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Peter Putz Das Ewige Archiv The Eternal Archives · Robert-Musil-Literaturmuseum · Klagenfurt · 2015

Peter Putz Das Ewige Archiv Katalog Literaturmuseum

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Katalog zur Ausstellung im Robert-Musil-Literaturmuseum 20. Mai bis 30. September 2015

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„Das Fotografieren ist eine gemeine Sucht, von welcher nach und nach die ganze Menschheit erfaßt ist, weil sie in die Verzerrung und die Perversität nicht nur verliebt, sondern vernarrt ist und tatsächlich vor lauter Fotografieren mit der Zeit die perverse Welt für die einzig wahre nimmt. Die fotografieren begehen eines der gemeinsten Verbrechen, die begangen werden können, indem sie die Natur auf ihren Fotografien zu einer perversen Groteske machen. Die Menschen sind auf ihren Fotografien lächerliche, bis zur Unkenntlichkeit verschobene, ja verstümmelte Puppen, die erschrocken in ihre gemeinsame Linse starren, stumpfsinnig, widerwärtig. Das Fotografieren ist eine nieder-trächtige Leidenschaft, von welcher alle Erdteile und alle Bevölkerungsschichten erfaßt sind, eine Krankheit, von welcher die ganze Menschheit befallen ist und von welcher sie nie mehr geheilt werden kann.“1)

Thomas Bernhard

1) Thomas Bernhard, Auslöschung, Frankfurt/M., 1988, mit freundlicher Genehmigung Suhrkamp Verlag.

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Robert-Musil-Literaturmuseum · Klagenfurt · 2015

Das Ewige Archiv wurde im Jahr 1980 von Peter Putz gegründet und versteht sich als dynamische Enzyklopädie zeitgenössischer Identitäten. Es ist eine der umfangreichsten nichtkommerziellen und unabhängigen Bilddatenbanken Österreichs, mit einem Bildbestand ab dem Jahre 1905, mit Meta-datenverzeichnis und detaillierter Beschlagwortung.

Schwerpunkt ist die permanente fotografische Notiz: Spurensicherung des Alltags, Dokumentation und Vergleich unterschiedlicher Lebens- und Arbeitsräume: Wien und Montréal, Ebensee und Poz-nan , London, New York, Berlin, Lissabon ebenso wie etwa Paris, Vandans, Bagdad und Rom.

Diese Aufzeichnungen verdichten sich zu größeren Bezugsräumen und bilden ein facettenreiches Gewebe verschiedenster Realitäten mit besonderem Augenmerk auf Spektakulär-Unspektakuläres. Bilder der Sammlung werden exemplarisch zu themenbezogenen Tableaux zusammengefasst.

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Es sprechen genau genommen gleich mehrere Gründe dafür „Das Ewige Archiv“ im Robert-Musil-Literatur-Museum zu zeigen. Dass sich der Künstler Peter Putz in seinem Projekt auch mit Schriftstelle-rinnen und Schriftstellern – von Friedrich Achleitner bis Marlene Streeruwitz – beschäftigt, ist nur einer davon. Der Künstler siedelt in seiner Arbeit gleich mehrere Aspekte genau in jenem Schnittfeld von Literatur und bildender Kunst an, welches für das Musil Muse-um von besonderem Interesse ist. Putz stellt die „trockene Würde“1) der Fotografie in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Und das aus gutem Grund: „Die Photographie“ habe, so Robert Musil, „alle Details wie die Wirklichkeit. Ihrer Wirkung kommt deshalb etwas von der Stärke des Erlebten zu“2). Und dieser Stärke des Erlebten spürt Peter Putz mit dem Projekt „Das Ewige Archiv“ nach. Daraus bezieht es seine faszinierende Dynamik. Putz hat sein Projekt als unabhängige Bilddatenbank, als „dynamische Enzyklopädie zeitge-nössischer Identitäten“, angelegt und kommt mit diesem Ansatz dem Ansinnen des Schriftstellers Robert Musil, wie ich meine, sehr nahe. Das Sammeln, das Organisieren von Material, das Archivieren ist dabei eine wesentliche künstlerische Strategie. Robert Musil hatte auf diesem Gebiet aber durchaus seine ganz persönlichen, prakti-schen Erfahrungen gesammelt, was sich auch in seiner literarischen Arbeit niederschlug.

„Er sagt lange Zeit nicht, was er ist, weil er sich noch schämt. So wissen sie ihn gar nicht zu rubrizieren“3). Zu „rubrizieren“ wäre die Figur, um die es in dieser Notiz des Schriftstellers Robert Musil geht, in die Kategorie „Der Archivar“. Diesen Titel hätte eines von meh-reren Romanprojekten, welche Musil nach dem Jahr 1918 verfolgte, haben sollen. In diese Romanprojekte sollten die Erfahrungen des Dichters aus der Zeit des Ersten Weltkriegs sowie aus der Nach-kriegszeit einfließen. Die Texte gelten nun als Vorstufen für den Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“, das Opus magnum des Schriftstellers. Das Kriegsende hatte Musil in Wien miterlebt, wo er seit dem Frühjahr 1918 im Kriegspressequartier tätig war, genauer gesagt als „verantwortlicher Schriftleiter“ der Soldatenzeitung „Hei-mat“. Zu seinen Mitarbeitern zählten so prominente Autoren wie Franz Blei und Egon Erwin Kisch. Dem Angebot, wie vor dem Welt-krieg wieder als Redakteur der vom S. Fischer Verlag herausgegebe-nen Literaturzeitschrift „Die Neue Rundschau“ zu arbeiten, trat Musil nicht näher. „Die Stellung wäre ja sehr schön und ehrenvoll, aber auch sehr absorbierend“, notierte Musils Ehefrau Martha in einem Brief. Sie war sich ziemlich sicher, dass „Robert auch hier sicher etwas Gutes findet, was ihm vielleicht mehr Zeit für seine Arbeit läßt“4). Beginnend mit Mitte Jänner 1919 war Musil dann eine Zeitlang im „Archiv des Pressedienstes des Staatsamtes für Äußeres“5) tätig. Seine offizielle Aufgabe war, einen Index der Zei-tungausschnitte anzulegen. Die „Stellung als Archivar der Zeitungs-ausschnitte (Sanktuarium des Zeitungsdrecks)“ sieht der Schriftstel-ler in einer Tagebuchnotiz als „Resultante“ des Versuchs, „einen normalen Zeitgenossen aus ihm zu machen“6). Es ist beim Versuch geblieben.

