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Modernisierung. Projekt und Paradox. (Kapitel 1-3) Hans van der Loo/Willem van Reijen, Modernisierung. Projekt und Paradox, München, Deutscher Taschenbuch- Verlag 1992 Manuela LANDLER . Maria MOSBACHER . Markus SAMMER

Modernisierung. Projekt und Paradox. (Kapitel 1-3) Hans van der Loo/Willem van Reijen, Modernisierung. Projekt und Paradox, München, Deutscher Taschenbuch-Verlag

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Modernisierung. Projekt und Paradox.

(Kapitel 1-3)

Hans van der Loo/Willem van Reijen, Modernisierung. Projekt und Paradox, München,

Deutscher Taschenbuch-Verlag 1992

Manuela LANDLER . Maria MOSBACHER . Markus SAMMER

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Kapitel 1 (S. 11-47)

Modernisierung als Konzept

© North Carolina State University

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Phänomen Modernisierung

• Allgemein: Medien, Produkte, Lebensstile, Musik, Sprachgebrauch etc.

• In Sozialwissenschaften: bestimmter, genau umschriebener historischer Entwicklungsgang der (westlichen) Gesellschaft.

• Konglomerat an Umwandlungsprozessen

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Bausteine des Modernisierungsdenken

• Französische und industrielle Revolution - Veränderungen• Intellektuelle des 18./19. Jh.: TURGOT, CONDORCET, COMTE, SAINT-

SIMON• Konstruktion polarer Typen, Einst/Jetzt

• F. TOENNIES, Gemeinschaft und Gesellschaft, 1887Gemeinschaft: Gefühle, Beziehungen um ihrer selbst willen, Vergangenheit/Tradition zentrale Rolle, Determinierung mit GeburtGesellschaft: man tritt ihr bei, Zukunft ist bestimmend, ruheloses ZusammenlebenÜbergang Gemeinschaft zu Gesellschaft = Modernisierung

• É. Durkheim: organ./mechan. Solidarität• G. Simmel: Prozess der strukturellen Differenzierung, Individualisierung• M. Weber: Rationalisierung (Entzauberung der Welt, Mittel-Zweck-

Beziehung)• K. Marx: radikale Neugestaltung sozialer Verhältnisse

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Einwände gegen das Modernisierungs-denken der Klassiker des 19. Jh. (I)

• nicht berücksichtigt: ■ unterschiedliche Ergebnisse,■ dass soziale Wirklichkeit aus traditionellen UND modernen Elementen besteht.

• EvolutionsgedankeRangordnung, HöherentwicklungModernisierung nimmt keinen linearen Verlauf!

• Modernisierung als totale EntwicklungAnschein, Modernisierung finde als Gesamtprozess statt

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Einwände gegen das Modernisierungs-denken der Klassiker des 19. Jh. (II)

• 3. Harmonischer Charakter M. WEBER: einerseits befreie Prozess der Rationalisierung den Menschen von Magie/Mythos, andererseits wird er zugleich gefesselt u. eingepfercht

• 4. Monokausale Erklärungenein Muss: von multikausalen Erklärungen ausgehenwenn X Einfluss hat auf Y, so beeinflusst Y auch X

• 5. Struktur und Aktor nicht über Köpfe der Menschen hinweg: Mensch ist kulturproduzierendes Wesen

• 6. Distanz und Beteiligungrichtet sich gegen abstrakten und allgemeinen Charakter vieler Theorien

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Handlungsfeld

Struktur

Person

Kultur

Natur

Abb.1 Allgemeines Handlungsschema: nach Parsons (1975, 1985), Adriaansens (1981)

Handlungsfeld

Differenzierung

Individualisierung

Rationalisierung

Domestizierung

Abb.2 Handlungsschema der Modernisierung

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4 Paradoxe der Modernisierung

• Differenzierung: Maßstabvergrößerung - Maßstabverkleinerung

• Rationalisierung: Pluralisierung - Generalisierung

• Individualisierung: Verselbständigung - Abhängigkeit

• Domestizierung: Dekonditionierung –Konditionierung

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Kapitel 2 (S. 48-89)

Im Banne der Modernisierung

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Modernisierung aus 4 Perspektiven

• strukturelle Veränderungen

• kulturelle Veränderungen

• Veränderungen in der Persönlichkeit des Menschen

• Veränderungen im Verhältnis zur Natur

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strukturelle Veränderungen

• Verstädterung: Entstehung politisch autonomer Städte

• zunehmende Bedeutung von Handel und Kaufmann

• Staatenbildung: Monopolisierung von Gewaltausübung und Steuererhebung

• Bürgertum, Lösung aus traditionellen Bindungen

• -> individuelle Freiheit

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kulturelle Veränderungen

• Allgemeines Menschliches Muster (AMM)

• nur in Europa Abweichung vom AMM

• Renaissance, Reformation, Aufklärung

• Mensch rückt in den Mittelpunkt

• neues Menschenbild: aktives Gestalten der Umwelt

• Rationalismus

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Veränderungen in der Persönlichkeit

