muß µ = 0 sein. Wir können das auch

anders betrachten. Da das System durch E und V charakterisiert ist, nicht durch N, heißt das,

daß Q (E,V) und damit

∂∂

α µ∂∂

∂∂

ln lnQ

N

A

NkT

Q

N= = ≡ = −

0 .

Also gilt:

ne

j j=

−1

1βε

und damit

( )

( )

U E n h E U

h

eE U

j j

j

h j

= = + +

−+ +

∑∑

ν ρν

ρβ ν

0

0

0

10

;

;

oder:

( ) ( )U Eh g

ed E U

h j= =

−+ +

∫ν ν

ν ρβ ν 10

0

0 ;

Diese Beziehung haben wir schon vorher kennengelernt als Ausgangsbeziehung für unsere

CV-Berechnung in Kristallen.

Page 105: Statistische Thermodynamik

102

8. Quanten-Statistik

Bei den Phononen haben wir jetzt zum ersten Mal die Quantenstatistik (B-E) angewandt,

und dabei auch schon teilweise die Analogie zu Photonen gezogen. In diesem Kapitel wollen

wir uns u.a. auch mit den Photonen beschäftigen, aber auch mit anderen Bosonen und

Fermionen. Wir wollen noch einmal die fundamentalen Gleichungen beschreiben:

Ne

ek

k

k

* =±

λλ

β ε

β ε1

(Teilchen pro Zustand)

+ −− −

F D

B E

. .

. .

N Ne

k

k

k= =

±∑ ∑−

−* λ

λ ε

β ε

β ε1

U E Ne

k kk

k

k= = =

±∑ ∑−

−* ε

ε λλ ε

β ε

β ε1

( )pV kT e k

k

= ± ± −∑ ln 1 λ β ε

Wir wissen, daß λ µ= e kT/ (ohne Ableitung hier, obwohl wir dieses nur für Boltzmann gezeigt

haben, ist es allgemein gültig) ist.

Für die Boltzmann-Verteilung ist ∂∂ln

lnQ

N

q

N= und damit λ = N

q. In diesem Fall i st mit den

obigen Beziehungen einfach zu rechnen (λ ist sehr klein). Dies bedeutet auch, daß λ ein Maß

dafür ist, ob wir klassisch (kleine λ-Werte) oder quantenstatistisch (hohe λ-Werte) arbeiten

müssen. Da Quanteneffekte bei tiefen Temperaturen deutlich werden, heißt dieses, daß λ bei

tiefen Temperaturen und großen Dichten groß ist.

Wir wollen zunächst anhand eines idealen Gases von Photonen (elektromagnetische

Strahlung) im thermischen Gleichgewicht diskutieren und dabei die fundamentalen

Gesetzmäßigkeiten für einen schwarzen Strahler herleiten, die von Planck entdeckt

gleichzeitig zur Einführung der Quantenmechanik führten.

Page 106: Statistische Thermodynamik

103

8.1. Ideales Gas von Photonen (Strahlung eines schwarzen Körpers)

Den schwarzen Körper hat man sich wie folgt vorzustellen. Man macht eine Höhle in ein Ma-

terial, evakuiert sie und heizt dann das Material auf eine Temperatur T auf. Die Atome der in-

neren Wände absorbieren und emittieren Strahlung, so daß wir im Gleichgewicht die Höhle

mit elektromagnetischer Strahlung gefüllt haben. Solch eine Höhle wird Schwarzer Strahler

genannt.

Die quantenmechanische Theorie elektromagnetischer Strahlung lehrt uns, daß die

elektromagnetische Welle als masseloses Teilchen mit einem Spindrehimpuls O = h

2π, einem

Impuls und einer Energie, die Funktionen der Wellenlänge sind, behandelt werden kann. Die

massenlosen Partikel werden Photonen genannt. Da sie einen Spin 1 (in Einheiten von P )

haben, sind sie Bosonen, d.h., sie stellen ein ideales Bose-Einstein-Gas dar. Da die Wände

konstant Photonen emittieren und absorbieren, ist die Zahl der Photonen zu keinem

Augenblick festgelegt, d.h. N ist keine unabhängige thermodynamische Variable und das

System wird thermodynamisch durch V und T eindeutig beschrieben. Wir können nun alles,

was wir bei den Phononen hinsichtlich der Anzahl stehender Wellen kennengelernt haben,

hier auch benutzen, d.h. für die Zahl stehender Wellen zwischen k und k + dk beträgt:

