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ZKD Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe „Zivilgesellschaft, Citizenship und politische Mobilisierung in EuropaSchwerpunkt Zivilgesellschaft, Konflikte und Demokratie Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung ZCM Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH Social Science Research Center Berlin Reichpietschufer 50, 10785 Berlin Federal Republic of Germany Dieter Gosewinkel Staatsangehörigkeit, Inklusion und Exklusion Zur NS-Bevölkerungspolitik in Europa Discussion Paper Nr. SP IV 2008-401 ISSN 1860-4315 Telefon: +49/30/25491-0 Telefax: +49/30/25491-684 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.wzb.eu

Staatsangehörigkeit, Inklusion und Exklusion Zur NS ... · Dieter Gosewinkel Staatsangehörigkeit, Inklusion und Exklusion. Zur NS-Bevölkerungspolitik in Europa Zusammenfassung

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ZKD Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe

„Zivilgesellschaft, Citizenship und politische Mobilisierung in Europa“ Schwerpunkt Zivilgesellschaft, Konflikte und Demokratie

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung ZCM

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH Social Science Research Center Berlin Reichpietschufer 50, 10785 Berlin Federal Republic of Germany

Dieter Gosewinkel Staatsangehörigkeit, Inklusion und Exklusion Zur NS-Bevölkerungspolitik in Europa

Discussion Paper Nr. SP IV 2008-401 ISSN 1860-4315

Telefon: +49/30/25491-0 Telefax: +49/30/25491-684

E-Mail: [email protected] Internet: http://www.wzb.eu

Dieter Gosewinkel ist Leiter der Forschungsgruppe „Zivilgesell-schaft, Citizenship und politische Mobilisierung in Europa“ und Privatdozent an der Freien Universität Berlin Dieter Gosewinkel is head of the research group „Civil society, citi-zenship and political mobilisation in Europe“ and associate professor at the Freie Universität Berlin

Zitierweise: Dieter Gosewinkel, 2008 Staatsangehörigkeit, Inklusion und Exklusion. Zur NS-Bevölkerungs-politik in Europa Discussion Paper SP IV 2008-401 Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)

Dieter Gosewinkel Staatsangehörigkeit, Inklusion und Exklusion. Zur NS-Bevölkerungspolitik in Europa

Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht die Veränderung der juristischen Institution der Staatsangehörigkeit und deren Auswirkungen auf die Rechte der Staatsbürger unter der nationalsozialistischen Diktatur. Dabei werden zwei Phasen der NS-Bevölkerungspolitik in den Blick genommen: erstens die Exklusionsmaßnahmen , die bis 1937 auf das Territorium des Deutschen Reiches bezogen waren und von gruppenbezogenen Ausschlußmechanismen bis hin zu Ansätzen sys-tematischer Kodifizierung reichten, zweitens die Übertragung der rassistisch definierten Ex-klusionspolitik auf die nach 1938 durch militärische Besetzung zum Herrschaftsraum des na-tionalsozialistischen Reiches gehörenden Gebiete Europas. Die Untersuchung skizziert, wie das auf Gleichheit beruhende Prinzip der Staatsangehörigkeit zu einem Instrument der natio-nalsozialistischen Bevölkerungspolitik umgeformt wurde, das dem Ausschluß gleichberech-tigter Staatsangehöriger – Juden, nationale Minderheiten, politische Dissidenten – aus der Rasse- und Volksgemeinschaft diente.

Citizenship: Inclusion and Exclusion. The Nazi population policy in Europe

Abstract

The paper explores the changes in citizenship law and its impact on the rights of citizens un-der Nazi dictatorship. Two phases of the Nazi population policy are taken into view: first, the exclusion measures, which up until 1937 were related to the territory of the German Reich and ranged from group-related exclusion mechanisms to systematic codification, second, the endorsement of the racist exclusion policy in the areas of Europe belonging to the National Socialist realm under military occupation. The study outlines how the principle of equality-based nationality was transformed into a tool of the National Socialist population policy, which was reshaped to serve the exclusion of legal citizens - Jews, national minorities, politi-cal dissidents - from the race and the community.

Dieter Gosewinkel

Staatsangehörigkeit, Inklusion und Exklusion.

Zur NS-Bevölkerungspolitik in Europa

Die Staatsangehörigkeit ist ein Instrument der Inklusion sowie der Exklusion staatlich ver-fasster Gesellschaften. Dies gilt für alle Staatsbildungen, die seit dem ausgehenden 18. Jahr-hundert immer schärfer ihr Territorium gegeneinander abgrenzten, feste Rechtsregeln über die Zugehörigkeit zum Personenverband des Staates ausbildeten sowie mehr und mehr Rechte und Pflichten an diese Zugehörigkeit knüpften. Mit der nationalen Überformung der staatli-chen Gemeinschaft, ihrer Nationalisierung, wurde Zugehörigkeit zum Staat schärfer, spezifi-scher und abgrenzender formuliert. Dieser genetische Zusammenhang zwischen Staatsange-hörigkeit und Abgrenzung ist gerade für das ‚lange’ 19. Jahrhundert nachweisbar. Blickt man auf Europa, so war indessen das 19. Jahrhundert relativ arm an zwischenstaatlichen Konflik-ten, bei allen sozialen Kämpfen eine Epoche insgesamt wachsenden Wohlstands und wissen-schaftlichen Fortschritts bei weithin gesicherten territorialen Grenzen.

Wie aber verändern sich Gehalt und Funktion der Staatsangehörigkeit in Zeiten von Kri-se und Krieg? Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ist dafür ein geeigneter Gegenstand der Untersuchung. Der ‚zweite Dreißigjährige Krieg’, in dem die Phase zweier Weltkriege und der Zwischenkriegszeit für Zeitgenossen wie Historiker vielfach zu einer zusammenhängen-den Epoche der Krise Europas verschmelzen, bringt territoriale, ökonomische und ideologi-sche Umwälzungen mit sich, die in dieser zeitlichen Verdichtung und Radikalität kein Vorbild in der modernen Geschichte Europas seit 1789 haben.1 Dazu trug die territoriale Neukartie-rung Europas nach dem Untergang dreier Großreiche 1917/18 - des Zarenreichs, der Habs-burgermonarchie, des Osmanischen Reiches - sowie des Deutschen Kaiserreichs bei, die da-mit einhergehende Entstehung neuer Nationalstaaten in Mittel- und Osteuropa durch Sezessi-on, die millionenfache Verschiebung und Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen aufgrund ihrer ethnischen, nationalen oder sozialen Zugehörigkeit in Kriegen und Bürgerkriegen.2 Hin-zu kam eine am Ende der zwanziger Jahre einsetzende tiefe Krise der Weltwirtschaft, die gan-ze Volkswirtschaften an den Rand des Zusammenbruchs brachte und viele Demokratien Eu-ropas – unter ihnen gerade die neu entstandenen - politisch derart destabilisierte, dass sie in Diktaturen verwandelt oder für diktatorische Bewegungen anfällig wurden.

1 Für Mithilfe bei der Vorbereitung des Textes danke ich Jonny Al-Saidi. 2 S. dazu BADE, K. J., Europa in Bewegung. Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 2000, S. 232ff: „Die Epoche der Weltkriege: Flucht, Vertreibung, Zwangsarbeit“; HERBERT, U., Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland, München 2001, insbes. Kap. II und III.

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In diesen Kämpfen um politische Selbstbehauptung, angesichts massenhafter Migration schärften die europäischen Nationalstaaten das Instrumentarium ihrer Abgrenzung gegenein-ander, der personalen und territorialen Kontrollen ihres Gebietes und ihrer Bevölkerung. Der seine Bevölkerung zählende, klassifizierende, regulierende und diese Kategorien verrechtli-chende Staat in Europa erreichte seine höchste Wirkungsmacht.3 Verschärft wurde diese Wir-kung durch Ideen ethnischer und rassischer Homogenität, die analog zu den territorialen die personalen Schließungsmechanismen nationalstaatlicher Gemeinschaften beeinflussten und zunehmend in ihrer exkludierenden Funktion ausprägten.

Was aber veränderte sich mit welcher Wirkung, wenn die liberalen Widerlager dieser homogenisierenden staatlichen Kontrollmacht und Exklusion, die Rechte von Individuen und Minderheiten, durch ein diktatorisches Regime vernichtet wurden? Dieser Fragestellung soll anhand einer europäischen Diktatur des 20. Jahrhunderts nachgegangen werden: der national-sozialistischen Diktatur, die in ihrem Rasse- und Eroberungsfeldzug ab 1939 europaweite Dimensionen gewann. Zusammensetzung und Entwicklung der Bevölkerung des beherrschten Raums nahmen in der nationalsozialistischen Rasseideologie eine beherrschende Stellung ein. Zeichnete sich das ideologische Ziel einer rassischen Homogenisierung Deutschlands und Europas früh ab, so standen dem Regime ab 1933 alle staatlichen Machtmittel zu dessen Durchsetzung zur Verfügung. Daraus leitet sich eine Reihe von Fragen ab: Wie und mit wel-cher Wirkung bediente sich das Regime der gesteigerten Machtmittel des Ein- und Ausschlus-ses? Insbesondere: Welche Rolle spielte dabei die tradierte juristische Institution der Staats-angehörigkeit und wie veränderte sich deren politische Funktion? Welche Auswirkungen hat-ten Veränderungen in der Institution der Staatsangehörigkeit auf die Rechte der Staatsbürger und damit deren materielle Lebenschancen?4 Vor allem: Zeigt sich Kontinuität in der Nutzung des Instruments Staatsangehörigkeit zu neuen, radikalen Zielen der ethnischen Homogenisie-rung bis hin zur ‚Ausmerze’. Oder überwiegt der Bruch, der in Ziel und Mitteln die Staatsan-gehörigkeitspolitik der nationalsozialistischen Diktatur von jenen vorangegangener Epochen unterscheidet?

Anhand dieser Fragen analysiert der Beitrag die Etappen der nationalsozialistischen Staatsangehörigkeit. Er zeigt in einem ersten Abschnitt (I.) Exklusionsmaßnahmen, die sich bis 1937 auf das Territorium des Deutschen Reiches beschränken und von anfänglichen grup-penbezogenen Ausschlussmaßnahmen zu Ansätzen systematischer Kodifizierung der Exklu-sionskriterien reichen. In einem zweiten Teil (II.) wird die schrittweise Übertragung der ras-sisch definierten Ausschlusskriterien auf Gebiete Europas untersucht, die ab 1938 durch mili-tärische Besetzung in den Herrschaftsraum des nationalsozialistischen Staates gelangen. Hier stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Staatsangehörigkeit als Instrument der Bevölke-

3 Vgl. allgemein MAZOWER, M., Dark Continent. Europe’s Twentieth Century, London 1998, S. 40ff.; zu verän-derten Techniken staatlicher Erfassung im Zeitalter der „autoritären Hochmoderne“ s. SCOTT, J. C., Seeing Like a State, New Haven and London 1998; NOIRIEL, G., Le Creuset français. Histoire de l’immigration XIXe et XXe siècle, Paris 1988, spricht von einer „Révolution identificatoire“ ; zum Paßwesen TORPEY, J., The Invention of the Passport. Surveillance, Citizenship and the State, Cambridge 2000, S. 116–121. 4 Zum begrifflichen Unterschied zwischen Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft und deren Zusammen-hang s. GOSEWINKEL, D., Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft, in Geschichte und Gesellschaft, Jg.21, 1995, S. 533–564.

