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Anzeige Sommer | 2011 Das Musikmagazin für Ärzte Stephan Sulke Musiker I Maler I Gourmet Eagles Kate Bush Randy Newman Simon & Garfunkel Nicola Conte Nailah Porter Joshua Redman Harry Connick, Jr. Lisa Batiashvili Mojca Erdmann Martha Argerich Münchner Opernfestspiele pop jazz klassik www.tonartmagazin.de

Sommer |2011 Das Musikmagazin für Ärztearchiv.tonart-musikmagazin.de/ausgabe_2011-2/ausgabe_2011-2.pdf · Auf Augenhöhe – Joshua Redman und Partner Harry Connick, Jr.: In den

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Sommer | 2011 Das Musikmagazin für Ärzte

Stephan SulkeMusiker I Maler I Gourmet

� Eagles

� Kate Bush

� Randy Newman

� Simon & Garfunkel

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� Nailah Porter

� Joshua Redman

� Harry Connick, Jr.

� Lisa Batiashvili

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� Martha Argerich

� Münchner Opernfestspiele

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inhalt | editorial | impressum3

Editorial | tonart

www.tonartmagazin.de

Inhalt | Sommer 2011

Stephan Sulke wagt den Neustart

Chefzyniker Randy Newman lässt bitten

Weg mit den Altlasten – Kate BushSimon & Garfunkel – Meisterwerk im Rückblick

Sängerin k.d. lang: emotional und hinreißend

Hoher Besuch aus den Staaten – The EaglesDVD Area – Hören & Sehen

Hot Spots –Tipps der Redaktion

Wandlungsfähig: ex-Anwältin Nailah Porter Nicola Conte: Ode an das legendäre Impulse-Label

Auf Augenhöhe – Joshua Redman und Partner

Harry Connick, Jr.: In den Fußstapfen von Sinatra

Jazz Thermometer: neue CDs im Hörtest

Crossover do Brasil: Sérgio Mendes wird 70

Violinistin Lisa Batiashvili spielt Schostakowitsch

Bösendorfer: eine Edelmarke stellt sich vor

Mozart über alles – Soprandiva Mojca ErdmannKlangerlebnis pur – Münchner Opernfestspiele Klassik Thermometer: neue CDs & DVDs im Test

Akustikzauber mit AudionetNubert – PC-Klang in High Fidelity

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Liebe Leserinnen und Leser !Der Sommer naht mit großen Schrit-ten und die Vorfreude darauf den ver-dienten Urlaub alsbald antreten zudürfen, verleiht vielen von uns Flügel.Dennoch möge Planung und Vorbe-reitung gut durchdacht sein. Auch dievermeintlich „kleinen Dinge“, wie bei-spielsweise die passende Musik fürdie schönste Zeit des Jahres - am be-sten aus der privaten Kollektion - sol-len möglichst nicht vergessen wer-den. Reichlich Anregung dazu bietetIhnen die druckfrische Sommeraus-gabe von tonart. Ob nun etablierte Größen aus der PopularMusik wie Randy Newman, Kate Bush oder der Brasilianer Sér-gio Mendes, die neue Ausgabe stellt auch jüngere beachtenswer-te Talente aus dem Jazz und der Klassik, wie Nailah Porter, NicolaConte resp. Lisa Batiashvili und Mojca Erdmann, vor. Nicht zuletztdie unterhaltsame Coverstory mit dem Schweizer SongpoetenStephan Sulke, der weitgereist, viel zu erzählen hat !

Darüber hinaus informiert tonart exklusiv von der MünchnerHigh End-Messe. Für Sie haben wir einige essentielle Neuheiten,fachmännisch von unserer Hifi-Redaktion aufbereitet, parat. Demanspruchsvollen Konzertbesucher empfehlen wir die MünchnerOpernfestspiele sowie die bereits vorangekündigten hiesigen Pop-Großereignisse mit den Eagles, Elton John und das spannende„Symphonica“-Projekt von George Michael.

Wir hoffen, Ihnen - verehrte Leser - ausreichend Tipps für die mu-sikalische (Urlaubs)-Freizeitgestaltung geliefert zu haben und wün-schen viel Lesevergnügen mit der neuen Ausgabe von tonart.Bleiben Sie uns gewogen, wo immer Sie auch sein mögen !

Herzlichst Ihr Michael Möhring ll

Michael MöhringChefredakteur

Impressum | tonart

tonart das Musikmagazin für Ärzte ist ein Produkt von otello media.tonart (11. Jhg.) erscheint als Beilage im Deutschen ÄrzteblattDeutsches Ärzteblatt - Praxisausgabe IVW-geprüft

Herausgeber Christian Scharf email [email protected]

Chefredakteur Michael Möhring email [email protected]

Ressortleiter Klassik Manuel Brug email [email protected]

Ressortleiter HiFi Wolfgang Tunze email [email protected]

Marketing & Anzeigen mpc media mobil 0171-244 08 45

Anschrift Verlag otello media, Preysingstrasse 50 | 81667 Münchenfon ++49 (0)89 457098-70fax ++49 (0)89 457098-71email [email protected] www.tonartmagazin.de

Autoren Manuel Brug, Volker Doberstein, Michael Fuchs-Gamböck, Dagmar Leischow, Michael Loesl, Stephan Oettel, Matthias Siehler,Ulrich Wienforth, Stefan Woldach

Internet-Redaktion (Ltg.) Michael Möhring

Grafik Agentur Scharf, Marina Královec

Druck Bayreuth Druck + Media GmbH & Co. KG

Titelbild Fotocredit Tristan Ladwein

Titelstory: Stephan Sulke

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2 | 2011

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Stephan SulkeZwei Seelen in einer Brust

Was der Albumtitel nicht verrät, offenbart der Blick auf Sulkes neue Song-Aus-wahl: Er hat längst „Enten“ gezüchtet. Eine nach der anderen, sogar. Seine lieb-sten und bekanntesten ließ er kürzlich zur Federkleiderneuerung wieder genAufnahmestudio ziehen. Seinen alten Gassenhauer ‘Uschi‘ kredenzt er mitDuettpartnerin Lilo Wanders und Sulkes Sangesfreundin Milva prophezeit ge-meinsam mit dem Schweizer hoffnungsvoll, ‘Das muss doch gehn‘.

Wachsam und eloquent

Es geht noch vieles bei dem in Shanghai geborenen Schweizer Sulke. Alteund neue Züchtungserfolge von „Song-Enten“ leiten zugleich durch ein paarJahrzehnte deutschsprachige Musikgeschichte, die in Sulkes Auffassung immerauch im Pop fußte. Für Schlager war er zu bissig, für die Liedermacher-Kastezu wenig offensichtlich politisch. Als Gesprächspartner ist er zwischen Tee mit

reichlich Milch und gelegentlichem Inhalieren von Pfeifenta-bak so wie in seinen Liedern: Wachsam, charmant, ein bis-schen kratzig, wortgewandt und von einer Neugierde undEnergie getrieben, die deutlich jüngere Zeitgenossen fast altaussehen lässt.

tonart „Enten hätt’ ich züchten sollen, ich Idiot“ - kann ein kos-mopolitischer Tausendsassa wie Sie im Leben überhaupt etwasverpassen?Stephan Sulke Das ist eine sauschöne Zeile und sie drückteine Frage aus, die sich jeder Mensch in seinem Leben desÖfteren gefragt hat. Die Meisten hätten lieber das oder je-nes gemacht. Aber nicht das, was sie machen. tonart Sie haben aber schon soviel gemacht.Stephan Sulke Das kann man sagen, ja. Ich habe ja auchschon ein gewisses Alter und ich mache im Moment wirk-lich viel. Ich hätte vielleicht besser eine Ente werden sollen,dann müsste ich nicht soviel arbeiten …tonart … Aber sie würden geröstet im Chinarestaurant enden.Stephan Sulke Die meisten von uns werden nach ihremTod ohnehin geröstet. Aus Platzgründen. Aber über denTod denke ich nicht nach. Nichtssein ist Nichtssein, warumsollte ich mir darüber Gedanken machen?tonart Aber einen Gedanken zum Alter haben Sie bestimmt.

Er schrieb Lieder auf Englischund Französisch, studierte Jura,komponierte Songs, die vonGrönemeyer und Katja Ebsteininterpretiert wurden, tauchtezwischendurch als Maler undBildhauer auf und in Architek-turbüros ab, kredenzte ein ver-itables, deutschsprachigesVolkslied und besaß eine Firmafür Studiotechnik in London.Wahrscheinlich war StephanSulke nur deshalb nicht auchnoch Physiker, weil er schlichtnicht dazu kam. Heute ist er 67und stellt mit seinem neuenAlbum lakonisch fest: „ENTENHÄTT‘ ICH ZÜCHTEN SOLLEN…“. tonart unterhielt sich mitdem charmanten Tausendsas-sa in Köln.

