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Medikamente Info Basisinformationen

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MedikamenteInfo

Basisinformationen

Impressum

Herausgeber

Deutsche Hauptstellefür Suchtfragen e. V.Postfach 13 6959003 HammTel. 0 23 81/90 15-0Fax 0 23 81/90 15-30E-Mail: [email protected]: www.dhs.de

Konzeption und TextKarin Mohn, Dortmund

RedaktionChrista Merfert-Diete

Gestaltung[designbüro], Münster

DruckSchreckhase, Spangenberg

Auflage4.50.11.09

Best. Nr.33230003

Diese Broschüre wird von der DHS undder BZgA kostenlos abgegeben. Sie istnicht zum Weiterverkauf durch dieEmpfängerin/den Empfänger oder Drittebestimmt.

Gefördert von der Bundeszentrale fürgesundheitliche Aufklärung (BZgA)

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Inhalt

2 medicamentum (lat. Heilmittel)4 Gebrauch, Missbrauch, Abhängigkeit6 Aktuelle Zahlen8 Nebenwirkung Sucht

10 Schlaf- und Beruhigungsmittel• Benzodiazepine• Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon

16 Anregungsmittel18 Schmerzmittel

• Peripher wirksame Analgetika• Zentral wirksame Analgetika

24 Missbrauch anderer Arzneimittel26 Psychopharmaka28 Schwangerschaft und Stillzeit30 Kinder und Jugendliche32 Frauen und Männer34 Ältere Menschen36 Straßenverkehr und Beruf38 Doping40 Arzneimittelmarkt42 Arzneimittelsicherheit44 Information, Rat und Hilfe46 Die DHS

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mDer Begriff Arzneimittel umfasst sowohl Medikamente,als auch Mittel zur Diagnose von Erkrankungen (z. B. Kon-trastmittel) oder zum Ersetzen von Körperflüssigkeiten (z. B.Blutpräparate) oder Impfstoffe. Medikamente dienen derHeilung, Vorbeugung oder Linderung von Krankheiten.Neben dem unbestreitbaren und oft auch lebensrettendenNutzen können Medikamente jedoch auch schaden, wiees das verkürzte Zitat »Die Dosis macht das Gift« nachParacelsus zum Ausdruck bringt.

Anzeichen für die Verwendung von Arzneimitteln lassensich bis in die Frühgeschichte der Menschheit zurückver-folgen. Pflanzliche, tierische und mineralische Stoffe wurden als Medikamente verwendet und ihre Wirkungenund Anwendungsgebiete im Laufe von Jahrhundertennicht nur von Heilkundigen untersucht und beschrieben,sondern auch im Rahmen der Volksheilkunde überliefert.Berauschende und schmerzlindernde Stoffe fanden immedizinischen und im religiösen Rahmen Anwendung,waren aber seit jeher auch ohne heilenden oder heiligenHintergrund beliebt.

Die systematische Untersuchung der chemischen Inhalts-stoffe von Pflanzen führte 1806 zur Entdeckung desSchmerzmittels Morphin. Durch das Isolieren einzelnerWirkstoffe wurde es möglich, Arzneimittel mit gleichblei-bendem Wirkstoffgehalt zu erstellen und deren Wirkunggenauer zu untersuchen. Die Beobachtung der Sucht -gefahr von Morphin führte zu weiteren Bemühungen beider Entwicklung neuer entsprechender Medikamente. So hat auch das heute verbotene Heroin seine Karriere1898 als Medikament begonnen.

In der Gegenwart werden Arzneimittelwirkstoffe über-wiegend synthetisch hergestellt. Die Entwicklung undindustrielle Produktion von Medikamenten stellen einenbedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. In Deutschland sindzurzeit rund 50 000 verschiedene Arzneimittel im Handel.Viele besitzen neben ihrer erwünschten Wirkung unter-schiedliche unerwünschte »Nebenwirkungen«. Von allen verordneten Medikamenten besitzen etwa 4-5 %ein eigenes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial.Mit geschätzten 1,4 Millionen Menschen gibt es inDeutschland fast ebenso viele Medikamentenabhängigewie Alkoholabhängige.

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medicamentum(lat. Heilmittel)

Medikamente dienen der Vorbeugung,Linderung oder Heilung von Krankheiten.

Bei der Anwendung von Medikamentenkönnen unterschiedliche, uner wünsch te»Nebenwirkungen« auftreten.

Etwa 4-5 % aller verordneten Medika-mente besitzen ein eigenes Miss -brauchs- oder Abhängigkeitspotenzial.

Die Risiken der Arzneimittelabhängig-keit bedürfen ebenso großer Aufmerk-samkeit wie die der Abhängigkeit vonAlkohol und illegalen Drogen.

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hg.): Jahrbuch SuchtGeesthacht: Neuland, erscheint jährlich

Drogenbeauftragte der Bundesregierung: Aktionsplan Drogen und SuchtBundesministerium für Gesundheitwww.bmg.bund.de

Wolf-Dieter Müller-Jahncke, Christoph Friedrich, Ulrich Meyer:Arzneimittelgeschichte2., überarb. und erw. AuflageStuttgart: Wiss. Verl.-Ges., 2005

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Ein sinnvoller Gebrauch von Medikamenten setzt in derRegel eine sorgfältige Diagnose sowie eine Planung undKontrolle der Behandlung voraus. Die Verordnung vonMedikamenten mit Abhängigkeitspotenzial steht inZusammenhang mit unterschiedlichen Beschwerden undErkrankungen.

Von Missbrauch spricht man in diesem Zusammenhang,wenn Medikamente zum Erreichen eines bestimmtenBefindens funktionalisiert werden, ohne dass eine ent-sprechende Indikation vorliegt oder wenn die Mittel inunangemessen hoher Dosierung und länger als notwen-dig eingenommen werden.

Die Diagnose der Medikamentenabhängigkeit orientiertsich an der ICD 10 (International Classification of Diseasesand Related Health Problems, 10. Revision), einem inter-national anerkannten Klassifikationssystem für Krank-heiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Praxis zeigt sich allerdings, dass dieses Diagnose -system bestimmte Formen der Abhängigkeit von Arznei-mitteln nicht ausreichend erfasst. Dazu gehört die Niedrigdosisabhängigkeit (low-dose-dependency) vonBenzodiazepinen. Schlaf- und Beruhigungsmittel aus derFamilie der Benzodiazepine werden oft jahrelang ingleich bleibender, ärztlich verordneter Menge eingenom-men, ohne die Dosis zu steigern.

Ein Absetzen der Medikamente gelingt schwer, da dieauftretenden Entzugserscheinungen als erneutes Auftretender Ausgangsbeschwerden gedeutet werden. Bei denPatientinnen und Patienten ist ein Problembewusstseinin Richtung einer möglichen Abhängigkeit normaler-weise selten vorhanden. Der Drang zum fortgesetztenKonsum wird gegenüber den behandelnden Ärztinnenoder Ärzten oft nicht geäußert und erst beim Absetzendes Medikamentes deutlich.

In der Praxis wird Medikamentenabhängigkeit häufigauch erst in einem sehr späten Stadium der Erkrankungoder bei polyvalentem Konsum (d.h. gleichzeitig oder imWechsel mit Alkohol oder anderen Drogen) erkannt.

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Gebrauch, Missbrauch,AbhängigkeitDie Diagnose der Abhängigkeit von suchterzeugen-den Substanzen nach ICD 10 kann gestellt werden,wenn während der letzten zwölf Monate drei odermehr der sechs folgenden Kriterien gleichzeitigerfüllt waren:

1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, eine psychotrope Substanz zu konsumieren.

2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Be -ginns, der Beendigung und der Menge des Konsums.

3. Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigungoder Reduktion des Konsums, mit substanz spezi fi -schen Entzugssymptomen oder Ersatzkons um, umEntzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden.

4. Wirkungsverlust und Toleranzentwicklung, sodass höhere Mengen erforderlich sind, um dieursprüngliche Wirkung hervorzurufen.

5. Vernachlässigung anderer Interessen zugunstendes Substanzkonsums wegen erhöhtem Zeitauf-wand, um die Substanz zu beschaffen, zu konsu-mieren oder sich von den Folgen zu erholen.

6. Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweiseseindeutiger schädlicher Folgen.

Die Diagnose der Medikamentenabhängigkeit istwegen unterschiedlicher Konsummuster undAbhängigkeitsverläufe schwierig. Ein Teil der Abhän-gigkeiten bewegt sich im Rahmen der ärztlichen Verordnung (Niedrigdosis-Abhängigkeit) und wirderst beim Absetzen des Medikamentes deutlich. Von Medikamentenmissbrauch spricht man, wenn Arzneimittel ohne Indikation zum Erzeugenbestimm ter Zustände oder Befindlichkeiten einge-setzt werden.

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In Deutschland sind schätzungsweise etwa 1,4 Millionender 18-59-jährigen Bevölkerung abhängig von Medika-menten mit Suchtpotenzial.

Nach den aktuellen Ergebnissen der »Repräsentativerhe-bung zum Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland« nehmenFrauen weitaus öfter mindestens einmal pro WocheMedikamente ein als Männer. Während 19,1 % derFrauen mindestens einmal wöchentlich ein Medikamentmit Suchtpotenzial zu sich nehmen, sind es bei Männernnur 14,5 %.

Die Konsumrate steigt außerdem mit zunehmendemAlter. Sind es bei den 18-20-Jährigen noch 10,6 % Personenmit wöchentlichem Konsum von Medikamenten mitSuchtpotenzial, so sind es bei den 50-59-Jährigen etwadoppelt so viele (21,3 %).

In der Befragung wurden außerdem Anzeichen für einenproblematischen Medikamentengebrauch erfasst. Hierzudiente ein Zusatzfragebogen mit Aussagen wie »Andereglauben, dass ich Probleme mit Medikamenten habe«oder »Die Wirkung meiner Medikamente ist nicht mehrso wie am Anfang«. Auch Personen, die nicht die Kriterieneiner Abhängigkeit vollständig erfüllen, sollten soerkannt werden. Die Befragung zeigt einen Anstieg desproblematischen Gebrauchs von Medikamenten von 4,3 % im Jahr 2003 auf 4,7 % im Jahr 2006.