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rungspolitik dazu beitrug, das Gefälle der Rassehierarchie zwischen West und Ost im europäi-schen Besatzungsregime des Nationalsozialismus zu verfestigen.

I.

Unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtübernahme erwies sich, wie sehr die Staatsangehörigkeit als Rechtsinstitution politisch aufgeladen und damit als Instrument der Bevölkerungspolitik politisch nutzbar war. Bereits während der Weimarer Republik war – in allen politischen Lagern - politisch debattiert worden, wie die Einbürgerung als Mittel der Mehrung ‚erwünschten’ und der Verhinderung ‚unerwünschten Bevölkerungszuwachses’ ein-zusetzen sei.5 Aber erst das nationalsozialistische Regime in seiner Radikalität und rechtli-chen Ungebundenheit formte die Staatsangehörigkeit systematisch zu einem Instrument der Bevölkerungspolitik um.

1. Die erste Zielgruppe waren Juden und gemeinsam mit ihnen politische Gegner des Na-tionalsozialismus. Im Juli 1933 erging das „Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit“.6 In doppelter Stoßrichtung führte das Gesetz erstmals die Denaturalisation wie auch die Strafexpatriation7 in das deutsche Recht ein. Die Einführung der Staatsangehörigkeit auf Widerruf für den Fall, dass die Einbürgerung nicht als erwünscht anzusehen ist, und die damit ermöglichte Denaturalisation derjenigen, die zwischen dem 9. November 1918 und dem 30. Januar 1933 eingebürgert worden waren, zielte ausdrücklich auf die Gruppe der „Ostjuden“.8 Die Forderung nach Denaturalisation der „Ost-juden“ erhielt zwar auch die Zustimmung konservativer Politiker, die bereits in der Weimarer Republik diese Maßnahme gefordert hatten.9 Ihre programmatische Spitze jedoch bestand in einem lang gehegten Kernziel der nationalsozialistischen Ideologie, Juden in umfassender Weise aus der deutschen Staatsangehörigkeit auszuschließen. Bereits das Programm der NSDAP vom Februar 1920 hatte gefordert: „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf die Kon-fession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein ... Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben und unter Fremdenrecht stehen“. Hitler hatte 1927 in „Mein Kampf“ gegen das rechtsstaatlich-formale Staatsangehörigkeitsrecht der Weimarer Republik polemisiert, da es keine „rassischen Bedenken“ berücksichtige. Er kritisierte, dass „jedes Ju-

5 Dazu GOSEWINKEL, D., Einbürgern und Ausschließen, 2. Aufl. Göttingen 2003, S. 353–368. 6 Gesetz vom 14. Juli 1933, RGBl I, S. 480. 7 Nach einem ersten, bald eingestellten Versuch 1874 im Zusammenhang mit der unter anderem gegen Jesuiten gerichteten Kulturkampfgesetzgebung Bismarcks s. GOSEWINKEL, Einbürgern, S. 222. 8 §1 Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933; Durchführungsverordnung vom 26. Juli 1933, RGBl I, S. 538, zu §1. 9 Vgl. ADAM, U. D., Judenpolitik im Dritten Reich, Düsseldorf 1972, S. 25, 29, 42, 81; MAURER, T., Ostjuden in Deutschland 1918–1933, Hamburg 1986, S. 316f.

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den- oder Polen-, Afrikaner- oder Asiatenkind ohne weiteres zum deutschen Staatsbürger de-klariert werden könne“ und der Staat dadurch „Giftstoffe“ in sich aufnehme, die er kaum aus-zuscheiden vermöge.10

Bereits zu Beginn der dreißiger Jahre wurden in der Führung der NSDAP Pläne zur grundlegenden Novellierung des Staatsangehörigkeits- und Fremdenrechts und zur Herabstu-fung der jüdischen Deutschen in einen minderen Rechtsstatus entwickelt.11 Insgesamt bedeu-tete damit die Denaturalisation der Ostjuden einen Schritt zur Verwirklichung der biologisti-schen Reinheitsvorstellung, die Hitler mit den „Giftstoffen“, die den Staatskörper verdarben, 1927 umschrieben hatte. Die Durchsetzung völkischer Homogenität der Staatsangehörigkeit, genauer: die Herstellung der Identität von erwünschter Rasse- und Staatszugehörigkeit war in konservativen und völkischen Ideologemen seit dem Kaiserreich vielfach gefordert worden. Nun wurde sie erstmals geltendes Recht, und zwar mit zwei radikalen Neuerungen: Zum ei-nen wurde erstmals ein zugeschriebenes Rassemerkmal, das ‚objektiv’ und absolut galt, d. h. vom Betreffenden nicht durch eigenes Zutun zu beseitigen bzw. zu beeinflussen war, zum Maßstab des Ausschlusses aus der Staatsangehörigkeit erhoben. In scharfem Unterschied dazu hatte das ältere Recht die schärfste Sanktion, die Ausstoßung aus der Staatsangehörigkeit, strikt an die Verletzung fundamentaler Loyalitätsverpflichtungen gegenüber der staatlichen Gemeinschaft gebunden: an die Wehrpflichtentziehung, Fahnenflucht und den unerlaubten Eintritt in fremde Staatsdienste.12 Zum zweiten begnügte sich der nationalsozialistische Staat nicht mit der Verhinderung künftiger Aufnahmen, sondern griff - über die bestehenden Aus-nahmevorschriften hinaus - in den bestehenden Rechtsstatus der Staatsangehörigkeit ein – ein radikaler Bruch der rechtlichen Form, der für die liberale, das Individuum schützende Rechts-dogmatik des bürgerlichen Rechtsstaats seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert unvorstellbar war. Die Denaturalisation der Ostjuden enthielt somit, systematisch gesehen, einen Vorgriff auf die systematische Zerstörung eines Berechenbarkeit garantierenden rechtsstaatlichen Kernbestands, des subjektiven Rechts, schlechthin.

Die Folgen der Denaturalisation waren für die Ausgebürgerten einschneidend: Sie betra-fen in den meisten Fällen Personen, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebten. In der Regel wurden die Ausgebürgerten, die ganz überwiegend aus den polnischen Gebieten des ehemali-gen Zarenreichs und den Gebieten der ehemaligen Habsburgermonarchie stammten, staaten-los. Nach dem Untergang der beiden multinationalen Imperien hatten die Nachfolgestaaten, in denen, so z. B. in Polen, vielfach ein scharfer Antisemitismus und eine diskriminierende Ge-setzgebung vorherrschten, kein Interesse an der Aufnahme der ehemaligen Deutschen.13 Sie unterlagen zunächst allen Einschränkungen des Ausländerstatus, sie benötigten einen Frem-denpass, eine Aufenthalts- sowie eine Arbeitserlaubnis. Sie waren den zunehmend verschärf-ten und extensiv gehandhabten Ausweisungsbestimmungen für Ausländer ausgesetzt. Die Ausbürgerung hatte überdies einschneidende Beschränkungen der Berufsausübung zur Folge. 10 HITLER, A., Mein Kampf, Bd. 2, Die Nationalsozialistische Bewegung, München 1927, S. 76–79. 11 Vgl. ADAM, S. 28f. 12 Vgl. §§ 26–28, 32 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913. 13 S. z. B. WEISS, Y., „Ostjuden“ in Deutschland als Freiwild. Die nationalsozialistische Außenpolitik zwischen Ideologie und Wirklichkeit, in: Tel Aviver Jahrbuch, Bd. 23, 1994, S. 226-232 für Polen, Rumänien und die Sowjetunion – im Unterschied zur Tschechoslowakei.

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So führte z. B. der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit zum Verlust der Kassenzulas-sung bei Ärzten und Zahnärzten, d.h. in freien Berufen, in denen eingewanderte Juden beson-ders stark vertreten waren und entsprechend hohe Investitionen zur Gründung einer wirt-schaftlichen Existenz aufgebracht hatten. Staatenlosen Juden wurde 1934 die Aufnahme einer Berufstätigkeit im Inland zusätzlich erschwert. Besondere Diskriminierungen folgten für die Ausgebürgerten aus ihrem Status als Staatenlose. Im Unterschied zu Ausländern, die unter dem Schutz eines bestimmten ausländischen Staates standen, waren sie vollends schutzlos gestellt. Sie kamen nicht in den Genuss des Gegenseitigkeitsprinzips internationaler Verträge, das z.B. im Bereich der Sozialversicherung die Gleichbehandlung der Angehörigen eines Staates im Ausland von der Behandlung der Ausländer in diesem Land abhängig machte. Sie waren angesichts der mangelnden Aufnahmebereitschaft anderer Staaten de facto an der Auswanderung gehindert und damit diskriminierenden Maßnahmen schutzlos ausgeliefert.

Die Expatriierungen nach dem Gesetz vom 14. Juli 1933 zielten indessen neben den Na-turalisierten jüdischer und polnischer Herkunft noch auf eine zweite Gruppe: Im Ausland be-findlichen Reichsangehörigen, die ihre „Pflicht zur Treue gegen Reich und Volk“ verletzt hatten, konnte die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt werden. Diese Strafexpatriation, die sich zunächst vor allem gegen exponierte Regimegegner wandte, wurde im Verlauf der folgenden Jahre kontinuierlich ausgeweitet und entgrenzt. Mit der Stabilisierung des national-sozialistischen Systems und dem wachsenden Einfluss des SS-Apparates unter Himmler ab 1937 wurde die Expatriation zu einem polizeilichen Verfahren unter Federführung der Gesta-po, das zunehmend mit allgemeinen rassischen, sexuellen und kriminellen Tatbeständen mo-tiviert wurde und auf eine rassische Homogenisierungsmaßnahme im Wege des Staatsangehö-rigkeitsentzugs hinauslief. Die Maßnahmen zielten zum einen auf die Zerstörung der materiel-len Lebensgrundlage. Das Vermögen des Ausgebürgerten einschließlich seiner „Sippe“ wurde entzogen, alle Renten- und Versorgungsansprüche gestrichen. Zum anderen zielten die Maß-nahmen auf die „geistig-moralische Ächtung“ der Ausgestoßenen. In dem Ehrverlust, den viele Ausgebürgerte empfanden, zeigte sich die im Verlauf des 19. Jahrhunderts gewachsene hohe politische Symbolkraft der Staatsangehörigkeit, auf die auch das nationalsozialistische Regime zurückgriff.

Die nationalsozialistischen Ausbürgerungsmaßnahmen nahmen in ihrer Zeit auch inter-national eine Sonderstellung ein. Zwar hatten insbesondere die Sowjetunion, das faschistische Italien und das antinationalsozialistische Österreich die Zwangsausbürgerung eingeführt, um Regimegegner aus politischen, religiösen und auch rassischen Gründen zu verfolgen. Die Sowjetunion z. B. hatte allein in der Phase unmittelbar nach dem Regimewechsel weit mehr als eineinhalb Millionen Emigranten ausgebürgert, während es im nationalsozialistischen Deutschland insgesamt vierzigtausend Personen waren.14 Entscheidend ist jedoch die syste-matische Konsistenz und qualitative Wirkung der Ausbürgerungsmaßnahmen.15 Während das sowjetische Regime einem Großteil der ausgebürgerten Emigranten die Repatriierung, teil- 14 Vgl. Nachweise bei LESSING, H., Das Recht der Staatsangehörigkeit und die Aberkennung der Staatsange-hörigkeit zu Straf- und Sicherungszwecken, Leiden 1937, S. 231–323; Vgl. HEPP, M., Wer Deutscher ist, bes-timmen wir…, in: ders. (Hg.): Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933–1945, Bd.1 ., München 1985, S. XXIV. 15 Im Anschluss an LEHMANN, H. G., In Acht und Bann: politische Immigration, NS-Ausbürgerung und Wied-ergutmachung am Beispiel Willy Brandts, München 1976, S.68f.