Der schwer zu rubrizierende „Held dieser Geschichte“ sitzt im Ent-wurf zu „Der Archivar“ „im schlechtesten Zimmer – einem Kasten mit dunklem Eingang – einer geräumigen bürokratischen Hunde-hütte (…) mit einer Schere in der Hand, und vor ihm [steht] eine große, in amtlichen Ausmaßen gehaltene Flasche mit flüssigem Gummi“7). Wenn der Roman „Der Archivar“ auch nicht über das

Der Stärke des Erlebten nachspüren

Heimo Strempfl

Versuchsstadium hinausgekommen ist und wenn der Schriftsteller Robert Musil diese Profession auch nur kurz ausgeübt hat, so ist das Thema des Archivs für ihn doch bis zum Ende seines Lebens ein Bestimmendes geblieben. Denn als Robert Musil im April 1942 im Schweizer Exil in Genf starb, hinterließ er in ca. 40 Heften und 60 Mappen mehr als zehntausend Seiten an Manuskripten. Darin befanden sich unter anderem handschriftliche Entwürfe und Typo-skripte, die er deshalb mit sich genommen hatte, weil er sie als Material für die Fortsetzung des Romans „Der Mann ohne Eigen-schaften“ (1930 bzw. 1933), an dem er bereits über zwanzig Jahre lang gearbeitet hatte, ansah8). Der „Archivar“ Musil hatte ein eige-nes Zeichensystem zur Organisation des Materials, welches die Grundlage für seinen Roman bieten sollte, entwickelt. Den Roman selber hatte er mit der Sigle M.o.E. versehen. In einem Interview mit seinem Kollegen Oskar Maurus Fontana hatte Musil seinen literari-schen Ansatz folgendermaßen beschrieben: was den M.o.E. ange-he, so interessiere ihn die „reale Erklärung des realen Geschehens“ nicht interessiere, sondern „das geistig Typische“9).

Der Künstler Peter Putz legt als „Archivar“ mit „Das Ewige Archiv“ „ein facettenreiches Gewebe verschiedenster Realitäten“ vor. Er bestätigt meiner Ansicht nach mit seiner Arbeit in einer gewissen Hinsicht aber auch folgende Beobachtung Musils: „Der Mensch ist nicht komplett und kann es nicht sein. Gallertartig nimmt er alle Formen an, ohne das Gefühl der Zufälligkeit seiner Existenz zu ver-lieren“10).

1) Robert MUSIL: Klagenfurter Ausgabe. Kommentierte digitale Edition sämtlicher Werke, Briefe u. nachgelassener Schriften. Mit Transkriptionen u. Faksimiles aller Handschriften. Hg. v. Walter Fanta, Klaus Amann, Karl Corino. Klagenfurt 2009 (DVD)/Transkriptionen/Mappe V/3/31 [= 62. Das Sternbild der Geschwister Oder Die Ungetrennten und die Nichtvereinten 5 ].

2) Robert MUSIL: Klagenfurter Ausgabe/Transkriptionen/Mappe VII/11/175 [ E 50 ].

3) Lesetexte/Bd. 15 Fragmente aus dem Nachlaß/Erzählerische Fragmente/Die zwan-zig Werke/Archivar.

4) Robert MUSIL: Briefe 1901-1942. 2 Bände. Hg. v. Adolf Frisé. Unter Mithilfe v. Murray G. Hall. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1981, Bd, 1, S. 172.

5) Karl CORINO: Robert Musil. Eine Biographie. Reinbek bei Hamburg: Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1981, S. 598.

6) Robert MUSIL: Tagebücher. 2 Bände. Hg. v. Adolf Frisé. Neu durchgesehene u. ergänzte Auflage. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1983, Bd, 1, S. 316.

7) Robert MUSIL: Klagenfurter Ausgabe/Lesetexte/Bd. 15 Fragmente aus dem Nach-laß/Erzählerische Fragmente/Die zwanzig Werke/Archivar.

8) Robert MUSIL: Klagenfurter Ausgabe/Lesetexte/Einführung.

9) Robert MUSIL: Klagenfurter Ausgabe/Lesetexte/ Bd. 14 Gedichte/Aphorismen/Selbstkommentare/Was arbeiten Sie. Gespräch mit Robert Musil.

10) Ebd.

