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Parkinsontherapie Neuroleptika 6. November 2014

Parkinsontherapie Neuroleptika · Häufigkeit des idiopathischen Parkinson-Syndroms Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren. Morbus Parkinson beginnt

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Parkinsontherapie Neuroleptika

6. November 2014

Klassifikation des Parkinson Syndroms

Häufigkeit des idiopathischen Parkinson-Syndroms

Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren.

Morbus Parkinson beginnt selten vor dem 30. Lebensjahr.

Danach nimmt die Inzidenz steil mit dem Alter zu.

Die Prävalenz in der Gesamtbevölkerung liegt bei 100-200 / 100.000,

Bei Personen älter als 85 liegt die Prävalenz bei 2,2%.

Das männliche Geschlecht ist etwas häufiger betroffen.

Das Parkinson Syndrom ist gekennzeichnet durch: Akinese (Brady- und Hypokinese) + eines der folgenden Kardinalsymptome: Rigor Ruhetremor (4-6 Hz) Posturale Instabilität Begleitsymptome können sein: Sensorische Symptome (Dysästhesien und Schmerzen)

Vegetative Symptome (Störungen von Blutdruck, Temperaturregulation, Harnblasenfunktion und sexuellen Funktionen)

Psychische Symptome (vor allem Depression)

Kognitive Symptome (frontale Störungen, in fortgeschrittenen Stadien Demenz)

Symptomatologie des Morbus Parkinson

Motorische Symptome beginnen meist unilateral

Das extrapyramidal-motorische System

-Ist polysynaptisch -steuert vornehmlich die gröber erscheinenden Bewegungsabläufe vor allem der Rumpf- (tonische Halte- und Stützmotorik) und proximalen Extremitätenmuskulatur -Grundlage für die pyramidal verschaltete Feinmotorik -beeinflusst stark den Muskeltonus -sorgt zudem durch die Verschaltung u. a. mit dem Kleinhirn, dem optischen Reflexzentrum und den Gleichgewichtskernen für die Harmonie der Bewegungen und Korrektur der Körperhaltung

Primär motorischer Cortex

1. Nucleus caudatus 2. Thalamus 3. Putamen 4. Pallidum 5. Formatio reticularis 6. Nucleus ruber 7. Substantia nigra 8. Nucleus dentatus cerebelli

Pathogenese des Parkinson-Syndroms

• Folgen des Dopaminmangels:

1. Enthemmung cholinerger Interneurone:

Rigor und Tremor

2. Verminderte GABA-Aktivität der direkten

Unterschleife, dadurch Zunahme der

GABAergen-Hemmung im Thalamus:

Akinese

3. Enthemmung GABAerger Neurone der

indirekten Unterschleife, dadurch

Zunahme der GABAergen-Hemmung im

Thalamus: Akinese

Glutamat

GABA

Dopamin

Acetylcholin

Synthese von Dopamin

Catechol-O-methyltransferase (nicht in Catecholaminneuronen

MAO-A MAO-B (nicht in Catecholamin-Neuronen)

Abbau von Dopamin

Radikalentstehung

Die dopaminerge Synapse

Mögliche molekulare Ursache des Parkinson-Syndroms

DA = Dopamin NM = Neuromelanin Fe= Eisen ROS = Reaktive Sauerstoffspezies

Lewy-Körperchen

Alpha-Synuclein-Aggregate

Erhöhter oxidativer Stress führt zum Untergang der Neurone. Eine Rolle dabei spielen vermutlich: -Eisenbeladung -Radikalbildung beim Dopamin-abbau -Neuromelanin

Makropathologie der Substantia nigra

Normal Parkinson

Untergang der Neuronen und Neuronenbahnen von der Substantia nigra zum Corpus striatum

Schwarzfärbung durch Neuromelanin

Parkinson-Therapie

Parkinson-Therapieziele

Therapieziele relevant je nach Alter und Lebensumstände:

Therapie von motorischen, autonomen, kognitiven und kommunikativen sowie

psychiatrischen Symptomen der Erkrankung (Impairment)

Erhaltung der Selbstständigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens

Verhinderung/Verminderung von Pflegebedürftigkeit

Erhaltung der Selbständigkeit in Familie und Gesellschaft (soziale Kompetenz)

