42
Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen Abwicklung und Zukunftsmanagement Spezifische Herausforderungen an die neuen Länder und Fortschritte im sozioökonomischen Transformationsprozess Ostdeutschlands (Aufbau Ost) Bearbeiter: Moritz Hop Tina Wostradowski Ole M. Hackfurth Eliza Stypka Julian Schulz Universität Hannover Geographisches Institut Abteilung Wirtschaftsgeographie Hannover, 19. November 2004

Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

       

Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005

Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

Abwicklung und Zukunftsmanagement

Spezifische Herausforderungen an die neuen Länder und

Fortschritte im sozioökonomischen Transformationsprozess

Ostdeutschlands (Aufbau Ost)

Bearbeiter: Moritz HoppeTina Wostradowski Ole M. HackfurthEliza StypkaJulian Schulz

Universität HannoverGeographisches InstitutAbteilung Wirtschaftsgeographie

Hannover, 19. November 2004

Page 2: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

2

Gliederung

1 Prognos Zukunftsatlas 2004 für Ostdeutschland

2 Konzept Aufbau Ost

3 Finanzierung des Aufbau Ost

4 Ostdeutschland im 14. Jahr der Einheit

4.1 Wirtschaft und Arbeit

4.2 Soziale Entwicklung und Ausbildung

5 Herausforderungen und neue Zielrichtung der Wirtschaftsförderung

6 Quellenverzeichnis

Page 3: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

3

Der Zukunftsatlas 2004 ermittelt anhand von 29 makro- und sozioökonomischen Indikatoren die

Zukunftsfähigkeit der 439 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland.

© Prognos AG, 2004

Page 4: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

4

Das Konzept des Aufbau Ost

Aufbau Ost ist eine gesamtstaatliche Aufgabe Inhaltliche Neu- und Ausgestaltung des gesellschaftlichen

Konsens und der industriellen Beziehungen in Deutschland

Konzeption der Gesamtpolitik für Ostdeutschland Transfers von West nach Ost sollen bewirken, dass der

Lebensstandard in Ostdeutschland über dem Niveau des dort selbst erwirtschafteten Einkommens steigen kann

Wichtigsten Ziele:

Stärkung der inneren Einheit und das Zusammenwachsen von West und Ost

Page 5: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

5

Das Konzept des Aufbau Ost

„Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen“ Geeignete Rahmenbedingungen für Unternehmen und

Investoren schaffen, ein wettbewerbsfähiges Steuer- und Abgabensystem sowie einen modernen Arbeitsmarkt

„Spezifische Fördermaßnahmen des Aufbau Ost“

Besondere Problemlagen der neuen Länder gerecht werden Vier Förderschwerpunkte: Investitionsförderung, Innovations-

förderung, Infrastrukturausbau, Arbeitsmarktpolitik

Page 6: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

6

Finanzierung des Aufbau Ost

um die wirtschaftliche Transformation in Ostdeutschland zu

unterstützen, stand der Transfers von Kapital im Vordergrund der

politischen Bemühungen

Die Transferleistungen zielten sowohl auf die Transformation der

ostdeutschen Wirtschaft, als auch auf die soziale Abfederung der

Bevölkerung (Übernahme der Sozialsysteme auf Ostdeutschland)

Page 7: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

       

Transferleistungen für die neuen Bundesländer in Mrd. DM (1991-1998)

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 91-98

Bruttotransfers des Bundes

75 88 114 114 135 138 131 139 934

Einnahmen des Bundes -33 -37 -39 -43 -45 -47 -47 -48 -339

Nettotransfer des Bundes

42 51 75 71 90 91 84 91 595

Fonds „Deutsche Einheit“ 31 24 - - - - - - 75

Wesdeutsche Länder und Gemeinden

5 5 10 14 10 11 11 11 77

EU 4 5 5 6 7 7 7 7 48

Sozialversicherungen 24 29 23 30 33 31 34 32 236

Nettotransfer gesamt 106 114 128 126 140 140 136 141 1031

Defizit der Treuhandanstalt

9 14 24 24 - - - - -

Quelle: Klaphake, 2000, S.185

Page 8: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

8

Verwendung der Transferleistungen

Zur Mittelverwendung lässt sich feststellen, das ca. 44 % der erfassten

Bruttotransfers von 1991-1998 für soziale Zwecke aufgewendet und

damit konsumtiv verwendet wurden (vor allem Zuschussbedarf der

Sozialversicherungen)