Dr. Heimo Strempfl ist Direktor des Robert-Musil-Literaturmuseums der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee

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Folgende Seiten: Wunschkennzeichen sind nach Auffassung des Autors die österreichische Antwort auf japanische Haikus und stehen in der Tradition der konkreten Poesie: (s. a.: W JANDL 5). Seit dem Jahre 1989 wurden in Österreich mehr als 500.000 Wunschkennzeichen angemeldet. (Kosten für die Anmel-dung 2012: 228,30 Euro). Die Wunschkennzeichen-Sammlung des Ewigen Archives ist nach Departments gegliedert und umfasst mehr als 5000 Fotos. Die Veröffentlichung der Wunschkennzeichen an dieser Stelle geschieht ausschließlich zu Dokumentationszwecken und impliziert keinerlei Wertung. Siehe Essay von Friedrich Achleitner.Dank an Hannes Flaschberger, Sonja Gasparin, Beny Meier, Bernhard Lemersleitner und Susanne Salzgeber für viele wunderbare Beiträge zur Sammlung!

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Soweit noch nicht in der Globalisierung der Autokennzeichnung abstrakte Ziffern- und Buchstabensysteme praktiziert werden, kom-men sich Städte und Regionen, die nichts miteinander zu tun haben, oft zum Verwechseln nahe. Aber das ist nicht das Thema. Die elek-tonische Wahrnehmung ist schon lange nicht mehr vom Auge des Polizisten abhängig, und so kann man nicht mehr Milano mit Mist-elbach verwechseln.

An die Wunschkennzeichen, eine austrakische Spezialität (?), hat man sich gewöhnt. Als sie im Stadtbild auftauchten, brachten sie etwas Erfrischendes in den Zeichenmüll der verwalteten und umwor-benen Welt. Zum „verbuchstabierten Netz“ der Länder, Regionen und Städte kam etwas Neues hinzu, sozusagen eine private, ja intime Ebene. Der Eitelkeit der Schlittenkapitäne waren keine Grenzen mehr gesetzt. besonders beliebt hinter Kose- und Spitznamen war die Nummer 1. „LAUSI 1“ konnte nur aus Klagenfurt stammen. Da war gleich der Klausi mit im Spiel. Wer ihn kannte war gerührt, freute oder ärgerte sich. „GAGGI 1“ war wiederum für eine besondere Art der Fantasie gedacht. Manches stürzte in Tautologisches ab: „FIRST 1“, na ja, ein Zimmermann wirds schon nicht sein. Es outeten sich auch Selbstironiker: „NARR 1“, „WEDL 1“, „ASS 1“, „PROF 1“ (gnaden-los). Eine höhere Stufe (in Nähe der „konkreten poesie“) erreichten zweideutige Verbindungen mit den Kennbuchstaben der Städte, etwa „W & EDEL“. Da führte in der Kombination das Wunschdenken direkt in die harte Wirklichkeit über. Es gibt auch intelligente Kon-stellationen: „REIF 1“ = Reifenhändler mit Matura. Hat ein „JANDL 5“ noch etwas mit Literatur zu tun? Man muss nicht erwähnen, dass es sich überwiegend um Männer handelt: Eitelkeit ohne Humor: Oder noch ärger, Eitelkeit mit Humor (unfreiwilliger mit eingeschlossen). Eine Tafel mit „WIEN 1“ mit einem MU voraus, voll ausgeschrieben „MU & WIEN 1“, kann nur von einem Mann sein. Bei Angebereien wie „K & HAPPY 4 „ überrascht nicht die Herkunft. Nach „MUT 1“, „FESCH 1“, „ART 1“, „Jus 1“ muss mann gestehen, dass „DUDI 1“, „PIMPI 1“, „HASI 1“, „SPATZ 1“, „TUTI 1“, „KUKI 1“ oder „BUBI 1“ rührende Sympathie verdienen.

Ich habe die Beispiele einer Montage von Peter Putz entnommen. Die Welt der Wunschkennzeichen führt natürlich in ein viel größeres Reich freudianischer Hochleistungen und Ausrutscher. Neben der grafischen Ebene mit Buchstaben- und Zahlenkombinationen (W 11111) erschließt sich geradezu ein semantischer Kosmos. Neben einer Ethnographie und Soziologie des globalen Fuhrparks, schmug-geln sich Ebenen der Selbstdarstellung und Inszenierung von Befind-lichkeiten in einen Verwaltungsmechnismus ein, der seinesgleichen sucht. Das Paradoxe daran ist, dass die scheinbare Notwendigkeit der Nummerierung des Menschen sich in ein Spielfeld der Lust der öffentlichen Selbstbespiegelung verwandelt, das gnadenlos alle Höhen und Tiefen menschlicher Fantasie ausstellt. Und das auf eigene Kosten.

MI & (lano) = MI & (stelbach).

Friedrich Achleitner

Prof. Friedrich Achleitner, geboren 1930 in Schalchen, Oberösterreich, Mit-glied der Wiener Gruppe, zahlreiche Auszeichnungen. Bis 1998 Professor an der Universität für angewandte Kunst Wien. Als Literat ein Hauptvertreter des modernen Dialektgedichts und der Konkreten Poesie, (u.a. quadrat-roman) als Essayist ein bedeutender Kritiker und Chronist der modernen Architektur. (Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert)

Tableaux für Friedrich Achleitner zum 80. Geburtstag. 2010 (Detail)

Friedrich AchleitnerWien Museum, 2012

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Woher kommen Bilder, was tun sie hier, wohin gehen sie?