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weise auch Wiedergutmachung, ermöglichte, wurde in Italien die Strafexpatriation ver-gleichsweise zurückhaltend angewandt. Im nationalsozialistischen Deutschland hingegen ver-schärften und erweiterten sich die Strafmaßnahmen kontinuierlich. In der Stringenz und Tota-lität der Maßnahmen, welche die Ausgebürgerten in der Gesamtheit ihrer Existenz erfassen und vernichten wollten, stand die Ausbürgerungspolitik des Nationalsozialismus einzigartig dar.16

Mit der Strafexpatriierung in engem bevölkerungspolitischen Zusammenhang stand ein Gesetz, das gleichfalls der Ausstoßung ‚minderwertiger’ Staatsangehöriger diente: das „Ge-setz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933, das die Zwangssterilisation so genannter „Erbkranker“ anordnete, parallel zu einem rassisch bestimmten Staatsangehörig-keitsrecht erarbeitet worden war und mit diesem die Logik des Ausschlusses gemein hatte. Menschlichem Leben, das nach rassischen Kriterien als ‚minderwertig’ eingestuft wurde, ent-zog das Gesetz den Schutz als gleichberechtigtem Mitglied der staatlich verfassten Gemein-schaft, sei es durch eigenen Ausschluss oder sei es durch Verhinderung seiner biologischen Fortpflanzung. Indem letztere Maßnahme bereits die Entstehung erbkranken Nachwuchses deutscher Staatsangehöriger verhindern wollte, suchte sie einen späteren Ausschluss etwaiger erbkranker Kinder vom Lebensschutz, der ihnen als Abkömmlingen von Deutschen grund-sätzlich zustand, von vornherein überflüssig zu machen. In diesem Sinne kann die „Erbge-sundheitsgesetzgebung“ des Jahres 1933 - in der Vorstellungswelt der Rassehygiene - als prä-ventive Maßnahme zur ‘Höherzüchtung’ einer biologisch definierten deutschen Staatsangehö-rigkeit interpretiert werden.

2. Die erste systematische Kodifikation17 erfuhr die rassische Exklusion durch Staatsan-gehörigkeit in den Nürnberger Rassegesetzen von 1935. Das „Reichsbürgergesetz“ und das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ vom 15. 9. 1935 kodifi-zierten - gerade in ihrem Zusammenhang - einen neuen Typ staatlicher Zugehörigkeit, das Staatsangehörigkeitsrecht des nationalsozialistischen Rassestaats.18 Das Reichsbürgergesetz war ein besonders prägnantes Beispiel für die direkte rechtliche Umsetzung einer ideologi-schen Kernforderung des Nationalsozialismus, die am Ursprung seines Programms stand. Das Reichsbürgergesetz behielt nominell den Begriff der deutschen „Staatsangehörigkeit“ bei, die auch weiterhin nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 erworben wurde. In einem zweiten entscheidenden Schritt spaltete der Text die Staatsangehörigen in einer Wei-se auf, die einen fundamentalen Wandel im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht bedeutete. Er schuf eine besondere Gruppe Staatsangehöriger: die „Reichsbürger“. Vor den übrigen deut-schen Staatsangehörigen zeichneten sie sich dadurch aus, dass sie zum einen „deutschen oder artverwandten Blutes“ waren, zum anderen durch ihr Verhalten bewiesen, dass sie „gewillt 16 Diese Feststellung bezieht sich auf Rechtsverlust durch Ausbürgerungen, nicht auf „ethnische Säuberungen“ unter der inländischen Bevölkerung, deren Ausmaß in der Sowjetunion unter Stalin vor dem Zweiten Weltkrieg alle europäischen Diktaturen überragte, vgl. dazu Terry MARTIN, The Origins of Soviet Ethnic Cleansing, in: Journal of Modern History 70 (1998), S. 813 – 861. 17 Zum kodifikatorischen Vorlauf der Nürnberger Gesetze, deren Gehalt nicht ad hoc auf dem Nürnberger Partei-tag geschöpft wurde s. eingehend ESSNER, C., Die „Nürnberger Gesetze“ oder die Verwaltung des Rassenwahns 1933 – 1945, Paderborn u. a. 2002, S. 113 – 173. 18 S. Reichsbürgergesetz vom 15. 9. 1935 (RGBl 1935, S. 1146); Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. 9. 1935 (RGBl 1935, S. 1146).

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und geeignet“ waren, „in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen“. Allein „Reichs-bürger“ sollten die Träger der vollen politischen Rechte und Pflichten sein. Das „Reichsbür-gerrecht“ sollte durch die Verleihung eines „Reichsbürgerbriefes“ erworben werden.19

Was geschah aber, wenn sich „Reichsbürger deutschen oder artverwandten Blutes“ mit deutschen Staatsangehörigen verbanden und Nachkommen hatten, die „nicht-deutschen oder artverwandten Blutes“ waren? An dieser Stelle setzte jedoch das gleichzeitig mit dem Reichs-bürgergesetz erlassene „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ an und erwies die enge, systematische Verzahnung der beiden Gesetze. Das Blutschutzgesetz baute auf dem Begriff „Staatsangehöriger deutschen oder artverwandten Blutes“ auf und ver-bot dessen Eheschließung mit Juden, auch wenn sie deutsche Staatsangehörige waren. Ver-stöße gegen das Verbot der Vermischung dieser Gruppen wurden mit Strafe bedroht, entspre-chende Eheschließungen für nichtig erklärt. Das Blutschutzgesetz zielte also darauf ab, die Rechtsklassen der Staatsangehörigen, die das Reichsbürgergesetz diskriminierend unter-schied, gegen natürliche Vermischung abzuschließen und etwaige rechtliche Mischungsver-hältnisse auf Dauer zu verhindern. Die Nürnberger Rassegesetzgebung bildete in ihren beiden Teilen, der Reichsbürger- und der Blutschutzgesetzgebung, eine aufeinander bezogene, un-lösbare Einheit.20 Ihre Verbindung bestand in der Aufhebung der Rechtsgleichheit nach dem Kriterium der Rasse. Erstmals wurde der Begriff „Rasse“ ausdrücklich in den Mittelpunkt einer Gesetzgebung gestellt, die eine alle Lebensbereiche umfassende Segregation des deut-schen Staatsvolks bezweckte. Der Begriff „Rasse“ löste das „Volk“ als zentralen Begriff des Staatsangehörigkeitsrechts der Nachkriegszeit ab. Die „Rasse“, auf die das neue Recht ent-scheidend abstellte, war nach einhelliger Auffassung der Kommentatoren blutsmäßig und eindeutig naturwissenschaftlich bestimmt. Nicht mehr die ‘Deutschstämmigkeit’ wie im Kon-zept des „Volkes“, sondern die ‘Deutschblütigkeit’ war danach das entscheidende Kriteri-um.21

Dadurch, dass die rassische Definition der Staatsangehörigkeit in alle Rechtsbereiche hineinwirkte, bildete sie den Dammbruch hin zum System „völkischer Ungleichheit“.22 Indem die nationalsozialistische Diktatur den privilegierten Stand der Reichsbürger deutschen oder artverwandten Blutes schuf, gab sie - im Unterschied zu dem vormodernen ständischen Wert-kosmos - der Entrechtung der übrigen, als ‘minderwertig’ eingestuften Staatsangehörigen für die Zukunft unbegrenzt Raum. Die Schlüsselfunktion des Reichsbürgergesetzes bestand in der Legitimation der systematischen Ungleichbehandlung, die im Blutschutzgesetz vom selben Tag ihre erste unmittelbare Konkretisierung fand. Mit der Einführung der allgemeinen Formu-lierung „deutschen oder artverwandten Blutes“ waren nicht mehr nur die Juden, sondern ‘ras-sisch Minderwertige’ das allgemeine Gegenbild. Bereits die ersten Ausführungsbestimmun-

19 Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935, RGBl. I, S. 1146. 20 So nachdrücklich LÖSENER, B. u. KNOST, F., Die Nürnberger Gesetze, Berlin 1941, S.16. 21 STUCKART, W. u. Globke, H., Kommentar zum Reichsbürgergesetz, Blutschutzgesetz, Ehegesundheitsgesetz, München 1936, S. 2; STUCKART, W. u. SCHIEDERMAIER, R., Rassen- und Erbpflege, Leipzig 1938, S. 5, 18; LÖSENER, B., Staatsangehörigkeit und Reichsbürgerrecht, in: LAMMERS, H.–H., u. PFUNDTNER, H. (Hg.), Grund-lagen, Aufbau und Wirtschaftsordnung des nationalsozialistischen Staates, Berlin 1936, Bd. I, Gruppe 2, 22,. 30f.; LÖSENER u. KNOST, S. 20. 22 Vgl. MAJER, D., „Fremdvölkische“ im Dritten Reich, Boppard am Rhein 1993, S. 195.

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gen zum „Blutschutzgesetz“ im November 1935 begannen denn auch die Diskriminierung auf „Zigeuner, Neger oder ihre Bastarde“ auszudehnen.23 Gleichwohl wurden zunächst vor allem Juden, so genannten „Volljuden“, von Ausschluss-Bestimmungen getroffen, die die nicht der vollen Reichsbürgerschaft fähigen deutschen Staatsangehörigen schrittweise aus dem Wirt-schafts- und Berufsleben verdrängten und ihnen damit die ökonomische Existenzgrundlage entzogen. Kennzeichnend für den nationalsozialistischen Staat war, dass er somit nicht nur bestimmte Gruppen seiner Staatsangehörigen entrechtete, sondern die Grundlagen der „Staatsbürgerschaft“, an die sich neben Pflichten auch elementare Rechte knüpften, zerstörte.

