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LTI Notizbuch eines Philologen - Viktor Kemplerer.pdf

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Kemplerer Viktor: LTI Notizbuch eines Philologen. Reclam Verlag

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    LTI

    Es gab den BDM und die HJ und die DAF u nd ungcz:1!1ltc andere solcher abkrzenden B2zeichn ungen.

    Als parodicrende Spielerei zucrst, g leich darauf als cin flchtigcr Nothchclf des Erinncrns , a.Is cinc /\lt Kno tc n i111 Taschcntuch, und sehr bald und ,rnn l ti: a.JI die: [ ,cn dsj.1hrc als ein e Notweh1~ als ein an mich sclbst gericht ter SOS-Ru( stc ht cbs Zcichcn LTI in mcinem Tagcbuch . Ein schn gelehrtes Signum, wie ja das Dritte Reich V(ln Zeit zu Zeit den volltiinC'ndcn Fremdausdruck licb tc: G:i.rnnt klingt bc -deutsamer als Brg e und diffami eren imp osa nt er als schlechtmach en . (Vielleicht versteht es auch nicht j edet~ und auf den wirkt es dann erst recht.)

    LTI: Lingua Tertii Imperii, :,prac;:he eles Dritt en Reichs . !ch habe so oft an eine Alt-Berlincr Ancld otc gcdac ht , wahrscheinlich stand sie in rneinem schon i ll us tri e nen Glaf.sbrenner~ dem Hurnoristen der .ivforzrcvc luti on - abcr wo ist rneine Bibliothek geblieben, in dcr i stellen und die innere Frcihcir zu bew:-d1ren z{1 de .r imme i wirk samc n Geheim-forrncl: LTI, LTI !

    Sclbst wcnn ich wa. nicht dcr f ::ill ist, di e Absicht har-te, ch, ga.nzc Tagcl1:1ch rlicscr Zc it mit ali scinc n i\lltagscr-lcbnisscn zu vcroff('ntlichcn, wrde ich ihrn die ses Signurn zum Tite ! gcben. Man konnte da5, metapho r isch nchmcn. D~nn cl,cn s'J wic ,~s ~,lich is t, vo111 Gesicht ciner Zeit , ei-nes Lu:i-des zu reden/ 'jenauso wird der Ausdruck einer Epochc :i.h ihrc Sr::1 che bcze ichnet. Das Dritte Reich spricht mit cincr schr ::klichcn Einheitlichk ('i t aus al! sei- nen Lcbcnsau!5crungE' n und Hinterlassenschafte n: aus dcr n-1:1.f5luscn Prahlcr,2i se in er Prunkba uten u n d aus ihr en Trmmern, aus dcm Typ dcr Solcla ten, der SA - und SS-M:inncr~ die es ab ld~algcstalten auf irnrn c: andern und imm.er glcichen Pbka.t..:n fixicrte, aus sein eL Autobahnen u nd 1\fassengrii\w m ~"):is allcs is t S JI ach e: des Dritten Rcichs, und von allcdc:>1 ist na tr lich auc h in diesen Bla t-t:rn die Rede . Ab1:r w ::nn rnan eincn Beru f durch Jahr-zclrntc :1usgclit und ::;r:'.u gc-rn ausgc bt hat , dann ist man scl1licG!ich srker durc"h. ihn gep ra gt als du rch alles anden~, und so w::ir es dcnn bu chst:ib1ich und im un bc rrrngcn phi-lologischen Sin n die .3pr:1.Che des Dritten Reicl-is, woran ich

    19

  • mi ch auf s Lngs te kbmm ert e u nd was mcinc 13abncicrst;rn-ge ausmachtc: bcr die O de dcr zchn F::-,brikstundcn, die Gr cucl dcr H aussucl-,un gen, Vcrhaftungcn, Mif.shandlun-;r,en us w. u sw. hir,we g .

    M an zitiert immer wied er Talleyrands Sa tz, die Sprachc se , dazu da, die Gedank en des Diplomaten ( oder cines sch'.auen und fragwrdi gen Me nschen berhat1pt) zu vcr-ber gen . Aber genau das Gegen teil hi ervo,1 ist -, '1tig . Wa,. jema ,1d willentlich ve rber gen will, sei es nur v, ,e andcrn, sei es vor sich selber , auch was er unbewulst in sich triigt: die Sp :achc bringt es an den Tag . Das ist: woh\ aucl t clcr Sinn dcr Sent enz: Le style c'est l'ho111111c; die Al'ssagcn ci-11cs Mc t.schen mogen verlogen sein - im Stil sctne r Sr,ra-che liegt sein Wesen h llenl os offen.

    Es ist~ ir merkwr dig erg2ngen mit diescr cigcntlichcn (philologi . ch eigentlic he n ) Sp rache des Dritten Reichs .

    Ganz iI Anfang, solan ge ich noch keine oder doch nur sehr gelind ~ Verfolgung erfnhr , wollte ich sowcnig als miiglich von 'hr horcn. Ich h at te bcrgcnug

  • nen zugcbsscncn Form abwich, drang nicht an die Offcm lichkeit; Buch und Zeitung und Bchordcnzuschrift und Formulare cincr Dicnststcllc - allcs schw;1mrn in dl'rsl'lhl'n braunen Sof.se, und aus dieser absoluten Einhcitlichkcit: dcr Schriftsprache erklarte sich dcnn :i.uch die Glcichhcit =lcr Redeform.

    Aber wenn das Hcranzichen dcr Vorbildcr i.i r t:.H1:;c11e! andere ein Kinderspiel bedeutet h iittc, so w;:i r es

  • ne Beobachtungen, meine Reflexi onen und Fragen wr Sprache des Dritten Reichs aus dem 'Zustand des Skizzcn-haften in den eines geschlosscnen wissenschaftlichcn Wer-kes hinberzufhren.

    Dazu wrde mehr Wisscn und wohl auch tTtehr Lc-benszeit gehoren, als mir , als (vorclc rh:md) ir ge;1ckincm einzelnen zur Verfgung stehen. Dcnn es wird :schr vici Facharbcit auf verschiedenstc:.1 Gcbictcn zu lcistcn :;cin, Germanisten und Romanisten, Anglistcn dnd Sbwistcn. Historik~r und Nationalokon orncn, Juristcn und Thcoln-gen , Techniker und Naturwissensch,1ftlcr wcrdcn in Exkur-sen und ganzen Dissertationen sehr vielc Einzclproblcmc zu Jjsc n habcn , che cin muti gc r une! umfo.ssc nd cr KoF es wagen darf, die Lingua Tertii Imp erii in ihrer Cesam thcit, der allerarmseligsten und allerreich haltigs ten Cesa m thci t, darzustellen. Aber ein erstes Herumtasten und I le rumfrn -ge n an Dingen , die sich noch nicht ixi,:rcn lassrn, wci l sic noch im Flief.sen sind, die Arbeit der crsten Stuncle, wic clic Franzosen so etwas nennen, wird d:xh fo.r di : dnnnch kom-menden eigentlichen Forscher irnmcr seir.en \!Ven haL,cn, und ich glaube, es wird ihnen au ch von Wert scin, ihr Ob-jekt im Zustand einer halb vollz.ogcnen Metamorphosc zu sehen, haib als konkrcten Erlcbnisbcricht und h:1lb schon in die Begrifflichkeit der wissenschaftli chcn Lktrachtt1ng emgegan8en.

    Doch wenn dies die Absicht mcincr Veroffcntlichung ist, warum gebe ich dann das Notizbuch des Philo logcn nicht ganz so wieder, wie es sich aus dem privateren und allgemeineren Tagebuch der schweren Jahre heraus schiilcn laBt? Warum ist dies und jenes in einem berblick zusam-mengefaBt, warum hat sich zuro Gesichtspunkt des Damals so haufig der Gesichtspunkt

  • :;en) - wie oft habc ich die Spie lkartcr. aui den Tisch kb.t-.;chen und laute Gesprach e ber Fleisch- und l~1bakratic-'1en und ber da s Kino flncn hn:~111 w~hrend c:cr Fhrc1 Jder einer seiner Paladine bngatmig sprnci1cn 1 und n;1cl1-her hiefs es in d~n Zeitun gcn 1 das g,,nze Volk lic1bc ihnrn gelauscht.

    Nein 1 die starkste Wi rkung wurdc :ht clurch Einzcin> den ausgebt/ auch nicht durch Artik2l odcr Flugblattc1~ durch Plakate oder Fahn en.1 sie wurd c d1.,.n_h rchts erzidt,. w

  • ging es mir noch ungiei ch besser als s1,~ter; ich w
  • schler fast arn selben Tage scinc Prfung als Schlosscrgc-selle und als Abiturient. Danach bot sch ihm die Moglich-keit, seinen Un P.rhalt im techni schcn 13eruf s:.1 erwerbcn und gleichzeiti g zu studieren. Seine mathcm 1tisch-Lcchni -sche Begabung bewahrte sich weiter: in ganz jun ~1!n Jahrcn und ohne die blichc Abschlufsprh,ng eles Diplomingc-nieurs erhielt cr eincn hoh cn Pasten.

    Aber was ihn mir nahcbrachtc, n-:ii~ dcm lcider i1llcs Mathematisch--Technische so uncr griincllich fernliegt, das war die Allseiti gke it seines Bildunust rebcns und Nach-denkens. Er karn in uns rr 1-Irns, er WL rde c1us dem Hausge-nossen einigerm ::dsen zum Pflc:;esohn , cr n2nntc uns, hc1lb im Scherz, aber doch auch sch r im Ernst, \T;1tcr und Mut-ter, wir hatten iNohl cinigen Antcil an se:ncr Bildung. Er heiratete frhzeitig, und das her zlich n1he Verhaltnis zwi-schen uns blieb unverandert. Dais es durch politische Mei-nungsverschiedrnheiten je gestort wcrd en konnte, karn keinem von un s vier Bet eiligten je in Jen Sinn .