Peter Putz

Ein Mann mit Arbeitsschürze sitzt an einem schmalen Tisch und schaut auf ein aufgeschlagenes Buch. Das Zimmer karg. Die Bildun-terschrift: Politischer Häftling, 1942.

Der abgebildete Mann ist Erich Sander, der 1935 von den National-sozialisten wegen seiner Mitgliedschaft bei der Sozialistischen Arbei-terpartei Deutschlands zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, fotografiert hat ihn sein Vater August Sander. Erich Sander starb kurz vor Ende der Haftzeit am 24. März 1944, weil ihm ärztli-che Hilfe verweigert worden war. Das Foto – in der Mappe Politische Gefangene – ist Teil des umfangreichen Gesamtprojektes Menschen des 20. Jahrhunderts von August Sander und wurde erst lange nach dem Tode des Fotografen veröffentlicht. Die Vorstellung, als Vater den eigenen Sohn im Gefängnis zu foto-grafieren, fotografieren zu müssen, treibt mir Tränen in die Augen.

1983, im Jahr, in dem mein Bruder Rupert in Japan unterwegs war, starb völlig überraschend unser Vater. In der Zeit vor Internet und Mobiltelefon war die einzige Möglichkeit, zu versuchen, mit ihm in Kontakt zu kommen, Briefe poste restante (postlagernd) an ver-schiedene Postämter der Städte zu senden, in denen er sein hätte können. Ich habe den toten Vater fotografiert, auch um meinem Bruder die Möglichkeit zu geben, sich nach seiner Rückkehr ein Bild zu machen vom Vater bzw. ein letztes Bild zu haben. Das Bild eines Toten als Erinnerung an den Lebenden?

Mein Großvater Johann Promberger hat in den 1920er Jahren Ver-storbene fotografiert. Einige Glasnegative sind erhalten geblieben aus einer Zeit, als es am Land üblich war, verstorbene Familienmitglieder einige Tage im Haus aufzubahren. Ein Fotograf wurde gebeten, ein letztes Bild zu machen. Auf einem Dachboden Jahrzehnte lang gela-gerte Glasnegative lassen das Bild von Toten wieder entstehen.

Warum Fotos sammeln? Warum Bilder machen, aufheben, ordnen, anschauen, diese neu und anders ordnen? Warum versuchen, Zusammenhänge herzustellen? Ist es ein Aufbäumen gegen das Vergessen, den drohenden, den bereits eingetretenen Tod?

Wieder aufgefundene Fotos: vom Vater aus seiner Zeit in Mosul/Irak 1958, vom Großvater Glasnegative aus der Zeit 1905 bis 1925.

Fotografien werden immer wieder an mich herangetragen, werden mir geschenkt oder ich finde sie. Wie gehe ich mit Fotos um, deren Autorin, deren Autor nicht mehr befragt werden kann? Wie stelle ich Bilder zusammen, welche Geschichten erzähle ich, wie kann ich vorgehen, um den Bildern und deren Urhebern zu einem einiger-maßen authentischen Nachleben zu verhelfen?

Bilder rotieren ohne Unterlass: In „sozialen Netzwerken“ werden Texte, Fotos und Videos automatisiert herangespült, gesteuert von Algorithmen. Was wird aufgezeichnet, was neu – von mir/von ande-ren – eingespeist in die Bildermaschine? Wo stehen die Datenfarmen und Datenminen? Wieviel kosten Bilder? Wer verkauft sie, wer ver-dient daran, wer bezahlt dafür?

Ich „überwache“ in gewisser Weise mein Leben und das Leben einiger anderer, ich fotografiere Freunde und Bekannte oft über lange Zeit immer wieder und stelle die Fotos zu Zeitraffer-Porträts zusammen, auch, um Veränderungen sichtbar zu machen.

Das Ewige Archiv ist ein Versuch der Bestandsaufnahme des ent-schwindenden Lebens, ist ein Aufsammeln von Bildsplittern einer in weiten Teilen sich auflösenden, fragmentierten Welt.

Während diese Zeilen geschrieben werden, wird Gaza bombardiert, sehe ich Bilder von verletzten Frauen, Männern und Kindern, zusam-mengekauert in den Trümmern der zerstörten Straßen und Städte. Ich schaue aus dem Fenster meines zeitweiligen Arbeitszimmers in ein bewaldetes Tal, auf Wolken, in den Himmel – eine rauhe Idylle im Salzkammergut, in dem ich aufgewachsen bin. Vor rund 70 Jah-ren kamen im Konzentrationslager Ebensee (ca. 5 km entfernt) mehr als 8.000 Menschen ums Leben. Am Nachbargrundstück wird der neue Swimmingpool einbetoniert.

Die Welt hat sich verändert. Information wird auf neuartige Weise übermittelt, auch die Fehlinformation entwickelt eigene Methoden.

John Berger*

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Unterferlach | AT · 1979

Aufnahmen aus Unterferlach, Kärnten. Die beiden Fotos rechts oben zeigen WC-Schilder am Bahnhof Lednitzen für Männer und Frauen. Unter der einsprachig deutschen Beschriftung ist deutlich die frühere zweisprachige Beschriftung in slowenisch („Gospodje“ bzw. „Gospe“) und deutsch zu erkennen. Kurz nach den Aufnahmen wurden die Schilder im Zuge einer Renovierung des Bahnhofes entfernt.