3. Betrafen diese Maßnahmen zunächst nur Personen, die im territorialen Einflussbereich des nationalsozialistischen Reiches – einschließlich der 1938 angeschlossenen österreichi-schen Gebiete - lagen, so änderte sich dies grundlegend mit der Zerschlagung des tschecho-slowakischen Staates und der weitgehenden Einverleibung seines Territoriums in das Groß-deutsche Reich. Die Tschechoslowakei war aufgrund der Konflikte um die sudetendeutsche Minderheit nach der NS-Ideologie zum Feindstaat par excellence des NS-Regimes geworden, und zwar als Staat, der eine deutsche Minderheit unterdrückte und zugleich als slawische Na-tion, die als ‚minderwertig’ galt. Dieses Feindbild schlug sich in staatsangehörigkeitsrechtli-chen Vereinbarungen nieder, die das NS-Regime mit dem geschwächten tschechoslowaki-schen Reststaat Ende 1938 abschloss. Alteingesessene Angehörige der sudetendeutschen Minderheit wurden ungeachtet ihrer tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit ‚objektiv’ zu „deutschen Volkszugehörigen“ erklärt, die besonderen Schutz genossen. Nichtdeutsche Volkszugehörige hingegen, die Tschechoslowaken blieben, konnten aus dem Sudetengebiet ausgewiesen werden. Damit wurde das Staatsangehörigkeitsrecht als Mittel ethnischer Entmi-schung eingesetzt. Nachdem deutsche Truppen das restliche tschechische Gebiet im März 1939 besetzt und als „Protektorat Böhmen und Mähren“ dem Deutschen Reich einverleibt hatten, setzte sich die Segregation der Staatsangehörigen nach Volkszugehörigkeit fort. Nur „volksdeutsche Bewohner“ des Protektorats wurden deutsche Staatsangehörige und Reichs-bürger. Wer aber „Volksdeutscher“ war, geriet damit zur zentralen rechtlichen Frage, die weit reichende Konsequenzen für Ein- und Ausschluss im Hinblick auf die ‚deutsche Volksge-meinschaft’ auslöste. Das Reichsinnenministerium kodifizierte eine Definition, die grundle-gende Bedeutung gewann: „Deutscher Volkszugehöriger ist, wer sich als Angehöriger des deutschen Volkes bekennt, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Tatsachen, wie Spra-che, Kultur usw. bestätigt wird. Personen artfremden Blutes, insbesondere Juden, sind niemals deutsche Volkszugehörige, auch wenn sie sich bisher als solche bezeichnet haben“.24 Diese Definition kombinierte das subjektive Element des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum mit objektiven kulturellen Merkmalen. War die Definition der deutschen Volkszugehörigkeit insoweit noch offen, als sie auf grundsätzlich erwerbbare Merkmale abstellte, zog ihr zweiter Teil gemäß der nationalsozialistischen Lehre die absolute, unüberwindbare Grenze der Ras-se.25 Diese Definition wurde zur grundlegenden Selektionsnorm nationalsozialistischer Staatsangehörigkeitspolitik in den Gebietsbesetzungen des folgenden Eroberungskriegs. Sie

23 Vgl. MAJER, S. 188, FRIEDLANDER, H., Der Weg zum NS-Genozid, Berlin 1997, S. 64. 24 Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 29. 3. 1939 (RMBliV 1939 , S.785). 25 Insoweit war die Definition des „Volksdeutschen“ eben nicht nur oder vornehmlich politisch, so aber SILAGI, M., S. 121.

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war offen genug, das positive Bekenntnis zum Volkstum des Eroberervolks zu würdigen, an-dererseits aber nach verschärfbaren objektiven Kriterien jederzeit zu schließen.26 Damit war das juristische Instrument für die Bevölkerungspolitik im nationalsozialistisch besetzten Eu-ropa geschaffen.

II.

Die substanzielle Aushöhlung der Begriffe Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft in der Folge der Nürnberger Rassegesetze hatte in der Führung des Reiches und der NSDAP immer wieder Versuche gestärkt, die bevölkerungspolitischen Entwicklungen durch rechtliche Kodi-fikation zu radikalisieren. Die Entfesselung des Weltkriegs durch das Deutsche Reich schuf dafür eine grundlegend neue Situation. Die Eroberung weiter Räume Europas, die Unterwer-fung und Ausbeutung ihrer Völker lösten eine Dynamisierung der Herrschaftslage aus, der die auf Frieden und territoriale Stabilität zugeschnittenen Kategorien des hergebrachten Staatsan-gehörigkeitsrechts nicht genügten. Denn Territorium und Intensität deutscher Herrschaft ver-änderten sich schnell im Verlauf der Kriegsereignisse. Dabei lassen sich mehrere Stufen un-terscheiden, auf denen Gruppen in den staatsangehörigkeitsrechtlichen Verband des Deut-schen Reiches integriert wurden:

1. Auf der ersten Stufe standen die Gebiete, die dem Deutschen Reich staatsrechtlich eingegliedert wurden: die westlichen Teile Polens als „eingegliederte Ostgebiete“, die Stadt Danzig und die Gebiete von Eupen, Malmedy und Moresnet. Mit der Annexion war eine Se-lektion der Staatsangehörigkeit verbunden.27 Nur die „Bewohner deutschen oder artverwand-ten Blutes“ der eingegliederten Gebiete sollten die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Nur „Volksdeutsche“ konnten darüber hinaus „Reichsbürger“ werden.28

26 Die beabsichtigte Flexibilität der Definition zeigt eine interne Ausführungsrichtlinie des Reichsinnenministe-riums, die den Begriff „deutsche Volkszugehörigkeit“ weiter fasst als „deutschstämmig“ und das Bekenntnis, Angehöriger des deutschen Volkes zu sein, unter Umständen auch bei ‘Nicht-Deutschstämmigen’, d. h. Ange-hörigen des tschechischen, slowakischen, ukrainischen usw. Stammes genügen lässt, während umgekehrt auch „ganz Deutschstämmige“ , wenn „sie ganz in einem fremden Volk aufgegangen sind“, nicht als „deutsche Volk-szugehörige“ anerkannt werden, s. Reichsminister des Innern an die außerpreußischen Landesregierungen, Regierungspräsidenten etc., 29. 3. 1939, BA-L, R 43 II/135a. 27 Die Angehörigen der gleichfalls annektierten altbelgischen Gebiete in Eupen, Malmedy und Moresnet erhiel-ten lediglich die Staatsangehörigkeit auf Widerruf, s. Schärer, M. R., Deutsche Annexionspolitik im Westen, Frankfurt/Main 1975, S. 149f. 28 Nur in dem mit Kriegsbeginn eroberten Danzig sollten zunächst alle Danziger Staatsangehörigen auch deutsche Staatsangehörige werden (Gesetz über die Wíedervereinigung der Freien Stadt Danzig mit dem Deutschen Reich vom 1. 9. 1939 (RGBl I, S. 1547), §2). Die „eingegliederten Ostgebiete“ bestanden aus den „Reichsgauen“ Danzig-Westpreußen und Wartheland sowie den Provinzen Schlesien und Ostpreußen, s. Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Gliederung und Verwaltung der Ostgebiete vom 8. 10. 1939 (RGBl I, S. 2042), §§ 1, 4, 6; Erlaß des Führers und Reichskanzlers zur Durchführung der Wiedervereinigung der Gebiete von Eupen, Malmedy und Moresnet mit dem Deutschen Reich vom 23. 5. 1940 (RGBl I, S. 803), §2.

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Auf einer zweiten Stufe standen die besetzten, aber nicht annektierten Gebiete Westeuro-pas, insbes. Frankreichs, mit hohem so genannten ‚volksdeutschem’ Anteil. 1942 erhielten Elsässer, Lothringer und Luxemburger die Möglichkeit, deutsche Staatsangehörige zu wer-den, aber nur, sofern sie als „bewährte Deutsche“ anerkannt wurden bzw. Wehrdienst für das Deutsche Reich leisteten. Hier schaltete der NS-Staat ein Element politischer Kontrolle in die Vergabepraxis der Staatsangehörigkeit ein.

Eine dritte Gruppe bildeten die Bewohner der Gebiete, die durch nationalsozialistische Truppen ‚befreit’ wurden – ohne annektiert zu werden – und zugleich einen relativ hohen Anteil sog. ‚eindeutschbarer’ Gruppen aufwiesen. Es handelte sich vor allem um die ehemali-gen jugoslawischen Staatsangehörigen in den Gebieten der Untersteiermark, Kärntens und Krains sowie im 1942 besetzten „Reichskommissariat Ukraine“. Sie konnten zwar deutsche Staatsangehörige, nicht aber privilegierte „Reichsbürger“ – wie in den annektierten Gebieten – werden.

2. Der Überblick zeigt die vielfältigen Abstufungen des verliehenen Staatsangehörig-keitsstatus. Je nach dem Grad der staatlichen Eingliederung und der ethnischen Mischlage des besetzten Gebietes, nach der Loyalität zum deutschen Volkstum und entsprechend der Rück-sichtnahme auf außenpolitische und militärische Gegebenheiten wurden territorial verschie-dene Regelungen eingeführt. Hinzu kamen Aufnahmeregelungen für „deutsche Volkszugehö-rige“, die zu Hunderttausenden29 aus osteuropäischen Gebieten in das Deutsche Reich umge-siedelt wurden. Das verbindende Grundmotiv der deutschen Staatsangehörigkeitspolitik in den Gebiets- und Bevölkerungsverschiebungen des Zweiten Weltkriegs war ein doppeltes, nämlich die deutsche Staatsangehörigkeit zum ethnisch reinen Reservat „deutscher Volkszu-gehöriger“ zu formen und durch sie eine Privilegiengrenze gegenüber völkisch Fremden und ‚Minderwertigen’ zu markieren. Die Staatsangehörigkeit im Zweiten Weltkrieg wurde zur Funktion der nationalsozialistischen Rassepolitik.30 Dies bereitete sich institutionell dadurch vor, dass Hitler im Oktober 1939 die zentrale Zuständigkeit für alle Angelegenheiten „zur Festigung deutschen Volkstums“ dem Reichsführer SS übertrug.31 In seiner Funktion als „Reichskommissar zur Festigung deutschen Volkstums“ wirkte der Reichsführer SS in jede staatliche Planung hinein, die ‘Volkstumsangelegenheiten’ berührte. Dies betraf insbesondere den Schlüsselbegriff des nationalsozialistischen Staatsangehörigkeitsrechts, die Definition

29 Nach einer Aufstellung des Reichsinnenministeriums (vgl. GLOBKE, H., Staatsangehörigkeit der volks-deutschen Umsiedler aus Ost- und Südosteuropa, in: Zeitschrift für osteuropäisches Recht, Jg. 10, 1943 S. 2) waren bis zur ersten Jahreshälfte 1943 insgesamt 544.950 Volksdeutsche aus Estland, Litauen und Lettland, Wolhynien, Galizien und dem Narewgebiet, aus Bessarabien, der Nord- und Südbukowina, der Dobrudscha, dem rumänischen Altreich, aus Bulgarien, Griechenland, Serbien, Kroatien, den italienisch gewordenen Teilen des ehemaligen Jugoslawien und dem östlichen Generalgouvernement umgesiedelt worden. Andere Angaben (s. Militärgeschichtliches Forschungsamt, S. 272), nennen für den Stichtag 31.12.1942 611.945 Umsiedler. Allein in den „eingegliederten Ostgebieten“ hatten 1944 750.000 Umsiedler Aufnahme gefunden, s. HARTEN, H.-C., De-Kulturation und Germanisierung. Die nationalsozialistische Rassen- und Erziehungspolitik in Polen, 1939-1945, Frankfurt a. M. 1995, S. 99f. 30 Dazu HEINEMANN, I., „Rasse, Siedlung, deutsches Blut.“ Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas, 2. Aufl. Göttingen 2003, S. 281: Oliver TREVISIOL, Die Einbürgerungs-praxis im Deutschen Reich 1871-1945, Göttingen 2006, S. 202-206. 31 ADAM, S. 252.