31% der erfassten Bruttotransfers sind ungebundene Zuweisungen an

Länder- und Gemeindehaushalte (Verwendungszweck lässt sich nicht

genau ermitteln, der Anteil für investive Zwecke dürfte aber eine nicht

unbeträchtliche Größenordnung erreichen)

Page 9: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

9

Verwendung der Transferleistungen

Für den Infrastrukturausbau erhielten die neuen Länder etwa 17% der

gesamten Transfersumme

Bis 1998 wurden lediglich ca. 8% der Bruttotransferleistungen für auf

Unternehmen abzielende Wirtschaftsförderungsmaßnahmen ausgegeben

(hierunter sind allerdings Einnahmeausfälle in Form von

Sonderabschreibungen oder im Zuge der Darlehensvergabe sowie

Beteiligungsfinanzierungen nicht berücksichtigt)

Page 10: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

10

Verwendung der Transferleistungen

Die konsumtive Verwendung der Mittel stand deutlich im

Vordergrund vor der investiven Verwendung

Dieser Umstand wird heute von Wirtschaftsexperten als einer der

größten Fehler im Zuge der ostdeutschen Systemtransformation

angesehen

Page 11: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

11

Wesentliche Fördermaßnahmen für Ostdeutschland

Fester Bestandteil der Förderung durch den Bund ist der Solidarpakt II

Soll die Wirtschaftsstrukturen in den neuen Ländern an das westliche

Niveau anpassen

Soll hauptsächlich der Deckung des infrastrukturellen Nachholbedarfs

dienen

Die ostdeutschen Länder erhalten von 2005-2019 so Mittel in Höhe von

105 Mrd. € (zusätzlich 50 Mrd. € bis 2019 in Form von

Bundesergänzungszuweisungen)

Page 12: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

12

Wesentliche Fördermaßnahmen für Ostdeutschland

Eine weitere zusammenfassende Fördermaßnahme der Länder ist die

Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen

Wirtschaftsstruktur“ (GA)

Ziel der GA ist es, dauerhaft wettbewerbsfähige Arbeitsplätze in

strukturschwachen Gebieten zu schaffen und zu erhalten

Im Jahr 2003 hatte die GA ein Mittelvolumen von 1,6 Mrd. €

Page 13: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

13

Wesentliche Fördermaßnahmen für Ostdeutschland

Die steuerfreie Investitionszulage ist eine weitere staatliche

Fördermaßnahme

Sie fördert als steuerliches Instrument Erstinvestitionen im

verarbeitenden Gewerbe und bei den produktionsnahen

Dienstleistungen (mit 12,5%, bei kleinen und mittelgroßen

Unternehmen (KMU) mit 25%)

Der Gesamtförderungsbetrag im Rahmen der Investitionszulage lag

2003 bei 1,2 Milliarden € pro Jahr

Page 14: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

14

Wesentliche Fördermaßnahmen für Ostdeutschland

Ostdeutschland erhält durch die Europäische Union

EU-Strukturmittel

Die neuen Bundesländer sind bis Ende 2006 Ziel 1 Fördergebiet

In der aktuellen Förderperiode (2000-2006) erhalten die

ostdeutschen Länder ca. 21 Milliarden Euro aus den europäischen

Strukturfonds

Page 15: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

15

Ostdeutschland im 14. Jahr der Einheit – Teil 1

Kritische Bilanz der Ergebnisse des Vereinigungs- und

Transformationsprozesses:

In ökonomischer Sicht ist die Angleichung misslungen

Ostdeutschland = „Transferökonomie“, jährliche

Transferleistung 80 Mrd. € (netto)

Geringer Anteil des verarbeitenden Gewerbes, entscheidend

für Innovation und Export

Page 16: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

16

Kritische Bilanz der Ergebnisse des Vereinigungs- und

Transformationsprozesses:

Geringer Anteil forschungs- und wertschöpfungsintensiver Zweige, Produktions- und Dienstleistungskomplexe, niedrige Exportquote

Größenstruktur der Unternehmen: KMU Bevölkerungsrückgang und ungünstige Veränderung in der

Altersstruktur

Hohe Arbeitslosigkeit

Defizite der öffentlichen Haushalte

Ostdeutschland im 14. Jahr der Einheit – Teil 2

Page 17: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

17

Eckdaten der ostdeutschen Wirtschaft im Vergleich

Neue Länder ¹

Alte Länder ²

Neue zu Alte Länder (Alte Länder=100)

Bevölkerung, 2001, in Tsd. 13 794 65 156 -

BIP in jeweiligen Preisen je Einwohner, 2001, in EUR 16 514 27 004 61

BIP in jeweiligen Preisen je Erwerbstätigen, 2001, in EUR („Produktivität“)

39 282 56 005 70

Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer, 2001, in EUR 25 646 33 082 78

Erwerbstätige im ersten Arbeitsmarkt je 1000 erwerbsfähige Personen, 2001

581 716 81

Unterbeschäftigung je 1000 Erwerbstätige im ersten Arbeitsmarkt, 2001

302 96 315

Unternehmen (IHK zugehörig) je 10 000 Einwohner, 2001 366 465 79

¹ ohne Berlin, ² einschl. Berlin, ³ Registrierte Arbeitslose, Arbeitslose nach §§ 125, 126 SGB III, Teilnehmer in ABM (einschl. SAM), in beruflicher Weiterbildung, in Deutschlehrgängen, Kurzarbeit und Altersteilzeit in Vollzeitäquivalenten, Bezieher von Vorruhestandsgeld

(Quelle: Eigene Darstellung nach Pohl, 2002, S. 33)

Page 18: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

18

Wirtschaft und Arbeit

Das BIP wuchs in den Jahren 1997 bis 2001 in Ostdeutschland lediglich um

1,4% p. a. und damit lediglich halb so schnell wie in Westdeutschland (2,8%)

In den Jahren 2002 und 2003 beschleunigte das negative

Wirtschaftswachstum von -0,2% den anhaltenden Prozess des

Beschäftigungsabbaus

Die Anzahl der Arbeitslosen lag im Jahresdurchschnitt 2003 bei 1,63 Millionen

(+63.000), die Arbeitslosenquote bei 18,5% (2002: 17,7%); in

Westdeutschland dagegen lediglich bei 8,5%

Page 19: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

19

Wirtschaft und Arbeit

Die Defizite Ostdeutschlands liegen in der geringen Industriedichte sowie der

geringen Dichte von KMU und Großbetrieben

Die ostdeutsche Industriestruktur ist insbesondere durch ihre geringe

„Selbstbestimmung“ benachteiligt, die sich in einem hohen Anteil von

Zweigbetrieben und einer geringen Anzahl von Unternehmens- und

Konzernsitzen kennzeichnet

(lediglich 4,6% bzw. 23 der 500 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands

haben ihren Hauptstandort in Ostdeutschland!)

Page 20: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

20

Soziale Entwicklung/ Demographische Entwicklung

Unterschiedlicher Verlauf der demographischen Entwicklung in Ost – und Westdeutschland im Zeitraum 1997 und 2001

Ostdeutschland Abnahme der Bevölkerung um 0,6% Westdeutschland Zunahme um 0,3%

Zunahme der Bevölkerung in den ländlichen Regionen der Agglomerationsräume (Berliner und Leipziger Umland)

suburbanisierungsbedingt jährlich um 1,6% neuer Einwohner

In restlichen Regionen leicht bis starke Bevölkerungsrückgänge jährlicher Rückgang von 0,1 bis 2,5%

Bevölkerungsrückgang von 2,5% p.a. in den verdichteten Regionen der Agglomerationsräume

Kreise zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz

Hohe Bevölkerungsverluste ebenfalls in den Kernstädten (-1,7%)