( )ωπ

k dkV k dk

=2

22

Für k müssen wir jetzt die Energie einsetzen über:

ε ν ωπ ν λ

λε

ε ε

= = = ⋅ = ⟩ =

⟩ = ⟩ =

h c k kc

d c dk dkd

c

Q Q Q Q

Q Q

2

( )( )

ω ε εε ε

πd

V d

c=

2

2 3Q (wegen der 2 möglichen Polarisations-richtungen fällt die 2 hier weg)

Die totale Energie des Systems ist jetzt gegeben durch

Page 107: Statistische Thermodynamik

104

( )E n n nk kk

k k= ⋅ =∑ε 0 1 2, , ....

Die Systemzustandssumme ist gegeben durch:

( ) ( )

Q V T e eE n

n

n

n

k

k

kk

k

k

, = =∑−

∑ ∑ββ ε

Es gibt für nk keine Beschränkung, da die Zahl der Photonen nicht konstant ist. Daher ist

Q nur eine Funktion von V, T und nicht von N! Für die Summation können wir wegen der

Nichtbegrenzung von nk schreiben:

( )Q V T e kn

nk

, =

=

∑∏ β ε

0

(da keine Begrenzung für nk)

Beweis:

( )

( )

Q V T e

e

e e e e

e e e e

e e e

n

n

n n n n

n

n n

n

n n

n n n n

nnn

n n n

nnn

k k

k

k

k

k

k k

k

,

....

... ... ... ....

...

....

=∑

=

=

=

=

− + + +

− − − −

− − −∞

=

=

− − −

=

=

=

∑∑∑

∑∑∑∑

∑∑

∞ ∞

∞ ∞

∞ ∞

β ε

β ε ε ε ε

β ε β ε β ε β ε

β ε β ε β ε β ε

β ε β ε β ε

1 1 2 2 3 3

1 1 2 2 3 3

1 1 2 2

21

1 1 2 2 3 3

321

00

000

0

=

∑∏=

e n

nk

kβ ε

( )Q V Te e

kk

, =− −∏ 1

1 β (geometrische Reihe)

( ) ( ) ( )⟩ = − − = − −− −∑ ∑ln , ln lnQ V T e ek

k

1 1β ε β ε

ε

ln Q ist die für die Berechnung thermodynamischer Funktionen wichtige Größe.

Page 108: Statistische Thermodynamik

105

Da man εk als kontinuierliche Variable betrachten kann, können wir wieder wie üblich das ∑

durch ∫ ersetzen unter Anfügen der Zustandsdichte (ω(ε)dε):

( ) ( )

( )

ln ln

ln

Q e d

V

ce d

= − −

= − −

−∞

∞−

1

1

0

2 3 32

0

β ε

β ε

ω ε ε

πε εR

Wir lösen das Integral dadurch, daß wir den Logarithmus entwickeln und Term für Term in-

tegrieren:

ln ....QV

ce

e e ed

V

c ne d

V

c n

V

c n

n

n

n n

= − − − − −

= +

= + = =

∞−

− − −

=

∞ ∞−

=

=

∑ ∫

∑ ∑

πε ε

πε ε

π β π βπ π

β εβ ε β ε β ε

β ε

2 3 32

0

2 3 4

2 3 31

2

0

2 3 3 31

4 2 3 3 3

4

41

4

12 3 4

1

2 1 2

90

1

90

R

R

R R

Beweis:

( ) ( )

( ) ( )

( )

ε ε εβ β

ε ε

εβ

εβ β

ε

εβ

εβ β

β

β ε β ε β ε

β ε β ε β ε

β ε β ε β ε

2

0

2

0

2

2 2

0

2

2 3

3

1 12

1 22

1

1 2 2

0

2

e dn

ene d

ne

ne

ne d

ne

ne

ne

n

n n n

n n n

n n n

−∞

−∞

− −∞

− − −

∫ ∫

= − + ⋅

= − − + ⋅

= − − −∞

=

( )( )lnQ

V

ckT=

π2

3

31

45R

( )

( )⟩ = =U kTQ

T

V

ckT2

2

3

41

15

∂∂

πlnR

Page 109: Statistische Thermodynamik

106

Diese Beziehung kann benutzt werden, um die Stefan-Boltzmann-Beziehung herzuleiten. Wir

wissen, daß die Zahl der Teilchen, die pro Zeiteinheit auf die Flächeneinheit auftreffen, gege-

ben ist durch

zN

v=1

4(v = mittlere Geschwindigkeit, 1 N = Teilchenzahldichte)

In Analogie dazu gilt für den Energieübertrag pro Zeit und Fläche

( )R

cU

V

kT

cT= = ≡

4 60

2 4

2 34π

σS

Wenn man also ein kleines Loch der Einheitsfläche in die Wand des Schwarzen Strahlers

schlägt, so wird diese Energie/Zeiteinheit emittiert.