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und praktische Handhabung der „deutschen Volkszugehörigkeit“.32 So zeichnete der Reichs-führer SS zusammen mit dem in Staatsangehörigkeitssachen federführenden Reichsinnenmi-nister die „Verordnung über die deutsche Volksliste“, die zur Basiskodifikation des rechtli-chen „Volkstumskampfs“ im Zweiten Weltkrieg wurde.33 Drei Kriterien standen dabei im Mittelpunkt: das „Bekenntnis zum deutschen Volkstum“, die „Abstammung“ und die „rassi-sche Eignung“.34

Diese Kriterien ließen in ihren begrifflichen Unschärfen weite Spielräume, was den Stel-lenwert sowohl der „Rasse“ als auch des „Bekenntnisses zum Deutschtum“ anging. Hinzu kamen Interpretationskämpfe, die SS-Stellen als Hüter eines restriktiven Rassebegriffs35 ge-gen staatliche Stellen austrugen, die ihrerseits als Vertreter einer extensiven Politik der ‚Ein-deutschung’ auftraten. Die rechtliche Kategorisierung und Institutionalisierung der Volks-tumserfassung hob sich zudem scharf ab von ihrer praktischen Umsetzung. Es herrschte ein Wirrwarr der Kompetenzen, dem das begriffliche Chaos der Volkstumspolitik entsprach. Mit Bezeichnungen wie „fremdstämmig“, „deutschstämmig“, „deutscher Blutsanteil“, „eindeut-schungsfähig“ usw. beherrschten Begriffe die politische Praxis, die dem tradierten deutschen Staatsangehörigkeitsrecht fremd waren und angesichts ihrer weit reichenden praktischen Kon-sequenzen der Definition bedurften. Zu derartigen Bestimmungen, die eine einheitliche politi-sche Definitionsgewalt sowohl vorausgesetzt als auch festgeschrieben hätten, kam es indessen nie. Selbst zentrale Normbegriffe wie „Pole“ oder „Angehörige polnischen Volkstums“ - ge-rade in ihren Unterschieden zu „Deutschen“ und „Deutschtum“- wurden nicht einheitlich de-finiert.36 Darin spiegelt sich nicht nur das uneingestandene Bewusstsein, dass „Deutsche“ und „Polen“, ebenso wie der Begriff „deutschen oder artverwandten Blutes“, tatsächlich nicht es-sentialistisch-rassisch, sondern nur mehr politisch zu bestimmen waren, sondern auch das - durch vielfache Konkurrenz gesteigerte - Bedürfnis, die Begriffe offen zu halten, um sie wechselnden politischen Interessenlagen anpassen zu können. Der polykratische Charakter der nationalsozialistischen Herrschaft während des Zweiten Weltkriegs findet somit in der begrifflichen Auflösung der Volkstums- und Staatsangehörigkeitspolitik seine Entsprechung.

Hatten danach die Rechtstermini keine begriffliche Klarheit, ermangelte es ihnen durch-aus nicht der rationalen Funktion.37 Sie repräsentierten in ihrer Gesamtheit einen Zustand vielfach gegliederter Uneinheitlichkeit, der durch eine Zielsetzung zusammengehalten wurde: die Etablierung eines hierarchischen Herrschaftssystems. Nicht die abschließende rechtliche Fixierung der Herrschaftsschichten, sondern ihre bloße Existenz war ausschlaggebend, indem 32 S. HEINEMANN, Rasse, S. 190ff. 33 S. Verordnung über die Deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ost-gebieten vom 4. 3. 1941 (RGBl I, S. 118); dazu Runderlass des Reichsministers des Innern vom 13. 3. 1941, nicht veröffentlicht, abgedruckt in Documenta Occupationis Teutonicae, S. 122–139. Zu einer Vorform in einem Erlass des Statthalters für den Warthegau vom 26.10. 1939 s. HEINEMANN, Rasse, S. 261. 34 Das Reichsinnenministerium knüpfte damit an die dreigeteilte Definition der „deutschen Volkszugehörigkeit“ des Runderlasses vom 29. März 1939 (RMBliV, S. 785) an. 35 Dazu mit Beispielen HEINEMANN, Rasse, S. 268–274. 36 Lediglich eine negative Definition über die „Nichtzugehörigkeit zum polnischen Volk“ wurde aufgestellt in einem Runderlass des Reichsministers des Innern vom 14. 11. 1940 (RMBliV, S. 2111). 37 Zur Rationalität der Erfassungsmaßnahmen s. HEINEMANN, Rasse, S. 598, 608.

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sie symbolisch ein Herrschaftsgefälle etablierten und über Lebenschancen entschieden. Daran wirkte die Staatsangehörigkeit als Instrument der Volkstumspolitik entscheidend mit. Die in Abteilung 1 und 2 der Deutschen Volksliste Eingestuften, die im Sammelverfahren eingebür-gert wurden, sollten eine schmale Elite deutschen Volkstums darstellen,38 während die in Ab-teilung 3 und 4 Eingestuften diskriminierenden Regeln unterworfen wurden.39

Schärfer noch wurden die außerhalb bzw. unterhalb der Volksliste Stehenden diskrimi-niert. So galten z. B. im Arbeitsrecht weitaus schärfere Bestimmungen für ‚fremdvölkische Arbeitnehmer’. Formal bestand zwar Lohngleichheit zwischen deutschen und polnischen Ar-beitern, diese fand jedoch in der Praxis nie Anwendung. Arbeitsrechtliche Begünstigungen wurden für polnische Arbeiter de facto aufgehoben. Dazu zählten unter anderem bezahlte Ü-berstunden, Lohnzuschläge an Feiertagen, Kündigungsschutzfristen, Mutterschutz, sowie So-zial- und Wohngeldzulagen.40 Darüber hinaus wurden die Löhne ,fremdvölkischer Arbeit-nehmer’ drastisch gekürzt, so dass in einigen Gebieten eine Lohnminderung von 70% zu ver-zeichnen war. Desweiteren bestand in den Kriegsjahren eine Wochenarbeitszeit von bis zu 72 Stunden.41 Daneben waren ‚fremdvölkische’ Arbeitnehmer z. B. von Beamtenstellen ausge-schlossen, unterlagen der Genehmigungspflicht bei Eheschließungen und einer erheblichen Verkürzung ihrer Bildungsmöglichkeiten sowie ihrer bürgerlichen Rechte und Vermögens-rechte.42

Zeichnet sich bereits im Volkslistenverfahren eine deutliche Binnenhierarchie im Rechts-status der deutschen Staatsangehörigkeit ab, lag der entscheidende Hiatus zwischen Staatsan-gehörigen und bloßen „Schutzangehörigen“. Nicht die ‘Eindeutschung’ einer Minderheit, sondern die Selektion und Segregation dieser Gruppe, die schließlich mehr als zwei Drittel der Gesamtbevölkerung in den Ostgebieten ausmachte, war das Hauptergebnis der Volks-tumspolitik. Der Rechtsstatus dieser als „fremdvölkisch“ stigmatisierten Mehrheit wurde nie näher definiert.43 Eine Festlegung auf verbindliche und damit für den Einzelnen verlässliche Rechtsnormen mied die politische Führung des Reiches in den eingegliederten Ostgebieten. Stattdessen wurde das polnische Volk insgesamt als „gemeinschaftsgefährlich“ eingestuft und einem Sonderrecht unterworfen, welches jenseits des deutschen aber auch des übrigen europä-ischen Rechts lag.44 Für die Verurteilung ‚Fremdvölkischer’ waren vielfach Sondergerichte verantwortlich, die unter anderem darauf abzielten, möglichst ‚kurze’, nach Auffassung der

38 Nach dem Stand des Volkslistenverfahren vom Januar 1944 entfielen von insgesamt 9,5 Millionen Einwoh-nern der eingegliederten Ostgebiete 1,003 Millionen auf die Abteilungen 1 und 2, insgesamt also 10,6 %, vgl. die Zusammenstellung bei BROSZAT, M.: Nationalsozialistische Polenpolitik 1939-45, Stuttgart 1961, S. 134. 39 S. HEINEMANN, Rasse, S.267. 40 Vgl. MAJER, S. 408f. 41 Vgl. MAJER, S. 413. 42 Vgl. HARTEN, S. 102f. Desweiteren sollen Angehörige der Abteilung 4 der Volksliste, die als asozial, „erbbio-logisch minderwertig“ oder politisch stark belastet galten, nicht ins Reich zur Eindeutschung verschickt, sondern in Konzentrationslager überführt werden, s. BROSZAT, Nationalsozialistische Polenpolitik, S. 133, Anm. 3. 43 MAJER, S. 428. 44 Vgl. MAJER, S.754f.

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Richter unkomplizierte Prozesse zu führen sowie die Urteile unverzüglich zu vollstrecken.45 So konnten z.B. Haftbefehle gegen Polen ohne Genehmigung eines Richters erlassen wer-den.46 An so genannten ‚Fremdvölkischen’ schied sich nach nationalsozialistischer Rasselehre die germanische ‚Herrenrasse’ von der ‚Sklavenrasse’, deren Arbeitskraft und Leben beliebig verfügbar waren. Ähnlich kolonialen Verboten der ‚Rassenmischehe’ durften polnische „Schutzangehörige“ der eingegliederten Ostgebiete keine Ehen mit deutschen Staatsangehöri-gen eingehen.47 Sie wurden einem terroristischen Strafrecht unterworfen, das sich in Sonder-rechtsvorschriften und drakonischen Strafen niederschlug. Unter diese Straftaten fielen u. a. Gewalttaten gegen Deutsche wegen ihrer Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum oder auch Brandstiftung, Beschädigung deutschen Eigentums und Waffenbesitz. Als Regelstrafe für diese „Vergehen“ galt die Todesstrafe, bei „minderen“ Tatbeständen war eine Freiheitsstrafe zu verhängen.48 „Fremdvölkische“ unterlagen einschneidenden Beschränkungen der Freizü-gigkeit und persönlichen Bewegungsfreiheit, z. B. der Konzentration in Lagern bei Massen-epidemien. Die Trennung von „Deutschen“ und „Fremdvölkischen“ und deren Isolierung von der Außenwelt diente der Lenkung des Arbeitseinsatzes und der Vorbereitung von Massende-portationen aus den Ostgebieten. Schließlich griffen diskriminierende Regelungen direkt in die materielle Existenzgrundlage der Schutzangehörigen ein. ‚Fremdvölkische’ Polen wurden etwa bei den Lebensmittelzuteilungen diskriminiert. So erhielten sie z. B. 1941 in Oberschle-sien nur noch halbe Rationen. Neben den Lebensmittelrationen wurde auch die Heizmittelzu-teilung an Polen stark beschränkt, während Juden überhaupt keine erhielten.49 „Fremdvölki-sche“ Juden in den eingegliederten Ostgebieten stellten den Endpunkt der Diskriminierung dar. Noch unter den „schutzangehörigen“ Polen wurden sie - ebenso wie die Zigeuner - auch vom Erwerb der Schutzangehörigkeit ausgeschlossen.50 Staatsangehörigkeitsrechtlich waren sie damit ein Nullum, Staatenlosen gleichgestellt und damit jeglichen staatlichen Schutzes beraubt.

Die Staatenloserklärung der Juden in den eingegliederten Ostgebieten und der Ausbau des Volkslistenverfahrens zeigen paradigmatisch den Bedeutungsverlust des allgemeinen Staatsangehörigkeitsrechts. Es wurde abgelöst durch neue rechtliche Konstruktionen hierar-chischer Stufen und die Durchbrechung hergebrachter Grundsätze. So wurde z. B. das Dogma der Vermeidung mehrfacher Staatsangehörigkeit abgelöst durch die gezielte Zulassung der Doppelstaatsangehörigkeit, um Ausländer für SS-Formationen rekrutieren zu können, die für ein großgermanisches, europaweites Reich kämpfen sollten. Auch wurde das geheiligte Prin-zip der staatsangehörigkeitsrechtlichen ‚Einheit der Familie’ dem Grundsatz geopfert, dass 45 Vgl. MAJER, S.766. 46 Vgl. MAJER, S.768. 47 Dazu im Einzelnen eingehend MAJER, S. 431–435; zu kolonialen Verboten sog. „Rassenmischehen“ s. Dieter GOSEWINKEL, Rückwirkungen des kolonialen Rasserechts? Deutsche Staatsangehörigkeit zwischen Rassestaat und Rechtsstaat, in: Sebastian CONRAD /Jürgen OSTERHAMMEL (Hg.), Das Kaiserreich transnational. Deutsch-land in der Welt 1871 – 1914, Göttingen 2004, S. 236 – 256. 48 Vgl. MAJER, S.743f. 49 Vgl. MAJER, S.455–475. 50 Aufgrund der Zweiten Verordnung über die Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den einge-gliederten Ostgebieten vom 31. 1. 1942 (RGBl. I, S. 51), §§ 4 Abs. 2, 7 Abs.2.

