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Mauthausen MeMorial | KZ-GedenKstätte Mauthausen

mauthausen memorialneu gestalten

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mauthausen memorial neu gestaltenmauthausen memorialneu gestalten

iMPressuM

herausGeber

Bundesministerium für Inneres, Abteilung IV/7

GesaMtleitunG

Barbara Schätz

autoren

Christian Dürr, Florian Freund, Harald Hutterberger, Yariv Lapid, Ralf Lechner, Stephan Matyus, Bertrand Perz, Barbara Schätz, Jörg Skriebeleit, Franz Sonnenberger, Heidemarie Uhl, Robert Vorberg

layout/GrafiK

brainiacs | werbe gmbh

leKtorat

Christine Schindler

KorreKtorat

Sigma Tau Stummvoll KG

drucK

radinger.print

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rahmenkonzept für die neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Wien 2009

mauthausen memorialneu gestalten

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inhaltsVerZeichnis

VorWort .................................................................................... 6

einleitunG .................................................................................. 7

entwicklung der neukonzeption ................................................................. 7

das Konzentrationslager Mauthausen 1938–1945 ..................................... 9

die KZ-Gedenkstätte Mauthausen ........................................................... 10

die Gedenkkultur in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ............................... 12

GrundsätZe der neuGestaltunG ............................................. 14

leitlinien für die neugestaltung ............................................................... 14

umgang mit dem ort ........................................................................... 15

Pädagogische Grundsätze der Gedenkstättenarbeit .................................... 18

die außenlager und das KZ Gusen ......................................................... 21

das deZentrale ausstellunGsKonZePt ................................... 24

bezeichnung und Kommentierung des historischen orts ............................. 25

der neue rundgang als erschließungsroute .............................................. 26

Überblicksausstellung „die Geschichte des KZ Mauthausen 1938–1945“ ..... 31

themenzentrierte ausstellung „Massenvernichtung im Konzentrationslager Mauthausen“ ........................................................... 33

themenzentrierte ausstellung „die häftlinge des Konzentrations lagers Mauthausen“ ....................................................................................... 35

themenzentrierte ausstellung „der steinbruch“ ......................................... 37

themenzentrierte ausstellung „lager-ss“ ................................................. 39

themenzentrierte ausstellung „nachgeschichte“ ........................................ 41

infrastruKtur......................................................................... 44

das besucherzentrum: funktionen und künftige nutzung ............................ 44

empfangsportal ................................................................................... 45

Museumsdepot .................................................................................... 45

erreichbarkeit der KZ-Gedenk stätte ......................................................... 46

internet-auftritt .................................................................................... 46

MitGlieder der arbeitsGruPPe ................................................ 48

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Die Ruhe war unangenehm, fast drückend, am Ende jenes Interviews, das ich mit dem ehemaligen Häftling und KZ-Überleben-den Hans Maršálek anlässlich einer Dis-kussionsveranstaltung führte. Und der Kloß in meinem Hals war dick, als ich sah, wie dieser 94-jährige Mann Tränen in den Augen hatte, als er über die Ver-blendetheit ewig Gestriger und mancher heutiger Jugend licher sprach. Es sind jene Momente, die mir sehr plastisch die große Motivation für meine Arbeit vor Augen führen: Das Ankämpfen gegen das Verges-sen. Der wichtige Ruf: „Niemals wieder!“, der nicht verhallen darf, gegen den wir niemals abstumpfen dürfen.

Seit vier Jahren bin ich nun für die KZ-Gedenkstätte Mauthausen verant-wortlich, und als Historikerin einer-seits, als 78er-Jahrgang und damit relativ junges Semester andererseits stelle ich mir von Anfang an die Frage: Wie prä-sentiert sich Mauthausen? Sind das viele alte Gebäude, die an eine furchtbare Zeit erinnern? Ist das ein Lernort für rund 200.000 BesucherInnen, die jedes Jahr über das Gelände streifen und sich ihr Bild ma-chen, ist es in erster Linie ein Gedenkort, ein Friedhof? Wie zulässig ist der Begriff „Freilichtmuseum“?

Viele Fragen, die in einem komplexen, langwierigen Prozess auch schon unzäh-lige Positionen und entsprechende Gegen-

positionen hervorgebracht haben. Mit der 1970 eröffneten und seither weitge-hend unveränderten Ausstellung steht die KZ-Gedenkstätte Mauthausen seit lan-gem in einer mal ambitioniert, mal ver-halten geführten Diskussion, im leider manchmal politischen, oft jedoch aber auch wissenschaftlichen Streit. Als – und das ist keine Erfolgsmeldung – letzte der großen KZ-Gedenkstätten wird sie nun grundlegend reformiert. Das vorliegende Konzept ist hierfür die Basis. Erdacht, er-stritten, durchgearbeitet, fein und präzise diskutiert und nun vorgelegt haben wir es zu zwölft. Experten und Expertinnen, die aus unterschiedlichen Disziplinen mit vielfältigen Zugängen zum Thema und mit großer Kraft, mit Verantwortungsbe-wusstsein und Motivation ans Werk gin-gen. Bertrand, Heidemarie, Christian und Stephan, Franz, Jörg und Florian, Robert, Harald und Ralf, Yariv: Ich danke Euch.

Die kommenden Jahre werden also Jahre der Veränderungen in Österreichs größter KZ-Gedenkstätte. Wir werden über unsere Arbeit informieren, das Gespräch mit den Überlebenden suchen, den Dialog mit der Öffentlichkeit und unseren so wichtigen Partnern führen und unser Bestes geben: Gemeinsam wird uns das gelingen und so hat dieses Mahnmal für mehr Humanität und Menschenwürde sowie gegen Aus-grenzung und Intoleranz eine trotz allem „aussichtsreiche“ Zukunft.

VorWort

Barbara Schätz

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entWicKlunG der neuKonZePtion

Seit zwei Jahrzehnten wird von renom-mierten WissenschafterInnen als auch von gesellschaftlichen Interessengruppen auf die Notwendigkeit einer Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen hinge-wiesen. Die in der Vergangenheit erarbei-teten Reformkonzepte kamen jedoch nie zur Umsetzung. Im Jahr 2001 rief der da-malige Bundesminister Ernst Strasser eine Initiative zur Reform der KZ-Gedenkstät-te Mauthausen ins Leben. Konkrete und rasch erfolgte Ergebnisse waren unter anderem die Errichtung der neuen Besu-cherzentren in Mauthausen und Gusen, die Aufzeichnung der Erinnerungen von hunderten Überlebenden des Lagers im Rahmen eines internationalen Interview-projekts, die Erstellung der Website www.mauthausen-memorial.at sowie die Instal-lierung eines wissenschaftlichen Beirats, der später in das größere Internationale Forum Mauthausen übergeführt wurde. Andere wesentliche Bereiche, wie die drin-

gend notwendige Neugestaltung der per-manenten Ausstellung oder die Professio-nalisierung der Gedenkstättenpädagogik, blieben vorerst hintangestellt.

Im Jahr 2008 initiierte Bundesminister Günter Platter in der Folge die museale Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Maut-hausen und beauftragte die im Innenminis-terium für KZ-Gedenkstätten zuständige Abteilung IV/7 mit der Ausarbeitung eines Konzepts. Eine Arbeitsgruppe wurde ins Leben gerufen, die sich neben Mitarbei-terInnen der Abteilung auch aus externen ExpertInnen aus unterschiedlichen Fach-gebieten (Zeitgeschichte, Gedenkstätten-pädagogik, Museologie) zusammensetzt. Mit insgesamt dreizehn Mitgliedern blieb die Arbeitsgruppe in einer Größenord-nung, die eine effiziente Diskussion und Entscheidungsbildung ermöglichte. Mit der Einbindung von Fachleuten aus dem Gedenkstätten- und Museumsbereich in Deutschland konnte zugleich von Erfah-rungen profitiert werden, die in den ver-

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mauthausen memorial neu gestaltenmauthausen memorialneu gestalten

gangenen Jahren dort im Zuge von Neuge-staltungsprozessen gemacht wurden.

In den ersten Sitzungen wurden vor allem grundsätzliche Fragen wie die der päda-gogischen Ziele der Neugestaltung, der Besonderheiten der Geschichte des Kon-zentrationslagers Mauthausen oder der nationalen und internationalen Bedeutung der KZ-Gedenkstätte thematisiert. Auf Basis dieser grundsätzlich gehaltenen Dis-kussionen konnte man sich daraufhin den spezifischen Gegebenheiten vor Ort zuwen-den. Ein Schwerpunkt der Arbeit war in diesem Zusammenhang die Definition der relevanten historischen Inhalte, welchen eine Neugestaltung zu folgen hat, und de-ren Abstimmung mit der Topographie der Gedenkstätte. Das vorliegende Konzept ist das Ergebnis der in der Arbeitsgruppe geführten Diskussionen und gemeinschaft-lich getroffenen Entscheidungen.

Neben der Definition grundsätzlicher Richtlinien im Umgang mit dem histori-schen Ort sowie der notwendigen Inhalte für die Darstellung der Lagergeschichte war es der Gruppe auch wichtig, konkrete Umsetzungsmaßnahmen und dafür nötige Vorarbeiten (Umbau- und Sanierungsmaß-nahmen, Forschungs- und Sammlungsbe-darf etc.) festzulegen.

Neben der Arbeit am Konzept wurden zu-dem bereits konkrete Projekte initiiert, de-ren Ergebnisse die Grundlage für die kom-mende Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen bilden. Insbesondere ist hier die boden- und bauarchäologische Befun-dung des Gedenkstättenareals zu nennen, welche seit Herbst 2008 in Kooperation mit dem Institut für Ur- und Frühgeschich-te sowie dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien durchgeführt wird. Weiters wurden seitens des Bundesministe-riums für Wirtschaft, Familie und Jugend zwei Grundstücke angekauft, auf denen

sich ursprünglich wesentliche Lagerberei-che wie die Aschenhalde und der so ge-nannte Lagerteil III befunden hatten. Diese können somit in Zukunft in das Konzept der Gedenkstätte mit eingebunden wer-den. Schließlich wird mit der laufenden Sammlungs- und Forschungstätigkeit des Archivs der KZ-Gedenkstätte Mauthau-sen eine wichtige Basis für die Vermittlung historischer Inhalte geschaffen.

Die Arbeit an der Neukonzeption der KZ-Gedenkstätte Mauthausen wurde schon bisher in enger Zusammenarbeit mit ex-ternen ExpertInnen und Institutionen aus unterschiedlichen Fachbereichen realisiert. Für die Phase der Umsetzung werden eine Ausweitung und Intensivierung dieser Ko-operationen noch wichtiger werden, ohne die eine nachhaltige Neugestaltung nicht möglich sein wird.

Das vorliegende Konzept wird bei der Neu-gestaltung der KZ-Gedenkstätte als Leitfa-den dienen und den inhaltlichen Rahmen vorgeben. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und der bei der Präsentation des Konzepts beim Dialogforum Mauthausen gemachten Anmerkungen und Vorschläge wird das Konzept als Basis für die Erar-beitung einzelner Detailkonzepte dienen. Der Umfang der Maßnahmen macht eine schrittweise Umsetzung des Gesamtpro-jekts nötig, die unmittelbar nach der Prä-sentation beginnen wird. Die Arbeitsgrup-pe wird, um diese Schritte zu definieren, die Detailkonzepte zu erarbeiten und um diese in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Abteilung IV/7 zu realisieren, weiter-bestehen. Priorität wird die Realisierung des dezentralen Ausstellungskonzepts, beginnend mit der Überblicksausstellung und der Bezeichnung und Kommentierung des historischen Ortes sowie Umsetzung der pädagogischen Grundsätze, haben.

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das KonZentrationslaGer Mauthausen 1938–1945

Am 8. August 1938, fünf Monate nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nati-onalsozialistische Deutschland, trafen die ersten Häftlinge aus dem KZ Dachau in Mauthausen ein.

Ausschlaggebend für die konkrete Stand-ortwahl des KZ Mauthausen waren, wie auch beim 1940 errichteten Zweiglager Gusen, die bestehenden Granitsteinbrüche. Die Häftlinge wurden zunächst bei der Er-richtung der Lager eingesetzt und sollten für das SS-eigene Unternehmen „Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH.“ (DESt) vor allem Baustoffe für die Monumental- und Prestigebauten des Deutschen Reichs pro-duzieren.

Die politische Funktion des Lagers, die dauerhafte Verfolgung und Inhaftierung der tatsächlichen oder vermeintlichen po-litischen und ideologischen Gegner, war bis zum Jahr 1943 vorrangig. Mauthau-sen und Gusen waren zeitweise als einzige

Lager der „Lagerstufe III“ zugeteilt. Dies bedeutete die härtesten Haftbedingungen innerhalb des Systems der nationalsozia-listischen Konzentrationslager. Die Sterb-lichkeit war in dieser Zeit eine der höchs-ten unter den Konzentrationslagern im Deutschen Reich.

Wie in allen Konzentrationslagern wur-den ab 1942/43 die Häftlinge auch in Mauthausen zunehmend für die Zwecke der Rüstungsindustrie zur Arbeit heran-gezogen. In der Folge wurden zahlreiche Außenlager errichtet, und die Zahl der Häftlinge stieg stark an. Ende 1942 waren 14.000 KZ-Häftlinge in Mauthausen, Gu-sen und wenigen Außenlagern inhaftiert, im März 1945 mehr als 84.000.

