272
Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ISBN 3-87988-610-5, Rainer Hampp Verlag, München u. Mering, 4., verb. Aufl. 2002, Hardcover, 268 S., EURO 27.20 Die Reihe Managementkonzepte versucht den Dialog zwischen Praxis und Wissenschaft sowie zwischen Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Es geht um die Publikation theoriegeleiteter und praxisrelevanter Konzepte aus den Be- reichen „Lernen”, „Bildung” und „Entwicklung” (Organisations-, Manage- ment- und Personalentwicklung). Wissensmanagement ist in aller Munde und es bleibt abzuwarten, ob dies nur ein neuer Modetrend ist, oder ob es sich in Theorie und Praxis etablieren kann. Mit dem Buch wird versucht, einen generellen Überblick über aktuelle For- schungsergebnisse, State of the Art, neue Trends und Entwicklungen, Best Practice-Beispiele, Theorien, Ziele, aktuelle Themen und Methoden etc. des Wissensmanagements zu geben. Wissensmanagement wird vor dem theoreti- schen Hintergrund und in seinem praktischem Nutzen reflektiert. Es werden Grenzen und Möglichkeiten kritisch dargestellt, was an der einen oder anderen Stelle mit einer Entmystifizierung des Themenkomplexes einher geht. Ablei- tungen und Zusammenfassungen für die (Management)-Praxis komplettieren den Band, da das Management in der Grauzone zwischen Wissen und Nicht- Wissen nach Orientierung sucht. BusinessVillage: Der Band bietet einen gelungenen Einblick in die Theorie und Praxis des Wissensmanagements. personalmagazin: Das Buch gibt einen umfassenden Überblick über Wissen und seine Bereitstellung im Unternehmen. Handelsblatt: Autoren aus Wissenschaft und Praxis prüfen, welche Einsichten das mit der Vernetzung verbundene Konzept des Wissensmanagement liefert. Klaus Götz, Jg. 1957, Univ.-Prof., Dr. phil., Studium der Pädagogik, Psycholo- gie und Philosophie in Eichstätt, Wolverhampton, Wien und Regensburg. Er ist tätig bei Bildungspolitik Konzern der DaimlerChrysler AG. Gastprofessuren an den Universitäten Graz, Innsbruck, Klagenfurt und Zürich. Honorarprofessor an der Universität Bremen. Dieses eBook ist lizenziert für Uni Duisburg Alle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ISBN 3-87988-610-5, Rainer Hampp Verlag, München u. Mering, 4., verb. Aufl. 2002, Hardcover, 268 S., EURO 27.20

Die Reihe Managementkonzepte versucht den Dialog zwischen Praxis und Wissenschaft sowie zwischen Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Es geht um die Publikation theoriegeleiteter und praxisrelevanter Konzepte aus den Be-reichen „Lernen”, „Bildung” und „Entwicklung” (Organisations-, Manage-ment- und Personalentwicklung). Wissensmanagement ist in aller Munde und es bleibt abzuwarten, ob dies nur ein neuer Modetrend ist, oder ob es sich in Theorie und Praxis etablieren kann. Mit dem Buch wird versucht, einen generellen Überblick über aktuelle For-schungsergebnisse, State of the Art, neue Trends und Entwicklungen, Best Practice-Beispiele, Theorien, Ziele, aktuelle Themen und Methoden etc. des Wissensmanagements zu geben. Wissensmanagement wird vor dem theoreti-schen Hintergrund und in seinem praktischem Nutzen reflektiert. Es werden Grenzen und Möglichkeiten kritisch dargestellt, was an der einen oder anderen Stelle mit einer Entmystifizierung des Themenkomplexes einher geht. Ablei-tungen und Zusammenfassungen für die (Management)-Praxis komplettieren den Band, da das Management in der Grauzone zwischen Wissen und Nicht-Wissen nach Orientierung sucht. BusinessVillage: Der Band bietet einen gelungenen Einblick in die Theorie und Praxis des Wissensmanagements. personalmagazin: Das Buch gibt einen umfassenden Überblick über Wissen und seine Bereitstellung im Unternehmen. Handelsblatt: Autoren aus Wissenschaft und Praxis prüfen, welche Einsichten das mit der Vernetzung verbundene Konzept des Wissensmanagement liefert. Klaus Götz, Jg. 1957, Univ.-Prof., Dr. phil., Studium der Pädagogik, Psycholo-gie und Philosophie in Eichstätt, Wolverhampton, Wien und Regensburg. Er ist tätig bei Bildungspolitik Konzern der DaimlerChrysler AG. Gastprofessuren an den Universitäten Graz, Innsbruck, Klagenfurt und Zürich. Honorarprofessor an der Universität Bremen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 2: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Managementkonzepte Band 9

Herausgegeben von Klaus Götz

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 3: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Klaus Götz (Hg.)

Wissensmanagement Zwischen Wissen und Nichtwissen

4., verbesserte Auflage verfügbar auch als e-book: www.Hampp-Verlag.de

Rainer Hampp Verlag München und Mering 2002

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 4: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Herausgeber: Prof. Dr. Klaus Götz DaimlerChrysler AG (Bildungspolitik Konzern) Universität Klagenfurt (Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung) Universität Bremen (Institut für Erwachsenen-Bildungsforschung)

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wissensmanagement : zwischen Wissen und Nichtwissen / Klaus Götz (Hg.). - München ; Mering : Hampp, 4., verb. Aufl. 2002

(Managementkonzepte; Bd. 9) ISBN 3-87988-610-5

1. Auflage: 1999 2. Auflage: Frühjahr 2000 3. Auflage: 2000 4., verbesserte Auflage: 2002

Managementkonzepte: ISSN 1436-2988 Liebe Leserinnen und Leser! Wir wollen Ihnen ein gutes Buch liefern. Wenn Sie aus irgendwelchen Gründen nicht zufrieden sind, wenden Sie sich bitte an uns.

© 2002 Rainer Hampp Verlag München und Mering Meringerzeller Str. 16 D - 86415 Mering

Internet: www.Hampp-Verlag.de

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags un-zulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Mikro-verfilmungen, Übersetzungen und die Einspeicherung in elektronische Sys-teme.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 5: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

5

Vorwort zur vierten Auflage Wissensmanagement ist in aller Munde und es bleibt abzuwarten, ob dies nur ein neuer Modetrend ist, oder ob es sich in Theorie und Praxis etablieren kann. Mit dem Buch wird versucht, einen generellen Überblick über aktuelle For-schungsergebnisse, State of the Art, neue Trends und Entwicklungen, Best Practice-Beispiele, Theorien, Ziele, aktuelle Themen und Methoden des Wis-sensmanagements zu geben. Wissensmanagement wird vor dem theoretischen Hintergrund und in seinem praktischem Nutzen reflektiert. Es werden Grenzen und Möglichkeiten kritisch dargestellt, was an der einen oder anderen Stelle auch mit einer Entmystifizierung des Themenkomplexes einher geht. Ableitun-gen und Zusammenfassungen für die (Management)-Praxis komplettieren den Band, da das Management in der Grauzone zwischen Wissen und Nicht-Wissen nach Orientierung sucht.

Der Band wurde zur besseren Übersicht in die drei Teile 1. Wissen, 2. Nicht-wissen und 3. Zu wissen glauben untergliedert.

Wissen

Helmut Willke argumentiert, dass Wissensmanagement zwei Standbeine benö-tigt: zum einen die Seite der Personen, zum anderen die Seite der Organisation. Intelligenz, Lernen und Wissen von Personen sind alte Themen. Weitgehend unklar ist aber nach wie vor, wie Organisationen als Organisationen Intelligenz ausbilden, Lernen institutionalisieren und Wissen generieren und prozessieren können. Wissensmanagement im Sinne von einem strategisch ausgerichteten, organisierten und organisationalem Umgang mit Wissen (oder Nichtwissen) setzt voraus, dass personales und systemisches Wissen in Wissenskreisläufen zusammenspielen und die Ressource Wissen auch durch die Lernfähigkeit der Organisation selbst zum kritischen Produktivfaktor der intelligenten Organisa-tion wird.

Wissensmanagement beansprucht, so Andrea Fried und Christof Baitsch, mit der Identifikation und Aufbereitung von relevantem Wissen, einen entschei-denden Beitrag zum Unternehmenserfolg liefern zu können. Absicht ist, strate-gische Wettbewerbsvorteile zu generieren. Letzteres setzt jedoch Verände-rungs- und Lernbereitschaft eines Unternehmens voraus. In diesem Beitrag prü-fen die Autoren, ob Wissensmanagement, so wie es im Regelfall konzipiert ist, diesen Anspruch tatsächlich einlöst. Sie differenzieren verschiedene Wissens-formen und –grenzen bei ‚Organisationalem Lernen‘ und Wissensmanagement.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 6: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

6

So kommen sie zu einer kritischen Einschätzung der Reichweite von Wissens-management.

Unter dem Titel „Ganzheitliches Wissensmanagement und wertorientierte Un-ternehmensführung“ beschreiben Björn Alex, Dieter Becker und Jan Stratmann von der Arthur Andersen Managementberatung GmbH zunächst Aspekte einer Wissensgesellschaft. Im Anschluss leiten sie aus diesen Szenarien Erfolgsfak-toren zur Implementierung von Wissensmanagement im Unternehmen ab und stellen in diesem Zusammenhang das „Arthur Andersen Knowledge Manage-ment Framework“ vor. Erfahrungen aus der Beratungspraxis; d. h. die Ver-knüpfung des Knowledge Management mit der wertorientierten Unternehmens-führung schließen ihre Ausführungen ab.

In dem Beitrag „Auf der Suche nach dem Weg zum wissenden Unternehmen„ zeigen Markus Krauter und Ingrid Kreitmeier die Notwendigkeit einer ganz-heitlichen Betrachtung des Themas Knowledgemanagement auf. Anhand eines Beispiels wird dabei dargestellt, wie durch einen umfassenden Fokus eine wis-sensbasierte Lösung entwickelt wurde. Der Beitrag geht dediziert auf die Rolle einer Funktion „Wissensmanagement“ im Unternehmen ein, die koordinierende und beratende Leistungen erbringt.

Wissen wird von Andreas Seufert, Andrea Back und Georg von Krogh als eine „... entscheidende Ressource zur Generierung nachhaltiger Wettbewerbsvortei-le“ angesehen. Die St. Galler Autoren gehen dabei davon aus, dass die Generie-rung und der Austausch von Wissen weniger in traditionellen Organisations-formen, als in Netzwerken stattfinden wird. Es wird in ihrem Beitrag eine Visi-on für Wissensnetzwerke entwickelt, an einem Referenzmodell beschrieben und abschließend an Fallbeispielen veranschaulicht.

Nichtwissen

„Nichtwissen stellt eine prinzipielle Bedingung unserer Konstruktion von Welt da,“ so Wolfgang Neuser. Er geht in seinem Beitrag davon aus, dass im Kontext eines Konzeptes, das den Ort von Wissen und Nichtwissen im Konstrukt von Begriffen bezeichnet, sich in der Kombination von Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte eine rationale Theorie von Weltdeutung formulieren lässt. Sie ist die Voraussetzung für das Entwickeln von neuen Instrumenten für das Wissensmanagement in der posttraditionellen Gesellschaft.

Bei der Diskussion der anderen Seite des Wissensmanagements geht Dirk Bae-cker davon aus, „... dass es in Unternehmen bisher kaum Bemühungen gibt, ihr Wissen über ihre Umwelt und ihr Wissen über die eigenen Abläufe auf eine Art

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 7: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

7

und Weise aufzubereiten und zur Verfügung zu halten, dass es zum Gegenstand organisatorischer Entscheidung werden kann.“ Organisationen sind nicht dazu bereit, ihr Wissen umstandslos zu erkennen zu geben, was Baecker zu der neu-en Einsicht führt, „... dass die Organisation weiß, was das Management (noch) nicht weiß.“ Das Management ist deshalb dazu herausgefordert, sich mit mög-lichen Formen des Umgangs mit Nichtwissen auseinander zu setzen.

Auch Peter Pawlowsky geht davon aus, dass Wissensmanagement eher verhal-ten angewendet wird. Wozu eigentlich Wissensmanagement? Seiner Meinung nach sei jeweils genau zu thematisieren, welche Wissensprobleme existieren und wie sich diese mit Ansätzen des Wissensmanagements lösen lassen. Die zentrale Frage lautet, welchen Beitrag Wissensmanagement zur Problemlösung liefert. Er folgert daraus, dass nicht alle Organisationen Wissensmanagement brauchen, sondern nur die, die Wissensprobleme haben.

Zu wissen glauben

Soziale Kontexte und Prozesse stellen einen vernachlässigten Gegenstand in Forschung und Praxis zum Management von Wissen dar. Diese These wird von Heiko Hilse in seinem Beitrag „Wissen, Sinn und Strategie: Skizze zu einem prozessorientierten Wissensmanagement“ ausgehend von einer kurzen Fallstu-die entwickelt. Unter Rückgriff auf Erkenntnisse aus der Theorie des Organiza-tional Sensemaking, der Strategieprozessforschung und auf Erfahrungen zur Prozessberatung bei der Einführung neuer Technologien entwickelt er einen prozessorientierten Wissensmanagementansatz, der die Strategie als kollektiven Relevanzkontext in Organisationen zu nutzen und gestalten versucht.

Die Evolutionäre Wissenschaftstheorie bildet den Ausgangspunkt der Überle-gungen von Christoph Lütge. Er plädiert in seinem Beitrag dafür, dass Organi-sationsstrukturen so zu gestalten seien, dass die Mitarbeiter auch „... lernen können, wenn sie lernen wollen.“ Er sieht den Beitrag der Ethik zum Wissens-management darin, dass sie das Potential der neuen technologischen Möglich-keiten durch mehr Transparenz und Akzeptanz ausschöpft.

Wissen, so Christoph Soukup, verhilft Unternehmen dazu, sich von Wettbe-werbern zu unterscheiden. In seinem Beitrag liefert er kritische Anregungen zur „Debatte um Sinn und Unsinn von Ideen zur Mobilisierung von Wissen in Un-ternehmen“. Es geht ihm um das Ringen nach Konzepten zum Wissensmana-gement und die dabei auftauchende Entdeckung von Wissen als Problem.

In einer empirischen Untersuchung gingen Klaus Götz und Annette Hilt der Frage nach, wie kaufmännische Auszubildende Wissen generieren und auf wel-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 8: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

8

che Probleme sie bei der Wissensbeschaffung und –verteilung stoßen. Insbe-sondere sollte untersucht werden, wie dabei die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien wie Internet und Intranet genutzt werden. Weiter wird gefragt, welches Wissen den Auszubildenden nützlich ist und was sie tun, um dieses Wissen optimaler zu verarbeiten. An dieser Untersuchung beteiligten sich 99 kaufmännische Auszubildende der Hauptverwaltung der ehemaligen Daimler-Benz AG.

Stuttgart, im Herbst 2001 Klaus Götz

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 9: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

9

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 5 Inhaltsverzeichnis 9

Wissen

Helmut Willke (Universität Bielefeld) Nagelprobe des Wissensmanagements: Zum Zusammenspiel von personalem und organisationalem Wissen 15

Andrea Fried/Christof Baitsch (Technische Universität Chemnitz) Mutmaßungen zu einem überraschenden Erfolg – Zum Verhältnis von Wissensmanagement und organisationalem Lernen 33

Björn Alex/Dieter Becker/Jan Stratmann (Arthur Andersen Managementberatung GmbH) Ganzheitliches Wissensmanagement und wertorientierte Unternehmensführung 47

Markus Krauter/Ingrid Kreitmeier (HR Solutions GmbH & Co KG) Auf der Suche nach dem Weg zum wissenden Unternehmen 71

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 10: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

10

Nichtwissen

Wolfgang Neuser (Universität Kaiserslautern) Nichtwissen – eine konstitutive Bedingung für den Entwurf von Welt 85

Dirk Baecker (Universität Witten/Herdecke) Die “andere Seite” des Wissensmanagements 97

Peter Pawlowsky (Technische Universität Chemnitz) Wozu Wissensmanagement? 109

Zu wissen glauben

Andreas Seufert/Andrea Back/Georg von Krogh (Universität St. Gallen) Wissensnetzwerke: Vision – Referenzmodell – Archetypen und Fallbeispiele 129

Heiko Hilse (Universität Witten/Herdecke) Wissen, Sinn und Strategie: Skizze zu einem prozessorientierten Wissensmanagement 155

Christoph Lütge (Universität Braunschweig) Wissenschaftstheoretische und ethische Aspekte des Wissensmanagements 173

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 11: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

11

Christoph Soukup (MCC smart GmbH) Zu Risiken und Nebenwirkungen von Wissensmanagement Wie Unternehmen sich vor allzu viel Wissen schützen können 191

Klaus Götz/Annette Hilt (DaimlerChrsyler AG/ELCO Klöckner Heiztechnik GmbH) Wissensmanagement in der kaufmännischen Berufsausbildung 211

Autorinnen und Autoren 265

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 12: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 13: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

13

Wissen

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 14: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 15: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

15

Helmut Willke

Nagelprobe des Wissensmanagements: Zum Zusammenspiel von personalem und

organisationalem Wissen 1 Wissensmanagement als Basis organisationalen

Lernens Organisationales Wissensmanagement meint die Gesamtheit korporativer Strate-gien zur Schaffung einer „intelligenten“ Organisation. Mit Blick auf Personen geht es um das organisationsweite Niveau der Kompetenzen, Ausbildung und Lern-fähigkeit der Mitglieder; bezüglich der Organisation als System steht die Schaf-fung, Nutzung und Entwicklung der kollektiven Intelligenz und des „collective mind“ in Frage.

Beide Aspekte der Wissensbasierung von Organisationen sind lose gekoppelt und variieren deshalb in Grenzen unabhängig voneinander. So kommt es, dass intel-ligente Personen in dummen Organisationen operieren können, und umgekehrt. Die eine Seite, die Wissensbasierung und Intelligenz von Personen steht natürlich seit langem im Zentrum der unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen und praktischer Strategien von Ausbildung, Fortbildung, Weiterbildung, Um-schulung, Höherqualifizierung etc. Die andere Seite, die Wissensbasierung und Intelligenz von Organisationen dagegen ist sowohl in der Forschung wie in der Praxis stark unterbelichtet. Ich betone deshalb hier besonders die organisationale Seite der Wissensbasierung.

Betrachtet man die Geschichte der Modelle gezielter Veränderung von Organisation in diesem Jahrhundert, so ergibt sich ein bemerkenswertes Bild (siehe Abbildung 1): Zunächst steht ganz der Mensch als „Objekt“ von Personalentwicklung (PE) im Vordergrund, allerdings geht es vorrangig um punktuelle Einzelmaßnahmen als Reaktion auf einen aktuellen Anpassungsbedarf. Bereits in den 70er Jahren werden Ideen der Lernenden Organisation (LO) entwickelt, deren Stärke darin liegt, dass sie einen Lernbedarf nicht nur auf der

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 16: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

16

Seite der Personen, sondern auch auf der Seite der Organisation als Organisation sehen. In der Praxis scheitert diese Konzeption, in erster Linie wohl, weil es nicht gelungen ist, dem Management deutlich zu machen, was es heißt, die Organisation selbst lernfähig zu machen. Auch als Reaktion auf dieses Scheitern etabliert sich Anfang der 90er Jahre mit dem „business reingeneering“ und der Geschäftsprozessoptimierung (GPO) ein radikaler Ansatz der Veränderung von Organisationen, der ganz auf die Seite der Organisation setzt und nebenbei den Mitgliedern der Organisation den Krieg erklärt (Hammer/Champy 1994). Bei allen seinen Mängeln und Einseitigkeiten macht dieser Ansatz deutlich, dass es unabdingbar ist, dass die Organisation selbst in ihren Strukturen (Restrukturierung) und Prozessen (Prozessoptimierung) lernen muss, um sich schnellen, dynamischen Veränderungen anpassen zu können. Der Ansatz des Wissensmanagements greift die Ideen der Lernenden Organisation wieder auf und erweitert den Ansatz des Business Reingeneering zu einem klaren Fokus auf systemische Lernfähigkeit.

Einzelmaßnahmen ------ kontinuierlicher Prozeß

Pers

on

-----

O

rgan

isat

ion

Innovations-kompetenz

WissM

PE

LO

Intelligente Organisation

GPO

© H.Willke 97

Geschäftsprozeß-optimierung

Personal-entwicklung

LernendeOrganisation

Wissens-Manangement

Abb. 1: Ansätze zur Entwicklung der intelligenten Organisation

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 17: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

17

1.1 Organisationales Wissen Die Wissensabhängigkeit der Operationsweise komplexer Organisationen verteilt sich auf zwei Pfeiler. Während Organisationen in der Tragfähigkeit des einen Pfeilers, der Qualität ihrer Mitglieder, stark von externen Systemen und Vor-leistungen abhängig sind, auf die sie wenig Einfluss haben, können sie den zweiten Pfeiler, ihr kollektives Wissen, selbst verstärken. Dieser zweite Pfeiler setzt sich aus Wissensbausteinen und bestimmten Mustern ihrer Verknüpfung zusammen und bildet insgesamt die Wissensbasis der Organisation. Beide Pfeiler zusammen erst bieten gegenüber den Kontingenzen und Anforderungen einer dynamischen Umwelt einigermaßen Gewähr dafür, dass die notwendigen Anpassungen gelin-gen, weil sich Schwächen der einen Seite durch Stärken der anderen kompensieren lassen: „... when individual comprehension proves inadequate, one of the few remaining sources of comprehension is social entities. Variations in the develop-ment of these entities may spell the difference between prosperity and disaster“ (Weick & Roberts, 1993, S. 378).