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„wertvolles deutsches Blut nicht verloren gehen“ dürfe.51 Das heißt, Ehefrauen wurde erst-mals die selbständige Verfügung über ihre Staatsangehörigkeit eingeräumt, um unerwünschte „völkische Mischehen“ auflösen zu können.52

3. Der Krieg, die Ausdehnung des staatlichen Herrschaftsbereichs in kontinentalem Ausmaß und seine Durchdringung nach rasseideologischen Kriterien hatten Form und Gehalt der deutschen Staatsangehörigkeit radikal verändert. Was aber bedeutete abschließend „deut-sche Staatsangehörigkeit“ für die Bewohner dieses von Deutschland beherrschten Kriegsim-periums, das auf dem Höhepunkt seiner territorialen Ausdehnung fast das gesamte europäi-sche Festland umfasste? Was bedeutete sie im Hinblick auf die politische Schichtung, den Ein- und Ausschluss ganzer Bevölkerungsgruppen und ihre (Überlebens)Chancen in den ver-schiedenen Gebieten? Eine Momentaufnahme vom Ende des Jahres 1942 – die deutsche Herr-schaftssphäre insgesamt und mit der Einbeziehung der ukrainischen Volksdeutschen auch die deutsche Staatsangehörigkeit hatten ihre größte Ausdehnung im Osten erreicht 53- bietet ein verwirrendes Bild von Statusschichten und territorialen Unterschieden.

Scheinbar noch übersichtlicher war die Schichtung im ‚Altreich’, dem Gebiete des Deut-schen Reiches noch vor den Gebietserweiterungen von 1938. Hier zählte der ganz überwie-gende Teil der eingesessenen Bevölkerung zu den „Reichsbürgern deutschen oder artver-wandten Blutes“. Die so genannten ‚fremdblütigen’ Deutschen – bloße „Staatsangehörige“ gemäß den Rassegesetzen von 1935, ganz überwiegend ‘Volljuden’ – bildeten nur mehr eine kleine Restgruppe. Sie waren für staatenlos erklärt und wurden in die Vernichtungslager Ost-europas deportiert. Ähnlich waren die Verhältnisse in den 1938 angegliederten Gebieten Ös-terreich und Sudetenland, obwohl dort nicht der Status der (vorläufigen) Reichsbürgerschaft eingeführt worden war. Während in diesen Gebieten die Mehrheit der Bevölkerung den vollen Status der deutschen Staatsangehörigkeit innehatte, änderte sich dies bereits mit dem Über-gang in das östlich angrenzende, nicht in das Reichsgebiet eingegliederte Protektorat Böhmen

51 S. Runderlass des Reichsministers des Innern, Staatsangehörigkeit der Bewohner von Eupen, Malmedy und Moresnet vom 10. 2. 1942 (RGBl I, S. 361), Nr. 16 b. Danach konnten Ehefrauen ausnahmsweise vom Widerruf der Staatsangehörigkeit des Ehemannes ausgenommen werden. Dies wurde generell verstärkt durch die Verord-nung über die Staatsangehörigkeit auf Widerruf vom 25. 4. 1943 (RGBl I, S. 269), § 3, die ausdrücklich bes-timmte, dass staatsangehörige Frauen deutschen Volkstums ihre deutsche Staatsangehörigkeit durch Heirat mit einem Staatsangehörigen auf Widerruf nicht verloren. 52 S. Verordnung zur Regelung von Staatsangehörigkeitsfragen gegenüber dem Protektorat Böhmen und Mähren vom 6. 6. 1941 (RGBl I, S. 308), §§ 1–3; Runderlass des Reichsministers des Innern vom 15. 10. 1941 (RGBl I, S. 1837), Nr. (7), (9); s. auch Runderlass des Reichsministers des Innern, Erwerb der Staatsangehörigkeit in den befreiten Gebieten der Untersteiermark und Oberkrains vom 10. 2. 1942 (RMBliV, S. 353), Nr. 13 a, b; GLOBKE, Protektoratsangehörigkeit, S. 455; s. auch SILAGI, Vertreibung, S. 124f. S. Runderlass des Reichsministers des Innern, Staatsangehörigkeit der Bewohner von Eupen, Malmedy und Moresnet vom 10. 2. 1942 (RGBl I, S. 361), Nr. 16 b. Danach konnten Ehefrauen ausnahmsweise vom Widerruf der Staatsangehörigkeit des Eheman-nes ausgenommen werden. Dies wurde generell verstärkt durch die Verordnung über die Staatsangehörigkeit auf Widerruf vom 25. 4. 1943 (RGBl I, S. 269), § 3, die ausdrücklich bestimmte, dass staatsangehörige Frauen deutschen Volkstums ihre deutsche Staatsangehörigkeit durch Heirat mit einem Staatsangehörigen auf Widerruf nicht verloren. 53 Die verstärkten Vorbereitungen zur Durchführung des Volkslistenverfahrens begannen im Dezember 1942, s. FLEISCHHAUER, I., Dritte Reich und die Deutschen in der Sowjetunion, Stuttgart 1983, S. 186f.¸ Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die Deutsche Volksliste in der Ukraine eingetra-genen Personen vom 19. 5. 1943 (RGBl I, S. 321).

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und Mähren. Hier war die Minderheit der (volks-)deutschen Staatsangehörigen von den tsche-chischen Protektoratsangehörigen scharf getrennt und unterlag einer gesonderten Gerichtsbar-keit.54

Schärfer noch wirkte sich die Scheidung nach „Volkszugehörigkeit“ in den Gebieten der Deutschen Volksliste aus. Sie trennte die deutschen Staatsangehörigen in den eingegliederten Ostgebieten in eine vollberechtigte, prinzipiell reichsbürgerfähige und in eine minderberech-tigte Hälfte, die Deutschen „auf Widerruf“. Unterhalb dieser Stufenleiter der deutschen Staatsangehörigen stand die überwiegende Mehrheit „fremdvölkischer“, damit also minderbe-rechtigter, lediglich Schutzangehöriger. Ging man weiter nach Osten, gelangte man in das aus den Kerngebieten des ehemaligen Polen gebildete Generalgouvernement, das in der Rasse-ideologie des Nationalsozialismus einem kolonialen System des Ausschlusses unterlag. Seine Bevölkerung war grundsätzlich nicht zur Eindeutschung vorgesehen und unter deutsche Ver-waltung gestellt. An der Spitze standen „reichsdeutsche“ Besatzungsangehörige, ergänzt durch eine verhältnismäßig geringe Zahl eingebürgerter „Volksdeutscher“. Da ein Volkslis-tenverfahren nicht durchgeführt wurde, blieb die große Mehrheit der Bevölkerung staatenlos. Zu dieser Gruppe gehörten auch „deutschstämmige“ Polen, die in einigen Rechtsbereichen wie Deutsche, in anderen nicht als solche behandelt wurden.55

Ähnlich wie in den eingegliederten Ostgebieten besaßen ‚fremdvölkische’ Arbeiter kaum Rechte, so dass die Situation dort als systematische Ausbeutung verstanden werden kann. Es bestand eine allgemeine Arbeitspflicht für Polen ab 18 Jahren, für Juden ab 14 Jahren, weiter-hin galt ein Urlaubsverbot sowie ein Ausschluss sozialer Rechte wie z.B. Mutterschutz, Ju-gendschutz und ähnliches. Die Löhne für ‚fremdvölkische’ Polen lagen weit unter denen der deutschen Arbeiter, und auch hier bestanden wieder Sonderregelungen für Juden, deren Lohn 20 % unter dem Lohn für Polen lag.56 Zusätzlich konnten die Löhne jederzeit an die wirt-schaftliche Lage „angepasst“ werden, so dass i. d. R. der Lohn noch weitaus geringer ausge-fallen sein dürfte.

Etwas anders sah es im Bereich des Zivilrechts aus. Zwar galt hier genauso wie in den eingegliederten Ostgebieten die strikte Trennung von Deutschen und „Fremdvölkischen“, jedoch war die politische Führung der Ansicht, dass deutsches Recht auch nur auf deutsche Reichsbürger angewandt werden sollte. Damit galten polnische Regelungen fort, und es etab-lierte sich insoweit - relative - Rechtssicherheit zumindest zwischen Polen und Juden57. Die Zuständigkeiten der Gerichte waren klar abgesteckt. Da im Generalgouvernement primär die Absicht bestand, die einheimische Bevölkerung wirtschaftlich auszubeuten, war ein Mindest-maß an rechtlicher Berechenbarkeit und Kooperation der Bevölkerung notwendig. Vor allem

54 Erlass des Führers und Reichskanzlers über das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. 3. 1939 (RGBl I, S. 485), Artikel 2. 55 Vgl. dazu MAJER, S. 570f. 56 Vgl. MAJER, S.553, 555. 57 Vgl. MAJER, S.904.

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deshalb schritt die Auflösung der Rechtsnormen weniger stark voran als in den eingeglieder-ten Gebieten.58

Blickte man noch weiter nach Osten, so wurden deutsche „Volkszugehörige“ aus volks-tumspolitischen wie strategischen Gründen – wie z. B. im Reichskommissariat Ukraine - mit der Aufnahme in die deutsche Staatsangehörigkeit prämiert.59 Unter einer, wie es hieß,. „zu-verlässigen“ Oberschicht deutscher Volkszugehörigen, die kollektiv eingebürgert wurde, ge-gebenenfalls „auf Widerruf“, stand die große Mehrheit der als staatenlos, „fremdvölkisch“ und damit rechtlich schutzlos behandelten ukrainischen Bevölkerung.60 Zu ihnen kamen Hun-derttausende Staatenloser, insbesondere Juden und Polen, die aus dem „Altreich“ und dem Generalgouvernement in die Vernichtungslager deportiert wurden.