Sowohl die Gruppe der Frauen als auch die Gruppe derÄlteren insgesamt sind vom Problem des problematischenMedikamentengebrauchs am deutlichsten betroffen.Frauen zeigen mit 5,4 % einen Vorsprung gegenüberMännern mit 3,5 %. Insgesamt gilt: Bei fast jedem neunten der 50-59-Jährigen liegt ein problematischerMedikamentengebrauch vor.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Selbstmedikationüber Internetapotheken und andere Anbieter im Internetist mit einem Anstieg des problematischen Gebrauchsvon Medikamenten zu rechnen.

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Aktuelle Zahlen

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Problematischer Medikamentengebrauch

30-Tage-Prävalenz der mindestens einmaligenwöchentlichen Medikamenteneinnahme

Kraus Ludwig (Gastherausgeber):Epidemiologischer Suchtsurvey 2006.Repräsentativerhebung zum Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in DeutschlandZeitschrift SUCHT, Sonderheft 1, 2008

Geschlecht Altersgruppen

Gesamt Männer Frauen 18-20 21-24 25-29 30-39 40-49 50-59 60-64

16,8 14,5 19,1 10,6 12,1 12,5 14,0 16,6 21,3 24,5

Geschlecht Altersgruppen

Gesamt Männer Frauen 18-20 21-24 25-29 30-39 40-49 50-59 60-64

4,7 4,0 5,6 3,7 3,5 2,6 3,9 4,7 5,9 8,4

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In Deutschland sind zurzeit rund 50 000 verschiedeneArzneimittel im Handel. Von allen verordneten Arznei-mitteln besitzen etwa 4-5 % ein eigenes Missbrauchs-und Abhängigkeitspotenzial. Bei sachgerechter Verord-nung und Anwendung wird das Risiko eines Missbrauchsoder einer Abhängigkeitsentwicklung als gering angesehen. Geschätzte 30-35 % der Medikamente mitMissbrauchs- oder Abhängigkeitspotenzial werden abernicht wegen akuter medizinischer Probleme, sondernlangfristig zur Suchterhaltung und Vermeidung von Ent-zugserscheinungen verordnet.

Die verschiedenen Medikamentengruppen sowie Einzel-präparate unterscheiden sich durch ihre Indikationen,erwünschte und unerwünschte Wirkungen, das jeweiligeMissbrauchs- bzw. Abhängigkeitspotenzial und durch die spezifischen Entzugserscheinungen. Die hinsichtlich ihrer Verbreitung wichtigsten Medikamente gehören zu den Gruppen der Schlaf- und Beruhigungsmittel (Hypnotika/Sedativa und Tranquillantien > Seite 10). Weitere wichtige Gruppen sind die Anregungsmittel undAppetitzügler (Stimulanzien > Seite 16) und die Schmerz-und Betäubungsmittel (peripher und zentral wirksameAnalgetika > Seite 18).

Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Medikamente,die häufig ohne entsprechende Indikation, zu lange oderin zu hoher Dosis gebraucht werden (> Seite 24).

Die zu den Psychopharmaka gehörenden Antidepressivaund Neuroleptika besitzen ein geringes eigenständigesAbhängigkeitspotenzial. Aufgrund ihrer steigenden Verordnungsraten – vermutlich als Alternative zu denSchlaf- und Beruhigungsmitteln – werden sie in diesemZusammenhang vorgestellt (> Seite 26).

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Nebenwirkung SuchtVon allen in Deutschland verordneten Arzneimittelnbesitzen etwa 4-5 % ein eigenes Missbrauchs- undAbhängigkeitspotenzial.

Die wichtigsten Medikamente mit Miss brauchs-bzw. Abhängigkeitspotenzial gehören zu den Gruppender Schlaf- und Beruhigungsmittel, der Anregungs-mittel sowie der Schmerz- und Betäubungsmittel.

Antidepressiva und Neuroleptika besitzen nur eingeringes stoffbezogenes Abhängigkeitspotenzial.Ihre zunehmende Verordnung als Ersatz fürbestimmte Schlaf- und Beruhigungsmittel ist jedochkritisch zu betrachten.

Wolfgang Poser, Siegrid Poser:Medikamente – Missbrauch und AbhängigkeitEntstehung – Verlauf – BehandlungStuttgart: Thieme, 1996

Gerd Glaeske, Judith Günther, Sabine Keller:Nebenwirkung SuchtMünchen: Kunstmann, 1997

Ulrich Schwabe, Dieter Paffrath (Hrsg.)Arzneiverordnungsreport (erscheint jährlich)Berlin; Heidelberg: Springer

Weitere Angaben zu Verordnungstrends in dieserBroschüre beziehen sich, falls nicht anders angege-ben, auf die entsprechenden Kapitel im Arzneiver-ordnungsreport.

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Im Jahr 2007 wurden in Deutschland 29,5 MillionenPackungen Schlaf- und Beruhigungsmittel verkauft.Dabei handelte es sich vor allem um Benzodiazepine undbenzodiazepinähnliche Wirkstoffe sowie zu 40 % umpflanzliche Extrakte aus Baldrian, Hopfen oder Passionsblumen. Die Verordnungen sind seit 1992 um 55 % zurückgegangen. Betroffen sind fast alle Gruppen(Benzodiazepine, pflanzliche und homöopathischeSchlafmittel), nicht jedoch die neueren benzodiazepin -ähnlichen Wirkstoffe Zolpidem und Zopiclon. Darüberhinaus werden weitere Substanzen als Schlafmittel eingesetzt. Nur zwei davon finden sich unter den 3000verordnungshäufigsten Arzneimitteln: Chloralhydrat unddas Antihistaminikum Doxylamin.

Im Rahmen des Bundes-Gesundheitssurvey 1998 wurdeder Arzneimittelkonsum im Zusammenhang mit denjeweiligen Indikationen ausgewertet. Für die Gruppe derbenzodiazepin- und/oder barbitursäurehaltigen Mittel wurde festgestellt, dass in über 80 % der Fälle dieentsprechenden Medikamente drei Monate und längerangewendet wurden. Mit steigender Anwendungsdauersteigt auch das Risiko einer Abhängigkeit.

Bei den Indikationen fällt auf, dass ebenfalls in über 80 % der Fälle die Diagnosen in die Kategorie »Symptome,Zeichen und ungenau bezeichnete Zustände« eingeordnetwurden. Hierunter fielen zu etwa 50 % Schlafstörungensowie zu 25 % Erregung, Spannungszustände, innereUnruhe und Nervosität. Angesichts des hohen Risikoseiner Medikamentenabhängigkeit sollten sowohl alter-native Medikamente, als auch psychoedukative Maß -nahmen und Entspannungsverfahren stärker als bisher indie Behandlung einbezogen werden.

Im Hinblick auf Abhängigkeitsrisiken sind vor allemSchlaf- und Beruhigungsmittel aus der Benzodiazepin-Familie (> Seite 12) von Bedeutung. Die zunehmendersatzweise verschriebenen, benzodiazepinähnlichenWirkstoffe Zolpidem und Zopiclon (> Seite 14) besitzen ein geringeres Abhängigkeitspotenzial, werden aber dennoch kritisch diskutiert.

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Schlaf- und Beruhigungsmittel(Hypnotika, Sedativa und Tranquillantien)

Hypnotika dienen der symptomati-schen Therapie von Schlafstörungen.Der Übergang zu den Sedativa, die vorwiegend tagsüber zur Beruhigungeingesetzt werden, ist fließend.

Tranquillantien werden vorwiegendzur Dämpfung von Angst- und Span-nungszuständen verordnet, dazu kommen die Sedierung bei schwerensomatischen Erkrankungen, vor operativen Eingriffen sowie im Alko-holentzug.

Die Abgrenzung zwischen den beidenMedikamentengruppen erscheint zumTeil willkürlich, da es sich um ähnlicheund vergleichbar wirkende Stoffe handelt.

Hildtraud Knopf, Hans-Ulrich Melchert:Bundes-Gesundheitssurvey:Arzneimittelgebrauch –Konsumverhalten in Deutschland –Beiträge zur Gesundheitsberichter -stattung des BundesBerlin: Robert Koch-Institut, 2003

Stiftung Warentest (Hrsg.):Wenn der Schlaf gestört ist – Ursachen,Selbsthilfe, gezielte BehandlungBerlin: Stiftung Warentest, 2002

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neAls erste Benzodiazepine wurden im Jahr 1960 Chlordia-zepoxid (Librium®) und 1963 Diazepam (Valium®) alsSchlafmittel angeboten. Benzodiazepine wirken dämpfend,schlaffördernd, angstlösend, krampflösend und muskelent-spannend. Unterschieden werden die Wirkstoffe nach der Zeit, in der die Hälfte der Substanz im Körperabgebaut ist (Halbwertzeit: HWZ). Dies wird durchUmverteilungsprozesse im Körper, aktive Metaboliten(Stoffwechselprodukte der Wirkstoffe) und verschiedenepatientenbezogene Variablen beeinflusst. Es gibt kurz-wirkende (HWZ 2,5 bis 8 Stunden), mittellangwirkende(HWZ 15 bis 30 Stunden) und langwirkende (HWZ bis zu250 Stunden) Benzodiazepine.

Zur kurzzeitigen Behandlung von Ein- und Durchschlaf-störungen werden Mittel mit kurzer und mittellangerWirkdauer empfohlen. Langwirksame Präparate werdenzur Beruhigung und Dämpfung genutzt. Bei Schlafmitteln,besteht die Gefahr von Nachwirkungen am nächstenMorgen (hang over). Dies führt vor allem bei betagtenMenschen zu Trittunsicherheit mit der Gefahr von Stürzenund Knochenbrüchen. Darüber hinaus besteht das Risikoder Kumulation, d. h. der Wirkstoff wird bis zur nächstenEinnahme nicht vollständig abgebaut und sammelt sichim Verlauf der Zeit im Körper an.

Benzodiazepine können nach wenigen Wochen einendeutlichen Wirkungsverlust zeigen und auch in thera peu -tischen Dosen zu einer Abhängigkeit führen. Unterschiedenwerden die Niedrigdosis-Abhängigkeit, bei langfristigerEinnahme gemäß der ärztlichen Verordnung zur Vermei-dung von Entzugssymptomen und die Hochdosis-Abhän-gigkeit, in deren Verlauf es zu einer deutlichen Dosisstei-gerung kommt. Die Entzugs symp tome werden oft alsWiederkehr der Ursprungs symp tome (wie Schlaflosigkeit)fehlgedeutet und so ein Teufelskreis mit fortgesetztemGebrauch in Gang gesetzt.