Vielen fällt es schwer, sich überhaupt organisationales Wissen vorzustellen, also Wissen, das nicht in den Köpfen von Menschen gespeichert ist, sondern in den Operationsformen eines sozialen Systems. Organisationales oder institutionelles Wissen steckt in den personen-unabhängigen, anonymisierten Regelsystemen, welche die Operationsweise eines Sozialsystems definieren. Vor allem sind dies Standardverfahren („standing operating procedures“), Leitlinien, Kodifizierungen, Arbeitsprozess-Beschreibungen, etabliertes Rezeptwissen für bestimmte Situatio-nen, Routinen, Traditionen und die Merkmale der spezifischen Kultur einer Organisation.

Besonders auffällig ist dieses überindividuelle organisationale Wissen bei tradi-tionsreichen Firmen, in die Mitglieder nicht einfach eintreten, sondern in die sie allmählich hineinwachsen, indem sie den Stil des Hauses, die Werthaltungen, Routinen und Standardverfahren der Firma übernehmen. Die großen Kirchen sind noch eindrucksvollere Beispiele. Viele von ihnen bewahren seit Hunderten von Jahren, einige seit Tausenden von Jahren, eine spezifische Identität, die allen Wechsel der Personen überdauert. Ihr institutionelles Wissen ist in „heiligen“ Büchern und interpretierenden Texten aufgeschrieben und stellt die Urform eines Expertensystems dar, welches nahezu unverändert von einer Generation auf die nächste überliefert wird. Selbst noch für Schulen, Universitäten und einige Fachverwaltungen bilden Jahrhunderte alte Traditionen die Basis ihres organisa-tionalen Wissens, das in Routinen, Regeln und Ritualen festgehalten ist und sich in der Regel als stärker erweist als die Absichten und Motive der durchlaufenden Generationen von Mitgliedern. Trotz veränderter Umstände und veränderter

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 18: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

18

Personen ist es oft schwierig und manchmal unmöglich, eine etablierte Organisa-tion zu verändern. Selbst noch für haarsträubenden Unsinn finden sich in den Mythen von Organisationen Ansatzpunkte und Legitimationen - und deshalb überlebt der Unsinn. Im Extremfall wissen alle Mitglieder einer Organisation, dass eine bestimmte Regel kontraproduktiv ist, und dennoch gilt die Regel und alle richten sich nach ihr.

Auch angesichts dieser massiven Ungereimtheiten ist die Idee der Wissensbasie-rung von Organisationen keineswegs unumstritten. Nicht nur „normale“ Personen, sondern auch Sozialwissenschaftler empfinden es als anstößig, jenseits des Men-schen auch sozialen Einheiten zu konzedieren, sie könnten Wissen erwerben, lernen und eine eigene wissensbasierte Identität ausbilden. Der habituelle Hoch-mut des Menschen, der sich für die Krone der Schöpfung hält, macht vor den Toren der Wissenschaft nicht halt. Gewöhnlich fällt das Argument, dass nur Menschen, nicht aber Organisationen denken könnten. Mag sein, dass Menschen denken können. Für unser Problem ist das unerheblich. Denn schon handeln genügt. Jedes Handeln in einer kognitiv anspruchsvollen Situation, also das, was wir intelligentes Handeln nennen, erfordert eine Wissensbasis. Sobald man sieht, dass Organisationen handeln können, und zwar als eigenständige kollektive oder korporative Akteure (Flam, 1990), steht außer Frage, dass sie auch eine eigen-ständige, kollektive oder korporative Wissensbasis für dieses Handeln brauchen.

Um der Wissensbasis einer Organisation auf die Spur zu kommen, kann man nach dem abrufbaren Wissen der Organisation fragen. Wo und in welcher Form wird dieses Wissen gespeichert? Wie, von wem und in welchen Situationen wird es abgerufen? Wie erwirbt, speichert, verwaltet und verändert die Organisation dieses Wissen? In Frage stehen also der Aufbau, die Verwendung und das Management des organisationalen Wissens. Von vornherein sollte klar sein, dass die Wissensbasis einer Organisation von den Personen zwar getrennt ist, aber nicht unabhängig von den Mitgliedern und ihrem Wissen in Gang kommt. (Ganz analog sind die Strukturen, Regeln und Semantiken der Kommunikation zwar getrennt von Personen, aber Kommunikation findet nicht unabhängig von Personen und ohne ihr Zutun statt). Eine wichtige Frage ist deshalb das Zusammenspiel von individuellem und organisationalem Wissen und der Zusammenhang der entsprechenden Lernprozesse. Ich komme auf diesen Punkt zurück.

Organisationen kommen zu ihrem Wissen, indem ein für die Organisation rele-vantes Wissen von Personen, Teams oder Projektgruppen formuliert, aufge-schrieben (oder in einer sonstigen Notation festgehalten) und schließlich dieses symbolisch repräsentierte/kodierte Wissen in eine Wissensbank eingebracht wird, die in die Routineabläufe der Organisation eingebunden ist. Der Wartungsplan für eine Maschine oder die Vorgehensweise beim Anschluss einer Mitarbeiterin an

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 19: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

19

das E-mail-Netz oder die Regeln der Liturgie des Karfreitags zum Beispiel existieren zunächst als Wissen in den Köpfen von Personen, welche dieses Wissen entwickelt oder mitgebracht haben. Es kann abgefragt, aufgeschrieben und als Arbeitsanweisung in den Akten der Hauptabteilung gespeichert werden.

Ein ebenso einfaches wie wirksames Instrument der Dokumentation und Explikation von implizitem Wissen in den Köpfen der Mitglieder einer Organisation ist der MikroArtikel (Willke 1998, S. 100ff.) Er fasst die „lessons learned“ einer Lernsituation, die Einsichten eines Projekts, einer Produktentwicklung, eines Prozesses, eines Kundenkontaktes etc. kompakt auf einer Seite zusammen – und zwar so, dass andere diesen Mikroartikel „lesen“, d.h. verstehen können. Die Kunst des Mikroartikels besteht deshalb darin, tatsächlich die Praxis- und Erfahrungskomponente der erworbenen Wissens nachvollziehbar darzustellen.

Interessant wird organisationales Wissen dadurch, dass es - wie jedes symbolische System - schon bei geringer Eigenkomplexität ein Eigenleben beginnt, indem es in reflexiven Schleifen zum Gegenstand organisationalen Wissens und anderer For-men des Handelns der Organisation wird. Eine Organisation weiß also, dass sie etwas weiss, und sie kann auf dieses Wissen reagieren und damit arbeiten. Eine Organisation entwickelt ein Bild von sich selbst, und sie redet mit sich selbst (Weick, 1985, S. 195). Damit ist gemeint, dass das Selbstbild, die Identität, die Kultur, ja sogar einzelne Merkmale oder Strategien der Organisation zum Ge-genstand organisationsspezifischer Kommunikationen werden. Diese Kommunika-tionen sind weitgehend thematisch und motivational gereinigt von personalen Kriterien. Sie kondensieren an systemischen Erwartungen, Zurechnungen, Krite-rien, Rationalitäten und „beweisen“ darin die reale Existenz einer wirklichen Organisation. Ihre Identität ist darin zu sehen, dass die Organisation ihre spe-zifischen - und von anderen Systemen, Umweltsegmenten und ihren eigenen Mitgliedern unterscheidbaren - Operationen unter selbstdefinierte und kontrol-lierte Kriterien bringt.

Wie soll das gehen? Der Kern der Idee kollektiven Wissens ist die Beobachtung, dass der Gehalt dieses Wissens nicht von den einzelnen Wissenspartikel geprägt ist, welche in den Köpfen von Personen oder sonstwie dokumentiert vorhanden sind, sondern von den Relationen und Verknüpfungsmustern zwischen diesen Wissenselementen. Die Verknüpfungen selbst konstituieren das eigenständige kollektive oder systemische Wissen der Organisation. Denn in die Art der Verknüpfungen, der Bahnung, Prägung, Konfirmierung und Institutionalisierung bestimmter Muster, gehen die Lernerfahrungen der Organisation als System ein. Diese Fundierung organisationalen Wissens bedeutet auch, dass die Grundelemente der Relationsmuster nicht Personen sind, sondern Handlungen und

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 20: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

20

Kommunikationen, die sich von konkreten Personen lösen und in abstrakte Regeln einbinden lassen.

Der Übergang vom lokalen personalen Wissen zu kollektivem systemischen Wissen geschieht demnach in zwei Stufen der Abstraktion: Zum einen residiert die Intelligenz des Systems in der Intelligenz der Muster der Relationierung von Elementen, wobei diese Elemente selbst durchaus einfach sein können. Aus der lokalen, regelgeleiteten Interaktion der Elemente lassen sich über entsprechend elaborierte Verknüpfungsmuster höchst unwahrscheinliche und komplexe globale Formen der Interaktion und Verkettung erzeugen, welche die Intelligenz sowohl der Elemente wie auch der lokalen Muster weit übersteigen. Zum anderen befreien sich diese Muster von der Trägheit konkreter Menschen, indem Kommunikationen und zurechenbare Handlungen als Elemente dienen, die sich über Regelsysteme gewissermaßen schwerelos und flexibel in Beziehungen bringen lassen. Kein Individuum verfügt heute über das erforderliche Wissen, um einen modernen Computer, ein Auto oder ein Flugzeug zu bauen. Organisationen aber „können“ das. Und präzise in diesem Sinne sind heute komplexe Organisationen intelligenter als jeder Mensch. 1.2 Personales und organisationales Wissen Erstaunlich viele Organisationen existieren auch sehr viel länger als Menschen. Die katholische Kirche, die alten Universitäten, das englische Königshaus, der Kongress der Vereinigten Staaten, einige Handwerkskammern, die englische Bank, die Hansestädte, der Supreme Court der USA, einige kirchliche Orden, die Sozialdemokratie und viele andere Organisationen, Institutionen und Verbände haben über Jahrhunderte hinweg Wissen angesammelt und in Regelsystemen, Datenbanken, Expertensystemen und einer organisationsspezifischen Wissensbasis präsent halten können. Keinem Menschen gelingt das, weil mit dem Tode sein mental gebundenes Wissen unwiederbringlich verloren geht. Sicherlich haben auch Organisationen ihre Lebenszyklen. Sie entstehen, wachsen, kommen zur Reife und verschwinden irgendwann von der Bildfläche oder gehen in anderen Organisationen auf. Da ihre Wissenssysteme aber von vornherein in Form von geschriebenen Regeln, Akten, Zahlen, Daten, formulierten Erfahrungsgrundsätzen, Prozessablaufdiagrammen etc. als symbolische Systeme verkörpert sein müssen, um zugänglich und handhabbar zu sein, ist es leichter, diese Wissenssysteme zu kopieren und selbst beim Untergang der Organisation zu erhalten. Auch dieser Aspekt bringt Organisationen bezüglich der Sammlung und Erhaltung von Wissen gegenüber Menschen in einen klaren Vorteil.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 21: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

21

Auf dieser elementaren Ebene des Aufbaus einer Wissensbasis hinken soziale Systeme allerdings einen entscheidenden Schritt hinter den Möglichkeiten von Menschen als mentalen Systemen her: Nur Menschen schaffen neues Wissen. Jedenfalls bisher. Nicht die Autofirma, sonder der einzelne Ingenieur oder eine von Personen geprägte Arbeitsgruppe entwickelt ein neues Patent, ein neues Verfahren etc. Nicht die Klinik, sondern eine einzelne Ärztin oder Pflegerin kommt auf einen neuen Gedanken. Nicht das Ministerium, sondern ein einzelner Beamter oder eine Politikerin führt eine neue Regel ein. Nicht die Universitäten, sondern einzelne Forscher oder Forschungsteams entwickeln Neues. Dieses Handikap sozialer Systeme liegt darin begründet, dass sie nur über die Einbezie-hung von Personen ihr systemspezifisches Wissen aktivieren können - zwar hoch-gradig unabhängig von den Motiven und Präferenzen von Personen, aber doch nicht unabhängig von den Personen als „Leseköpfe“ der Daten.

Aber die Organisationen sind den Menschen dicht auf den Fersen. Die systemische Autonomisierung der Verwendung von Wissen nimmt zu, indem Organisationen auch Regeln über die Erzeugung, Verwendung und Gestaltung von Regeln in ihre Wissensbasis aufnehmen. Damit ist der entscheidende Schritt von der bloßen Ansammlung von Wissen zum Lernen getan.

Uneinigkeit herrscht darüber, was die Voraussetzungen, Formen und Folgen organisationalen Lernens sind. In aller Regel, so zeigt Peter Pawlowsky in einem informativen Überblick über die Literatur (1992, S. 204ff.), kommen die Autoren zu drei Formen oder Stufen des Lernens: einer ersten Stufe des einfachen, mecha-nischen oder operativen Lernens; einer zweiten Stufe des evolutiven, akkomodie-renden Lernens; und schließlich einer dritten Stufe des rückbezüglichen, orga-nismischen, generativen oder integrierten Lernens. Unabhängig von der verwen-deten Begrifflichkeit ist klar, dass erst auf der zweiten und dritten Stufe ein aktiver Umgang mit Wissen beginnt, und dass erst auf der dritten Stufe eine eigenständi-ge, aktive Fortentwicklung des vorhandenen Wissens möglich ist.

Wie aber soll man sich konkret vorstellen, dass „eine Organisation“ aktiv mit ihrer Wissensbasis umgeht, sie fortentwickelt und dabei möglicherweise sogar zu neuem Wissen kommt? Schließlich hat eine Organisation kein Gehirn, das auf eine neue Idee, zu einer neuen Einsicht kommt, welche dann der Welt verkündet werden kann. Nahezu alle Autoren im Bereich organisationalen Lernens werden an diesem kritischen Punkt blass und unsicher. Bevor sie sich dem Vorwurf aus-setzen, Organisationen zu vermenschlichen und ihnen ein Gehirn anzudichten, greifen sie doch lieber auf eine Form des Zusammenspiels von Mensch und Orga-nisation zurück, in welchem der Mensch es ist, der die neuen Einsichten hat und sie an die Organisation weitergibt. Eine erfreuliche Ausnahme bilden auch hier Weick und Roberts, die nicht nur plausibel die Eigenständigkeit eines „collective

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 22: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

22

mind“ in Organisationen begründen, sondern auch die Beziehungen zwischen individueller und organisationaler Wissensbasierung klar herausstellen (Weick & Roberts, 1993, S. 374).

Wenn dies ein plausibler Rahmen für die Erklärung von Wissensbasierung und Lernfähigkeit mentaler Systeme ist, dann ist die Idee eines genuin organisationalen Lernens gar nicht mehr so furchterregend. Warum sollen nicht auch Organisatio-nen und andere Sozialsysteme Differenzen prozessieren und aus diesem Prozessie-ren neue Informationen ableiten können? Was sie dazu brauchen, sind spezifisch organisationale Beobachtungsinstrumente einerseits und Inferenzmaschinen ande-rerseits, die aus diesen Beobachtungen Informationen ableiten.

Ein gewisses Problem liegt noch darin, dass Organisationen keine Augen und keine Ohren und auch sonst keine brauchbaren Sensorien haben. Was tun? Organi-sationen haben für die Lösung dieses Problems eine geradezu geniale Lösung gefunden, die allerdings nicht gerne thematisiert wird, weil sie dem Menschen wenig schmeichelt. Organisationen instrumentalisieren nämlich für ihre spezifischen Zwecke ein „fremdes“ System, das zum einen sehr gut ausgebildete Fähigkeiten zur Beobachtung und zur Inferenz mitbringt, und das zum anderen in einer bemerkenswerten Plastizität diese Fähigkeiten weitgehend von den eigenen Absichten und Motiven zu entkoppeln und einer Fremdsteuerung zu unterwerfen bereit ist, wenn die Bedingungen stimmen: der Mensch. Organisationen richten sich also Menschen als Mitglieder so zu, wie sie sie für die eigenen Zwecke brauchen. Es beginnt mit der Trennung von Amt und Person, von Zweck und Motiv und endet mit der Trennung von personaler Sprache und Organisationssprache, persönlicher Präferenzen und Kriterien und organisationaler Präferenzen und Kriterien. Wie Muskelzellen ihre Mitochondrien, so bauen Organisationen ein autonomes fremdes System in symbiotischer Verknüpfung in ihre eigene autonome Operationsweise ein, um die spezifischen Fähigkeiten der „Gäste“ für die eigenen Zwecke zu nutzen.

Schon Chris Argyris und Donald Schön bezeichnen in ihrer Arbeit über organisa-tionales Lernen die Mitglieder als „Agenten“ des Lernens der Organisation (Argy-ris & Schön, 1978). Sie nehmen an, dass ein Sozialsystem durch seine Mitglieder handelt, Differenzen wahrnimmt und mithin lernt. Systemtheoretische Über-legungen können hieran anschließen. Allerdings betonen sie sehr viel deutlicher die Selbstreferentialität und operative Geschlossenheit (mit ihren Folgen), die komplexe Sozialsysteme nach kurzer Anlaufzeit erreichen. Dies impliziert, dass die Koppelung zwischen Organisation und ihren Mitgliedern loser ist, als Argy-ris/Schön annehmen, und dass Eigendynamik und Eigensinn der Organisation es schwierig machen, in einer kalkulierbaren Weise das Lernen und das Wissens-management der Organisation zu steuern.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 23: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

23

Über die parasitäre Verwendung des Menschen schaffen es Organisationen tat-sächlich, als Organisationen in systemspezifischer Weise Differenzen zu prozessieren und neue Informationen zu generieren. Mithilfe des Menschen, aber unabhängig von konkreten einzelnen Individuen erzeugen Organisationen so ihre eigene Wissensbasis und definieren die Verwendung des Wissens nach eigenen Kriterien und Zielsetzungen. So lässt sich erklären, dass die meisten Menschen in Organisationen Differenzen beobachten und Informationen ableiten, an denen sie selbst nicht das geringste Interesse haben. Warum würde ein Sachbearbeiter in einer Krankenversicherung jahrelang Zahlen addieren und Rechnungen ver-gleichen wollen? Warum sollte die Mitarbeiterin eines Geheimdienstes einen Teil ihres Lebens damit verbringen, Satellitenphotos auszuwerten? Wer käme als Privatperson auf die Idee, einige Jahrzehnte lang fremde Kinder in lärmenden Großgruppen mit Buchstaben und Zahlen vertraut zu machen? Es ist nachgerade unvorstellbar, zu welchen Handlungsweisen Organisationen Menschen bringen. Insofern scheint es zumindest für Organisationsgesellschaften etwas verwegen, von der Autonomie des Menschen ohne Einschränkung zu reden.

Allerdings gilt das symbiotische Verhältnis zwischen Mensch und Organisation für beide Seiten. Menschen können Organisationen auch für ihre eigenen Zwecke nutzen, wenn sie über bestimmte Ressourcen verfügen. Nur diese Seite beachten March/Olsen (1990, S. 380), wenn sie formulieren: „Organisationen werden als Instrumente von Individuen interpretiert“. Wenn mehrere oder gar viele Personen dies versuchen, dann kommt es zu jenen überraschenden und kontra-intuitiven Konstellationen des „kollektiven Handelns“ im Kontext organisierter Sozial-systeme, die das Sozialsystem selbst als kollektiven Akteur konstituieren und gleichzeitig überindividuelle (kollektive, organisierte) Präferenzen etablieren, die nicht mehr linear auf die Präferenzen der Individuen rückführbar sind.

Für die Organisation als kollektivem Akteur können demnach ganz andere Differenzen wichtig werden, als für die einzelnen Mitglieder. Sie kann als Organi-sation eigene Selektivitäten ausbilden und genau aus der Notierung dieser selegier-ten Differenzen Informationen ableiten, die nur für sie selbst als Organisation relevant sind, aber nicht unbedingt die Mitglieder oder Mitarbeiter als Personen interessieren. In diesem Sinne lässt sich davon sprechen, dass Organisationen ihre eigene Wissensbasis aufbauen, ihr eigenes Wissen für eigene Zwecke verwenden und schließlich auch ein eigenes Wissensmanagement betreiben.

Regeln der Zurechnung verteilen die Verantwortlichkeiten zwischen Personen und Organisation und heben das Handeln der Organisation erkennbar von dem Handeln der Mitglieder ab. Damit ist auch eine formale Trennung zwischen Person und Organisation, sowie zwischen personalem und organisationalem Wissen er-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 24: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

24

reicht. Natürlich führt dies zu Verwicklungen und Komplikationen, etwa wenn der Minister zurücktreten muss, weil er etwas nicht wusste, was seine Organisation wusste, aber nicht wissen durfte. Oder der Geschäftsführer eines Unternehmens wird bestraft, weil er wusste, dass sein Unternehmen Know-how verkaufte, das andere Unternehmen nicht wissen dürften. Der ehemalige Stasi der ehemaligen DDR wäre ein unerschöpfliches Studienobjekt für geradezu groteske Zusammen-hänge und Differenzen von personalem und organisationalem Wissen, Wissens-verwendung und Wissensmanagement. 1.3 Stufen des organisationalen Lernens Die Erfindung und Konfirmierung abstrakter, überindividuell geltender Regeln ist das Kernstück des Prozesses der Absonderung organisationaler Identität und Wissensbasierung. Regelsysteme steuern die organisationalen Abläufe und mithin auch die Prozesse, die organisationsspezifisches Wissen konstituieren und spei-chern. Regeln sind ihrerseits symbolische Systeme, die sich als Gegenstand regelgeleiteter Bearbeitung eignen. Mit der Aufstellung von Regeln für die Erzeu-gung und Verwendung von Regeln wird ein Regelsystem reflexiv und beginnt, sich selbst zu steuern. So genügen beispielsweise einfache Regeln für relevante Differenzen und die Ableitung von Informationen für den Aufbau einer Wissens-basis als einfachste (lineare, mechanische) Form des Lernens. Reflexive Regeln über den Umgang mit dieser Wissensbasis begründen bereits eine zweite Stufe des reflexiven (evolutiven, akkomodierenden) Lernens, das zu anderem, neuen Wissen führen kann, wenn die Bearbeitung der vorhandenen Informationen überraschende, „unwahrscheinliche“ Kombinationen erzeugt.