Noch komplexer wurde das Bild, wenn man die Ströme der Zwangsmigration hinzu-nahm, die das nationalsozialistische Herrschaftsgebiet durchzogen. Dazu gehörten die Millio-nen Deportierter, zu Staatenlosen degradierte Juden und Polen,61 die in die östlichen Gebiete zur Arbeit und Vernichtung gebracht wurden und die breite Masse der rechtlos gestellten Un-terschicht noch vermehrten. Aber auch in Richtung Westen verliefen Ströme der - ganz über-wiegend - erzwungenen Arbeitswanderung. Je länger der Krieg andauerte, desto mehr verän-derte sich die Herrschaftsschichtung auch im „Altreich“. Unter die Masse der alteingesesse-nen „Reichsbürger“ schob sich eine Unterschicht von Zwangsarbeitern, „Fremdarbeiter“ ge-nannt, welche die Rüstungswirtschaft des Reiches aufrechterhielten. Sie umfassten 1941 etwa 3,5 Millionen, am Ende des Krieges 7,6 Millionen Menschen.62 Sie waren durchweg Nicht-Deutsche, also Angehörige fremder Staaten und Staatenlose63 und waren in ihrer überwiegen-den Mehrheit in Osteuropa beheimatet, vornehmlich in den besetzten Gebieten der Sowjet-

58 Auffällig sind die weitaus seltener vorkommenden Todesstrafen im Generalgouvernement, so dass sich die politische Führung gezwungen sah, im Sommer 1941 die Justizbehörden auf die Notwendigkeit der „besonders harten Bestrafung gegenüber Polen“ aufmerksam zu machen und in Fällen von Schwarzschlachtungen und Transportdiebstahl möglichst Todesstrafen zu verhängen, da das Zuchthaus keinerlei Wirkung bei den Polen zeige, vgl. Majer, S. 879. 59 Wie z. B. die „deutschen Volkszugehörigen“ in den so genannten „befreiten“, ehemals österreichischen Gebi-eten nach der Zerschlagung des jugoslawischen Staates, Verordnung über den Erwerb der Staatsangehörigkeit in den befreiten Gebieten der Untersteiermark, Kärntens und Krains (RGBl I, S. 648). Sie erwarben die deutsche Staatsangehörigkeit. Die ehemaligen Jugoslawen „deutschen oder artverwandten Blutes“ wurden Deutsche auf Widerruf, sofern die Behörden sie als „heimattreu“ einstuften, während die übrige Bevölkerung zu „Schutzange-hörigen“ des Deutschen Reiches wurde. 60 Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die Deutsche Volksliste der Uk-raine eingetragenen Personen vom 19. 5. 1943 (RGBl I, S. 321). 61 Juden wurden aufgrund der 12. Verordnung zum Reichsbürgergesetz (RGBl I, S. 268), § Abs. 1, zu Staatenlosen erklärt und Schutzangehörige zu Nicht-Staatsangehörigen (§1 Abs.2). Die Schutzangehörigkeit erlosch und wurde zur Staatenlosigkeit mit dem Verlassen des Gebiets der Schutzangehörigkeit, s. Verordnung über die Deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ostgebieten (RGBl I, S. 118), § 7. 62 Zu den Zahlen vom September 1941 und August 1944 (einschl. der Kriegsgefangenen) vgl. HERBERT, U., Fremdarbeiter. Politik und Praxis des „Ausländer-Einsatzes“ in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, Bonn 1986, S. 181 und 271. 63 Vgl. Tabelle bei ebd., S. 271f.

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union und in dem ehemaligen Polen.64 Sie waren zwangsrekrutiert aus Gebieten des deut-schen Herrschaftsbereichs, in denen sie als rechtlose „Fremdvölkische“ ohne jeglichen deut-schen Staatsangehörigkeitsstatus galten. Diesen Status nahmen sie auch im „Altreich“ ein, standen auf der niedrigsten Stufe der Rangskala ausländischer Arbeiter, die in sich nach rassi-schen und politischen Kriterien gegliedert war. Während die Italiener,65 die „germanischen“ und „verbündeten“ Völker eine gemäßigte Behandlung erfahren sollten, wurden die „Polen und Ostarbeiter“66 im Reich einem rassistischen Sonderstrafrecht unterstellt. Ihr Schicksal hing vom Kriegsverlauf ab: Je günstiger sich die Lage für das Reich zu entwickeln schien, desto vernichtender waren die Strafmaßnahmen, die diese ‘Unterklasse’ von Ausländern nicht nur aus der staatlichen Ordnung, sondern aus jeder Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Volk ‚ausmerzen’ sollten.67 Die Auflösung der Einheitlichkeit kennzeichnete also nicht nur den Rechtsstatus der deutschen Staatsangehörigkeit, sondern auch den des Ausländers. Dies ging so weit, dass bis zum Kriegsende unterschiedliche äußere Kennzeichnungen die nationa-len Gruppen der „Fremdarbeiter“ als ‘höher- oder minderwertig’ klassifizierten.68

Anders gestaltete sich die Hierarchie in Gebieten des besetzten Westeuropa, insbesondere in Nordfrankreich und Elsaß-Lothringen. Zwar gehörten diese Gebiete weiterhin völkerrecht-lich zum französischen Staat, faktisch aber war Elsaß-Lothringen vom nationalsozialistischen Staat annektiert worden. Hierin spiegelten sich Präferenzen der Volkstumspolitik, die zu Pri-vilegierungen in der Staatsangehörigkeitspolitik führten. Die Gebiete wurden Gauen des deut-schen Altreichs angegliedert, um eine wirksame Germanisierungspolitik zu ermöglichen. Aufgrund einer Rasseprüfung als „deutschstämmig“ eingestufte Familien erhielten die deut-sche Staatsangehörigkeit auf Widerruf für 10 Jahre ebenso wie so genannte „bewährte Deut-sche“ und diejenigen, die Angehörige bei der Wehrmacht oder der Waffen-SS hatten.69 Den-jenigen, die sich dieser Einstufung durch die Abwanderung nach Frankreich zu entziehen ver-suchten, wurde die deutsche Staatsangehörigkeit (auf Widerruf) oktroyiert. Sie wurden als so genannte „Wiedereindeutschungsfähige“ ins Altreich deportiert, um ihren politischen Wider-stand zu brechen. Anders aber als in den aus den besetzten Ostgebieten stammenden Polen, welche ebenfalls als rassisch „wertvoll“ eingestuft worden waren, erhielten die als „wieder-eindeutschungsfähig“ qualifizierten Elsässer einen Ersatz für ihr zurückgelassenes Vermö-gen.70 Die rasseideologisch unterschiedliche Bewertung von ‚Westen’ und ‚Osten’ wurde am

64 Vgl. Tabellen bei ebd., S. 181, 271f. 65 MANTELLI, B., Zwischen Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt und Kriegswirtschaft. Die Anwerbung der italienischen Arbeiter für das „Dritte Reich“ und die „Achse Berlin-Rom“ 1938-1943, in: BERMANI, C. u. a. (Hg.): Proletarier der „Achse“, Sozialgeschichte der italienischen Fremdarbeit in NS-Deutschland 1937 bis 1943, Berlin 1997, S. 57–59. 66 Zu den entsprechenden Richtlinien des Reichssicherheitshauptamts Ende 1942 s. HERBERT, Fremdarbeiter, S. 189. Die untere Stufe umfasste neben „Polen und Ostarbeitern“ auch „Serben, Tschechen und Slowenen“. 67 Zur Durchsetzung eines rassistischen Sonderstrafrechts gegen „Polen und Ostarbeiter“ in der Hand der Ge-stapo im Reich während des Sommers 1943 s. ebd., S. 246f. 68 Zur Aufrechterhaltung der rassisch motivierten Diskriminierungen zwischen den Fremdarbeitergruppen trotz einiger kriegswirtschaftlich bedingter Lockerungen s. ebd., S. 266f. 69 HEINEMANN, Rasse, S.323. 70 HEINEMANN, Rasse, S. 324, 326.

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augenfälligsten in der Behandlung der – gemäß ihrer sprachlichen und territorialen Herkunft – ehemaligen „Polen“, die vor dem Ersten Weltkrieg zumeist als deutsche Staatsangehörige auf dem Gebiet des Deutschen Reichs gelebt hatten, vielfach im Ruhrgebiet, und nach dem Krieg nach Frankreich gezogen waren. Sie waren vielfach bereit, ins Altreich umzusiedeln, bezeich-neten sich selbst häufig als „Volksdeutsche“ und verfügten zumeist über deutsche Sprach-kenntnisse und Bildung. Selbst wenn sie aber der Abstammung nach als „reinpolnisch“ gal-ten, wurden sie – bei so genannten ‚guten Rassewerten’ - im Unterschied zu den Ostgebieten nicht enteignet. Die im Westen lebenden Polen sollten offensichtlich nicht derselben Repres-sion ausgesetzt werden wie Polen im Osten.71 Da Frankreich und den Franzosen in der natio-nalsozialistischen Rasseskala72 ein deutlich höherer Wert als Polen zugemessen wurde, werte-te die Sozialisation in dieser Umwelt Menschen polnischer Herkunft auf, mit der Folge, dass ihr Rechtsstatus weniger gefährdet, ihre (Über) Lebenschancen weniger gemindert waren als im östlichen Besatzungsgebiet.

III.

Überblickt man zusammenfassend das Gesamtbild, so zeigt sich wenig Regelhaftigkeit, die überdies im Verlauf des Krieges noch abnahm.73 Allerdings treten Grundlinien zutage. Er-kennbar ist zum einen, dass sowohl die quantitative Bedeutung als auch die Konsistenz der deutschen Staatsangehörigkeit von Westen nach Osten abnahmen. Lediglich im „Altreich“ stellte sie den Mehrheitsstatus dar. In den östlichen Gebieten war sie der Status einer Minder-heit und zerfiel in die Rechtsschichten eines hierarchisch gestuften Kolonialsystems. Die Er-findung der Deutschen Volksliste, des Deutschen „auf Widerruf“ und des „Schutzangehöri-gen“ waren Stabilisierungsversuche dieses Systems. Zum zweiten wurden die Stufen dieser Hierarchie nach unten hin undurchlässiger. Nach der systematischen Entrechtung und Staaten-loserklärung der Juden schwand der Unterschied zwischen dem Status des (Voll)Staatsangehörigen und des „Reichsbürgers“, der ohnehin nie rechtlich ausgefüllt wurde. Der Übergang zwischen den beiden ersten Abteilungen der Deutschen Volksliste wirkte sich praktisch nicht aus. Dagegen war der Deutsche „auf Widerruf“ ein diskriminierender Status auf Probe, der mit einschneidenden Rechtsnachteilen und sozialer Abwertung verbunden war. Vollends tief war die rechtliche Kluft zum Status des „Schutzangehörigen“, den zugleich ras- 71 HEINEMANN, S. 337–340. 72 Das Ranggefälle zwischen Ost und West, zwischen germanischen (oder ihnen doch relativ nahen) und nicht-germanischen Völkern belegen auch die Rekrutierungen Freiwilliger in den besetzten Niederlanden und Norwe-gens in Verbände einer „Germanischen SS“. 73 Das Bild verändert sich nochmals durch die ‘kriegswichtige’ Einbürgerung der in der Waffen-SS, der Wehrmacht, der Organisation Todt, im Reichsarbeitsdienst und der deutschen Polizei eingestellten „deutsch-stämmigen“ Ausländer, s. Führererlass vom 25. 5. 1943 (RGBl I, S. 315), Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 23. 5. 1944 (RMBliV, S. 551). Aus der Sicht des Reichsführers SS entsprang die Wehrpflicht der Volksdeutschen in der militärischen Rasseformation der Waffen-SS einer grundlegenden völkischen Di-enstpflicht, die durch die Einbürgerung nunmehr formal mit Blick auf das Ausland - bestätigt wurde, s. LUMANS, S. 212, 215.

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sische und soziale Kriterien nach oben undurchlässig machten. Wer als „fremdvölkisch“ und nicht „rückdeutschbar“ definiert wurde, verlor tatsächlich jede Garantie staatlichen Schutzes, die der Staatsangehörige genoss. Noch unter den „Schutzangehörigen“ wurden „vollfremdblü-tige“ Juden und Zigeuner eingestuft. So sehr die Einheitlichkeit des Staatsangehörigkeitssys-tems insgesamt aufgelöst war, so eindeutig und irreversibel war der Ausschluss dieser Grup-pe. Schließlich und drittens wurden die Rechtsschichten nach unten hin nicht nur undurchläs-siger, sondern zugleich breiter. Den deutschen Staatsangehörigen stand zur Zeit der größten Ausdehnung des nationalsozialistischen Herrschaftsbereichs eine Überzahl „fremdvölkischer“ Schutzangehöriger, Staatenloser und Ausländer gegenüber.