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Schon allein der Titel des Buchs will nicht aus den Dunkelwelten des Universums kommen. New Stuff sagt modern und zeitgerecht: Hie-nieden wird fortgesetzt, es gibt das Vorher, den Anfang mit allem – und wer den Beginn der Eskapade, der ganzen Bildgeschichte ver-säumt und nicht kennt – selber schuld. Es geht bei New Stuff in seiner apostrophierten Kontinuität nicht um billige Vertrauensbil-dung, dass hier ein Werk etwa und nicht das Produkt einer Eintags-fliege im Entstehen ist, nein, die Fütterung mit neuem Material, das Hinzufügen neuer Daten in den ohnehin schon prallen Speicher ist simpel gemeint, nichts sonst. Kurz ist das Leben, ewig sein Archiv.

Wir sind hier – erinnern wir uns! – auf der Erde, wenn auch als Megahaufen stumpfsinnig von uns selbst verehrt. Er könnte auch heißen: „Die nächste Welt, bitte“, um Abwechslung zu schaffen, aber so heißt der vorliegende Band mit seinen zahllosen Bildchen und Geschichtchen nun einmal nicht. Die ständige Wiederholung ist gefragt – damit ein Wesentliches endlich hinterfragt sei. Und dann kann man sich fragen, ob das mit dem Additiv, mit der Wie-derholung, der Serie und dem Kompilieren ewig so weitergehen kann und wohin das führen wird. Das neue/alte Material mit uto-pisch unterentwickelter Epidermis schaut einem unverhüllt entge-gen: als erbarmungslose Variantenproduktion, als Produkte einer materialistischen Philosophie, als enttarntes Muster eines sozialen Zusammenhangs.

Es gibt ein Misstrauen gegen das Bild, das dem Bild nicht das Min-deste glaubt. Die mythologische Sprachanbetung weiß, was das Wort betrifft, selbst davon ein Liedchen zu singen. Wort und Bild sind auf Dauer in die Binsen gegangen. Übrig bleiben die Dinge, die Binsen und verschiedene pathologische Anatomien. Um jene Dinge geht es in diesem Buch, die beweiskräftiger sind als jedes Vertu-schungsmanöver des totalitären Zeitgeists. Beim Blättern im Buch: „Das alles hat man doch schon irgendwo gesehen. Dem ist man erst kürzlich begegnet.“ Aber man täusche sich nicht. Es gibt das Line-are nicht – außer im Denken. Und dieses macht Angst.

Alles ist hier auf der Flucht. Das Archivieren selbst scheint als Vor-gang, als selbstreferenzielles Muster und Monster hingegen ewig und ohne Alter zu sein, keine Radiocarbonmethode ließe sich hier anwenden. Die ganze Welt ist nämlich ein Archiv, wiewohl die vor-gefundenen, gegebenen Gegenstände sich datieren lassen, in allen Höhlen des Amazonas liegen sie herum und auch sonst wo. Selbst wo kein Mensch ist, ist noch ein zu Archivierendes im Außen, ist ein Alter. Externe Medien, als da sind: Knochen, Knorpel, Sehnen, Bän-der oder die Federn des Vogels Garuda, schließlich jede Menge Anorganisches. Irgendein Gegenstand war immer als erster da, von da an ein Regieren. Man vergisst im Alltag nur immer wieder die vielen kleinen Hinweise.

Dem Archiv verschrieben.1) „Nichts ist weniger sicher, nichts weniger eindeutig heute als das Wort Archiv“ und nichts „trüber und ver-wirrender heute als der in diesem Wort Archiv archivierte Begriff“, gesteht Derrida. Der Titel des französischen Originals lautet übrigens Mal d’archive und ist vieldeutig. Der Begriff „mal“ – Mühe, Weh, Leid, das Übel, das Böse – kann einerseits im Genitivus subiectivus wie auch obiectivus mit dem des Archivs verbunden sein, also ein dem Archiv inhärentes Übel oder gar das Archiv selbst als Übel

bezeichnen, andererseits – wie etwa in „mal du pays“ – auf eine Sehnsucht, ein Begehren hinweisen, womit sich die Verquickung mit der Psychoanalyse ergibt: Freuds Unbewusstes wurde von Derrida als Entwurf für eine Archiviologie gelesen. Daraus folgt die mediale Speicherung als fatale Wiederholung.

Kein Archiv ohne „Draußen“, wobei „Draußen“ einen „externen Träger“ (Derrida) meint. Genau hier kommt nach Derrida Psycho-analyse ins Spiel: „Wenn es kein Archiv gibt ohne Konsignation an irgendeinem äußeren Ort, der die Möglichkeit der Memorisierung, der Wiederholung, der Reproduktion oder der Re-impression sicher-stellt, so sollten wir uns zudem in Erinnerung rufen, dass die Wie-derholung selbst, die Logik der Wiederholung, ja der Wiederho-lungszwang nach Freud untrennbar bleibt vom Todestrieb. Also von Destruktion.“2) Und damit ist das „mal d’archive“ festgestellt: „Der Todestrieb [...] bedroht [...] jede Prinzipalität, jedes archontische Pri-mat, jedes Begehren nach einem Archiv. Wir werden dem später den zusätzlichen Namen le mal d’archive, ‚das Archivübel’, geben.“3)

Das Draußen, eine gewisse Äußerlichkeit: die Einkaufswägelchen des Supermarkts, ineinandergeschoben und geschützt durch Plexi-glaskojen. Wenn das Archiv etwas bewahrt, muss es materiell ver-räumlicht sein. Denn erst mit dieser Verräumlichung wird es wieder-holbar, und es ist die Wiederholbarkeit, über die wir bewahren. Wiederholung ist jedoch in der Dekonstruktion kein einfacher Vor-gang, im Gegenteil. Wiederholbarkeit ist die Voraussetzung für das Speichern, aber sie stellt zugleich den Inhalt nicht still, denn der Wiederholung ist gemäß der Theorie der Dekonstruktion selbst ein Moment der Entfremdung immanent.