Erhaltung der Berufsfähigkeit

Erhalt/Wiedergewinnen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität

Vermeidung von sekundären orthopädischen und internistischen

Begleiterkrankungen

Verhinderung/Behandlung von motorischen und nicht motorischen Komplikationen

Vermeidung von dopaminergen Nebenwirkungen

• Dopaminagonisten • L-Dopa + Decarboxylasehemmer • L-Dopa + COMT-Inhibitor

Anticholinergika

NMDA-Rezeptor-antagonisten

MAO-B-Hemmer

Parkinson-Therapeutika im Überblick

Glutamat

GABA

Dopamin

Acetylcholin

Parkinson-Therapeutika im Überblick

Levodopa (L-Dopa): Dopaminvorstufe Carbidopa: L-Dopa-Decarboxylasehemmer Benserazid: L-Dopa-Decarboxylasehemmer Entacapon: Catecholamin-O-Methyltransferase-Hemmstoff Rasagilin: Irreversibler MAO-B-Hemmer Selegilin: Irreversibler MAO-B-Hemmer Bromocriptin: Dopamin-D2-Agonist (Ergot-Dopaminagonist) Pramipexol: Dopamin-D2-Agonist (Non-Ergot-Dopaminagonisten) Amantadin: NMDA-Rezeptorantagonist Biperiden: Anticholinergika

L-Dopa (Levodopa)

Levodopa (L-Dopa): Dopaminvorstufe + Carbidopa: L-Dopa-Decarboxylasehemmer Benserazid: L-Dopa-Decarboxylasehemmer

L-Dopa beim Morbus Parkinson

Generell: In der Monotherapie ist L-Dopa anderen Parkinson-Therapeutika überlegen. L-Dopa verzögert nicht die Progression der Erkrankung. Substanzen: L-DOPA + Decarboxylasehemmer (Benserazid, Carbidopa) Madopar®: L-Dopa + Benserazid (auch als Retard) Nacom®: L-Dopa + Cabidopa (auch als Retard) Intrajejunale L-Dopa-Infusionstherapie (Duodopa-Pumpe) Vorteil: Weniger Fluktuationen, Nachteil: Teuer, techn. anspruchsvoll Dosierung: Möglichst nicht über 1g/d (ab 500mg Kombinationstherapie) Kombinationen mit Dopaminagonisten, peripher-wirkendem COMT-Inhibitor (Entacapon) und/oder zentral-wirkendem MAO-B Inhibitor (Rasagilin, Selegilin) möglich. Wirkspektrum: Alle Parkinson-Symptome, weniger Tremor Indikationen: Bei vermindertem Ansprechen auf Dopaminagonisten, Patienten > 70 und/oder multimorbid

UAWs: Psychosen (Halluzinationen) Übelkeit (Dopamin-Effekt in der Area postrema) Orthostatische Regulationsstörungen Herzrhythmusstörungen Besonderheiten: Verbesserung von Lebensqualität und Lebenserwartung (vermindert krankheitsbedingte Komplikationen) Keine Neuroprotektion („Autotoxizitäts-Hypothese“) Wirkverlust - Dosissteigerungen Fluktuationen und Dyskinesien nach 3-5 Jahren

EOD= End of dose Akinese

L-Dopa beim Morbus Parkinson

Probleme der L-Dopa-Therapie

• Gute Wirksamkeit lässt nach ungefähr 3-5 Jahren nach

• Wirkungseinschränkung = verkürzte Wirkdauer und verringertes Wirkungsausmaß

– Verringerte Speicherkapazität für L-Dopa durch Progression des Untergangs dopaminerger Neurone

– Verzögerung durch Einsparen von L-Dopa mittels Kombinationstherapie möglich?