    Und dann d.ra ng der Nationalsozi 1lism us nach Sachsen. Ich bemerkte br:i T. erste Anzcichcn .:ler ,cindcrtcn Gc -sinnung. Ich frngte ihn, wie er mit

  • dntt(!J'll(I, li:111t~ clk:;1 fai111w1 t111.1; I,, o1ll11 H11t, l,.11: d11 h n t1 d 1 1: t w 11 :; TriJ ~1 il k l 11:: c, l\'11 11 1 ii.1 1 1 . 11 , 111 1 l 1 11 11 1 1 11 u W,11' t,(J /\:I II Z d1~t1tlid1, iiri[~ 1.llf' il' l. 11!1 1 t11l 1i1111q; 111 ,1 ill 111 scl11: C:1jiflun1~11li1~i11:11 1.lc1 IL11l1v11n 1 1 ( l111 l1111l', ,IPI 1, 1,, Nn1.ir.11111s r.i:li1,j11 1111r 11kl1u, ,li.i it11l1c1,P,, 111' l1dvl t1u11. 1 lv1 T1rn,t v(1;i11, vo1 d111 skl1 1.111~.cl1k11:1:11b, \\.',il11li1.11, ,Vil Friilrnvlwl Vl'l'/;C'l1c11; diL: 1(1111- t11\\I f 11tl~i't11d1: d,..':, 1'l.1zi:, mu s w:.ir deut scl1 und nicl1t it~tlicni~cl, .

    Abcr auch die Erinncrung :.in das n ,u:istischc (oder fo-schistische) Woit Strafcxpedition w~rc ohne clic Vcrbin-clung mit dem personlichcn Friebn;s bcstimmt fr n,ich wie fr Million en anderer verflogen 1 clcnn es gehort nur den Anfangszei ten des Drittcn Reichs an, j ::i e:; ist dmch clic blose Grndun g dieses Rcgim cs bcr 1tolt und unntz ge-

    ~ V

    worden wie der Fliegcrpfeil clurch die i-'licgerbombe . An die Stcllc dcr h::ilb priv::itcn une! sonnt:i,r,ssportlichcn Str;1ro..-pcditiunen tra t sn fort die rcgubrc uud arntl1chc Polizci:ik--tion, und ::in die Ste llc des Rizinus d::is Kn1ncnt,::itionsL1gcr. Und sechs Jahrc nach dun Bcginn des Drittcn Reichs wur-dc die zur Polizciaktion gcwordcne innc;clcutschc Strafcx-pedition berl armt vom Toben des vVeltkrieges, den sich seine Entfe.fsler :rnch ::1ls cinc Art Straf cxpcdition gcgcn al-lerhand rnisach te te Volker gedacht hat tcn. So verklingen \Norte. - Dagc gcn die beidcn andcrcr1 1 che den Ccgcnpol hcze ichnctcn - Du bist nichts, und ic;1 l>i1 :1llcs! - 1 sic hc-dti1 l1rn k~i111:r 11 n,i'11ilid11..11 l~t i11111:r1111~:, t1111 i111 C::1diii'l1111i:,

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  • mal sag t es au s und be statigt dJ.m ir eirc wirkLc ne Ccgc benheit, da.s Ehru ngen, die dcr Natiun:il soz ialisrnus vc r-gibt, staatliche Anerkennun gen sinr .. L cnt h::ilt a lso das L'Et-at c'est moi des Absolutismus. So,verschlcchtcrte
  • IX Fanatisch

    Als Student argerte ich mi ch einrnal i..bE r cinen Ang:istcn rlPr n;ichzi:ihlte, wic oft bci Shak cspcLHl clromm clt, ;eiCif-fen und sonsti ge kriegeri sche Mu sik 3,~macht wc rde. Jch nannte das in m C:inen1 Unverstand trcckc nc Pccbnteric ... Und in meinen f'agebchern dcr Hitlcrzc1 : hci!st es sclwn 1940: Serninart he ma: fcstst elle n ias~en, wie oft fari,1tisch trnd fnnatismus ::111 oHizicllcr Stcllc gcbra uch t wird, wic () !'t auch in Publikationen, die unmitt elba r nichts mit Politik zu tun haben, in ncticn dcut schcn r.o t11rrncn zurn Bci~~picl oder in berset zungen au s frcmden Spr,,chcn . 1)r ei J;1!1rc spi:itcr greife ich mit ein cm Unm oJ ch! darnul zmli ck: ,>Dcr Gcbrauch ist Lcgion , Lin,Hisch l:or

  • ser lcnken mufs, um ihr d!I.'. crhabcnstcn Tu1,cndcn :ibzu12c- \ . .J

    wirinen; wi:ihrcnd auf dcr anclercn S:::i~c dcr Unglaubc , un J ganz allgemein das kli.ige lnd c Aufkbrertmn, zur Anklan 1 -merung an das Leben, zur Verwcich'.ichung, zur Erniclhi-gung der Seel en fh r t, alle Leidcnsch::i ften nn gem~inc Privatinteresse n, an ver werflichen Ego' s1nus wcndct me! derart die wah rc n Grun cllagcn jcdcr Gcs cll:,ck1f1 h

  • Fana tik ern erzie hen konne. Aber hier ist das nun schon cinc Cast korn ischc Entgl cisun g, ctn ganz unrniglich, ;-R ckfall in den Sprach gebrat: ch frh 2n~r Zl'itcn, w1c u denn frcili ch in verc inz cltcn Fallen .,ogar ~icm iVkist 1;r de! LTI widerfah rt; ist doch bci Gocbbels noch im Dvv111 l1t1 1944 (wohl in A nl ehnung an die ziticrt : Hitlcrstcllc1 die Rede von dem wirrkopfi ge n Fanatisr;,u s cinigc'r udit.::1, \J bare r Deut sch er.

    lch nenn e dera rt iges cincn komischcn Rcl

  • (ig geworden, die das Drit rc Rcich zt, vcrgebcn lia tt ,', dcr ~11ilitcirischcn. Es ist cinc bcsom L:::rc J\11fg;1b ', zu \c rfolr,lti. 'Nie die berko mine ne Sachl ichkc it un
  • franzsischcs Traucrsp icl, cfos langc Z2i wcltbcri.ihrnt w;1r und in Deutschbnd haufi g als Schullel(tiirc vcrw:rndr wu r-dc, d,rnn abcr (~chr zu Unn.:cht) in I'vl.i,.)achtu~1_; und VL'r-gessenheit geric t, Ponsards Charlot/'3 Corda:/, h:it die f:.r-rnordung M::ira,s zurn Stoff. Die A1tcn~:1crin klingclt .:111 seiner Haustr ~ :,ie ist fest entschloss2n, den J\fonn, den :;iL fr cincn gcwis sc nl oscn Bluthund h~1;t. den :;i,' 11ur ;1L Un-m enschen aul.ser;1alb jede r menschlichu1 hindung vor sich sieht , zu ti:.iten. r.ine Frnu offnc 1 ih 1; u1HI S IL' schr ick1 1.u-rck: Gott im H mmel, er hat eine Frau, jcrnand licbt h1~ -~ ra nd Dicu, sa :'e111111t', 11 l'ni111e ! f'l:111'1 :.lxr Ji;ir1 SIL' ilrn einen geliebten r-Jam en als Opfer >,fr die Guillotine ncn-nen, und nun s1 cht sie zu. Als wenr: cr diese Szcne untcr genauester Beibcha ltun g des Wesendi,.hcn und Emscbci-denden ins Mo .:1-.::rn E: tr ansponierte, Hang die Aussagc des jclischen Ang eklagtcn Frankfurtcr vor cbn Ccricht in Chur. Er sei en lschlossen gewescn, t1en :C:utt11enschcn zu toten, Frau Gus tloff h abe ihm geoffnu , und cr sci schwrrn-kend geworden - ein vcrhcirntct cr M.11111, granel DiL'II, on l'aime. Da ha be er Gustloff arn Tclephon sprcchcn horen: Diese Schw ein ejuden!
  • cien verlogen cn Phrasen de r Regi-21 unc nicht bc t runl:cn n.achcn lief.s. Gcwo hnli ch untcrhiclt ,'r uns rnit i1-g,.:ncki-nern aufgedec kt en und wiedcr zugc sc~_,arrtc n Sbnd,1] in der Partei, van cinem betrgerisc h en BanL:rott odcr circm Scellcnkauf dur ch Beste chung odcr vnn cincr unvc1 sc:,lci-erten Erpressun g. Nach dem Selbstm :m1 unscres ur rcttbar kompromittiert cn Ortsbr germeistcrs - der Mann war crst zum Selbstm or c gezw u ngen und dann ~hrc nvoll, fast mit einem Staatsakt .m miniat ure becrd.gi- 'v'ordcn - bd::;1mcr. wir von V. rege :m a.sig zu hor cn : >>1N:1: en Sic nur :ib, Sic hab en den Kali '- berle bt . Sie werdcn auch Mutschm:rn1 1 und Adolf b er lcb en! Dic scr ni1cht :rn c ':Lrnn .1lso, iihri-gens ein Prote sta nt, und also nicht ctwc1 in :;cincr Kindheit mit Heilig en- und Martyrerge sch ichten durchtriinkt, cr-zahlte uns da s Folgen de mit genat 1 ckr glcichcn sf'lhstvcr-stancllichen Gl iiu bigkcit, rnit dc r cr .;0 11~:t vun Kalix' kk i-nen un.el Muts chmanns grof.scn Nicdcrt1 iichtigkcitcn :,,.u beri chtcn pflc g tc.

    Ein SS-Ober st urmfhrcr in H alle oJer :cn:i - cr rn.1chtc genau e Angab cn i.ibcr Ort un d Pcr~.Jl'c :1. il1 n w:1r ;1!lcs verbrgt von absolu t g laubhaftcr Scitercn; sic wi ssc r.icht , was es mir ihr auf sich hab e. Ein panr T;:igc d::m1uf h icJs es auch bci mir m der fabrik: Die l:3abis-rnucr P:1ppel! Ich frag te, wes halb man sie nenne. Ich bekam 1.u r ,\ n two rt : wc i~ sic blh c. Das kommt se l ten vor ; 1918 sei es dcr Fa!! gcwes cn, und 1918 sei dann der Friede geschlos-sc n wordcn . Su fort vcrbesserte 2ine ArGeiterin: Nicht nur 1918 , ebcnso sei es 1871 ein ge treten. Und in den anderen Kr iege n des Jahr hund erts auch, setz te eine Vorarbeiterin hi1.zu, un cl dcr Hausd iene r verallgeme in erte : Immer wenn :;l' gcb !i.iht hat, ist Fricdc gcsc hlos se n worden.

    Arn 1t:ich:,ten Montag sag te Feder: Das war ges tern cine wahre Volkcrwande rung zur Babisnauer Papp el hin-aus. Sie biht wirklich aufs prachtigste. Vielleicht wird cloch Friedc - ganz von cler Hand zu weisen ist Volk sg laub e nic. Feder, der mit dem Judenstern und mit der Staub-schutzkappc, clic ~r aus sc incm alten Ri chtcrbarctt her gc -stc llt ha ttc.