Es ist immer ein Erbe anzutreten. Mitten im „Archivübel“ – die Ver-suchung sondergleichen –, also mitten in den Wäldern Amazoniens, entdeckt mit schwellender Brust ein gewisser Humboldt Pflanzen, Steine und Tiere. Er jauchzt, bringt alles heim, will nichts verkompli-zieren. Die errichteten Archive als Simulationen des Diesseits. Und heutzutage? Die zu Unrecht verschrienen und pathologisierten Mes-sies mit ihren Sammlungen von alten Plastiksäcken, Zeitungen, Tel-lern, Knöpfen, halb zerfallenen Borkenkäfern, Wärmedämmmitteln, Schaufensterpuppen, Gartengerät, Bleistiften, Colaflaschen, Batte-rien, Bilderrahmen, Readers-Digest-Heften, Kohleresten, Ölkannen, Zimbeln, Scheißspateln, Weihrauchschalen, Apfelkernen und der-gleichen mehr – auch sie sind die Archivare der Gegenwart, und die Dialektik der Unzähmbarkeit der Dinge steht nicht still.

Ganz neu fängt im Leben gar nichts an. Man wird dieses Anhäufen, dieses Kompilieren nie mehr vergessen. Ganz verschollen geht sel-ten etwas. Ins scheinbar Ewige hinein archiviert versetzt das Archiv einen in die unangenehme Lage, über den Wahnsinn der Warenwelt und der wahren Welt nachzudenken. Wir leben nun einmal in Bad Ischl, Poznan , Wien, Saalfelden, Gmunden, Klagenfurt und Langwies. Geht man um die Sachen herum, dann das meist sehr. Die Gramma-tik der Bilder macht wie im Sprechen und Schreiben Vorschriften. Wir sprechen nun einmal eine Sprache. Diese Sprache haben wir mitge-nommen, mit ihr arbeiten wir.

Die Bilder, inflationär und heimtückisch, werden hingegen immer mehr das Mittel, um Anschauung zu kaufen. Dem will sich ein

Über das Archivieren des Ephemeren

Ingram Hartinger

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absichtsloses, unschuldiges Kompilieren entgegenstemmen. Ein Weg-tun des Drückenden, Falschen, Hemmenden wird dann unmöglich, im Gegenteil. New Stuff reiht nicht nur aneinander, setzt nicht nur Inkompatibles in Beziehung, New Stuff will den ganzen Unsinn unserer Scheinwelten aufbrechen. Großes Vorhaben, das zweifellos zum Scheitern verurteilt ist. Der Tag wird immer grauer, und der kleine Maxi darf nur noch schwefeln und nebeln. Fernab eines ideo-logischen Wischiwaschis will das Ewige Archiv hin- und verweisen, um den Bilderbrei leicht zu verändern. Auf der Breitseite der Bild-welten kann nichts verwischt werden. Längsseitig befindet sich selbstverständlich Neuland. Dieses betritt PP mit Humor und Schärfe.

20. März 2014 – Da liegt der tote ukrainische Soldat. Ein Hund bellt ihn an. Niemand weiß, wie der Soldat heißt. Ein Kind kommt daher. Dem erzählte der Soldat, als er noch lebte, eine Geschichte. Der Wald, in dem der Soldat liegt, weint. Das in eine Schlucht gefallene Dorf in der Nähe beherbergt einen alten Morgen. Da liegt der Sol-dat. Knochen. Das Vaterland will nicht mehr Fleisch werden. Ihr könnt säen, was immer ihr wollt, da fließt kein Bach mehr, da gibt es kein Wasser. Komm, Südwind, berühre die Wurzeln der Erde.

1) Jacques Derrida, Dem Archiv verschrieben, Berlin 1997. Dieser Text, geschrieben im thematisch etwas schwer zu verfolgenden, sprunghaften Stil, den Derrida in den Neunzigerjahren pflegte, wurde erstmalig am 5. Juni 1994 in London auf dem internationalen Kolloquium Memory: The Question of Archives vorgetragen. Er trug ursprünglich den Titel Le concept d’archive. Une impression freudienne und verweist damit auf Derridas früheren Text, Freud und der Schauplatz der Schrift.2) a.a.O., S. 22 3) a.a.O., S. 26

Ingram Hartinger, geb. in Saalfelden, lebt seit 1979 in Kärnten. Gedichte, Prosa, Essays, Radioarbeiten; zuletzt erschienen: Das verschmutzte Denken, Klagenfurt 2014

Klagenfurt, Wien | AT · 1979 – 2015

I. H. (timelapse-portrait) · 1979 – 2015

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Präsentation 2012

WIEN MUSEUM KARLSPLATZ

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Review: Das Ewige Archiv · The Eternal Archives · Heavy Duty XS