Der Druck der Strahlung des Schwarzen Körpers ist:

p kTQ

VT

=

∂∂ln

(( ))(( ))

== kTc

42

3

145

ππS

( )( ) ( )

( )

S k Q kTQ

T

l V

ckT

kTk

V

c

V

= +

= +

lnln∂∂

π π45 15

2

3

33 2

3S S

(( ))(( ))

== 445

2 3

3

ππ V kT k

cS

( )( )

( )( ) ( )

( )

G N H TS U pV TS

V

ckT

V

ckT V

kT

c

= = − = + −

= + −

µ

π π π2

3

42

3

42 4

3

1

15

1

45

4

45S S S

== 0 ⟩ da N ≠ 0 µ = 0 (was wir vorherschon

Page 110: Statistische Thermodynamik

107

gesehen haben)

Bevor wor jetzt dieses Kapitel verlassen, wollen wir noch die Energiedichte in Abhängigkeit

von der Frequenz berechnen:

( )ln lnQ e= − − −∑ 1 β ωT

mit ω π ν π ε ε= = = = ⋅22

hc kU

U kTQ

T

kTkT

e

e

e

e

=

= +−

=−

2

22

1

1

1

∂∂

ω

ω

β ω

β ω

β ω

β ω

ln

.

TT

TT

U

U

Nun müssen wir wieder das Integral nehmen und die Zahl der Zustände zwischen ω und ω +

dω einsetzen:

( )( )

ω ε ε ε επ

dV d

c=

2

2 3U ω ε ε ω ε ω= ⟩ = =U U Ud d

( )=

=

V d

c

V

cd

U UU

2 2

2 3

2 32

ω ωπ

πω ω

⟩ =−

=−

UV

c

e

ed

V

c ed

U

U

TT

T

πω ω

πω ω

β ω

β ω

β ω

2 3

3

0

2 3

3

0

1

1

( )⟩ =∞

∫U

VT dρ ω ω,

0

ρ = Energiedichte bei einer

Frequenz

(( ))ρρ ωωππ

ωωββ ωω,T ==

−−

UT

2 3

3

1c e

Page 111: Statistische Thermodynamik

108

( ) ( )

( ) ( )

ρ ν π ρ ω π ν

ρ λ ρ ννλ λ

πλ

π

λ

β ν

β νλ

, ,

, ,

T Tc

h

e

T Td

d

c

c

h c

e

hc

e

h

h hc

kT

= =−

= =−

=

28

1

8

1

8

1

3

3

2 3

3

3

5

Dieses ist das Plancksche Strahlungsgesetz, wobei allerdings der Herleitungsweg hier ein

anderer ist als Planck ihn gewählt hatte.

Wir können aus dieser Beziehung auch das Wiensche-Verschiebungsgesetz herleiten:

( )∂ ρ λ∂ λ

,T

T

= 0 liefert das Maximum von ( )ρ λ ,T für ein festes T.

( )∂ ρ λ∂ λ

π

λ λλ

λ λ

λ

,Thc

ehc

kTe

e

hc

kT

hc

kT

hc

kT

=

− −

+

=

− −

8

5 1

1

0

6 52

2

⟩ − + ≈− −5 06 7λ λmax max

hc

kT(da e e

hc

kt

hc

kTλ λ≈ −1)

oder λ max ⋅ =Thc

k5

Man kann eine analoge Beziehung herleiten für ν max aus ( )ρ ν ,T .

8.2. Stark entar tetes ideales Fermi-Dirac Gas (Kapitel noch in Bearbeitung)

Wir wollen ein ideales Gas von Fermionen diskutieren bei tiefer Temperatur und/oder hoher

Dichte. Wir wollen dieses an einem konkreten Beispiel tun, an den Valenzelektronen der

Atome eines Metalls, d.h. an einem idealen Gas freier Elektronen.