• Wirkungsfluktuationen = u.a. on/off-Phänomen

– Unregelmäßiger plötzlicher Wirkungsverlust mit abrupter Wirkungsrückkehr

– Pharmakokinetische Ursachen: keine ausreichend konstanten Dopaminlevel im Striatum

– Akut subkutane Gabe von Apomorphin (D2-Agonist) und dauerhaft prophylaktisch Domperidon (D2-Antagonist, geht nicht durch die Blut-Hirn-Schranke)

• Dyskinesien = abnorme, unfreiwillige Bewegungen

Apomorphin

Dopamin-Agonisten beim Morbus Parkinson

Generell: Wirkmechanismus vor allem am D2-Rezeptor Substanzen: Ergoline (Derivate von Mutterkornalkaloiden) Bromocriptin Lisurid, Pergolid Cabergolin nicht-Ergoline Pramipexol Ropinirol Rotigotin (transdermal) Wirkspektrum: Ähnlich wie Levodopa weniger Dyskinesien und Wirkungsfluktuationen durch längere Halbwertszeiten, aber auch weniger wirksam Kombination: L-Dopa-sparender Effekt und eine Besserung von L-Dopa assoziierten Fluktuationen UAW: Übelkeit, orthostatische Dysregulation, Ödeme und Psychosen Vermehrte Tagesmüdigkeit, Schlafattacken Herzklappen- und Lungenfibrosierung durch Affinität zum 5-HT2b- Rezeptor (nur Ergoline Agonisten, vor allem Pergolid und Cabergolin) Indikationen: Möglichst frühzeitig in Monotherapie (Patienten<70 Jahre), 1. Wahl sind nicht-ergoline Agonisten, später in Kombinationen

Dopamin-Agonisten beim Morbus Parkinson

Besonderheit: Das Auftreten von Impulskontrollstörungen: pathologische Spielsucht, pathologisches Kaufen, pathologisches Essverhalten und Hypersexualität Dosis-abhängig? Selten bei L-Dopa-Monotherapie Risikofaktoren: familiärer Substanzgebrauch, männliches Geschlecht, junges Alter bei Erkrankungsbeginn sowie psychiatrische Komorbidität Maßnahmen: Reduktion der Dosis Im Einzelfall atypische Neuroleptika oder SSRIs

COMT-Antagonisten beim Morbus Parkinson

Substanzen: Entacapon (wirkt nur 2 h, sehr kurze Plasmahalbwertszeit) Darreichung: Monopräparat und in fester Kombination mit L-Dopa und Carbidopa erhältlich Wirkspektrum: Periphere Hemmung des L-Dopa-Abbaus, Erhöhung des L- Dopa-Anteils, der ins ZNS gelangt UAWs: ähnlich denen der L-Dopa-Therapie allein, verstärkt L-Dopa UAW (Nausea, orthostatische Störungen, Halluzinationen,…) Indikationen: Nur in Kombination mit L-DOPA bei end-of-dose Fluktuationen

Entacapon

MAO-B-Hemmer beim Morbus Parkinson

Generell: MAO-B-Hemmer sind insbesondere im Frühstadium der Erkrankung symptomatisch und mild wirksam, keine MAO-B in dopaminergen Neuronen, daher Wirkung nicht direkt im Neuron Substanzen: Rasagilin, Selegilin Wirkspektrum: Irreversible Hemmung der MAO-B, soll Dopaminabbau im Striatum verzögern: Neuroprotektion, prophylaktische Wirkung möglich? UAWs: Verstärkung der UAW von L-DOPA Herzrhythmusstörungen Depressive Verstimmung Indikationen: nur leichte Anti-Parkinsonwirkung bei alleiniger Gabe, erlaubt in Kombination Levodopa zu reduzieren Bei end-of-dose Fluktuationen Besonderheit: Selegilin wird zu Amphetamin-Derivaten metabolisiert

NMDA-Antagonisten

Substanzen: Amantadin, Memantin Wirkspektrum: Nicht-kompetitive Hemmung der enthemmten exzitatorischen Glutamatwirkung UAWs: Übelkeit Schlafstörungen (Gabe vor 16 Uhr) Unruhe Indikationen: Monotherapie bei leichter Hypokinese, i.d.R. Kombination Akinetische Krise: intensivmedizinischer Notfall mit völliger Bewegungsunfähigkeit bei fortgeschrittenem Parkinson, schnell Exsikkose möglich, kann Stunden bis Tage dauern Ursachen: Flüssigkeitsmangel, Infektionen, Unterbrechung der Medikation, Antibiotika- oder Neuroleptikagabe Behandlung: Fiebersenkung, parenteral oder über Magensonde Elektrolytlösungen, Thromboseprophylaxe, sowie Amantadin i.v. oder Apomorphin s.c. oder L-Dopa per Nasensonde