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CD-Tipp | Pop

Stephan SulkeEnten hätt’ ich züchten sollen …Glor/Warner Music 4260158910293

Stephan Sulke Joachim Fuchsberger sprach kürzlich die schlauen Worte: „Alt-werden ist nichts für Feiglinge“. Das unterschreibe ich sofort. tonart Macht Musik das Altsein erträglich? Stephan Sulke Jeden Tag und nicht nur das Altsein. Musik ist besser als Sex.Irgendwann verleidet der Sex, was mit der Musik nie passiert. Die hat etwas mitder Intensität meines Gehirns und meiner Seele zu tun. Und die schreien nichtständig nach Fortpflanzung. tonart Einem Musiker beim Musizieren zuzuschauen ist auch ästhetischer. Stephan Sulke Allerdings. Die absurden Gesten beim Sex – schrecklich! Musikmacht dauerhaft Spaß. In jedem Sin-ne, denn Traurigkeit kann auch Spaßsein. Es gibt eine Melancholie, dieSpaß macht.tonart Hat es Spaß gemacht, LiloWanders als „Uschi“ zu besetzen?Stephan Sulke Ich finde die Figur Li-lo Wanders zum Piepsen. ‘Uschi‘ istein Standard geworden, an dem ichpraktisch nicht mehr herumschrau-ben konnte. Der Song ist kein Hit,sondern ein Volkslied geworden. Je-der Typ über 40 kennt dieses Ding.Ich konnte es nur als Duo neu präsentieren und die passendste Figur für ‘Uschi‘ist Lilo. tonart Gehört ‘Uschi‘ inzwischen zur Allgemeinbildung und Sulke nicht?Stephan Sulke Was weiß ich. Ich maße mir keinen Vergleich mit Faust an, aberden Satz: „Zwei Seelen wohnen auch in meiner Brust“, kennt jeder. Aber nichtjeder kennt den ersten Teil von Faust.tonart Ist es wichtig, dass man ihn kennt?Stephan Sulke Bildung ist keine Garantie gegen Idiotie. Aber sie hilft. Unwis-senheit ist das schlimmste Gift überhaupt. Denn Unwissenheit verführt zu Aber-glauben. Und Aberglaube ist nun wirklich eine Katastrophe. Es gibt immer nochLeute, die an ihre eigene Unsterblichkeit glauben.tonart Aber Michael Jackson ist doch gegangen.Stephan Sulke Der hat mir nicht viel bedeutet. Die Typen, die mich beeindruck-ten, waren der junge Presley, Georges Brassens oder Ingmar Bergmann. Meine

Generation hat die Popmusik erfunden. Ich war in Nashville,als das ganze Pop-Ding gerade am Anfang stand. Deswegenkonnte mich ein Popstar in den Achtzigerjahren nicht mehrbeeindrucken. Man muss Pyramiden nicht immer wieder neubauen. tonart Haben Sie sich mit Ihren Liedern nie am Pyramidenbauversucht?Stephan Sulke Mit den deutschen Liedern schon. Für die hat-te ich eine sehr hohe Schwelle angesetzt. Textlich mussten die

sitzen. Wie ich mit Ge-nugtuung feststelle, wardas eine gute Investition.tonart Ihr permanentesSuchen und Unterwegs-sein auch?Stephan Sulke Das Le-ben ist eine Wanderung.Es ist bezeichnend, dasspflanzenfressende Tierezehn Mal blöder sind alsFleischfressende. Wieso?Weil Pflanzenfresser nur

weglaufen müssen. Die Fleischfresser müssen jagen können,sie müssen in Bewegung bleiben …tonart … Enten auch.Stephan Sulke … Und sie brauchen nicht mal Stolpersteinewie Personalausweise dazu. Interview: Michael Loesl ll

„Die Typen, die mich beeindruckten, waren der junge Presley, Georges Brassens oder Ingmar Bergmann.

Meine Generation hat die Popmusik erfunden. Ich war in Nashville, als das ganze Pop-Ding gerade amAnfang stand. Deswegen konnte mich ein Popstar in den

Achtzigerjahren nicht mehr beeindrucken. Man mussPyramiden nicht immer wieder neu bauen.“

Stephan Sulke

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Randy NewmanMeister der präzisen Ironie Wenn man ihn so vor sich sitzen hat, diesen graugelockten 1,88-Meter-Hünen mit dem festgemei-ßelten Lächeln auf den schmalen Lippen, würde man bei so viel unauffälliger Mediokrität nicht glau-ben, dass es sich bei jenem Mann um einen der (sympathischsten) Zyniker und - laut dem englischen“Observer”-Magazin - “wahrscheinlich größten zeitgenössischen Songwriter Amerikas” handelt. Ran-dy Newman, geboren am 28. November 1943 in Los Angeles, wo er bis heute lebt, ist nicht umsonstim Laufe seiner über 40-jährigen Karriere mit den renommiertesten Preisen ausgezeichnet worden,darunter sechs Grammys, drei Emmys, ein Oscar sowie ein Stern auf dem “Hollywood Walk Of Fame”.

CD-Tipp | Singer-/Songwriter

Randy NewmanThe Randy Newman SongbookVol. 2Nonesuch/Warner 7559797820

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Dieser Tage ist THE RANDY NEWMAN SONGBOOKVol. 2 erschienen, eine kongeniale Fortsetzung des Vor-gängers ‘Volume 1‘ aus dem Jahr 2003. Newman gibt dar-auf Stücke aus allen Schaffensphasen seiner langen Karrierezum Besten, reduziert auf Gesang und Piano. Dadurch mu-tieren seine einst zum Teil üppig instrumentierten Kompo-sitionen zu von jeglichem Fleisch befreiten Skeletten, die da-durch umso eindringlicher als die Originale wirken. Dennniemand bringt die Traumata des amerikanischen Mittel-standes mit einer solch präzisen Ironie zur Sprache. Wienebenbei erschuf der Mann mit der gewöhnungsbedürfti-gen Sandpapierstimme die aberwitzigsten Charaktere.

Zwischen Humor und Zynismus

Randy Newman selbst sieht sich als “häufig weh-mütigen Geschichtenerzähler. Vor allem aber bin

ich der Sezierer meiner eigenen Klasse, des US-Durchschnittsbürgers”, be-hauptet er. Und fährt fort: “Ich bin weder zu zynisch noch zu sensibel. Schrei-be aber gerne indirekt und von außen betrachtet. Mein Leben ist dermaßenlangweilig, ich verbringe die meiste Zeit im Bett oder vor dem Fernseher. Wiesollte ich da all das zum Teil verrückte Zeug erleben, von dem ich singe?”Denn schließlich: “Ich sehe mich als typischen Amerikaner, der auf Baseballsteht und sich höchstens mal eine andere Seifenoper als die Mehrheit im TVansieht. Das halte ich für verdammt normal! Doch dann gibt es Leute wie mei-ne Kollegin und Sängerin Linda Ronstadt, die mir sagt: „Randy, du bist aller-höchstens die Karikatur eines perfekten Durchschnittsamerikaners. Du hasteinfach zu viel Humor.“ Na ja, was soll man gegen ein solches Komplimentschon einwenden?” Michael Fuchs-Gamböck ll

Auch mit einem Stern auf dem“Hollywood Walk Of Fame” ver-ewigt – Randy Newman

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www.tonartmagazin.de

Kate BushRichtigstellungEin neues Album von Kate Bush istnicht bloß ein Album, es ist ein Event.In 33 Jahren hat die nun 52-Jährige ge-rade acht Platten produziert. Aberwas für welche! Mit ihrer neuen, DI-RECTOR’S CUT, der Ersten seit sechsJahren, befreit sie sich von überkan-didelten Altlasten. tonart traf dieKünstlerin zum Gespräch.

CD-Tipp | Pop

Kate BushDirector’s CutFish People/EMI 50999 02777221

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‘Ulysses‘ zu nutzen. Das Resultatklingt darin heute viel erotischer undintensiver als vor zwei Jahrzehnten.„Wahrscheinlich ist die Euphorie inmeinem Gesang spürbar, die Freudedarüber, endlich diese Worte singenzu dürfen“, so die sinnliche Künstle-rin. „Ich hatte das Bedürfnis, ein paarSongs richtigstellen zu wollen, dierückblickend betrachtet besser hät-ten sein können.

Musik wird wichtiger je älter ichwerde. Feinheiten haben heutemehr Gewicht für mich als früher.Damals war ich oft überambitio-niert. Heute schöpft meine Musik ih-re Kraft aus Transparenz.“

Michael Loesl ll

„Ich musste diese Platte aufnehmen,damit ich zukünftig andere Wege ge-hen kann“, sagt Kate Bush in einemihrer seltenen Interviews. Es ist et-was Besonderes mit der Musikerinreden zu dürfen. Ähnlich besondersist ihr neues Album ausgefallen.

Elf Songs ihrer Alben, ‘The Sensu-al World‘ und ‘The Red Shows‘ von1989 respektive 1993 hat sie kom-plett neu aufgenommen bzw. so re-duziert, dass nur noch das Gerüstübrig blieb. Für den Song ‘Flower OfThe Mountain‘, der früher ‘The Sen-sual World‘ hieß, bekam sie die Ge-nehmigung die Rede der MollyBloom aus James Joyces Novelle,

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Klingt bisweilenmythisch verklärt -Sängerin Kate Bush

Als sich das New Yorker Gesang-Duo 2004 noch einmalzu einer gemeinsamen Tour zusammenfindet, kommt daseiner Sensation gleich. Denn ihre Klassiker sind bis heuteunvergesslich, harmonisch komplex und voller Zauber. Ei-ne Wiederveröffentlichung von BRIDGE OVER TROUBLEDWATER war somit nur eine Frage der Zeit.

Simon & GarfunkelSezierung eines epochalen Meisterwerkes

Während Paul Simon gerade sein aktuelles Solowerk ‘SoBeautiful Or So What‘ vorstellt, kommen nun auch die Fansdes legendären Duos in den Genuss einer neuen Veröf-fentlichung. Genauer gesagt, eines Klassikers mit opulentemBonusmaterial.

Zunächst ist da das legendäre Studioalbum. Ganze zweiJahre komponieren, spielen, reden und ringen Paul Simonund Art Garfunkel bis Evergreens wie ‘The Boxer‘, ‘El Con-©

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dor Pasa‘ und ‘Cecilia‘ im Kasten sind. Der Rest ist Pop-Geschichte: die Ab-schiedsarbeit der Folk-Pop Ikonen avanciert in den USA zum „Album des Jah-res“ und gilt bis heute als ihr Meisterwerk.

Aufschlussreiche Dokumentation

In der nun neu veröffentlichten Deluxe Edition gibt es dazu auch einen bis-lang unveröffentlichten Audio-Live-Mitschnitt ihrer USA-Tour vom Novem-ber 1969 – inklusive des Titelstücks „Bridge Over Troubled Water“, das zu die-sem Zeitpunkt noch gar nicht veröffentlich war. Der größte Mehrwert dieserWiederveröffentlichung liegt jedoch in der beiliegenden DVD. Die beinhaltetzum einen das 70-minütige und bislang unveröffentlichte TV-Special ‘Songs OfAmerica‘ aus dem Jahr 1969 mit zeitgenössischen Filmsequenzen und unter-haltsamen Episoden aus dem künstlerischen Dialog der beiden späteren Stars,mit Szenen aus Studio-Sessions und aufschlussreichen Einblicken in die kom-plexe Harmonik.