Ein Beispiel dafür: Ein großer amerikanischer Konzern für Flugkörper (Lockheed Missile and Space, Inc.) installiert für ein anspruchsvolles, zeitlich extrem gedrängtes Projekt der Entwicklung einer neuen Rakete ein vernetztes System des „Engineering Data Management“. Im Projekt arbeiten etwa 800 Ingenieure an etwa 500 Computern der unterschiedlichsten Art (vom Cray bis zum PC) zusammen, um in der kritischen Phase des Produkt-Design parallele Entwick-lungs-, Design- und Revisionsprozesse („review“) zu realisieren. Das Engineering Data Management System ist so ausgelegt, dass alle Kommentare, Verbesserungs-vorschläge, Revisionen, angenommene und abgelehnte Veränderungen, die on-line vorgenommen werden können, gespeichert werden und jederzeit abrufbar sind. Der Schritt zu reflexivem Lernen besteht hier darin, dass dieses Prozesswissen in den laufenden Entwicklungsprozess zurückgespielt wird, um eine Verbesserung des Prozesses zu erreichen: „Before reengineering a major portion of the missile system, staff members „replayed“ the engineering process, reviewing the

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 25: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

25

considerations and decisions that had been made along the way. ... Finally, by archiving the review process and the comments registered during it, the (data management system) captures for perpetuity a substantive and previously short-lived knowledge base“ (Wallace, 1994, S. 68).

Auf dieser Stufe kann man ernsthaft von einer „lernenden Organisation“ sprechen, einer Organisation also, die neues Wissen produziert und ein aktives Wissens-management betreibt, indem sie als Organisation nach dem erforderlichen und förderlichen kollektiven Wissen, sowie der umwelt- und problemadäquaten Form des „collective mind“ fragt (siehe die schematische Darstellung des resultierenden Wissenskreislaufes in Abbildung 2).

Abb. 2: Wissenskreislauf

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 26: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

26

Aktives Wissensmanagement bedeutet deshalb, dass eine Organisation nicht nur neues, zusätzliches Wissen anhäuft, sondern explizit nach dem für ihre Mission und ihre Vision kongenialen Formen der systemischen Intelligenz sucht.

Für die Praxis der Unternehmensberatung, zum Beispiel, ist die Stufe des reflexi-ven Lernens besonders wichtig, weil ihre Meisterung Voraussetzung dafür ist, dass die Firma lernen kann, dass sie lernen muss. Normalerweise tun sich Organisatio-nen, wie Menschen, die Mühe des Lernens erst an, wenn es sich nicht mehr ver-meiden lässt, also kurz vor oder in einer Krise. Eine Krise ist deshalb zwar ein guter Auslöser für Lernen, aber ein schlechter Lehrmeister. Denn das, was in einer Krise gelernt wird, ist in aller Regel zu eng auf Krisenbewältigung ausgerichtet und vernachlässigt die Frage nach den tiefersitzenden und längerfristigen Ursachen der Krise.

Ist nun eine Firma in wiederholte Krisen hineingeschliddert, weil sich kontinuier-lich und dynamisch Umweltbedingungen verändern, dann könnte ein Reflexions-prozess einsetzen, der die Firma zu der Einsicht führt, dass die nächste Krise sicher kommen wird. Dies wäre der geeignete Zeitpunkt, krisenunabhängiges Lernen einzurichten und prophylaktisch Strategien im Umgang mit der kommenden Krise zu erarbeiten - die genau aufgrund dieser Strategien verhindert oder zumindest gemildert werden soll. Es liegt auf der Hand, dass nur solche Organisationen die Stufe reflexiven Lernens erreichen können, die nicht ausschließlich an kurzfristiges Operieren gebunden sind, sondern sich zumindest in einigen Hinsichten einen mittel- oder langfristigen Handlungshorizont erlauben.

Organisationales Lernen ist nicht auf Krisenbewältigung beschränkt, sondern richtet sich auf alle Aspekte der Operationsweise einer Organisation, von der Veränderung der Organisationsform über die Modifikation des Produktionsdesigns bis zur Optimierung des Prozesses der Erstellung einer Leistung oder eines Pro-dukts. Die Intelligenz einer Organisation erweist sich in der Fähigkeit, die vorhan-dene Wissensbasis zu nutzen, zu verbessern und zu transformieren (Caspar, 1990, S. 715; Wallace, 1994; Gomez/Müller-Stewens, 1994).

Das ist natürlich sehr viel leichter gesagt als getan. Wissensmanagement in Organisationen steckt noch ganz in den Kinderschuhen. Selbst Firmen und Ein-richtungen, die auf professionelle, wissensbasierte Leistungen ausgerichtet sind, wie etwa Beratungsunternehmen, Zeitungen, Fachzeitschriftenverlage, Fach-kliniken, Schulbehörden, Bibliotheken etc. unterscheiden sich in ihrem Wis-sensmanagement kaum von den Manufakturen des 17. Jahrhunderts. Nahezu alles Wissen steckt in den Köpfen von Menschen; es gibt Listen, Karteikästen und ähnliches; aber das gesamte Arrangement ist eher darauf angelegt, den Zugang und die allgemeine Nutzung des Wissens zu verhindern, als zu fördern. Ältere

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 27: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

27

Kollegen lieben es, die Jungen gegen die Wand laufen zu lassen, im besten Fall, damit sie „eigene Erfahrungen“ machen. Das mühsam und aufwendig erworbene Wissen wird entsprechend eifersüchtig gehütet und nur in strategisch günstigen Momenten angedeutet. Vor allem gibt es ein Übermaß an „Verhinderungswissen“, also Wissen darüber, dass (weniger: warum) etwas nicht geht, nicht funktionieren kann, keine Chance hat etc. insbesondere, wenn es etwas Neues ist. 2 Kulturen des organisationalen Lernens Es gibt keine für alle Situationen und Verhältnisse richtige Form des organisa-tionalen Lernens. Allerdings lassen sich unterschiedliche Kulturen des Lernens unterscheiden, welche bestimmten Anforderungen der Organisationsumwelt mehr oder weniger gut angemessen sind. Wir alle stehen, mehr als wir wahrhaben möchten, in einer Tradition hierarchischen Lernens, in welcher die Eltern, die Lehrer, die Vorgesetzten, die Obrigkeit etc. uns wissen lassen, was zu lernen sei. Für komplexe, interdependente und verteilte (polyzentrische) Systeme ist dies, gelinde gesagt, subobtimal. Auf der anderen Seite ist die Alternative dazu nicht unbedingt Anarchie und mithin Beliebigkeit der Lerninhalte und der Organisation der Lernprozesse. Vernetzte, dezentralisierte (heterarchische) Organisationen bilden im optimalen Fall eine Kultur organisierter Komplexität aus, in welcher Lernen, die Organisation von Lernprozessen und Wissensmanagement auf den relevanten systemischen Kontext bezogen sind (siehe die zusammenfassende Darstellung in Abbildung 3).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 28: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

28

��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

�� ��

��

����

�� ��

����

�� ����

��

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

Drei Kulturen der VeränderungDrei Kulturen der Veränderung������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������

���������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

�����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������

���������������������������������������

���������������������������������

������������������������������������

Erstarrte Komplexität(Hierarchie):

Erstarrte Komplexität(Hierarchie):

Die Spitze des Systemsdefiniert VeränderungDie Spitze des Systemsdefiniert Veränderung

����������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������

���������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

�����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������

���������������������������������������

���������������������������������

������������������������������������

UnorganisierteKomplexität(Anarchie):

UnorganisierteKomplexität(Anarchie):

Jeder definiert Veränderungfür sich - anything goesJeder definiert Veränderungfür sich - anything goes

����������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������

���������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

�����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

���������������������������������������������������������������������������������������������������������

����������������������������������������������������������������������������

��������������������������������������������������������������������

������������������������������������������������������������

���������������������������������������

���������������������������������

������������������������������������

OrganisierteKomplexität (Vernetzte

Systeme):

OrganisierteKomplexität (Vernetzte

Systeme):

Veränderung als Prozeß ineinem systemischen KontextVeränderung als Prozeß ineinem systemischen Kontext

Abbildung 3: Kulturen der Veränderung Das eigentliche Problem ist nach meiner Sicht, dass wir uns der Einsicht stellen müssen, dass Lernen ein komplexes, vielschichtiges und widersprüchliches Merk-mal eines systemischen Zusammenhanges ist. Was ist dieser systemische Zu-sammenhang? Er besteht in meiner Sichtweise aus mindestens drei zu unterscheidenden Ebenen: die Ebene der Inhalte oder der Elemente von Lernen, zweitens die Ebene der Prozesse des Lernens und drittens die Ebene der Kontexte, in denen sich die Frage der Lernens stellt. Schematisch vereinfacht, könnte man sich folgendes Bildvorstellen (siehe Abbildung 4).

Die erste Ebene, diejenige der konkreten Elemente von Lernen, lässt sich als Spitze eines Eisberges verstehen. In aller Regel ist diese Spitze das einzige, was sichtbar ist- und deshalb stürzt sich die Beobachtung und Beurteilung auf diese Ebene. Aber es ist zugleich die Ebene, auf der sich buchstäblich nur oberflächlich etwas bewirken und verändern lässt.

Auf der zweiten Ebene, derjenigen der Geschäftsprozesse, kommt zum Tragen, dass alle diese Systeme natürlich nicht auf einer tabula rasa operieren, sondern eine lange Geschichte hinter sich haben, welche ihre Gegenwart und Zukunft mit-bestimmt. Systemgeschichte bedeutet, dass die Arbeitsweise z.B. eines Unter-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 29: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

29

nehmens von Regeln und Regelsystemen bestimmt ist, die irgendwann einmal geschaffen wurden oder entstanden sind für Situationen oder Konstellationen oder Problemdefinitionen, von denen keineswegs sicher ist, dass sie auch noch heute gültig sind oder gar in Zukunft relevant bleiben. Die Frage ist hier, welche Prozes-se aufgrund welcher Regelsysteme die Funktionsweise eines Systems bestimmen - und ob diese Prozesse den Zielen und Aufgaben des Systems angemessen sind.

Ebenen der Gestaltung von Veränderung

Paradigmen

Kontexte

Prozesse

Elemente

Abbildung 4: Ebenen der Veränderung Damit sind wir bei der dritten Ebene. Hier geht es darum, sich darüber klar zu werden, in welchen Kontext ein bestimmtes System eingelagert ist. Um diese Frage zu beantworten, genügt es nicht mehr, auf einzelne Elemente und Prozesse von Lernen zu schauen. Vielmehr ist es nun erforderlich, das Zusammenspiel vieler Elemente und Prozesse in einem organisierten systemischen Zusammenhang zu betrachten.

Hier kommt also der Kontext ins Spiel. Auf der Ebene des Kontextes geht es um die Frage des Zusammenspiels zwischen dem System, das ich betrachte oder in dem ich agiere, auf der einen Seite und der relevanten Umwelt dieses Systems. In Frage steht also ein System in seiner Umwelt, eine System-Umwelt-Beziehung.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 30: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

30

Damit kommt in den Blick, dass eine Organisation oder ein Bereich wie die Wirtschaft, (oder das Universitätssystem oder das Erziehungssystem) nicht un-abhängig von ihren unterschiedlichen Kontexten verstanden werden können, nicht unabhängig von ihren politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen oder natürlichen Kontexten. Schon deshalb steht außer Frage, dass Lernen nicht ein fertiges Element oder ein endgültiger Zustand ist, sondern eine relationale Größe, die nur in Beziehung zu anderen Größen - vor allem zu den Zielen und Visionen einer Organisation - näher bestimmt werden kann.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 31: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

31

Literatur

Argyris, C., & Schön, D. (1978). Organizational leraning - A theory of action perspective. Reading, Mass.: Addison-Wesley.

Caspar, C. (1990). Investing in Intelligence? Futures, 710-729.

Flam, H. (1990). Corporate Actors: Definition, Genesis, and Interaction. In: MPIFG Discussion Paper 90/11,. Köln: MPI für Gesellschaftsforschung.

Gomez, P. und Müller-Stewens, G. (1994). Corporate Transformation. Zum Management fundamentalen Wandels in großen Unternehmen. In: Unternehmerischer Wandel. Konzepte zur organisatorischen Erneuerung. Knut Bleicher zum 65. Geburtstag hrsg. von Peter Gomez u. a. Wiesbaden: Gabler, 135-198.

Hammer, M., Champy, J. (1994). Business Reengineering. Die Radikalkur für das Unternehmen. Englische Ausgabe 1993. Aus dem Englischen von Patricia Künzel. Frankfurt und New York: Campus.

Pawlowsky, P. (1992). Betriebliche Qualifikationsstrategien und organisationales Lernen. In: W. Staehle & P. Conrad (Eds.), Managementforschung 2 (pp. 177-238). Berlin und New York: de Gruyter.

Reuter, E. (1993). Horizonte der Wirtschaft. Über die Herausforderungen unserer Zeit. Stuttgart: DVA.

Senge, P. (1990). The Fifth Discipline. New York: Doubleday.

Wallace, S. (1994). Accelerating Engineering Design. Byte (July 1994), 62-76.

Weick, K. (1985). Der Prozess des Organisierens. Frankfurt: Suhrkamp.

Weick, K. & Roberts, K. (1993). Collective mind in organizations: Heedful interrelating on flight decks. Administrative Quarterly, 38, 357-381.

Willke, H. (1996). Systemtheorie 1: Grundlagen. 5. Auflage. Stuttgart: UTB.

Willke, H. (1995). Systemtheorie 2: Interventionstheorie (2. Auflage). Stuttgart (UTB).

Willke, H. (1998). Systemisches Wissensmanagement. Stuttgart: UTB.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 32: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 33: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

33

Andrea Fried/Christof Baitsch

Mutmaßungen zu einem überraschenden Erfolg

Zum Verhältnis von Wissensmanagement und Organisationalem Lernen

1 Wissensmanagement: Eine Antwort auf Turbulenz Wissen als Wettbewerbsfaktor hat seit Ende der 80er Jahre und massiv seit Be-ginn der 90er Jahre den Sprung in die Schlagzeilen der Wirtschaftspresse ge-schafft: Begriffe wie Informations- und Wissensgesellschaft wie auch Wis-sensmanagement sind aus den Schlagzeilen nicht mehr wegzudenken. Über die besondere Bedeutung des Wissens im Unternehmen besteht kein Zweifel (z. B. Picot 1990, Nonaka 1992, Drucker 1993, Brown/Duguid 1999). Während das Erfolgspotential anderer Ressourcen im Unternehmen nur noch begrenzt aus-baubar zu sein scheint, gilt Wissen als die einzige Ressource, die sich im Gebrauch vermehrt oder spezifiziert und die Einzigartigkeit eines Unterneh-mens bzw. Nicht-Imitierbarkeit seiner Produkte wie keine andere Ressource begründen kann. Die zunehmende Turbulenz, begründet durch Expansions- und Fragmentierungstendenzen, durch Globalisierung und Internationalisierung lässt Vertreter des Managements nach neuen Chancen und Risiken für Unter-nehmen suchen: Als Chancen gelten folgerichtig wissensintensive Produk-te/Dienstleistungen und neue Märkte, als Risiken werden die schnelle Veral-tung eigenen Wissens und das Auftreten neuer Konkurrenten aufgeführt (vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, S. 13-16).

Vor diesem Hintergrund macht sich das Wissensmanagement in Organisationen die Identifikation aller relevanten Wissenspotentiale und ihre systematische Ausschöpfung durch die Optimierung der Wissensflüsse entlang der Kernpro-zesse zur Aufgabe (vgl. Pulic 1996, S. 156). In der Überzeugung, dass eine pragmatische Weiterentwicklung der Theorien und Perspektiven des organisa-tionalen Lernens notwendig ist (vgl. Probst/Raub/Romhardt 1997, S. 5), wur-den Instrumente entwickelt, die sich thematisch um Identifikation, Erwerb,

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 34: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

34

Entwicklung, Verteilung, Nutzung und Bewahrung von Wissen bemühen (z. B. Preissler/Roehl/Seemann 1997, Bullinger/Wörner/Prieto 1998). Beispiele für solche Instrumente sind Spezialdatenbanken, wie z. B. ‚Wissenslandkarten‘ oder ‚Gelbe Seiten‘ für Experten (vgl. Probst/Raub/Romhardt 1997, S. 99; sie-he auch Baubin/Wirtz 1996, S. 136ff.; Lehner 1996, S. 83ff.; Rahn 1999, S. 32ff.). Im Mittelpunkt steht dabei die Idee, dass die unübersichtliche Menge an Daten und Informationen in geeigneter Form einer Systematisierung und Kate-gorisierung zu unterziehen und das entstandene Produkt in zeitlich und örtlich adäquater Form - nach Möglichkeit unter verstärkter Ausnutzung der Informa-tionstechnologien - bereitzustellen ist. Damit können die Nutzer, so die Hoff-nung, wettbewerbsrelevantes Wissen sowohl aus internen als auch externen Quellen erwerben und generieren. Zudem wird angestrebt, das üblicherweise an Personen gebundene Wissen von den Wissensträgern abzulösen und in die Ver-fügbarkeit des Unternehmens zu überführen. Wissensmanagement stellt sich aus dieser Perspektive in der Praxis häufig als Informations-, Daten-, Hard-ware- und Softwaremanagement dar (vgl. Schüppel 1996, S. 188).

Zusammengefasst beabsichtigt der Einsatz derartiger Instrumente, dass mehr Innovationen bewirkt werden, sich das Unternehmen von der Konkurrenz ab-hebt, Einmaligkeit und Nicht-Imitierbarkeit entwickelt werden und somit letzt-lich strategische Wettbewerbsvorteile entstehen (vgl. Probst/Büchel/Raub 1998, S. 241ff.).

Indirekt wird damit gefordert, Organisationen haben sich auf den Weg zu einer lernenden Organisation zu begeben. Fasst man die Intentionen nämlich zusam-men, so soll der Einsatz dieser Instrumente nicht bloß Strohfeuer entfachen, sondern nachhaltige Veränderungen auslösen. Angezielt sind auch und gerade organisationale Lernprozesse. Entsprechend müssen sich Maßnahmen des Wis-sensmanagements die Frage gefallen lassen, ob sie die letztlich angestrebten Ziele erreichen oder wenigstens unterstützen. Die Latte ist hoch angelegt. 2 Organisationales Lernen: Ein blinder Passagier des

Wissensmanagements Organisationales Lernen ist jedoch so harmlos nicht: Lernprozesse beinhalten stets die Möglichkeit des Unerwarteten, der unvollständigen Kontrollierbarkeit und der tiefergreifenden Veränderung. Strukturen, Rollen und Funktionen kön-nen in Frage gestellt, das Selbstbild einer Unternehmung und ihrer Akteure ge-stört werden. Organisationale Lernprozesse holen die Unsicherheit in ein Un-ternehmen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 35: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

35

So gesehen ist Organisationales Lernen ein untypischer, eigentlich der Organi-sationslogik fremder Prozess. Es ist davon auszugehen, dass soziale Systeme, wie Unternehmen, dazu tendieren, Unsicherheit zu vermeiden und zu reduzie-ren, Stabilität und Wiederholung zu bevorzugen (vgl. Baitsch 1993, S. 125). Mit der Etablierung organisationaler Routinen kann dies bedient werden. Denn mit jeder strukturell identischen Wiederholung der Handlungsmuster von ges-tern wird Erwartungs- und Handlungssicherheit für morgen hergestellt. Damit wird die Zukunft berechenbar. In der Garantierung von Zuverlässigkeit liegt ein unschätzbarer Wert sozialer Systeme, daraus beziehen sie Abgrenzung von der Umwelt und Identität. Wird an die Systemmitglieder der Auftrag formuliert, die Beständigkeit der eigenen Organisation in Frage zu stellen, wird eine wesentli-che Grundlage des Kooperierens zur Disposition gestellt. Organisationales Ler-nen als strategisches Programm löst Ängste aus. Wird Wissensmanagement als das dazugehörige Einfallstor gesehen, dann müssten nach obiger Logik die Re-alisierungschancen sinken. 3 Wissensmanagement: Erfolg wider Erwarten oder

wie? Vor diesem Hintergrund erscheint es also zunächst wenig aussichtsreich, dass sich Konzepte wie Wissensmanagement am „Markt“ durchsetzen. Warum soll-te auch ein Konzept wie das Organisationale Lernen, das sich in Unternehmen nicht nachhaltig verankern ließ, durch ein anderes ersetzt werden, wenn letzte-res vergleichbare Intentionen und Ansprüche hat? Es wäre anzunehmen, dass Wissensmanagement jenseits der Sonntagsreden in absehbarer Zeit ebenso in den Hintergrund der wissenschaftlichen Diskussion tritt, wie seinerseits die Versuche, Unternehmen zu lernenden Organisationen mutieren zu lassen.

Wider Erwarten jedoch erlebt die Thematik Wissensmanagement einen anhal-tenden Boom, und entsprechende Aktivitäten sind an der Tagesordnung.