Page 21: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

21

Soziale Entwicklung/Demographische Entwicklung Die Bevölkerungsentwicklung maßgeblich durch die Wanderungsbilanz

der Kreistypen erklärbar (Saldo der Zuzüge abzüglich Fortzüge über Kreisgrenzen)

Im Zeitraum zwischen 1997 und 2001 Ostdeutschland Abwanderung je 100 Einwohner rund 0,4 Einwohner Westdeutschland Zugang von 0,6 Neubürger je 100 Einwohner

Hohe Abwanderung insbesondere aus den Kernstädten 3 Einwohner pro 100 EW gefolgt von den ländlichen Kreisen

Bevölkerungsrückgang der strategisch wichtigen Gruppe „Junge Erwachsene“

Reduktion 1997-2001 des Anteils um 2,5% p.a.

Starke regionale Differenzierung hinsichtlich der Abwanderung im Gegensatz zu Westdeutschland

Am stärksten (-5,2% p.a.) in den Agglomerationsräumen Sehr gering (0,8%) in den ländlichen Kreisen

Page 22: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

22

Soziale Entwicklung/Demographische Entwicklung

Keine signifikanten Unterschiede in der Altersstruktur der Wohnbevölkerung zwischen Ost- und Westdeutschland sowie den einzelnen Regionen Ostdeutschlands

Auffällig die deutlich niedrigere Fertilitätsrate in Ostdeutschland bedingt durch die ungünstige wirtschaftliche Situation

im Jahr 2000 kamen in Westdeutschland auf eine Frau 1,37 Kinder, in Ostdeutschland 1,16 Kinder

Page 23: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

23

Soziale Entwicklung/Wohlstandsniveau

Gemessen an zwei Indikatoren Verfügbares Pro-Kopf-Einkommen und Sozialhilfequote

Deutliches Wohlstandsgefälle zwischen Ost- und Westdeutschland durchschnittliches verfügbares Einkommen pro Kopf im Zeitraum 1997- 2001:

in Ostdeutschland rund 14.100 € (rund 18% geringer als im Westdeutschland=17.100 €)

Geringere regionale Einkommensunterschiede in Ostdeutschland Westdeutschland 18% Schwankungsbreite Ostdeutschland 10% Schwankungsbreite

Nettoeinkommen in Ostdeutschland bundesweit unterdurchschnittlich bedingt durch niedrigere Löhne und höhere Arbeitslosigkeit

Zuwachs der Nettoeinkommen durchschnittlich pro Jahr zwischen 1997 und 2001

Ostdeutschland 2,5% Westdeutschland 3,3%

Page 24: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

24

Soziale Entwicklung/Wohlstandsniveau

Sozialhilfequote (Sozialhilfeempfänger je Einwohner) Beeinflusst maßgeblich das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen und den

lokalen Konsum

Ostdeutschland mit 3,8% im Jahr 2001 über dem westdeutschen Niveau (3,2%)

Zwischen 1998- 2002 Westdeutschland Senkung der Sozialhilfequote um 0,4%-Punkte Ostdeutschland Zunahme um 0,2%-Punkte (schlechte gesamtwirt.

Entwicklung)besonders hoch in Großstädten

Page 25: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

25

Trends in der sozialen Entwicklung

Schrumpfende und stark alternde Bevölkerung durch Geburtendefizit und Abwanderung

Rückläufiges und schnell alterndes Arbeitskräftepotenzial als Folge der demografischen Entwicklung und veränderter Erwerbsneigung der Frauen

Weniger und kleinere Private Haushalte

Pro-Kopf verfügbare Einkommen steigen um 1,8% p.a., soziale Leistungen bleiben wichtige Einkommensquelle, Einkommensunterschiede nehmen zu

Privater Konsum entwickelt sich parallel zum verfügbaren Einkommen

Page 26: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

26

Bildung, Wissenschaft, Berufliche Qualifikation

Aufholprozess auf dem Bildungs- Qualifizierungs- und Technologiesektor vollzogen

nahe an das westdeutsche Niveau vorgerückt

Im Bereich der Hochschulbildung sowie öffentlichen Technologieförderung Kapazitäten, die im weiten Teil westdeutsches Niveau erreichen (hinsichtlich der Fördermöglichkeiten übertreffen)