Zentrale Anticholinergika beim Morbus Parkinson

Substanzen: Biperiden, Metixen Wirkspektrum: (Zentrale) m-Cholinozeptor-Antagonisten (stark lipophil) UAWs: Tachykardie Harnverhalt, Obstipation Auge (Mydriasis, Akkommodationsstörungen) Demenzprogression (KI: kognitive Störungen) Sedation, Unruhe, Desorientierung (mentale Konfusion) Indikationen: mäßiger Antiparkinsoneffekt, v.a. bei Tremor, Hyperhidrosis, Hypersalivation in Kombination

Metixen Biperiden

Probleme der L-Dopa-Therapie

Vor allem bei L-Dopa

Vor allem bei Dopamin-Agonisten

Unklar

ß-Blocker gegen Tremor: z. B. Propranolol Bradyphrenie: Verlangsamung des Denkens

Parkinson-Therapie

Die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick (Leitlinientherapie)

Parkinson Patienten unter 70 Jahren ohne wesentliche Komorbidität:

Therapieeinleitung der ersten Wahl ist die Monotherapie mit einem Non-Ergot-

Dopaminagonisten (z.B. Pramipexol). Bei unzureichender Wirkung einer Monotherapie oder

Unverträglichkeit bei effektiven therapeutischen Spiegeln mit Dopaminagonisten wird zur

weitergeführten Agonistentherapie eine Kombinationstherapie mit L-Dopa eingeleitet.

Parkinson Patienten über 70 Jahre oder multimorbide Patienten:

Therapieeinleitung der ersten Wahl ist die Monotherapie mit L-Dopa solange keine

Wirkungsfluktuationen oder andere Therapiekomplikationen auftreten.

Bei Patienten, die neu auf eine Therapie mit einem Ergot-Dopaminagonisten eingestellt

werden, ist eine kardiovaskuläre Untersuchung durch einen Kardiologen, einschließlich

transthorakaler Echokardiographie, durchzuführen. Hierdurch soll eine bereits vorbestehende

Herzklappenerkrankung ausgeschlossen werden.

Patienten unter einer Therapie mit Ergot-Dopaminagonisten sollten halbjährlich einer

körperlichen Untersuchung mit Auskultation des Herzens und der Lunge, jährlich einer

transthorakalen Echokardiographie unterzogen werden.

Neuroleptika = Antipsychotika

Organische Psychosen (primär oder sekundär, akut oder chronisch)

u.a. aufgrund von Hirnerkrankungen (Demenz, raumfordernde

Prozesse), Hirnverletzungen (Schädel-Hirn-Trauma), exogen

zugeführten Substanzen (Medikamente, Drogen).

Nichtorganische Psychosen:

Psychosen des schizophrenen Formenkreises

Affektive Psychosen (bipolare Störung und schwerste Depressionen)

Mischform der sogenannten schizo-affektiven Psychose

Psychosen

Schizophrene Psychosen

Verlaufsformen der schizophrene Psychosen

Positiv-Symptome (überwiegend im akuten Schub)

Formale Denkstörungen (äußern sich in der Sprache) Abreißen von Gedanken, Verlust des logischen und grammatikalischen Zusammenhangs,

Wortsalat "Als ich den Neumond sah, wusste ich, dass der russische Geheimdienst wieder sendet, weshalb auch

nicht? Die Leute haben ja kein Geld mehr, und, wenn sie Geld haben, können sie ihr Fahrrad nicht

gebrauchen, weil keine Luft mehr in Läden liegt."

Wahnvorstellungen Verfolgungswahn, Vergiftungswahn, Größenwahn, Abstammungswahn, Berufungswahn

Halluzinationen Akustische Halluzinationen, Körperhalluzinationen, Geschmacks- und

Geruchshalluzinationen und selten optische Halluzinationen

Ich-Störungen Gefühl der Fremdsteuerung, Filtern der Eindrücke eingeschränkt

Affektstörungen und Psychomotorische Störungen z.B. Inadäquate emotionale Reaktion,

z.B. Schreien, Grimassen schneiden

Symptomatik der schizophrenen Psychosen

Negativ-Symptome (zwischen den Schüben)

Völliger Verlust positiver Gefühle (Anhedonie)

Affektabflachung: z.B. Gefühlsleere oder Oberflächlichkeit

Antriebsverarmung

Verlust sozialer Kontakte

„Autismus“

Nicht gestört sind bei der Schizophrenie üblicherweise Gedächtnis,

Intelligenz, Bewusstsein und Orientierung.