Kritisch zu bewerten ist die Langzeitbehandlung vonAngstzuständen, ängstlich-depressiven Verstimmungenund psychosomatischen Beschwerden mit Benzodiazepi-nen. Die Risiken bestehen in der Entwicklung einerAbhängigkeit sowie der Chronifizierung der zugrunde lie-genden Störungen. Vermutlich werden Benzodiazepinenicht unbedingt zu oft (im Sinne falscher Indikationen),sondern eher zu lange verordnet.

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BenzodiazepineDie im Jahr 2007 meistverkauften benzodiazepin -haltigen Schlaf- und Beruhigungsmittel sind alsZopiclon ratio®, Zolpidem-ratio®, Stilnox®, Noctamid®,Lendormin®, Radedorm®, Planum®, Rohypnol® undFlunitrazepam ratio® im Handel.

Die zehn meistverkauften Tranquilizer auf Benzodiaze -pinbasis im Jahr 2007 waren Diazepam-ratiopharm®,Tavor®, Bromazanil-Hexal®, Oxazepam-ratiopharm®, Adumbran®, Lorazepam-neurax®, Normoc®, Lexota-nil 6®, Lorazepam ratio® und Faustan®.

Als Verschreibungsempfehlung gilt die 4-K-Regel:• Klare Indikation• Kleine Dosis• Kurze Anwendungsdauer (14 Tage)• Kein abruptes Absetzen

In Deutschland sind schätzungsweise 1,1 MillionenMenschen von Benzodiazepinen abhängig. Jedochgehen die Verordnungen seit Jahren beständig zurück.Bisher kaum untersucht ist, wie dieser Rückgangausgeglichen wird: durch Verordnung anderer Schlaf-und Beruhigungsmittel bzw. Antidepressiva (> Seite 26), Selbstmedikation, Privatrezepte, nicht-medikamentöse Maßnahmen oder Unterversorgungder entsprechenden Beschwerden.

Quelle: Gerd Glaeske: Psychotrope und andere Arzneimittel mit Miss -brauchs- und Abhängigkeitspotenzial. In: Deutsche Hauptstelle für Sucht-fragen (Hrsg.): Jahrbuch Sucht 2009. Geesthacht: Neuland, 2005, S. 72-98.

BenzodiazepineDie Sucht und ihre Stoffe – Eine Informationsreiheüber die gebräuchlichen Suchtstoffe, Nr. 1Das Faltblatt kann kostenlos bei der DHS (> Seite 45)be stellt werden. Es steht auch auf der Internetseiteder DHS zum Download zur Verfügung: www.dhs.de

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Als Schlafmittel der »dritten Generation« gelten die sogenannten »Z-Drugs« Zolpidem (z. B. Stilnox®), Zopiclon(z. B. Zopiclon ratiopharm®) und Zaleplon (Sonata®), die seit Ende der 70er bzw. Ende der 80er Jahre auf demMarkt sind. Sie sind chemisch nicht mit den Benzodia-zepinen verwandt, besitzen aber pharmakologisch ähnliche Eigenschaften. Während die Verordnungen dermeisten Schlaf- und Beruhigungsmittel seit 1992 um 55 %zurückgegangen sind, konnten die neueren SchlafmittelZolpidem und Zopiclon Zuwächse verbuchen.

Der Wirkstoff Zaleplon ist sehr kurz wirksam (Halbwert-zeit eine Stunde) und zeigt gute Wirkungen bei Einschlaf-störungen sowie eine geringe Beeinträchtigung von Psychomotorik und Gedächtnis. In Deutschland spieltdieses Medikament wegen der sehr kurzen Wirkdauer beiden Verordnungen bisher eine untergeordnete Rolle. Eineähnliche Wirkung wie kurz wirksame Benzodiazepinezeigt Zolpidem (Halbwertzeit zwei Stunden, rasche An -f lutung). Zu den unerwünschten Wirkungen zählen aberschwerwiegende Nebenwirkungen, wie z. B. visuelleWahrnehmungsstörungen, Auslösen von Psychosen und– ähnlich wie bei bestimmten Benzodiazepinen – auchGedächtnisstörungen (Amnesien) und optische Halluzi-nationen. Aus diesem Grund wurde der Wirkstoff von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf die Liste IVentsprechend der Konvention der Vereinten Nationenüber psychotrope Substanzen gesetzt. Dies bedeutet, dassaus Sicht der WHO das Missbrauchs- und Abhängigkeits-risiko mit dem von Benzodiazepinen gleichgesetzt wird. Für Zopiclon (Halbwertzeit drei bis sechs Stunden) gibt esebenfalls einzelne Berichte über schwerwiegende Neben -wirkungen.

Insgesamt haben sich in den letzten Jahren Hinweisebestätigt, dass die Mittel dieser Gruppe ein günstigeresVerhältnis von Risiken und Nutzen aufweisen als klassischeBenzodiazepine. Das Missbrauchs- und Abhängigkeitsrisikovon Zolpidem und Zopiclon scheint geringer zu sein, eswurden aber dennoch Missbrauchsfälle aus der klinischenPraxis gemeldet. Vor einer Ver ordnung dieser Substanzenan Benzodiazepinabhängige wird daher von der Arznei-mittelkommission der Deutschen Ärzteschaft gewarnt.

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Zolpidem,Zopiclon, ZaleplonWährend die Verordnungen von Benzodiazepinen sinken, werden inden letzten Jahren zunehmend dieWirkstoffe Zolpidem und Zopiclon verschrieben.

Die Weltgesundheitsorganisation(WHO) hat das Missbrauchs- undAbhängigkeitspotenzial in der Zwi-schenzeit auf die gleiche Stufe wie dasfür Benzodiazepine gestellt.

Vor einer Verordnung an Patientinnenund Patienten mit einer Medikamenten -abhängigkeit in der Vorgeschichtewird gewarnt.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Keine Verordnung von Zolpidem beibekannter Benzodiazepinabhängigkeit Deutsches Ärzteblatt, Heft 10, 1999

Die Konvention der Vereinten Nationenüber psychotrope Substanzen von 1971sowie die aktuellen Listen kontrollierterpsychotroper Substanzen stehen inenglischer Sprache auf der Internetseitedes Internationalen Suchtstoffkontroll -rates als Download zur Verfügung:

www.incb.org/incb/en/psychotropic_substances.html

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elDie wichtigste Indikation für die Verordnung von Psycho -stimulanzien in Deutschland ist die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) bei Kindern. DieVerordnung von Methylphenidat (z. B. Ritalin®, Medikinet®)nahm in den letzten 10 Jahren deutlich zu. Die Behandlungvon Kindern mit Psychopharmaka wird in der Öffentlich-keit kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite wird kritisiert,dass unerwünschtes Verhalten von Kindern mit Hilfe vonchemischen Substanzen reguliert wird. Unterstellt wirdhierbei, dass dies in erster Linie im Interesse von Elternund Erziehungspersonen stehe, welchen die Bereitschaftfehle, sich mit den Ursachen des kindlichen Verhaltensauseinanderzusetzen. Auf der anderen Seite wird dagegeneingewandt, dass es sich bei der ADHS um eine Erkrankunghandle, deren frühzeitige und effektive Behandlung nicht die Eltern, sondern vor allem die Kinder vor den leidvollen und einschränkenden Symptomen und darausresultierenden Folgeschäden be wahren könne. Vor allemElternverbände sprechen sich inzwischen nachdrücklichfür die medikamentöse Therapie aus. Als problematisch erweisen sich Verordnungen bei über-höhten Dosen und nachlässiger Indikationsstellung. Notwendig für eine sachgerechte Anwendung sind einekinderpsychiatrisch abgesicherte Diagnose und sorgfältigeVerlaufskontrolle. Die optimale Dosis von Methylpheni datmuss sehr individuell bestimmt werden. Bei sachgerechterAnwendung wird kein Suchtrisiko für die behandeltenKinder erwartet.

Im Hinblick auf die Abhängigkeit durch verschriebeneMedikamente spielen Stimulanzien derzeit eine geringeRolle. Die entsprechenden Substanzen finden sich eher im illegalen Markt wieder. Der Suchtstoffkontrollrat der Vereinten Nationen warnt in diesem Zusammenhang vor dem wachsenden illegalen Handel im Internet.

Als weitere anregende Substanz nicht nur in Genussmit-teln, sondern auch als Zusatz in Schmerz- und Erkäl tungsmitteln ist das Coffein verbreitet. Dabei istumstritten, ob Coffein als Suchtstoff bezeichnet werdenkann. Bekannt ist die Missbrauch fördernde Wirkung alsZusatz bei Schmerzmitteln sowie der Missbrauch unterBerufskraftfahrern und Schichtarbeitern. RegelmäßigerCoffeinkonsum, auch in Form von Kaffee, führt zur Tole-ranzsteigerung. Beim Absetzen kommt es häufig zu Entzugskopfschmerzen.

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Anregungsmittel(Stimulanzien)

In Deutschland werden Psychostimulanzien im We sentlichen bei Aufmerksamkeits-Defizit-Hyper -aktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern verordnet. Die Verwendung von Stimulanzien in Schlankheits-mitteln hatte in den vergangenen Jahren zu häufigenMissbrauchsfällen geführt. Deshalb wurden dieseMedikamente der Betäubungsmittel rezeptpflichtunterstellt. Zur Behandlung von Adipositas geltenPsychostimulanzien als Appetitzügler mittlerweileals überholt. Darüber hinaus sind anregende Sub-stanzen wie Amphetamine vor allem als illegale Dro-gen bekannt (Speed, Ecstasy).

Das Bundesministerium für Gesundheit stellt imInternet Eckpunkte zur Ver besserung der Versorgungvon Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mitADHS sowie entsprechende Forschungsberichte zurVerfügung:www.bmg.bund.de

Internationaler Suchtstoffkontrollrat:Jahresbericht 2008Der englischsprachige Bericht ist im Internet verfügbar: www.incb.org/incb/annual-report-2008.html

AmphetamineDie Sucht und ihre Stoffe – Ein Informationsreiheüber die gebräuchlichen Suchtstoffe, Nr. 8

Das Faltblatt kann kostenlos bei der DHS (> Seite 45)bestellt werden. Es steht auch auf der Internetseiteder DHS zum Download zur Verfügung: www.dhs.de

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Schmerzen haben eine Schutz- bzw. Warnfunktion. Sieverweisen meist auf bestehende Erkrankungen oder Ver-letzungen. Neuere Untersuchungen belegen aber auch,dass sich Schmerzen »verselbstständigen« und zu einereigenständigen Erkrankung entwickeln können, wenn siezu lange andauern oder nicht angemessen behandeltwerden. Auch kann der Körper ein so genanntes »Schmerz-gedächtnis« entwickeln und hierdurch Schmerzempfin-dungen schneller und früher auslösen. Deshalb sollenSchmerzen frühzeitig und ausreichend behandelt werden.Allerdings werden unterschiedliche Auffassungen darübervermutet, was dies aus medizinischer Sicht und in der alltäglichen Praxis der Selbstmedikation bedeutet.