Klärung verschafft bereits der Blick auf die Semantik, insbesondere dann die Hinterfragung der konzeptionellen Anlage des Wissensmanagements. Betrach-tet man die Qualitäten der strukturellen Elemente der Praxis des Organisationa-len Lernens und der Praxis des Wissensmanagements, dann werden erhebliche Unterschiede ersichtlich. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick; sie fasst einleitend unsere Überlegungen zur Differenz zusammen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 36: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

36

Objekt Subjekt Prozeß Zielstellung Produkt

Organisationa-les Lernen

• Milieuwissen • Führungswissen

als Metawissen über den Umgang mit Experten- und Produktwissen

Organisation Dezentral

delegiert an Systemmit-glieder

Explizierung von Wissen zum Zweck der Reflexion

Überprüfung der Legitimati-on von Wis-sensbeständen

Generierung von

• neuem Ex-pertenwis-sen

• neuem Pro-duktwissen

Wissens-management

• Expertenwissen • Produktwissen

Management resp. beauftragte Stabsstelle

Zentral ge-plant und ge-steuert

zentrale Wis-sensverwal-tung und -verteilung

Explizierung von Wissen zum Zweck der Sammlung, Sys-tematisierung und Aufberei-tung von Wis-sen durch De-kontextualisie-rung

„Abgleich“ mit dem existenten Milieu- und Führungswissen

Quantitative Erweiterung, Ordnung von und Zugriff auf

• vorhande-nes Exper-tenwissen

• vorhande-nes Pro-duktwissen

Tabelle 1: Konzeptionelle Unterschiede zwischen Wissensmanagement und Organisationalem Lernen.

Die Zusammenstellung macht deutlich, warum die beiden Konzepte bei poten-tiellen Anwendern und Klienten unterschiedliche Konnotationen hervorrufen können: Wird die Organisation als Akteur des Lernens bestimmt, so sind Ver-lauf und Ergebnis des Lernens nicht mehr unter zentraler Kontrolle zu halten. Objekt des Lernens ist zwar ebenfalls das Vorhandene, aber auch seine Infrage-stellung bzw. Außerkraftsetzung. Management, in diesem Falle das Manage-ment von Wissen, hingegen verspricht immer die Zuweisung der Steuerung an benennbare Positionen und damit an Personen; Wissensmanagement verspricht außerdem, dass bekannte Positionen und Personen Bekanntes erfassen, verwal-ten und gezielt zur Verfügung stellen – die Überschaubarkeit bleibt gewährleis-tet, Komplexität wird auf Kompliziertheit reduziert. Zielstellung von Wissens-management ist also die Optimierung des Bestehenden während Organisationa-les Lernen den Blick auch auf die strukturellen Grundlagen des eigenen Han-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 37: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

37

delns richtet und entsprechende Veränderungen nicht ausschließt. In einer Kurzformel lassen sich die Unterschiede auf jene zwischen Steigerung der Effi-zienz und Prüfung auf Effektivität verkürzen. Für die Unternehmen und ihre Akteure ist diese Beschränkung von Wissensmanagement durchaus beruhigend. 3.1 Wissensformen: Eine notwendige Unterscheidung

Um Reichweite und Wirkungsvermögen des Wissensmanagements in Abgren-zung zum Konzept des Organisationalen Lernens zu verdeutlichen, wurde in der o. a. Tabelle eine Unterscheidung von Wissensformen aufgenommen (vgl. Baecker 1998, S. 6-10). Diese soll näher ausgeführt werden.

Produktwissen ist expliziter Natur und bezieht sich auf Produkte, Verfahren und die bedienten Märkte eines Unternehmens. Inhaltlich ist es von der Frage-stellung bestimmt, zu welcher Problemlösung ein Produkt in welcher Form bei-trägt, welche Technologien im Sinne einer möglichst fehlerfreien und kosten-schonenden Produktion geeignet sind. Es beinhaltet weiterhin, in welcher Rei-henfolge die Produktionsschritte ablaufen müssen, um eine ausreichende Stan-dardisierung unter Beibehaltung von Variationsmöglichkeiten zu gewährleis-ten. Schließlich wird zum Produktwissen auch die unternehmerische Fähigkeit gezählt, einschätzen zu können, zu welchem Zeitpunkt der Beitrag eines Pro-duktes zu einer Problemlösung nicht mehr ausreichend und der Produktabsatz damit nicht mehr gewährleistet ist. Produktwissen stammt in einer Organisation aus unterschiedlichen Quellen: von Mitarbeitern mit unterschiedlichsten Beru-fen, Funktionen und Aufgaben, von Kunden, Beratern und Partnern.

Expertenwissen umfasst das Wissen über die relevanten Umwelten einer Orga-nisation. Die Auswahl und Bereitstellung von Expertenwissen ist meist spezia-lisiert, d. h. bestimmten Abteilungen, Stellen oder auch externen Beratern vor-behalten. Dieses Wissen ist notwendigerweise explizit und beinhaltet Informa-tionen darüber, wie z. B. betriebswirtschaftliche Elemente in Organisationen anders als bisher gestaltet werden können.

Führungswissen bezieht sich auf die realen hierarchischen Strukturen einer Or-ganisation, die tatsächliche Koordination der Arbeitsteilung, die organisations-spezifischen Standards von Autorität und Disziplin und auf die Motivations-möglichkeiten von Mitarbeitern. Als Metawissen leitet es mittelbar das Han-deln und bestimmt, wie mit dem Experten- und Produktwissen in der Organisa-tion verfahren wird. Führungswissen ist ein selten expliziertes Wissen, und sei-ne Explizierung geht, wie noch zu zeigen sein wird, in anderer Art und mit an-deren Folgen als die des Experten- und Produktwissens einher.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 38: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

38

Milieuwissen weist ähnliche Charakteristika wie das Führungswissen auf. Es wird selten expliziert und in der Organisation bzw. ihrem Umfeld ebenso erst durch konkrete Erfahrungen begreiflich. Das Milieuwissen umfaßt ein Wissen z. B. darüber, welche Erwartungen an wen gerichtet werden können, wessen Initiativen wann erfolgreich sind, wie Kontrollmechanismen wirken und zu handhaben sind, welche Absichten in welcher Sprache an wen formuliert wer-den. Es ist vom Führungswissen und gesellschaftlichen Wissen nicht trenn-scharf abzugrenzen.

Gesellschaftliches Wissen wird in Organisationen kaum zum Thema gemacht, es wirkt jedoch als permanente Rahmenbedingung aller Wahrnehmungen und Interpretationen. Entsprechend wirkt das gesellschaftliche Wissen selbstver-ständlich und kaum einmal wird erkannt, wie es organisationale Entschei-dungsprozesse beeinflusst. Dieses Wissen ist für Organisationen insofern rele-vant, als es den allgemeinen Rahmen u. a. dafür definiert, was eine Organisation ist, wie sie funktioniert, welche Verhaltensmaßstäbe innerhalb und außerhalb der Organisation gelten, was man als Mitglied einer Unternehmung von ihr zu erwar-ten hat und darüber hinaus auch, welche rechtlichen Vorgaben (z. B. Arbeitsver-träge, Kaufverträge, Gesellschaftsformen) für Organisationen gelten. 3.2 Wissensmanagement und Organisationales Lernen:

Überlegungen zur Differenz

Vor dem Hintergrund der Ausführungen zu den verschiedenen Wissensformen lassen sich die Konzepte von Wissensmanagement und Organisationalem Ler-nen nun differenzieren: – der Erstreckungsbereich des Wissensmanagements ist kleiner, vor allem ist

die Organisation als Reflexionsobjekt ausgegrenzt, d. h. die Explizierung von Milieu- und Führungswissen und deren Infragestellung ist nicht Ge-genstand;

– die Zielstellung des Wissensmanagements greift demzufolge kürzer; sie liegt mehr in der Bewahrung, Erweiterung bzw. Ordnung von Experten- und Produktwissen im Rahmen dessen, was das existente Milieu- und Füh-rungswissen zulässt;

– die Zuständigkeit für die inhaltliche Ausrichtung ist auf das Produkt- und Expertenwissen beschränkt, die Steuerung der Prozesse zentralisiert und auf eigens dafür benannte Gruppen konzentriert;

– die Anzahl der verantwortlich Agierenden bei Maßnahmen des Wissensma-nagements ist folglich geringer.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 39: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

39

Drei der angesprochenen Unterschiede werden in ihrer Bedeutung für das Wis-sensmanagement bzw. das Organisationale Lernen im Folgenden nun disku-tiert. 3.2.1 Instrumente des Wissensmanagements

Die oben benutzte Kurzformel, Wissensmanagement ziele auf eine Steigerung der Effizienz, spiegelt sich in zentralen Merkmalen der Instrumente. Als Ge-meinsamkeiten zeigen sich:

Reduktion auf spezifische Wissensformen: Nicht alles prinzipiell vorhandene Wissen ist mit vernünftigem Aufwand aufzubereiten. Vermutlich macht es auch wenig Sinn, jegliches Spezialwissen zu sammeln. Unerlässlich aus Organisati-onssicht ist es, dass das für eine adäquate Aufgabenbewältigung zwingend notwendige Wissen allgemein verfügbar gemacht werden kann. Konsequenter-weise erfolgt eine Beschränkung auf Expertenwissen und Wissen über Produk-te, Technologien und Produktionsprozesse. Damit unmittelbar einher gehen die

Dekontextualisierung und Lexikalisierung des Wissens: Das gesammelte Wis-sen wird aus den konkreten Anwendungszusammenhängen isoliert und in all-gemeiner Form aufbereitet; dies ist notwendig, damit Dritte, insbesondere No-vizen, dieses Wissen übernehmen können. Entsprechend präsentiert sich dieses Wissen in Form eines lexikalischen Inventars, in welchem Wissensbestandteile überwiegend additiv zusammengestellt sind.

Defizitdeckung als Modell des Wissenserwerbs: Die Inventare des Wissens die-nen der Deckung eines selbst- oder fremddiagnostizierten Defizites. Die insinu-ierte Vorstellung des Lernprozesses enthält somit die Elemente (a) eines Ler-nenden, der ein Defizit zu füllen habe, (b) eine klar definierte Wissenslücke, für die es (c) genau passende Wissenselemente gäbe. Dem Lernenden obliegt (d) das nachvollziehende Erlernen des bereits vorhandenen Wissens. Exploratives und selbstgesteuertes Lernen ist nicht Bestandteil des Programms. In anderen Worten: Wissen wird durch die Lernenden nicht generiert, sondern übernom-men. Häufig ist die Wissensaneignung zudem von unmittelbarer Praxis entkop-pelt. 3.2.2 Wissensformen und ihre Vermittelbarkeit

Bereits angedeutet wurde, dass sich Wissensmanagement auf bestimmte Wis-sensformen konzentriert. Ein Grund liegt in den ungleichen Möglichkeiten der

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 40: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

40

Aufbereitung der verschiedenen Wissensformen. Eine weitere Ursache wird deutlich, wenn man die Muster betrachtet, mit denen Führungs- und Milieuwis-sen erfolgreich aufgebaut und vermittelt wird. Dann nämlich findet man Lehr- und Lernformen, die sich von schulischen Formen deutlich unterscheiden.

Typischerweise erfolgt die Vermittlung von Führungs- und Milieuwissen in kleinen Kreisen und im unmittelbaren Austausch. Die Interaktionen folgen nicht klassisch pädagogischen Mustern, sondern Wissen und Einsicht werden von den Beteiligten gemeinsam generiert. Die Beteiligten verstehen sich alle als Experten, die über die Diskussion von Wissen, das sie sich fortlaufend wech-selseitig präsentieren (allerdings in spezifischer Form, dazu s. u.) und sich ge-genseitig beratend zu Einsichten führen. Zu keinem Moment sind sie Schüler, sie sind Lehrende und Lernende zugleich. Gemeinsames Generieren statt indi-viduell-isolierte Defizitdeckung ist ein Lernmodell, das sich mit den überwie-gend propagierten Methoden des Wissensmanagements schlecht verträgt. Wür-de man Führungs- und Milieuwissen „normal“, d. h. wie oben skizziert, aufbe-reiten und vermitteln wollen, so würde man dem spezifischen Charakter dieser Wissensform nicht gerecht. Reproduzierende Rezeption anhand schriftlicher Dokumentation ist ebenso wie der klassische Vortrag wenig wirksam. Füh-rungs- und Milieuwissen eignen sich somit nicht, in lexikalischer Form aufbe-reitet zu werden und der situationsunspezifischen Vermittlung zugänglich zu machen.

Die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Wissensformen ist also folgenreich, wenn man an die Aufbereitung, Weitergabe und an das Lernen denkt. Wissen muss, bevor es überhaupt darstellbar wird, von den Wissensträgern abgerufen werden. Im Falle von faktenbezogenem Produkt- und Expertenwissen ist dies in der Regel durchaus machbar. Versucht man in analoger Form jedoch Füh-rungs- und Milieuwissen abzurufen, dann stößt man auf ein eigentümliches Phänomen. Das entsprechende Wissen scheint den Wissensträgern zunächst einfach verfügbar zu sein: sie machen in markanter Form stark verallgemeiner-te, hoch verdichtete Aussagen. Diese seien, so der regelmäßige Hinweis der Wissensträger, das Kondensat einer langen Praxis. Sprachlich erscheinen diese Aussagen zuweilen in Form von Merksätzen oder Sprichworten. Belegt und illustriert werden die Aussagen durch die Schilderung hochspezifischer Ereig-nisse und prototypischer Anekdoten (vgl. Burla/Alioth/Frei/Müller 1995, S. 43ff.). Zugleich und unmittelbar anschließend wird diese Pauschalität jedoch zurückgenommen. Die Wissensträger betonen stets den lediglich heuristischen Wert ihrer Ausführungen, die hochgradige Situationsabhängigkeit sowie die Unerlässlichkeit, eigene Erfahrungen aufzubauen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 41: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

41

Die Verknüpfung von Pauschalität und Relativierung macht die Aussagen nicht etwa wertlos, sie hat jedoch eine zweifache Konsequenz für die Vermittlung. Zum einen ist Praxis und Reflexion der Praxis durch Diskurs mit anderen Per-sonen in vergleichbarer Lage unersetzlich, zum anderen verbieten sich Dekon-textualisierung und Lexikalisierung dieser Wissensform, denn letztere zielen auf die Formulierung von situationsunabhängig gültigen Aussagen.

Aus der Perspektive der Organisation ist die schwierige Explizierbarkeit von Führungs- und Milieuwissen gar nicht einmal unerwünscht. Führungs- und Mi-lieuwissen haben die Funktion der Stabilisierung und Kontinuierung der orga-nisationalen Prozesse und Abläufe. Werden sie in kritisch prüfender Absicht thematisiert, so labilisiert dies eine wesentliche, wenn nicht die zentrale organi-sationale Legitimationsbasis. Die kritische Diskussion von Führungs- und Mi-lieuwissen stellt dieses immer zugleich in Frage (vgl. Baecker 1998, S. 8): die Kontingenz von vermeintlich sicherem und geteiltem Wissen wird erkennbar, Glaubenssätze, Positionen und Positionsmacht werden sichtbar, die Unbere-chenbarkeit von Markt und Wettbewerb wird offenbar. An diesem Punkt wird nun deutlich, dass Wissensmanagement das Spezifische des Führungs- und Mi-lieuwissens nicht nur nicht vermitteln kann, sondern auch gar nicht vermitteln soll. Denn die Aufnahme von Führungs- und Milieuwissen in das Curriculum setzt die Bereitschaft der Unternehmung voraus, sich als Lernende Organisation zu begreifen, die ihre eigenen Grundlagen zur Disposition stellt.1 Würde sich Wissensmanagment darum bemühen, Führungs- und Milieuwissen routinemä-ßig in den Kanon der Lerninhalte aufzunehmen, wäre das Tor zur lernenden Organisation aufgestoßen. Eine systemdestabilisierende Wirkung ist dabei grundsätzlich nicht auszuschließen – und genau das ist nicht Intention von Wis-sensmanagement: Denn es geht um die Identifikation, den Erwerb, die Entwicklung, Verteilung, Nutzung, Bewahrung und Bewertung (vgl. Probst/Raub/ Romhardt 1997) von vorhandenem bzw. von passfähigem Wissen im Sinne einer Optimierung.

1 An dieser Stelle drängen sich Parallelen zum Wissensmanagement als single-loop lear-

ning und zum Organisationalen Lernen als double-loop learning in Anlehnung an Argy-ris & Schön (1978) auf: Double-loop learning setzt voraus, dass alle Beteiligten bei ih-rer gemeinsamen Suche nach Problemlösungen ihre individuellen Intentionen und Ziel-stellungen thematisieren bzw. die Ausübung von Macht (basierend auf dem organisati-onsweit geteiltem Milieu- und Führungswissen) zur Disposition stellen und sie zum Ge-genstand des organisationsinternen Diskurses machen. Wenn die gemeinsame Problem-lösungssuche jedoch mit einer asymmetrischen Ausübung von Macht einher geht, dann beschränkt sich diese Suche auf Einzelne und stellt als single-loop learning weder indi-viduelle Intentionen und Zielstellungen noch Macht in Frage.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 42: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

42

3.2.3 Die Erwartungen an die Akteure

Die meisten Maßnahmen des Wissensmanagements binden den Großteil der Unternehmensmitglieder nicht aktiv in den Prozess der Wissensgenerierung ein; sie bleiben vielmehr Konsumenten, die den Auftrag haben, eigene Wis-sensdefizite aufzufüllen. Dieser Auftrag bleibt zudem von den eigentlichen Ar-beitsaufträgen separiert. Aktivitäten der Wissensgenerierung und –aneignung werden nicht zum Bestandteil der Arbeitsaufgabe, sondern bleiben der indivi-duellen und gemeinsamen Tätigkeit letztlich fremd. Gestützt wird diese Ent-wicklung durch einen weiteren Umstand: Wissensmanagement bleibt in der Zuständigkeit weniger Positionen und Personen. Es besteht somit die begründe-te Gefahr, dass Wissensmanagement instrumentell, dem Arbeitsauftrag fremd und nicht zum integrierten Bestandteil der Unternehmenskultur wird.

Die Tatsache, dass nur ausgesuchte Positionen für die Pflege und Erweiterung des Wissenskörpers zuständig sind, ist folgenreich. So sind die Grenzen des Wissens nicht durch die Unternehmensmitglieder veränderbar, zumindest nicht dauerhaft. Zwar wird die Entwicklung lokalen Wissens zugelassen, doch ist es explizite Aufgabe der Wissensmanager, das lokal generierte Wissen zu identifi-zieren und der Organisation verfügbar zu machen. Daraus entstehen zwei Phä-nomene von schwer schätzbarer Tragweite: Zum einen wird Wissen für die Un-ternehmensangehörigen zum „Objekt der Begierde“: Wissen wird zum internen Wettbewerbsvorteil, der den Unternehmensmitgliedern, solange dieses Wissen individuell gebunden bleibt, auf dem internen Arbeitsmarkt Vorteile verschafft. Zweifellos ist Wissen ein wertvolles Gut, doch kann es nicht im Unternehmens-interesse sein, wenn darüber ein unternehmensinterner Verteilungskampf ver-stärkt wird. Zum anderen wird Wissen, bevor es zur Verteilung freigegeben wird, von einer beauftragten Stelle gewissermaßen als legitim erklärt, als nütz-lich für die Unternehmenszwecke autorisiert. Der Gedanke an eine selektionie-rende und zensurierende Instanz ist nicht sehr fern. Die Tatsache, dass Wissen von eigens beauftragten Stellen „gemanaged“ wird, ist ein bedeutungsvolles Signal mit letztlich nicht vorhersehbaren Nebenwirkungen. 4 Fazit Mit den obigen Ausführungen scheint sich der Erfolg von Wissensmanagement aufzuklären: Wissensmanagement ist weniger bedrohlich als Organisationales Lernen. Der Prozess scheint kontrollierbar, die agierenden Personen haben ei-nen Auftrag zu erfüllen, dessen Ergebnis überprüfbar ist. Das Produkt und sei-ne Grenzen sind vorhersehbar, Erfolg wie Misserfolg werden zurechenbar.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 43: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

43

Wissensmanagement erscheint als domestizierte Variante des Organisationalen Lernens. Somit spricht vieles dafür, dass es deshalb so erfolgreich ist, weil es eben nicht die Veränderung der Organisation anzielt, sondern deren immanente Tendenz zu Reproduktion und Trägheit bedient.

Wissensmanagement ist aber für spezifische operative Zwecke unerläßlich: Für die Einführung von Organisationsneulingen oder das Einlernen von Auszubil-denden ist ein funktionierendes Wissensmanagement stressreduzierend und hochgradig ökonomisch. Es unterstützt eine inhaltlich vergleichbare Einfüh-rung, rasche Integration und Funktionsfähigkeit, sichert die Kommunikation und dient der Aufrechterhaltung der Organisationskultur. Ausbildung, Soziali-sation und Diffusion von vorhandenem Wissen sind organisationserhaltende und –optimierende Funktionen.

Dieser Effekt von Wissensmanagement ist unersetzlich. Er ist aber nicht mit der Förderung von selbstkritischer Reflexion, der Infragestellung von Alltags-routinen und Handlungsmustern (ausgedrückt im Führungs- und Milieuwissen) gleichzusetzen, die in Innovationen und schließlich in der Generierung von strategischen Wettbewerbsvorteilen münden sollen.

Es ist anzunehmen, dass die eingeschränkte Explizierbarkeit von Führungs- und Milieuwissen sogar die Ursache ihrer besonderen Wirkung ist. Dies stützt eine Denkfigur, die gewissermaßen aus der umgekehrten Perspektive argumentiert: Führungs- und Milieuwissen als Gegenstand des Organisationalen Lernens konstituiert die schwer oder nicht imitierbaren Merkmale erfolgreicher Unter-nehmen. Nicht das Produkt- und Expertenwissen an sich generiert dauerhaft Wettbewerbsvorteile; vielmehr erfolgt die entscheidende Weichenstellung im Umgang mit diesem Wissen. Erst die Infragestellung des Führungs- und Mi-lieuwissens ermöglicht kritische Veränderungsprozesse in Organisationen. In-sofern kommt dem Organisationalen Lernen mehr strategische Relevanz zu als es das Wissensmanagement derzeit anzubieten vermag.