Symptomatik der schizophrenen Psychosen

van Rossum 1966: „Die Schizophrenien könnten verursacht sein, durch die Überaktivität bestimmter

dopaminerger Bereiche des menschlichen Gehirns.“ Horn and Snyder 1971: „Die Blockaden der Dopaminrezeptoren bedingt eine antipsychotische Wirkung bei den

Schizophrenien.“ Davis et al. 1991 „Die Schizophrenien sind bedingt durch abnormal niedrige Dopaminaktivitäten im Bereich

des präfrontalen Cortex, welche Negativ-Symptome verursachen, was zu erhöhten Dopaminaktivitäten in den mesolimbischen Dopamin-Neuronen führt, wodurch die Positiv-Symptome verursacht werden.“

Die Dopamin-Hypothese

Die Dopaminhypothese ist aber nur ein Bestandteil der neurobiologischen Schizophreniekonzepte von heute.

D2-Rezeptor: (Wichtigster) Angriffspunkt der Neuroleptika

• Sofortige Rezeptorblockade, aber antipsychotische Wirkung manifestiert sich langsam:

• Initial vermehrte Dopaminfreisetzung durch Blockade von präsynaptischen D2-Autorezeptoren und Ausschaltung inhibitorischer Regelkreise, normalisiert sich im weiteren Verlauf wieder

• Im weiteren Therapieverlauf kommt daher die kompetitive Blockade postsynaptischer D2-Rezeptoren stärker zum Tragen und führt zu Adaptionsprozessen im ZNS: antipsychotische Wirkung!

D2-Rezeptor: Angriffspunkt der Neuroleptika

Positronenemissionstomographie: Markierung der D2-Rezeptoren mit 11C-Racloprid vor (A) sowie unterschiedlich lange nach (B: 3 h, C: 6 h, D: 27 h) Haloperidolgabe: reversibler Antagonismus durch Haloperidol

Neuroleptika Klassifikationen

1. Nach ihren Wirkung/Nebenwirkungen

Typische:

Weitgehend einseitigen Wirkung auf die Positiv-Symptomatik der

Schizophrenie → Vorwiegend Antagonisten des D2-Rezeptor

Atypische:

Seltener typische Nebenwirkungen der Neuroleptika, insbesondere

extrapyramidal-motorische Störungen (EPS) und Spätdyskinesien.

Breiteres Rezeptor-Spektrum

Verschiedene Rezeptor-Affinitäten der Neuroleptika

Amisulprid Vergleichbares Spektrum wie Haloperidol, trotzdem atypisch, da geringere EPMS. Mögliche Erklärung: Wirkung eher mesolimbisch als nigro-striatal?

Neuroleptika Klassifikationen

2. Nach ihrer Potenz

Niederpotente Neuroleptika (CPZi ≤ 1,0)

Mittelpotente Neuroleptika (CPZi = 1,0-10,0)

Hochpotente Neuroleptika (CPZi > 10,0)

CPZi = Chlorpromazin-Index

3. Nach ihrer chemischen Struktur

Trizyklische Neuroleptika (Phenothiazine und Thioxanthene)

Dibenzepine

Butyrophenone und Diphenylbutylpiperidine

Benzamide

Benzisoxazol-Derivate, andere Stoffe

Alkaloide (Reserpin)

Wirkstoff Chemische

Klasse

Typisch/

Atypisch

Potenz

np/mp/hp-

CPZi

Sonstiges

Promethazin Phenothiazin np 0,5 Anti-histaminerge

Wirkung

Levomepromazin Phenothiazin Typisch np 0,5

Fluphenazin Phenothiazin Typisch

hp 40 Erstes Depot-

Neuroleptikum

(i.m.)