    89

  • XI Grenzverwischung

    Dais es zwischen den Naturreichen 1

  • Dritten Reich Akademieprasident wurdc, gchoren bcidc zum Exprcssion ismus.

    Formen der 1Nill ensbetonung und des strmischen Vor-war tsdrangens erbt die LTI von den Expressionistcn oder teil~ sie rnit ihncn. Die Aktion uncl Der Sturm hicJscn die Zeitschrifte n der. jungen, nur ~r5t un, A~erkcnnung rin 2.cndcn Expressionist cn . In Ucr lin sJ8cn sic ,1\s linkc stcr

    '- '

    FlgcL als hun gr igs tc Bohcmc dcr J:iiustlcrsch,1ft im C1f Austria an der Potsdam cr Brckc (at,ch in dem bekanntc-ren und elegan! ~ren Caf des VVestcns. ~wcr dort war man doch wohl scho ;1 arriviertet~ dort gab ,:s auch mchr Rich-tungen ), in M ;inchen im Caf Stcphanic. D.1s war in dc.1 Jahren vor dem ers ten Weltkricg. ln1 Austria wartctcn wir in der Wahln ac:-it 19v auf die cinlaufendcn Prcssctclc-gramme und jubelten, als dcr hunderrst c suzi,1ldemokrati schc Sieg gemeldet wurdc; wir gbubtrn, nun sei dac, Tor z11 Freiheit und Frieden ganz weit und fr irnincr offcn ...

    Die Worte Aktion un d Sturm wu1derten um 1920 au., dem weibischen Caf in das mi:innl:che brauhaus. Aktion gehorte van Anfang bis zum Schluf? zu den unverdeutsch-ten und unent behrlich en Fremdwoi tr.rn der LTC Aktion verband sich m it den Erinnerun3en an die heroische Frb-zeit, mit dern Bilde des Stuhlb 1~inkampfers; Sturm wurde zur mili tarischhierarchi schen G1 uppcn bczcich n u ng: dcr hundertste Sturm, der Reitersturm c:cr SS, wobci ,1llcr-dings auch die Tcndenz der Vertcnsdrnng unci eles An-knpfens an die Tradition mitspielte.

    Der verbr ei:,:tste Gebrauch der Lezrichnung Sturm ist zugleich der wr.borgenste, denn we'T\ i.:;t noch bcwust, oder war es in den Jahr en dcr nazistiscrcn Allrnacht, das SA: Sturmabteilung bedeutete?

    SA und SS, die SchutzstaffeL alsu e [Jratori:inccg ,ndc, sind als Abbrevi aturen so selbstherrl tell 2cworde n, da[; sie

    '-'

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    nicht mehr abkrzende Vertretungen darstellen, sondern von sich aus cigene ,Nortbcdeut ung be sitzen und ganz ver-drangt haben, was sie vorhe r vertraten.

    1\" ur notgedrungen schreibe ich hier das SS mit der g lcitcndcn Kurv'enlinie des normalen Schriftzeichens. In der Hitlcrzcit gab es in den S~tzkasten und auf der Tasta-tur z,mtlich gcbrauchtcr Schreibmaschinen die 'Jesondcre :d1a rfcckige ~S-Typc. Sic ,~ntsprach dcr gerrnanischcn Sicg-runc und war im Erinnern hieran geschaffen worden. Aber cbrber hinaus hatte sic auch Bezie hungen zurn Expre ss io-111S111 LIS.

    Zu den Soldatcna11sdrcken des ersten Weltkrieges ge-hortc das Adjektiv zackig. Zackig ist ein straff militarischer GruR zackig kann ein Befeh t ka :rn ein~ Ansprache gehal-ten scin, zackig ist, was einen zusa mmengerafften, einen disziplinicrten Encrgieaufwand ausdrckt. Es bezeichnet cinc Forrn, die cler exprcssionis tischen Malerei und der ex-pressionistischen Dichtersprache wesentlic.h ist. Bestimmt war die Vorste llun g zackig das erste, was in einem philo-logisch unbelasteten Kopf beim Anblicl: des nazistischen SS auftauchte . Und noch ein anden~s kam hinzu.

    bnge bcvor es die nazistische SS gab, sah man :hr Zei-chcn in rot2, ;,,rbe an Umspannhauschen, und daruntcr stand die vVarnung: Achtung, Hochspannung! Hier war clc1s zackigc S offenbar das stilisierte Bild des Blitzes. Des 13litzes, der in seincr Energiespe icherung und Schnelligkeit dcrn Nazismus ein so lieLes Syrnbol ist! Also drfte das 5chri( tzcick:n SS auch eine unrnittelbare Verkorperung , cin malcrischer Ausdruck des Blitzes sein. Wobei die Dop-pell inic auf verstarkte Kraft deuten mag, denn auf den schwarzen Fahnc hen der Kinderforrnationen gab es nur ei-nen Zackenhlitz, sozusagen ein ha lbes SS.

    I--iuig wirken, dem Forrnenden unbeVI u{k mehrere

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  • Crndc fr cinc Formung zus,1trnr,en, cn'd so schcint e:~ mir auch hi er zu sein: SS ist beidcs. Bild und abstraktcs Schriftzeichen , ist Grcnzbc rschrc itun g nach der Seitc des Malerischen hi n, ist Bildschrift, ist R"-1ckkchr zur Sinnlich-keit der Hiero gl';rph en.

    Wer aber solch gre nzvcrwischcnd,~s At:sdi 11cksmittci in der Moderne zuerst anwendet , das sii1d die cntschieC:cnstcn Antipoden der selbstgewissen Exprc'. sionistcn und N::itio-nalsozialisten, dJs sind die ZwciCler, ('.ic z~rsctzc r des lchs und der Moral, die Dekadentcn. Guillau1nc: Apollin::iirc, in

    . Rom geborener Polc uncl glhcndcr V1h1hlfr::inzosc, Dichtcr und literarisch er Experimentator, ma!t durch Anordnung der Buchstab en: Die Worte dc:s Satzcs )>cinc angezi.indctc Zig, ,.rre, deren Rauch aufsteigt (un gare ali11n1 17ui fume) sind so g,.:druckt , d:is sich die JUAZ, die cin ctw::is hohcres Niveau behaupten muiste , cb sic, besondcrs nach dem Verst:umm en der Frankfurter Zcitung, vor dern Ausbnd zu reprascntieren h

  • anzugeben. SS wa r ein e du rchaus nl.:'uc Bi.:zcichrlllng h.ir eine durchaus n eue Instit ut ion, SS hatte rhts zu vcrdrrin-gen. Fr Gebu rt und Tod dagegen, fr diese altcsren und .. mwandelbars ten In st it utione n der Menschneit, bilden Stern und Kreu z seit bald zwe i Jah rt:u; enden 11ic 7-cichcn So waren sie zu tief in die Vor ste llu ng des Vo! kes einge-wachsen, als da1s si e vollig hiitten ent'v'.''1rz.elt werdcn ki:in-nen . -- - -

    Aber wenn ~:ic nun doch durchgcdn 1 1gcn uncl wiihrc nd der Hitlerzei t c1lleinherr schen d gewe'.;en warcn, diese Lc-bensrun en - wbre ich u rr. die Begrnd u n; des f;-iktums in Verlegenheit gew ese n? Bcstirn m t kc,ncn i\.ugcnblick! Son-dern auch dan n ha tt e ich leic hthi n uricl mit cbcnso gutcm Gewi sscn wie vor hin gcsc h ricbc n, es ..;ci oh:1c Wl'tcrc'.~ ein-zusehen, dais d~s so kommcn mu iste. Deun clic Gcs;-imttcn-dcnz dcr LTJ st:c hc n;1ch Vns innli , hun',. dncl wc1111 :;ich d~1s Vcrsinnli chc,1 dur ch /\n lcl 111u 11g :n gcrn1;1ni:;clit: Tr.1d1-tion, durch ein Ru n en ze ichc n gew innc .1 la:;se, so sci es dc,p-pclt willkom1n cn. Une! ;1ls z;1ckigc~; c.;,l1ribiid gclii>tc dil ' Leb ensrune zu m SS-Bild., un d als wdtanschauliches Syrn-bol zu den Spcc hen des Soi m enr ad.2.,, 7.urn H;-ikcnkrcuz. Un d also sei es aus dern Zu sa rnm enwikc n all cliescr Grn-de die selbstver standli ch ste Sac h e der Wclt. dais die Lcbcns-run en Kreuz un e, St ern ganz lich verdri'ing cn mufsten.

    Wenn ich abe r von dcm N ich tein3i:tretci:1en rnit gleich guten Grnd en au ssagen kan n, da[, es hiitte eintrcffen ms scn, wie von J em ta ts!ich lich Eingctr cLcncn -- was h:ibc ich dann wirkli ch.,,beg r ndet und seincs Ceheimn isscs en t-kleid et? Gren zv erw isch ung, Unsichcrl ~cit, Schw;-inkcn t11d Zweifel auch hi er. Pos ition Montaigncs : Qur sais-je, w:is weifs ich? Po si tion Rcn :ins : d;:is Fragc:.t:tchcn - w ichtigstc:; all er Satzz eich en. Pos it ion des auGe1 -ten Cegensatzcs zur nazi st ischcn St hh cit un d Selbstgcv /i!~h~it.

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    Zwischcn bciden Extremen schwin gt das Pende! der .vfc nschhcit und sucht die Mit tell ag e. Es ist vor Hitler und \Niihrend cler H i terzeit bis zu m berd ru f.s behauptet wor-dcn, d'.1[S cdler Fort schr itt el.en Sturen zu verdanken sei , dais :1lle T Iem mu ngc n cin z ig va n den Parteigangern de s Fra gc-zc iche ni; herrh re. C an z ge wis ist das nicht , aber gan z ge-vvi!s ist cin ande.res: Blut kleb t immer nur an den Hiindcn tln Stu rcn .

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  • XII

    Interpunktion

    Bei einzelnen und bei Gruppcn ia8t sich biswcikn cinc g1-wisse charakt eris tische Vorliebe fr e.les uder jcncs Intcr-punktionszeichen beobachten. Gel eh rte lieben das Serniko lon; ihr logisch es Bedrfnis vcrlang Mch ein em Trennzc i-chen, das ent sch iedener als das Komm" und doch nich t ganz so absolut abgrenzt wie der Pu nkt. Der Skeptiker Re -nan erklart, man konne das Fragezcich cn niema ls zu o ft anwenden. Der Sturm und Drang hat ei.nen ungemeinen Bedarf an Au srufezeichen. Der fnihe Naturalisrnus in Deutschland bdient sich gern der Geda nkenstrich e: Die Satze, die Gedankenreihen sind n~cht rni t sor 3fa ltiger Schreibtischlogik du rchgdhrt, sordern reifsen ab, deu ten an, bleiben mwo llstandi g, haben ei., flcht iges, springen -des, assoziative s Wesen , wie das dem Zus tand ihres Entstc -hens, wie es cinem inner en Mon o!U1r, und auch cincm er-

    '-

    regten Gespra ch, insbe sonderc zw isc!,en dcnkungcwohn--ten Menschen, entspricht.