Ab der zweiten Hälfte des Jahres 1944 tra-fen Evakuierungstransporte mit tausenden Häftlingen vor allem aus den Konzentra-tionslagern im Osten in Mauthausen ein. Zudem wurden im Frühjahr 1945 die öst-lich von Mauthausen gelegenen Außenla-ger sowie die Zwangsarbeiterlager für die ungarischen Juden aufgelöst.

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Sowjetische Kriegsgefangene auf dem Appellplatz, SS-Foto, Oktober 1941

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Die Häftlinge wurden in regelrechten To-desmärschen Richtung Mauthausen ge-trieben. Dies führte in Mauthausen, Gusen sowie in den Außenlagern Ebensee, Steyr und Gunskirchen zur völligen Überfül-lung. Hunger und Krankheiten ließen die Sterblichkeit sprunghaft ansteigen.

Entgegen der ursprünglichen Konzeption, ein Lager für männliche Österreicher zu errichten, stammte die Mehrzahl der ins-gesamt etwa 200.000 nach Mauthausen Deportierten aus mehr als 40 Nationen, vor allem aus Polen, der Sowjetunion und Ungarn. Darüber hinaus waren im Kon-zentrationslager Mauthausen auch große Gruppen von Deutschen und Österrei-chern, Franzosen, Italienern, Jugoslawen und republikanischen Spaniern inhaftiert. Jüdische Häftlinge aus Ungarn und Polen kamen in größerer Zahl ab Frühjahr 1944. Im selben Jahr wurden auch mehrere tau-send Frauen in das KZ Mauthausen ein-gewiesen.

Tausende Häftlinge wurden erschlagen, erschossen, durch Injektionen ermordet oder im Rahmen von „Totbadeaktionen“ dem Tod durch Unterkühlung ausgesetzt. Über 10.200 KZ-Häftlinge wurden in der Gaskammer des Hauptlagers, im Lager Gusen oder in der Tötungsanstalt Schloss Hartheim bzw. in einem zwischen Maut-hausen und Gusen pendelnden Gaswagen durch Giftgas ermordet. Die Mehrzahl der Häftlinge starb an den Folgen der rück-sichtslosen und von Misshandlungen be-gleiteten Ausbeutung ihrer Arbeitskraft bei gleichzeitiger Unterversorgung mit Le-bensmitteln, mangelhafter Bekleidung so-wie fehlender medizinischer Versorgung. Insgesamt kamen etwa 100.000 Häftlinge in Mauthausen, Gusen und den Außenla-gern ums Leben, davon etwa die Hälfte in den letzten vier Monaten vor der Befrei-ung. Mauthausen wurde am 5. Mai 1945 von der US-Army befreit.

die KZ-GedenKstätte Mauthausen

Die US-Army war in den Tagen und Mo-naten nach der Befreiung mit der Versor-gung der Überlebenden, der Bestattung der aufgefundenen Toten in einem eigens an-gelegten Friedhof, der Dokumentation der Verbrechen sowie der Repatriierung der ehemaligen Häftlinge befasst.

Mit der Festlegung der Besatzungszonen kam das Lager Mauthausen im Sommer 1945 unter sowjetische Verwaltung, diente für mehrere Monate als Kaserne und stand dann bis zur Übergabe an die Republik im Juni 1947 leer. Die anwohnende Bevölke-rung sah das ehemalige Lager als Depot wertvoller Baustoffe an und nahm umfang-reiche Demontagen vor. Diese Phase einer pragmatischen Nutzung des Ortes endete am 20. Juni 1947 mit der Übergabe des ehe-maligen Lagers durch die sowjetische Besat-zungsmacht an die Republik Österreich, die mit der Verpflichtung verbunden war, eine würdige Gedenkstätte zu errichten.

Zwischen 1947 und 1949 etablierte die Re-publik auf dem Lagergelände eine staatliche Gedenkstätte, die mit dem Abriss weiter Bereiche des Lagers und dem Verkauf fast aller SS- und Häftlingsbaracken einherging. Angesichts erwarteter hoher Erhaltungs-kosten wurden nur als historisch besonders wichtig erachtete Teile des Lagers erhalten, die dem Martyrium der Häftlinge besonde-ren Ausdruck verleihen konnten. Die ver-bliebenen Überreste wurden als Zeugnisse der Geschichte des KZ in ihrer Bedeutung erhöht, die durch die Renovierungsaktivi-täten und Gestaltung des Geländes noch betont wurde.

Als zusätzliche Gedenkbereiche wurden auf dem Appellplatz ein Sarkophag errichtet sowie im ehemaligen Wäschereigebäude eine Kapelle und ein säkularer Weiheraum eingerichtet.

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Im Frühjahr 1949 erfolgte die Eröffnung der Gedenkstätte als „Öffentliches Denk-mal Mauthausen“. Mauthausen zählt da-mit zu den frühesten staatlichen KZ-Ge-denkstätten in Europa.

Nach der Eröffnung der Gedenkstätte er-lahmte in Österreich das öffentliche Inter-esse an Mauthausen. Während des Kalten Krieges war die Gedenkstätte ein Ort, der in der Ikonographie des Wiederaufbaus Österreichs keinen Platz hatte und nun auch von einer Gedenkkultur, die ihren sichtbarsten Ausdruck in der flächende-ckenden Errichtung von Krieger- und Ge-fallenendenkmälern fand, in den Hinter-grund gedrängt wurde.

Auf Initiativen aus den verschiedenen Herkunftsländern der ehemaligen Häftlin-ge begann in dieser Zeit in Mauthausen, ausgehend von Frankreich, die Errichtung zahlreicher nationaler Denkmäler. Der Denkmalpark auf dem Gelände der ehe-maligen SS-Baracken umfasst heute auch Monumente für nationenübergreifende Opfergruppen – wie Juden, Roma und Sinti oder Jugendliche – und gilt als Beson-derheit der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Damit wurde das ursprüngliche Konzept, das den historischen Überrest als adäqua-

tes Denkmal für das Häftlingsleiden ansah, zugunsten von symbolisierenden Denkmä-lern verlassen.

Anfang der 1960er-Jahre wurde in einem Teil des ehemaligen Häftlingslagers ein Friedhof angelegt, in den die sterblichen Überreste von KZ-Opfern aus den „ame-rikanischen Friedhöfen“ in Mauthausen und Gusen sowie aus den von der SS ange-legten Massengräbern umgebettet wurden. Im Lagerteil II und im Bereich der Häft-lingsbaracken 16 bis 19 liegen mehr als 14.000 Opfer bestattet.

Auf Initiative ehemaliger Häftlinge, be-gleitet von der Gründung der überpar-teilichen Österreichischen Lagergemein-schaft Mauthausen im Jahr 1964, wurde Mitte der 1960er-Jahre durch die Repu-blik eine Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers in Auftrag gegeben. Die unter der Leitung des ehemaligen Mauthausen-Häftlings Hans Maršálek eingerichtete Ausstellung im ehemaligen Krankenrevier wurde 1970 eröffnet. Diese permanente Ausstellung über NS-Verbrechen in Öster-reich machte die Gedenkstätte über ihren Friedhofs- und Denkmalcharakter hinaus zu einem Ort politischer und historischer Bildung.

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Der Denkmalpark in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, 2008

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mauthausen memorial neu gestaltenmauthausen memorialneu gestalten

Mit diesem „Museum“ Mauthausen war die Voraussetzung für die Entwicklung der Gedenkstätte zu einem zentralen Ort der Auseinandersetzung mit der Geschichte der NS-Verbrechen in Österreich gegeben. Diese machte sich in steigenden Besucher-zahlen bemerkbar. Die zunehmende Rele-vanz der Gedenkstätte für die historisch-politische Bildung fand ihren Ausdruck auch in den seit den 1970er-Jahren erfolg-ten regelmäßigen offiziellen Besuchsemp-fehlungen für Schulen durch das Unter-richtsministerium.

Parallel dazu stieg das Interesse an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen als einer Plattform unterschiedlichster politischer und kultureller Inszenierungen. Die jähr-lichen Befreiungsfeiern wurden nun auch von hochrangigen PolitikerInnen und Re-präsentantInnen des öffentlichen Lebens wahrgenommen. Die Angelobung von Soldaten im Jahr 1983 und der Besuch von Papst Johannes Paul II. 1988 rückten Mauthausen verstärkt in den Mittelpunkt öffentlicher Aufmerksamkeit. Auch um-strittene „Events“, wie das Konzert der Wiener Philharmoniker im Jahr 2000, verdeutlichen, dass die KZ-Gedenkstätte Mauthausen am Ende des 20. Jahrhun-derts in das Zentrum der offiziellen ös-terreichischen Erinnerungskultur gerückt und bis heute geblieben ist. Der Tag der Befreiung von Mauthausen ist seit 1997 offizieller Gedenktag der Republik für die Opfer des Nationalsozialismus.

Die seit den 1990er-Jahren auch vor dem Hintergrund internationaler politischer Umwälzungen wie veränderter Bezug-nahmen auf die NS-Vergangenheit in Ös-terreich geführte Debatte über notwendi-ge Reformen der Gedenkstätte führte im Jahr 2003 unter anderem zur Errichtung des Besucherzentrums, mit welcher der Grundstein für die Neukonzeption der Ge-denkstätte gelegt wurde.

die GedenKKultur in der KZ-GedenK-stätte Mauthausen

Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen ist nicht nur ein historischer Ort, an dem die Verbre-chen des NS-Regimes, aber auch Überleben und Widerstand dargestellt werden, son-dern vor allem auch ein Friedhof und Ge-denkort, der dem Andenken an die Opfer gewidmet ist. Nach wie vor kommen Über-lebende und Angehörige von Mauthausen-Häftlingen aus der ganzen Welt an diesen Ort, um zu gedenken.

So wie für die Entstehung und Entwicklung der Gedenkstätte die Initiative ehemaliger Häftlinge entscheidend war, wurde auch die Gedenkkultur bis in jüngste Zeit vor allem von Überlebenden und deren Organi-sationen getragen. Die erste Gedenkfeier in Mauthausen fand am 16. Mai 1945 statt, es war die Abschiedsfeier für die ehemali-gen sowjetischen Häftlinge auf dem Appell-platz. Diese „Internationale Solidaritäts-kundgebung“ enthielt bereits alle Elemente, die den „offiziellen“ internationalen Teil späterer Befreiungsfeiern prägen sollten, wie der ritualisierte Einmarsch der ehemali-gen Häftlinge ins Lager und ihre Aufstel-lung am Appellplatz.

Seit 1946 werden jeweils um den Befreiungs-tag im Mai auf dem ehemaligen Lagergelän-de die von den Organisationen ehemaliger Häftlinge organisierten internationalen Be-freiungsfeierlichkeiten begangen. Als eine soziale Praxis des Erinnerns waren sie in den ersten Jahrzehnten zentral für die Stif-tung und Bewahrung der Gruppenidentität von Opferverbänden. Zugleich signalisier-ten sie nach außen, dass die Geschehnisse im KZ Mauthausen weiterwirken und nicht einfach vergessen werden können.

Die Teilnahme an Befreiungsfeierlichkeiten wie auch generell die Besuche des ehemali-gen KZ Mauthausen und seiner Außenlager

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beschränkte sich in den ersten Nachkriegs-jahrzehnten vor allem auf Überlebende und Angehörige von nach Mauthausen Depor-tierten. Die Anteilnahme der österreichi-schen Bevölkerung wie des offiziellen Ös-terreichs an diesen jährlichen Gedenkfeiern blieb bis in die 1970er-Jahre gering. Die Präsentation des ehemaligen KZ Mauthau-sen als Ort österreichischen Opferwillens stand gerade bei Befreiungsfeierlichkeiten im Widerspruch zur Geschichtserfahrung großer Teile der österreichischen Gesell-schaft mit ihrer aktiven Partizipation am Nationalsozialismus. Erst mit den ab den 1970er-Jahren erfolgten Veränderungen im österreichischen Geschichtsbewusstsein erfuhr die Gedenkkultur in Mauthausen zunehmende Beachtung durch Gesellschaft und Politik. Damit ging die Etablierung der Gedenkstätte als Ort der Geschichtsver-mittlung und politischen Bildung einher.

Diese Neuorientierung ist allerdings nicht allein ein österreichisches Phänomen: Die im Zuge der politischen Umwälzun-gen Anfang der 1990er Jahre geführten Grundsatzdebatten über den Umgang mit dem Nationalsozialismus im jeweiligen nationalen Gedächtnis haben in vielen eu-ropäischen Ländern den Anstoß zu neuen Formen des Gedenkens an die Opfer des NS-Regimes gegeben. Holocaust-Denkmä-ler, Gedenkmuseen, die Neugestaltung von zeitgeschichtlichen Ausstellungen und Ge-denkstätten bilden seit den 1990er-Jahren eine neue europäische Erinnerungskultur. Gedenkstätten an die Verbrechen des Na-tionalsozialismus werden als Orte wahr-genommen, die einen besonderen Zugang

zur Geschichte dessen, was hier „vor Ort“ geschah, eröffnen.

In Mauthausen und insbesondere auch an den Standorten anderer Lager wie Gu-sen und den Außenlagern wird vor diesem Hintergrund seit den 1980er-Jahren die Gedenkkultur zunehmend von nachgebo-renen Generationen getragen und gepflegt. Im Jahr 2000 übergab die Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen ihre Agen-den an deren Nachfolgeorganisation Maut-hausen Komitee Österreich.