Als weitere Zugabe gibt es zudem noch die 60-minütige Dokumentation‘The Harmony Game: The Making Of Bridge Over Troubled Water‘. Hier wirddie Geschichte, aber auch die Trennung eines der stilprägendsten Pop-Duoswährend des letzten gemeinsamen Studioalbums erzählt. „At that time, wewere playing this game delightfully“, sagt Simon rückblickend im Interview. Manglaubt es ihm sofort. Fundiert recherchiert, mit aktuellen Interviews versehenund mit einem 24-seitigem Booklet komplettiert ist diese Veröffentlichung einperfektes Paket für den geneigten Fan, als auch für den interessierten Quer-einsteiger. Stefan Woldach ll

CD- + DVD-Tipp | Pop

Simon & GarfunkelBridge Over Troubled WaterColumbia/Legacy/Sony Music 88697828292

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2 | 2011

Emotionale Texte, ergreifende Musik, hinreißender Gesang – dafür steht die Sängerin k.d. lang. Auf ihrer aktuel-len Einspielung SING IT LOUD umgarnt sie die Hörer mit ihrer prägnanten Altstimme. Die Leidenschaft für atmo-sphärischen Country und elegischen Blues steckt an. tonart hat die Kanadierin in Los Angeles zum Interview ge-troffen.

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ihre Stimme noch besser zu werden. Sie singt mit der Hingabe einer Patsy Cli-ne – leidenschaftlich, warm und mit sinnlicher Tiefe. Man hört ihr gern zu,wenn sie von großen Gefühlen oder schlechten Eigenschaften erzählt.

In 'Habit of Mind' outet sie sich als Gewohnheitstier : „Ich glaube, jederklammert sich an irgendwelche Verhaltensmuster. Selbst wenn sie ihm viel-leicht gar nicht guttun.“ Was dagegen hilft? Eine kritische Selbstanalyse: „Dumusst erst mal erkennen, wie du auf etwas reagierst. Das bringt dich schoneinen Schritt weiter.“ Dagmar Leischow ll

Singt von den großen Gefühlen:die Kanadierin k.d. lang

k.d. langSelbsterkenntnis

CD-Tipp | Singer-/Songwriter

k.d. langSing it loudNonesuch/Warner 7559797836

k.d. lang macht wenig Aufhebens um sich. Zum Interview imBüro ihres Managements in West Hollywood kommt sievöllig ungeschminkt. Sie trägt eine Brille, statt Kontaktlinsen.Ihre grauen Haare färbt sie nicht. Schließlich will die 49-Jäh-rige nicht mit Äußerlichkeiten überzeugen, sondern alleinmit ihrer Musik. Das jüngste Album SING IT LOUD hat siein den Middletree Studios in Nashville aufgenommen, mitihrer neuen Band The Siss Boom Bang. „Zwischen uns allenstimmte auf Anhieb die Chemie“, so Lang. „Weil wir uns wieeine Familie gefühlt haben, wollten wir langfristig zu-sammenarbeiten.“Jetzt werden die fünf Siss-Boom-Bang-Mitglieder k.d. langauf der kommenden Welttournee begleiten. Im Programmhat sie neben ihren Eigenkompositionen auch eine Inter-pretation des Talking-Heads-Klassikers 'Heaven': „Schonewig habe ich dieses Lied in meinem Kopf als Country-nummer gehört.“ Tatsächlich macht es sich gut mit Steelgi-tarre. Findet das auch Talking Heads-Chef David Byrne? DieKanadierin, die seit vielen Jahren in Los Angeles lebt, lacht:„Ich habe ihm meine Version bisher vor-enthalten. Gut möglich, dass sie ihmgar nicht gefallen würde.“

Atmosphärische Dichte

Alle zwölf Songs des Al-bums verströmen süßeWehmut. k.d. lang suchtnach dem Glück und ver-packt das in poetische Wahr-heiten, buddhistische Weishei-ten und vergleichsweise schwelge-rische Bandarrangements. Sie flirtet mitCountry, Pop, Blues oder Rock. Ihr größ-tes Kunststück: Mit jeder Platte scheint

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Epop | aktuell11

Eigentlich hatte sich die berühmteWestcoast-Formation The Eaglesmit ihrer „Farewell Tour 2004“ be-reits von ihren Fans verabschiedet.Doch da diese phänomenal erfolg-reich verlief, folgte drei Jahre spätermit ‘Long Road Out Of Eden‘ garnoch ein unerwartetes neues Stu-dioalbum. Keine schlechte Idee,wurde es doch das Comeback desJahres 2007, mit weltweiten Top-Platzierungen in den Charts und sie-ben Platin-Auszeichnungen allein inden USA.

Adler im Anflug

The Eagles

Nun geht das musikalische Hände-schütteln in eine neue Runde. DieEagles landen zur Tour. Mit Hits wie‘Boys Of Summer‘ oder ‘Take It Ea-sy‘ haben Glenn Frey, Don Henley,Joe Walsh und Timothy B. SchmitMusikgeschichte geschrieben. Vor al-lem mit ihrem Klassiker über ein ge-wisses „Hotel in Kalifornien“ mitdem sie in den Pop-Olymp ein- undfortan nie wieder auszogen. Dabeiwar der vermeintliche Willkom-mensgruß eine Metapher auf die ei-genen Probleme seinerzeit. Ver-schlüsselt, natürlich. Bis heute stehendie Eagles für Musik ohne Altersbe-schränkung und Entertainment fürdie ganze Familie. So bestand ihr ein-©

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Verkauften weltweit über 120 Millionen Alben - The Eagles

Tourdaten Eagles 201119.06. Wiesbaden, Bowling

Green21.06. Köln, Lanxess-Arena23.06. Berlin, Waldbühne26.06. München, Königsplatz28.06. Hamburg,O2 World

Tickets gibt es ab EURO 60,- zzgl.Gebühren an allen Vorverkaufsstellen,unter der bundesweiten Tickethotline01805 – 570 000 (14ct/min,Mobilfunkpreise können abweichen) undwww.eventim.de sowie unter 01805-969 0000 (14ct/min, Mobilfunkpreisekönnen abweichen) oder www.ticketma-ster.de.

ziger Skandal dann auch nur imzwischenzeitlichen Splitt 1980.

Auf ihrer Revival-Tour zelebriertdie Kultband einen Greatest-Hits-Abend, aber auch neue Stücke wie‘Long Road Out Of Eden‘ oder ‘IDreamed There Was No War‘, be-gleitet von einer opulenten Lights-how, Video-Einspielungen und vielenGastmusikern. Denn auch vier De-kaden nach ihrer Gründung sind dieEagles eine perfekte Unterhaltungs-maschine, die so unverwechselbarschnurrt wie ein aufpolierter Stra-ßenkreuzer, der zu einer Spritztourlädt. Ziel: der American Way Of Life.

Stefan Woldach ll

www.tonartmagazin.de

12rezensionen | dvd

DVD Area Musik in Bild und Ton

DVD-Tipp | Pop

Herbert GrönemeyerTour ‘88Grönland/EMI Music00946 388604 9 5

Derzeit mit seiner aktuellen Veröffent-lichung ‘Schiffsverkehr‘ wieder mal inaller Munde, gewährt dieser Mitschnittvom 29.8.88 aus Köln einen schönenEinblick in den damaligen Touralltag desSängers. Die Spielfreude der Band of-fenbart sich besonders in den Gröne-meyer-Klassikern ‘Bochum‘, ‘Männer‘und ‘Flugzeuge im Bauch‘.

DVD-Tipp | Rock - Pop

Sheryl CrowMiles From MemphisEagle Rock EREDV 878GV/Edel

Gefilmt in High Definition, gibt es dasim November 2010 im Pantages The-atre in L.A. aufgezeichnete Konzert derpopulären US-Sängerin auch im Blu-ray-Format. Die 134 Minuten geratenzu einer kompakten Performance ausdruckvollen rockigen und souligen Pas-sagen, umgesetzt durch eine bestensharmonierende Formation.

DVD-Tipp | Jazz

HiromiLive At The Blue NoteTelarc TEL 32866-09/in-akustik

Sie gilt als eine der virtuosesten Piani-stinnen der östlichen Hemisphäre. Hi-romi – eine Japanerin, die auch imMutterland des Jazz Karriere machte.An einem Augustabend des vergan-genen Jahres wurde das anwesendePublikum im renommierten New Yor-ker Jazzclub Blue Note Zeuge einesFeuerwerks auf 88 Tasten.

DVD-Tipp | Pop

Marianne FaithfullLive In HollywoodEagle Rock/EVDVD 109GV/Edel

Mit Songs wie ‘Broken English‘ und derStones-Ballade ‘As Tears Go By‘ mach-te sie sich einen Namen. Im Holly-wood-Konzert sehen wir nun eine ge-reifte Chanteuse, changierend zwi-schen Jazz und Pop, authentisch undohne jegliche Allüren. Aufschlussreichzudem das 30-minütige Interview imBonusteil. Auch als Blu-ray erhältlich.

DVD-Tipp | Pop - Ambient

Brian EnoThe Man Who Fell To EarthSexy Intellectual SIDVD 564/in-akustik

Eine interessante Doku über einen derausgewiesenen Klang-Visionäre derMusikbranche beinhaltet diese außer-gewöhnliche DVD. Dabei geben Mu-sikerkollegen und Journalisten profun-de Einblicke in die eklektische Welt ei-nes Innovatoren, der zugleich Ge-schichte bei Roxy Music und alsFörderer der Ambient Music schrieb.

DVD-Tipp | Swing

Count Basie Orchestra1981 - Live At Carnegie HallBHM DVD 09/ZYX Music

„Swing at its finest“ mit der Big Band-Ikone Basie, zahlreichen Ehrengästenwie Tony Bennett, Sarah Vaughn undGeorge Benson, aufgeführt in einemder ehrwürdigsten Musentempel wieder Carnegie Hall – mehr geht nicht,möchte man sagen. Den Höhepunktbildet ein umwerfendes Duett zwi-schen Vaughn und Benson!

tonart verlost 3 DVDs - machen Sie mit!Gewinnen Sie eine von 3 DVDs Diverse Interpreten – The Best Of Melodic Rock (Sony). Senden Sie einfach einePostkarte mit dem Stichwort DVD AREA / ‘Melodic Rock‘ an die tonart-Redaktion, Verlag otello media, z. Hd. Chri-stian Scharf, Preysingstrasse 50, 81667 München. - Der Rechtsweg ist ausgeschlossen! Einsendeschluss ist der30.06.2011. Je eine DVD Pasadena Roof Orchestra – ‘Live In London‘ aus der Verlosung in tonart II/2011 haben gewonnen: Dr.med. Sylvia Krug (04229 Leipzig), Dr. med. Volker Heinold (33613 Bielefeld), Dr. med. Birgit Spinelli (53340 Mek-kenheim). - Wir gratulieren !

tonart | Gewinnspiel

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cd | rezensionen13

CD-Tipp | Pop

SadeThe Ultimate CollectionRCA/Epic 88697899382/Sony Music

Wer die zierliche Künstlerin unlängst auf ihrer gefeiertenDeutschland-Konzerttour gesehen hat, wird sich über diesevollgepackte Doppel-CD freuen. Sowohl große Erfolge wie‘Smooth Operator‘ und ‘The Sweetest Taboo‘, als auch Ma-terial ihrer letztjährigen Veröffentlichung ‘Soldier Of Love‘ plusdrei brandneue Tracks, sind hier in technisch einwandfreiemKlang versammelt. Auch 27(!) Jahre nach ihrem Debüt ver-mag Sade mit ihrer samtenen Stimme noch zu verzaubern.