    Man sollte ,mnehmen, daG die Lll (b sic doch irn T(crn rhetorisch ist un0 sich irn mer wicdrr an cbs :;diil.1 wen-det, ahnlich wi e der Sturm und Drang el.cm Ausrufczeichen ergeben scin rnfste. Das ist kaum a1ffollig; in- Gegentcil sic scheint mir zicmlich spar:;arn nit ciic~c1n Zcic11l 11 um-zugehcn. Es ist, als forme sie alle ~ m :t :;olcher Selbstvcr-stiindlichkeit zu Anrnf und Ausru( do;: ,ie dafor g;n kcin

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    bcs ondcr es Interpunktionszechen not1g habe - -:lenn wo sind die schlU t~n Aussagen, van denen sich der Ausruf ab heben mu iste ?

    Dagegen bedient sich die LTI bis zum berdrus dessen, was ich die iron isch en Anf hrungszeichen nennen mochte.

    Das einf ache und primare Anfhrungszeichen bedeutet nichts ander es aJs di e wortlic he Wiedergabe dessen, was cin ande rcr gesag t oder geschriebe n hat. Das ironische An-fohrungszcichen bcschrankt sich nichl auf solch neutrales Ziticrcn , sandem sctzt Zweifel in die Wahrheit des Zitier-tcn, erkUirt va n sich aus den mitgeteilten Ausspruch fr Lgc. Indcm das im Reden durch einen blols,~n Zusatz von Hohn in dcr Stirnme des Sprechers zum Ausdruck kommt, ist das ironi sch e Anfhrungszeichen aufs engste mit dem rheto r ischen Charakter der ".:,TI verbunden.

    Erfunden wordcn ist es keineswegs von ihr. Als sich im erstcn Welduieg die Deutschen hrer berlegenen Kultur r hrn ten und auf die westliche Zivilisation herabsahen wie auf . eine minderwertige und nur auserliche Errungen-scha.ft, liesen die Franzosen beim Erwahnen der >culture n.lleinande< niemals die innischen Ganseffschen fehlen, u.-1d wahrschein lich lu t es eine ironische Anwendung der /\nfh ru ngsze ichen ncben ihre m neutralen Gebrauch ;k ich n:ich dcr Einfo hrung dieses Zeichens gegebcn.

    Abcr in dcr LTI bcrwiegt der ironische Gebrauch den ncutralcn um dJs Vielfache. Weil eben Neutralitat ihr zu-widcr ist, wcil sie irnm er einen Gegner haben, irnmer den Ccgncr he1:abzcrren rnu.s. Wen n die spanischen Revolutio-niire cinen Sicg erfechten, wenn sie Cffizere, wenn sie ei-ncn Cc ncral sta b ha ben, so sind es unweigerlch rote >Sic-gc,,OfLzic reGeneralstabStrategie< der FalL dasselbe rnit dcm >M:nscha ll< T ito der Jugos lawcn. Chan,berL-iin

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  • und Churchill u nd Roo sevelt sin d irnm er nur >Sta2tsrniir1-ncr< in ironis chcn Anfhrungsz eic~en, Einstei n ist ci n >ForscherDeut schcr< uncl [-k inc cin >dcut-scher< Dichter ,
  • allem sub specie Judaeon1111 anzuseh2t1. Es erschpftc sich j;1 kc incswc gs in den jdischcn Dingcn allc in , es ist ,1uch kein Kapitel, d;-i.s allein der LTI angchort.

    In jeder Revolution, ob sie nun F0:itisches u nd Sozialcs betrifft oder die Kunst oder die Litcrntu1~ sind imm.cr zwc i Tendenzen wirksam: cnmal clcr Willc zurn vllig Ncticn, wobci clcr Gcg cnsatz zu den, bish..:r Cltigcn sch roff hc-tont wird, sodann abcr :lllch (bs Bcd i.ii'i'lli:; nach /\nk11i.ip-fun g, n:1ch rcchtfcrtigcndcr Traditi011 . l'vLrn :st ni cht :1bso-lut neu , man kchrt zurck zu dcm, v.ro,;cgc n die abzuli sc n-de Epoche gcs ndigt hat, zurck zu;. Mcnschh cit odcr zu r Nation oder z t:r Sittlichk cit odcr ZL.m w~h rcn Wcscn dcr Kun st usw. u~; .. .v. Bc iclc Tcncknzcn :1 l'.igc11 :;ic\ 1 dcutli ch i11 Namcngebun gc n und Urnbcncnnun i:,cn.

    Dais man den gesa mt cn Ruf- un e' fnmiiicnnlmcn cin es Vorkarnpfers des neu en Zus tandes H m Vornam cn cines neugeborenen Ki ndes od er einer n ec. ?;ll l1enenne nd en Per-son rnacht, ist wo hl im wc sentlich cn auf Amerika und auf da s schwarze Amerika besc hr ankt. Die grofsc englisch..: Revolution beke nnt sich zum Puricmi smus und schwdgt in alttestamc1dichen N ._1mcn, die sic ger n durch cinell Bibelspruch vcrstarkt (Josu a - lobe den H er rn, meinc Se ele). Die Gtofse Franzsischc F.,:volutio n suc;1l ihn Ide~lgestalten im klassi schcn, insb e.,ond erc .. :om isch cn Al tertum, und j cdcr Volk str ibun lcgt sich und sci n cn Kin-dern ciceroni ar.is che un d taciteisch e Nan1cn zu. Und ganz so betont ein gute r Nat iona lsoz i81.ist :;cinc Bluts- und Seclcnverwan< ;tsch aft mit den Gcr;1tan cn, rnit den f'vlcn-sch C'n und Gbt~crn des Nordcns . 0ic Wagncrmodc 1111d ein langst vor l'..and ener Nation:disP,ns habe n vorgearbci-tct , clic Horst , Sicglind c usw. sind 1)c i Hitlcrs Aufornchcn schon reichli ci t vorhand en ,: ne ben J::m Vv'!gnerkult 11nd nach ihm , un d v;ellcich t st:irkc r ah c1, hat cbbci gc-,,1i8

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    ?11cl1 die Jugen dbewe ;ung , das Singen der Wanderv oge l mitgcwirkt.

    A.ber d:is Dri tt e Red, macht bein ahe zu Pflich t und Uniform, was bis h er Mode oder Gepflogenheit neben an-clcrcn Ccpfl og cnh eiten war . Wenn sich der Fhrer dcr na-zisLiscl1:n Ju gc nd Baldur nennt , wie sollte man da zur ck-blc ibcn? No ( h 1944 indc ich i1, ciner Dresdcner Zeitung un ter ncun Ccburtsanzcigcu scchs mit nachdrcklich gcr-1.1:rniscl 1c11 t'fomc n: D ict c1~ Dctlev, Uwe, Margit, lngrid , Uta . Doppcl narnen, durch Bindes trich aneinandergekettet , sind in ihrcr Voll toni gkcit, ihrem zweifachen Bekennen , ih rcm rhct orisc hen Charakter also (und damit denn in ih-rn 7.ugchrigkc it zur L'TI), hi'jcLst bcliebt: Bernd-Di c tma1~ 13crnd-W:1 lt c1~ Dietmar-Gerhard ... Charakteristisch hir die LTl ist auch die hiiufi ge Anzeige nform: Klein Karin, Klein Haralcl; man mischt zum Heroischen des Balladennamens cin bilschen sf.ses Geh!hl, das gibt einen herrlichen Koder-gcsc hmack.

    Ist es e:ine starke bertre ibung, wenn ich von Unifor-mierung rede? Vielleicnt insofe rn nicht, als eine Reihe ein-gebrgerte r Vornamen tcils anrc hig geworden, teils gera-clezu ver bo ten i:; t. Sehr ungern ges eh en sind christliche Vl,rnnmcn; sic bringcn ih ren Trager leicht in den Vcrdacht , dcr Opposition anzugehoren . Kurz vor der Dresdener Ka-tnstrophc fi 0 l cinc Nummer des Illustrierten Beobach-tcrs , ich glaube vom. 5. Fe~rua r 1945, als Einwickelpapier in n1cine Hrinde. Darin stand ein ers taunlich er Artikel: l Jcidru 11

  • ein e Uhr un d cr n1ur mclt : Horch!, es schhigt! Drci Ut,r vor Tage / Kurze Ze it, so ist's vor,Jer. Er ist au[ eine:1 Augenblick halb erwach t, er ahnt, d;,8 ihn nur ein Trnum, ein erzieheri scher, nur eine u nveP v'irklichte Mi::iglichkeit seines Ichs gequalt hat. Truggestalten , Nachtgebildc; / Krankenwahnw itz, willst du liebe1~ / Und wir schen's, wci l im Fieber.