Materiellen Ausdruck fand und findet diese Gedenkkultur insbesondere in der Errich-tung von Gedenkstätten und Denkmälern an den Standorten der ehemaligen Außen-lager. In Mauthausen selbst sind neben den offiziellen Denkmälern und Gedenkräumen Orte entstanden, die spezifische Formen des kollektiven, aber auch des individuellen Ge-denkens ermöglichen, wie etwa der Bereich des ehemaligen Krematoriums.

Diese Orte und die mit ihnen verbundenen Formen des Gedenkens sind ein wesentli-cher Teil der Gedenkstätte, sie werden durch eine lebendige Erinnerungskultur getragen, die es auch in Zukunft zu stärken gilt.

Insbesondere wird es im Zuge der Neuge-staltung notwendig sein, bisher vernachläs-sigte Orte des Gedenkens, wie die ehemali-ge Aschenhalde, durch eine entsprechende Ausgestaltung und Zugänglichkeit in ihrer Bedeutung sowohl für die Geschichte des Lagers wie als Ort der Toten entsprechend hervorzuheben.

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Einmarsch ehemaliger Häftlinge bei der Befreiungsfeier im Mai 1955

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leitlinien fÜr die neuGestaltunG

Die Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen reiht sich in einen laufen-den Veränderungsprozess ein, der den Ort seit seiner Übergabe an die Republik Ös-terreich im Jahr 1947 geprägt hat. Die im Rahmen der Neugestaltung gesetzten Maßnahmen müssen dabei als Teil eines fortlaufenden historischen Prozesses ver-standen werden.

Die Konzeptgruppe hat sich daher ent-schlossen, Leitlinien zu entwickeln, die über die Dauer der Neugestaltung hinaus Gültigkeit haben sollen.

Die Leitlinien bestimmen somit nicht nur die Art und den Umfang der im Zuge der aktuellen Neugestaltung durchgeführten Maßnahmen, sondern sollen auch in Zu-kunft Entscheidungen regeln und Maß-gaben für einen verantwortungsvollen Umgang mit der KZ-Gedenkstätte Maut-hausen setzen. Sie sind somit jene Parame-ter, anhand derer die gesamte Arbeit der kommenden Jahre immer wieder überprüft werden muss.

Die historische Bausubstanz ist grund-1. sätzlich zu erhalten. Bauliche Maßnahmen, einschließlich 2. der Renovierungs- und Erhaltungsmaß-nahmen der historischen Bausubstanz, bedürfen in jedem Fall einer vorherge-henden wissenschaftlichen Befundung. Bezugspunkt für die Neugestaltung ist 3. der dokumentierte Zustand des Lagers vom 5. Mai 1945. Auf bereits erfolg-te Rekonstruktionen und Eingriffe in historischer Bausubstanz nach 5. Mai 1945 ist Bezug zu nehmen. Die bestehenden Gedenkbereiche und 4. Friedhöfe sind als solche zu erhalten und in Erinnerung an die Opfer würdig zu bewahren. Das Informationsangebot muss am his-5. torischen Ort ansetzen ohne mit ihm in Konkurrenz zu treten. Das Informationsangebot der KZ-6. Gedenkstätte muss nach unterschied-lichen Besuchergruppen differenziert aufbereitet sein. Es sind Vorgaben für gestalterische 7. Eingriffe zu erarbeiten, die in der Um-setzung verbindlich einzuhalten sind. Jede auch künftige gestalterische Maß-8. nahme muss den Status quo ante doku-mentieren.

GrundsätZe der neuGestaltunG

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uMGanG Mit deM ort

uMGanG Mit den baulichen Überresten des laGers nach 1945Das von der US-Army am 5. Mai 1945 be-freite KZ Mauthausen war, gemessen an den Planungen der SS, nicht fertiggestellt. Von 1938 bis 1945 wurde am Lager Maut-hausen gebaut, nicht nur um die ständig steigende Zahl an Häftlingen unterzubrin-gen, sondern auch den mit der zunehmen-den Funktionserweiterung der Konzentra-tionslager einhergehenden Erfordernissen nachkommen zu können.

Das KZ Mauthausen war bereits vor der Befreiung mit der Absicht verändert wor-den, die Spuren der dort begangenen Ver-brechen zu beseitigen. Die SS hatte große Mengen an Dokumenten und Fotos ver-brennen lassen, die Gaskammer wurde hektisch ihrer technischen Einrichtungen

entkleidet. Dies macht es schwierig, eine Stunde Null des archäologischen Überres-tes zu bestimmen, die als zeitliche Referenz für die Vermessung nachträglicher Verän-derungen fungieren kann, trotzdem er-scheint der 5. Mai 1945 als Tag der Befrei-ung als zentraler Bezugspunkt sinnvoll.

Für die US-Army war das befreite Lager vor allem ein Tatort nationalsozialistischer Verbrechen. Viele befreite Häftlinge sahen das ehemalige Lager zunächst vor allem als einen Leidensort und die baulichen Überreste repräsentierten in ihren Augen die dort begangenen Verbrechen. Die Re-likte bekamen so zum Teil den Status von Reliquien.

Entgegen dem Interesse ehemaliger Häft-linge am Erhalt von Überresten des Lagers wurden diese von anderen Personengrup-pen als ein Depot wertvoller Baustoffe

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Die Aschenhalde mit Gedenkstein und Kreuz, 2006

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gesehen, an denen in der unmittelbaren Nachkriegszeit großer Mangel herrschte. Bis zur Übergabe des Lagers an die Repu-blik 1947 wurden so die baulichen Reste des Lagers willkürlich dezimiert. Auch die Einrichtung der Gedenkstätte bis 1949 ging mit der gezielten Demontage wesentli-cher Teile des Lagers einher, wofür sowohl Kostengründe wie auch die Vorstellung von der unterschiedlichen historischen Bedeutung einzelner Überreste für die Repräsentation des Häftlingsleidens aus-schlaggebend waren. Andererseits wurden während der Umgestaltung des ehemaligen Lagers in eine würdige Gedenkstätte als auch danach Renovierungsarbeiten vorge-nommen, die heutigen Standards des Um-gangs mit historischer Bausubstanz nicht entsprechen.

So wurde der historische Ort mehrfach überformt und verändert, diese Eingriffe jedoch lange Zeit nur unzureichend doku-mentiert.

uMGanG Mit den baulichen Überresten iM ZuGe der neuGestaltunGEin Ziel der Neugestaltung der Gedenk-stätte ist ein dem Erhalt und maximalen Schutz verpflichteter Umgang mit den er-haltenen Bauwerken und Elementen des Lagers im Sinne der nationalen und in-ternationalen Gesetze und Konventionen. Dieser orientiert sich am baulichen Zu-stand 5. Mai 1945, berücksichtigt gleich-zeitig aber Gedenkbereiche wie Friedhöfe als wesentlichen Teil der Nach- bzw. Re-zeptionsgeschichte des Lagers. Ziel ist es, diese verschiedenen Zeitschichten deutlich voneinander unterscheidbar und somit er-kennbar zu machen.

Mögliche Rückbauten nachträglicher Ver-änderungen, etwa die Entfernung des in den 1980er-Jahren angebrachten Asphalts am Appellplatz, orientieren sich an pä-dagogischen und wissenschaftlichen Argu-

menten und finden ausschließlich auf Ba-sis vorangegangener archäologischer und bauarchäologischer Befundung statt. Re-konstruktionen sind, abgesehen von bau-sichernden Maßnahmen, nicht angestrebt, notwendige bauliche Eingriffe sollen so gering wie möglich erfolgen.

sichtbarMachunG der laGerGrenZenDie zwischen 1947 und 1949 festgelegten Grenzen der KZ-Gedenkstätte Mauthau-sen umfassten nur einen Teil des früheren Konzentrationslagers, viele Bereiche des Lagers wurden an die früheren Grund-stückbesitzer zurückgegeben, darunter auch Teile des Häftlingslagers wie das ehemalige Zeltlager und das Lager III (das 2009 von der Republik erworben wurde). Außerhalb der Gedenkstätte blieben auch die Aschenhalde und Erschießungsstätte, viele Wirtschafts- und Werkstattgebäude sowie technische Einrichtungen des La-gerkomplexes. Der Steinbruch „Wiener Graben“, ein zentrales Symbol für Maut-hausen, wurde erst in den 1950er-Jahren in die Gedenkstätte integriert, ein Teil des Betriebsgeländes blieb ebenso wie die SS-Siedlung (heute Bernaschek-Siedlung) je-doch weiterhin außerhalb.

Diese Festlegung der Grenzen entschied über Erhalt oder Verfall der unterschied-lichen Bauwerke und Gebäude des Lagers. Aber auch im Bereich der Gedenkstätte selbst wurden Teile des Lagers nach 1945 überformt und verändert, sodass sie heu-te nur schwer als Bereiche des ehemaligen Konzentrationslagers wahrgenommen werden können. Dies gilt etwa für das Areal des ehemaligen Sanitätslagers, das von der US-Army niedergebrannt worden war, um Seuchen zu unterbinden.

Durch zurückhaltende landschaftsgestalte-rische Maßnahmen wie historische Kom-mentierung dieser Lagerbereiche soll die ursprüngliche Struktur und Ausdehnung

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des Lagers wieder lesbar gemacht werden, wobei auch hier auf jede Form von Re-konstruktion verzichtet wird. Diese Inter-ventionen sind Teil eines zu entwickelnden landschaftsarchitektonischen Gesamtkon-zeptes der Gedenkstätte.

Eine Voraussetzung, die die Realisierung dieses Ziels in vollem Umfang wesentlich erleichtert, ist der von der Gedenkstätte längerfristig angestrebte und schrittweise erfolgende Erwerb jener nicht im Eigentum der Republik befindlichen Grundstücksflä-chen, auf denen sich Teile des Lagers be-funden haben.

Eine weitere wesentliche Voraussetzung ist die bereits in Gang befindliche Durch-führung archäologischer Untersuchungen. Diese erfolgt in Zusammenarbeit zwischen Gedenkstätte und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte sowie dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, die genauere Informationen über Topographie und noch vorhandene Spuren heute nicht mehr erkennbarer Lagerbereiche (Sanitäts-lager, Lager III, Zeltlager) liefern.

ZuGänGlichKeit Von räuMen und Gebäuden des laGersBestimmte Bereiche der KZ-Gedenkstätte Mauthausen sind in besonderer Weise durch eine Überlappung von historischer Bedeutung und verschiedenen Funktio-nen gekennzeichnet. Sie waren Ort des Sterbens und sind archäologischer, muse-al genutzter Überrest sowie Denkmal und Gedenkort.

Ein derartiger zentraler wie sensibler Ort der Gedenkstätte ist der Bereich des Krematoriums, der Gaskammer und Hinrichtungsstätte, wo die verschiede-nen Funktionsweisen wie in kaum einem anderen Bereich des ehemaligen Lagers aufeinandertreffen. Die derzeitige Form der Begehbarkeit dieser Orte wird ihren

viel schichtigen Funktionsweisen nicht gerecht. So steht der Ansturm auf diese kleinen und engen Räume einem würdi-gen und stillen Gedenken entgegen. Die Besucherführung durch eine Gaskammer hindurch ist aus pädagogischen, vor allem aber aus Pietätsgründen problematisch. Gleichzeitig wird durch den massenhaften Besuch dieses Lagerbereichs die Bausubs-tanz und damit wichtige Spuren der Ver-brechen zerstört.

Im Zuge der Neugestaltung wird eine neue Wegführung durch diesen Lagerbereich entwickelt, der nicht eine Funktionsweise auf Kosten der anderen präferiert. So soll die Begehbarkeit von Bereichen wie der Gaskammer, der Hinrichtungsstätte oder der Leichenkeller eingeschränkt, ihre Sicht-barkeit von außen aber erhalten werden. Gleichzeitig sollen die bestehenden Bereiche individuellen Gedenkens wie der Bereich des Krematoriums I und III weiterhin die-se Funktion erfüllen, wobei auch hier eine Besucherführung zu entwickeln ist, die der Würde dieser Orte gerecht wird und über-dies einen nachhaltigen Schutz der histori-schen Bausubstanz gewährleistet.

Für die Öffnung bisher nicht zugänglicher Räume und Gebäude müssen zunächst Fragen der Konservierung und Sicherheit, aber auch der inhaltlichen Relevanz für die Gedenkstättenpädagogik in Betracht gezogen werden. Im Rahmen der Aus-stellungen „Die Häftlinge des Konzent-rationslagers Mauthausen“ und „Lager SS“ werden unter Berücksichtung der ge-nannten Bedingungen der Kellerbereich der Küchenbaracke und das Zimmer des Lagerkommandanten in die Ausstellungs-konzeption eingebunden.

Darüber hinaus sollten jedoch auch sämtli-che weitere Räume bei Bedarf für themen-spezifische Spezialführungen zugänglich gemacht werden können.