CD-Tipp | Progressive Rock

Van der Graaf GeneratorA Grounding In NumbersCherry Red/Esoteric Recordings/Rough Trade EVDGCD1001

Als sich vor wenigen Jahren die 1967 gegründete Progressi-ve Rock-Formation wieder vereinte, war die Überraschungallerorten groß. Das unlängst erschienene aktuelle Album nunlässt gar erstaunen! Sänger Peter Hammill und seine Mannenscheinen nach wie vor von hoher Kreativität gesegnet. So-wohl kompositorisch als auch von der spielerischen Umset-zung her spielen die Briten in ihrer eigenen Liga. – Majestäti-sche Klänge, interpretiert mit viel Empathie.

CD-Tipp | Gospel & Spirituals

Aaron NevilleI Know I’ve Been ChangedTellit Records/Virgin/EMI 50999 02850429

Seit Jahrzehnten verleiht er der Dynastie der Neville Brothersmit seiner engelsgleichen Falsettstimme, die immer noch wieein Geschenk Gottes klingt, einen hohen Wiedererken-nungswert. Auf seinem neuen Werk lebt Soulsänger AaronNeville nun seine Liebe zu Gospel und Spirituals aus. Unter-stützung erfährt er dabei von einer anderen großen New Or-leans-Legende, Pianist Allen Toussaint. Zusammen kreieren sieeine mit reichlich Herzblut durchdrungene Song-Kollektion.

CD-Tipp | Worldmusic

Cesaria ÉvoraCesaria Évora & … RCA/Sony Music 88697813482

Einst zog sie von den Kapverdischen Inseln aus, um mit ma-gischen Liedern zwischen Fröhlichkeit und Schwermut dieKonzertsäle dieser Welt zu füllen. Nun feiert die „Königinder Weltmusik“ bald ihren 70sten. Grund genug, um auf die-ser Zusammenstellung die besten während ihrer Karriereaufgenommenen Duette zu präsentieren. Dabei gibt sich ei-ne prominente Riege von Salif Keita über Caetano Veslosobis Adriano Celentano die Klinke in die Hand.

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4 CD-Tipps der Redaktion

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2 | 2011

Nailah PorterSpiritual Soul Jazz

Man könnte diesen Lebenslauf nicht besser erfinden. Nailah Porter, von Pro-duzenten wie Gilles Peterson oder Nicola Conte in den Rang einer Gesangs-Sensation erhoben, führte ein sicheres Leben als Mutter zweier Kinder, An-wältin und Lobbyistin in Washington im Umfeld der Administration von BillClinton. Nachts spielte sie ihre Musik in den Clubs der Stadt. Bis ihr das nichtmehr genügte.

CD-Tipp | Jazz

Nailah PorterConJazzNessEmArcy/Universal Music 06025 2758706

Kurzerhand gab Nailah Porter ihre lukrative Stellung auf und zog nach Los An-geles. Dort traf sie Guy Eckstine, einen Grammy-dekorierten Produzenten,und stand kurz davor von einer großen Plattenfirma unter Vertrag genommenzu werden. Dann das Unfassbare: Noch bevor die Tinte unter dem Vertraggetrocknet war, wurde er im Zuge diffuser Umstrukturierungen der Compa-ny wieder aufgelöst. - Kein Deal, kein Album.

Schock als Initial

Was sich wie das Ende einer Karriere anhört, geriet zum Anfang. „Ich warschockiert“, bekennt die Sängerin freimütig, „und natürlich zweifelte ich, obich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Aber tief in mir wusste ich auch,dass schließlich alles so werden würde, wie es sein soll.“ Doch die Verant-wortung als allein erziehende Mutter wog schwer. Also nahm Nailah Porterübergangsweise eine College-Professur an. Das verschaffte ihr die wirt-schaftliche Sicherheit, um an ihren eigenen Songs weiterarbeiten zu können.

Zweite Chance

Dass die Geschichte dieser ungewöhnlichen Sängerin schließlich dochnoch ein gutes Ende nahm, hat viel damit zu tun, dass sie ihren alten Förde-rer Guy Eckstine wieder traf. Diesmal gelang es ihm, ihr zu einem Plattenver-trag zu verhelfen. Das Debütalbum CONJAZZNESS ist ein Meisterwerk desSpirituellen Soul Jazz geworden, stark geprägt von den innovativen 60/70ern.Die Medien überschlugen sich vor Begeisterung über diese „raue, aber den-

noch seidige Kreuzung aus Sarah Vaughan und CassandraWilson“.

Man kann vieles in dieser Musik hören: ein Statement ge-gen den Rassismus oder ein Bekenntnis zur Spiritualität. Vorallem aber sind diese Songs glänzend geschrieben, vollergroßartiger Melodien, wunderbar produziert und erstklas-sig instrumentiert, bis hin zum Einsatz der im Jazz nur nochselten gehörten Querflöte. Nailah Porter selbst betrachtetihre Musik als die Summe ihrer prägenden Erfahrungen: „dieErinnerung an den Kampf meiner Vorfahren und ganz ein-fach die Essenz aller Menschlichkeit“. Welch ein musikali-sches Programm. Welch eine Stimme.

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Verfolgt inzwischen eine erfolgreiche Karriere als Sängerin: die ehemalige Anwältin Nailah Porter

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„Impulse! Records“ wird 50! Das legendäre Platten-label, 1961 von Creed Taylor gegründet, schrieb mitKünstlern wie John Coltrane Jazzgeschichte undprägte unzählige Musiker nachfolgender Genera-tionen, darunter auch Nicola Conte. Mit LOVE &REVOLUTION legt er die erste Neuerscheinung imJubiläumsjahr vor.

CD-Tipp | Jazz

Nicola ConteLove & RevolutionImpulse!/Universal Music 06025 2768708

Nicola ConteImpulsiver Italiener!

Stets perfekt gekleidet:der leidenschaftlicheVinylsammler undMusiker Nicola Conte

Der Produzent und DJ aus der italienischen Adriakü-stenstadt Bari debütierte im Jahr 2000 als Gitarrist, Song-writer und Bandleader mit dem beachtetem Album ‘JetSounds‘. Seine Mischung aus Bossa Nova-Themen und Psy-chedelic-Soundtracks wurde zu Contes Markenzeichen,mit dem er fortan als Remixer zahllose Stücke klubkom-patibel veredelte. Auf seinen eigenen Alben dagegen lässtder leidenschaftliche Vinylsammler seine tiefe Verehrungfür den ihn inspirierenden Modalen Jazz der 60er Jahreerkennen. Afrikanische Rhythmen und mythologischeMotive finden sich auch auf dem fünften Longplayerdes stets perfekt gekleideten Musikers, ebenso derEinfluss östlicher Klänge, natürlich Bossa Nova und so-gar ein lupenreiner House-Track.

Huldigung an Jackie McLean und Mal Waldron

Eingespielt wurde dieses vor Leidenschaft undSpiritualität sprühende und von Saxophonist Mar-kus Lindgren feinfühlig arrangierte Album mit Ni-cola Contes erstklassig besetzter Big Band samtFreunden, wie Trompeter Till Brönner und dem fin-nischen Saxophonisten Timo Lassy. Talentierte, ak-tuelle Soul-Jazzvokalisten, darunter José Jamesund Nailah Porter krönen die acht eigenen Kom-positionen, die bildreiche Songtitel tra-gen, wie ‘Black Spirits‘, ‘Shiva‘ oder ‘Ra InEgypt‘.

In sieben Coverversionen huldigtNicola Conte zudem erklärten Vorbil-dern wie Jackie McLean und Mal Wal-dron. Ganz nebenbei verwandelt ersogar den Folk-Klassiker ‘Scarbo-rough Fair‘ in einen federleichtenSommerhit. Stephan Oettel ll

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2 | 2011

CD-Tipp | Jazz

Redman/Parks/Penman/HarlandJames FarmNonesuch/Warner 75597977806

In ihrer Generation haben diese vier Musiker einen Ruf wie Donnerhall. Saxophonist Joshua Redman, Piano-Shooting-Star Aaron Parks,Bassist Matt Penman und Schlagzeuger Eric Harland bilden ein Quartett, das alles hat, was eine langlebige Formation braucht: hand-werkliche Brillanz und den Mut zu einem außergewöhnlichen Repertoire. tonart traf ihren Spiritus Rector Joshua Redman zum Exklusiv-Interview.

Redman-Parks-Penman-Harland„James Farm“: neues Projekt mit Ambitionen

tonart Mr. Redman, Ihre Solos werden heute von Studententranskribiert wie die von Coltrane oder Rollins. Man fragt sich, obes überhaupt etwas gibt, das Sie noch lernen können?Redman O mein Gott, ja, mehr als genug. Ich habe so oft dasGefühl, etwas ausdrücken zu wollen, das ich nicht ausdrückenkann. Deshalb beschäftige ich mich intensiv mit diesen Mo-menten. Um diesem fehlenden Ausdruck schrittweise näherzu kommen. Das ist kein akademisches Lernen, sondern eherein Lernen aus einemganz natürlichen Er-kenntnisinteresse. tonart Wie bei einerSprache? Redman Für mich istJazz tatsächlich eineSprache. Um sie wir-kungsvoll sprechen zukönnen, muss ich michsicher in ihr bewegenkönnen. Deshalb höre ich mir immer wieder Aufnahmen vonLeuten an, die diese Sprache besonders eloquent gesprochen

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haben, vor zehn oder vor 80 Jahren. Nicht aus ideologischen Gründen oder umder Tradition zu huldigen. Man sollte den Begriff Tradition nicht verklären. Nein.Je mehr ich weiß, desto mehr verstehe ich. Nur darum geht es mir bei der Be-schäftigung mit der Tradition. Das ist die Grundlage für alles. Aber dieses Verste-hen sollte nach vorne gerichtet sein. tonart Das gilt fraglos für Ihr neuestes Projekt „James Farm“. Das Interessante dar-an ist, dass die Musik harmonisch komplex ist, melodisch hingegen sehr leicht an-mutet, manchmal fast wie Popmusik.