Wissensmanagement erfüllt im operativen Bereich vielerlei unterstützende Funktionen und hat in dieser Hinsicht eine pragmatische Vorbereitung des Or-ganisationalen Lernens zur Aufgabe. Soll Wissensmanagement darüber hinaus einen Beitrag bei der Generierung von dauerhaften Wettbewerbsvorteilen leis-ten, dann muss es sich dem Konzept des Organisationalen Lernens annähern. Verweigert sich Wissensmanagement diesem Weg, dann scheint eine Überprü-fung der propagierten Intentionen und eine Reduktion der Ansprüche unerläss-lich.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 44: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

44

Literatur Argyris, C. & Schön, D.A. (1978): Organizational Learning: a Theory of Action Perspective.

Reading, Mass.: Addison Wesley.

Baecker, D.( 1998): Zum Problem des Wissens in Organisationen. Organisationsentwicklung, 3/1998, 4-21.

Baitsch, C. (1993): Was bewegt Organisationen?: Selbstorganisation aus psychologischer Perspektive. Frankfurt a.M.: Campus.

Baubin, T./ Wirtz, B.W. (1996): Vorsprung durch Wissen. Jahrzehntelange Erfahrung bei Andersen Consulting. In U. Schneider (Hrsg.): Wissensmanagement: die Aktivierung des intellektuellen Kapitals. Frankfurt a.M.: FAZ, Verlagsbereich Wirtschaftsbücher.

Brown, J.S./ Duguid, P. (1999): Dem Unternehmen das Wissen seiner Menschen erschließen. HARVARD BUSINESSmanager, 3/1999, 76-88.

Bullinger, H.-J./ Wörner, K./ Prieto, J. (1998): Wissensmanagement – Modelle und Strategien für die Praxis. In H. D. Bürgel (Hrsg.): Wissensmanagement: Schritte zum intelligenten Unternehmen. Berlin: Springer.

Burla, S./ Alioth, A./ Frei, F./ Müller, W.R. (1995): Die Erfindung von Führung. Vom Mythos der Machbarkeit in der Führungsausbildung. Zürich: vdf.

Drucker, P.F. (1993): Post-capitalist Society. Oxford: Butterworth-Heinemann.

Lehner, J.M. (1996): „Cognitive Mapping“: Kognitive Landkarten vom Management. In G. Schreyögg & P. Conrad (Hrsg.): Managementforschung 6: Wissensmanagement. Berlin: de Gruyter.

Nonaka, I. (1992): Wie japanische Konzerne Wissen erzeugen. HARVARDmanager, 2/1992, 95-103.

Nonaka, I./ Takeuchi, H. (1997): Die Organisation des Wissens: wie japanische Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbar machen. Frankfurt a.M.: Campus.

Picot, A. (1990): Der Produktionsfaktor Information in der Unternehmensführung. Informati-on Management, 5(1), 6-14.

Preissler, H./ Roehl, H./ Seemann, P.: Haken, Helm und Seil: Erfahrungen mit Instrumenten des Wissensmanagements. Organisationsentwicklung, 2/1997, 4-16.

Probst, G./ Büchel, B. & Raub, S. (1998): Knowledge as a strategic resource. In G.v. Krogh/ J. Roos & D. Kleine (Ed.): Knowing in Firms: Understanding, Managing and Measuring Knowledge. London: Sage.

Probst, G./ Raub, S./ Romhardt, K. (1997): Wissen managen: wie Unternehmen ihre wert-vollste Ressource optimal nutzen. Wiesbaden: Gabler.

Pulic, A. (1996): Der Informationskoeffizient als Wertschöpfungsmaß wissensintensiver Un-ternehmungen. In U. Schneider (Hrsg.): Wissensmanagement: die Aktivierung des intel-lektuellen Kapitals. Frankfurt a.M.: FAZ, Verlagsbereich Wirtschaftsbücher.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 45: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

45

Rahn, R. (1999): Werkzeuge für die Information: Methoden und Anwendungen des ‚Data Mining‘. computerwoche spezial, 2/1999, 32-34.

Schüppel, J. (1996): Wissensmanagement: organisatorisches Lernen im Spannungsfeld von Wissens- und Lernbarrieren. Wiesbaden: Gabler.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 46: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 47: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

47

Björn Alex/Dieter Becker/Jan Stratmann*

Ganzheitliches Wissensmanagement und wertorientierte Unternehmensführung

„Wir ertrinken in Information und hungern nach Wissen“ (John Naisbitt)

1 Auf dem Weg in die Wissensgesellschaft Wissen hat sich heute zum entscheidenden Produktionsfaktor entwickelt. Wäh-rend in der Agrargesellschaft bis in das 19. Jahrhundert hinein noch die Produktionsfaktoren Arbeit und Boden für die Erzielung eines möglichst hohen Outputs verantwortlich waren, wurde die industrielle Gesellschaft durch den Einfluss des Kapitals geprägt. In der heutigen Wissensgesellschaft können Wettbewerbsvorteile in Unternehmen nur noch über ein ausgeprägtes Manage-ment der Ressource Wissen erzielt werden. Die Mitarbeiter sind in diesem Zu-sammenhang die Träger des so wertvollen Guts Wissen. Diese Werte zu si-chern, zu bewahren und auszuschöpfen, sollte daher Hauptaufgabe jedes Un-ternehmens sein (vgl. Abb. 1).

* Die Autoren sind Mitarbeiter der Arthur Andersen Managementberatung GmbH. Anfra-

gen zu diesem Artikel senden Sie bitte an [email protected].

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 48: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

48

Boden

Arbeit

Kapital

Agrar-gesellschaft

IndustrielleGesellschaft

W issen

W issens-Gesellschaft

Abbildung 1: Von der Agrar- bis zur Wissensgesellschaft

Traditionelle Großkonzerne wandeln sich von ehemals sehr hierarchisch ge-führten Organisationen mit hohen materiellen, bilanzierbaren Vermögenswer-ten zu dynamischen, virtuellen Organisationen, die zum Teil einen erheblichen Umsatz mit Dienstleistungs- und Beratungsprodukten, also mit immateriellen und wissensintensiven Vermögensanteilen erwirtschaften. Wie wertvoll Wissen ist, zeigen z. B. Vergleiche der Buch- und Marktwerte von Unternehmen. So übersteigen die Marktwerte von besonders wissensintensiven und innovativen Unternehmen die Buchwerte häufig um ein Vielfaches (vgl. Sveiby 1997). In diesem Zusammenhang lassen sich auch die Börsenbewertungen solcher Un-ternehmen im Vergleich zu klassischen Produktionsunternehmen einordnen. Die gegenwärtigen Marktkapitalisierungen von Microsoft, Yahoo und AOL sind dafür sehr eindrucksvolle Beispiele.

Nur wenige Branchen, in denen sich Wissen zum entscheidenden Wettbewerbs-faktor entwickelt hat, beschäftigen sich intensiv mit dem Thema Wissens-management. Eine Vorreiterrolle spielen hier Unternehmensberatungen, die im Wissensmanagement nicht nur die Verwaltung eigenen Wissens, sondern auch ein lukratives Beratungsprodukt sehen (vgl. Abramson 1999, Ronnow 1999, Hansen/Nohria/Tierney 1999).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 49: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

49

Nach Expertenschätzung wird derzeit lediglich ein geringer Teil des in Unternehmen verfügbaren Wissens für die Wertschöpfung verwendet. An diesem Punkt setzt Wissensmanagement an, indem versucht wird, den Ausnutzungsgrad der so wertvollen Ressource Wissen zu erhöhen. Dabei bedient es sich des sehr einfachen Mottos, „das richtige Wissen am richtigen Ort zur richtigen Zeit in der richtigen Form“ allen relevanten Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Wesentliches Ziel von Wissensmanagement ist sicherlich die Erhöhung der Ef-fizienz, der Effektivität und der Qualität von Prozessen und Strukturen und so-mit die Verbesserung des Marktwertes durch Wissen. In einer Befragung von über einhundert Unternehmen, die aktives Wissensmanagement betreiben, wurden die Hauptauswirkungen dieser Aktivitäten zusammenfassend als Ver-besserung der Produkte und Dienstleistungen, Erhöhung der Mitarbeiterzufrie-denheit, Erhöhung der Kundenorientierung sowie Stärkung der Marktposition identifiziert. Erfolge können also durch den gezielten Einsatz von Wissensma-nagement in allen Unternehmensbereichen verzeichnet werden. Abbildung 2 stellt einen Auszug möglicher Verbesserungspotentiale durch Wissensmana-gement dar.

Beispiele für wesentliche Benefits durch KM

• Verbesserung des Marktwertes durch Intellectual Capital Management/ CreativeLeadership

• Vereinfachter und einheitlicher Zugang zu erfolgskritischem Wissen• Neue Mitarbeiter können schneller eingearbeitet werden• Effiziente und effektive Prozesse durch schnelle und einheitliche Kommunikation

von Best-Practice-Wissen auch über Gesellschaften, Business Units hinweg• Implizites Wissen bleibt auch beim Ausscheiden von Experten erhalten• Senkung der Wissenserwerbskosten durch Wissensaustausch• Erhöhte Transparenz durch globale Verfügbarkeit von aktuellen

Managementinformationen• Besser koordinierte Arbeitsprozesse (z. B. verbesserte F&E durch gemeinsame

Entwicklungsarbeiten zwischen Experten unterschiedlicher Unternehmensbereiche(virtuelle Communities of Practice )

Abbildung 2: Erfolgspotentiale von Wissensmanagement (Auszug einer 1998 von Arthur Andersen durchgeführten Studie)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 50: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

50

Die zunehmende Bedeutung von Wissen für den Erfolg von Organisationen er-fordert eine kontinuierliche Verbesserung der Nutzung dieser Ressource – und zwar auf allen Unternehmensebenen. Nur Unternehmen, die es verstehen, ihr gesamtes Wissen gezielt auf die sich bietenden Chancen auszurichten, können nachhaltige wirtschaftliche Erfolge erzielen. Häufig wird deshalb bereits von einer „Wissensgesellschaft“ gesprochen.

Ausgangspunkt der Betrachtung von Wissensmanagement ist zunächst eine ein-heitliche Begriffsdefinition, die versucht, die heterogenen Definitionen in der Fachliteratur aufzugreifen (vgl. u. a. Probst, Raub & Romhardt 1999) und an die individuellen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens anzupassen.

Im Rahmen dieses Aufsatzes wird der folgende Definitionsansatz zugrunde ge-legt: Wissen ist das Ergebnis eines Verstehensprozesses, der sich durch die Einordnung von Informationen in den Kontext auf Basis individueller Erfah-rungen vollzieht (vgl. Alex 1998, S. 9 ff.) Wissensmanagement unterstützt bzw. verbessert den kontinuierlichen Transformationsprozess von individuellem Wissen in organisationales Wissen und umgekehrt mit dem Ziel der Wissens-teilung. Es umfasst das systematische Identifizieren, Sammeln, Aufbereiten, Verteilen, Erweitern und Bewerten von Wissen. Hierbei ist individuelles Wis-sen personengebunden und im Bewusstsein eines jeweiligen Mitarbeiters ver-ankert, organisationales Wissen dagegen für alle Mitarbeiter im Unternehmen gemeinsam zugänglich sowie jederzeit, dauerhaft und überall verfügbar. 2 Erfolgsfaktoren zur Implementierung von

Wissensmanagement im Unternehmen Wissen ist der einzige Produktionsfaktor, der sich bei dessen Gebrauch nicht verringert, sondern sogar vermehren lässt und damit zu einer nahezu uner-schöpflichen Ressource wird. Daraus könnte geschlossen werden, dass die an-spruchsvollen Anforderungen an das zukünftige Wissensmanagement von Un-ternehmen durch einen unendlichen Wissensaustausch erfüllt werden könnten. Theoretisch ist dieser Schluss durchaus korrekt, praktisch jedoch nicht so ein-fach durchführbar. Zu viele Barrieren, insbesondere interpersoneller Herkunft, stehen dem Prozess des Wissensaustausches im Wege. Folgende, wesentliche Barrieren, die im Rahmen mehrerer empirischer Untersuchungen aus der Un-ternehmenspraxis bestätigt wurden (vgl. z. B. Davis & Riggs 1999, Fraunhofer

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 51: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

51

IAO 1997, Jäger 1999), können dabei unterschieden werden (vgl. O’Dell, Grayson 1998, S. 17): • Ignoranz: Die Wissensträger verstehen den Wert ihres Wissens nicht und

erkennen darüber hinaus nicht, dass dieses Wissen auch für andere hilfreich sein könnte.

• Unkenntnis: „Unwissende“ wissen nicht, dass das ihrerseits benötigte Wis-sen bereits im Unternehmen vorhanden ist und generieren es nochmal („Das Rad wird mehrfach erfunden“).

• Mangelnde zwischenmenschliche Beziehungen: Da keine persönlichen Kontakte zwischen den Individuen, die relevantes Wissen austauschen wol-len, bestehen, wird Wissen oftmals nicht ausgetauscht. Erst eine soziale bzw. partnerschaftliche Verbindung der Mitarbeiter, die auf gemeinsam ge-teilten Arbeitsinhalten und Interessen/ Zielen basiert, fördert den notwendi-gen Wissensaustausch.

• Mangelnde Motivation: Viele Mitarbeiter nehmen die Notwendigkeit so-wie die individuellen und gemeinschaftlichen Vorteile des Austausches von Wissen und Best Practices aufgrund mangelnden Verständnisses bzw. Inte-resses nicht wahr.

• Mangelnde Kapazitäten/Ressourcen/Unflexible Strukturen: Neben den interpersonellen Barrieren des Wissensaustausches haben die Mitarbeiter häufig zu wenig Zeit, Budgetmittel, technische Ausstattung, Management-unterstützung, um ihr Wissen zu teilen. Weiterhin erschweren unflexible und streng hierarchische Strukturen die Wissensprozesse.

Die Kenntnis aller Gegebenheiten im Unternehmen, die Wissensmanagement behindern oder gar unterbinden, ist für die Gestaltung eines Wissensmanage-mentsystems unabdingbar und für den weiteren Erfolg bzw. Misserfolg der Implementierung entscheidend. Zudem bilden die Barrieren den Ausgangs-punkt für die Formulierung der kritischen Erfolgsfaktoren. Diese müssen wie-derum umfassend berücksichtigt werden, um die Erzielung von Wettbewerbs-vorteilen durch Wissensmanagement zu garantieren.

Wesentliche aus der Beratungspraxis abgeleitete Faktoren für die erfolgreiche Durchführung von Knowledge Management Projekten sind:

• Vorgehen im Rahmen eines ganzheitlichen, integrativen und einheit-lichen Ansatzes: Wissensmanagement darf nicht als einseitiges Technolo-gie-, Kultur-, Koordinations-, Führungs- oder Reorganisationsproblem auf-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 52: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

52

gefasst werden. Vielmehr beinhaltet es die Gestaltung und Verknüpfung al-ler Funktionen, Bereiche und Konzeptionen. Nur die Berücksichtigung aller berührten Felder sowie der Schnittstellen und Interdependenzen zwischen diesen ermöglicht die Ausschöpfung des Erfolgspotentials von Wissensma-nagement. Um Insellösungen zu vermeiden (z. B. unterschiedliche Kom-munikationssysteme, keine Standards, verschiedene Prozesse), ist die Ein-heitlichkeit der Systeme und die Integration in bestehende Prozesse zu be-rücksichtigen.

• Wissensorientierte Unternehmenskultur: Eine offene und kommunikative Unternehmensatmosphäre kann den Wissensaustausch unter den Mitarbei-tern fördern. Die Unternehmenskultur muss daher so ausgeprägt sein, dass individuelles Wissen nicht als Wettbewerbsfaktor („Wissen ist Macht!“), sondern als notwendiger Bestandteil des Unternehmenswissens zur Unter-nehmenswertsteigerung gesehen wird. Diese „Wissenskultur“ entsteht nur durch einen Bewusstseinswandel der Mitarbeiter, der durch ein aktives Vor-leben durch das Management unterstützt und beschleunigt werden kann. Be-standteile einer solchen Wissenskultur sind z. B. die Kommunikation von Erfolgsgeschichten bzw. Best Practices, das Eingestehen von Fehlern sowie die Eigenverantwortung für Lernprozesse („Lernende Organisation“).

• Top-Management-Unterstützung: Das Top-Management muss das strate-gische Ziel des Wissensaustausches und die Möglichkeiten der Realisierung von Unternehmenswertsteigerungen verstehen und sich kompromisslos für die Implementierung und den Ausbau des Wissensmanagements entschei-den. Die persönliche Unterstützung erfolgt durch das Vorleben dieser wis-sensorientierten Unternehmenskultur und diesbezüglicher Normen, die fi-nanzielle Unterstützung über eine adäquate Budgetierung.

• Identifikation und Strukturierung des relevanten Unternehmenswis-sens: Wer Wissen managen möchte, muss zunächst relevantes Wissen ganzheitlich erkennen, lokalisieren und es nach individuellen Anforderun-gen strukturieren.

• Kontinuierliches Training und Einbeziehen der Mitarbeiter in den Entwicklungsprozess: Die Mitarbeiter sind als Träger des Wissens Mittel-punkt des Wissensmanagements. Daher müssen sie kontinuierlich durch Schulungen für die Teilnahme am Wissensaustausch qualifiziert werden. Hierbei sollte nicht nur die Nutzung technischer Systeme, sondern auch die Wissensstrukturierung, Kommunikation und der Ablauf der Prozesse trai-niert werden. Somit ist Wissensmanagement in ein umfassendes Schulungs-konzept einzubinden. Um die Akzeptanz des Wissensmanagements im Un-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 53: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

53

ternehmen zu erhöhen, sollten die Anwender die Möglichkeit haben, an dem Entwicklungsprozess des Wissensmanagement aktiv partizipieren zu kön-nen.

• Perspektivenübernahme: Dieses sozialpsychologische Prinzip ermöglicht einen effizienten Wissensaustausch durch wechselseitige Berücksichtigung der Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnisse in Bezug auf Wissen. Dies ge-schieht durch Hineinversetzen in die Gedankenwelt des Kommunikations-partners.

• Verständnis der Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Techno-logie: Wissensmanagement ist nicht automatisch mit dem Einsatz von technischen Medien verbunden. Technologie kann als Medium allenfalls den Prozess des Wissensaustausches unterstützen.

• Wissenscontrolling: Die Koordination der Planungs- und Kontrollprozesse ist durch geeignete Abläufe sicherzustellen. Die Bewertung einzelner Ele-mente des Wissensmanagements dient gleichzeitig der Identifikation von Verbesserungspotentialen und stellt die notwendige Verbindung zur Bewer-tung des gezielt geschaffenen und verwerteten Wissens dar.

• Anreizsysteme: Unabdingbar für einen effektiven und aktiv praktizierten Wissensaustausch sind Anreizsysteme, die in Zusammenhang mit einem Wissenscontrolling für eine Honorierung der Verbesserung der organisatio-nalen Wissensbasis sorgen. Im Mittelpunkt sollten dabei nicht unbedingt nur materielle Belohnungen, sondern durchaus immaterielle Anreize, wie z. B. zusätzliche Schulungen, stehen. Sie gewährleisten einen stetigen Rückfluss von neuem Wissen in das Unternehmen.

Wissensmanagement ist in Anlehnung an die identifizierten Hemmnisse und Erfolgsfaktoren in einen ganzheitlichen Change-Enablement-Ansatz einzubet-ten, in dem organisatorische und persönliche Veränderungen begleitet und ge-steuert werden (vgl. Abb. 3). Dabei müssen nach der Definition des zukünfti-gen Soll-Zustandes die organisationalen Veränderungen (z. B. in Form von neuen Systemen, Strukturen oder Prozessen), aber auch die Auswirkungen auf die Mitarbeiter berücksichtigt werden.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 54: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

54

Abbildung 3: Arthur Andersen Change Enablement Framework Das Arthur Andersen Change Enablement Framework sieht in dem Verände-rungsprozess neben dem Design der Sollstrukturen und –prozesse vor allem un-terstützende und fördernde Tätigkeiten wie z. B. die Entwicklung einer Kom-munikationsstrategie, die Veränderung des Führungsverhaltens, die Institutio-nalisierung eines „Change-Teams“, die Entwicklung von Teamfähigkeiten so-wie kulturverändernde Prozesse vor. 3 Das Arthur Andersen Knowledge Management

Framework

Aus den kritischen Erfolgsfaktoren und den organisatorischen bzw. individuel-len Anknüpfungspunkten wurde ein ganzheitlicher Ansatz zur Einführung von Wissensmanagement, das sogenannten Arthur Andersen Knowledge Manage-ment Framework, entwickelt. In diesem Rahmen wird mit Wissensmanagement das Ziel verfolgt, einen kontinuierlichen Transformationsprozess von individu-ellem Wissen in organisationales Wissen et vice versa, um damit die Wissens-teilung zu ermöglichen. Effizientes Wissensmanagement berücksichtigt in die-sem ganzheitlichen Ansatz die Elemente Concept, Content, Process, Technolo-gy, Performance und Culture gleichermaßen und sollte daher bei der Implementierung von Wissensmanagement Anwendung finden (vgl. Stratmann

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 55: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

55

mentierung von Wissensmanagement Anwendung finden (vgl. Stratmann & Alex 1999).