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PädaGoGische GrundsätZe der GedenKstättenarbeit

Seit rund zwanzig Jahren lässt sich eine zunehmend kritische Auseinandersetzung mit den von der Gesellschaft an die NS-Gedenkstätten herangetragenen Erwar-tungen beobachten. Es wird in Frage ge-stellt, ob der Besuch einer Gedenkstätte an sich schon eine humanitäre und demo-kratische Gesinnung stiftet. Parallel zur Entwicklung der pädagogischen Abteilun-gen in den Gedenkstätten hat sich gezeigt, dass eine bloße Konfrontation mit den an diesen Orten begangenen Verbrechen die BesucherInnen nicht notwendigerweise für die Idee der Menschenrechte sensibilisiert. In ihrem Bemühen, die Mittel für eine ent-sprechende Darstellung der historischen Ereignisse zu finden, sehen sich die Ge-denkstätten vor große Herausforderungen gestellt. Diese müssen mehrere, einander oft widersprechende Aufgaben erfüllen: Auf der einen Seite sind sie Grabstätten, die zu Trauer, Achtung und Zurückhaltung auffordern. Zugleich sollen sie aber auch eine Atmosphäre für offenes und kritisches Lernen schaffen. Sie sollen Empathie und Verständnis für die Opfer auslösen, ande-rerseits aber auch die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Täter fördern. Sie sollen politisches Denken und Handeln an-regen, indem auf gegenwärtige Ereignisse Bezug genommen wird, zugleich aber auch die Einzigartigkeit der NS-Verbrechen un-terstreichen und Vereinfachungen und Ge-neralisierungen unterlassen. Schließlich sollen sie einer Banalisierung der Ereignis-se entgegenwirken, gleichzeitig aber auch als massenkulturelle Einrichtungen fungie-ren, d. h. die Versorgung tausender Besu-cherInnen bereitstellen, ihnen neben Essen auch Literatur über den Völkermord zum Verkauf anbieten, Toiletten zur Verfügung stellen und zugleich über den von Folter und Mord geprägten Alltag in den Kon-zentrationslagern informieren.

neuausrichtunG der PädaGoGischen arbeitIm Herbst 2007 wurde in der KZ-Gedenk-stätte Mauthausen eine Stelle geschaffen, deren Aufgabe es ist, eine pädagogische In-frastruktur zu entwickeln. Dabei werden folgende Zielsetzungen verfolgt:

evaluierungDie Gedenkstätte wird von Einzelperso-nen und Gruppen mit jeweils unterschied-lichen Voraussetzungen, Erwartungen und Bedürfnissen besucht. Daraus ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Gedenkstättenpädagogik. Diese werden im Zuge eines künftigen Evaluierungspro-jektes definiert.

ProfessionalisierungDas pädagogische Angebot der Gedenk-stätte stützte sich in den letzten Jahr-zehnten im Wesentlichen auf Zivildienst-leistende. Das immer geringere Alter der Zivildienstleistenden und die Grenzen, die ihrer Ausbildung durch die kurze Dauer des Zivildienstes gesetzt werden, stehen im Widerspruch zu einer professionellen Ge-denkstättenpädagogik. Seit 2007 wird da-her in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ein Pool von VermittlerInnen, die entspre-chendes Wissen, Empathie und Sensibili-tät für die oben genannten Problematiken mitbringen, aufgebaut.

Vielfalt des pädagogischen angebotesFür die unterschiedlichen Besucherbedürf-nisse ist ein vielfältiges pädagogisches An-gebot zu entwickeln. Das pädagogische Begleitprogramm soll sich an den Ziel-gruppen orientieren und darüber hinaus die Möglichkeit zu thematischen Schwer-punktsetzungen bieten. Neben verschieden gestalteten Führungen sollen auch Work-shops und Seminare angeboten werden.

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Kooperation mit dem bundesministerium für unterricht, Kunst und KulturEtwa ein Drittel der Gedenkstättenbesu-cherInnen sind österreichische SchülerIn-nen. Diese wurden in der Vergangenheit oft ohne ausreichende Vorbereitung mit

der KZ-Gedenkstätte konfrontiert. Die be-stehende Zusammenarbeit mit dem Bun-desministerium für Unterricht, Kunst und Kultur bzw. mit dem Vermittlungsprojekt „erinnern.at“ soll verstärkt werden, um einen geeigneten Rahmen für Schulbesu-

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Zivildiener bei einer Führung für SchülerInnen, 2008

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che in Mauthausen zu schaffen. Dieser beginnt bei der Empfehlung von Alters-richtlinien für den Gedenkstättenbesuch und erstreckt sich über das Angebot von Seminaren für LehrerInnen, in denen die-se unter anderem für die Notwendigkeit der Vor- und Nachbereitung sensibilisiert werden, bis hin zum Angebot von päda-gogischem Material auf der Website der Gedenkstätte.

Weitere Kooperationen Die Zusammenarbeit mit anderen in der Gedenkstättenpädagogik tätigen Orga-nisationen und Interessengruppen wird weiter verstärkt. Hierbei ist etwa eine Ko-operation mit dem Mauthausen Komitee Österreich hinsichtlich der Ausbildung von VermittlerInnen anzustreben. In die-sem Zusammenhang geht es besonders um die Entwicklung gemeinsamer Standards und Qualitätskriterien für die pädagogi-sche Vermittlung an der Gedenkstätte. Da-durch soll der Wissensaustausch gefördert und das pädagogische Angebot an der Ge-denkstätte koordiniert werden.

offenes archiv und wissenschaftliche betreuung von besucherinnen in der GedenkstätteFür BesucherInnen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen gibt es über die Ausstellungen hinaus vor Ort keine weiteren Möglich-keiten, sich selbständig mit der Geschichte des KZ Mauthausen auseinanderzusetzen. Recherchen nach Angehörigen oder die Beantwortung von spezifischen, die Ge-schichte Mauthausens betreffenden Fra-gen können derzeit nur durch das Archiv in Wien geleistet werden, Materialen für weiterführende Recherchen werden in der KZ-Gedenkstätte selbst nicht angeboten.

Künftig soll dies durch ein speziell auf Ge-denkstättenbesucherInnen ausgerichtetes „Offenes Archiv“ gewährleistet werden. Das „Offene Archiv“ soll die Mittel für

selbständige, aber dennoch geleitete Re-cherchen zur weiteren Vertiefung der wäh-rend des Gedenkstättenbesuchs vermittel-ten Informationen zur Verfügung stellen. Das dort angebotene Material bedarf einer vorherigen inhaltlichen Aufbereitung und Bearbeitung. Die Entwicklung eines detail-lierten Konzepts für das „Offene Archiv“ muss demgemäß in enger Zusammenarbeit zwischen dem wissenschaftlichen Archiv in Wien und der pädagogischen Abteilung der Gedenkstätte erfolgen.

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die aussenlaGer und das KZ Gusen

Das „Konzentrationslager Mauthausen“ war ein System bestehend aus dem Stamm-lager Mauthausen, dessen Zweiglager Gu-sen und insgesamt etwa 40 Außenlagern. Die ersten, 1941 errichteten Außenlager dienten den Zwecken der SS. Mit der zu-nehmenden Wichtigkeit der Kriegsindus-trie für das nationalsozialistische Deutsch-land wurde für deren Zwecke ein immer größeres Netz an Außenlagern errichtet. Von den mehr als 84.000 im März 1945 im Lagersystem Mauthausen gefangen ge-haltenen Häftlingen befanden sich 65.000 in den Außenlagern und dem KZ Gusen.

KZ-GedenKstätte GusenInnerhalb des KZ-Systems Mauthausen kam dem KZ Gusen eine Sonderstellung

zu. Der Standort für die Errichtung eines Konzentrationslagers in Gusen wurde im Jahr 1938 gleichzeitig mit dem des Haupt-lagers Mauthausen bestimmt. Das Lager Gusen wurde ab 25. Mai 1940 als weit-gehend eigenständiges Zweiglager geführt. Mauthausen und Gusen waren unter an-derem durch die Granitsteinindustrie so-wie durch die Zuweisung der „Lagerstufe III“ funktionell eng miteinander verbun-den. Von den etwa 71.000 Personen, die in Gusen inhaftiert waren, kam etwa die Hälfte in diesem Lager zu Tode.

Trotz dieser großen Zahl von Opfern und der besonderen Bedeutung für bestimmte Opfergruppen blieb der Ort des ehemali-gen Konzentrationslagers Gusen als Ge-denkstätte lange marginalisiert.

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Die Außenlager des KZ Mauthausen

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Während die Republik Österreich das Gedenken an die Opfer der nationalsozi-alistischen Konzentrationslager in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen zentralisierte, wurde in Gusen lange Zeit nur in Form ei-ner inoffiziellen Gedenkstätte an die Opfer erinnert.

In den 1960er-Jahren errichteten Überle-bendenverbände im Bereich der ehemali-gen Krematoriumsbaracke das Denkmal „Memorial de Gusen“. Zu diesem Zeit-punkt waren die Überreste des KZ Gusen mit Ausnahme weniger Bauwerke bereits verschwunden. Der Großteil des ehemali-gen Lagergeländes befindet sich heute in Privatbesitz und wird größtenteils gewerb-lich genutzt oder ist Wohngebiet. Erst seit 1997 kommt die Republik Österreich mit der Erklärung des „Memorial de Gusen“ zum öffentlichen Denkmal ihrer Verpflich-tung zum Gedenken an die Opfer des KZ Gusen nach. Die nicht denkmalgeschütz-ten baulichen Reste des Lagers Gusen sind heute jedoch von der Zerstörung bedroht. Um Gusen als Erinnerungsort in Zukunft stärken zu können, ist die Bewahrung der verbliebenen baulichen Überreste des La-gers unumgänglich.

2004 wurde in unmittelbarer Nähe zum Memorial ein Besucherzentrum errichtet, in dem seit dem darauffolgenden Jahr eine Dauerausstellung über die Geschichte des Konzentrationslagers Gusen zu sehen ist. Seit 2007 bietet auch der „Audioweg Gu-sen“ am Ort des ehemaligen Lagergeländes Informationen zur Geschichte des KZ Gu-sen als auch zum Umgang mit den Über-resten dieses Lagers in der Nachkriegszeit.

Diese Maßnahmen ermöglichen einen der Bedeutung des KZ Gusen angemessenen Umgang mit der Geschichte dieses Kon-zentrationslagers. Allerdings zeigte sich in den letzten Jahren, dass das museale Ange-bot rund um die KZ-Gedenkstätte Gusen

kaum genutzt wird. Seiner historischen Rolle entsprechend muss Gusen daher konzeptionell stärker an die KZ-Gedenk-stätte Mauthausen angebunden werden.

Mehrere Maßnahmen sollen eine höhere Besucherfrequenz in der KZ-Gedenkstätte Gusen bewirken. Grundlegend wird dabei das neue Eingangsportal in der KZ-Ge-denkstätte Mauthausen sein. Bereits hier soll auf das museale Angebot in Gusen verwiesen werden. Auch in der Besuchs-vorinformation wird hierüber informiert. Besuchergruppen mit geringem Zeitbud-get sollen besonders auf die Ausstellung im Besucherzentrum Gusen hingewiesen werden, jene mit hohem Wissensstand und ausreichendem Zeitbudget darüber hinaus auch auf den „Audioweg Gusen“. Zudem ist die bereits bestehende Web site www.gusen-memorial.at besser in jene der Gedenkstätte Mauthausen einzubin-den. Schließlich soll in der KZ Gedenk-stätte Mauthausen im Rahmen des Stan-dardrundganges ebenso wie auf Ebene der Überblicksausstellung und der Ausstellung „Der Steinbruch von Mauthausen“ der funktionelle und topographische Zusam-menhang der beiden Konzentrationslager dargestellt werden.

GedenKstätten bei eheMaliGen aussenlaGern Neben Mauthausen und Gusen fallen heute auch die Gedenkstätte Melk und der KZ-Friedhof Ebensee in den direkten Verantwortungsbereich der KZ-Gedenk-stätte Mauthausen. Derzeit wird in Ko-operation mit dem Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška das Ziel der Errichtung einer Gedenkstätte am Ort des ehemaligen KZ-Außenlagers Loiblpass Nord verfolgt. Zahlreiche weitere ehemalige Außenlager sind heute weitgehend in Vergessenheit ge-raten. Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen muss auch für jene Orte, an denen sich vormals Außenlager des KZ Mauthausen

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befanden, ihre Verantwortung wahrneh-men. Künftig sollen folgende Zielsetzun-gen verfolgt werden, um die Erinnerung an diese Orte des Terrors wach zu halten:

ERHALTEN: Die noch vorhandenen • baulichen Überreste der ehemaligen Außenlager sind zu erhalten. DOKUMENTIEREN: Die baulichen • Überreste müssen dokumentiert, in-terpretiert und in Zusammenhang mit dem historischen Originalzustand ge-bracht werden. Darüber hinaus ist es auch notwendig, den Quellenbestand zu den einzelnen Lagern im Archiv der KZ-Gedenkstätte Mauthausen syste-matisch zu ergänzen und auszubauen. INITIIEREN: Auf regionaler Ebene • sollen Impulse für die Auseinander-setzung mit und Erforschung der Geschichte der Außenlager gegeben werden. Dies kann durch direkte Ko-operation mit lokalen Initiativen oder durch deren systematische Unterstüt-zung geleistet werden. INFORMIEREN: An den Orten der • ehemaligen Außenlager soll über deren Geschichte informiert werden. Die Aufgabe der Information vor Ort soll von regionalen Initiativen wahrgenommen werden. Dabei hat die KZ-Gedenkstätte Mauthausen die Qualität des Informations- und Vermittlungsangebotes zu sichern.