Studentendichte ähnlich hoch wie in Westdeutschland Westdeutschland 2,3 Studenten je 100 Einwohner Ostdeutschland 2,2 Studenten je 100 Einwohne

Page 27: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

27

Bildung, Wissenschaft, Berufliche Qualifikation

Moderne Forschungsinfrastruktur und ein leistungsfähiges Innovationssystem vorhanden

im Vergleich zu Westdeutschland immer noch deutlich schwächer ausgeprägt

FuE-Intensität in der Wirtschaft bleibt wegen der bestehenden wirtschaftsstrukturellen Nachteile hinter Westdeutschland zurück

Geringe Industriedichte Schwacher Besatz von Großunternehmen Eigenkapitalschwäche der ansässigen Unternehmen

Aufholprozess im Bereich der technologischen Entwicklung 1995 FuE-Aufwendungen der Wirtschaft Ostdeutschlands 0,8% des

BIPs 2001 bereits 1,2% des BIPs In Westdeutschland stieg die Quote im gleichen Zeitraum von 1,6% auf

1,9%

Page 28: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

28

Bildung, Wissenschaft, Berufliche Qualifikation

FuE-Personalitätsintensität der Unternehmen 2001 (krisensichere Arbeitsfelder =neues Wirtschaftswachstum)

Ostdeutschland 0,6% der Gesamtbeschäftigten Westdeutschland 1,2% der Gesamtbeschäftigten

FuE vornehmlich in den Kernstädten betrieben Berlin, Potsdam, Leipzig und Dresden mit 1,4% FuE- Beschäftigtenanteil

1997-2001 Zunahme der FuE- Personalitätsintensität in den Kernstädtenin restlichen Regionen Abnahme

Trend der zunehmenden räumlichen Konzentration von FuE-Kapazitäten auf wenige schon vorher besonders leistungsfähige Technologiestandorte

In Westdeutschland Verlagerung ins benachbarte Umland (Suburbanisierungsprozesse im Dienstleistungsbereich)

Page 29: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

29

Bildung, Wissenschaft, Berufliche Qualifikation

Beschäftigtenanteil hochqualifizierter Arbeitnehmer (Absolventen von Universitäten, Fachhochschulen, höheren Fachhochschulen) Anteil 2001:

Ostdeutschland 10,3% an „Hochqualifizierten“ Westdeutschland 8,3%

Hohes Qualifikationsniveau in den Kernstädten Ostdeutschland 14% Westdeutschland 11%

Deutliches Qualifizierungsproblem in der schulischen Bildung Schulabbrecherquote 12,1% (deutlich über dem westdeutschen

Durchschnitt) Jeder 7. Schüler ohne Hauptabschluss (im Westen jeder 11. Schüler)

Page 30: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

30

Trends in Bildung, Wissenschaft, Berufliche Qualifikation

Zahl der Absolventen von Schulen und Hochschulen folgt der demographischen Entwicklung

Reduktion der Absolventenzahl ab einem bestimmten Zeitpunkt

Ausgaben für Forschung und Entwicklung gekoppelt an die wirtschaftliche Entwicklung einiger zentraler Wirtschaftsbereiche

Abnahme der durchschnittlichen FuE-Intensität der ostdeutschen Wirtschaft

Page 31: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

31

Herausforderungen in Bildung, Wissenschaft, Berufliche Qualifikation

Die weiterführenden Abschlüsse müssen bei den beruflichen Schulen stärker verbreitet werden

Berufsfachschule, Technische Oberschule, Fachoberschule, Berufsoberschule, Technische Oberschule, Fachgymnasium, Fachakademie, Berufsakademie

Überdenken der bisher breit angelegten öffentlichen Förderung von Forschung und Entwicklung

Page 32: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

32

Trends und Herausforderungen

Schrumpfende und stark alternde Bevölkerung durch Geburtendefizit und Abwanderung

Anpassungsbedarf bei öffentlicher Infrastruktur, private Anbieter, Förderung des bürgerschaftlichen Engagements

Rückläufiges und schnell alterndes Arbeitskräftepotenzial als Folge der demografischen Entwicklung und veränderter Erwerbsneigung der Frauen