Redman Das ist ganz organisch pas-siert. Pianist Aaron Parks und seineArt des Komponierens spielen hier-bei eine große Rolle. Er gehört zuden wenigen Musikern, die es schaf-fen, den Raum zwischen der Jazzim-provisation und anderen Musikfor-men wie Pop- oder Rockmusik sinn-voll und inspirierend zu füllen. Das isteiner der Gründe, warum ich unbe-dingt mit ihm zusammenarbeiten

wollte. Und weil Matt und Eric, mit denen ich bereits in verschiedenen Forma-tionen gespielt habe, ebenfalls großartige und sehr konzeptionell denkende Mu-siker sind, hat in diesem Projekt alles gepasst. tonart Wie organisiert sich ein derart hochkarätig besetztes All-Star-Ensemble ohneechten Leader eigentlich? Redman Das war überraschend einfach. Weil jeder von uns ein sehr selbstloserMusiker ist und trotzdem Verantwortung für das Ganze übernimmt. Als Band-leader wissen wir, dass man möglichst selbstlos handeln muss, um der Musik dasbestmögliche geben zu können. Es ist die Musik, die im Mittelpunkt steht, nichtdie Glorifizierung des Einzelnen. Denn letztlich haben wir doch alle dasselbe Ziel:Es soll möglichst gut klingen. Interview: Volker Doberstein ll

Ihr neues Bandprojekt „James Farm“ funktioniert als gleichberechtigtesEnsemble vierer Virtuosen: Matt Penman (Bass), Joshua Redman (Saxophon),Aaron Parks (Klavier), Eric Harland (Schlagzeug).

„Für mich ist Jazz tatsächlich eine Sprache. Um sie wirkungs-voll sprechen zu können, muss ich mich sicher in ihr bewegenkönnen. Deshalb höre ich mir immer wieder Aufnahmen vonLeuten an, die diese Sprache besonders eloquent gesprochen

haben, vor zehn oder vor 80 Jahren.“ Joshua Redman

Harry Connick, Jr.Zwischen Blockbuster und Broadway

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Der in New Orleans geborene Mu-siker war ein echtes Wunderkind: er-ster Bühnenauftritt mit fünf, erstePlattenaufnahme mit zehn, erstes Al-bum unter eigenem Namen mit 19Jahren. Unterrichtet wurde er u.a.vom Vater des berühmtesten zeitge-nössischen Jazz-Clans - Ellis Marsalis. Kein schlechtes Sprungbrett, wie sichzeigen sollte. Bis heute hat Connick,Jr. mehr als 25 Millionen Platten ver-kauft. Eine Größenordnung, dieaußerhalb der Popmusik bislangGrößen wie Frank Sinatra oder Bar-bra Streisand vorbehalten war. An

CD- + DVD-Tipp | Jazz

Harry Connick, Jr.In Concert On BroadwayColumbia/Sony Classical 88697849019

Fühlt sich dem Broadway-Repertoire verpflichtet:Harry Connick, Jr.

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diesem Erfolg großen Anteil hat seinSoundtrack zu ‘Harry und Sally‘. DasAlbum erreichte Doppel-Platin underhielt einen Grammy.

Sein Auftritt im Neil Simon The-atre versammelt 20 Song-Perlen:neu arrangiert, smart inszeniert, undgeschmeidig im Stile eines melan-cholischen Crooners gesungen. Da-zu Connick, Jr.: „Frank Sinatra sagtemal in einem Konzert mit Blick aufdas Publikum: Wie kommen eigent-lich all diese Leute in mein Zimmer?Und genauso habe ich mich in die-sem Theater gefühlt.“

Volker Doberstein ll

Harry Connick, Jr. - Sänger, Pianist und Schauspieler - ist eine klassische Fi-gur der amerikanischen Unterhaltungskultur. Und wo könnte man diesenStatus besser inszenieren als am Broadway. Im Sommer 2010 füllte er 15 Ta-ge am Stück das legendäre Neil Simon Theatre. Der Mitschnitt liegt nun indrei Formaten auf CD, DVD und Blu-ray vor.

2 | 2011

18rezensionen | cd

Bewertung | Thermometer

Jazz Thermometer tonart prüft Jazz-CDs & DVDs auf Herz und Nieren

Pee Wee EllisTenorationArt Of Groove/MIG 80032 CD/Indigo

„From jazz to funk and back“ nenntder ehemalige James Brown-Arran-geur sein Werk. Über zwei CDs ver-teilt, verweist der Saxophonist kom-petent auf seine Wurzeln bis hinein inden hitzigen Soul-Jazz der 60er.

John ScofieldA Moment’s PeaceEmArcy 060252764248/Universal Jazz

Nach langer Zeit wieder mal ein Jazz-standard-Album des arrivierten US-Gitarristen. Obwohl hochkarätig be-setzt, erreicht das Quartett jedoch nurgepflegtes Mittelmaß. Eine eher über-flüssige Veröffentlichung.

Miles DavisTutu Deluxe-EditionWarner 8122797687

Ergänzt durch einen bisher unveröf-fentlichten Konzertmitschnitt aus Niz-za, gibt es das 1986er-Meisterwerk desTrompeters nun als Deluxe-Edition imDoppelpack. So gut war er danach niewieder!

Danilo Rea & Flavio BoltroAt Schloss Elmau – ’Opera’ACT 9508-2/Edel Kultur

Zwölf edle Opernklassiker von Mon-teverdi über Puccini bis Vivaldi, inter-pretiert im Duo mit subtil jazzigemImpetus an Trompete bzw. Flügel undeingespielt in traumhafter Ambienteauf Schloss Elmau. Eine originelle Idee.

Clarke-Boland Big BandLation KaleidoscopeMPS/Universal Jazz 06025 2759201

Auf dem Höhepunkt ihres Schaffensagiert diese aus hochkarätigen Jazzso-listen zusammengesetzte Big Band.Statt Bop und Swing dominiert dies-mal die afro-kubanische Variante desJazz. – Chapeau!

Various ArtistsDisney Jazz Vol. 1Disney Pearl/EMI Music 50999 09626324

Jazzigen Neuinterpretationen populä-rer Songs aus alten Disney-Filmen wid-met sich diese originelle Kopplung. Da-ve Brubeck, Dianne Reeves, JoshuaRedman u.v.m. erwecken die bekann-ten Melodien zu neuem Leben.

Gene Krupa & Buddy Rich The Drum Battle At JATPChrome CDCD5053/in-akustik

Zwei der bekanntesten Schlagzeugerder Swing-Ära geben sich die Ehre. Sokraftvoll das Spiel, so unschlagbar ihrTiming. Präsentiert von ImpressarioNorman Granz gibt’s natürlich auchdie obligatorische Drum Battle.

Randy WestonThe StorytellerMotéma Music 233279/Membran/Sony Music

Kaum einer vertritt das afrikanischeErbe im Jazz so nachhaltig wie Klavier-legende Weston. Der Mitschnitt ausdem New Yorker Lincoln Center zeigtein inspiriertes Ensemble in Hoch-form! - tonart-Höchstwertung.

worldmusic | aktuell19

www.tonartmagazin.de

tischen Klimas in Brasilien in die USA übersiedelt. Trompe-ter Herb Alpert verpflichtete ihn für sein junges Label A&M,der Beginn einer lebenslangen Freundschaft. Gemeinsamentwickelten sie Mendes' Markensound: Schwerelos swin-gende Bossa Nova-Rhythmen, über die sie unisono singen-de Stimmen setzten. Dessen Zeitlosigkeit bewies jüngst ei-ne Kooperation mit der derzeit angesagten R’n‘B-Forma-tion Black Eyed Peas.

Rund 40 Alben erschienen seit 1961. Dabei gelang esMendes immer wieder, Pop-Songs unterschiedlichster Gen-res wie Eigenkompositionen klingen zu lassen. Im Februarist Sérgio Mendes 70 geworden. Zugleich feiert er sein 50-jähriges Bühnenjubiläum. Beides würdigt nun die neue Dop-pel-CD CELEBRATION – A MUSICAL JOURNEY mit ei-ner umfassenden Auswahl an Hits sowie einigen exklusivenNeueinspielungen. Stephan Oettel ll

„Das Geheimnis ist, dass bis heuteniemand den Text wirklich versteht“,erklärt Sérgio Mendes. ‘Mas QueNada‘ ist keine übliche Redewen-dung. Wichtig ist vielmehr die Melo-die der folgenden Worte. „O aria aiooba oba oba“ bedeutet nichts, esklingt einfach gut. Jeder kann sich sei-nen eigenen Reim darauf machen.Das ist das Schöne daran.“

Zwischen Bossa und Pop

Anfang der 60er Jahre war der ta-lentierte Musiker, der in Rio zumKern der Bossa-Bewegung gehörte,infolge des sich verschärfenden poli-Fo

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An welchen Künstler denkt man beidem Song ‘Mas Que Nada‘? Richtig:Sérgio Mendes. 1966 gelang dembrasilianischen Pianisten und Ar-rangeur mit seiner Version der Jor-ge Ben-Komposition der interna-tionale Durchbruch. Sie löste end-gültig die weltweite Bossa-Nova-Begeisterung aus und wurde fortanseine musikalische Visitenkarte.

CD-Tipp | Worldmusic

Sérgio MendesCelebration – A MusicalJourneyEmArcy/Universal Jazz 0600753319017

Sérgio MendesEasy Listening als Markensound

Feiert mit 70 sein 50-JährigesBühnenjubiläum:Sérgio Mendes

2 | 2011

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Lisa BatiashviliSpielt die 1. Geige

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Lisa Batiashvili beeindruckt mit Ihremjüngsten Album. Viele Weltklasseinter-pretinnen kommen aus ehemaligenSowjetrepubliken und es scheint fasteine Mode sich auf die eigene Herkunftzu besinnen.