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Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen wird Jahr für Jahr von knapp zweihunderttau-send Menschen besichtigt. Die BesucherIn-nen kommen vor allem nach Mauhausen, um diesen historischen Ort mit seinen An-lagen und Bauten kennen zu lernen. Wich-tigstes Ziel einer musealen Neukonzeption ist es daher, das 28 Hektar umfassende Gelände so zu erschließen, dass im Zuge einer Besichtigung sowohl ein Überblick über die Topographie als auch über die Geschichte des Lagers vermittelt wird.

Kern des dezentralen Ausstellungskonzep-tes ist zunächst die Erkundung des his-torischen Orts. Die erhalten gebliebenen Gebäude und Einrichtungen des Lagers werden dabei als Exponate verstanden, anhand derer Geschichte und Funktions-weise des Konzentrationslagers Mauthau-sen erklärt werden. Beschriftungen und Kommentierungen bieten Kontextinfor-mationen zur historischen Bedeutung und topographischen Zuordnung der jeweili-gen Lagereinrichtung. Die Basisinformati-onen zur Geschichte des KZ Mauthausen – und in eingeschränktem Maße der Ge-denkstätte – sollen auch ohne Besuch einer Ausstellung oder Inanspruchnahme einer Führung zugänglich sein.

Weiterer wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist ein System dezentral ange-ordneter Ausstellungen, die vertiefende In-formationen anbieten. Dieses besteht aus einer historischen Überblicksausstellung und fünf vertiefenden themenzentrierten Ausstellungen. Dieses dezentrale Ausstel-lungskonzept schafft die Voraussetzung dafür, sich der Geschichte des Lagers auf verschiedenen analytischen Ebenen und aus unterschiedlichen Perspektiven anzu-nähern. Es ermöglicht ein Verständnis der Gesamtgeschichte des Konzentrationsla-gers Mauthausen. Zugleich trägt es der fundamentalen Differenz zwischen Opfer- und Täterperspektive Rechnung.

Das Verhältnis von historischer Überblicks-ausstellung zu den einzelnen themenzen-trierten Ausstellungen muss sich besonders anhand unterschiedlicher Darstellungs-ebenen und eines unterschiedlichen De-taillierungsgrads definieren. Die Über-blicksausstellung soll dabei vor allem auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Geschichte des KZ Mauthausen eingehen. Dies gilt zum einen im Hinblick auf die übergeordneten Entwicklungsstrukturen des Systems der NS-Konzentrationslager als Ganzem, zum anderen für die besonde-re historische Situation in der „Ostmark“ sowie auf regionale Besonderheiten des KZ Mauthausen. Die Überblicksausstellung berücksichtigt verstärkt die Gesamtheit des Lagersystems Mauthausen bestehend aus Haupt- und Außenlagern.

Die vertiefenden themenzentrierten Aus-stellungen gehen auf spezifische, für das jeweilige Thema wesentliche strukturelle Zusammenhänge noch einmal näher ein, werden jedoch besonderen Wert auf er-fahrungs- und ereignisgeschichtliche Dar-stellungen im spezifischen Kontext der Geschichte des KZ Mauthausen legen. Sie stellen dabei einen Bezug zum konkreten Ort her. Inhaltlich stellen sie Arbeit und Vernichtung als zentrale Funktionen des Lagers einerseits sowie Opfer und Täter andererseits in den Mittelpunkt. Eine zu-sätzliche themenzentrierte Ausstellung soll der Geschichte der Gedenkstätte und der Rezeptionsgeschichte des KZ Mauthausen nach 1945 gewidmet sein.

das deZentrale ausstellunGsKonZePt

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beZeichnunG und KoMMentierunG des historischen orts

Die als Exponate verstandenen Orte, baulichen Reste und Einrichtungen des Lagers bilden Anknüpfungspunkte für eine Darstellung der Geschichte des Kon-zentrationslagers von 1938 bis 1945 – in eingeschränkter Weise aber auch der Ge-denkstätte seit 1947. In besonderer Weise sind sie als konkrete Stationen des Häft-lingsleids in einen darauf bezogenen erfah-rungsgeschichtlichen Kontext zu setzen.

Die Bezeichnungen und Kommentierungen beziehen sich auf das gesamte Gedenkstät-tengelände und weisen zum Teil, etwa beim Zeltlager, darüber hinaus. Als Exponate ausgewiesen und mit Kontextinformatio-nen versehen werden die erhalten geblie-benen Einrichtungen des Lagers ebenso

wie nicht mehr sichtbare Lagerbereiche. Die Bezeichnungen und Kommentierun-gen werden so konzipiert, dass entlang des empfohlenen neuen Rundgangs (siehe un-ten) Kontextinformationen zur Geschichte des KZ Mauthausen anhand der wichtigs-ten Orte und Einrichtungen des Konzent-rationslagers vermittelt werden.

notWendiGe MassnahMenIm Zuge der Neugestaltung ersetzen neue Informationspunkte die vorhandenen Be-schriftungssysteme aus den Jahrzehnten seit der Befreiung. Die alten Beschriftungs-systeme und Informationstafeln werden, wo dies möglich ist, abgenommen und im neu einzurichtenden Museumsdepot (siehe unten) archiviert. Historisch bedeutsame oder aus anderen Gründen nicht zu ent-fernende alte Informationstafeln bedürfen einer zusätzlichen Kommentierung.

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Unterschiedliche Beschilderungssysteme in der Gedenkstätte, Foto 2006

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der neue rundGanG als erschliessunGsroute

Ein grundsätzliches Interesse für den his-torischen Ort und für die Geschichte, die er zu erzählen vermag, trifft auf alle Besu-cherInnen zu, so unterschiedlich Alter und Lebenssituation, kulturelle und nationale Herkunft, Bildungsgrad bzw. -motivation auch sein mögen. Dementsprechend ist es ein grundlegendes Ziel der Neugestal-tung, einen neuen Rundgang zu entwi-ckeln, der dem Erkenntnisinteresse, aber auch dem Zeitbudget des überwiegenden Teils des Publikums entspricht. Wer sich mit einer geführten Gruppe oder auch individuell auf diesen Weg macht, ist am Ende des Rundgangs mit den wesentlichen historischen Fakten vertraut und sollte damit grundsätzlich in der Lage sein, das Gesehene einzuordnen und zu bewerten. Wer noch tiefer in die Geschichte des KZ Maut hausen eindringen will, findet im Verlauf des Rundgangs vielfältige Hinwei-se, wie dies möglich ist, etwa durch die Einbeziehung entlegener Besichtigungsorte oder durch den Besuch der verschiedenen Ausstellungsangebote. In diesem Sinn bil-det der neue Rundgang die Haupterschlie-ßungsroute und damit das didaktische Herzstück der Gedenkstätte.

KZ-Gedenkstätten weisen hinsichtlich des Besucherverhaltens Ähnlichkeiten mit Freilichtmuseen auf. Im Gegensatz zum klassischen Museum ist eine stringente Besucherführung wegen der Weitläufig-keit des Areals sehr schwierig. So sind bei BesucherInnen, die den Ort selbständig, d. h. ohne Führung erkunden wollen, sehr häufig spontane Entscheidungen für oder gegen eine Besichtigungs- bzw. Informati-onsmöglichkeit zu beobachten. Ausschlag-gebend sind Faktoren wie die Neugier auf ein bestimmtes Besichtigungsobjekt sowie dessen bequeme Erreichbarkeit. Ausge-prägtes Interesse an der Erkundung des

historischen Orts nach einem wie auch immer gearteten didaktischen Plan kann nicht automatisch vorausgesetzt werden. Umso wichtiger ist es, den neuen Rund-gang so zu konzipieren, dass ihm die Be-sucherInnen quasi von selbst folgen. Dies ist nur möglich, wenn sich der Weg als eine schlüssige Aufeinanderfolge von his-torisch wichtigen Anlagen und Bauten und den dazugehörenden Inhalten präsentiert.

Eine der wesentlichsten Leitfragen ist hierbei die Bedeutung einzelner Lagerare-ale und Gebäude bei der Unterdrückung, Entmenschlichung und Ermordung von Häftlingen. Der Rundgang orientiert sich daher an zentralen Stationen, die das Le-ben der Gefangenen prägten, etwa bei der Ankunft im KZ, im Steinbruch oder den Mordstätten.

WichtiGe stationen und theMen bereicheAusgangspunkt des neuen Rundgangs ist das neue Empfangsportal im Vorgelände der KZ-Anlage. Von dort führt der Weg an der beherrschenden Lager-Architektur vorbei zur Abbruchkante des Steinbruchs „Wiener Graben“, der im Jahr 1938 aus-schlaggebend für die Wahl Mauthausens als Standort des KZ war. Anschließend weist das Leitsystem den BesucherInnen den Weg durch den Denkmalhain zum La-gertor und von dort auf den Appellplatz. Von hier aus folgen sie in gewissem Sinn den Stationen, die die Häftlinge nach ihrer Ankunft im Lager zu erdulden hatten. Die nächsten Stationen des Rundgangs thema-tisieren den Häftlingsalltag (Mangel-Er-nährung, Massen-Unterbringung, Krank-heiten, Zwangsarbeit etc.) sowie jene Orte, an denen sich der Unterdrückungs- und Vernichtungsapparat des KZ am deutlichs-ten manifestiert (Bunker, Tötungsanlagen). Der Rückweg führt die BesucherInnen über den Appellplatz zum Kommandanturge-bäude, in der die Frage nach den Tätern

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gestellt wird. Der Rundgang endet am Tor des Garagenhofs, durch das die amerikani-schen Truppen am 5. Mai 1945 das Lager betraten und die Überlebenden befreiten.

erWeiterunGsMöGlichKeitenGemäß seiner Erschließungsfunktion wird der neue Rundgang die BesucherInnen, die ihn nutzen, an geeigneter Stelle auf zusätz-liche Besichtigungs- bzw. Informationsan-gebote hinweisen. Hierfür kommen unter anderen folgende Orte in Frage:

das so genannte Sanitätslager• der Steinbruch „Wiener Graben“• die Aschenhalde • ehemalige Hinrichtungsstätte•

Darüber hinausgehend führt der neue Rundgang in die Eingangszonen sämtli-cher Ausstellungen. Die BesucherInnen sol-len einen kurzen Eindruck von Inhalt und Form der jeweiligen Präsentation erhalten und damit animiert werden, sich mit dem Thema gleich oder zu einem späteren Zeit-punkt vertiefend auseinanderzusetzen. Die Eingangsbereiche sind deshalb im Sinne einer Vorausschau auf wesentliche Inhalte der Ausstellungen zu gestalten.

die art der beGehunGFür nicht geführte Gruppen oder Einzelbe-sucherInnen stellt die neue Route die wich-tigste topographische, aber auch inhaltli-che Annäherung an das KZ Mauthausen und seine Geschichte dar. Eine wichtige unterstützende Funktion wird dabei künf-tig ein neuer Audio- bzw. Multimedia- Guide haben. Dies gilt ganz besonders für die zahlreichen fremdsprachigen Besucher-Innen, die bisher nur ein sehr unzureichen-des Informationsangebot in ihrer Sprache vorfanden. Ergänzend werden auch ge-druckte Routenpläne als Handreichung für BesucherInnen vorliegen, die nicht mit einem Audio- bzw. Multimedia-Guide unterwegs sind.

Auch das pädagogische Angebot durch die MitarbeiterInnen der Gedenkstätte orientiert sich an dem neuen Rundgang. Da ein großer Teil der BesucherInnen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen geführten Gruppen zuzurechnen ist, wird künftig eine große Zahl von Menschen auf diesem Weg unterwegs sein, bei maximalem Besu-cherandrang am Ende des Schuljahrs viele Gruppen mehr oder weniger gleichzeitig. Bei der Ausbildung des Vermittlungsper-sonals ist daher darauf zu achten, dass bei Engpässen oder spezifischen didaktischen Zielsetzungen unterschiedliche Routen-führungen gewählt werden können.

das leitsysteMEntsprechend seiner zentralen Erschlie-ßungsfunktion ermöglicht der neue Rund-gang eine klare Orientierung auf dem Ge-denkstättengelände. Dies sicherzustellen ist die Aufgabe des zukünftigen Leitsys-tems, das nicht zuletzt auch im Zusam-menhang mit der Entwicklung eines neu-en landschaftsgestalterischen Konzepts für das Gesamtgelände steht. Zur Lösung dieser Aufgaben ist ein gemeinsamer Ge-staltungswettbewerb vorgesehen. Dies gilt ebenfalls für die Form des neuen Beschrif-tungs- und Kommentierungssystems, das nicht nur unverzichtbare Inhalte vermit-telt, sondern auch ein sehr wichtiges Ins-trument der Besucherführung darstellt. Das Leitsystem bietet auch Hinweise auf wichtige Infrastruktureinrichtungen der Gedenkstätte.

audio- bZW. MultiMedia-GuideZahlreiche individuelle BesucherInnen be-sichtigen die KZ-Gedenkstätte Mauthau-sen, ohne sich an einer Führung zu betei-ligen. Durch den Multimedia-Guide wird diesem Besucherkreis die Möglichkeit ge-geben, gewissermaßen an einer virtuellen Führung durch das gesamte Gedenkstät-tengelände teilzunehmen. Neben dem neu-en Rundgang werden den BesucherInnen

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KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Orientierungsplan

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KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Orientierungsplan

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mauthausen memorial neu gestaltenmauthausen memorialneu gestalten

über den Multimedia-Guide ergänzende alternative Rundgänge unterschiedlicher Länge angeboten. Deshalb muss der Mul-timedia-Guide die Möglichkeit bieten, je-derzeit einen empfohlenen Rundgang zu verlassen und wieder zu diesem zurückzu-kehren.