Motivation und Unterstützung von Weiterbildungund lebenslangem Lernen, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes

Weniger und kleinere Private Haushalte Anpassungsbedarf des Wohnungsbestandes

und der sozialen Infrastruktur

Page 33: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

33

Trends und Herausforderungen

Trotz Bevölkerungsrückgang ist in einigen Regionen mit

Bevölkerungswachstum zu rechnen (Bevölkerungsverteilung) Investitionsmaßnahmen anpassen und regional umverteilen

Pro-Kopf verfügbare Einkommen steigen um 1,8% p.a., soziale Leistungen bleiben wichtige Einkommensquelle, Einkommensunterschiede nehmen zu

Konzepte zur Verminderung von Armut im Alter, Transferleistungsbezieher von Heute erhalten in Zukunft eine geringere Rente

EU-Osterweiterung Chancen und Risiken der Erweiterung nüchtern betrachten, keine

Emotionalisierung des Themas sondern Entwicklungen antizipieren und entsprechend reagieren

Page 34: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

34

Trends und Herausforderungen

Steigende Ungleichheiten der Einkommen Keine Neidkultur aufkommen lassen, für Topmanager in privaten und

öffentlichen Unternehmen auch Topverdienste ermöglichen um diese „anzusiedeln“

Flächendeckende Subventions- und Fördermaßnahmen haben nicht die gewünschten Resultate erbracht

Überarbeitung des Konzepts der flächendeckenden Förderung und Evaluation der laufenden Förderungen

Flächendeckende vs. gezielte Fördermaßnahmen Stärken stärken und die Peripherie nicht ungezielt Subventionieren

Page 35: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

35

Trends und Herausforderungen

Fehlplanungen der regionalen Akteure wegen „Kirchturmpolitik“ Langfristigkeit der Anpassungsmaßnahmen in der Planung

berücksichtigen evtl. Befugnisse an überregionale Instanzen abgeben

Haushalte der Länder und Kommunen nicht nachhaltig geplant Verwaltungsausgaben zurückschrauben, besonders in Regionen die

von dem demographischen Wandel besonders betroffen sind (z. B. Minderbedarf an Schulen)

Verhältnismäßig höhere finanzielle Ausstattung von Einkommensschwachen Ländern und Gemeinden

Genauer auf die Verwendung von Mitteln achten, die eigentlich zum Aufbau bestimmt sind

Page 36: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

36

In: SEITZ, 2003; S. 20

Page 37: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

37

Trends und Herausforderungen

Fördermittel die keine positiven Impulse setzen Überdenken des Fördermittelskonzept um Mitnahmen zu verhindern

und die Erschaffung von neuen Problemfeldern (Förderung langfristig nicht rentabler Projekte) zu verhindern

Einsatz von „Feuerwehr“ Investitionen Offener und ehrlicher Umgang mit den Strukturproblemen von der

Politik, nicht Fördermaßnahmen für Kurzfristige Problemlösungsstrategien verwenden welche dem Machterhalt dienen und nicht der nachhaltigen (langfristigen) Entwicklung

Page 38: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

38

Zielrichtung der Wirtschaftsförderung

Weitere Sanierung der Infrastruktur, insb. im kommunalen Bereich

Aufrechterhaltung einer konkurrenzfähigen Hochschul- und Forschungslandschaft – engere Verbindung von Wissenschaft und Unternehmen

Herstellung wirtschaftsfreundlicher Bürokratien Förderung von innovativen Existenzgründungen – gezielte

Vergabe öffentlicher Aufträge an ostdeutsche Unternehmen Entwicklung von Regionen von europäischer Bedeutung

(Metropolregion Berlin-Brandenburg)

Page 39: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

39

Zukunftsorientierte Struktur- und Innovationspolitik -Förderung innovativer technologischer Cluster und Wachstumskerne

Erweiterung und Stabilisierung existierender Unternehmen

Sanierung öffentlicher Haushalte Koordinierung von Entwicklungskonzepten über Regionen

und Ländergrenzen hinweg – neues Gesamtkonzept Entwicklungs- und Förderkonzepte für die Grenzgebiete zu

Polen und Tschechien

Zielrichtung der Wirtschaftsförderung

Page 40: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

40

Zusammenfassung der wichtigsten Chancen und Herausforderungen für die ostdeutschen Regionen

Die demografische Entwicklung mit weitreichenden Folgen für Infrastrukturplanung und –auslastung (Schulen, ÖPNV, Ver- und Entsorgung) insbesondere in dünnbesiedelten peripheren Regionen.