Laut Repräsentativerhebung (> Seite 7) haben im Jahr2006 in Deutschland 60,8 % der Wohnbevölkerung zwi-schen 18 und 64 Jahren ein Schmerzmittel (Analgetikum) eingenommen. Dabei gaben 77,7 % an, dass sie versuchen,möglichst lange ohne Schmerzmittel auszukommen.Dagegen gaben 27,7 % an, bei Kopfschmerzen sofort einSchmerzmittel zu benutzen.

Schmerzmittel können nach ihrem Wirkort bei derSchmerzentstehung unterschieden werden. Die peri pherwirkenden Analgetika (> Seite 20) verhindern den Schmerzam Entstehungsort im äußeren Nervensystem und wirkenteilweise auch fiebersenkend und entzündungshemmend.Rezeptfreie Schmerzmittel werden häufig zur Selbstme-dikation bei Kopfschmerzen und Erkältungen eingesetzt.

Migränemittel wirken durch die Verengung der Blutge-fäße im Gehirn gegen die anfallsartig auftretendenMigränekopfschmerzen. Bei starken Schmerzen bestehtdie Gefahr der missbräuchlichen Überdosierung, die beiempfindlichen Menschen zu Vergiftungserscheinungenmit weiteren Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechenführen kann.

Zentral wirksame Analgetika (> Seite 22) unterdrückendurch ihre Wirkung die Weiterleitung von Schmerzimpulsenim Rückenmark und Gehirn – dem zentralen Nervensys -tem. Hierzu zählen die stark wirksamen Opiate und dieopiat-ähnlichen bzw. opioiden Analgetika. Beide Gruppenfallen unter das Betäubungsmittelgesetz.

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Schmerzmittel (Analgetika)

Chronische Schmerzpatienten wurden in Deutschlandaus Angst vor einer Suchtentwicklung lange Zeitunterversorgt. Seit 1996 nehmen die Verordnungenopioider Analgetika kontinuierlich zu. Dies entsprichtdem aktuellen medizinischen Standard in derSchmerztherapie. Bei sachgerechter Anwendung vonOpioiden sind Ab hängigkeiten in Folge der medizini-schen Behandlung selten.Das WHO-Stufenschema wurde für die Tumorschmerz-therapie entwickelt und auch auf andere Schmerzer-krankungen übertragen. Empfohlen wird, möglichstEinzelsubstanzen (Monopräparate) zu verwenden,solange der Schmerz damit beherrscht werden kann.

Stufe 1Bei schwachen bis mäßigen Schmerzen genügennicht-opiathaltige Schmerzmittel.

Stufe 2Bei stärkeren Schmerzen werden schwache Opioide angewendet. Diese können bei Bedarf mitAnalgetika aus der Stufe I kombiniert werden.

Stufe 3Bei starken Schmerzen werden starke Opioide eingesetzt. Auch hier sind wiederum Kombinationenmit nicht-opioiden Analgetika bei entsprechenderIndikation (z. B. entzündlichen Erkrankungen) möglich.

Die Arbeitsgemeinschaft der WissenschaftlichenMedizinischen Fachgesellschaften (AWMF) stellt imInternet wissenschaftlich begründete Leitlinien zurDiagnostik und Therapie unter anderem vonSchmerzerkrankungen zur Verfügung: www.awmf-online.de

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a Bei den peripher wirkenden Schmerzmitteln nahmen imJahr 2007 die rezeptfreien Präparate rund 80 % der ver-kauften Packungen weiterhin den Löwenanteil unter denSchmerzmitteln ein. Zu den wichtigsten Wirkstoffen dieserKategorie zählen Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin®) undParacetamol (z. B. Paracetamol ratiopharm®), hinzukommt Ibuprofen (z. B. Dolormin®), welches auch beirheumatischen Beschwerden eingesetzt wird. Diese Substanzen wirken schmerzstillend, fiebersenkend undteilweise auch entzündungshemmend. Sie werden vorallem bei gelegentlichen, leichten bis mittleren Schmerzenangeboten.

Das Abhängigkeitspotenzial von rezeptfreien Schmerz-mitteln liegt nicht in den eigentlich schmerzstillendenWirkstoffen, sondern in der Kombination mit psychischwirksamen Substanzen, wie Codein (> Seite 22) oder Coffein. Coffein verleitet durch seine anregende Wirkungzu einem vermehrten Gebrauch der entsprechenden Mittel. Auf Platz 6 der meistverkauften Arzneimittel inDeutschland im Jahr 2007 befindet sich weiterhin ein kritisch zu bewertendes Kombinationsanalgetikum (Thomapyrin®).

Ein Missbrauch rezeptfreier Schmerzmittel kann imBereich der Leistungssteigerung bzw. dem besseren Durchhalten bei Beschwerden in belastenden Arbeits-und Lebensbedingungen entstehen. Die Gefahr liegt imUnterdrücken des Schmerzes als Warnsignal und der Verschlimmerung bzw. Chronifizierung der schmerzaus-lösenden Erkrankungen.

Die ständige Einnahme solcher Kombinationsanalgetikakann Dauerkopfschmerzen verursachen, die wiederumeinen Teufelskreis der wiederholten Medikamentenein-nahme in Gang setzen – mit unterschiedlichen Organ-schädigungen und Nierenversagen als schwerwiegendsterFolge.

Insgesamt wird geschätzt, dass bei 10-15 % der dialyse -pflichtigen Patientinnen und Patienten die Nierenschädi-gung auf den übermäßigen Gebrauch von Kombinations-schmerzmitteln, vor allem mit Coffein zurückzuführenist. Deshalb sollten Monopräparate den kombiniertenPräparaten vorgezogen werden.

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Peripher wirksame AnalgetikaPeripher wirksame Analgetika werden vor allem zurBehandlung von Schmerzen, Fieber und Entzündungeneingesetzt.

Der Missbrauch entsprechender Mittel führt zudumpf-drückenden Dauerkopfschmerzen und kanneinen Teufelskreis mit weiterem Konsum auslösen.Der langjährige Dauergebrauch großer Mengen vonSchmerzmitteln kann verschiedene Organschädenbis hin zu einer Analgetika-Nephropathie (Nieren-versagen) zur Folge haben.

Medikamente mit einem einzelnen Wirkstoff sindgegenüber Kombinationspräparaten zu bevorzugen.In der Selbstmedikation sind Schmerzmittel für diekurzfristige Behandlung von gelegentlichen undschwachen bis mittleren Schmerzen geeignet. Beiandauernden Beschwerden sollte eine Ärztin oderein Arzt aufgesucht werden.

Stiftung Warentest (Hrsg.):Kopfschmerzen, MigräneBerlin, 1993

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aZu den zentral wirkenden Analgetika gehören die Opiatesowie die chemisch anders aufgebauten, aber von derWirkung her opiat-ähnlichen bzw. opioiden Analgetika.Opium ist eines der ältesten bekannten Heilmittel, welcheszur Beruhigung und Betäubung verwendet wurde. Ausihm wurde bereits 1806 das Morphin als erstes chemischdefiniertes Analgetikum isoliert. Die bald deutlich werdende Suchtgefahr dieses Stoffes setzte eine Suchenach weiteren starken Schmerzmitteln in Gang.

Aufgrund ihrer effektiven Wirkung gegen starke Schmerzenund mangels Alternativen sind Opioide bis heute diewichtigsten Medikamente bei der Behandlung starkerSchmerzen. Eingesetzt werden sie gegen Tumorschmerzen,bei starken Schmerzen des Halte- und Bewegungsappa-rates sowie bei Neuropathien, Operationen und starkenAkutschmerzen. Opioide Wirkstoffe (z. B. Codein) findenaußerdem Verwendung in hustenstillenden Mitteln. Entsprechende Medikamente besitzen ein hohes Sucht-potenzial.

Die im Jahr 2003 am häufigsten verordneten Wirkstoffesind Tramadol (z. B. Tramadolor®), Morphin (z. B. MSTMundipharma®), Buprenorphin (Subutex Sublingual®),Fentanyl (Durogesic®) und Oxycodon (Oxygesic®). DieMedikamente werden je nach Wirkdauer regelhaft nachZeitplan und unter Berücksichtigung von Tagesschwan-kungen des Schmerzes verabreicht. Zur gleichmäßigenDosierung werden zunehmend retardierte (d. h. in ihrerWirkstoffabgabe verzögerte) Präparate sowie Schmerz-pflaster verordnet. Erfahrungen aus der Langzeittherapievon Schmerzpatienten belegen, dass Abhängigkeiten mitder Dauer der Behandlung nicht nennenswert zunehmen.Entscheidend ist die fortlaufende Kontrolle der Wirksam-keit und Verträglichkeit der verabreichten Medikamente.

Als Suchtmittel werden opioide Schmerzmittel vor allemvon Konsumenten illegaler Drogen missbraucht. Entspre-chende Mittel werden illegal gehandelt und als Ersatz z. B.für Heroin benutzt. Diese Ersatzfunktion wird auch in dermedizinischen Substitution bei (noch) nicht abstinenz-fähigen Drogenabhängigen genutzt. Durch die Vergabevon Substitutionsmitteln sollen Entzugserscheinungenverhindert und Begleiterscheinungen (z. B. Beschaffungs-kriminalität, Erkrankungen und Todesfälle durch verun-reinigte oder gestreckte Drogen) reduziert werden.

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Zentral wirksameAnalgetikaBei der Behandlung starker oder chronischer Schmerzen sind zentralwirksame Analgetika auf Opioidbasisunverzichtbar. Durch entsprechendetherapeutische Kontrolle ist dasSuchtrisiko während einer medizini-schen Behandlung gering.

Bei nicht sachgemäßer Anwendunghaben Opioidanalgetika ein hohesSuchtpotenzial und werden auch aufdem illegalen Markt gehandelt.