Neben einer allgemeinen Orientierungshil-fe bietet der Multimedia-Guide historische Kontextinformationen zu jeder Station. Darüber hinaus werden vertiefende Mate-rialien angeboten (Foto, Filme usw.).

Mit Hilfe des Multimedia-Guides wird dem nicht deutsch oder englisch sprechenden Besucherkreis erstmals die Möglichkeit er-öffnet, die Texte der Informationspunkte, aber besonders auch der Ausstellungen in der gewünschten Sprache zu hören.

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ÜberblicKsausstellunG „die Geschichte des KZ Mauthausen 1938–1945“

Die Geschichte des Lagerkomplexes Maut-hausen erklärt sich nicht allein aus den baulichen Relikten des Lagers heraus. Es bedarf einer kontextualisierenden Erläute-rung und Einordnung in Form eines mo-dernen zeithistorischen Museums.

Im Rahmen der Neukonzeption der ge-samten Gedenkstätte kommt der neuen Überblicksausstellung eine zentrale Funk-tion zu. Gleichwohl ist diese von Anfang an unter Berücksichtigung der weiteren Informations- und Ausstellungsmodule zu konzipieren.

Die Hauptaufgabe der Ausstellung zur Lagergeschichte besteht darin, einen Über-

blick über die Gesamtgeschichte des KZ-Systems Mauthausen zu geben. Das Kon-zentrationslager Mauthausen wird dabei als ein Herrschafts- und Verfolgungsins-tr ument des NS-Regimes begriffen. Es gilt insbesondere, den mehrfachen Funktions-wandel von einer Stätte der Internierung und Zwangsarbeit zu einem Tötungslager sowie zu einem komplexen System von Außenlagern, in dem die KZ-Häftlinge zu-nehmend für die Zwecke der Rüstungsin-dustrie eingesetzt wurden, darzustellen.

Eine weitere wesentliche Funktion der Überblicksausstellung ist jene der Kon-textualisierung. Zum einen soll der Inhalt der jeweiligen themenzentrierten Ausstel-lungen durch die Überblicksausstellung im größeren Zusammenhang der Geschichte des KZ-Systems Mauthausen dargestellt werden, zum anderen soll im Rahmen

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Schutzhaftlager mit noch im Bau befindlichen Appellplatz, SS-Foto, 1940

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der Überblicksausstellung das KZ-System Mauthausen/Gusen im Gesamtkontext des nationalsozialistischen Lagersystems ver-ortet werden.

inhaltDie Überblicksausstellung soll eine kom-pakte Darstellung der Gesamt geschichte „Mauthausens“ 1938–1945 liefern. „Maut hausen“ wird dabei als Lagersystem verstanden, bestehend aus dem Doppel-lager Mauthausen/Gusen und dem Netz an Außenlagern, das selbst wiederum als Teil des Gesamtsystems nationalsozialistischer Konzentrationslager zu sehen ist. Inhaltlich muss die Überblicksausstellung sämtliche Aspekte der Lagergeschichte 1938–1945 sowie deren Bezüge zur Gesamtgeschichte der NS-Konzentrationslager ansprechen, auch wenn einzelne Aspekte in zusätz-lichen vertiefenden Ausstellungen dar-gestellt werden. Die Abgrenzung zu den vertiefenden themenzentrierten Ausstel-lungen erfolgt im Wesentlichen über Er-zählperspektive, Art des Narrativs und Detaillierungsgrad der thematischen Aufbereitung.

Die Leitfrage nach der Spezifik und der Typik des Lagersystems Mauthausen durchzieht die gesamte Ausstellung. In ei-ner weitestgehend chronologischen, struk-turgeschichtlichen Erzählung werden die Stationen der Lagergeschichte exempla-risch und thesenartig präsentiert. Die Ge-schichte des KZ Mauthausen/Gusen wird in den Kontext der sich wandelnden histo-risch-politischen sowie ideologischen Rah-menbedingungen eingebettet und erklärt. Vor diesem Hintergrund kommt der Dar-stellung der Häftlinge, der Täter sowie des regionalen und wirtschaftlichen Umfeldes wesentliche Bedeutung zu.

Standortwahl und Gründung des KZ-Mauthausen werden im Zusammenhang der Erweiterung des gesamten KZ-Systems

vor Kriegsbeginn wie des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich darge-stellt.

Häftlingszwangsarbeit in den SS-eigenen Steinbrüchen, ideologisch motivierte Ver-nichtungsaktionen, rüstungswirtschaftli-che Strukturveränderung und Expansion des Mauthausener Lagerkomplexes wer-den jedoch nicht nur in ihrem strukturge-schichtlichen Zusammenhang erzählt. Die konkreten Auswirkungen auf das Leben der Gefangenen im KZ Mauthausen lie-fern eine kontrastierende bzw. kommen-tierende „Gegenerzählung“.

Einen weiteren Schwerpunkt wird die End-phase ab Winter 1944/45 bis zur Befrei-ung einnehmen, in der Mauthausen durch Evakuierungstransporte aus anderen Kon-zentrationslagern zum letzten Stammlager innerhalb des „Deutschen Reiches“ wurde und das Massensterben durch Überfüllung des Lagers und Todesmärsche unvorstell-bare Ausmaße annahm.

ort und bauliche MassnahMenIm Gegensatz zu den vertiefenden themen-zentrierten Ausstellungen wird die his-torische Überblicksausstellung an einem historisch vergleichsweise neutralen Ort untergebracht. Entsprechend der vierzig-jährigen Nutzungstradition des ehemali-gen Krankenreviers als Museum soll die neue Überblicksausstellung ebenfalls dort im Erdgeschoß untergebracht werden.

Hierfür bedarf es eines völlig neuen Raum-konzeptes, nicht zuletzt, um dort auch Verweilzonen und Plätze zur Vertiefung für Gruppen und EinzelbesucherInnen zu schaffen.

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theMenZentrierte ausstellunG „MassenVernichtunG iM KonZen-trationslaGer Mauthausen“

Etwa die Hälfte der in das Konzentrati-onslager Mauthausen deportierten Per-sonen kam dort, in Gusen oder in einem der Außenlager ums Leben. Besonders die

Schlussphase des KZ-Systems Mauthau-sen zwischen Ende 1944 und der Befrei-ung war durch ein Massensterben gekenn-zeichnet. Etwa die Hälfte der ca. 100.000 Toten starb in diesen wenigen Monaten.

Die im Vergleich zu anderen Konzentra-tionslagern überaus hohe Todesrate war

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Auszug aus dem Bericht des US-Geheimdienstoffiziers Jack Taylor, das Foto zeigt den Gaseinfüllapparat, Mai 1945

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nicht nur Folge der Haftumstände, son-dern auch Resultat gezielter Einzel- und Massentötungen.

Bei vielen BesucherInnen der Gedenkstätte stehen die Krematorien, Gaskammer und Hinrichtungsstätte im Zentrum des Inter-esses. Diese Orte sind bedeutende Gedenk-bereiche, gleichzeitig aber auch zentrale Bezugspunkte revisionistischer Geschichts-leugnungen. Dies macht eine themenzent-rierte Ausstellung „Massenvernichtung“ notwendig. Ziel ist es einerseits, die geziel-ten Tötungsaktionen im Zusammenhang mit der grundlegenden Vernichtungslogik des Konzentrationslagers zu thematisie-ren, andererseits sollen die BesucherInnen auf die Besichtigung der baulichen Über-reste des Bereiches Gaskammer/Hinrich-tungsstätte und Krematorium vorbereitet werden.

inhalt Die räumliche Nähe, die zwischen der Aus-stellung „Massenvernichtung im Konzent-rationslager Mauthausen“ und der „Über-blicksausstellung“ besteht, macht eine klare inhaltliche Trennung nötig. Während die Überblicksausstellung den systemati-schen Massenmord im KZ Mauthausen und seinen Außenlagern darstellt, konzen-triert sich diese themenzentrierte Ausstel-lung auf die erhalten gebliebenen schrift-lichen, bildlichen und dinglichen Quellen, welche ihn dokumentieren. Damit werden einerseits die Geheimhaltungs- und Ver-schleierungsstrategien der SS beleuchtet, andererseits kann auf diese Weise den di-rekt daran anknüpfenden revisionistischen Geschichtsleugnungen entgegnet werden. Besondere Bedeutung kommt dabei der Kontextualisierung der physischen Spuren vor Ort (Krematorien, Gaskammer, „Sani-tätslager“, Hinrichtungsstätte etc.) zu.

Auf folgende Themenbereiche wird Bezug genommen: „unnatürliche Todesfälle“, Mauthausen als Sterbelager (Sanitätsla-ger), „Erschießungen auf der Flucht“, offi-zielle Hinrichtungen, Ermordungen durch Giftgas, „Alltag des Sterbens“, Leichenbe-seitigung: Krematoriumsöfen, Massengrä-ber, Organisation und Verschleierung des Massenmordes, Täter.

ort und bauliche MassnahMenAls Ausstellungsort ist ein Teil des Kellers des ehemaligen Krankenreviers vorgese-hen, da dieser Bereich in räumlicher Nähe zum Krematoriumsbereich liegt. Die Be-sucherleitung sollte (u. U. durch bauliche Maßnahmen) derart konzipiert sein, dass die Begehung des eigentlichen Krematori-umsbereichs nur auf diesem Weg möglich und die Ausstellung „Massenvernichtung“ als eine Art „kognitives Scharnier“ der „Aura“ des Krematoriumsbereichs vorge-schaltet ist.

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theMenZentrierte ausstellunG „die häftlinGe des KonZentrations-laGers Mauthausen“

Mehr als 200.000 Personen aus über 40 Staaten wurden zwischen August 1938 und Mai 1945 in das Konzentrationslager Mauthausen, Gusen und die Außenlager

deportiert. Unter ihnen befanden sich tau-sende Frauen, Jugendliche und Kinder.

Für die Häftlinge war das Konzentrations-lager ein permanent lebensbedrohlicher Ort. Hunger, Entkräftung, Krankheiten, Gewalt, Misshandlungen und Todesangst prägten den Alltag der Gefangenen. Das

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Unbekannte Häftlinge vor der so genannten „Klagemauer“, SS-Foto

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Terrorregime des Konzentrationslagers zielte darauf ab, die dorthin verschleppten Menschen systematisch physisch und psy-chisch zu zerstören.

Die Ausstellung stellt die Häftlinge des Konzentrationslagers Mauthausen in den Mittelpunkt. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf den erfahrungsgeschichtlichen Dimen-sionen der KZ-Haft. Dadurch wird ein von der Überblicksausstellung abweichen-der Zugang geschaffen. Diese Perspektive ist nicht nur der Würde und dem Respekt der in Mauthausen inhaftierten Menschen geschuldet, sondern soll bewusst indivi-duelle und biographische Annäherungen an das Schicksal einzelner Menschen und Häftlingsgruppen ermöglichen.

inhaltDie Zwangsgemeinschaft der Häftlinge war kein homogenes Kollektiv, das dem Vernichtungsdruck des Terrorregimes glei-chermaßen ausgesetzt war. Tatsächlich war sie ständigen, von verschiedenen Faktoren abhängigen Veränderungen unterworfen. Entlang dieser Parameter soll ein konkre-tes Bild der Lagerwirklichkeit gezeichnet werden. Themen sind dabei die Zusam-mensetzung der Zwangsgemeinschaft der Häftlinge und deren Veränderung, Herkunft und Sozialisation der Häftlin-ge, die Deportationsgeschichte einzelner Häftlingsgruppen sowie die hierarchische Gliederung der Zwangsgemeinschaft durch die SS.

Diese übergeordneten Faktoren und ihre Auswirkungen auf die Zwangsgemein-schaft werden mittels einer Alltagsgeschich-te der KZ-Erfahrung kontextualisiert und auch kontrastiert. Der Lageralltag wird anhand zentraler Begriffe beschrieben wie Verlust der Individualität, Hunger, man-gelnde materielle Versorgung, Leben im Block, Tagesablauf, Angst, Leben mit dem Tod, Krankheit, Hygiene, Sexualität, soli-

darische Handlungen, Überlebensstrategi-en, Konkurrenz, Widerstand, individuelle und kollektive Fluchtversuche.

Neben dieser soziologischen Darstellung des Häftlingsalltags ist die Beschreibung individueller Schicksale ein wesentliches Anliegen dieses Ausstellungsmoduls. Der subjektive Blickwinkel der Gefangenen und exemplarische Biographien männli-cher und weiblicher Häftlinge zeichnen ein differenziertes Bild der Lagerwirklichkeit.

ort und bauliche MassnahMenAls Ort für diese Teilausstellung ist die ehemalige Küchenbaracke vorgesehen. Aufgrund des baulichen Zustandes und des Raumklimas sind in der ehemaligen Küchenbaracke bauliche Adaptionen not-wendig. Der bisher nicht zugängliche Kel-ler der Küchenbaracke wird als ein wesent-licher Bestandteil der Ernährungslogistik des ehemaligen Konzentrationslagers und dadurch in direktem Zusammenhang mit den Lebensbedingungen der Häftlinge ste-hend in die Ausstellungskonzeption mit eingebunden.