    Ein paarm aL aber nie lichte r als :n dit:sem spaten Hei-drunartikel, klingt das Drei Uhr vo t Tage, d.-i.s hnlbc Be wustsein ihr es Verschul dens, aus Vcroff cn tlichung en dei Hitleranhan ger,: mu als sie, viel zu syat, ~rwachten, da war ihr Krankenwa hnwit z ni cht als Spuk verfl ogen ; sie hatten wirklich gem ordet . .. In dem Heidrnart i.kel also vcr spot tet der Autor sein e Pgs gleich auf :-1.oppeltc \tv'r;SL:. \tver n Eltern , schreib i er, vor ihrc m Austr:tt ;rns dcr Kir,,hc (vvic er ja fr SS-Leu te und ganz orthodoxe :'-l"ozistL:n notwc ndig war), wenn sic, in einer unclcutschc r

  • de . Kenntlich mac hung durch den N:irn.c::.. Wcn nicht cincn unverkennbar hebraischen und gar nicht im Deutschcn eingebrgerten Namen tri:igt, wie c1 wa Ba ru ch ocler Rccha , de r hat seinen Vornamen eiu Isro,'l ocler ~)ara bciz u-fgen. Er hat r ts seinem Stan:lesamr u n.el sc in cr Bank rnit-z u te ilen, er cfr f es bci kcincr Un.l ~1s:l1rift vcrgcsscn, e: hat alle seine . ...;cschiiftsfrcundc cbr.rnf hinzuwc iscn, cb l.s sie ihrerseits e nicht vergessen, wcnn sic Pos t rrn ihn rich-ten. Wenn er !' icht gcradc nlit cincr ari schcn f rau vcrhci -rat e t ist und Kinder von ihr hat - d~e:: arischc Frat1 al!cin hilft ihm nich t:.; -, mu G cr den gell>en Juclcn stc rn trci;e,1. Das Wort Ju dt'. dlrin, clcssen Bucb,Judc , etliche sechzig ma l auf ein und der s21ben Kartc. Wenn v0n mir amtlich die Rede ist, h ei5t es immer dr:r Jude Klcm.-per er ; wenn :._h mich auf dcr Cc sta.;o zu m cldcn l1abc, setzt es Pffe, a1ls ich nicht zackir, gcnug mcldc: I fic r ist der Jude J;[e mperer.
  • Eschcnbach dcckt, da s wcifs natrlich nur dcr Gcnnnnist von Metie1~ u nd ich m i:ichte den Prui.'essor dr~r Ge rm nn1sti1, kcnnen, der vv hrcnd dcr N:1Zizeit i,1 seincIT Scrninar cfor- nuf aufmcrks a '1 ge rna cht: hi.ittc! So also karnen auf die Li-ste der den Jv ien berbs senen Vorr.;:irncn die dcm ckut--schen Ohr te i, ; pcinlich , tcils la.~rLch 1oncndcn jidc!i-schen Kosefor :11 en, die Voge le, Mene .ele mw.

    Im letzten ; ..rdenhaus, das wir bc:wohn t k1ben, las ich jeden Tag ein :harakt cristisches T rschild, rnf den, sich nebencinandcr Va ter und Sohn :inz ~igte:n: l t, ruch Lcvi11 une! Horst Lev : ,_ Dcr Vatcr brauchL2 cb s Isr::icl nicht hin-zuzusetzen - Baruch allein war jdi sch genu 6, d::is st.1rnrn-te noch aus po lnischem und or th odcxem Juctengebiet. Der Sohn wiederur:, durft e das Israel c'..eshalb bciscitc lassen, weil er Misch li ,g war , weil es seincn VatDcutsche Ortsnamen im Oste11, notierte ich mir: Es wurclc in Mccklcnburg bci vielen Drfern dcr Zusatz Wcm i.isch

  • Brandenburgi schen rund 175 slawis r:hc Ortsn;imcn '. cr-deutscht, in sbcsondere germanisici"te nwn die Sirccw:-ild-nest er. In Sch lesier, br nchte man r:s .rnf ganze 2700 ver-deutschende An derun gen, und im F:ei ierungsbczirk Gum-binnen, wo vo r allem die n icderrns:oigcn li t::iuischcn Endungen an st o.sig wirkten, un d 11,;o rn,rn zu1T1 Excr:1pcl Berninglauke n zu Bernin gc n ,1c1tnordctc, irn l3czirk Gumbinncn w t1rden von in sges:m, t851 Ccmcindcn vollc 1146 umbenar .nt.

    Der Wille ,.;ur Tradi tion wiedcrum trtt hervor, wo cr s ich bei Str::if: cnbcncnnun gc n dcurschtlimcl11d lictiitigcn ka ~rn. Uie alt cs ten und unb ekanr,r,~sren Ratshcrren u.id Brgermcister werden ,1usgcg rabc11 und schul m c isrcrlic h genau an die Strase n schilder gesc h 1icl:en. Auf dcr Sd h-he hier in Dri~sdcn hc i.st c inc n cu:-in s.;cleg tc Str ::iRc Tir-m an nstrnlse, u .id unt cr den' Nnmcn :tcl1t: >,f\bgistLT Ni -kobus Tirman n, Br ge nr1cistcr, gcstorbcn 1.37 , uncl ~hn-lich liest man auf ande rc n Str alscr.schildcrn d2r Vorortc : Ratsherr irn 14. Jahrhundert , 2c r Schrcibcr ci11cr Stadtchronik ir,1 15. Jahrhundert . ..

    War Joseph ein zu b tho lischcr l',arnr, oc'.cr wolltc m;in nur Platz schaffen fr e inen rorn;ir1 1.isch.~n und somit bc-tont deuts chen Ma lcr? Jcdc nfoll s wt,icle die Joscphstr;1Gc in Dresden zur Caspar-David-Friedricl ,-Strase, tr ;Jtzdcm clics eine mchr als halbe posta lische Ur .m gl ichkcit c rg::ib; ,1ls wir in einern ud enhnu s dieser Stra~ c woln ten, bcbrnen wir wiederholt Briefe rnit der Ansd-:.1 .lt: Fricdri ch~;tr;ilsc bci Herrn Caspar D_avid .

    Eine Misch~~g au s Liebe zu rnitt cblterli chcr Zunft -und Standeord n un g und zu m oderner Rckbm c spr ich r ;ius den Poststemp .'1n, in denen Stadte cincn spczdisicrcndcn Zusatz erhalte n. M esscstadt Leipzi 0 : ist ,ilt und kcinc n:i -zisr ische Erfindun g, aber nazi s ti sch ncu i:,t cler Stenncl:

    11 O

    :>Clcvc, Werkstatt der guten Kinderschuhe . In memem Tagclrnch n otie te ich: S tadt des Volkswagenwerks bci Fallc rsl cbe n

  • clcnd cn Barac h !1, elenderen als den E1 die ru ss isch cn Ce-fangenen best irn mten, den zusamrn en gc: chmolzc n cn Rcst dcr Drcsdener iude n im Herbst 1942 un te r, vo n dc,rt ciu: wurde er wenig, : Wochcn spatcr in de n i\uschw i tzcr Gtis-tod geschickt; m,r wir p::i.ar in Mi sch ,he Lebe n d~n 1J licben zurck.

    Da bin ich doch wieder beim j dischcn T!.c m 1 zi:1pc-langt . lst es mcinc Schu ld ! Ncin , e:s i ,t die Schuld des f,Li -zismus, und nu1 dessen Schuld.

    Aber wenn ich nun schon in s (suz u:;:1r,cn) Loblp:Hrio-, tische geratcn l1in , nachclem ich mi ch nnc rh a lb des ;ro-

    .sen, wahrhaftig zu ein er Doktordi ssc: tation ziusrc ichcnd2n Themas bei bl u Csen Zufallsn o tiz cn uitd 1\ndcu tu ngcn bc-gngen muist e -- vielleicht gibt es E i:1c Postdi rc k tion, clic das Mat eri::i.l vc1 vollstandigcn ko nnt c -, d,11111 ..-:ili iclt doc h auc h eine kleine Urkund cnfol schun g be r ich tcn, di e rnic h per so nlich angeht, die an rnein er Lc1)cn ~rc ttun g rn itgchn! -fen ha t. Ich bin ja gewils, clas rncir, l :,ll 1:ichr dc 1 c im igc se in wird. Di e I TI w~ r c in c Ccfon g n: :;srir:ichc (dc 1 C ci':111-gcnenwartcr un .t dcr Gcfa ngcncn), und zur Sn rac hc dc r Gefangnisse gehren unwcigerlich ( aJs Akte dcr \,J otwc h r) die Vcrstcckw o I te, die irr d h n.:ndl'I\ 'v1ch rd cu tig kcit c 11, die Falschungen usw. usw.

    \Naldmann war bcs scr darnn al s wi 1~ 11,1chllcm m ,rn uns aus der Dresd en cr Vernichtung he raus _:crctt-c, une! in den Hie ge rhorst Klo tzsche gebracht hart e Vvir h:tt tcn den ]u-den s tern hen , n tergerissen, wir hatt cn c:as 'v\\: ichb ild Di cs-dens verlasscn, wir hatten n1it Ari en t zusarnmu 1 i ir, ln -nern eines Wag : ;~s ge ses scn , kurzu rn wir !1,1tten e in 1' .111-

    . ,,

    zes Bschel van Todsnden began gc 11 dcirn jede uns de n Tod eintragen mu.s te, den Tod am C 1lgcn, wc nn w ir de r Cestapo in di e 1-Iand e fielen. Im D12sclcic: Adrcf.fuch, sagte Waldmann , stehen acht vValdm&t m. und id1 bin ccr

    112

    cm zige Jud c unter ihn en - w ern so ll mein Na me auffal-lcn?

  • XXI Die deutsche 1/'Jurzel

    Unter den ganz Nenigen Bchern, durchwcg fochwisscn-schaftlichen, di e ich ins Judenhau s m1tn ehmcn kon nt e, bc-fond sich Wilh ehn Scherers Geschichte dcr de ut schcn Litc-ratu1; die ich v-.riLtn~ncl n1cincs ersten S~m,~stl:-s :1 ls stud germ. in Mnc ,en zum crstenmal ur Hand nnhm, uid die ich seitdem i , 1rner wi '.er studien,: und z11 R::itc ?.og. Fs gcschah mir jct z t oft, nc in, cigcntlid-1 rcgclmiiGig, \VCl'.n ich zurn Schen: r gr iff, daf? ich seine frcie Ccs tigkcit, scinc Objektivitat, seincn grosen bcrblick noch ungl eich mehr bewund erte als in frheren Zeitcn, \JO mir manc hes von diesen Tug end en eige ntli ch a1s Selbf,verstandlichkeit des Wis senscha ftler ~ erschie n en war . Unrt irnmer wiedcr rru-gcn mir cinzei n: S3tzc, cinzclnc Urtl:ilc g ;:n.z Esprit und Geist hergebllen, diesen kindisch-chauv inistis chen Wal ze r eines Berliner Ordinarius, der die Verbildung einer Leg ion von Studienraten zu verantworten hatte . Doch es gir g nicht un~ die ni cm, ,r,dcn interessierende Reinhcit mcincs Ccwis-sens, so ndern um das Vorhandense in ode r Nichtvorhan-c,ens ein dcr C'Nig1:n Charakterzge.

    Tacitus war darnals eine seh r beliebte und viel zitierte Personlichkeit : er hatte ja in seiner Germania ein so scho-ncs Bild der deut3che1t Vorfahren entworfen, und von Ar-rnini us und sein er Gefolgschaft fhrte der geradeste Weg be r Luthcr und Fricdrich den Crol.sen zu Hitl er mit se iner SA une! SS und HJ. Eine dieser Geschic htsb etrac htun ge n rcizte mich dnu, im Scherer nachzulesen, was er ber die Ccn, 12nia sage. Da sties ich auf einen Absatz, de r mi fr;: ppicrtc une! in gew issen1 Sinn erloste .