Knowledge Content

Knowledge Culture

Kno

wle

dge

Proc

ess

Knowledge Concept

Kno

wle

dge

Tech

nolo

gy

Kno

wle

dge

Perf

orm

ance

Abbildung 4: Arthur Andersen Knowledge Management Framework Die sechs Elemente des Knowledge Management Frameworks werden im folgenden dargestellt. Knowledge Concept:

Die Zielsetzung für das Framework-Element „Knowledge Concept“ ist die Schaffung von Verständnis für Wissensmanagement im Unternehmen sowie die Ableitung der Knowledge-Strategie in Einklang mit der Unternehmensstra-tegie. Hierfür ist ein Verständnis für Wissen als Produktionsfaktor zu entwi-ckeln. Erst wenn realisiert wird, in welchem Umfang der Wissensaustausch zur Unternehmenswertsteigerung beiträgt, ist die Wichtigkeit von Wissen und so-mit von Wissensmanagement erkannt. Wissen kann beispielsweise durch ent-sprechende Marketingstrategien auch zur Generierung von Cash Flows beitra-gen, z. B. indem durch eine Stärkung der Wissenskomponente Differenzie-rungsmerkmale gegenüber Konkurrenzprodukten, z. B. in Form von Beratungs-leistungen, erzeugt werden. Bevor also Maßnahmen zu den einzelnen Wis-sensmanagement-Bausteinen ergriffen werden, ist es notwendig, den aktuellen Stand des Wissensmanagement in der Organisation zu identifizieren, zu analy-sieren und möglichst objektiv zu bewerten.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 56: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

56

Erst wenn die Potentiale realisiert und Wissensmanagement als Top-Management-Thema institutionalisiert ist, kann eine Knowledge Strategie ent-wickelt werden. Sie basiert auf klar definierten Wissenszielen, die mit den Un-ternehmenszielen korrespondieren müssen. Außerdem wird im Rahmen dieser Knowledge Strategie der angestrebte Sollzustand des Wissensmanagements und Maßnahmen zu dessen Erreichung definiert. Gleichzeitig muss ein gemein-sames Verständnis und eine gemeinsame Sprache erarbeitet werden, die alle im Wissensmanagement engagierten Kräfte verbindet. Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang die amerikanische Technologie-Firma 3M genannt, die mit ih-ren Wissenszielen im F&E-Bereich und der daran geknüpften Strategie zweier-lei erreichen möchte: zum einen sollen die Wissensziele die Kernkompetenzen in Form umfassend beherrschter Basistechnologien sichern, zum anderen soll allen Abteilungen, um Synergien durch Know-how-Transfer zu gewährleisten, der Zugriff auf alle Technologien ermöglicht werden. Aus einer Kombination der Basistechnologien Klebstoffe und Beschichtungstechnologie wurde dabei z. B. die heute sehr erfolgreiche Produktion „Post-it Notes“ entwickelt.

Zur Schaffung eines Bewusstseins und zur aktuellen Statusbestimmung von Wissensmanagement dient das Arthur Andersen KMATTM (Knowledge Mana-gement Assessment ToolTM). Das KMATTM ist ein Benchmarking-Tool, dessen Fragekomplexe in Analogie zum Arthur Andersen Knowledge Framework in die sechs Elemente Konzept, Inhalt, Prozess, Technologie, Performance und Kultur untergliedert sind. Die Zielsetzung ist die Identifizierung von Hand-lungsfeldern zur Verbesserung der Framework-Elemente in Bezug auf Wis-sensmanagement. Eine Auswahl von Mitarbeitern wird dabei über einzelne Themen nach den Kriterien „Wichtigkeit für das Unternehmen“ und „Erfül-lungsgrad im Unternehmen“ im Rahmen eines 1-2 tägigen Workshops befragt. Ein Vergleich der Ergebnisse mit Benchmarks zeigt akuten Handlungsbedarf auf. Hierbei kann auf eine Datenbasis von über 200 Unternehmen zurückgegrif-fen werden (vgl. z. B. O’Dell & Grayson 1998, S. 227 ff.).

Ist die Ausgangsbasis für das Wissensmanagement geschaffen worden, gilt es, die genaue Ausgestaltung der einzelnen Wissensmanagement-Bausteine zu bestimmen, welche den Aufbau, die Verteilung und die Nutzung des Wissens festlegen. Die Ableitung der Einflüsse von Wissensmanagement auf die Errei-chung der Unternehmensstrategie schafft dabei Transparenz über die wesentli-chen Erfolgspotentiale und bildet die Grundlage für die Bewertung und Priori-sierung verschiedener Wissensmanagement-Teilprojekte.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 57: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

57

Knowledge Content:

Auf der Basis des entwickelten Knowledge Concepts werden die zu betrach-tenden Wissensbausteine definiert. Je nach Einsatzbereich und vorliegender un-ternehmensspezifischer Problemstellung können diese unterschiedlich ausse-hen. Nachdem das relevante Wissen identifiziert und Wissenslücken aufge-deckt wurden, ist das Organisationswissen zu strukturieren und aus verschiede-nen Perspektiven abzubilden. Durch dieses sogenannte „Knowledge Mapping“ erfolgt eine Hierarchiebildung und Strukturierung des Wissens in Wissens-strukturbäumen oder „Wissenslandkarten“. Diese Methode ist wichtig für ein leichtes Auffinden von später in die Systeme eingestellten Wissensressourcen. Entscheidend aber ist, dass es für unterschiedliche inhaltliche Wissensdimensi-onen und –bausteine gemeinsame Werkzeuge gibt, um diese zu identifizieren, zu strukturieren, zu definieren, zu verarbeiten und erfolgreich anzuwenden. Wichtig bei der Erstellung der „Knowledge Map“ ist die enge Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachexperten.

Nachdem das gegenwärtige und zukünftig benötigte Unternehmenswissen strukturiert und in einer Knowledge Map abgebildet wurde, können inhaltlich zusammengehörende Interessensgruppen, sog. Communities of Practice (CoP), die als Träger des inhaltlich relevanten Wissens fungieren, gebildet werden. Diese können kleine interdisziplinäre Gruppen, abteilungsübergreifende Teams, manchmal aber auch ganze Unternehmenseinheiten sein, die gleichartige Inte-ressen und Ziele verfolgen. Die Verknüpfung für einen bestimmten Zeitraum ermöglicht die Zuteilung von Verantwortlichkeiten und stellt klare Anforde-rungen an die Mitarbeiter, Wissen in die jeweiligen Kanäle einzustellen. Dar-über hinaus bildet die Wissensstruktur die Grundlage für einheitliche Zugriffs-pfade auf das Wissen.

Die beiden Elemente Knowledge Concept und Knowledge Content definieren den Überbau für die Ausgestaltung der drei tragenden Säulen Process, Techno-logy und Performance des Knowledge Management Frameworks. Knowledge Process:

Die Framework-Säule Knowledge Process verfolgt das Ziel, die zuvor gebilde-ten Communities of Practices miteinander zu verknüpfen sowie einheitliche Abläufe und Verantwortlichkeiten zu definieren. In den Wissensmangement-Prozess sind alle Mitarbeiter einzubeziehen, wobei jeder Mitarbeiter einer bzw. mehreren CoP zugeordnet wird. Darüber hinaus hat jeder Mitarbeiter die Mög-lichkeit, auf eigene Initiative hin neue CoP zu gründen oder Mitglied in ande-ren CoP zu werden.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 58: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

58

Die Umsetzung des erarbeiteten Konzepts und der Umgang mit den relevanten Wissensinhalten vollzieht sich im wesentlichen über die zu definierenden Wis-sensmanagement-Prozesse im Baustein des Knowledge Process. Zum Aus-tausch von Wissen gehören vor allem das Identifizieren, Sammeln, Erzeugen, Strukturieren, Visualisieren, Speichern, Verbreiten und Anwenden von Wissen. Hierzu müssen abzuspeichernde Inhalte festgelegt sowie deren Form und Aus-maß definiert werden. Erfolgskritisch ist dabei, die enge Verzahnung des Wis-sensmanagement-Prozesses mit den zugrundeliegenden Geschäftsprozessen.

Ein weiterer kritischer Erfolgsfaktor im Rahmen des Wissensmanagement-Prozesses sind die im Bereich Content konzipierten Wissensnetzwerke. Der Zusammenschluss verschiedener individueller Wissensträger auf formeller oder informeller Basis zu themenbezogenen, abteilungs- und auch organisations-übergreifenden Netzwerken (Communities of Practice) ist weiter zu fördern. Diese Netzwerke ermöglichen, dass der Austausch von Wissen und Erfahrun-gen inner- und außerhalb der Organisation durch- und fortgeführt wird. Wis-sensnetzwerke können gewachsene Strukturen überbrücken und den Mitglie-dern der Organisation den Zugang zum Unternehmenswissen erleichtern. Dabei generieren sie neues Wissen und fördern die Transformation von verschlosse-nem oder implizitem in explizites Wissen. Durch die Zuweisung von klaren Rollen und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit den definierten Wis-sensprozessen wird die Wichtigkeit der damit verbundenen Aktivitäten festge-legt.

Für die Institutionalisierung des Wissensmanagements müssen neue Stellen ge-schaffen werden. So wird die Position des Chief Knowledge Officer (CKO) bzw. Director Intellectual Capital notwendig, der die Aufgabe innehat, die Or-ganisation für die Bedeutung der Ressource Wissen zu sensibilisieren und zu mobilisieren (vgl. Probst/Raub/Romhardt (1999), S. 368). Er ist für die Auf-rechterhaltung des Wissensmanagements verantwortlich und damit beauftragt, kontinuierliche Verbesserungspotentiale zu identifizieren, zu analysieren und zu realisieren. Knowledge Technology:

Zielsetzung des Framework-Elementes Knowledge Technology ist der Aufbau einer technologischen Plattform unter Berücksichtigung eines vorgegebenen Anforderungskataloges an die technischen Systeme. Für ein erfolgreiches Wis-sensmanagement spielt eine adäquate technologische Plattform eine entschei-dende Rolle. Erst wenn diese vorhanden ist, lassen sich organisatorische, funk-tionale, räumliche und zeitliche Grenzen effizient überwinden, um das notwen-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 59: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

59

dige Wissen überall und jederzeit zur Verfügung stellen zu können. Hierbei ist nicht nur die Vernetzung der Mitarbeiter untereinander, sondern auch die Ein-bindung von externen Wissensquellen zu berücksichtigen. So kann z. B. der Zugang zu externen Informationsdienstleistern oder Wissensbanken vorgesehen werden. Die ständige Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern aus den Fachbe-reichen und System-Entwicklern gewährleistet bei der Gestaltung der Systeme eine anwenderfreundliche technologische Plattform, wodurch eine erhöhte Ak-zeptanz unter den Mitarbeitern geschaffen wird. Darüber hinaus ist für ein funktionierendes Wissensmanagement ein umfassendes Angebot an Schu-lungsmaßnahmen notwendig. Nur so können die neuen Systeme möglichst schnell erlernt und angewendet werden.

Abbildung 5: Zuordnung der Medien zur Wissensbasis und zu den Wis-

sensinhalten (Beispiel)

dive

rgen

tko

nver

gent

implizitexplizitWissensbasis

Wis

sens

inha

lte

Video

Business TV

Paper based

CD-ROM

Online Datenbanken

Online Training

Kurse

eMailBulletin Boards

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 60: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

60

Bei der Auswahl der geeigneten Medien für die Unterstützung des Wissensaus-tausches sind sowohl die Wissensbasis als auch die Wissensinhalte ausschlag-gebend. Hierbei bedeutet „Explizites Wissen“ leicht kommunizierbares und darstellungsfähiges Wissen (z. B. Vorschriften, Handbücher, technische Sach-verhalte). Für dessen systematische und strukturierte Vermittlung sind Medien wie CD-ROM, Video, Business-TV und Dokumente (Paper based) besonders geeignet. Implizites Wissen hingegen ist schwer kommunizierbares, intuitives Erfahrungswissen (z. B. Verhandlungsgeschick, Kompetenzen etc.). Zu seiner Vermittlung eignet sich vor allem die Face-to-face Kommunikation. In der obi-gen Portfolio-Betrachtung bedeutet konvergentes Wissen das durch Experten abgesicherte und geprüfte Wissen, divergentes Wissen hingegen kreatives, neu-es und ungeprüftes Wissen zu Beginn eines Wissensbildungsprozesses.

Einzelne technologische Lösungen sind nach entsprechenden Anbietern zu prü-fen und in bestehende Systeme zu integrieren. Für die Auswahl eines Produktes spielen grundsätzlich Fragen der Kompatibilität, Kosten, Anforderungserfül-lung und Erweiterungsmöglichkeiten die entscheidende Rolle (vgl. u. a. Patel & Harty 1998, Davis & Riggs 1999, S. 124). Knowledge Performance:

Der Baustein Knowledge Performance beschreibt, in welchem Ausmaß die im Rahmen des Knowledge Concepts festgelegten Wissensziele erreicht wurden. Darüber hinaus liefert er wichtige Informationen, um den künftigen Verände-rungsbedarf zu identifizieren und eventuell notwendige Kurskorrekturen zeitge-recht vornehmen zu können.

Der Erfolg einer Wissensmanagement-Initiative misst sich nicht zuletzt daran, wie präzise die für die gesetzten Ziele gewählten Leistungsindikatoren be-stimmt werden können. Diese Indikatoren verbinden Wissensmanagement-Aktivitäten mit Messgrößen und sind in ein spezifisches Indikatoren-System eingebunden (Knowledge Scorecard). Die Knowledge Scorecard dient zur Be-urteilung und Steuerung des Wissensmanagement-Prozesses und zur gleichzei-tigen Überprüfung der Knowledge Strategie. In ihr werden quantitative sowie qualitative Kriterien erfasst. Ein Beispiel zur Steuerung des Wissensmanage-ment-Prozesses ist die Einstellung, Beurteilung und Bezahlung aller Mitarbeiter in Abhängigkeit ihres Beitrages zum Wissensaustausch und zur Fortentwick-lung des organisationalen Wissens. Eine weitere Methode bietet das Bench-marking eigener Aktivitäten mit denen anderer Unternehmen. Die anschließen-de Auswertung dieser Indikatoren liefert die relevanten Entscheidungsgrundla-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 61: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

61

gen, die den Kurs für das künftige Wissensmanagement bestimmen. Der Bau-stein Knowledge Performance ist somit als Regelmechanismus für die Auf-rechterhaltung der Dynamik und Flexibilität der Systeme zu verstehen.

Ein in der Literatur häufig zitiertes Unternehmen ist das schwedische Versiche-rungsunternehmen Skandia, das seit Anfang der neunziger Jahre durch sein In-tellectual Capital Management hohe Wertsteigerungen seines Unternehmens-wertes erzielte und heute sicherlich zu den erfolgreichsten Pionieren im Wis-sensmanagement gezählt werden muss (vgl. u. a. Edvinsson 1997, Probst, Raub & Romhardt 1999, S. 333 ff.). Skandia bilanziert seit 1993 sein intellektuelles Kapital und kommuniziert es an seine Stakeholder. Die Grundlage für die Mes-sung und Bewertung des intellektuellen Kapitals bildet dabei ein Indikatoren-System (der sogenannte Skandia Navigator) bestehend aus den fünf Indikato-renklassen Finanzfokus, Kundenfokus, Mitarbeiterfokus, Prozessfokus sowie Forschungs- und Entwicklungsfokus. In jeder Indikatorenklasse sind quantitati-ve sowie qualitative Indikatoren definiert, deren Veränderungen die Auswir-kungen durch Wissensmanagement anzeigen und somit eine Beurteilung zulas-sen. Problematisch bei dem Skandia Navigator ist, dass vornehmlich input-orientierte Indikatoren betrachtet werden, d.h. Anstrengungen zum Aufbau von organisationalem Wissen, nicht jedoch auch deren Auswirkungen explizit ge-messen werden. Somit kann nur eine beschränkte Validität der Informationen konstatiert werden. Eine Erhöhung der Trainingstage pro Mitarbeiter und Jahr stellt einen Indikator für den Aufbau von Unternehmenswissen dar, ob die ge-schulten Mitarbeiter ihre Fähigkeiten jedoch tatsächlich durch das Training verbessern konnten (und wenn, wie stark das Training hierfür ausschlaggebend war), wird mit dem Skandia Navigator nicht ausreichend gemessen.

Um neben input-orientierten Indikatoren auch die direkten Auswirkungen und Erträge von Wissensmanagement messen zu können, entwickelt Arthur Ander-sen derzeit ein dynamisches Bewertungssystem, das sogenannte AA CHAMP (Customized Holistic Approach to Measure Performance). Dieses System be-steht aus mehreren integrativ-interdependenten Karten (z. B. Wissenszielkarte, Indikatorenkarte oder Bilanzkarte) und bewertet neben den Anstrengungen im Wissensmanagement auch die dadurch erreichten Resultate. Die Verwirkli-chung der Wissensziele werden durch eine Eröffnungs- und eine Abschlussbi-lanz bzw. eine daraus abgeleitete Veränderungsbilanz dargestellt. Knowledge Culture:

Die drei tragenden Säulen des Frameworks basieren auf einer gelebten Wis-senskultur. Sie bildet das Fundament für tragfähige und dauerhafte Lösungen,

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 62: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

62

auf denen ein erfolgreiches Wissensmanagement aufbaut. Der Erfolg des Wis-sensmanagements hängt somit insbesondere davon ab, wie sehr die durchge-führten Maßnahmen von einer offenen und vertrauensvollen Knowledge Cultu-re getragen werden. Daher ist es wichtig, dass diese „Kultur“ vom Management nicht nur vorgeschrieben, sondern auch vorgelebt und aktiv gefördert wird.

Das Ziel entsprechender Initiativen ist die Schaffung einer Organisationskultur, die auf Vertrauen und Offenheit basiert und den Wissensaustausch aktiv unter-stützt. Sie muss den Mitarbeitern helfen, ihre Kompetenzen zu erweitern und mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. In diesem Sinn setzt sie innovative Kräfte frei und schafft ein Klima, in der das Wissen innerhalb der personellen und technischen Netzwerke gedeiht. Dabei zeichnet sich eine ausgeprägte Knowledge Culture durch aktives Teilen von Wissen aus. Die Mitarbeiter se-hen ihren Wettbewerbsvorteil nicht im Horten eigenen Wissens, sondern in dessen gegenseitigem Teilen. Die Knowledge Culture wird häufig durch die Belohnung der Mitarbeiter für die Teilnahme am Wissensaustausch sowie Sanktionsmaßnahmen bei Verweigerung gestützt.

Neben Offenheit und Vertrauen ist die Perspektivenübernahme als eines der Basisprinzipien im Unternehmen zu etablieren (vgl. auch Mead 1993, Haber-mas 1995). Durch die Perspektivenübernahme versetzen sich die Anbieter des Wissens in die Situation der Empfänger. Durch diese Antizipation des Nutzens von Wissen wird erreicht, dass vornehmlich verwertbares Wissen mit Mehrwert für andere in die Systeme eingestellt wird. Dieser Prozess bedingt nicht nur ein Verständnis für die Aktivitäten und die Gedankenwelt der Mitglieder in der ei-genen CoP, sondern auch Verständnis für das benötigte Wissen möglichst vie-ler Mitarbeiter im Unternehmen.

Angestoßen wird der Prozess des kulturellen Wandels durch den Wunsch der Mitarbeiter nach Lernprozessen, die die individuellen Kompetenzen, aber auch die Kernkompetenzen des Unternehmens stärken. Das bedeutet, dass die Mitar-beiter die Erhaltung ihrer Kompetenzen nicht als statischen, sondern als dyna-mischen Prozess ansehen, der durch Lernen aufrecht erhalten bleibt. Dabei ist es die Aufgabe der Organisation, dem Einzelnen die Infrastruktur für die Um-setzung und Erreichung seiner individuellen Wissensziele zur Verfügung zu stellen. Die Förderung einer Knowledge Culture sowie die Erzielung eines kulturellen Wandels ist sicherlich eine der größten Herausforderungen des Wissensmana-gements (vgl. u. a. Hermsen & Vopel 1999). Häufig wird in ihr der entschei-dende Erfolgsfaktor gesehen, der über den Erfolg bzw. Misserfolg aller geplan-ten Maßnahmen entscheidet.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 63: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

63

4 Erfahrungen aus der Beratungspraxis: Verknüpfung des Knowledge Management mit der wertorientierten Unternehmensführung

Wie die bisherigen Ausführungen gezeigt haben, können mithilfe eines aktiven Wissensmanagements bedeutsame Unternehmenswertsteigerungen realisiert werden. Eine direkte Verbindung zur wertorientierten Unternehmensführung ergibt sich insofern, als dass diese das Ziel der Wertsteigerung bzw. des profi-tablen Wachstums allen anderen Unternehmenszielen voranstellt. Zur Zielüber-prüfung der Wertschaffung stellt die Auswahl einer wertorientierten Steue-rungsgröße, mit der sich die Wertschaffung periodisch überprüfen lässt, eine wesentliche Entscheidung für die Unternehmen dar. Hierzu haben sich in den letzten Jahren Methoden wie z. B. der CFROI der Boston Consulting Group, der Economic Value Added (EVA) von Stern Stewart oder daraus weiterent-wickelte Grössen wie z. B. der Shareholder Value Added (SVA) von Arthur Andersen etablieren können. Darüber hinaus beinhaltet wertorientierte Unter-nehmensführung die Einbindung dieser wertorientierten Kenngrössen und de-ren Komponenten (finanziellen Werttreiber) in den permanenten Führungs-kreislauf auf allen Unternehmensebenen. D. h., die finanziellen Werttreiber wie z. B. die Kapitaleffizienz bzw. das Umsatzwachstum werden in das Planungs-, Kontroll- und Vergütungssystem integriert. Dabei kommt es darauf an, dass die Werttreiber durch die Identifikation von Kennzahlen bzw. Indikatoren des „täg-lichen“ Geschäfts bis auf die unterste Unternehmensebenen heruntergebrochen werden und die Verbindung zu den übergeordneten, rein finanziellen Kennzah-len hergestellt wird. So lässt sich bspw. die Kapitaleffizienz im operativen Ge-schäft über die Forderungsreichweite beeinflussen und messen. Für die wertori-entierte Unternehmensführung lässt sich somit festhalten, dass auch im operati-ven Bereichen bzw. Prozessen versucht wird, durch Kennzahlen bzw. Indikato-ren die „Wert“-schöpfung konkret messbar zu machen und die Verbindung zum Unternehmenserfolg (Wertsteigerung) aufzuzeigen. Dieser Schritt ist notwen-dig, um jedem Mitarbeiter seinen Stellhebel zur Steigerung des Unternehmens-erfolgs an die Hand geben zu können. Gleichzeitig wird mit der Identifikation von Indikatoren auf die Performance des Einzelnen messbar gemacht, was wie-derum eine Verknüpfung mit individuell abgestimmten Anreizsystemen ermög-licht. Dabei müssen natürlich insbesondere die Schwierigkeiten der Messung qualitativer Leistungsmerkmale berücksichtigt werden, so dass das Ziel der Performance Messung immer nur das Erreichen einer möglichst guten und va-liden Messung sein kann.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 64: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

64

Spricht man im Rahmen der wertorientierten Unternehmensführung von Kapi-tal, so ist üblicherweise das im Unternehmen gebundene finanzielle Kapital gemeint. Obwohl sich die in der wertorientierten Unternehmensführung zum Ansatz kommenden Kapitalmarktgrundsätze bislang auf das Finanzkapital be-schränken, ist den Unternehmen die Verbindung zwischen Share-/Stakeholder-Value und Wissensmanagement durchaus bewusst:

Wenn Unternehmen, deren Kapital im wesentlichen ihr Know-How ist, überdurchschnittlich hoch bewertet werden, dann macht Shareholder Va-lue professionelles Wissensmanagement unerlässlich. (Claasen 1999)

Das Managementsystem der Balanced Scorecard, das sich als Bindeglied zwi-schen der Entwicklung einer Strategie und ihrer erfolgreichen Umsetzung ver-steht, versucht eine Verbindung zwischen Wissen und den übrigen, im Unter-nehmen vorhandenen wertsteigernden Faktoren zu schaffen (vgl. Kap-lan/Norton (1997), S. 18). Grundsätzlich unterscheidet sich das Konzept der Balanced Scorecard (welches als Basis für den o.g. Skandia Navigator gedient hat) von anderen Performance Measurement-Ansätzen dadurch, dass die rein finanziellen Kennzahlen um kunden-, interne prozess- und lern- bzw. entwick-lungsorientierten Kennzahlen/Indikatoren ergänzt werden (vgl. Kaplan & Nor-ton 1997, S. 24 ff.). Daraus wird ersichtlich, dass sich die Balanced Scorecard an der Wertschöpfungskette in den Unternehmen orientiert. An den Anfang der Ursache-Wirkungsbeziehung stellen Kaplan/Norton die Lern- und Entwick-lungsperspektive:

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 65: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

65

“W ie sollen wirgegenüber un-seren Kunden auf-treten, um unsereVision zu ver-wirklichen?”