CD-Tipp | Klassik

Lisa BatiashviliEchoes of TimeDG 47792994/Universal Classics

Die aus Georgien stammende Geigerin Lisa Batiashvililegt bei der Deutschen Grammophon ein Debütalbum alsBekenntnis vor. Georgien ist eine unruhige Nation, aberin ihrer, von vielen Einflüssen durchmischten Mentalitätund Geschichte auch eine faszinierende. Die 4,5 Milli-onen Einwohner, Orthodoxe zwischen islamisch ge-prägten Ländern, sprechen eine uralte Sprache undschreiben in einem von nur 14 Alphabeten weltweit.

Kein Wunder, dass dieses Land seine Un-abhängigkeit verlangt hat und sich 1991von der GUS lossagte. Was mit Bürger-krieg und Not verbunden war. Keine gu-te Zeit, wenn man eine 12-jährige,hochbegabte Tochter hat, die sich an-schickt, vielleicht eine der bestenGeigerinnen der Welt werden zukönnen. Das war auch Tamas Bati-ashvili klar, der seit 1966 im Staat-lichen Georgischen Streichquar-tett zweite Geige spielt. Undso emigrierte er mit seinerFrau, einer Pianistin nachDeutschland.

Berühmte georgischeMusiker

Die kleine Elisabeth nenntsich heute Lisa und längst steht ihrdie Musikwelt ungehindert offen. Spä-testen 1995, als sie als jüngste Teilneh-merin in Helsinki beim Sibelius-Wettbe-werb den zweiten Preis gewinnt, be-ginnt sich nicht nur die Branche denNamen Lisa Bathiasvili zu merken.Heute ist die 32-jährige verheiratet,Mutter und eine der besten Geige-rinnen. Jetzt aber steht sie in Tblis-si, im Gebäude der Zentralen Mu-sikschule und zeigt den erbärm-lichen Zustand des Gebäudes.Sie will etwas für ihre ehemaligeSchule tun. Das ursprünglicheGebäude, an dem sie nochunterrichtet wurde, ist seitdem Erdbeben von 2002 un-

benutzbar. Hier konnten, wie imSport, die Talente ausgesiebtund gefördert werden, um

dann die besten an die örtli-che Hochschule oder vielleicht

sogar nach Moskau zu schicken.Alle berühmten georgischen Mu-siker haben dieses Nadelöhrdurchlaufen: die Pianistin Eliso

Virsldaze ebenso wie Daniel Ba-renboims Schwiegervater Dimitri

Bashkirov. Auch die Sopranistin Ni-no Machaidze hat hier ihre erstenTonleitern geübt.

Plattenfirma gewechselt

Lisa Batiashvili sitzt draußen an derfrischen Luft. Und erzählt von ihren Plä-

nen. Geld muss her, die Schule muss re-noviert, endlich wieder zukunftsfähig wer-

den. Sie ist dünngliedrig und schlank, abernicht nur ihre Finger scheinen aus Stahl. „Ta-lent ist das eine, man muss sich behauptenkönnen, immer weiterdenken, nicht stillste-hen.“ Deshalb hat sie auch die Plattenfirmagewechselt. Die anderen Geigerinnen, aufdem so fest in FrauenhandbefindlichenInterpretinnenmarkt, schlafen ja auch nicht.Viele kommen da aus ehemaligen Sowjet-republiken, und es scheint fast eine Modesich auf die eigene Herkunft zu besinnen.So wie jetzt Lisa Batiashvili in ihrem bei-druckenden jüngsten Album, das großar-tig Schostakowitschs 1. Violinkonzert,mit Werken emigrierter Komponistenwie Arvo Pärt oder Gia Kancheli ver-

bindet. Manuel Brug ll

Infos zu Wolfgang Ellenberger

Der international bekannte Arztund Konzertpianist WolfgangEllenberger (Klavierdiplom beiEckart Besch und Konzertexamenbei Conrad Hansen) unterrichtettäglich die Teilnehmer der PianoMusicDocs und führt sie ein in seinmusikalisch-medizinisches Konzept"Relativitätsformel des Klavierspiels".

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Edelmarke BösendorferTradition und AufbruchBösendorfer – der Klang der berührt. Das ist ausnahmsweise kein leeres Wer-beversprechen, denn die Instrumente der berühmten Wiener Traditionskla-vierbaufirma hatten immer einen besonderen Tonfall. Ein Bösendorfer klingtweicher, schmiegsamer, wienerischer eben. Und so wie die Philharmoniker ih-re Individualität bewahrt haben, so gelang das auch der Pianomanufaktur.

Und trotzdem müssen Instrumente auchverkauft werden. Flügel sind teuer. Da istMarketing und Kostenmanagement, Ima-gepflege und Servicebereitschaft be-sonders wichtig. Alles Parameter, an denenin den letzten, wirtschaftlich turbulentenJahren bei Bösendorfer extrem gefeiltwurde. Das Produkt ist das eine, die Nach-sorge das andere. Mit einer über 180-jäh-rigen Tradition ist man zwar heute in ja-panischen Händen von Yamaha, aber dieneuen Herren aus Übersee, wo man dasAlthergebrachte schätzt, wissen genau,was für einen Edelstein sie hier wiederzum Glänzen bringen können.

300 Klaviere und Flügel im Jahr

Trotzdem mussten Kosten reduziertwerden. 300 Klaviere und Flügel im Jahr,das ist die angepeilte Marschrichtung.Dann können auch wieder mehr Mitar-beiter eingestellt werden. Das WienerStammhaus samt dem berühmten Bö-sendorfer-Saal in der Graf Starhemberg-Gasse in Wien hat man inzwischen schwe-ren Herzens aufgegeben. Und doch ist dieMarke wieder präsenter als früher, offe-

riert sich frischer, für das 21. Jahrhun-dert gestählt.

Material entscheidet über Qualität

Auf die aufwendige Holzlagerungverzichtet man nicht, schließlich ent-scheidet das Material über die Qua-lität des späteren Flügels. Aber man-che vorbereitenden Schritte führenheute Maschinen aus, auch bei derHerstellung des Gussrahmens für dieBespannung wurde einiges effektiver.In Wiener Neustadt gibt es jetzt einmodernes, großzügig gestaltetes Aus-wahlzentrum.

Klavierkurse für Ärzte

Auch Konzerte werden weiterveranstaltet, jetzt im neuen Bösen-dorfersaal im neuen Mozarthaus inder Domgasse 5, und vom WienerStadtsalon im Musikvereinshaus orga-nisiert. Auch Computerflügel sind einThema, wie besondere Seminare fürunterschiedliche Zielgruppen – auchfür Ärzte.

Matthias Siehler ll

Piano MusicDocs Klavierkurse25.08 bis 28.8.2011 in WienLeitung: Wolfgang Ellenberger

Kosten pro Teilnehmer:MusicDocs Package: EUR 600,-inkl. Abendessen am 1. Tag,Besichtigung der L. Bösendorfer Klavierfabrik.Shuttle und Catering(ohne Hotel und Kulturprogramm)

MusicDocs Premium: EUR 1.200,-wie oben, aber inklusive 3 Nächte in 4 Sterne Hotel (EZ) im 1. Bezirk, Nähe Stephansdom

Vorläufiges Programm:1) Donnerstag 25.08.

Bis 18:30 Ankunft im Hotel (wird noch genannt)19:00 Gemeinsames Abendessen im Bösendorfer Saal

im Mozarthaus Vienna.Eröffnung durch Wolfgang Ellenberger und lockeres Vorspiel der Gäste

2) Freitag 26.08.11 08:30 Shuttle zur L. Bösendorfer Klavierfabrik

(Wiener Neustadt) 09:30 Fabrikbesichtigung 11:00 Beginn Masterclass 12:30 kleines Mittagessen 13:30 Start der Einzelkurse; sowie Zeit zum

Ausprobieren/Üben im Flügelauswahlzentrum 16:00 Kaffee & Kuchen 16:30 Shuttle zurück nach Wien 19:00 Fortsetzung der Klavierkurse im Bösendorfer

Stadtsalon (im Gebäude des Musikvereins)parallel/alternativ Kulturprogramm Wien

3) Samstag 27.08.11 09-12:00 Klavierkurse im Bösendorfer Stadtsalon,

parallel kostenfreie Übemöglichkeit im Konservatorium Wien

14-17:00 Fortsetzung Klavierkurse / Übemöglichkeit19-22:00 Fortsetzung Klavierkurse

parallel/alternativ Kulturprogramm Wien4) Sonntag 28.08.11 07:30-14:00 Fortsetzung Klavierkurse / Übemöglichkeit

14:00 kleiner Imbiss im Bösendorfer Saal im Mozarthaus

14:30-16:00 Vorspiel der Teilnehmer

Weitere Infos unter : www.boesendorfer.com/de/docsoder unter [email protected]

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Mojca Erdmann, Muse von Aribert Reimann und Wolfgang Rihm, aber auch be-reits an den großen Bühnen zu Hause, debütiert nächste Spielzeit an der New Yor-ker Metropolitan Opera. MOSTLY MOZART nennt sie ihr mit Andrea Marconeingespieltes Arienalbum, das neben bereits gesungenen auch noch zukünftige Rol-len wie die Ilia in „Idomeneo“ umfasst und reizvolle Blicke auf Zeitgenossen wieAntonio Salieri, Paisiello, Johann Christian Bach oder Ignaz Holzbauer wirft. Mit ih-rer zarten, schwerelosen Stimme ist die Erdmann hier richtig.