Abwanderung und „Brain-drain“: Daraus folgt trotz hoher Arbeitslosigkeit für zahlreiche Wirtschaftsunternehmen das Problem eines eklatanten Fachkräftemangels.

Der Lohnkostenvorteil in den Neuen Ländern (ggü. Westdeutschland) für „einfachere“ Tätigkeiten in der Industrie wird zunehmend im Wettbewerb von Standorten in MOE-Staaten „unterboten“.

Innovation und Hochtechnologie ist – zumindest für die Agglomerationen – ein wichtiges Handlungsfeld (Erfolge in Jena und Dresden).

Mit dem Ausbau der individuellen relativen Stärken können auch schwächere Regionen aufholen und eine positive Vision entwickeln

Page 41: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

41

Quellenverzeichnis Arbeitsgruppe „Perspektiven für Ostdeutschland“ (Hrsg.) (2004): Ostdeutschland im

14. Jahr der Einheit – Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik ist notwendig! Junos-Verlag Hamburg/Dresden.

Bundesregierung (2000): Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit (Teil B), Berlin.

Bundesregierung (2004): Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit (Teil B), Berlin.

DIW, IFW, IWH (1999): Gesamtwirtschaftliche und unternehmerische Anpassungsfortschritte in Ostdeutschland, 19. Bericht, IWH-Forschungsreihe 5/1999, Halle.

IWH Pressemitteilung 21/2003 vom 27.10.03 Kitterer,W. (2002): Die Ausgestaltung der Mittelzuweisung im Solidarpakt II. In:

Finanzwissenschaftliche Diskussionsbeiträge Nr. 02-1, Köln. Klaphake, A. (2000):Europäische und nationale Regionalpolitik in Ostdeutschland:

neuere regionalökonomische Theorien und praktische Erfahrungen, Wiesbaden. Ludwig, U. (1994): Konjunkturprognosen für Ostdeutschland – ein Rückblick. In:

Institut für Wirtschaftsforschung (Hg.): Wirtschaft im Systemschock, S. 33-39,Berlin.

Page 42: Seminar Angewandte Wirtschaftsgeographie (Hauptstudium) WS 2004/2005 Wirtschafts- und Innovationsförderung in Ostdeutschland – Handlungsspielräume zwischen

42

Pohl, R. (2002): Ostdeutschland im 12. Jahr nach der Vereinigung – Eine Bilanz der wirtschaftlichen Transformation. In: Das Parlament. Aus Politik und Zeitgeschichte, B 37-38/2002, S. 30-38, Bonn.

Priewe, J, (2004): Die Wirtschaft in Ostdeutschland und ihre Perspektiven -

Bestandaufnahme: Wo steht Ostdeutschland heute?. Wipo Schnelldienst, DGB,

Bundesvorstand, Abteilung Wirtschaftspolitik, Nr. 7/2004. Prognos (2004): Zukunftsatlas, Trendblätter, Berlin: Prognos AG. Seitz, H.(2003): Thesenpapier zur Lage in Ostdeutschland und zur weiteren

Vorgehensweise beim „Aufbau Ost“, Frankfurt. Sinn, H.-W. (2004): Ist Deutschland noch zu retten? Kapitel 5, München. Toepel, K. (1997):Zusammenwirken von nationaler und europäischer

Regionalpolitik in den neuen Bundesländern: eine kritische. In: Europäische Hochschulschriften: Reihe 5, Bd. 2073, Frankfurt a.M.

Internetrecherche: Berteit, H. (2004): Ostdeutschland benötigt neue Impulse in der Wirtschaftspolitik,

Manuskript, im Internet unter „www.Memo.uni-bremen.de/sonstige“

Quellenverzeichnis