Insgesamt zeigt das Bild des Jahres 1942 eine vielfach zerklüftete Pyramide: Die Staats-angehörigkeit gliederte ein mehrfach geschichtetes Herrschaftssystem. Sie hatte seit dem Machtantritt der nationalsozialistischen Diktatur ihre Form, Funktion und Bestandskraft grundlegend verändert. Die Staatsangehörigkeit geriet zunehmend zum Instrument national-sozialistischer Rasse- und Volkstumspolitik. Sie verlor darüber ihre rechtliche Kohärenz und Bestandskraft, wurde zum Objekt rivalisierender rasse- und volkstumspolitischer Kräfte. Doch trug dieser Prozess nicht zur politischen Stagnation, sondern zur Verschärfung der Aus-schlusswirkung bei.

Was mit den Nürnberger Gesetzen begonnen hatte, spitzte sich im rassischen Erobe-rungskrieg zu. Zwar war das Schichtengefüge, das die Staatsangehörigkeit definierte, labil, verschob sich, wurde durchlässig in den oberen und mittleren Bereichen. Aber seinen Ziel-punkt und seine größte Stabilität erreichte es an der Basis: mit dem Ausschluss „Fremdvölki-scher“ zu deren Ausbeutung und Vernichtung.

Damit hatte die deutsche Staatsangehörigkeit einen Form- und Funktionswandel vollen-det, der eine scharfe Zäsur zur Phase vor 1933 bezeichnete. Es ging der nationalsozialisti-schen Staatsangehörigkeitspolitik primär um Exklusion, um die Kennzeichnung von Werthie-rarchien und den Ausschluss von der Rasse- und Volksgemeinschaft. Die Festlegung der Re-geln vollzog sich ohne Mitwirkung einer politischen Öffentlichkeit im arkanen Kreise der Rechts- und Rasseexperten. Ein wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz gegen die Zuschrei-bungen des Staatsangehörigkeitsstatus existierte nicht – auch dort nicht, wo die nationalsozia-listischen Behörden die zwangsweise Inklusion in das deutsche Volkstum vorschrieben. Die Kriterien des Ausschlusses wurden erstmals in der Geschichte des deutschen Nationalstaats absolut, d.h. vom Einzelnen nicht überwindbar, definiert.

Das nationalsozialistische Regime brach in mehrfacher Hinsicht mit der Entwicklung des modernen Verfassungs- und Nationalstaats. Der politische Herrschaftswechsel, vollzogen mit diktatorischen Mitteln, ging zeitlich voran, zog aber in kürzester Zeit eine gesellschaftliche Umwälzung nach sich. Gruppen, die im Verlauf eines langen Emanzipations- und Liberalisie-rungsprozesses gleichberechtigte Mitglieder der staatlichen Gemeinschaft, also zu Staatsan-gehörigen, geworden waren, insbes. Juden, nationale Minderheiten, politische Dissidenten etc., wurden politisch-rechtlich zu Fremden erklärt. Zugleich wurden ihnen ihre wirtschaftli-chen und sozialen Rechte genommen, so dass sie verarmten, ja, vielfach ihres Existenzmini-mums beraubt wurden. Damit war eine politische und soziale Deklassierung durchgesetzt, die ein Jahrhundert sozialer Inklusionsbestrebungen des Nationalstaats geradewegs umkehrt. Der

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„totale Nationalstaat dikatorialer Prägung“74 durchbrach mit dem Übergang zum Prinzip rassischer (d. h. nicht mehr staatlich-nationaler) Homogenität die binäre Logik von Innen und Außen, Inklusion und Exklusion des hergebrachten Nationalstaats. Indem das Innen nicht mehr rechtlich gesichert war, d. h. Staatsangehörige zu Fremden und eben deswegen auch zu Armen werden konnten, entfiel der Schutz, den der hergebrachte daseinsvorsorgende Natio-nalstaat seinen Mitgliedern gegenüber Fremden gewährt hatte.

Das Umschlagen der deutschen Staatsangehörigkeit in ein staatliches Machtinstrument der Segregation belastete die Institution auf Dauer. Auch nach der Rückkehr zu demokrati-schen und rechtsstaatlichen Verhältnissen – nach 1949 bzw. 1989 für das vereinte Deutsch-land – erzeugt die deutsche Staatsangehörigkeit wenig positive politische Symbolik, die über einzelne politische Bekundungen hinausginge. Mag auch die deutsche Staatsangehörigkeit zentrale staatsbürgerliche Rechte und staatlichen Schutz gewährleisten, überdies im Jahr 2000 im Zuge einer Reform zu größerer Offenheit umgestaltet worden sein, sprechen doch Anzei-chen dafür, dass im öffentlichen Diskurs die Wahrnehmung von Staatsangehörigkeit und Ein-bürgerung als Instrumente der Exklusion und Diskriminierung dominieren. Auch hier zeigt sich die Bedeutung historischer Erfahrung für gegenwärtige Politik.

74 LUTZ RAPHAEL, Königsschutz, Armenordnung und Ausweisung – Typen der Herrschaft und Modi der Inklu-sion und Exklusion von Armen und Fremden im mediterran-europäischen Raum seit der Antike, in: ANDREAS GESTRICH / LUTZ RAPHAEL (Hrsg.), Inklusion / Exklusion, Frankfurt a. Main 2004, S. 15 – 34 (32f.).

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Veröffentlichungsreihe der Forschungsgruppe Zivilgesellschaft, Citizenship und politische Mobilisierung in Europa*

*Am 1. Januar 2005 wurde die Forschungsgruppe "Zivilgesellschaft, Citizenship und politische Mobilisierung in Europa" (ZCM) eingerichtet. Sie geht hervor aus der Zusammenlegung der Arbeitsgruppen "Zivilgesellschaft: historisch-sozialwissenschaftliche Perspektiven" (ZG) und "Politische Öffentlichkeit und Mobilisierung" (PÖM) und ist in den Forschungsschwerpunkt "Zivilgesellschaft, Konflikte und Demokratie" (ZKD) eingegliedert.

2001

P01-801

JÜRGEN KOCKA, PAUL NOLTE, SHALINI RANDERIA, SVEN REICHARDT: Neues über Zivilgesellschaft aus historisch-sozialwissenschaftlichem Blickwinkel, 104 S.

2002

P02-701

ZORN, ANNIKA: Wie die Löffelente bis nach Brüssel kam - oder: Wie sucht man nach europäischen Bewegungen?

2003

SP IV 2003-401 JESUS CASQUETE: From Imagination to Visualization: Protest Rituals in the Basque Country, 37 S.

SP IV 2003-402 RUUD KOOPMANS, JESSICA ERBE: Towards a European Public Sphere? Vertical and Horizontal Dimensions of Europeanised Political Communication, 25 S.

SP IV 2003-403 RUUD KOOPMANS, ANN ZIMMERMANN: Internet: A New Potential for European Political Communication?, 28 S.

SP IV 2003-501 GABRIELLA ROSEN: Science and Civil Society: Lessons from an Organization at the Borderland, 53 S.

SP IV 2003-502 SHALINI RANDERIA: Between Cunning States and Unaccountable International Institutions: Social Movements and Rights of Local Communities to Common Property Resources, 30 S.

SP IV 2003-503 SVEN REICHARDT: Soziales Kapital “im Zeitalter materieller Interes-sen”. Konzeptionelle Überlegungen zum Vertrauen in der Zivil- und Marktgesellschaft des langen 19. Jahrhunderts (1780-1914), 20 S.

SP IV 2003-504 NINA VERHEYEN: Diskutieren in der frühen Bundesrepublik: Zur Kulturgeschichte des „besseren Arguments“ zwischen Re-education und Studentenbewegung, 22 S.

SP IV 2003-505 DIETER GOSEWINKEL: Zivilgesellschaft – eine Erschließung des Themas von seinen Grenzen her, 31 S.

SP IV 2003-506 UTE HASENÖHRL: Zivilgesellschaft und Protest. Zur Geschichte der Umweltbewegung in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1945 und 1980 am Beispiel Bayerns, 25 S.

2004

SP IV 2004-401 CHRISTIAN GALONSKA, MARIA BERGER, RUUD KOOPMANS: Über schwindende Gemeinsamkeiten: Ausländer- versus Migrantenfor-schung. Die Notwendigkeit eines Perspektivenwechsels zur Erfor-schung ethnischer Minderheiten in Deutschland am Beispiel des Projekts „Die Qualität der multikulturellen Demokratie in Amster-dam und Berlin“. 78 S.

SP IV 2004-501

DIETER GOSEWINKEL, SVEN REICHARDT (HG.): Ambivalenzen der Zivilgesellschaft. Gegenbegriffe, Gewalt und Macht, 86 S.

SP IV 2004-502 JÜRGEN SCHMIDT: Zivilgesellschaft und nicht-bürgerliche Träger-schichten. Das Beispiel der frühen deutschen Arbeiterbewegung (ca. 1830-1880), 51 S.

SP IV 2004-503 MARTIN LENGWILER: Privacy, justice and equality. The history of privacy legislation and its significance for civil society, 20 S.

SP IV 2004-504 MANFRED GAILUS: Contentious Food Politics: Sozialer Protest, Märkte und Zivilgesellschaft (18.-20. Jahrhundert), 75 S.

SP IV 2004-505 HEINRICH HARTMANN: Unternehmen organisieren im gesellschaftli-chen Umfeld – deutsche und französische Erfahrungen zwischen 1890 und 1914, 31 S.

2005

SP IV 2005-401 UTE HASENÖHRL: Zivilgesellschaft, Gemeinwohl und Kollektivgüter, 38 S.

SP IV 2005-402 KENNETH NEWTON: Support for Democracy – Social Capital, Civil Society and Political Performance, 27 S.

SP IV 2005-403 SABINE MOHR, BERNHARD WEßELS, JAN BEYERS, BART KERREMANS, Zugang und Legitimität in der EU – Vorläufige Ergebnisse der Befragung deutscher Interessenverbände, politischer Parteien, Ministerien und politischer Stiftungen zur Außenhandelspolitik in der Europäischen Union, 26 S.

SP IV 2005-404 MANUEL BORUTTA, Religion und Zivilgesellschaft – Zur Theorie und Geschichte ihrer Beziehung, 56 S.

SP IV 2005-405 STEFAN-LUDWIG HOFFMANN, Civil Society and Democracy in Nineteenth Century Europe: Entanglements, Variations, Conflicts, 31 S.

SP IV 2005-406 HINNERK BRUHNS, DIETER GOSEWINKEL, Europe and the Other – Non-European Concepts of Civil Society, 95 S.

2006

SP IV 2006-401 BRIGITTE GEISSEL, Politische Kritik – Gefahr oder Chance? Normative Grundlagen politischer Orientierungen, 31 S.

2007

SP IV 2007-401 ANNELIEN DE DIJN, Civil Society in the History of Ideas: The French Tradition, 21 S.

SP IV 2007-402 JAN. C. BEHRENDS, Moskau und Chicago als Metropolen der Moderne – Sozialer Konflikt und gesellschaftliche Integration 1870-1914, 21 S.

SP IV 2007-403 ULRIKE VON HIRSCHHAUSEN, Von imperialer Inklusion zur nationalen Exklusion Staatsbürgerschaft in Österreich-Ungarn 1867-1923, 32 S.

2008

SP IV 2008-401 DIETER GOSEWINKEL, Staatsangehörigkeit, Inklusion und Exklusion. Zur NS-Bevölkerungspolitik in Europa, 23 S.

SP IV 2008-402 AGNES ARNDT, DARIUSZ GAWIN, Discourses on Civil Society in Poland, 42 S. Agnes Arndt: Premises and Paradoxes in the Development of the Civil Society Concept in Poland Dariusz Gawin: Civil Society Discourse in Poland in the 1970s and 1980s.

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