Anna Prohaska, aufgehender Stern an der Berliner Staatsoper, auch bereits ander Scala gebucht, beschäftigt sich auf dem Liedalbum SIRÈNE hingegen mit den

Undinen, Nixen, Rusalken, die mal als gute mal alsböse Mädchen gelten. Ihrem dunkeln, leicht ver-hangenen Timbre kommt diese fantasievolle Zu-sammenstellung gerade recht. Erik Schneider be-gleitet behutsam. Manuel Brug ll

Oliver Hilmes hat es verstanden, diefarbigen Leben übergroßer Frauen cle-ver aufzubereiten. Nicht dass „CosimaWagner – Herrin des Hügels“ oder„Alma Mahler-Werfel – Witwe imWahn“ viel Neues enthalten hätten, aber sie bieten knapp auf den Punkt gebrachteBiographik. So verhält es sich jetzt mit dem gewohnt reißerisch betitelten „Liszt –Biographie eines Superstars“ (Siedler). Der Liebling der Frauen, der Dandy, und Kla-viervirtuose wird gefeiert, der Komponist, dessen nicht nur an Opuszahlen maß-loses Werk, noch zu entdecken ist, bleibt unterbelichtet. Aber als flotte Einführunggenau richtig. MB ll

Martha Argerich hat nicht nur als eine von nur wenigen Fraueneine fulminante Pianistinnenkarriere gemacht. Die Laufbahn glük-kte, obwohl sie selbst ihre größte Verhinderin ist. Nie sah sie sichals Maschine, die Konzerte, Tourneen und Platten nach Plänen ab-spult. Sie will Flexibilität, will sich nicht inTerminschranken pressenlassen. Immer wieder hat sie ihre Pianistentätigkeit unterbrochen,hat gezweifelt, die Ruhe und den Abstand gesucht. Krankheitenhaben ihr zugesetzt, das Lampenfieber hat sie dazu gebracht, dasssie nur noch höchst selten als Solistin auftritt. Martha Argerich willeingebettet sein in ein Orchesterkonzert, das liebste ist ihr frei-lich die Kammermusik mit Freunden. Im japanischen Bepu und inLugano hat sie eigene Festivals und nirgends ist sie gelöster, alswenn sie mit alten Kameraden, Liebhabern, Ex-Ehemännern, ih-ren Töchtern sich durch immer wieder überraschende Pro-gramme spielt. Ihr Repertoire ist klein, aber es klingt nie nach Rou-tine, ihre grandiose Technik ist nach wie vor makellos. Das lässt

auch auf diversen Boxen und Einzel-CDs studieren, die die EMI und dieDeutschen Grammophon jetzt neuveröffentlicht haben. MB ll

2 | 2011

Sopranstimmenaus Hamburg und Wien

Die eine kommt aus Hamburg, die andere aus Wien. Beide leben sie in Berlin, singen Sopran und sindbegeistert von zeitgenössischer Musik. Und beide haben sie jetzt fast zeitgleich ihr Debütalbum beider Deutschen Grammophon vorgelegt. Aber Konkurrentinnen sind sie nicht.

Liszt Biographie zum Jubiläum

Martha Argerich & FriendsLive from Lugano 2010EMI Classics 07083627/EMI

Martha Argerich zum 70.sten

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Oliver HilmesLiszt –Biographie einesSuperstarsSiedler, Leinen mitSchutzumschlag, 432 SeitenISBN: 978-3-88680-947-9,Euro 24,99

Raubkatze mit Wunderpfoten hat man sie genannt für an-dere ist sie einfach nur Bella Martha. Sie ist ein scheuerMensch aber am Klavier vergisst sich die wunderbare Mar-tha Argerich und wird zum Tier. Und jetzt ist die große ar-gentinische Pianistin, deren Konzertabsagen so legendärsind wie ihr Tastenfuror, auch schon 70 Jahre alt.

Mojca ErdmannMostly MozartDG 47789796/Universal Classics

Wo einst Achsen knarzten, da ist inzwi-schen die Musik eingezogen. Dank derwunderbaren Akustik des ehemaligenKutschenhauses Gauting, haben schonviele namhafte Interpreten den Weg inden Münchner Vorort gefunden. Auchdieses Jahr wird es interessanten Konzer-

ten in der Remise am romantischen Flussufer der Würm geben. Im Mittelpunktdes von Florian Prey betreuten „Kleinen Sommerfestival“ steht Franz Schu-bert. Es spielen und singen der Tölzer Knabenchor, das Novalis Quartett, Bir-gitta Eila, Lena Neudauer, Andreas Kirpal, Evelyn Tubb, Florian Prey, Michael End-res, Nina Laubenthal, Detlev Eisinger. (www.remise-schloss-fussberg.de) MB ll

Kleines Sommerfestival

in Gauting

Anna ProhaskaSirène

DG 47794639/Universal Classics

Dessen „Saint Francois d’Assise“, uraufgeführt 1983 in Pa-ris, ist eine Meditation über das Leben des Armenheiligen,der zu den Vögeln sprach – und sich somit ideal für denKomponisten aus der Provence anbot: waren dessen beidegroße Passionen der Katholizismus und die die Vogelkunde.In der fragmentarischen Kollage verbindet sich das zu einemfaszinierenden Klangerlebnis, das mit keinem anderenOpernabend vergleichbar ist. Visualisiert wird das Werk am1. Juli von dem einstigen Skandalkünstler Hermann Nitsch,der durch seine Blut-Rituale und Schüttbilder bekannt wur-de. Am Pult steht Kent Nagano. Der ist nicht nur General-musikdirektor der Bayerischen Staatsoper, er war auch As-sistent des Uraufführungsdirigenten Seiji Ozawa. Außnah-mesopranistin Christine Schäfer singt den Engel. Im Prinz-regententheater feiert Mozarts Frühwerk „Mitridate, Rè diPonto“ am 21. Juli Premiere. Intendant Nikolaus Bachler hateine Vorliebe für Schauspielregisseure und hat die Produk-tion dem bereits in München erfolgreichen David Bösch an-vertraut. Ivor Bolton dirigiert. Darüber hinaus landet na-türlich wieder der im letzten Jahr so erfolgreiche Pavillon 21MINI Opera Space, den das Wiener Architekturduo CoopHimmelb(l)au entworfen hat, wieder auf dem Marstallplatz.Dafür komponiert Miroslav Srnka eigens „Make no Noise“,eine Kammeroper über die Suche nach zwischenmensch-licher Kommunikation. Und unter den Opernstars die inMünchen antreten sind diesen Sommer Edita Gruberova,Nina Stemme, Christian Gerhaher, René Pape, AdriannePieczonka und Peter Seiffert, Jonas Kaufmann, Robert De-an Smith, Piotr Beczala, Anja Harteros und Patrizia Petibon.Und am 9. Juli dirigiert Kent Nagano wieder im der Belieb-ten Reige „Oper für alle“ umsonst und draußen ein Kon-zert mit Werken von Mussorgski, Wagner, Strauss undBrahms. Manuel Brug ll

MünchnerOpernfestspiele

klassik | aktuell25

Die Münchner Opernfestspiele lassen für gewöhnlichstarleuchtende Repertoirevorstellungen von zwei gla-mourösen Premieren überstrahlen. Doch diesen Sommerwird an der Isar einiges riskiert. Etwa mit Olivier Messiaen.

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tonart-Tipp: Münchner Opernfestspiele25. Juni bis 31. Juli 2011 – Karten: (089) 21 85 19 20

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Klassik Thermometer tonart prüft Klassik-CDs & DVDs auf Herz und Nieren

Yuja WangRachmaninowDG 4779308/Universal Classics

Die chinesische Tastenfee ist bei der vir-tuosen Paganini-Rhapsodie souveränerals im oft gespielten 2. Klavierkonzert,wo sie als Interpretin im Nebel sto-chert. Abbado und das Mahler Cham-ber Orchestra sind Begleitungsluxus.

Andsnes/Geschwister TezlaffSchumann: KlaviertriosEMI Classics 5099909418028/EMI

Hier dilettiert keine Zufallsformation,diese drei herausragenden Solisten, derNorweger Leif Ove Andsnes und dieGeschwister Tanja und Christian Tetz-laff, sind ein eingespieltes Kammermu-sikteam. Man hört es am Miteinander.

Hans ZenderMax Reger-OrchestersuitenGLOR Classics GC10361/Edel Kultur

Ein vorfristiges Geburtstagsgeschenkzum 75. dieses bedeutenden deut-schen Dirigenten. Der immer wiederauf diesen unterschätzen Komponistenaufmerksam gemacht hat. Auch mitdieser raren Repertoireauswahl.

Joseph CallejaThe Maltese TenorDecca 4782720/Universal Classics

Als Villazón-Ersatz hat er sich in letzterZeit an allen großen Opernhäusernseine Sporen verdient. Bei seine jüng-ste Arienauswahl wird deutlich: DieHöhe ist nicht gänzlich frei und es fehltPersönlichkeit.

HändelAriodanteVirgin Classics 0708442/EMI

Eine der schönsten Händel-Opern inblitzblankem Klanggewand – mit groß-artigen Sängern. Mag auch Allan Curtisetwas nähmaschienenhaft dirigieren,Joyce DiDonato und Marie-Nicole Le-mieux überstrahlen das glanzvoll.

Khatia BuniatishviliLisztSony Classical 88697766042/Sony

Da hat jemand klare Klangvorstellun-gen und Finger aus Stahl, um diesekraftvoll zu verwirklichen. Liszt als Tech-nikmaschine, warum nicht? Die jungeGeorgierin kann aber hoffentlich nochmehr als auf diesem Debüt.

Sandrine PiauAprès un rêveNaive V5250/Indigo

Was für ein feines Liedalbum zwischenTag und Traum, das einen doch beimHören gespannt wach hält. Strauss, Fau-ré, Mendelssohn, Chausson, Poulencund Britten als französische Melodie-Kunst mit zart lasierten Sopranbögen.

Andris NelsonsStrauss. AlpensinfonieOrfeo C833111A

Dieses monströse, gern platte Werk,einmal nicht als Breitwandgemälde,sondern als wache Wanderung in Tö-nen. Der junge Lette und sein engli-sches Orchester machen es möglich. -tonart-Höchstwertung.

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dvd | rezensionen27

Autor: Manuel Brug II

Gustav MahlerMahler – Autopsy of a GeniusEuroArts 2058838/Naxos

Kein Film über den Komponisten, des-sen 100. Todestag eben anstand, hat ei-nen besseren Führer: Regisseur AndySommer lässt den Zuschauer vom Bio-graphen Henry-Louis de la Grange zuallen wichtigen Schauplätzen begleiten.

Karita MattilaSalomeSony Classical 88697806639/Sony

Die Stimme der Finnin ist ein Eiskristall,doch brennt sie. In Jürgen Flimms küh-ler New Yorker Produktion ist sie ideal.Den Striptease aus dem Dietrich-Smo-king aber bekamen die TV-Zuschauernicht bis zum Ende zu sehen.