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  • Schcrcr rcdc t davon , daLs in De:1tschland geistiger 1\uf -und Abstieg n t entschiedener Gr i.in dlichkeit vor sich gehc und sehr wcit hin:iuf- und schr wc;t hinabfhre : )>M:ifslo-sigkeit scheim der Fluch uns erer .;eistigcn Entwicklung . Wir fliegen hoch und sinken um so tic frr. Wir glcichcn ic-nem German en, der im vVr felspie: .1l1 sein Bcsitztum ver-Ioren hat und nuf don lctzten Wurf sci11c cit'.l'11l' Frci:1l'1t sctzt une! ciuch die vcrlicrt und sich wilL,1; ,,)::; ~;).d.:w Vt.,.r-kau fen laf.st. So grof.s - fgt Tacitus, cicr LS crziihlt, hinz.u --ist sclbst in sclilcc ht cr s~chc die gcrm.111:~che l L1r:niil'ki,1;-keit; sic sclbst 1,enn cn es Trcue.

    D.:1mals zu ,' rst leu chtete mir e~r, daE Bestes und Schlimmstes inn er halb des deutsche 11 Ch,1rcikrcrs doch wohl auf cinen gcn1ein sarn en un d da 1erndc11 Grundzug zuriickzufhren scicn . D.:1fs es cincn Zusammcnh,rng gcbc zwischcn den Bcs tialiti:iten dcr Hitl crLi une! den foustischcn Ausschweifung, ~n deuts che r kla ssisr:hcr Dich tung u nd dcutschcr idcnlist ischcr Philosophie. l :nd fi.inf Jahrc spicr, als sich die Kat ,:strophe vollzogen hat.c, als das ;rnzc Aus-ma.s dieser Bes tialitaten und die ganzt Ticfc des ~cutschcn Sturzes offenlagen, wurde ich durch cin win:~iges Ein-zelfoktum und cinc ciaran gc kni.ipft~ kurz.c 13cmcrkun; in Plieviers Stdi ngrnd auf jcn e T:icirns: tcllc zl1ri.ickvcr-w1escn.

    Pliev ier erzahlt von einer deutscL~n V/q,t, fcl in Rt1C land: Kalat sch am Don, 3200 km bi:- Lcipzig. ,< Er korn-mentiert : Ein sond crbarer Triu mph, ,md v;:cnn cler w:ih-ren Entfernun g an tau send Kilomcte: zubelcgt wa rcn, so war es ein nur uin so echte rer Auscln1 fr cfos sinnlosc Schweifen ins M :dslose.

    lch mochte wetten, daB der Dichtn , als er dies niede::--schneb, weder a'1 die ))Germana des Tacitus noch an die gelehrt e Literatur geschichte Wilhclm 2,chcrcrs gccbc ht kn.

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    Sondern indem er sich in die gege nwarcige deutsche Entar-tung und in das Suchen nach ihrem tiefstcn Grund vcr-senk t, stost er von sich aus auf das gleiche Charakteristi-kum der 1v1af.slosigkeit, der Misachtung jeder Grenze.

    Entgre nzung bedcutet die ent sche idende Grundh:il -tung , die cntschcidcnde Tati[;l

  • Alles wa r doch bei uns nich t n u r SLhlr. nte( sonden1 im Kern and cts und gifoger lls m Ir.:ilicn: Die F;1schistc11 n.:ihmcn fr sich die Rcchtsn.:ichL.Jlg~ des ar1 tikcn rii, ni-schen Staates ia Anspruch , sie hielccn sich zur \!\ icclctauf-richtung des :rntiken rmisch~n ~1111,criums bl'.stimrnt -aber daf.s die Bewohner de r wieder ?,u crobernden Gcl1icte auf einer zoologisch ticfcrcn Krc,Hu-:cnst u fc stiindcn :-ils die Nachkommen des Romulu s, da::S 5c mit natur gesctzli-cher Notwen digkei t auf alle Zeiten i11 it.rer Min derwcrtig -keit unerlost v,~rharr en mst en, clics mit all seinen grausa-mL!n Konsequ ,:nzen lehrte der Fas,:hisrnus n icht, wcnig-stens nicht, so .tnge er fr ei war vom rcbvirkenrl cn Ein lu G seines Patenk L .des, des Dritten Reis.

    Doch mm ka rn wicdcr dc r Einw,rnd , den idi mir j:-ihn---lang immer au fs neue gemacht lnbc : berscbi:itztc ic:1 ni cht, wcil rni ch d;-is sc lbcr so urLh:b:ir rr:11~ die i--'.()lk d, : AntiscmitismL :s innerha lb des nazis~isch c:n Systcrns J

    Nein, ich h 2,_be sie nicht ,jbersch'.itzt, 2s lieg t jctzt g:rnz klar am Tage, dafs er das Zernrum und in jeder Hinsicht das entscheide n de Moment de~ ges:unten Nazismvs gcbi l-det hat. Anti sc:nitismu s ist das Rar,(:.ine-Gru1tclgdhl des verkommenen sterreichischen KJe; c.bii rgcrs I-Jitle1: \ '1ti-semitismus is t politisch sein engsti 1nigc.:r Grundgedank2, da er in der An1 Schonerer und Lu e:ser ber Pol itik nach-zudenken beg inm . Ant isemitismu s ist vom Anfong 1.>is zum Ende da., wirksamst e Prop aganc',amittel der Partei, ist die wirksamst c und popular ste Ko11l:retisierung dcr l-Zns-sendoktrin, ja :st fr die deuts che .tdassc rnit der ;\,1::;:,cn-

    ,

    lehre identis ch Denn was weis die d2t. tsche J\,fossc vo n den Gefahren de r )) Verni gge rnn g,

  • sche int . Ich 1ein e das so: es gibt vor 19.3.3 wohl noch da und dort antise m it ischc Ausschn;tung en, geracicso w e es in europai schen Hafen gelegentliche Cholera ur el Pes tfollc gibt ; aber genauso wie man die Sich,crhcit ha t oclcr zu hn-ben glaubt, daB es inncrhaib der Knl :urwc lt nicht mch1 zu den St adt e-veridenden Epidemic L1 des Mittelalters korn-m cn wer dc, ge nauso schie n es ganz unmglich, dnfs es noch einm al Judenentrech tungcn und Juclcnverfolgun;;en der mitt ebl: .rlichcn Art wcrdc .n;cbcn ko1111cn . Und die zwe ite Einziga rtigkeit ncben dcrn un gc hcu c1 ;ic'.1cn An;:i-chronismu s Gcstcht dari n, da8 die jer / ,nachrnnisrnus kci-ncswegs im Cewande d,2r Vcrgan ~~cnhcit, s1):1dcrn i1t h )c 1,-ste r M odern ita t einhcrkommt 1 ni,-;1t als Volb:rn fst,rnd, ,,Is R:iscrci und :;pont :incr M,isscnn1drd (c;bwoh l i111 AnL111g noch Spont aneita t vorgesc htzt wur :le), nc in, in hi:ichstcr org,1nis:ituri schcr und tcchn ischcr \ >lk11du11g; dL"n11 wcr he u te rckblickend der JLdenmor e gede nkt, dcnkt an di1c Gaskamm ern von Auschw itz . Die :lrittc und wcscntl ichstc Neuheit aber besteht in de r Basie1 ,rng de:~ Judcnhasscs auf dem Rasse gcda nken . Zu allcn fr iihcrcn Zcitcn galt clic Feindschaft gcge n die Judcn ein:'ig dc1n auQcrhalb de s chri stli chen C!au bcns und der chr;slichcn Gcscllsch:ift stc-hen dcn Mc:: :::chcn; die A nnahntc dcr Lnndcsko 11fcssion und -sitt e wirktc au sglcichend u;,d (inindcstcns (r die nach folge nd1: Gcncrntion) vcrwischLnd. Indc,n dcr !~JSSt'-gedanke den Unterschied zwisch er. J:.dcn und Nichtjudcn in das Glut w d ,1gc rt:, macht cr jcdcn 1\1csgl,:ich unmiiglich, vere wigt die :-;cheidung und legitirnicrt sic ;:i]s gottgcwollt.

    Die dr ei h t~uh eiten stehen in cn ~;c1 Rc!:.:ition zuci11,rn-d2r, und alle dre i we isen sie au f de,1 t:1citeisc!1cn Gnrndz ug zu rck auf die gcrmanischc I-L>rt11itckigkcit sclb,;t it1 schle cht er Sache. Ant:isl"mitismus :.Is bl utmiiGigc Ccgc-bcnh eit ist u11auslschlich hartn achg, e r i'.,L in scinl' r \'un

    18 O

    ih rn selbcr beha upteten N aturw iss ~nschaftli chkei t kci n Anac hron 1srn.Js, sondern dem mode rnen Denken angepa{k und scmit i~.t es fr ihn Jeina he eine Selbstverstandlich-kcit , sich zur Erreichung seines Ziel es der m odernsten wi s-scnsch:i.ftlichen Mittel zu bede nen . Das dann hi erbei rnit ;iuf.se-ster Grausamkeit verfa hre n wird , paist wieder zur Crundcigcnsch:ift des maGlos Har tnackigen .

    ln Willy :;eiclels 1920 geschr iebenern Neucn Dani el Cindci-m:in ne.ben dcm idcalistisc hen Deut schen die Gcs t:ilt des Lcu tn~int~ Zuckschwcrdt als den Ver tr eter j ener deut -schcn Schicht, die uns im _\usla n d ver haLst m achte und die im Inbnd dcr Simpli zissimus ,,erge blich bekampft c. Dcr l'vLrnn ist nicht untchtig, man kan n ih n im ga nzcn kaum cincn Biiscwicht, bcstimmt nich t einen Sadistcn ncnn cn. ,'\ber er hat den Auftrag, einige jun ge Katze n zu ertr ::inken, u 11d :1ls cr d:in:ich den Sack aus dcm \Nassc r zicht , wim -mcrt cines der Tierch ea noc h . Da schlagt er es mit ein em Stein zu rotem Mus und br ll t es dabei an: Du Lud er -sol:st mal schen, was Grnd lichk eit bed eutet!