Inescapably Unalterable Infinities

Attention, provocation! By means of forensically precise photography, artist Peter Putz confronts the viewer with traces of everyday activity permanently preserved. The Eternal Archives, established in 1980, can be understood as a dynamic encyclopedia of contem-porary identities. The focus of the present, multifaceted irritation lies in its documenta-tion of people’s habitats – divergent, transcontinental.The unspectacular, the obvious things of our planet are what the photographer – a native of Ebensee, Austria (1954) – collates in dense, heavily loaded tableaux as manifestations of everyday life: façades, signs, trashcans, garbage trucks, porta potties, shopping carts. Things harvested and things bundled up, things cooked, things vomited. Parish fairs, firemen’s fairs, street demonstrations, but also places of collective lust: peep-shows, gambling dens. Places of rest, refuges for the individual. Demonstrations of mass and power. The loneliness of the country road, the finite nature of time. Fish and meat, fruit and vegetables, raw, cooked or left to rot. Wild, chaotically convoluted, intensely arranged. All in all, however, it is precisely this (superficially) arbitrary character, this powerful con-catenation of an enormous amount of photographs that reveals the intention of the artist. A visualization of our world, of our everyday universe with its glut of stimuli, its constant flood of images, its saturation. What this unique album communicates is nothing other than visualized social criticism. What is being addressed is social disorder, which finds itself causally reflected or distor-ted here in ordered arrangement. One facet of existence is the unalterable course of all that is earthly, the consistent cycle of things, the supply chain of breeding, consumpti-on, excretion and disposal. De facto, Peter Putz succeeds in producing an intense, forceful visualization of the transitory nature of things.

Gregor Auenhammer Peter Putz, Das Ewige Archiv. The Eternal Archives. 1980 – ∞. Heavy Duy XS. Euro 29. 240 pages. Ritter Verlag, Vienna, 2012.

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Das Ewige Archiv in der Kunsthalle Wien, Museumsquartier, 2014

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Review: Das Ewige Archiv · The Eternal Archives · New Stuff

The Particular in the Mundane“If we lose our history, we also lose our ability to understand the present – and our future. To lose one’s memory is to die an intellectual death,” com-ments Johanna Rachinger, Director-General of the Austrian National Library, philosophizing on “memory institutions”, such as libraries, muse-ums and archives, all of which are “engaged in a constant struggle against oblivion.” In the same spirit, Peter Putz has been storing photographic items for memory in his Eternal Archives since 1980. Putz, born in 1954 in Ebensee, Upper Austria, can thus be given the appellation of silent chroni-cler of everyday life. It is not the insignias of power, not the palaces, and certainly not the rulers that are the focus here, but rather, ordinary, aver-age people and the refuse of daily life that is usually relegated to the nether-world of things to be forgotten. The artist, who has studied in various schools internationally, documents distinctive indicators of the lives we live from day to day: filth, fecal matter, manhole covers, garbage cans, gar-bage trucks, cleaning teams, cleaning ladies, street sweepers. Façades fill Putz’ universe. Virginal, freshly whitewashed, besmeared, decaying. Open and enclosed spaces, signs, slogans, moving walkways, conveyor belts – all the madness of our everyday lives. Putz makes visual the way of all things, the progress of the fleeting things of this world, the passing, the inexora-ble. He focuses not on perfection, not on beauty, but on the object per se as something deserving to be preserved. In stark tableaux, Putz amalgam-ates his own pictures with historical photographs and arranges the individ-ual frames into one great whole, animated with wisdom and humor. The collated result is something of a modern library of Alexandria, a current-day variant of the medieval Paupers’ Bible, the Bible of the illiterate. Visual and wordless, but readable for those who are willing to see – and tremen-dously revealing.

Gregor Auenhammer

The mundane in the particular, in the exotic. The private in things public. Peter Putz makes visual the universe of day-to-day life in carefully arranged tableaux.

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Peter PutzLes Archives éternelles

Das Ewige Archiv · ∞Maison Heinrich Heine · Paris · 2015

Peter Putz DAS EWIGE ARCHIV New StuffKunsthalle Wien · Fr., 17. Okt. 2014 · 19 UhrBuchpräsentation · Ausstellung · Video · Felix Del Tredici: Trombone100 Tableaux: Peter Putz · 7 Essays: Shawn Bryan, Gottfried Fliedl, Ingram Hartinger, Elke Krasny, Shaheen Merali, Peter Putz, Johanna Rachinger

Kunsthalle Wien · Museumsquartier · Museumsplatz 1 · 1070 Wienwww.ewigesarchiv · www.ritterbooks.at

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Fotos: © Peter Putz · www.ewigesarchiv.at

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Peter PutzDAS EWIGE ARCHIVThe Eternal Archives · 1980 – ∞ Heavy Duty XS

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RITTER

PETER PUTZDAS EWIGE ARCHIV DO., 30. AUGUST 2012, 18.30 UHRBUCHPRÄSENTATION. BEGRÜSSUNG: WOLFGANG KOS, DIREKTOR WIEN MUSEUM KOMMENTARE: FRIEDRICH ACHLEITNER: MI & (lano) = MI & (stelbach) · TIMM STARL: DAS ARCHIV DER FOTOGRAFIE · PETER PUTZ: WAS ICH NICHT FOTOGRAFIEREN DARF

A BAND FROM HOME: WOLFGANG PUSCHNIG – sax, flute · STEFAN GFRERRER – bass · EMIL KRIŠTOF – drums www.ewigesarchiv.at www.ritterbooks.at

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Peter Putz

DAS EWIGE ARCHIVThe Eternal Archives · ∞

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Peter PutzVirtual Triviality