Kunde

“W ie können wirunsere Verändungs-und W achstums-potentiale fördern,um unsere Visionzu verwirklichen?”

Lernen und Entwicklung

“In welchen Ge-schäftsprozessenmüssen wir diebesten sein, um un-sere Teilhaber undKunden zu befrie-digen?”

Interne Geschäftsprozesse

“W ie sollen wirgegenüber Teilha-bern auftreten, umfinanziellen Erfolgzu haben?

Finanziell

Ziele

Kennzahlen

Vorgaben

Maßnahmen

Ziele

Kennzahlen

Vorgaben

Maßnahmen

Ziele

Kennzahlen

Vorgaben

Maßnahmen

Ziele

Kennzahlen

Vorgaben

Maßnahmen

Visionund

Strategie

Abbildung 6: Die Balanced Scorecard bildet den Rahmen zur Umsetzung ei-

ner Strategie in operative Größen (Quelle: Kaplan & Norton 1997, S. 9) Diese erste Perspektive stellt das Führungskräfte- und Mitarbeiterpotential und damit das „Wissen“ in das Zentrum der Überlegungen. Dieses Wissen geht als einer der (wichtigsten) Produktionsfaktoren in die Prozessperspektive, d.h. in den eigentlichen Transformationsprozess im Unternehmen, ein. In der Kunden-perspektive zeigen dann Indikatoren an, ob die Kunden mit dem in dem Trans-formationsprozess der Produktion verarbeiteten Unternehmens- bzw. Mitarbei-terwissen zufrieden sind, was sich letztendlich in der finanziellen Perspektive in Form von cash incomes aufgrund der Preisbereitschaft der Kunden für die erstellten Güter und Dienstleistungen niederschlägt. Das Wissensmanagement zielt bekannterweise auf den intelligenten Umgang mit der wichtigsten Ressource im Unternehmen ab. Die Verknüpfung von Wis-sensmanagement und der Balanced Scorecard kann, indem sie die eigentlichen Ursachen für die Wertsteigerung bzw. für die Ausprägung der finanziellen In-dikatoren berücksichtigt, durchaus als Wegbereiter in eine neue „Management-Ära“ aufgefasst werden. Die nachfolgende Grafik stellt den Zusammenhang

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 66: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

66

zwischen Wertmanagement und dem Management des Potentials von Wissen anschaulich dar.

Erfolg Steuerung Potential

• W achstum

• Shareholder bzw.Stakeholder Value

Aktivitäten desW issensm anagem ent:

• W issensidentifikation

• W issenserwerb

• W issensentwicklung

• W issens(ver)teilung

• W issensnutzung

• W issenbewahrung

Steuerungsgrößen:• Zwischenerfolge• Übertragungseffekte• Leistungstreiber

Rückkopplung

Abbildung 7: Potentiale des Wissensmanagements

(Quelle: Seufert & Seufert 1998, S. 53) Auch verdeutlicht sie die Parallelen zum Balanced Scorecard-Ansatz. Dieser stellt ein Managementinstrumentarium dar, das über die explizite Verknüpfung der unterschiedlichen Perspektiven die Ursachen für den Unternehmenserfolg zu beschreiben versucht. Hierbei sehen auch Kaplan/Norton die Lern- und Entwicklungsperspektive für die Führungskräfte und Mitarbeiter als Triebfeder zukünftiger Unternehmenserfolge. Viele Unternehmen verbinden aus den o. g. Gründen Projekte der wertorientierten Führung sinnvollerweise mit Knowledge Management.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 67: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

67

5 Zusammenfassung Wissensmanagement hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung zuge-nommen. Immer mehr Unternehmen erkennen die Wichtigkeit des Produkti-ons- und Erfolgsfaktors „Wissen“ und erarbeiten Konzepte zum effizienten Umgang mit dieser Ressource. Der rasante Fortschritt im Bereich der Informa-tions- und Kommunikationstechnologie erleichtert die Verknüpfung der am Wissensaustausch beteiligten Personen in Bezug auf die Überbrückung örtli-cher, zeitlicher und organisatorischer Grenzen erheblich. Doch Wissensmana-gement ist keine spezifische Fragestellung der Technologie, vielmehr scheitern Unternehmen meist an ganz anderen Engpässen. Deshalb muss für die Imple-mentierung ein ganzheitlicher Ansatz angewendet werden, der

• ein klar definiertes Konzept über die Vorgehensweise, • eine Identifikation und Strukturierung des relevanten Wissens, • eine eindeutige Beschreibung der Prozesse und Strukturen, • eine technologische Plattform, • ein Indikatoren- und Bewertungssystem sowie • Maßnahmen zur Veränderung der Unternehmenskultur

vorsieht und ermöglicht. Zudem muss Wissensmanagement als kontinuierlicher Verbesserungsprozess im Unternehmen verankert werden. Dafür ist die Invol-vierung jedes einzelnen Mitarbeiters in die iterativen Lernschleifen unerläss-lich.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 68: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

68

Literatur Abramson, Gary (1999), On the KM midway, in: CIO Enterprise Magazine vom 15. Mai

1999 Alex, Björn (1998), Einsatzmöglichkeiten neuronaler Netze in Management-Informations-

systemen: Grundlagen und Einsatzmöglichkeiten, Wiesbaden 1998 Claasen, Utz (1999), Sartorius AG in: Haniel Management News 8/99 Davis, Beth/ Brian, Riggs (1999), Knowledge Mangement - Get smart, in: Informationweek,

5. April 1999, S.40-50 Edvinsson, Leif (1997), Intellectual Capital: Realizing your companies true value by finding

its hidden brain power, London 1997 Fraunhofer IAO (1997), Wissensmanagement heute, Veröffentlichte Studie, Stuttgart, 1997 Habermas, Jürgen (1995), Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt am Main Hansen, Morten/ Nohria, Nitin/ Tierney, Thomas (1999), Wie managen Sie das Wissen in

Ihrem Unternehmen, in: Harvard Business Manager 5/1999, S.85-96 Hermsen, Thomas/ Vopel, Oliver (1999), Know-how zu teilen, fällt schwer, in: Handelsblatt

vom 12./13. Februar 1999 Jäger, Wolfgang (1999), Wissensressourcen nutzen – Ergebnisse einer Umfrage, in: Perso-

nalwirtschaft, Juli 1999, S.20-23 Kaplan, R.S./Norton, D.P. (1997), Balanced Scorecard – Strategien erfolgreich umsetzen,

Stuttgart 1997 Mead, George Herbert (1993), Geist, Identität und Gesellschaft aus der Sicht des Sozialbe-

haviorismus, Frankfurt am Main 1993 O’Dell, Carla/ Grayson Jr., C. Jackson (1998), If only we knew what we know – the transfer

of internal knowledge and best practice, New York 1998 Patel, Jeetu/ Harty, Jennifer (1998), Two schools of knowledge, in: Informationweek vom

17. August 1998, S.45-48 Probst, Gilbert/ Raub, Steffen/ Romhardt, Kai (1999), Wissen Managen, 3. Auflage, Wies-

baden, 1999 Ronnow, Karin (1999), The weapon of knowledge, in: Management Consultant Interna-

tional, Mai 1999 Seufert, Andreas. / Seufert, Sabine. (1998), IO Management, 10/98, S. 76 - 84 Stratmann, Jan/ Alex, Björn (1999), Das wissensbasierte Unternehmen, Tagungsunterlagen

der Veranstaltung „Knowledge Mangement“ am 23./24. Juni im Maritim Frankfurt, Hrsg. ComMunic, München 1999

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 69: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

69

Sveiby, Karl Erik (1997), The new organizational wealth – managing & measuring knowl-edge based assets, San Francisco

Weber, J. /Schäffer (1999), U., Führung im Konzern mit der Balanced Scorecard, in: Kosten-

rechnungspraxis, 43. Jg., H. 3

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 70: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 71: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

71

Markus Krauter/Ingrid Kreitmeier

Auf der Suche nach dem Weg zum wissenden Unternehmen

1 Motivation

Unter dem Einfluss eines zunehmenden globalen Wettbewerbs, haben sich die Unternehmen in den vergangenen Jahren immer stärker auf ihre Kernkompe-tenzen besonnen. In der Folge dieser Entwicklung sind eine Vielzahl an Schlagworten, Trends und Managementkonzepten durch die Unternehmen ge-gangen. Bei der Konzentration auf die eigenen Ressourcen und Stärken spielte das Thema Knowledgemanagement jedoch eine zentrale Rolle. Zahlreiche Kongresse und Veröffentlichungen untermauern das anhaltend hohe Interesse an diesem Themenkomplex.

Die intensive Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Wissensmanage-ment zeigt die vielen Chancen, aber auch die Skepsis, die diesem Thema entge-gengebracht wird. So versprechen sich beispielsweise deutsche Unternehmer durch eine effektive Nutzung der Ressource Wissen eine durchschnittliche Pro-duktivitätssteigerung von bis zu einem Drittel - gleichzeitig halten aber 80 Pro-zent der Unternehmer die Nutzung ihrer intellektuellen Werte für wenig effi-zient bis uneffizient (Bullinger 1998). Dies zeigt einerseits klar die Bedeutung auf, die dem Thema beigemessen wird, andererseits wird hier aber auch die herrschende Unsicherheit im Umgang mit dem Themenkomplex Knowledge-management deutlich.

Die Ursachen sind vielfältig: Zu einem hohen Anteil liegen sie in der Unkennt-nis geeigneter Methoden und Werkzeuge sowie in den vermeintlich zahlreichen und hohen Hürden und Widerständen im Unternehmen selbst. Dies lassen die Aussagen vieler Unternehmen erkennen, die eine Umsetzung zum aktuellen Zeitpunkt und bei der aktuellen Organisationsstruktur für nicht „abbildbar“ hal-ten.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 72: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

72

Der folgende Beitrag soll Knowledgemanagement und die damit verbundenen Ideen und Konzepte vor dem Hintergrund ihrer Neuartigkeit und Praktikabilität für Unternehmen prüfen, den Blick auf erfolgreiche Projekte zu diesem Thema lenken und dazu anregen, Wissensmanagement nicht als Geheimwissenschaft eines kleinen Zirkels zu betrachten, sondern als gelebte Praxis in Unternehmen zu realisieren.

2 Knowledgemanagement – Alter Wein in neuen Schläuchen?

Bei einer genaueren Betrachtung der Grundkonzepte und Ansätze zum Wis-sensmanagement zeigt sich, dass die Entstehung der Modelle sehr stark auf die Ideen des Organisatorischen Lernens zurückgehen. Und doch grenzen sich die Philosophien stark von einander ab: Wissensmanagement beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Ressource Wissen unter Einbe-ziehung des Teils der Lernprozesse, die als gestaltbar angesehen werden (Rom-hardt 1998). Aus der Historie dieser Ansätze heraus zeigen sich zwei Schwer-punkte des Knowledgemanagements, die für sich genommen, keine neuartige Philosophie bzw. Konzeption darstellen.

So stellt sich die erste Variante als eine stark technisch orientierte Ausprägung des Wissensmanagements dar. Diese Ansätze stehen unter dem Leitmotiv eines optimalen Einsatzes und der Verknüpfung der Informations- und Kommunika-tionstechnologien im Unternehmen. Meist handelt es sich hier um Datenbank-entwicklungen, die eng verbunden mit Schlagworten wie Data Warehouse, Da-ta Mining oder Management Information Systems sind. Dieser Ansatz konzent-riert sich im Ergebnis auf die Hardfacts im Unternehmen und wird sehr gerne als ingenieurstechnische Variante des Knowledgemanagements bezeichnet.

Die zweite Variante des Wissensmanagement stellt den Menschen (Mitarbeiter) in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Die Vorläufer dieses Ansatzes reichen bis in die frühen 90er Jahre zurück, als Begriffe wie strategisches Personalma-nagement und erste einfache Skill Management Konzepte ihren Einzug in die ersten Unternehmen der IT-Branche hielten.

Die Erfahrungen der letzen Jahre haben gezeigt, dass eine getrennte Betrach-tung mittelfristig keine dauerhafte Grundlage für ein funktionierendes Know-ledgemanagement darstellt. Der Hauptgrund wird hier in der fehlenden Ver-knüpfung der beiden Betrachtungsweisen gesehen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 73: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

73

Das wirklich Neue am aktuell diskutierten Knowledgemanagement ist die sinn-volle Verbindung der beiden Ansätze zu einem ganzheitlichen Wissensmana-gement. Dabei geht es einerseits um den nutzbringenden Einsatz der Informati-onstechnologie als Grundvoraussetzung und andererseits um die Definition von Wissensfeldern in enger Verbindung mit der Ausarbeitung von Methoden zum Wissenserwerb, der Aufbereitung von Wissen, dessen Speicherung und Ver-mittlung/Bereitstellung im Unternehmen. Dabei findet i. d. R. auch eine inten-sive Betrachtung der vorliegenden Prozesse und Organisation im Unternehmen statt, häufig verbunden mit einer Veränderung der vorgenannten Prozesse und Organisationsformen, mit dem Ziel des Aufbaus einer wissensfreundlichen Or-ganisation.

Abbildung 1: Felder des ganzheitlichen Wissensmanagements

Externe Strukturen,Externe Strukturen,KundenKunden--/Liefer/Liefer--

antenbeziehungenantenbeziehungen,,WettbewerberWettbewerber

Produkte,Produkte,Dienstleistungen,Dienstleistungen,

MarkenMarken

Verfahren, Verfahren, interne Strukturen, interne Strukturen,

Patente,Patente,Modelle, Modelle,

ErfahrungenErfahrungen

SKILLS SKILLS der Mitarbeiterder Mitarbeiter

& deren & deren OrganisationOrganisation

implizites und explizites Wissenimplizites und explizites Wissenimplizites und explizites Wissen

SystemtechnikSystemtechnik

Externe Strukturen,Externe Strukturen,KundenKunden--/Liefer/Liefer--

antenbeziehungenantenbeziehungen,,WettbewerberWettbewerber

Produkte,Produkte,Dienstleistungen,Dienstleistungen,

MarkenMarken

Verfahren, Verfahren, interne Strukturen, interne Strukturen,

Patente,Patente,Modelle, Modelle,

ErfahrungenErfahrungen

SKILLS SKILLS der Mitarbeiterder Mitarbeiter

& deren & deren OrganisationOrganisation

implizites und explizites Wissenimplizites und explizites Wissenimplizites und explizites Wissen

SystemtechnikSystemtechnik

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 74: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

74

3 Der Basisbaustein für ein unternehmensweites Knowledge Management – Ein interner Dienstleister zur Koordination und Betreuung von Knowledgemanagement Projekten

Interessant ist die Beobachtung, dass in vielen Unternehmen das Thema Wis-sensmanagement zur Chefsache erklärt wird und gleichzeitig aus vielen Fach-bereichen heraus der Anspruch formuliert wird, operative Systeme nicht aus-schließlich zur Prozessoptimierung zu nutzen, sondern auch den Aspekt des Wissensmanagements zu integrieren.

Grundsätzlich wäre es an dieser Stelle interessant, die Vor- und Nachteile eines Top-down vs. eines Button-up-Ansatzes zu untersuchen. Von einem pragmati-schen Gesichtspunkt aus und auf der Grundlage der Erfahrungen in vielen Un-ternehmen, hat es sich als sinnvoll erwiesen, an dieser Stelle die Forderung nach einer unternehmensweiten Koordination von Projekten im Bereich Wis-sensmanagement im Unternehmen aufzustellen und diese Koordinationsfunkti-on mit Beratungskompentenz und dem Auftrag zum Austausch und Bündelung der Aktivitäten zum Thema Knowledgemanagement auszustatten.

Diese Funktion selbst stellt bereits eine Art gelebtes Knowledgemanagement dar, da es eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist, die Lernkurve, die bei der Durchführung von Knowledgemanagementprojekten durchlaufen wird, zu op-timieren.

Die Aufgaben im Überblick:

• Weitergabe von Erfahrungswerten, best practices, Erfolgs- und Misserfolgs-faktoren – dies kann die Bereitstellung von Vorgehensmodellen, Unterstüt-zung und Empfehlungen in der Vorbereitungsphase des Projektes, beim Kick-off, bei schwierigen Projektsituationen, etc. umfassen

• Unterstützung bei der Auswahl und Vermittlung von externen Beratern (ba-sierend auf Erfahrungswerten und Referenzprojekten)

• Koordination und Integration mit bestehenden Knowledge Management Systemen (Überblick über abgeschlossene, laufende und geplante Projekte)

• Einbringen der Unternehmenssicht bei der Realisierung von Projekten in den Fachbereichen

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 75: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

75

Die Bedeutung und die Berechtigung dieser Funktion zeigt sich insbesondere in folgenden Stadien:

• Vor dem Projektstart (während der Definitions-/Konzeptionsphase): Da die Grundlagen für eine gelebte Einrichtung des im Projekt zu realisie-renden Knowledgemanagements und für eine Integration in übergeordnete Prozesse im Sinne einer erfolgreichen Einführung bereits bei der entspre-chenden Dimensionierung und Gestaltung des Projektes selbst seinen Nie-derschlag findet, empfiehlt sich den Fachbereichen, im Sinne des Investiti-onsschutzes Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen.

• Während der Durchführung des Projektes: Da Projekte zum Thema Knowledgemanagement vielfach strategische The-men berühren, empfiehlt sich von Anfang eine hohe Management Attention. Dieser Forderung (critical success factor) kann durch einen „Paten“ mit ent-sprechendem Interessensfokus nachgekommen werden. Hier wäre eine ver-mittelnde Funktion sinnvoll.

• Beim Abschluss des Projektes und beim Übergang in den Unternehmensall-tag: Hier muss sich die Tragfähigkeit der während des Projektes aufgebauten Konzeption beweisen. Erfahrungsgemäß fehlt vielen Projektleitern aus Fachbereichen das Wissen und Instrumentarium zur Einrichtung eines pro-fessionellen, langfristig angelegten Betriebskonzeptes mit der Übergabe der Projektverantwortung an eine inhaltliche und systemtechnische Verantwor-tung. Dies umfasst die Themen Benutzerbetreuung, kontinuierliche Weiter-entwicklung und Pflege der inhaltlichen und organisatorischen Fragestellun-gen sowie Application Management. Da die Fachbereiche an dieser Stelle vielfach weder die erforderlichen Kenntnisse noch Kapazitäten haben, ist es sinnvoll, Application und Content Hosting1 durch einen zentralen Dienstlei-ster anzubieten.