    Man solltc rncincn, dafs der Aut or, der in offenbar en, 13cmJ,cn um Gercchtigkei t diese n Rcpras ent ant cr. cines cntart,:~t ..!n Volkstei ls mitgezeic hn et h at, sein er Wertu ;, g bis zurn ScbluG trcu blcibcn wcrck so wic man ct:wa bci Rolland die beidcn Frankreich und die beiden Deut schl and findct. Abcr nc in : am Ende wir d dcr gr ndli che Katzcn-morclcr verzeihend bemitleidet und in s Rosige verklart , wii h rcnd die Amcrikancr in diP.sem vi:ilkerv crglcichcnden Roma, immcr schlcchtcr und schlecht er beurt eilt werd en . Und dc1 Gruncl fr so:che Milde und Ha rt e liegt darin , dafs es bei den Deutschen immerh in noch R.einr ass igkeit gibt , wjhrcnd clic Arncrikaner eine M ischrasse darstellen - es hciR1-z. D. von den Einwohnern

  • sche m od er jdi sch crn Blut bt:nt durchsctztc Dcvi ilkc-run g, un d .. ' in anderma l wird bcifalli g ziti crl, w ie cin rc1-send er Japa1 :r Ame rika genann:- habc: tha t lrish-Dutclz -N igger-]ew--,:1ess. Un d sch on hiL i; gleich n e,,, dem cr ste n Weltkri eg tind vor den, allererstcr, Au fo1uchcn /\dnl( Tfi1-ler s, und bei eine m offc nbar reinen Jdcaiist er t, cinem den --kend en und me h rfac h er fo lgte ich um Unpartei lichk cit be-mht en Aut nr, schon hicr m u s man sich fragen, ob die Rassend okt rin. etwa s sonderl ich :1.1clcrcs bcdc u te ,1 Is Vo r-wa nd und Versc h leiernng des a11~iscrnitischcn Cru11dgc -fhis; unm glich, diese Frage ni c!:t zu s tcll cn, wcnn cinc Be trachtun g :.1ber den I
  • halb der wei.sen auf phantasti scl.e Art eine german;sche Herrenras sc einer semiti schen S: hadli ngsra sse gcgcrni be r-stcll te. Har te Go bin eau hierfr gendwelche Vorgangcr?

    Gewifs, sagt Blorne, Buffon ab rei ncr Naturwi~sen -schaftler u nd Kant als Philo son h auf nat urwi ssensch;, ft-licher Basis haben den Begriff der Ro.sse erfast und a11ge-wandt, und es h at auch eini ge M:-inner gegeben, die in der Folgezeit n o:h vor Go bine au zu 1r_ci.nchcrlei neuen Fcststcl-lungen auf dern Gebi ct der Ra'.:.,en forscht.ng gclangten, und es fehlt auch nic ht c1n eini[en A.uf>Zllr J:cforckrung de r Humanitat rnit se in cn ))Grun cbit,:cn zu cincr Natur-gesch icht e der Menschh eitI Vor 111cm .-ci rn,rn un,;1rtri-isch wie der Gci'liu s dcr Mcnschhei, St lb,t; rnan h;ibc kci-ncn Licblingsstamm , kein E:ivoritvol k au f der Erd e. Un cl: Der Naturforscher setzt kein e R, ,ng orclnung untcr den Geschi::ipfen vo rnus , di e er betracht et; allc sind ihm gleich lieb und wert. '.'o auch der Naturfor::;-:her dcr Mcnschheit

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    't-

    . . . U nd was nu tzt es schli elfc h, bei Alexauder von Hum-boldt cin -CJ"bcrwi cgcn naturwissenschafr lich er lntere ssen fcstzuste llcn , wenn doch in Dingen der Rasse eine zeit-bedingte id ea listische Menschhe i tsauffassung ihn schliefs-lich cbran hinderte, rassische Folgerunge n zu erstreben und zu ziehcn?

    So st dcnn die Abscht des nazistischen Verfassers, die Rasscnlehre des Dritten Reichs auf deutsche Denker zu-rckzufhrcn, irn wesentlichcn rn islungen. Und noch von cincr andcrn Scite h er last t'.S sich erweisen, dafs blutrnasi-.scr Antisemitismus vor Gobineaus Auftreten in Deutsch-bnd nic h1 vorhcindcn war . In scine r Studie ber den Ein-bruch des Ant isernitisrnus im deutschen Denken , die Arnho ld Bauer irn Aufbau (1946, H. 2) veroffentlichte, we ist er darauf hin, dafs die berbetont deutsch-romanti-schen Bursch enschaft en die Juden grundsatzlich ni cht aus ihr en Rei h en ausschlossen . Ernst Moritz Arndt wollte nur chri stl ich e Mitglieder, aber den getauf ten Juden sah er nls ),Christcn und vollwc rti gen Staatsangehorigen an. >er als tcutoriisch ve rsch riene Turnvater Jahn stelltc ni cht einrcal die Bedin gung

  • heitsmonopol des Germanentum s zurechtphant::isiertc Rc1s-senlehre, die in ihrer letzten Konscqucn zum Jagdschcin fr die grausigsten Verbrechen an C:'=r 1'1enschheit wurde, hat ihre Wur ze ln in de r deutschen l\O,l~mtik Odcr :rndcrs ausgedrckt: ihr franzosischer Er.firn:cr ist c;n Ccsinrnrngs-genosse, ein N :,c-hfahre, ein - ich w,,[s nicht, bis 711 wcl-chem Grad e be,.\:t.dster - Schler der oeutschen Ro1rnmLik.

    Mit Gobirn :'.\Ll h abe ich in rneinen frherrn Arbcitcn wiederholt zu ~1in ge h abt, Seine Gcst.11, war mi: durchaus gege nwti g. Dds er als Naturwissc nschrif tler gcirrt nabc, muf.s ich den i'-Jaturwisscnsch.:iftlcr;1 nds Wort glauben. Ab~r das fallt mir sehr leicht; denn einc s wei.s ich von mir aus mit aller Br:stirnmtheit: daf.s namhch Gcbineau nicmals aus primarem ;-\ntrieb Naturwissensaft1e1~ dais er es nic-mais um der N turwissensch aft selber willen gewescn ist . Irnmer sta nd s ,: ihm im Dienst ciner fixE:n uncl cgoi:;ti-sch,~n Idee, der.:n Berechtigung sie unwiderleglich bev.rei-sen sollte .

    Craf Artl1t: r Cob in ca u sp ielt i11 dcr Cescliichtc dcr franzosischen Literatur cinc bcdeutendc n. Rolle nis in ckr Naturwissenschaft, aber charakteristiscl1erwcise ist dics..:: Rolle deut sch crsc it s chcr crlrnnl' w,>rdcn nls von sci1.~ii Landsleuten. In ollen von ihm dmchleLtcn Phlscn ck-r franzosischen Ceschichte - er wurrk 1h6 gcboren und starb 1882 - f ld te er sich urn sein, wie ~~r glaubte, ercrbtes Herrenrecht als Ad liger, um seine Enlfahungs-. seinc Wir- kungsmoglichk eit als Individuum dur,:h die I-Ierrsch;1ft des Geldes, des Br,!~/~rtums, der zur Gle;chb~re,~htigung au-wartsdrangenden Masse, clurch die Herrschaft alles dessen betrogen, was er als Demokratie bt~:r.eichnete und hafstc und worin er den Verfall der Menscl1heit erblickte. fa war ber ze ugt, gera dlini g un d unvermis cl-itcn Blutcs voIT1 fr;,r1-zosischen Feucl..;- und frankis chen Uradel abzusr;:immen.

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    Nun gab e'.; in Frankr~ich einen s'ehr alten und folgcnrei-chcn Strcit politischer Theorien. Der Feudaladel erklarte: Wir si11d die Nachkommcn der frankischen Eroberer, wir hnbcn als solche Herrenrecht ber die unterworfene gallo-romanischc Bevlkcrung, wir sind aber auch unserem fran-kisch(~n Konig nicht untertan, denn nach Frankenrecht ist dcr Konig nur primus intc1 pares und keineswegs Herr b er cien gleichberechtigten Adel. Demg~ge nber betrachtctcn die Kronjuristen den absoluten Kinig als Nachfolger der ro-mischen Cis:nen und das van ihm beherrschte Volk als die gallo-1 CllTtani:;che Fortsetzung eles einst igen Romcrvolke s. Durch die Revolution kehrte Frankreich in Anlehnung an

  • Aber auch auf dem naturwi sscns,:iudichcn Gcbict sel-ber findct Gobincau die cntscheiclcr ,dc Anrcgung, viclmchr wird er cnts chc idcnd vcrfohrt dure\ clic dcutsc hc Rrn11,1:1-tik. Denn wi e sie in allem bei ihrcm St1cScn ins Grcnzen-lose Grenzen berschrcitet und Grcnzcn verwisch t, so greift sie auc h konstrui erend un d s yrnholisic rcnd von dcr Spckulation ins Naturwisscnschafri iche bcr. Und so vcr-lockt sie den h-anzosischcn Dichtcr, der sc'n Wahlgcrn1:1-nentum un, S( lcidcn sch aftlichcr lY~Lont, a!s es j;:i cbcn nur durch seine \l\\1hl gegeben ist, sie r~gt ihn dazu ,rn und 1> gitimiert ihn r;cwissermasen, na tu r'Nissc r,schaf tlichen Fa:~Juden und Juden-gcnossen, geta ufte und unget~ufte , arbeiten u~1ermdlich uncl .::uf allen auL
  • che nd bei hitl er und Goebbels - das r\Tor;: fiumanitiit me ,)hne ironis d1e Anfhrungsstric 'w und rneist m i t cincm schma h ende,, Beiwort gebraucht wircl.)

    Zur Bcru hig ung mcincs philo)l,g1s cl1cn Gcw isscns bbc ich wahren d der Nazizeit diese Ket te von Go bin eau 7ur de utsch en Rumantik h,=rzu stcllc n vcrsucht une! sic licutc e in wenig ve , ,tarkt . Ich h atte und habe das ganz bestimm-te Wissen u1n die engste Vcrbunc!rn hei t zvvischen Nnis-mus und dev :scher Romantik in mir; ich g Lrnbe, cr hirc zwangslaufig a.us ihr erwachsen mfoscn, aucli wenn es nic-mals den fr anzos isch en Wahl germ

  • kann t geworde r:, cine siegesgewissr., cine rnensch lich scho-nc Rede. Fr h edigten sind wir irn n l;erneinc n nicht zu haben, sie pflcgr:n vcrsti1n mcnd zu w:1kcn - ;:ibcr diese vv:.r wirklich erhebc nd.