Das Ewige Archiv · The Eternal Archives 120 Seiten · pages; deutsch · english Hardcover, Schutzumschlag · dust jacket300 x 240 mm Wien · Vienna, 1994 · www.ewigesarchiv.at2 Essays: Gottfried Fliedl Monika Schwärzler

248 Seiten · pages, deutsch · english Hardcover, Schutzumschlag · dust jacket Ritterverlag, Wien · Klagenfurt, 2014 www.ritterbooks.com100 Tableaux: Peter Putz7 Essays: Shawn Bryan, Gottfried Fliedl Ingram Hartinger, Elke Krasny Shaheen Merali, Peter Putz Johanna Rachinger Extras: Matthias Marx, Johann Promberger Karl A. Putz

Peter PutzDAS EWIGE ARCHIV

The Eternal Archives · ∞New Stuff

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DAS EWIGE ARCHIVThe Eternal Archives · 1980 – ∞

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240 Seiten · pages, deutsch · english Hardcover, Schutzumschlag · dust jacket Ritterverlag, Wien · Klagenfurt, 2012 www.ritterbooks.com100 Tableaux: Peter Putz7 Essays: Friedrich Achleitner, Richard Bellet Robert Del Tredici, Peter Gorsen Peter Putz, Timm Starl Marlene Streeruwitz Extra-Tableaux: Hannes Reisinger

Peter PutzDAS EWIGE ARCHIVThe Eternal Archives · 1980 – ∞

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Peter Putz wurde 1954 in Ebensee/OÖ. geboren. Universität für angewandte Kunst Wien (mag. art.). Studien- und Arbeitsaufenthalte in Poznan/ PL (1977/78); Montréal/CAN, Concordia University, artist in residence (1988/89); Paris/F, Cité international des arts (1990); New York/USA (1995). 1978 Gründung der Bild-Manufaktur-Traunsee gemeinsam mit Hans Kienesberger und Walter Pilar und Herausgabe der Bild-Text-Edition Der Traunseher (1978 – 1981). 1978 erste Animationsfilme; Lektor für Film und Neue Medien an mehreren Universitäten.

Seit 1980 Arbeit am Projekt Das Ewige Archiv, 1988 Ausstellung im Museum moderner Kunst in Wien, 1994 Veröffentlichung des Buches Das Ewige Archiv · Virtual Triviality. 2012 Buch Das Ewige Archiv · Heavy Duty XS, Präsentation und Ausstellung im Wien Museum.2014 Buch Das Ewige Archiv · New Stuff, Präsentation und Ausstellung in der Kunsthalle Wien.2015 Paris, Maison Heinrich Heine: Les Archives éternelles. Ausstellung und Präsentation.

Zahlreiche Ausstellungen und Auszeichnungen, Vorträge und Publikationen.

Dieser Katalog erscheint aus Anlass der Ausstellung Das Ewige Archiv

Robert-Musil-Literaturmuseum Klagenfurt 9020 Klagenfurt · Bahnhofstraße 50

www.musilmuseum.at20. Mai – 30. September 2015

Herausgeber: Peter Putz · Das Ewige Archiv

Gestaltung: Studio Putz+ Medien · Grafik · Kunst Digitale Bildbearbeitung: Peter Putz

Übersetzung · Translation: Shawn Bryan

A-1060 Wien · Mollardgasse 85a / 1 / 41 +43 (0)1 310 01 74 · 0 664 111 98 12

[email protected] · www.ewigesarchiv.at

Alle Fotos, außer anders ausgewiesen: © Peter Putz

time is on my side.

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Humor und Schärfefür Peter Putz

Du sagst nichtAuf mich wartet niemand

Du sagst nichtLass mich schlafen

Ingram Hartinger

Humor and Sharpnessfor Peter Putz

You don‘t sayNo one‘s waiting for me

You don‘t sayLet me sleep

Ingram Hartinger

Tableaux Seiten 10/11: AT | 1988 – 2015 1. Reihe: Inge Freund, Ingram Hartinger, Herwig Turk, Suse Krawagna, Werner Hofmeister, Franz Motschnig2. Reihe: Wolfgang Walkensteiner, Inge Vavra, Hubert Lobnig, Richard Klammer, Wolfgang Reichmann, Markus Orsini-Rosenberg3. Reihe: Katharina Schmidl, Ina Loitzl, Barbara Putz-Plecko, Meina Schellander, Cornelius Kolig, Jochen Traar, Renate Freimüller4. Reihe: Johann Julian Taupe, Valentin Oman, Hannes Flaschberger, Richard Kaplenig, Caroline, Reimo Wukounig5. Reihe: Beny Meier, Sonja Gasparin, Irmgard Bohunovsky, Felix Orsini-Rosenberg, Bruno Strobl, Ferdinand Neumüller6. Reihe: Peter Putz, Gustav Janus, Hans Staudacher, H. P. Maya, Hans Schabus, Alina Kunitsyna

Tableaux Seiten 12/13: Klagenfurt | AT · 20001. Reihe, ua.: Hubsi Kramar als Hitler, 3. Bild: Walter Schütz, ganz rechts: Gösta Maier3. Reihe, 3. Bild: Herwig Turk4. Reihe, ganz links: Gerhard Pilgram, 2. Bild: Helmut Stockhammer

Tableaux Seiten 14/15: Marlene Streeruwitz (timelapse), Wien | AT · 2000 – 2013

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