• ab Spätmittelalter verändern sich Umgangsformen und Gefühlsausdruck (Elias)

• damit verbunden ändern sich auch Verhalten und Wahrnehmung

• Bsp. Malerei• neu: Distanz zur Umgebung• Trennung von sinnlicher Erfahrung und

Erkenntnis

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physische Veränderungen

• zunehmende Beherrschung der natürlichen Umwelt

• Techn. Fortschritt wird gefördert durch geographische Bedingungen in Europa

• Bevölkerungswachstum

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Gegenströmungen• Modernisierung ist ambivalent

• Befreiungsdiskurs vs. Disziplinierungsdiskurs

• Modernisierung ist nicht linearer Fortschritt

• ist begleitet von Rückschlägen und

• Gegenbewegungen

• 18./19. Jh: Konservativismus, Romantik (Bsp. Rousseau, Zurück zur Natur)

• heute bedeutend: Fundamentalismus

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Kapitel 3 (S. 90 -131)

Differenzierung

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Merkmale sozialer moderner Beziehungen

• komplex: es bilden sich vielgestaltige soziale Netzwerke

• distanziertin geographischer Hinsicht, dank moderner Verkehrs- und Kommunikationsmittel und in sozialer Hinsicht, in Form flüchtiger abstrakter Kontakte. (Bsp. bürokratische Organisationen)

• veränderlichmit jeder Veränderung im Lebenslauf verändern sich soziale Netzwerke

• Diese Veränderungen in den sozialen Netzwerken hängen eng mit dem Prozess der strukturellen Differenzierung zusammen.

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Aspekte von Differenzierung

• Arbeitsteilung und Solidarität

• Differenzierung und soziale Stratifizierung

• Differenzierung und Selbstbeherrschung

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ad.1) Arbeitsteilung und Solidarität• Durkheim: mechanische =>organische Solidarität, Es gibt aber auch

Individualisierung und Desintegration. Ursache: Bindungen werden leichter eingegangen und schneller wieder aufgelöst. Zu wenig Verankerung in der Tradition => geringes Kollektivbewusstsein => Anomie.

• Weber: sah den Menschen von Verfremdung bedroht, dessen Zukunft im „eisernen Käfig“ liegt.

• Luhmann: Systeme sehen sich einer komplexen Umwelt gegenüber => Reduktion von Komplexität ist notwendig.

• Habermas: kritisiert an Luhmann, dass er die fundamentale Rolle der Sprache auf den Austausch von Information reduziert.

• Münch: Die Subsysteme, Ökonomie, Politik und das sozial-kulturelle System sind vielfach miteinander verwoben. =Interpenetrationsgesellschaft, Kommunikationsgesellschaft

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ad. 2) Differenzierung und soziale Stratifizierung

• In modernen Gesellschaften gibt es ein offenes System mit Auf- und Abstiegen auf der sozialen Leiter. Nicht mehr die Herkunft sondern die erworbene Position ist relevant. (wirtschaftliche Kriterien)

• Marx: Besitz der Produktionsmittel ist der wichtigste Faktor in der Stratifizierung. =>Klassen der Besitzenden und Nicht-Besitzenden.

• Weber: Neben Besitz ist noch die Marktposition, die Gruppen und Individuen einnehmen, für Klassifizierung wichtig =>4 Klassen und Stände die auf kulturellen Unterschieden beruhen.

• Im modernen Versorgungsstaat nimmt die Bedeutung von Klassen und Ständen immer mehr ab. „Lifestyle Gruppen“ entstehen. Die Masse kopiert Verhaltens- und Umgangsformen die früher nur der Elite vorbehalten waren. Diese Imitation führt zum Drang nach Distinktion, vor allem im Bereich Freizeit und Konsum.

• Tocqueville: Demokratisierungsprozess: Existenzbedingungen werden als veränderliche und veränderbare Größe gesehen. => Konkurrenzkampf zwischen den Individuen um Einkünfte, Macht und Prestige.

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ad. 3) Differenzierung und Selbstbeherrschung

• Lt. Elias sind Menschen besser imstande ihre Emotionen im Zaum zu halten, je komplizierter die soziale Struktur infolge fortschreitender Differenzierung ist, weil sie sich ihrer gegenseitigen Abhängigkeit bewusst sind. Fremdzwang => SelbstzwangModerne Menschen sind vorsichtiger, zurückhaltender und reservierter. Im Laufe dieses Jahrhunderts zeichnet sich aber auch eine Gegenbewegung ab. In diesen Tendenzen sehen Schüler von Elias keine Ent-Zivilisierung, da der Selbstzwang stark genug im modernen Menschen verankert ist. Kritiker sehen bei einigen Bewegungen doch bewusstes, unzivilisiertes, grobes Verhalten, vorerst aus Protest und später als selbstverständliche Lebensweise.

• Der Wunsch nach Authentizität: Je mehr den Menschen bewusst wurde, wie sehr sie ihre Emotionen kontrollieren und regulieren, umso stärker wurde das Verlangen nicht immer den Kopf zu benutzen sondern auch Gefühle sprechen zu lassen.