    Ich wollte etwas von m einer gL'ten Sti rnrnung nuf die Leidenskarneraden bertra gen, ich .:rat an diese und jcnc V . Gruppe heran: ))Haben Sie scho n das heutigc Bulletin gc-hort? Kennen Sie schon Man ns j n gs:e Rede? bcrnll stiefs ich auf Ahlehnung. Di e einer hatten Angst vor vc r-boten en Gespr:i chcn: l3eha lt cn Sic ,\2s fr sich, ich rnag nicht ins KZ.,< Die ander en waren vcr 1)it tcrt: Uncl wcnn die Russcn vor Berln stndcn, sagtc Stc init z, dc r K ricg clauert noch Jah rc, alles andcre ist '.1ysterischer Optimis-mus !

    So viele Jah r ,: lan g hatte man bei un s die Menschcn in Optimisten un d Pessimisten wie in ;:, wci Rass0n cingctcilt. Auf die Frage: \ '/as ist er fr ein Me1 ,sch? crhici t man tm-weigerlich die .~.-.ntwort: Er ist Optin,ist, oder: "'r ist Pcssi-mist, was im jdischen Mund nat :.li ::h gleichbcdcutcnd war mit: Hitler fallt in Krze, und: l fitlcr bel-1c1uptct sich. Jetzt gab es mu noch Pes simisten. i=rau Steinitz bcr-

    . trumpfte ihren :'.'vann: Und wenn sic Berln neh m en - c1as andert auch nichts. Dann geht der i

  • losl!r und von be iden Se i tc n gepc ini~~ter Mittclsrn1nn zwi schen den Hcnkcrn und ihr cn Opfcrn zu scin. Nun bcg;111-ncn schon Elsa s Kind cr u n ter ihr er :..ci tt'ng in den kostba-ren Bchern zu lesen . Wi e h a tt e sie (:en Schatz vor
  • ich ja nicht sage n; ich hab' es mir nu r eb~n scit dem Ur,1-bruch so ang cwohnt.

    Seit dem Umbruch ? - Das veponcn Sie auch ? Ab~r da ha ben Sie gewis unr echt . Ein so schoncs poets ~s Wort, es riecht formiich nach frisc h umgcGrochc ncr Ackcr-erdc, es ist bcs timmt nicht von den Hit k:rleu tcn gcfundcn worden, es st.lmmt gew ifs irgendwo cius dcr Georgcgc-gcnd. - ))Sichcrlich, abcr di e Nazis i,abc n es bcrnom-men, weil es so schon zu Blut und i3odcn, zur Verhcrrli-chung der Sch olle, der Bodens tndig1(r.it ;1a{5t, sic h

  • ncr Ncupragung der Nazis zur WEiterverbreitung half, bm ihm nicht z1.1m Bcwuistsein (wic dns ja nuch jctzt ckn Anhangern der neuen Zeit nicht bewufst gcworden scheint). Der N,1zipadagogik kam alles so ausschlief.slich auf die Gesinnun g, auf den unverfalscht:en Nazismus ihrer ~,chiiler an, das die Gesinnung in allem uncl jedcm an cr:.t-scheidend ers ter Stelle vor jeder Befohigu'1g uncl Gcschick-lichkeit, vor aller1 Kenntnisscn geschitzt wurde. Aus dcr Schulsprache, nus dem Bcdrfni s der Prfungs- und Ab-gangszcugnissc hcraus crklarc ich mir das U11tsichgrcifc1. des neuen Adjekjvs; die Note charakt ~rlich gut, das hid : also: einwandfr e: nazistisch, o ffnete a llein ::he Ti.ir zu jcdci Laufb ahn.

    Den stark stcn und arn wortreich~ ten gciiuJsertcn Wi-,_ derwillen empfand unser Zahnbeh;,::1dler gegcn unserr Krnnk cnbch:rndkr. Dcsscn grofsc Zci war dcr crstc Wclt-krieg gewesen, den er als $tabsarzt m~tgemacht hc1ttc. Er bewegte sich ganz und gar in der Offizierssprache von 1914 und berei cherte sie ahnun gslo:.; um jede vVcndung, die Goebbels in Umlauf setzte . Wie viele Engpasse hat er bewiiltigt, wie vide Kr isen gemeiste.-i: !

    Aus vollig ard.eren Motiven und in ganz andcrer Wcise bediente sich eir: Kollege unseres Ju2,cnarztcs dcr LrI. Dr. P. harte sich vor 193.3 ganz und gar

  • tet danach, die Wclt plnnrn:i8ig in di i l.111.J th; J11d111111111,, b erzufhren . Ein andc rm,il war vc,n cincm Akticnuntcr nehmen die RPde. In b erz cugtcm ,.l'on sagtc der Doktor: Auf dem Urrrneg der A kti e schiebt sich rtcr Jude in den Kreisl auf der n2tio nalen Produktion cin und m;1cht s;c ,wm Schacherobjekt. Als ich spi:itcr Gd~gcnhcit fond, cbs Kampflrnch grqndlich zu '.~tudicren, k:-iincn mir hngc Siit; .c un gemein bebnnt vor; sic stimmt cu ebcn g~nau 1.1it ckrn berein, was ich fr m ein Tagcbuch an Aussprchcn unsc-rcs Obm,rnns .11f Zcncln fcstgcha ltcn hattc. Er h,ll LrngL' Sa tze des Fhn s auswendig gekonnt.

    Wir nahm t die Schru llen, um nicht zu s,1 ,;cn : diese Besessenheit de,. Obmanns man chmal belusti g~, Tianchmal resigniert hin . Mi r selber schien sie syrnbol1s ch fr die

    . ganzliche Unt erwo rfenh ei t der Jud en. Dann kam Bukowzer zu uns, und nu n hatte der Friede cin Ende. Bukowzcr war cin alter , schw er leidcnd cr und ji:ihz,rniger Mann, dcr das Deutschtum, den Libcrnlismus U!ll ! Europi:iismus scincr Vcrga ngc nheit bc reut e und in hcft:g'. te Errcgung gc rict, wenn er von j discher Seite ein Wort der Abn cig un g oclcr auch nur der Lr~1heit dem Judcnturn .'.)Cgeniiber hrtc. D ie Aulserungen unse res Ob rnan:-is trie~Y2n ihm jcdcsmal di,' Adern an den Schlafon und auf dem giinz lich bhlcn Schj-del strangdick hervor , und imm er ,,vicclcr sch ric et: ;> !el iass e mich nich 1 diff ami ere n, ich dude nicht, d:18 unscrl' Religion diffam 1ert wird! Seine Wut reizre den Doktor Z l, we it ercn Zitate n, u nd manchmal bdrcl1tetc ich cincr Schiaga nfall Bu :\? Wzcrs. Abc r er schLl'., er keuchte nur irn-mer wieder das Lieblin gs-, das Renoinm ierfrcmdwort Hit -lers : Ich lasse :nich ni cht diff amic,en! Erst dcr 13. Fr;-bruar hat die F(-:ndschaft der beiden LTI-Horigcn bcendet: sic \icgc n unt e den Trmm ern des Jud en h.rn ses in der Spore rgasse be~ . . iben ...

    2b2

    VV:ir1 11t111 diL::L'. l liiri;k1:il nur i111 /\IILagssprl'.cltl'.11 i'.ut.i-gc gc trcte n, so ware sic noc h allenfa lls begreiflich gewese n; man bcoba chtct sich da wcniger, ist abhangiger van dcm , w:::is emem st:andig vor Augen steht, sta ndig in den Ohren klin t;t. Abcr wie verhielt r~s sich denn mit der gedrucktcn und so m it der mehrfach kontrollierten und voll verant -wortlichc n Sp rachc der Judcn? Autoren lege n ihrc Wort c bcim Nicdcrschreibcn auf die Waagschale und wagen sie da nn noch zwc im:::il bcim Korrektu rles en.

    C anz irn /\nfo ng, ,1ls noch cinigc jdischc Zcitsch riftcn crsch ienen, kis ich eixm1al als Titel eincr Grabrede : Unse-rcm Fh rer Levinste in zum Ge denken. Als Fhrer war hier der Vorste her einer Gernei nde bezeichn et . Peinliche Geschmackl osig keit, sag te ich mir - immerhin einem Red-ne1~ soga r eincm Grabredner, mag man mildernd e Umstan-dc zub illigcn, wcnn er nach Aktualitat hascht .

    Jetzt, in ~e1 vie rzig er Jah ren, gab es langst kein e jdi-schcn Zcitschr iften und oife ntlichcn jdischcn Prcdigtcn mehr. Dafr fand man in den Judenhausern spezifisch jdi-sche rnoderne Literatur. Gleic h nach dem ersten Weltkrie g hatte ja in Deutschland das Sichauseinanderleben cler Dc ut schcn und der deutschcn Jur:len be go nn en, der Zionis-mu s hatr c Fufs gcfaf.st im Reic h. Es entstanden allcrh.rnd bctont jdi sche Verlagsbuchhand lungw und Buchgemein-schaftcn, die aussc hli tf.slich jdische Geschichts- und phi-losop hische iNe rke, dazu Belle tri stik jdischer Autoren iiber jdi sche und cleutschji1dische Themen herausgaben . All das wur .de haufig in Subs kr iption und serienweise im Abonnemrnt abg =setzt - ich glaube , ein knftiger Literar-historiker, dcr das kulturgeschi chtlich e und soziologische Momc nt in Betracbt ziehen wi ll, wird sich mit dieser Ver-lags- n1d Vertriebsart befassen mssen -, und von dies en Publationen, die eben nichtarisch ware n, gab es noch

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  • stattli che Rest e bei uns. Besanders ;.~:cund Stcinitz hatte cine reiche Au swa hl solchcr Ding e; il11n w:ir e~ als cinc ;\rt Bildungs- und G bu benspflicht erschicncn , jede dcr:.rti gc Serie, die ihm .- tgc bot cn wurdc, zu 1bc,n11ic n~11. lki ih rn fand ich Schrift ,n van Bube 1, Gettcr0rr1;:inc, die jLidischc Geschichte von , inz, di e von Dubnow u sw.

    Das erste Bu ch., auf das ich hi er sr;r:ls, war ci n 13a:1d dc r Jdi~chen Buchv creinigun g: Arthur T:::laesscr: Vurn Gctto nach Europa; das Jud entum im geis :igcn LcSen des 19. J:ihrhunderts , f ~rlin 1936. Mit A.rtl-.ur Elocsscr war ich, ohne ihn je pe r ,onlich kennengelernt zu habcn, buch-stablich aufgewa chscn. Als in den nc.rnzigcr h1hrcn mc :n literarischcs Int cressc sich zu rcgen ')cgann, w:ir cr d~r Theaterkritiker