Haloperidol Butyrophenon Typisch hp 50

Clozapin Dibenzepin Atypisch np 1

Olanzapin Dibenzepin Atypisch hp 50

Risperidon

Benzisoxazol-

Derivat

Atypisch

hp 50

Einige ausgewählte Neuroleptika

Haloperidol

Promethazin

Fluphenazin

Mesolimbisch-mesokortikal

Nigro-striatal

Tubero-infundibulär

Angriffspunkte von Neuroleptika

D2-Rezeptor-Antagonismus der meisten Neuroleptika

D2-Hemmung verursacht extrapyramidal-

motorische Störungen

D2-Hemmung führt zur gewollten antipsychotischen Wirkung

Insbesondere eine Unterdrückung der Positiv-Symptome findet statt.

Freisetzung von Prolaktin: Galaktorrhoe, Gynäkomastie

Area postrema: antiemetisch Hypothalamus: Hypothermie

Mesolimbisch-mesokortikal

Nigro-striatal

Tubero-infundibulär

Besonderheit des atypischen NL Aripiprazol

Aripiprazol: Partieller Agonist am D2-Rezeptor

Aripiprazol vermindert extrapyramidal-

motorische Störungen

Aripiprazol hemmt mesolimbisch D2-Rezeptoren

Hemmung der Positiv-Symptome Aripiprazol aktiviert mesokortikal D2-

Rezeptoren Hemmung der Negativ-Symptome

Keine gesteigerte Prolaktinfreisetzung

Aripipazol

Blockade Klinisches Korrelat

D4 Negativsymptome einer Schizophrenie, Fehlen von extrapyramidal-

motorischen Symptomen (Clozapin)

5HT2A Antipsychotische Wirkung und Besserung der Negativsymptomatik,

Milderung von EPS

5HT2C Appetit und Gewichtszunahme, Abnahme des induzierten Prolaktin

Anstieges

H1 Sedierung, Gewichtszunahme, Erniedrigung der Krampfschwelle

1 Hypotonie, orthostatische Dysregulation,

Aktivierung Klinisches Korrelat

5HT1A Agonismus wirkt antidepressiv (Aripiprazol)

Weitere Angriffspunkte von Neuroleptika

Blockade von Klinisches Korrelat

Muskarinrezeptoren

ZNS Verminderung von EPMS, pharmakogenes Delir

Autonomes Nervens. Vegetative Nebenwirkungen, (Obstipation, Harnverhalt...)

M4-Rezeptoren Hypersalivation bei Clozapin

Weitere Angriffspunkte von Neuroleptika

Syndrom Verhältnis

Männer/Frauen

Häufigkeit des Auftretens

(Manifestationszeit) Therapie

Frühdyskinesie („Schnauzkrampf“)

2:1 erste 5 Tage ca. 5%

Muscarinrezeptor- Antagonisten

Parkinsonoid 1:2 erste 72 Tage ca. 20%

Muscarinrezeptor- Antagonisten

Akathisie („Unmöglichkeit still zu sitzen“)

1:2 erste 70 Tage ca. 25%

Dosisreduktion und Umsetzen auf ein anderes NL, zusätzlich Propranolol, BZD, Muscarinrezeptor-Antagonist, Antidepressiva (Mirtazapin)

Spätdyskinesie 1:1,7 erste 3 Jahre ca. 20%

Ausschleichende Therapie (über Wochen-Monate), Umstellen auf Clozapin, zusätzlich z.B. Tiaprid (typ. NL)

Malignes Neuroleptisches Syndrom

erste 2 Wochen ca. 0,07-0,5%

Absetzen und intensivmedizinische Maßnahmen, Dantrolen, Bromocriptin, Amntadin, Lorazepam

Wichtigste Nebenwirkungen klassischer Neuroleptika

• Wahrscheinlichkeit: ca.0,02-0,5%

• Beginn: 1.-2. Woche, entwickelt sich über 1-3 Tage

• Risikofaktoren: hochpotente NL Lithium-Komedikation, junge Männer

• Symptome: Rigor/Akinesie, Bewußtseinsstörung, autonome Funktionsstörung (Fieber, Tachykardie, labiler RR, Tachypnoe, Hyperhidrosis,Harninkontinenz), CK-Erhöhung, Leukozytose, Transaminasenanstieg, renale Komplikationen, Letalität 20%