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theMenZentrierte ausstellunG „der steinbruch“

Das Konzentrationslager Mauthausen wurde in einer Entwicklungsphase des NS-Terrorsystems errichtet, in der – neben der systematischen Ausweitung der Ver-folgungspolitik – vermehrt ökonomische Erwägungen an Bedeutung gewannen. Die Verfolgung größerer Personenkreise und Ausbeutung bei der Zwangsarbeit in

den Steinbrüchen der SS-eigenen Deutsche Erd- und Steinwerke charakterisieren die Gründungsphase des KZ Mauthausen. Im Konzentrationslager Mauthausen ver-schränken sich so auf spezifische Weise politische und ökonomische Zielsetzun-gen der SS, die zusammen den Alltag der Häftlinge aufs Brutalste prägten. Arbeit einerseits und psychische wie physische Vernichtung der Gefangenen anderer-seits bedingten sich jedoch keineswegs

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Der Steinbruch „Wiener Graben“, SS-Foto, 1941

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reibungslos. Die historische Entwicklung des KZ Mauthausen zwischen 1938 und 1945 war bestimmt von einem permanenten Widerstreit unterschiedlicher Interessen, der die Überlebensbedingungen und die Erfahrungen der Häftlinge fundamental prägte.

Der Steinbruch „Wiener Graben“ vereint die Funktionen von ökonomischer Aus-beutung und Vernichtung wie kein anderer Ort. Anhand seiner Geschichte lassen sich die unterschiedlichen Entwicklungsphasen des Lagers ablesen. Zudem übernimmt der Steinbruch in der Ikonographie der Nachkriegsgeschichte die Funktion eines zentralen Symbols für das Leiden und die Ausbeutung der Häftlinge.

inhaltDer Steinbruch „Wiener Graben“ ist der zentrale Ort der Zwangsarbeit der Häft-linge im KZ Mauthausen. Seine symbo-lische Bedeutung und ikonographische Überformung erfordern einerseits eine Sichtbarmachung der ursprünglichen In-dustrieanlagen im Steinbruch, andererseits eine historische Kontextualisierung. Den Ausgangspunkt der Ausstellung bildet da-her die topographische Erschließung des Steinbruchs anhand von Modellen und anderen visuellen Medien. Ziel ist es, das frühere Erscheinungsbild des Steinbruchs wieder lesbar zu machen. Darüber hinaus muss auch die infrastrukturelle Vernetzung mit den DESt-Stützpunkten Gusen und St. Georgen veranschaulicht werden.

Die Ausstellung zum Steinbruch soll seine ökonomischen und politischen Funkti-onen sowie seine zentrale Stellung in der Erfahrungsgeschichte bestimmter Häft-lingsgruppen verdeutlichen. Besonderes Augenmerk wird auf die unterschiedlichen Akteure wie DESt, Lager-SS, zivile Firmen und andere Profiteure mit ihren zum Teil divergierenden Interessen gelegt werden.

Eine kompakte Darstellung der strukturel-len Rahmenbedingungen soll zunächst die Zwangsarbeit der Häftlinge im Steinbruch in einen ökonomisch-politischen Kontext stellen. Ein weiterer Themenkomplex wird sich mit der Organisation der Arbeit, mit konkreten Arbeitsabläufen sowie gezielten Vernichtungsaktionen im Steinbruch aus-einandersetzen. In diesem Zusammenhang wird auch auf die konkrete Erfahrungs-geschichte von im Steinbruch arbeitenden Häftlingen einzugehen sein. Gesondert wird Arbeit als gezielte Schikane sowie die systematische Vernichtung bestimmter Häftlingsgruppen thematisiert. Darzustel-len ist ebenfalls der Funktionswandel des Lagers und des Steinbruchs als Standort für die Rüstungsproduktion ab 1943 und die damit einhergehenden Veränderungen in der Zwangsarbeit.

ort und bauliche MassnahMenAls Ort für die Unterbringung zum Thema Zwangsarbeit in Mauthausen bietet sich der Steinbruch „Wiener Graben“ selbst an. Die Ausstellung kann als Freiluft- oder Indoor-Ausstellung konzipiert werden. Die Ausstellung wird von zwei Seiten zugäng-lich sein: durch die Zufahrt vom „Wiener Graben“ unten sowie zu Fuß über die „To-desstiege“ von oben. Grundinformationen zu Topographie und Geschichte des Stein-bruchs sollen auch an der Steinbruchkan-te zwischen dem DDR-Denkmal und dem Abgang zur „Todesstiege“ zur Verfügung stehen. Zudem soll ein visueller Überblick über den Steinbruch ermöglicht werden.

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theMenZentrierte ausstellunG „laGer-ss“

Mit weit über 10.000 SS-Angehörigen, die im KZ-System Mauthausen über kürzere

oder längere Zeit ihren Dienst taten, ist Mauthausen das Lager mit der höchsten Zahl an SS-Personal, wobei viele SS-An-gehörige im Laufe ihrer Karrieren auch in anderen Lagern eingesetzt waren.

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Zeremonie der SS im Garagenhof des Lagers, im linken oberen Eck ist die noch hölzerne Kommandanturbaracke zu

sehen, SS-Foto, 1940

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Die Ausstellung „Lager-SS“ setzt sich mit dem Gesamtthema „Täterschaft“ ausein-ander. Dieses kann nicht auf einen domi-nanten Tätertypus zurückgeführt werden, sondern ist aus einem komplexen Zusam-menhang von Institutionen und Akteuren, von Vernichtungswillen und strukturellen Bedingungen, individuellem Vorsatz und situativer Gewaltdynamik heraus zu erklä-ren. Dabei soll zum einen deutlich werden, dass die an den Verbrechen im KZ Maut-hausen Beteiligten diese in Komplizen-schaft durch eine funktionale Arbeitstei-lung verübt haben. Zum anderen muss die individuelle Verantwortung der einzelnen Täter herausgestellt werden.

Die Verbrechen im KZ Mauthausen wur-den jedoch nicht nur von SS-Angehörigen begangen, sie agierten in einem vielfältig strukturierten Netzwerk. Dieser institutio-nelle und personelle Rahmen wird in der Ausstellung ebenfalls thematisiert.

inhaltDas ehemalige Kommandanturgebäude fungiert zugleich als Ausstellungsgebäude wie als Großexponat der Ausstellung, das in seiner Raumaufteilung die Organisati-onsstruktur der Lager-SS widerspiegelt. Bei der Darstellung der einzelnen Organisati-onseinheiten/Abteilungen/Unterabteilun-gen des Lagers ist darauf zu achten, dass ihre jeweilige Involvierung in die Verbre-chen im KZ Mauthausen dargestellt wird. Um zu vermeiden, dass die dabei konkret handelnden Personen hinter der Organisa-tionsstruktur verschwinden, sind diese in ihren biografischen Kontexten wie in ihrer konkreten Verantwortlichkeit für einzelne Verbrechen zu benennen.

Ein allgemeiner Überblick zur Organisa-tion und Ideologie der SS und ihrer Ent-wicklung ist zum Verständnis des kom-plexen Netzwerks, in dem die Lager-SS agierte, unabdingbar. Der Schwerpunkt

dieses Moduls liegt aber konsequent auf der Darstellung der Mauthausener Struk-turen und Akteure. Neben dem Komman-danturstab und den Wachmannschaften werden auch das oft aus dem regionalen Umfeld stammende zivile Lagerpersonal sowie verantwortliche Behörden und Fir-men beleuchtet. Folgende Themen sollen behandelt werden: Dienstort/Arbeitsplatz Konzentrationslager Mauthausen, „Ver-brechen als Arbeit“, arbeitsteilige Verant-wortlichkeiten für die Verhältnisse im La-ger, Massensterben und gezielte Tötungen, aber auch Alltag und Freizeit der SS wie beispielsweise das Verhältnis zu und Kon-takte mit anwohnender Bevölkerung.

Ein weiterer Punkt betrifft die Lager-SS nach Kriegsende. Hierbei geht es um die justizielle Auseinandersetzung mit Taten und Tätern im KZ Mauthausen. Ebenso um Lebensverläufe und Karrieren nach 1945.

ort und bauliche MassnahMenDie Ausstellung ist so zu positionieren, dass die Auseinandersetzung mit der Lager-SS nicht in Konkurrenz zur Beschäftigung mit den Opfern und ihrem Leid treten und die-se überlagert. Als Ort kommt dafür idealer-weise das Erdgeschoß des ehemaligen Kommandanturgebäudes in Frage. Hierfür sind bauarchäologische Befundungen des zwischen 1942/43 errichteten Gebäudes nötig. Die weitgehend originale Raum-struktur des Gebäudes wird beibehalten, und gravierende Um- bzw. Einbauten aus der Zeit nach der Befreiung werden ent-fernt. Zusätzlich wird das weitgehend im Originalzustand erhaltene, jedoch bisher nicht allgemein zugängliche Besprechungs-zimmer des Lagerkommandanten („Zier-eis-Zimmer“) unter Berücksichtigung der konservatorischen Bedingungen und in einer Form, die eine falsche Auratisierung des Ortes vermeidet, in die Ausstellungs-konzeption eingebunden.

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theMenZentrierte ausstellunG „nachGeschichte“

KZ-Gedenkstätten sind in ihrem Charak-ter keine „authentischen Orte“, in denen der Zustand des früheren Konzentrations-lagers unmittelbar und unverfälscht kon-serviert ist.

Die Orte der früheren Lager sind heu-te vielfältig verändert, teilweise zerstört, symbolisch überformt und umdefiniert. Sie sind ein Amalgam aus historischem Über-rest, Friedhof, Denkmal und Museum.

Die 1949 eingerichtete KZ-Gedenkstätte Mauthausen blickt mittlerweile selbst auf

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Luftbild der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Ende der 1950er-Jahre

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eine 60-jährige Geschichte zurück. Sie ist ein historisches Zeugnis im doppelten Sin-ne. Die heutige KZ-Gedenkstätte Maut-hausen repräsentiert sowohl die Zeit des Konzentrationslagers als auch die seiner Rezeptions- und Deutungsgeschichte. Auf-grund dieser Doppelbedeutung von KZ-Gedenkstätten ist es notwendig, dort nicht allein über die Zeit des Nationalsozialis-mus zu informieren, sondern auch über die Rezeptionsgeschichte des Konzentra-tionslagers. Dabei ist die Entstehung und Geschichte der Gedenkstätte samt ihren Repräsentationsformen und Symbolisie-rungen ebenso kritisch zu beleuchten, wie der Umgang der österreichischen Gesell-schaft und des österreichischen Staates mit der NS-Vergangenheit, für die Mauthau-sen exemplarisch steht.

Im Rahmen der Ausstellung „Das Gedächt-nis von Mauthausen“ wurde 2004 ein Aus-stellungsmodul zur „Geschichte der KZ-Gedenkstätte Mauthausen“ entwickelt, das derzeit im Besucherzentrum zu besichtigen ist. Wesentliche inhaltliche Elemente dieses Ausstellungsmoduls können in der Ausstel-lung zur „Nachgeschichte“ ihren Platz fin-den, die im Kern ebenfalls die Geschichte der Gedenkstätte zum Thema haben wird. Gegenüber dem bisherigen Ausstellungs-konzept sollen allerdings Ergänzungen und Vertiefungen sowie thematische Erweite-rungen vorgenommen werden.

inhaltDas erweiterte Ausstellungsmodul zur Er-innerungs- und Rezeptionsgeschichte des KZ Mauthausen setzt sich auf zwei Ebe-nen mit den Zeitschichten ab dem Mai 1945 auseinander. Zum einen werden in einem chronologischen Schnitt die wesent-lichen Stationen der Entwicklung der Ge-denkstätte beschrieben. Auf dieser ersten Ebene sind folgende Themen angesiedelt: Befreiung, Übergabe des ehemaligen La-gergeländes an die Republik im Jahr 1947,

Gründung der Gedenkstätte 1949, Er-richtung nationaler Denkmäler im Kalten Krieg, die Errichtung eines zeitgeschichtli-chen Museums in den 1960er-Jahren so-wie die Entwicklung zu einem zentralen österreichischen Gedächtnis-, Lern- und Präsentationsort.

Zum Zweiten beschäftigt sich das Ausstel-lungsmodul aus strukturgeschichtlicher Perspektive mit der Nachgeschichte des Erinnerungsortes Mauthausen. Hierbei werden Themen der Erinnerungstradie-rung behandelt, die über den konkreten Ort Mauthausen hinausgehen, die aber die Erinnerungsgeschichte an das KZ Maut-hausen und seine Außenlager wesentlich beeinflussten – so etwa die Debatten um die Nachnutzung der Überreste des Lagers und die Einrichtung einer Gedenkstätte, das jeweils nationale Gedenken, die For-mierung von Erinnerungsgemeinschaften, ihre Rituale und Symbole, Formen des To-tengedenkens, der Musealisierung und der politischen Bildung. Die Diskussionen um Restitution und Entschädigung der Opfer sind an dieser Stelle ebenso anzusprechen wie politische und revisionistische Inter-ventionen um den historischen wie sym-bolischen Gedächtnisort Mauthausen.

ort und bauliche MassnahMenUm eine klare räumliche Trennung von den Modulen zur Geschichte vor dem Mai 1945 zu schaffen, ist die Unterbringung in einem nicht aus der Zeit vor 1945 errich-teten Gebäude, konkret im gegenwärtigen Bookshop im Besucherzentrum, als künfti-ger Ausstellungsraum vorgesehen.