SchmerzmittelDie Sucht und ihre Stoffe – Eine Informationsreihe über die gebräuch -lichen Suchtstoffe, Nr. 7

Das Faltblatt kann kostenlos bei derDHS bestellt werden. Es steht auch auf der Internetseite der DHS zumDownload zur Verfügung:www.dhs.de

Verbraucherzentrale NRW (Hrsg.):Chronische Schmerzen – Therapie-an ge bo te, Wirksamkeit, Behandlungs-qualitätDüsseldorf, 2004

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Auch Arzneimittel, die nicht zu einer Abhängigkeit im en geren Sinne führen, können zu einer missbräuchlichenAnwendung verleiten und beträchtlichen Schadenanrichten.

Nasentropfen bzw. -spraysNasentropfen bzw. -sprays mit abschwellender Wirkungkönnen bereits nach kurzer Zeit (fünf bis sieben Tage) zur Gewöhnung und zu einem arzneimittelbedingtenSchnupfen führen, der zu einer fortgesetzten Anwendungder Mittel führt.

Abführmittel (Laxantien)Chemische oder pflanzliche Abführmittel, welche dieSekretion und Kontraktion des Darms fördern, führenebenfalls zu einer Gewöhnung. Die dem Absetzen folgendeVerstopfung programmiert den Dauergebrauch vonLaxantien vor. Hiervon ausgenommen sind Abführmittelauf der Basis von Füll- und Quellstoffen, welche dienatürliche Funktion des Darms unterstützen. Laxantienwerden häufig im Zusammenhang mit Ess-Störungenmissbraucht.

Harntreibende Mittel (Diuretika)Die wasserausschwemmende Wirkung von Diuretikawird zur Gewichtsreduktion missbraucht. Durch den Wasserverlust werden lebenswichtige Mineralien ausgeschwemmt. Zu den schädlichen Folgen gehörenElektrolytmangel, Verstopfung durch Kaliummangel,Herz-Kreislauf-Schäden sowie Nierenschäden.

HormoneSexualhormone sollen den natürlichen Alterungsprozesshinauszögern (anti-aging). Speziell die weiblichen Sexual-hormone (Östrogene) werden seit bekannt werden deserhöhten Brustkrebsrisikos seltener verwendet. Mit derGabe von Wachstums- und Sexualhormonen soll auchder Muskelaufbau beim Doping (> Seite 38) im Bodybuil-ding beeinflusst werden.

Alkohol in ArzneimittelnAlkohol dient häufig als Trägersubstanz für Arzneiwirk-stoffe. Der Alkoholgehalt wird von den Verbraucherinnenund Verbrauchern allerdings oft unterschätzt. Risikenbestehen aufgrund möglicher Wechselwirkungen mitanderen Arzneien sowie in der Entwicklung einer Alkohol -abhängigkeit bzw. einem gesteigerten Rückfallrisiko fürabstinente Alkoholkranke.

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Missbrauch anderer ArzneimittelMissbrauch tritt auch bei verschiedenenMedikamenten ohne spezifischesAbhängigkeitspotenzial auf. Derschäd liche Gebrauch wird in Folgeeiner körperlichen Gewöhnung oderaufgrund bestimmter Wirkungen fortgesetzt.

Zu den bekanntesten Arzneimittelnmit einem solchen Missbrauchspoten-zial gehören abschwellende Nasen-tropfen und -sprays, Abführmittel,harntreibende Mittel, Hormone undalkoholhaltige Zubereitungen.

Gerd Glaeske, Judith Günther, Sabine Keller:Nebenwirkung: SuchtMünchen: Kunstmann, 1997

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Im Zusammenhang mit Medikamentenabhängigkeittaucht häufig auch der Begriff ‚Psychopharmaka’ auf.Hiermit werden Medikamente bezeichnet, die derBehandlung psychischer Beschwerden und neurologischerErkrankungen dienen. Einige dieser Mittel werden auchals Narkosemittel oder zur Behandlung von Symptomenorganischer Krankheiten eingesetzt. Zu den Psychophar-maka gehören hauptsächlich die Tranquillantien, Sedativa und Hypnotika (> Seite 10), die Stimulanzien (> Seite 16), Neuroleptika, Antidepressiva und die sogenannten Phasenprophylaktika. Weitere Medikamentedienen beispielsweise der Behandlung von Epilepsien undvon Demenzerkrankungen. Laut Bundes-Gesundheitssurvey(> Seite 11) nahmen im Jahr 1998 3,75 % der Frauen und1,47 % der Männer zwischen 18 und 79 Jahren täglich einPsychopharmakon ein.

Der Rückgang der Benzodiazepinverordnungen bis 1997 wurde von einer Zunahme der Verordnungen vonniedrig dosierten Neuroleptika begleitet. Ihre Verwen-dung als Beruhigungsmittel wird kontrovers diskutiert,da Neuroleptika erhebliche Nebenwirkungen haben undauch bei niedrigen Dosierungen Einzelfälle von Bewe-gungsstörungen (Spätdyskinesien) beobachtet wurden –einer der schwersten und irreversiblen Nebenwirkungendieser Substanzklasse. Mit zunehmender Aufmerksamkeitfür die unerwünschten Wirkungen der Neuroleptika gingendie Verordnungen entsprechender Mittel wieder zurück.

Demgegenüber hat sich die Verschreibung von Antide-pressiva seit 1994 mehr als verdoppelt. Dies geht nichtnur auf das kompensatorische Ersetzen von Benzodia-zepinen zurück (z. B. bei ängstlich gefärbten, depressivenStörungen und depressiven Schlafstörungen), sondernwahrscheinlich auch auf eine veränderte Diagnostik unddamit einhergehende häufigere Behandlung vonDepress ionen. Vor allem bei den neueren Selektiven Serotonin-Wiederaufnah mehemmern werden inzwischenhäufig Absetzerscheinungen berichtet, die zwar nicht mitEntzugssymptomen gleichgesetzt werden, aber dennochdas Absetzen der entsprechenden Medikamente erschweren.

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PsychopharmakaHochpotente Neuroleptika wirken bei Psychosengegen Halluzinationen und Wahnideen, niedrigdosierte Mittel werden zur Dämpfung und Beruhi-gung eingesetzt. Auch bei niedriger Dosierung vonNeuroleptika können als Spätfolgen irreversible Dyskinesien (Zittern, Bewegungsunruhe, Wippen,Grimassieren) auftreten.

Die meistverbreiteten Antidepressiva sind trizyklischeAntidepressiva, Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-hemmer (SSRI), Selektive Noradrenalin-Wiederauf-nahmehemmer (NSRI oder tetrazyklische Antide-pressiva), MAO-Hemmer und Lithium. Sie wirken mitunterschiedlicher Gewichtung stimmungsaufhellend,antriebssteigernd bzw. -dämpfend oder angstver-mindernd. Sie werden bei depressiven Störungen,sowie z. B. generalisierter Angststörung oder ergän-zend bei chronischen Schmerzen eingesetzt.

Antidepressiva und Neuroleptika besitzen keineigenständiges Suchtpotenzial, werden aber ver-mutlich oft als Ersatz für die Benzodiazepine ver-schrieben. Ein abrupter Entzug kann zu Absetzsymp -tomen führen. Das Spektrum teils gravierenderunerwünschter Wirkungen bei Antidepressiva undNeuroleptika verlangt eine hohe Aufmerksamkeit.

Christoph Lanzendörfer, Joachim Scholz: Psychopharmaka – Pillen für die SeeleBerlin; Heidelberg: Springer, 1995

Peter Lehmann (Hrsg.):Psychopharmaka absetzenErfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepres-siva, Lithium, Carbamazepin und TranquilizernBerlin: Anti-Psychiatrie-Verlag, 1998

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Von der Vielzahl der in Deutschland erhältlichen Medikamente können einzelne Wirkstoffe das Risikoangeborener Fehlbildungen bei Kindern erhöhen. DieseEigenschaft eines Arzneimittels nennt man Teratogenität.Der bekannteste und folgenschwerste Fall eines solchenMedikaments betrifft das im Jahr 1957 eingeführteSchlafmittel »Contergan« mit dem Wirkstoff Thalidomid.Die in den folgenden Jahren gemeldeten schwerwiegendenFehlbildungen bei Neugeborenen, deren Mütter das zu -nächst als unschädlich eingestufte Mittel in der Schwan -g erschaft eingenommen hatten, führten schließlich 1961zur Marktrücknahme. Bei den heute zugelassenen Medikamenten sind keine ähnlich gravierenden Arznei-mittelrisiken bekannt. Dennoch besteht nach wie vor eine verbreitete Unsicherheit bezüglich dieser Risiken.

Für die Empfindlichkeit des Embryos gegenüber den Einflüssen schädlicher Medikamente ist die Phase derSchwangerschaft entscheidend. Vor der Einnistung in derGebärmutter ist das Fehlbildungsrisiko offenbar gering.In dieser Zeit können Schäden an den Embryonalzellenentweder regenerieren oder der Schaden ist so groß, dassdie Schwangerschaft nicht zustande kommt. Zwischendem fünfzehnten und sechzigsten Schwangerschaftstagist in der Organentwicklungsphase (Embryonalstadium)das Risiko von Fehlbildungen am höchsten. In der folgen-den Fetalphase können schädliche Stoffe die Entwicklungder Gewebe und die Reifung der Organfunktionen beeinträchtigen und so zu Funktionsstörungen wie Intelligenzdefiziten und späteren Verhaltensauffälligkeitenführen. Nicht alle Medikamente mit Abhängigkeitspoten-zial führen zu erkennbaren Schäden beim Neugeborenen,es muss aber z. T. mit Entzugssymptomen nach derGeburt gerechnet werden. Auch während der Stillzeitkönnen Medikamente ein Risiko für das Kind darstellen,weil die Wirkstoffe über die Muttermilch weitergegebenwerden. Mögliche Risiken während der Schwangerschaftund Stillzeit müssen in der Medikamenteninformation (»Beipackzettel«) angegeben werden.

Besonders schwierig stellt sich die Situation für chronischkranke Schwangere dar, die einer kontinuierlichenBehandlung bedürfen, wie z. B. bei psychischen Erkran-kungen, Rheuma oder auch Epilepsie. Bei Medikamentenmit Abhängigkeitspotenzial bestehen unterschiedlicheRisiken in den verschiedenen Schwangerschaftsphasen,die im Einzelfall abzuklären sind.