• Therapie: Absetzen des NL, Kühlung, Flüssigkeitszufuhr, Intensivüberwachung, Dantrolen, Amantadin, Bromocriptin

Malignes neuroleptisches Syndrom

++ häufig und/oder besonders zu beachten + selten/gelegentlich und/oder im Allgemeinen nur in leichter Ausprägung (+) sehr selten Ø kein erhöhtes Risiko ? unzureichende Daten

Dtsch Arztebl 2004; 101(48): A-3270 / B-2772 / C-2626

Wichtigste Nebenwirkungen atypischer Neuroleptika

Atypische Neuroleptika • Haben andere Rezeptorinteraktionsprofile als klassische Neuroleptika:

• Clozapin: schwacher D2-Antagonist, stärkerer D4- und 5-HT2A-

Antagonist, stark sedierend & anti-cholinerg, keine EPS

(z. B. Spätdyskinesien), PROBLEM: Agranulocytose

• Olanzapin: starker 5-HT2A- u. D2-Antagonist, deutliche vegetative

Begleitwirkungen; starke Gewichtszunahme, EPS bei

höheren Dosen

• Risperidon: starker 5-HT2A-Antagonist (5-HT2A > a1 > D2 > H1), nicht-

anticholinerg), Gewichtszunahme, EPS in hohen Dosen !!!

• Aripiprazol: Partialagonist an D2-Rezeptoren, in Gegenwart von Dopamin

antagonistische Wirkung, ohne Dopamin agonistischer Effekt

• Amisulprid: selektiver D2/D3-Antagonismus

Clozapin - Agranulocytose

Behandlungsdauer (Wochen)

Agr

anu

lozy

tose

-Fäl

le/1

00

00

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 0

20

40

60

80

100

120

160

140

Kontrollierte Anwendung in den ersten 18 Wochen einmal pro

Woche Blutbildkontrolle; danach einmal pro Monat

Daher: Clozapin ist nur unter sehr strenger Indikationsstellung bei therapieresistenten Psychosen indiziert.

Clozapin

Pharmakokinetik der Neuroleptika

• Pharmakokinetik durch Lipophilie bestimmt:

– Gute Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt

– Plasmaproteinbindung > 90%

– Hepatische Metabolisierung:

• ausgeprägter first-pass Effekt

• Halbwertszeiten 15-35 h

Depotformulierungen:

i. m. Applikation von Fettsäureestern der Neuroleptika in Öl, langsame Freisetzung aus dem Depot, Spaltung im Blut, z.B. Haloperidoldecanoat: 2-4 Wochen

Einbettung in Mikrosphärenpartikel, die langsam zerfallen, z.B. Risperidon (Risperdal consta): 2 Wochen

Symptome einer Schizophrenie Wirkqualitäten von Neuroleptika

1. Beseitigung oder Abschwächung produktiver psychotischer Symptome (+)

- Denkstörungen - Wahnideen - Halluzinationen

2. Abschwächung von Negativsymptomen schizophrener Erkrankungen (-)

- Verarmung der Sprache - affektive Verflachung - sozialer Rückzug - Apathie

3. Sedierung

- psychomotorische Erregungszustände - affektive Spannung

Alle Neuroleptika, besonders hoch-potente klassische Neuroleptika

Generell schlechteres Ansprechen, atypische Neuroleptika besser wirksam als klassische Neuroleptika?

Niedrig-potente klassische sowie einige atypische NL (oder hoch-potente NL plus Benzodiazepine)

Atypische Neuroleptika

Substanz Vorteile Nachteile

Clozapin Praktisch keine EPMS; Wirkung gegen Negativsymptome; in 30-60% Wirksamkeit bei therapieresistenten Schizophrenien

Gefahr der Agranulozytose; Sedierung und vegetative UAW sehr häufig; starke Gewichtszunahme

Olanzapin EPMS bei niedriger und mittelhoher Dosierung selten; Wirkung gegen Negativsymptome

Ausgeprägte Gewichtszunahme; Erhöhung der Lipide im Blut

Risperidon EPMS bei Dosen < 4mg selten; Wirkung gegen Negativsymptome; Depotformulierungen verfügbar

Blutdruckabfall möglich

Olanzapin Risperidon