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Das 2003 eröffnete Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

das besucherZentruM: funKtionen und KÜnftiGe nutZunG

Das Besucherzentrum wurde im Jahr 2003 eröffnet. Als Ort für den Neubau wurde das Areal der ehemaligen SS-Werkstätten-baracken bestimmt. Hauptziel des Neu-baus war es, eine räumliche Trennung zwischen dem historischen Bestand und einer zeitgemäßen Infrastruktur mit dif-ferenzierten, zielgruppenorientierten An-geboten zu schaffen. Dementsprechend sollten dem Besucherzentrum museale, didaktische, logistische und verwaltungs-technische Funktionen zukommen.

So wurde mit diesem Neubau Raum für Besucherinformation, für zusätzliche Dau-er- und Wechselausstellungen, für Besu-

cherarchiv und -bibliothek, Filmvorfüh-rungen, Seminare und Veranstaltungen, Serviceeinrichtungen und schließlich auch für eine moderne Verwaltungsinfrastruk-tur geschaffen. Nicht zuletzt sollte dem Gebäude auch die Funktion eines „Por-tals“, also Ausgangs- und Endpunkt des Gedenkstättenbesuches, zukommen.

Eine optimale Nutzung des Besucherzen-trums kann in Hinkunft nur durch eine Konzentration auf Kernfunktionen als di-daktisches Zentrum und Ort für Sonder-ausstellungen und Kulturveranstaltungen erreicht werden. Darüber hinaus sollen an diesem Ort auch die notwendigen funkti-onellen Einrichtungen für BesucherInnen und wissenschaftlich Interessierte bereit gehalten werden, um damit die histori-

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schen Bereiche zu entlasten. Ein wichtiger Schritt ist daher die Entkoppelung dieses Objektes von seiner Portalfunktion.

Die Funktionen: Didaktisches Zentrum/Clearingstelle: • offenes Archiv mit angeschlossener Bibliothek; audiovisuelle Angebote; Infrastruktur für Seminare und Work-shops Erweitertes Museum: Ort für Veran-• staltungen und Sonderausstellungen mit einer flexiblen Ausstellungsfläche Sitz der Verwaltung der Gedenkstätte• Ausstellung „Nachgeschichte“ im • Gebäude des aktuellen Bookshop Cafeteria•

eMPfanGsPortal

Nach Errichtung des Besucherzentrums ging der Besucherstrom trotz eines neu geschaffenen Leitsystems zum Großteil an diesem Gebäude vorbei. Die Verlagerung der Parkplatzflächen auf ein Grundstück südlich des Besucherzentrums im Jahr 2006 bewirkte eine verbesserte Steuerung des Besucherstroms. Nach wie vor nutzt jedoch etwa die Hälfte der BesucherInnen das Besucherzentrum nicht. Dies mag auch dem aus Rücksicht auf die historische Bausubstanz zurückhaltenden Erschei-nungsbild der Architektur geschuldet sein. Daher muss die Funktion des Empfangs-portals aus dem Besucherzentrum ausge-lagert und in den Bereich des Parkplatzes verlegt werden.

funKtionenDas Empfangsportal ist Ausgangspunkt des Gedenkstättenbesuchs und logisti-sche Drehscheibe zur Steuerung des Be-sucherstroms. An diesem Ort werden alle relevanten Informationen wie historische Grunddaten, Infrastruktur, Ausstellungen, Vermittlungs- und Vertiefungsangebote,

Anreisemöglichkeit und Hinweise auf aktu-elle Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. Ebenfalls werden Eintrittskarten, Audio-Guides und weiteres Informationsmaterial in Schriftform angeboten. Dies geschieht durch MitarbeiterInnen der Gedenkstätte im direkten persönlichen Kontakt mit den BesucherInnen. Außerdem wird der aus dem Besucherzentrum ausgelagerte Book-shop im Empfangportal untergebracht.

Neben diesen logistischen Funktionen soll das Empfangsportal auch der Ort zur Ein-stimmung auf den Gedenkstättenbesuch sein.

ortDie überwiegende Mehrheit der Besuche-r Innen reist mit Auto oder Bus an. Dem Parkplatz der Gedenkstätte kommt in diesem Zusammenhang durch seine Lage die zentrale Bedeutung als Ausgangs- und Endpunkt des KZ-Gedenkstätten-besuches zu.

Das Empfangsportal wird westlich des Besucherparkplatzes positioniert. Durch diesen Standort kann eine optimale Nut-zung erreicht werden, da auf diese Weise die Erstinformationsmöglichkeit auf dem direkten und von den BesucherInnen meist gewählten Weg zwischen dem Ankunfts-punkt am Parkplatz und dem historischen Lagergelände liegt.

Zu diesem Zweck muss hier ein kleines, aber den Anforderungen entsprechend di-mensioniertes Gebäude errichtet werden.

MuseuMsdePot

Bis heute verfügt die KZ-Gedenkstätte Mauthausen über kein fachgerecht, nach konservatorischen und archivarischen Standards eingerichtetes Museumsdepot. Zur Behebung dieses grundlegenden Man-gels soll im südöstlichen Kellerbereich des

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Gebrauchsgegenstände aus dem KZ Mauthausen

ehemaligen Krankenreviers ein Museums-depot eingerichtet werden

Gegenwärtig ist im Archiv der KZ-Ge-denkstätte Mauthausen ein Forschungs-projekt im Gange, dessen Ziel die vollstän-dige Inventarisierung und Dokumentation des Bestandes an Artefakten ist, welche in der Gedenkstätte sowie im Archiv in Wien vorhanden sind. Die Objekte sollen in Hinkunft im Museumsdepot der Gedenk-stätte an einem gemeinsamen Ort fach-gerecht aufbewahrt werden. Mit der Ein-richtung des Depots wird darüber hinaus die dringend notwendige Infrastruktur für zukünftige Sammlungsaktivitäten im Zuge der Neugestaltung bereitgestellt.

erreichbarKeit der KZ-GedenK stätte

Die Gedenkstätte ist derzeit weder an den öffentlichen Verkehr angebunden noch sind auf den Zufahrtsstraßen ausreichende und einheitliche Beschilderungen für den Individualverkehr vorhanden. Im Rah-men der musealen Neugestaltung ist daher

auch ein in Design und Schrift abgestimm-tes, regionales Verkehrsleitsystem für die Gedenkstätten in Mauthausen und Gusen erstrebenswert.

Auch bei der öffentlichen Verkehrsanbin-dung sind Maßnahmen zu setzen. In ei-nem Pilotprojekt sollte gemeinsam mit den verantwortlichen Verkehrsbetrieben eine Rufbusverbindung zwischen dem Bahn-hof Mauthausen und der Gedenkstätte eingerichtet werden. Die Installierung ei-ner Busverbindung mit einer offiziellen Busstation „Gedenkstätte Mauthausen“ würde die Gedenkstätte für die Besuche-rInnen sichtbarer machen und die längst fällige Erreichbarkeit mittels öffentlicher Verkehrsmittel sicherstellen.

internet-auftritt

Im Jahr 2003 ging erstmals die neue Web-site der KZ-Gedenkstätte Mauthausen www.mauthausen-memorial.at online, die seit kurzem auch vollinhaltlich in engli-scher Sprache abrufbar ist. Die Website, zu der namhafte ExpertInnen beigetragen

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Homepage der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Homepage der KZ-Gedenkstätte Gusen

haben, bietet leicht verständlich fundierte Hintergründe zur Geschichte des Lagers Mauthausen, seiner Außenlager und der Gedenkstätte, Fotos und Grafiken, Inter-views mit ehemaligen Häftlingen, aber auch wichtige praktische Informationen zur Vorbereitung eines Gedenkstättenbe-suchs, ein Online-Besucheranmeldesystem sowie aktuelle Informationen. Im Jahr 2005 wurde zudem ein eigene Website zur

KZ-Gedenkstätte Gusen online gestellt (www.gusen-memorial.at), welche auch über die Startseite der Mauthausen-Home-page verlinkt ist.

In Zukunft sollen insbesondere das An-gebot zur Besuchervorbereitung, die Be-reitstellung von Lernmaterialen sowie die Recherchemöglichkeiten auf der Website erweitert werden.

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Mitglieder der arbeitsgruppe

christian dÜrr

Seit 2000 freier Mitarbeiter der KZ-Ge-denkstätte Mauthausen; ab 2002 verant-wortlich für das Archiv; Mitherausgeber der Schriftenreihe Mauthausen-Studien; Kurator der Dauerausstellung in der KZ-Gedenkstätte Gusen und der Ausstellung „Die Krematorien von Mauthausen“.

florian freund

Historiker am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien; seit 1981 Mitarbeit in Forschungsprojekten; 1987 bis 1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Doku-mentationsarchiv des österreichischen Wi-derstandes; seit 2000 Mitglied der Redak-tion der Zeitschrift „Zeitgeschichte“ und der Gesellschaft für Zeitgeschichte; 1999–2002 Mitarbeiter der Historikerkommissi-on der Republik Österreich.

harald hutterberGer

Seit 1988 Verwaltungsleiter in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen; Kurator zahlreicher Ausstellungen zum Thema Widerstand und Verfolgung im Natio-nalsozialismus sowie zur Nachgeschichte des KZ Mauthausen; Mitarbeit bei his-torischen Ausstellungen im Stadtmuseum Nordico, Linz; ausgezeichnet mit dem Prix de la Fondation Auschwitz – Jacques Ro-zenberg, Brüssel 2003.

yariV laPid

Seit 2007 verantwortlich für die pädago-gische Infrastruktur der KZ-Gedenkstätte Mauthausen; davor Mitarbeit in israeli-schen NGOs, die sich mit den religiösen und politischen Konflikten in Israel aus-einandersetzen; Leitung der Zusammen-arbeit mit deutschsprachigen Ländern an der International School for Holocaust Studies, Yad Vashem.

ralf lechner

Seit 2000 freier Mitarbeiter der KZ-Ge-denkstätte Mauthausen; ab 2002 verant-wortlich für das Archiv; Mitherausgeber der Schriftenreihe Mauthausen-Studien; Kurator der Dauerausstellung in der KZ-Gedenkstätte Gusen und der Ausstellung „Die Krematorien von Mauthausen“.

stePhan Matyus

Seit 1997 freier Mitarbeiter der KZ-Ge-denkstätte Mauthausen; ab 2000 verant-wortlich für das Fotoarchiv der KZ-Ge-denkstätte Mauthausen; Mitherausgeber der Schriftenreihe Mauthausen-Studien; Mit-Kurator der internationalen Fotoaus-stellung „Das sichtbare Unfassbare“; Mit-autor am Konzept für die künftige KZ-Ge-denkstätte Loibl-Nord.

bertrand PerZ

Seit 2006 stv. Institutsvorstand am Ins-titut für Zeitgeschichte der Universität Wien; stv. Vorsitzender des Vereins Wie-ner Wiesenthal Institut; Vorstandsmitglied des Vereins Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes; Mitglied des Kunstrückgabebeirates beim BMUKK; von 1998–2003 Mitglied der Historiker-kommission der Republik Österreich.

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barbara schätZ

Seit 2005 Leiterin der für die KZ-Gedenk-stätte Mauthausen zuständigen Abtei-lung im Bundesministerium für Inneres; Mitherausgeberin des Jahresberichts der KZ-Gedenkstätte Mauthausen; seit 2008 Mitglied der österreichischen Delegation in der Task Force for International Co-operation on Holocaust Education, Re-membrance, and Research. Gesamtleitung der Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Maut hausen.

JörG sKriebeleit

Seit 2000 Leiter der KZ-Gedenkstätte Flos-senbürg; verantwortlich für die grundle-gende Neukonzeption dieses europäischen Erinnerungsortes; Gesamtleitung der Dauerausstellung „Das Konzentrations-lager Flossenbürg 1938–1945“; Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des „Mahn-mals für die ermordeten Juden Europas“, Berlin.

franZ sonnenberGer

1981 Berufung an das Museum Industrie-kultur in Nürnberg; ab 1994 Leitung der „museen der stadt nürnberg“ und verant-wortlich für deren erfolgreiche Sanierung und konzeptionelle Erneuerung; Initiator des im Jahr 2001 eröffneten Dokumen-tationszentrums Reichsparteitagsgelän-de; maßgebliche Beteiligung an der Wei-chenstellung für das geplante Memorium Nürnberger Prozesse; seit Herbst 2008 im Vorruhestand.

heideMarie uhl

Historikerin an der Österreichischen Aka-demie der Wissenschaften in Wien, Insti-tut für Kulturwissenschaften und Theater-geschichte sowie Lehrbeauftragte an den Universitäten Wien und Graz; 2000 Fellow am IFK Internationales Forschungszent-rum Kulturwissenschaften Wien und 2006 am Berliner Zentrum für vergleichende Geschichte Europas an der Freien Uni-versität Berlin; 2007 Gastprofessuren am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und 2009 an der Hebrew University Jerusalem.

robert VorberG

Mitarbeit an Projekten des Vereins „Die Aussteller“; seit 2006 freier Mitarbeiter des Archivs der KZ-Gedenkstätte Maut-hausen; Kurator der Ausstellung „Die Krematorien von Mauthausen“.