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Schwangerschaft undStillzeitIn Erinnerung an den »Contergan-Skandal« bestehtnach wie vor eine verbreitete Unsicherheit bezüglichder Risiken von Fehlbildungen und Schäden bei denNeugeborenen durch die Medikamenteneinnahmewährend Schwangerschaft und Stillzeit. Arzneimittel mit Suchtpotenzial bergen sehr unter-schiedliche Risiken, die im Falle der medizinisch not-wendigen Verordnung an Schwangere und stillendeMütter differenziert betrachtet werden sollten.

Beratung zu Arzneimittelrisiken währendder Schwangerschaft und Stillzeit

Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie Spandauer Damm 130, Haus 10B 14050 Berlin

Beratungs-Telefon: Tel.: 030 / 303 08-111 Fax: 030 / 303 08-122 E-Mail: [email protected]

Sprechzeiten (außer Feiertage): Mo. - Fr. 9.00 - 12.30 und 13.30 - 16.00 Uhr (außerMittwoch)

Christof Schaefer, Horst Spielmann, Klaus Vetter: Arzneiverordnung in Schwangerschaft und StillzeitMünchen: Urban & Fischer, 2001

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Der Gebrauch von Medikamenten durch Kinder und Ju -gendliche gewinnt in den letzten Jahren in medizinischen,epidemiologischen und pädagogischen Bereichen zuneh-mende Beachtung.

Medikamente werden bisher nur in seltenen Fällen aufihre Wirkung bei Kindern getestet. Die Auswirkungen derMedikamente auf den noch nicht voll entwickelten Orga-nismus und somit auf die körperliche und geistige Ent-wicklung werden nicht systematisch gesammelt und dieindividuelle Dosierung bleibt den behandelnden Ärztinnenund Ärzten überlassen. Erst seit neuerem findet das Problem der so genannten Off-Label-Verschreibungenaußerhalb der formalen Zulassung zunehmende Aufmerk-samkeit in der Forschung.

Einen weiteren Aspekt stellt die Behandlung von Verhal-tensauffälligkeiten bei Kindern dar. Hierzu gehört dieemotional geführte Debatte über die Verordnung vonMethylphenidat an Kinder mit einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (> Seite 16).

Der Entwicklung von Gesundheitsverhalten im Spektrumzwischen zweckmäßigem Gebrauch und unkritischem bismissbräuchlichem Einsatz von Arzneimitteln kommtwesentliche Bedeutung zu. Mit Pubertätsbeginn lassensich die Anfänge geschlechtsspezifischer Gebrauchsmus -ter und ein Anstieg des Gebrauchs von Schmerzmittelnund anderen psychoaktiven Medikamenten bei Mädchenaufzeigen. Im Zuge des Experimentierens mit Suchtmit-teln wie Alkohol und illegalen Drogen im Jugendalterspielt auch der Missbrauch unterschiedlicher Medika-mente eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Zum Medikamentenkonsum bei Kindern und Jugendlichenliegen bisher keine repräsentativen deutschlandweitenDaten vor. Diese Lücke soll in den nächsten Jahren durchdie »Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichenin Deutschland« (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts, Berlingefüllt werden, in deren Rahmen auch Daten bezüglichfreiverkäuflicher und rezeptpflichtiger Medikamenteerhoben werden. Nach Ergebnissen von Verordnungs -statistiken oder regionalen Studien werden Kindern aller-dings vergleichsweise selten psychoaktive Medikamenteverschrieben. Vielmehr zählen Erkältungs- und Schmerz-mittel zu den am häufigsten angewendeten Arzneien.

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Kinder und JugendlicheMedikamente wirken im noch nicht voll ausgereiftenOrganismus von Kindern und Jugendlichen andersals bei Erwachsenen. Dies sollte bei der Verordnungoder Selbstmedikation beachtet werden.

Kinder erhalten Medikamente fast immer durchErwachsene. Diese haben daher eine besondere Ver-antwortung beim Umgang mit Medikamenten undsind hier auch Vorbild.

Jugendliche experimentieren auch mit den Sub s -tanzwirkungen von Medikamenten (z. B. Grippemittel,Hustenmittel, coffeinhaltige Schmerzmittel), wie mit denen anderer Suchtstoffe, wie Alkohol und illegalen Drogen.

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung(Hrsg.):Arzneimittel – Materialien für die Suchtprävention inden Klassen 5-10Köln, 2003(Gesundheit und Schule)

Petra Kolip:Geschlecht und Gesundheit im Jugend alter. Die Konstruktion von Geschlechtlichkeit über somatische KulturenOpladen: Leske und Budrich, 1997

Gerhard Nissen, Jürgen Fritze, Götz-Erik Trott:Psychopharmaka im Kindes- und JugendalterUlm (u. a.): G. Fischer, 1998

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rFrauen und Männer unterscheiden sich hinsichtlich derverordneten und konsumierten Arzneimittel, des proble-matischen Medikamentenkonsums und der Häufigkeitvon Medikamentenabhängigkeit. Diese Differenzen lassensich nicht ausschließlich auf voneinander abweichendebiologische Prozesse zurückführen.

Individuelle und gesellschaftliche Faktoren führen zuunterschiedlichen Gesundheitskonzepten und -verhaltens -weisen. Für Frauen ist der Umgang mit Arzneimitteln alltäglich – sie besorgen Medikamente nicht nur für sich,sondern versorgen auch ihre Familie mit Arzneimitteln.Darüber hinaus leisten sie einen großen Teil der privatenKrankenpflege. Neben medizinischen Leistungen nehmensie häufiger Vorsorge- und präventive Gesundheitsange-bote in Anspruch.

In den westlichen Industrienationen zeigt sich bei denGeschlechtern eine paradoxe Situation: Frauen lebenzwar länger als Männer, fühlen sich aber weniger gesund,nehmen mehr Arzneimittel ein und begeben sich öfter inmedizinische Behandlung. Frauen und Männer erhaltenpro Arztbesuch etwa gleich häufig Arzneimittel verordnet.Frauen erhalten aber hier nicht nur zunehmend Arznei-mittel im Zusammenhang mit den Fortpflanzungsfunk-tionen (Menstruation, Schwangerschaft, Wechseljahre),sondern bekommen auch etwa doppelt so häufig Psychopharmaka und Hypnotika / Sedativa verordnetwie Männer. Neben der geschlechtsspezifischen Verord-nungspraxis spielt die höhere Prävalenz von psychischenErkrankungen und Schmerzen bei Frauen eine wichtigeRolle. Männer erhalten dagegen häufiger Urologika,Gicht- und Asthmamittel, Medikamente zur Prophylaxeund Behandlung von Thrombosen und Embolien sowieBlutverdünnungsmittel verordnet.

Übermäßige familiäre und berufliche Belastungen stehenin Zusammenhang mit einem erhöhten Medikamenten-konsum. Derartige Belastungen versuchen beideGeschlechter zum Teil durch den Konsum psychoaktiverSubstanzen zu bewältigen. Frauen neigen hier offenbarstärker zum Medikamentenkonsum, während Männereher auf Alkohol zurückgreifen. Während etwa doppelt soviele Frauen medikamentenabhängig sind wie Männer,ist es bei Alkohol genau umgekehrt. Beratungs- undBehandlungsangebote sollten auch geschlechtsspezifi-sche Unterschiede berücksichtigen.

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Frauen und MännerFrauen und Männer sind unterschiedlich gesundbzw. krank. Dies spiegelt sich auch im Gebrauch bzw.Miss brauch von Arzneimitteln wieder.

Von den etwa 1,4 Millionen Medikamentenabhängigenin Deutschland sind zwei Drittel Frauen. Als Hinter-grund werden vielfältige soziale, psychische und biologische Ursachen angenommen.

Geschlechtspezifische Faktoren müssen in der Beratung und Behandlung von Abhängigkeitser-krankungen verstärkt berücksichtigt werden.

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauenund Jugend (Hrsg.):Bericht zur gesundheitlichen Situation von Frauen inDeutschland – Schriftenreihe Band 209Stuttgart: Kohlhammer, 2001

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.):Frau Sucht Gesundheit – Statt Risiken und Nebenwirkungen – Wie Frauen ihren Umgang mit Psychopharmaka überprüfen könnenBroschüre. Hamm, o. J.Download: www.dhs.de

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.):Positionspapier »Gender Mainstreaming in der Sucht-arbeit: Chancen und Notwendigkeiten«Hamm, 2004

Das Positionspapier steht auch auf der Internetseiteder DHS zum Download zur Verfügung: www.dhs.de

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Mit dem Alter steigt in der Regel auch die Zahl derErkrankungen und damit einhergehend der Arzneimittel-verbrauch. Laut Arzneiverordnungsreport (> Seite 9) wurden Versicherten mit einem Lebensalter ab 60 Jahren,die nur etwa ein Viertel aller Versicherten darstellen, imJahr 2003 mehr als die Hälfte des Arzneimittelumsatzesder Gesetzlichen Krankenversicherungen verschrieben.

Gerade im Alter und bei Mehrfacherkrankungen werdenzahlreiche verschiedene Medikamente, teils von mehrerenÄrztinnen oder Ärzten verordnet, eingenommen (Poly-pharmazie). Zusätzlich zu den unüberschaubaren Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten bestehenweitere Risiken. Hierzu gehören Veränderungen von Kreis-lauf und Stoffwechsel, Funktionsstörungen der innerenOrgane und damit einhergehend der lang samere Abbauvon Arzneimittelwirkstoffen bei alten Menschen. Aus diesem Grund wird bei vielen Arzneimitteln die Dosis fürältere Menschen nach einer Faustregel um 10 % niedrigerangesetzt, als bei Personen mittleren Alters.

In hohem Alter steigt die Verordnung psychoaktiverMedikamente – insbesondere von Benzodiazepinen –stark an. Frauen sind hiervon überdurchschnittlichbetroffen. Schwerwiegende Probleme, die aus dem hohenPsychopharmakagebrauch resultieren können, bestehenin einem erhöhten Risiko von Stürzen, da sich beispiels-weise Neuroleptika sowie Benzodiazepine auf die motorische Koordinationsfähigkeit auswirken. Dauer-hafte Überdosierungen wirken sich auch auf die Konzen-trations- und Merkfähigkeit aus, was unter Umständenals Symptom einer Altersdemenz fehlgedeutet wird.