Bijun MehtaHändel: TheodoraCmajor 705804/Naxos

Das spröde Christenverfolgungs-Ora-torium war in der minimalistischen In-szenierung zu Eröffnung der SalzburgerFestspiele 2009 nur ein mittlerer Erfolg.Als DVD ist es packender und derCountertenor einfach grandios.

Jonas KaufmannToscaDecca 0743420/Universal Classics

Eine neue Aspekte in ein bekanntesWerk einbringenden Zürcher Inszenie-rung. Emily Magee als Tosca ist verletz-lich gleißend, Thomas Hampsons Scar-pia ein eleganter Schurke, Jonas Kauf-manns Cavaradossi verführerisch.

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ZEIG

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28aktuell | hifi

Die Münchner High End ist eine Messe der Gegensätze: Die einen perfek-tionieren Plattenspieler und Röhrenverstärker in der x-ten Generation, dieanderen binden den PC an die HiFi-Anlage an und geben Musik von der Fest-platte wieder – gern auch in hoher Auflösung. Beides, die ganz alte und dieganz neue Technik, geben der HiFi-Branche derzeit einen kräftigen Schub.

Von Vinyl bis WLAN:HiFi erfindet sich neu

Auch die Kundschaft spaltet sich in diese beiden Lager. Einige sind der ubiqui-tären Technik-Innovationen überdrüssig und entdecken ihre Vinyl-Sammlung neu.Andere, deren Interesse sich in den letzten Jahren in Richtung PC-Technik ver-abschiedet hatte, entdecken HiFi wieder neu – als Wiedergabeanlage für Mu-sikdateien auf ihrer Festplatte.

Raumakustik-Korrektur am PC

Zu den Verfechtern innovativer Technologien gehört die Bochumer Highend-Schmiede Audionet. Ihr neuester Coup ist ein Receiver, der nicht nur An-schlüsse für alle erdenklichen analogen und digitalen Quellen bietet, sondernsich auch komplett vom Rechner aus steuern lässt. Er heißt „DNA“ für „DigitalNetwork Amplifier“, und er hat einen ausgefeilten Equalizer an Bord, der sogardas zeitliche Verhalten der Musiksignale beeinflussen kann, um Unzulänglichkei-ten der Raumakustik oder der Lautsprecher zu kompensieren. Damit diese Viel-zahl von Parametern den Laien nicht überfordert, hat Audionet ein PC-Pro-gramm entwickelt, mit dem die Akustik analysiert und entsprechende Korrek-turwerte bequem ermittelt werden können. Die Korrekturbefehle schickt derPC dann gleich zum DNA. PC-Anbindung total – für knapp 10.000 Euro.

Digital bis zum Lautsprecher

Digital total heißt auch das Motto beim französischen Lautsprecher-Altmeis -ter Cabasse. Weil sich Frequenzweichen auf digitaler Ebene viel präziser opti-mieren lassen, kommt das Lautsprechersystem L’Ocean komplett mit einemController, an den analoge und digitale Quellen angeschlossen werden könnenund der die Signale dann auf digitaler Ebene aufbereitet. Von dort geht’s zu den

Vierwege-Aktivlautsprechern, in denen für jedes der vierChassis ein eigener Endverstärker steckt. Die Chassis sind ko-axial in dem kugelförmigen Gehäuse angeordnet, so dass ei-ne Punktschallquelle entsteht. Für ozeanische Bassgewittersorgt der 38-Zentimeter-Tieftöner mit einer Kalottenmem-bran aus einem wabenförmig strukturierten Material. 80.000Euro werden für das extravagante Komplettsystem fällig.

Lautsprecher als Skulptur

Wer’s nicht ganz so ausgefallen und teuer mag, wird beimdänischen Lautsprecherspezialisten DALI fündig. Die neueStandbox Fazon F5 verabschiedet sich mit ihrem geschwun-genen Gehäuse endgültig vom rechten Winkel – eine Wohl-tat nicht nur fürs Auge. Auch der Klang profitiert von den un-regelmäßigen Maßen, denn sie vermeiden Gehäuseresonan-zen. Gegen unerwünschte Vibrationen hilft das Gehäusema-terial: Aluminium. Und damit keine herumhängenden Kabeldie Wohnzimmer-Ästhetik stören, hat DALI eine versteckteAnschlussmöglichkeit geschaffen. Der Paarpreis für die FazonF5 liegt bei rund 3000 Euro.

Kopfhörer für unterwegs und zu Hause

Eines der gefragtesten HiFi-Genres derzeit sind Kopfhö-rer aller Art, von In-ear bis zum wuchtigen Bügelhörer. Wo-bei die großen mit dem Bügel immer öfter auch im Fliegeroder in der U-Bahn gesichtet werden. Nur: Ausreichend lautmüssen sie spielen, wenn sie auch am Porti-Player Freude ma-chen sollen. Deshalb bringt Beyerdynamic den neuen T70gleich in zwei Varianten: einer stationären und einer porta-blen. Die heißt dann T70p und ist besonders niederohmig, al-so iPod-tauglich. Beide Versionen arbeiten mit der „Tesla-

Tesla-Technik zum halben Preis: T70p von Beyerdynamic

Kugelförmiger Punktstrahler: L’Ocean von Cabasse

Abschied vom rechten Wickel: Fazon F5 von DALI

Schlichte Front, dicht besetztesAnschlussfeld: „DNA“ von Audionet

Friedlich vereint: Plattenspieler und„Stream Box“ von Pro-Ject

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Technologie“, sind „handmade in Heilbronn“ und kosten 450Euro – nur noch halb so viel wie der Tesla-Primus T1.

Plattenspieler als Schmuckstück

„Vinyl-Dreher“, wie die Fans liebevoll sagen, werden nichtnur technisch immer weiter perfektioniert. Auch in der Op-tik gehen viele Hersteller neue Wege. Es muss nicht mehr diegute alte nussbaumfurnierte Zarge aus den Siebzigern sein:Auch Acryl und Edelstahl sind beliebte Werkstoffe. Von Tho-rens kommen jetzt zwei Acryl-Modelle, TD 2015 und TD2035. Sie sind mit einem neuen Tonarm bestückt und dürf-ten zu Preisen zwischen 2000 und 3000 Euro gehandelt wer-den. Man kann aber auch allein für den Tonabnehmer schon5000 Euro los werden: So viel kostet zum Beispiel der neue„MC Xpression Heritage“ von Ortofon.

Blu-ray und SACD unter einem Dach

Eigentlich sind Blu-ray-Player mehr im Video-Bereich an-gesiedelt, aber weil die Blaulaser-Disc auch den Ton in hoherAuflösung gespeichert hat, genießen diese Spieler auch inHigh end-Kreisen ein gewisses Ansehen. Vor allem dann, wennsie auch die „alten“ hochauflösenden Formate wie SACDwiedergeben können. Zu dieser Spezies gehört der neueAzur 751 BD von Cambridge Audio. Der kleine Bruderbrachte es im letzten Jahr zu erstaunlichen Test-Lorbeeren –auf das neue 1300-Euro-Modell richten sich nun schon ge-spannte Blicke.

CD-Receiver lernt streamen

Zu den Pionieren der Musikwiedergabe übers Heimnetzgehört T+A aus Herford. Für die Freunde kompakter Elektro-

nik bringt das Unternehmen nun den „Music Receiver“: Er beherbergt in ei-nem 43-cm-Gehäuse einen CD-Spieler, UKW-Empfangsteil, Vollverstärker so-wie einen Netzwerkspieler, der über LAN-Kabel oder drahtlos via WLAN Mu-sik von der PC-Festplatte abrufen kann. Wahlweise spielt er über seinen USB-Port Musik vom iPod ab. Als Ausgangsleistung gibt T+A 160 Watt je Kanal an,als Preis inklusive Fernbedienung 2690 Euro.

HiFi ist auch über USB möglich

Eine weitere Möglichkeit, den PC an die HiFi-Anlage anzubinden, ist das sogenannte USB Audio Interface – vulgo „Soundkarte“. Der kalifornische Spezia-list HRT bringt mit dem „Music Streamer II+“ eine kompakte Lösung für die-se Anschlussart. Nicht weniger kompakt ist HRTs neuer „iStreamer“ für denAnschluss des iPod an HiFi-Anlagen, die nicht selbst einen iPod-tauglichen USB-Port bieten. Das Gerätchen entnimmt dem Apple-Porti digitale Daten, wandeltsie in analoge Spannungen und lädt zugleich iPad und Co. mit bis zu 2 Ampereauf. Das praktische Accessoire kostet um die 200 Euro.

Vom PC direkt zu den Lautsprechern

Die einfachste Art, dem Computer Musik in HiFi-Qualität zu entlocken, sindhochwertige Aktivlautsprecher, die direkt über USB an den PC gestöpselt wer-den. Leider sind die meisten so genannten PC-Lautsprecher von sehr einfacherMachart – und klingen entsprechend. Doch nun steigt der schwäbische Laut-sprecher-Spezialist Nubert in dieses Segment ein: mit den beiden Schreibtisch-tauglichen Boxen NuPro A 10 und A 20. Die Zweiwege-Lautsprecher bietenneben dem USB-Port auch Eingänge für Analogsignale, die dann intern digitali-siert werden. Auch die Frequenzweiche arbeitet auf digitaler Ebene, und vondort werden die Bits weitergereicht zu den „Class D“-Endstufen – eine für je-des Chassis. Lautstärke, Bässe und Höhen können über Drehknöpfe an der Fronteingestellt werden. Die beiden kompakten Neuheiten sind in Anthrazit undWeiß lieferbar und kosten 235 (A 10) respektive 285 Euro (A 20).

Ulrich Wienforth ll

Spielt Blu-ray und SACD: Azur 751 vonCambridge Audio

Bindet per USB den PC an die HiFi-Anlage an: Music Streamer II+ von HRT

Aktivlautsprecher mit USB-Port: A 10 (links)und A 20 von Nubert

Tonabnehmer mit SME-Anschluss: MC XpressionHeritage von Ortofon

Acryl-Plattenspieler mit neuemTonarm: TD 2035 von Thorens

All in one: Receiver, CD-Player und Netz -werkspieler „Music Receiver“ von T+A