Der Konsum von Psychopharmaka ist überdurchschnittlichhoch bei Menschen in Alten- und Altenpflegeheimen. Dieswird häufig mit Mängeln der Betreuung, z. B. der Größe desHeims, der personellen Ausstattung und der Qualifikationsowie Arbeitsbelastung des Pflegepersonals erklärt. Auf deranderen Seite besteht der hohe Medikamentenkonsum oftbereits vor der Einweisung in die Pflegeeinrichtungen. Sozeigte eine Untersuchung in Mannheimer Alters- und Pfle -geheimen, dass Bewohner zum Zeitpunkt der Heimaufnah -me einen ähnlich hohen Psychopharmakagebrauch hattenwie diejenigen, die bereits mehrere Jahre im Heim lebten.

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Ältere Menschen

Quelle: Schwabe, Ulrich; Dieter Paffrath (Hrsg.):Arzneiverordnungsreport 2004.Berlin; Heidelberg: Springer, 2004

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen(Hrsg.):Substanzbezogene Störungen im Alter –Informationen und PraxishilfenHamm, 2005

Ursula Havemann-Reinecke, SiegfriedWeyerer, Heribert Fleischmann (Hrsg.):Alkohol und Medikamente, Missbrauchund Abhängigkeit im AlterFreiburg im Breisgau: Lambertus, 1998

www.unabhaengig-im-alter.de

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Arzneiverbrauch in definierten Tagesdosen (DDD) je Versicherter in der Gesetzlichen Kranken versicherung im Jahre 2003

Altersgruppen 60-64 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 > 90

Hypnotika/Sedativa 4,3 5,0 6,8 9,3 11,9 15,4 16,2

Psychopharmaka 23,9 23,9 28,4 33,4 39,4 43,4 43,9

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Sowohl im Straßenverkehr als auch im Berufsleben kanndie reaktionsmindernde Wirkung psychoaktiver Medika-mente zu Gefährdungen führen.

Straßenverkehr Unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen »berau-schenden Mitteln«, zu denen nach deutschem Recht auchpsychoaktive Medikamente zählen, ist das Führen einesFahrzeuges nicht erlaubt. Je nach Schwere des Falls könnenGeld- und Freiheitsstrafen sowie der Entzug des Führer-scheins drohen. Die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeitdurch Medikamente ist den meisten Menschen nichtbewusst. Vor allem wird die Wirkungsdauer einiger Ben-zodiazepine unterschätzt. Nach abendlicher Einnahmemuss hier am nächsten Morgen noch mit Einschränkungender Reaktionsfähigkeit gerechnet werden. Beruhigungs-mittel liegen an der Spitze beim Medikamentenmiss brauchim Straßenverkehr. Bei Unfällen wurden in etwa 22 % derFälle mit Sachschäden und in rund 30 % der Fälle mit Personenschäden Benzodiazepine im Blut der unfallver-ursachenden Personen nachgewiesen. Ein zusätzlichesRisiko stellt im Straßenverkehr die Kombination von Alkoholkonsum und Medikamenteneinnahme durch diePotenzierung der Wirkungen dar.

BerufZeitdruck, hohe Arbeitsbelastung und geringe Entschei-dungs- und Handlungsspielräume, Verantwortung fürandere Menschen oder hohe Sachwerte, starke körperlicheund psychische Belastungen sowie Lärm, Schmutz oder Chemikaliendämpfe stehen in Zusammenhang miteinem erhöhten Medikamentenkonsum. Im Arbeitslebenentsteht die widersprüchliche Situation, dass Medikamentedie Leistungsfähigkeit trotz Beschwerden (z. B. Schmerzenoder Schlafstörungen) aufrecht erhalten sollen. DiesesVerhalten wird bis zu einem gewissen Grad auch still-schweigend erwartet. Das Unterdrücken von Krankheits-symptomen birgt aber das Risiko einer Chronifizierungder Beschwerden und kann darüber hinaus eine Abhän-gigkeit nach sich ziehen. Der unauffällige und meistunbemerkte Miss brauch von Medikamenten ermöglichtim Gegensatz zum Alkohol eine jahrelange Anpassungan die gestellten Anforderungen, ohne dass körperlicheoder psychische Schäden nach außen sichtbar werden. Es ist zu vermuten, dass dennoch durch Bedienungsfehleran Maschinen, Verkehrsunfälle und Folgeschäden desKonsums hohe Kosten für die Betriebe entstehen.

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Straßenverkehr und BerufIm Straßenverkehr bilden vor allem Beruhigungs-und Schlafmittel eine Gefährdung der Verkehrs -sicherheit. Besonders riskant ist die Kombinationvon Medikamenten und Alkoholkonsum.

Problematisch ist ein übermäßiger Gebrauch vonSchmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmitteln auch imBeruf. Beruflicher Stress und restriktive Arbeitsbe-dingungen fördern den Gebrauch von Medikamenten.

In der betrieblichen Suchthilfe und Gesundheits -förderung sind spezifische Konzepte zum ThemaMedikamentenmissbrauch und -abhängigkeit gefordert.

Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR) (Hrsg.):Drogen und Medikamente im Straßenverkehr –FaktensammlungBonn, 2002

Die Faktensammlung steht auch auf der Internetseite des DVR zum Download zur Verfügung:www.dvr.de

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.):Substanzbezogene Störungen am Arbeitsplatz –Eine Praxishilfe für PersonalverantwortlicheHamm, 2001

Die Broschüre kann kostenlos bei der DHS bestelltwerden (> Seite 45)Download: www.dhs.de

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ngDer Begriff ‚Doping’ bezieht sich in erster Linie auf denWettkampfsport. Hier wird unter Doping die Verwendungvon Hilfsmitteln in Form von Substanzen und Methodenverstanden, welche die körperliche Leistungsfähigkeitsteigern können und/oder potentiell gesundheitsschädi-gend sind.

Unterschieden werden im Doping • vor und während des Wettkampfs generell verbotene

Wirkstoffe aus den Substanzgruppen der Anabolika,Hormone und verwandter Wirkstoffe, Betablocker, Wirkstoffe mit anti-östrogener Wirkungsowie Diuretika und andere Maskierungsmittel,

• verbotene Methoden wie die chemische oder physikalische Manipulation (z. B. des Blutes oder vonUrinproben) oder Gendoping,

• während des Wettkampfs verbotene Wirkstoffe ausden Substanzgruppen der Stimulanzien, Narkotika,Cannabinoide und Glukokortikosteroide

• sowie die nur in bestimmten Sportarten verbotenenWirkstoffe Alkohol und verschiedene Betablocker.

Die Einhaltung des internationalen Übereinkommensgegen Doping wird in Deutschland von der NationalenAnti Doping Agentur (NADA) überwacht. Bei bekanntwerden von Dopingfällen im Leistungssport werden diebetroffenen Sportlerinnen und Sportler mit Sanktionenbelegt.

Auch im Breitensport werden Medikamente zur Leistungs-steigerung missbraucht. Da hier die Überprüfung undentsprechende Sanktionen entfallen, stehen ausschließ-lich die gesundheitlichen Folgeschäden des Arzneimittel-missbrauchs im Vordergrund. Dies dient als Ausgangs-punkt für eine Präventionskampagne des Landessport-bundes und des Minis teriums für Städtebau und Woh-nen, Kultur und Sport in Nordrhein-Westfalen gegenDoping und Medikamentenmissbrauch im Sport, welchesich an sporttreibende Heranwachsende im Alter zwi-schen 10 und 18 Jahren wendet.

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DopingMedikamentenmissbrauch wird im Wettkampfsport als Dopingbezeichnet. Auch im Breitensport werden Medikamente zur Leistungs-steigerung missbräuchlich eingesetzt.

Die Liste der im Wettkampfsport ver-botenen Substanzen und Methodensteht auf der Internetseite der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA)zum Download zur Verfügung:www.nada-bonn.de

Informationen zur Doping-Präventions -kampagne des LandessportbundesNordrhein-Westfalen und des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport Nordrhein-Westfalen »Falscher Einwurf! NRW«im Internet:www.falscher-einwurf.net

Clasing, Dirk (Hrsg.):Doping und seine Wirkstoffe –Verbotene Arzneimittel im SportBalingen: Spitta-Verl., 2004

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Die Entwicklung und industrielle Produktion sowie derVertrieb von Arzneimitteln stellen einen bedeutendenWirtschaftsfaktor dar.

Der gesamte Industrieumsatz für Arzneimittel betrug imJahr 2007 in Deutschland 23,2 Milliarden Euro, mit einemAnteil rezeptpflichtiger Arzneimittel von 28,9 MilliardenEuro. Der entsprechende Apothekenumsatz betrug 36,4 Mil -liarden Euro. Dies entspricht einem durchschnittlichenPro-Kopf-Umsatz von 454 Euro für etwa 19 Packungen.

Der Umsatz von Arzneimitteln setzt sich aus unterschied-lichen Quellen zusammen. Der Arzneimittelmarkt derGesetzlichen Krankenversicherungen war im Jahr 2003nach wie vor der größte Einzelmarkt mit 22,7 MilliardenEuro Ausgaben für die Versicherten. Hinzu kommenUmsätze aus Privatrezepten und aus dem Verkauf rezept-freier Arzneimittel. Über den Anteil des weltweiten illegalenMarktes von Arzneimitteln liegen keine Zahlen vor.

Das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Gesetz zur Mo -dernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) führt zu Verschiebungenbei den Ausgaben für Arzneimittel. Durch ver änderteZuzahlungsregelungen, Reduzierung der Kostenerstattungdurch die Gesetzlichen Krankenversicherungen für rezept-freie Medikamente, Aufhebung der Preisbindung fürrezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel, Rabattre-gelungen, Erlaubnis des Versandhandels für Arzneimittelund die Einführung von Festbeträgen für so genannteScheininnovationen sollen die Kosten im Gesundheits -system gedämpft werden. Die langfristigen Auswirkungendes Gesetzes bleiben abzuwarten.

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ArzneimittelmarktUmsätze der in Bezug auf Missbrauch undAbhängig keit wichtigsten Medikamentengruppenim Jahr 2007

Schlaf- und Beruhigungsmittel 2007(vor allem Benzodiazepine, benzodiazepinähnlicheWirkstoffe; Anteil pflanzlicher Mittel ohne Abhän-gigkeitspotenzial 40 %)Packungen: 29,5 Millionen Industrie: etwa 126 Millionen Euro Apotheken: etwa 380 Millionen Euro

Tranquillantien 2007Packungen: 11,2 Millionen Industrie: etwa 34 Millionen EuroApotheken: etwa 300 Millionen Euro

Schmerzmittel 2007Packungen: rezeptpflichtige 27,3 Millionen

nicht rezeptpflichtige 122 Millionen

Quelle: Gerd Glaeske: Psychotrope und andere Arzneimittel mit Miss -brauchs- und Abhängigkeitspotenzial. In: Deutsche Hauptstelle fürSuchtfragen (Hrsg.) Jahrbuch Sucht 2009, Geesthacht, 2009, S. 72-98.

Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichenKrankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz -GMG) ist im Internet verfügbar unter:www.bmgs.bund.de/downloads/GKV_Modernisierungsgesetz.pdf

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itDas deutsche Arzneimittelrecht sorgt für Sicherheit imUmgang mit Arzneimitteln. Das Arzneimittelgesetz(AMG) bestimmt beispielsweise, welche Medikamentefreiverkäuflich, apothekenpflichtig oder verschreibungs-pflichtig sind oder unter das Betäubungsmittelgesetz(BTM) fallen. Weiter regelt das AMG, dass Arzneimittelerst dann zugelassen werden, wenn sie von entsprechendenstaatlichen Stellen geprüft wurden. Zuständig sind hierfürdas Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte(BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut, Bundesamt fürSera und Impfstoffe. Zu den Hauptaufgaben des BfArMgehören u. a. die Zulassung und Risikobewertung vonArzneimitteln und Medizinprodukten sowie die Über -wachung des legalen Verkehrs mit Betäubungsmittelnund Grundstoffen.

Auch nach der Zulassung werden Arzneimittel zumSchutz der Verbraucherinnen und Verbraucher ständigbeobachtet, weil sich manche Risiken erst nach längererpraktischer Anwendung bei einer größeren Zahl vonMenschen zeigen. Wie gut eine Therapie wirkt und obbestimmte unerwünschte Wirkungen auftreten, könnenauch gut informierte und gewissenhafte Medizinerinnenund Mediziner nicht vorhersehen. Auftretende Nebenwir-kungen sollten daher immer der behandelnden Ärztinoder dem Arzt mitgeteilt werden. SchwerwiegendeNebenwirkungen unterliegen der Meldepflicht an diezuständige Behörde. Die Arzneimittelkommission derDeutschen Ärzteschaft (AkdÄ) informiert im Auftrag derBundesärztekammer über rationale Arzneitherapie undArzneimittelsicherheit. Mit dem BfArM unterhält sie eineDatenbank zur Spon tanerfassung unerwünschter Arznei-mittelwirkungen, die ihr gemäß ärztlicher Berufsordnungmitgeteilt werden müssen.

Das suchtspezifische Monitoring-System EBIS-med desInstituts für Therapieforschung (IFT) erfasst für dasBfArM Medikamente, die von Klienten ambulanter Sucht-beratungs- und Behandlungsstellen in missbräuchlicherbzw. abhängiger Weise konsumiert werden.

Das BfArM bewertet nicht den Nutzen von Arzneimitteln.Hierfür wurde das Institut für Qualität und Wirtschaft-lichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) eingerichtet, welches darüber hinaus für Patientinnen und Patiententransparente Informationen zur Qualität und Effizienzder Gesundheitsversorgung erstellt.

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ArzneimittelsicherheitUnerwünschte Wirkungen von Arzneimitteln führenzu Einschränkungen und Beschwerden und erhöhendie Häufigkeit und Dauer von Klinikaufenthaltensowie die Sterblichkeit von Patientinnen und Patienten.

Aus diesem Grund sind Entwicklung, Herstellung undZulassung von sowie der Verkehr mit Arzneimittelngesetzlich geregelt und unterliegen einer Beobach-tung durch verschiedene Sicherungssysteme, z.B.:

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft(AkdÄ), Berlinwww.akdae.de

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinpro-dukte (BfArM), Bonnwww.bfarm.de

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit imGesundheitswesen (IQWiG)www.iqwig.de

Institut für Therapieforschung (IFT), Münchenwww.ift.de

Gesetze zu ArzneimittelnGesetze und Verordnungen zu Arzneimitteln werdenvom Bundesministerium für Gesundheit im Internetunter dem Stichwort »Gesetze« zur Verfügunggestellt:www.bmg.bund.de

Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) steht ebenfallsim Internet bereit:bundesrecht.juris.de/bundesrecht/btmg_1981/

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Um sich vor »Risiken und Nebenwirkungen« zu schützenist eigenverantwortliche Information über gesundheitli-che Fragen und Arzneimittel sinnvoll. Verständliche undunabhängige Informationen sind in unterschiedlicherForm erhältlich:

BücherLangbein, Kurt; Hans-Peter Martin; Hans Weiss:Bittere PillenNutzen und Risiken der ArzneimittelKöln: Kiepenheuer & Witsch, 2007

Stiftung Warentest (Hrsg.):Handbuch MedikamenteVom Arzt verordnet – Für Sie bewertetBerlin, 2006

Stiftung Warentest (Hrsg.):Handbuch SelbstmedikationRezeptfreie Mittel – Für Sie bewertetBerlin, 2006

InternetIm Internet steht eine Vielzahl von Angeboten zurGesundheits- und Arzneimittelinformation von unter-schiedlichen Anbietern zur Verfügung. Zwei Beispielehierfür sind:

www.netdoktor.deallgemeine Gesundheitsinformation sowie umfassende Informationen zum Thema Arzneimittel

www.stiftung-warentest.deDatenbank zu rezeptpflichtigen und freiverkäuflichenMedikamenten, teilweise kostenpflichtig

Informationen zum Thema »Arzneimittel und Internet«erhalten Sie beim Bundesministerium für Gesundheit(www.bmg.bund.de) unter dem Stichwort »Arznei mittel«

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Informationen, Rat und HilfeEin Zusammenschluss von Drogennotrufeinrichtun-gen bietet bundesweit telefonische Beratung inSucht- und Drogenfragen für Betroffene und ihreAngehörigen:

Sucht & Drogen HotlineTel.: 01805/313031*Mo.-So. 0-24 Uhr0,14 €/min aus dem Festnetz, andere Mobilfunkpreise möglich.

Weitere Informationen, Materialien und Adressenvon Hilfeangeboten in Ihrer Nähe können Sie aucherfragen bei:

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS)Postfach 1369, 59065 HammTel.: 0 23 81 / 90 15-0Fax: 0 23 81 / 90 15-30Internet: www.dhs.de, E-Mail: [email protected]

Das Info-Telefon der Bundeszentrale für gesundheit-liche Aufklärung (BZgA) beantwortet Fragen zurSuchtvorbeugung. Bei Alkohol- oder anderen Abhän-gigkeitsproblemen bietet das Info-Telefon eine erstepersönliche Beratung mit dem Ziel, Ratsuchende angeeignete lokale Hilfe- und Beratungsangebote zuvermitteln.

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

BZgA-Info-Telefon: 02 21 / 89 20 31Mo. - Do. 10-22 Uhr und Fr. - So. 10-18 UhrInternet: www.bzga.de

Die Telefonseelsorge bietet kostenlose und anonymeBeratung rund um die Uhr und kann geeignete Bera-tungsstellen nennen:Tel.: 08 00-111 01 11 oder 08 00-111 02 22

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DHS Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) e.V. mit

Sitz in Hamm ist der Zusammenschluss der in der Sucht-prävention und Suchtkrankenhilfe bundesweit tätigenVerbände. Dazu gehören die Spitzenverbände der freienWohlfahrtspflege, öffentlich-rechtliche Träger der Sucht-krankenhilfe, Sucht-Fachverbände und Sucht-Selbsthilfe-und Abstinenzverbände.Die DHS koordiniert und unterstützt die Arbeit der Mit-gliedsverbände und fördert den Austausch mit der Wis-senschaft.Die Geschäftsstelle der DHS in Hamm gibt Auskunft undvermittelt Informationen an Hilfesuchende, Experten,Medien- und Pressevertreter sowie andere Interessierte.

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Die Mitglieder der DHS• akzept e.V.• Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.• Bundesarbeitsgemeinschaft der Träger

Psychiatrischer Krankenhäuser • Bahn-Zentralstelle gegen die Alkoholgefahren• Blaues Kreuz in Deutschland e.V. – Bundesgeschäftsstelle• Blaues Kreuz in der Evangelischen Kirche

– Bundesverband e.V.• Bundesfachverband Ess-Störungen• Bundesverband der Elternkreise drogengefährdeter

und drogenabhängiger Jugendlicher e.V.• Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V.

(»buss«)• Caritas Suchthilfe CaSu – Bundesverband der Sucht-

hilfeeinrichtungen im DCV e.V.• Deutsche Gesellschaft für Soziale Arbeit in der Sucht-

hilfe e.V.• Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e.V.• Deutsche Gesellschaft für Suchtpsychologie e.V.• Deutscher Caritasverband e.V.,

Referat Basisdienste und besondere Lebenslagen• Deutscher Frauenbund für alkoholfreie Kultur e.V.• Deutscher Guttempler-Orden (I.O.G.T.) e.V.• Deutsches Rotes Kreuz e.V.• Fachverband Drogen und Rauschmittel e.V. (FDR)• Fachverband Glücksspielsucht e.V.• Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe

– Bundesverband e.V.• Gesamtverband für Suchtkrankenhilfe im

Diakonischen Werk der EKD e.V.• Katholische Sozialethische Arbeitsstelle e.V. (KSA)• Kreuzbund e.V. – Bundesgeschäftsstelle• Paritätischer Gesamtverband – Referat Gefährdetenhilfe

Assoziierte Verbände (Gaststatus)• Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesstellen

für Suchtfragen• Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände

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MedikamenteInfo

Basisinformationen

Impressum

Herausgeber

Deutsche Hauptstellefür Suchtfragen e. V.Postfach 13 6959003 HammTel. 0 23 81/90 15-0Fax 0 23 81/90 15-30E-Mail: [email protected]: www.dhs.de

Konzeption und TextKarin Mohn, Dortmund

RedaktionChrista Merfert-Diete

Gestaltung[designbüro], Münster

DruckSchreckhase, Spangenberg

Auflage4.50.11.09

Best. Nr.33230003

Diese Broschüre wird von der DHS undder BZgA kostenlos abgegeben. Sie istnicht zum Weiterverkauf durch dieEmpfängerin/den Empfänger oder Drittebestimmt.

Gefördert von der Bundeszentrale fürgesundheitliche Aufklärung (BZgA)

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