1 Die Idee eines zentralen Content Hosting wird beispielsweise in der Forderung nach einem zentralen Keywordmanagement deutlich. Bei der Realisierung unterschiedlichster Applikation zum Knowlegemanagement stehen erfahrungsgemäß viele Fachbereich vor der Aufgabe, die Keywords (i.S.v. Schlüsseln) selbst aufzubauen, ggf. mit denen beste-hender Applikationen zu koordinieren und zu pflegen - eine Aufgabe, die Ressourcen bindet. Durch eine übergreifende Konzeption könnte dies untenehmensweit als Element eines unternehmensweiten Knowledgemanagements in Form einer Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 76: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

76

BetriebBetrieb Realisierung RealisierungKonzeptionKonzeption

Koordination und Starthilfe:Koordination und Starthilfe:••Auswahl externer PartnerAuswahl externer Partner••VorgehensmodelleVorgehensmodelle••ggfggf. Suche nach Paten. Suche nach Paten

Beratende Rolle:Beratende Rolle:••ErfolgsfaktorenErfolgsfaktoren••Best PracticesBest Practices••Corporate Corporate FokusFokus Überführung in dauerhaften BetriebÜberführung in dauerhaften Betrieb

Application ManagementApplication Management„„Content Content Management“Management“

Abbildung 2: Aufgabenspektrum unternehmensübergreifender Knowledge-mangement Funktion

Die Abbildung zeigt die Aufgabenbereiche einer unternehmensweit eingerich-teten Funktion für die Koordination von Knowledgemanagementprojekten (mit Beratungskompetenz und Service Offerings) auf der einen und den Fachberei-chen auf der anderen Seite, die in Eigenregie Knowlegemanagementprojekte durchführen.

Die Frage, ob eine Zentralfunktion oder ein interner Dienstleister diese Aufga-ben wahrnehmen sollte, kann schlussendlich nur auf der Grundlage der Organi-sationsstruktur und unternehmensspezifischen Situation eines Unternehmens getroffen werden.

4 Von der Nachfolgeplanung zum Wissensmanagement: Ein Beispiel aus dem Bereich Human Resources Manage-ment

Ein interessantes und aus unserer Sicht exemplarisches Beispiel für die erfolg-reiche Umsetzung eines ganzheitlichen Knowledgemanagement Projekts möch-ten wir am Beispiel eines international tätigen Finanzdienstleistungsunterneh-men darstellen.

Die Ausgangssituation war geprägt von Schwierigkeiten des Unternehmens bei der Neubesetzung von Führungsfunktionen, einer überdurchschnittlichen Fluk-tuation im Bereich Führungskräfte und einem Mangel an Führungsnachwuchs. Der Unternehmensbereich Human Resources (HR) verstand dieses Problem zunächst als eine operative Aufgabe, die es im Rahmen der alltäglichen Ar-beitsaufgaben zu lösen galt. Mehrere Versuche der Problemlösung scheiterten –

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 77: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

77

sie setzen an unterschiedlichen Symptomen an, waren stark von Aktionismus geprägt und weit entfernt von strategischen Lösungsansätzen.

Zeitgleich beschäftigte sich der Vorstand des Unternehmens mit der Thematik Knowledgemanagement und untersuchte die zukünftigen Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen und die damit verbundenen Veränderungen.

Bei einer näheren Betrachtung des Problems aus der Sicht eines externen Bera-ters wurden sehr viele Ursachen für die Probleme bei der Nachbesetzung von Führungsfunktionen erkannt und sehr schnell Wechselwirkungen mit anderen Themenkomplexen ausgemacht. Das vermeintlich einfache operative Problem hatte damit sehr schnell eine zuvor nicht erkannte Tragweite erhalten.

Die Idee, die hier sehr schnell formuliert wurde, bestand darin - beruhend auf unseren Erfahrungen aus Knowledgemanagement Projekten - ein erstes Pilot-modell für einen geschlossenen und überschaubaren Bereich zu entwickeln. Erklärtes Ziel war dabei, im Anschluss an dieses Projekt die Mitarbeiter und das Management anderer Bereiche für das Thema Knowledgemanagement zu sensibilisieren und zu motivieren, die eigenen Prozesse unter dem Fokus Knowledgemanagement zu betrachten und ggf. eigene Anwendungen folgen zu lassen.

Vor dem Hintergrund einer sehr guten informationstechnischen Infrastruktur, konnte sich das Projektteam, welches aus drei Vertretern des HR-Bereiches, einem Repräsentanten der Geschäftsführung, einem Mitglied des Betriebsrats, einem IT-Spezialisten und zwei externen Beratern bestand, im ersten Schritt auf die Analyse der Ist-Situation und der betroffenen Prozesse konzentrieren. Die Vorgabe für das Projektteam bestand in eindeutigen und messbaren Zielen. Die Maßgabe lautete, die Fluktuationsquote bei Nachwuchsführungskräften und Führungskräften zu halbieren und bei der Nachbesetzung von Führungspo-sitionen mindestens 50% aus eigenen Reihen zu rekrutieren.

Diese Zielsetzung erforderte die Erhebung einer Vielzahl von Detailinformati-onen und die Betrachtung der Prozesse im Detail. An dieser Stelle möchten wir uns deshalb auf die Kernthemen konzentrieren.

Diese bestanden darin, zukünftig alle Potentialträger (Führungsnachwuchs und Führungskräfte) lokalisieren zu können, deren Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfah-rungen und Entwicklungswünsche aufzunehmen und letztlich geeignete In-strumente zur Verfügung zu stellen, um eine gezielte Auswahl und Entwick-lung durchführen zu können.

Die Analyse-Phase, die in solchen Projekten von hoher Bedeutung ist, brachte auch hier sehr viele Wissensquellen zu Tage, deren Nutzung zum damaligen

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 78: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

78

Zeitpunkt nur im Rahmen dedizierter Geschäftsprozesse vorgesehen war. Die Aufgabe bestand also darin, diese getrennten Prozesse und Wissensinseln zu einem Gesamtkonzept mit einheitlichen und klar strukturierten Prozessen zu-sammenzuführen. Erst im Anschluss daran sollten die Überlegungen zu anwen-dungs- und systemtechnischen Fragen aufgenommen werden.

Eine zusätzliche Brisanz erfuhr dieses Projekt durch die starken Berührungs-punkte mit mitbestimmungsrelevanten Sachverhalten. Als äußerst positiv stellte sich die aktive Einbindung des Betriebsrats heraus. Dies führte letztlich dazu, dass hier vergleichsweise sehr schnell ein Konsens zwischen Vorstand und Be-triebsrat gefunden werden konnte.

Im Anschluss an diese Konzeptionsphase schlossen sich die Überlegungen zur systemtechnischen Unterstützung der definierten Prozesse an. Auch hier wurde auf ein erprobtes Konzept zurückgegriffen, welches schon lange vor dem Auf-kommen von Knowledgemanagement eingesetzt wurde – dem Prototyping ei-ner Anwendung.

Dieser Prototyping-Prozess war geprägt durch mehrere Iterationszyklen mit dem Ziel, die erkannten und definierten Prozesse optimal zu unterstützen und an möglichst vielen Bezugspunkten auf bestehende Prozesse und Systeme zu-rückzugreifen. Erst in dieser Projektphase wurde die eigentliche Anwendung (das Skill Management System) geboren. Auch in dieser Prozessphase kam die Funktion des Knowledgemanagers - in diesem Projekt in Person der beiden externen Berater - voll zum Tragen: Dies betraf sowohl die Moderation des Ge-samtprojektes, die Gestaltung des projektmäßigen Vorgehens, die Zusammen-stellung der Teams für die unterschiedlichsten Aufgaben, die Begleitung bei der Konzeption der Anwendung und Durchführung der Anwendungstests, die Präsentation vor dem Top-Management und reichte bis hin zur Unterstützung bei der Verfeinerung der systemtechnischen Aspekte. Dabei spielten in diesem Projekte die Recherchemöglichkeiten eine entscheidende Rolle, hatte man sich doch zum Ziel gesteckt, aus Suchanfragen, die innerhalb der Anwendung über Inhalt und Häufigkeit generiert werden, Aussagen über die zukünftig geforder-ten Qualifikationen der Potentialträger machen zu können.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 79: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

79

SMS für Know-how-TransferKnowledge Management

SMS für Staffing von Projekten,

Teams, etc.

SMS für PE

Nachfolge-Planung

Die Wissende Organisationist geprägt von: - strategischen Korridorthemen

- Schlüsselpersonen- kritischen Erfolgsfaktoren

SMS für Know-how-TransferKnowledge Management

SMS für Staffing von Projekten,

Teams, etc.

SMS für PE

Nachfolge-Planung

SMS für Know-how-TransferKnowledge Management

SMS für Staffing von Projekten,

Teams, etc.

SMS für PE

Nachfolge-Planung

Die Wissende Organisationist geprägt von: - strategischen Korridorthemen

- Schlüsselpersonen- kritischen Erfolgsfaktoren

Abbildung 3: Von der Nachfolgeplanung zum knowledge-based Unter-nehmen

Im Rahmen der regelmäßig stattfinden Projektaudits wurde sehr schnell deut-lich, dass nicht nur das Teilprojektziel „Entwicklung und Implementierung ei-ner Nachfolgeplanung“ erreicht wurde, sondern es war innerhalb weniger Wo-chen auch möglich geworden, Aussagen darüber treffen zu können, welche Managementfunktionen durch Altersfluktuation in den beiden Folgejahren va-kant werden würden und welche möglichen Potentialträger für die Funktionen im Unternehmen zur Verfügung stehen. Diese Aussagen waren eng verbunden mit der Möglichkeit, diesen Personen eine klare Perspektive mit eindeutigen Entwicklungszielen geben zu können. Zudem war es möglich, auch die durch gewöhnliche Fluktuation ausgelösten Fragestellungen ad hoc beantworten zu können. Dies stellte gegenüber der Ausgangssituation eine entscheidende Ver-besserung dar, da zum erstenmal unternehmensweit zuverlässige Aussagen ge-troffen werden konnten.

Dieser Teilerfolg und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten machten auch deutlich, dass ein erhebliches Defizit in der Personalentwicklung und dem

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 80: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

80

Qualifikationsstand der Potentialträger vorhanden war. Diese Erkenntnis mach-te den Weg frei, die Knowledge Applikation „Skill Management System“ (SMS) zur Verwirklichung weiterer Unternehmensziele wie einer gezielten Personalentwicklung, einem bereichsübergreifenden Projectstaffing und letzt-lich einem gezielten Know-how-Transfer weiterzuentwickeln.

Die Offenheit des Unternehmens gegenüber diesem umfassenden Beratungsan-satz, die Flexibilität der entstandenen Lösung auf systemtechnischer und orga-nisatorischer Ebene sowie der pragmatische lösungsorientierte Umgang mit dem Thema Knowledgemanagement haben in diesem Projekt letztlich dazu ge-führt, dass ein lebendiges System entstanden ist, das heute nicht mehr aus dem Unternehmen wegzudenken ist.

Gleichzeitig hatte dieses Projekt durch seine Präsenz im Unternehmen und während des ganzen Projektes angestrebte enge Verknüpfung mit den weiteren, betroffenen Bereichen dazu geführt, dass das Thema „Knowledgemanagement“ in diese Bereiche getragen wurde. Als positive Auswirkungen konnte eine Pi-lotfunktion für viele andere Geschäftsbereiche dieses Finanzdienstleisters festgestellt werden.

5 Fazit

In der Kürze des hier zur Verfügung stehenden Raumes, wollten wir aufzeigen, dass mehrere Grundvoraussetzungen getroffen werden sollten, um das Thema Knowledgemanagement in Unternehmen zu etablieren.

• Knowledgemanagement betrifft das gesamte Unternehmen. Es setzt ein ho-hes Bewusstsein - sowohl beim Management als auch in den Fachbereichen voraus – dass in Gesamtzusammenhängen gedacht werden sollte.

• Die Erfahrung, dass viele Projekte auf der Suche nach einer Lösung für kon-krete Problemfelder in ihrer Wirkung auf „halben Wege stehen bleiben“ und nur eine begrenzte und vielfach unbefriedigende Lösung erarbeiten, sollte konzeptionellen Ansätzen weichen, die ein Denken in Prozessen vorausset-zen.

• Der Befürchtung, dass dies zu langen Entscheidungswegen führt und sich in endlosen Analysen erschöpft, sollte angesichts der Tatsache neu überdacht werden, dass mit den systemtechnischen Möglichkeiten das Unternehmen immer enger zusammenrückt: Mit Hilfe von Inter- und Intranet, Groupware,

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 81: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

81

Workflow, Mail, Infomining (Infoagenten) und deren Integration in die un-ternehmensweite Applikations- und Systemlandschaft lassen sich Prozesse unternehmensweit auf systemtechnischer Ebene abbilden, Medienbrüche werden zum Hindernis, Wissens- und Informationsspeicher liegen in unter-nehmensweitem Zugriff.

• Die Herausforderung liegt in der intelligenten Organisation. Diese erfordert das Denken in Gesamtzusammenhängen und erfordert damit ein Umdenken und Lernen bei allen Mitarbeitern.

• Die Empfehlung lautet daher, mit der oben genannten unternehmensweiten Funktion für ein unternehmensweites Knowledge Management, diese Pro-zesse in Gang zu setzen und Management sowie Mitarbeiter mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen. Diese unternehmensweite Funktion könnte als Pilot fungieren, der ein übergreifendes Denken und die Vermitt-lung von Fertigkeiten initiiert und als Service Offering Dienstleistungen an-bietet, die den Kompetenzbereich der Fachabteilungen überschreiten.

Literatur

Bullinger, H. et al. (1998). Produktionsfaktor Wissen. In Personalwirtschaft Nr. 5, Mai 1998. Neuwied: Luchterhand.

Romhardt, K. (1998). Interne und externe Wissenstransparenz als Ausgangspunkt für orga-nisatorische Innovation. Genf.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 82: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 83: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

83

Nichtwissen

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 84: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 85: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

85

Wolfgang Neuser

Nichtwissen – eine konstitutive Bedingung für den Entwurf von

Welt Unser Handeln geschieht täglich im Vertrauen darauf, dass in der Welt Hand-lungsabläufe nach gleichbleibenden Mustern geschehen: Die gleichen Abläufe, die wir in der Rückschau, bezogen auf frühere Handlungen, beobachten kön-nen, können wir in Gegenwart und Zukunft erneut beobachten oder nach Plan ausführen. Wir vertrauen auf die Kontinuität einer äußeren Welt und zugleich darauf, dass es eine Eigenschaft unseres Erkennens ist, dem sie diese Kontinui-tät verdankt. Diese Erfahrung ist für uns so vielfältig wiederholt worden, dass sie pragmatisch kaum bezweifelbar ist. Worin aber liegen die Gründe für die Kontinuität der Wirkung unseres Handelns in der Zeit?

Die Instanz, der wir eine allgemeine intersubjektiv vermittelbare Sicherheit be-züglich der Kenntnis einzelner Gegenstände oder prozessualer Vorgänge ver-danken, ist unser Wissen (Neuser 1995 b). Dieses Wissen ist die Grundlage un-seres Weltverstehens, das wiederum den Rahmen für Handlungszusammen-hänge liefert. Dieser Rahmen ist ohne den Bezug zum Nichtwissen nicht zu verstehen. Das Nichtwissen ist – so die These dieses Beitrages – eine konstitu-tive Bedingung für rationales Verstehen von Welt oder genauer: des Entwurfs von Welt.

1 Klassische Konzepte vom Wissen und Nichtwissen

Was Wissen ist, ist in der Geschichte des Abendlandes unterschiedlich aufge-fasst worden: Zum einen lässt sich Wissen – aristotelisch – auf Beweise stüt-zen. Wer beweisen kann und auf bestehende Prinzipien mehr vertraut als auf das, was gerade zum Beweise ansteht, und wer Kenntnis solcher Prinzipien hat,

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 86: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

86

der hat Wissen. Dank analytischer Beweisverfahren kann man also Gegenstän-de oder prozessuale Vorgänge wissen.

Platonisch beruht Wissen zum anderen darauf, dass die erkennende Seele an den Ideen teilhat. Die Ideen stellen Formen dar, die die Materie gestalten. In ei-ner Wiedererinnerung der Seele an die Ideen liegt der Grund für das Wissen.

Auch wenn in der Aufklärung Wissen als ein sicherer Schluss aus Vernunft-gründen interpretiert wird und wenn Kant Wissen als “sowohl subjektiv als auch objektiv zureichendes Fürwahrhalten” (KrV B 850) interpretiert, bleiben das aristotelische und das platonische Verständnis von Wissen grundlegend, und andere vorherrschende klassische Konzepte von Wissen stellen Varianten davon dar.1

Gemeinsam ist ihnen, dass sie annehmen (müssen), es gebe etwas Gemeinsa-mes zwischen der Welt und der “erkennenden Seele”. Ein gemeinsamer lógos, den es zu erkennen gilt, stellt sicher, dass die Welt so ist, wie wir sie erkennen und aussagen können.

Diese klassischen Konzepte von Wissen, die uns eine Erklärung für die Identi-tät oder wenigstens die Wiederholbarkeit von Handlungszusammenhängen ge-ben, sind Darlegungen einer Rationalität, des lógos, die starke Annahmen über Zusammenhänge innerhalb einer äußeren Welt und den Erkenntnisvermögen des Menschen machen. In solchen klassischen Konzepten wird entweder vor-ausgesetzt, dass es einen gemeinsamen lógos des Denkens und der äußeren Welt gibt, so dass qua Voraussetzung sichergestellt ist, dass das, was gewusst ist, auch eine tatsächliche Struktur der Welt ist und somit garantiert ist, dass Handlungszusammenhänge jetzt und später identisch sein können. Oder es wird angenommen, dass es ein (subjektives) allgemeines Erkenntnisvermögen des Menschen gibt, dessen lógos der äußeren Welt angemessen ist. Die Rationalität ist in beiden Fällen Ausdruck der Intelligibilität der Welt2 (Sandkühler 1994).

Die Begründung für das Wissen der Welt ist hier eine transzendentale Begrün-dung, die die Gründe für unser Wissen in einem Jenseits der äußeren Welt ent-weder im Beweis oder in den Ideen sucht.

Wahrheitskriterien, die die Angemessenheit der Sache mit dem Intellekt prüfen oder die Kohärenz der Theorie prüfen, gehen einher mit der Forderung nach

1 Differenzierter müsste man noch die Konzepte der Stoa, der Skepsis und einer Topik dis-

kutieren. Hier aber reicht für meine Argumentation der explizite Rückgang auf aristoteli-sche und platonische Konzepte.

2 Die Horkheimersche Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Vernunft diffe-renziert diese Sachverhalte für die nach-kantsche Philosophie. Schnädelbach 1992, 44.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 87: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

87

Gewissheit, die sich als eine intuitive Sicherheit, dass das Wissen zutrifft, er-weist (Schrimm-Heins 1990, S. 54, 117ff. Naess 1977). In den zitierten Wis-senskonzepten ergibt sich auch, dass ein prinzipiell vollständiges Wissen von der Welt gegeben ist.

Nichtwissen erscheint für diese Wissenskonzepte in einer angemessenen und eine unangemessenen Interpretation. Das sokrateische Nichtwissen erscheint angemessen: Sokrates (oder besser Platon) entlarvt mit seinem mäeutischen Frageverfahren das Wissen, das philosophisch nicht reflektiert ist, als ein bloß vermeintliches Wissen und als Scheinwissen. Dieses sokrateische Nichtwissen ist gleichsam ein Übergangsstadium zum tatsächlichen, philosophisch reflek-tierten Wissen (Burkard 1995). Nichtwissen tritt als Durchgangsmoment zum Wissen auf, bei der “Aporetik und Ironie ebenda aufhören, wo der dialektische Weg zum Göttlichen beginnt, der den Menschen ohne Irrung zur Verähnli-chung mit dem Göttlichen leitet” (Müller 1984).

Als eine unangemessene Interpretation von Nichtwissen wird im Verständnis der klassischen Wissenskonzepte die lebensphilosophische Interpretation des platonischen Wissens als “ein Licht schwebender Fraglichkeit” (Müller 1984) verstanden, als ein irrationales Leugnen der Möglichkeit von rationalem Wis-sen. Da nach der Platonischen Philosophie Wissen stattfindet, wenn die Seele sich an Ideen erinnert, die sie vor der Geburt des Menschen bereits wusste, aber mit der Geburt vergessen hat, und die Ideen Gestalt gebend für die Materie sind, gleichzeitig aber die Ideen dadurch undeutlich an der Materie werden, wurde im Neuplatonismus in mystischen Strebungen das wahre Wissen an ein kontemplatives “Versenken” in die reine Ideenwelt gebunden. “Nicht-wahr-wissen” ist in dieser Interpretation deshalb der Zustand des diskursiven Vers-tandes.

Eine ernsthafte Akzeptanz von Nichtwissen als einer Unmöglichkeit von Wis-sen wird in den klassischen Theorien nicht – oder nur als Irrationalität in Be-tracht gezogen. Sie begründen Wissen ausschließlich im Kontext von erkennt-nis-theoretischen Überlegungen. Wissen begründet sich nicht aus seiner Auf-gabe in Handlungskontexten, sondern nur im Kontext von Erkenntnis. Wissen sagt hier immer etwas über einen tatsächlichen Zustand von Welt aus, allenfalls von einer Welt, die Welt ist, sofern wir sie erkannt haben. Die Möglichkeit, dass es prinzipiell etwas gibt, das wir nicht wissen können, wird ausgeschlos-sen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 88: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

88

2 Wissen und Handlungskontexte

Betrachtet man Wissen unter der Perspektive der Beschreibung von Hand-lungszusammenhängen, so kann man allenfalls davon sprechen, dass Wissen, das Nichtwissen prinzipiell ausschließt, nur für Handlungsabläufen gilt, die wir vollständig analytisch verstehen und voraussagen können. Das ist etwa für die Anwendung von Theorien auf Prozesse, zwischen denen hinreichend kurze Zeiträume liegen, zulässig. Hier scheinen wir tatsächlich annehmen zu dürfen, dass in der Regel die Anwendung von Prinzipien immer gültig ist, sofern die Theorie, die diese Prinzipien enthält, nicht falsifiziert ist.

Liegen aber größere Zeiträume, etwa geschichtliche Zeiträume, zwischen zwei Handlungsabläufen, so gilt als plausibel, dass die veränderten Umstände die Wirkungsmuster für Handlungen modifizieren. “Aus der Geschichte kann man nichts lernen.” “Die Geschichte wiederholt sich nicht.” Naturwissenschaftliche Beispiele wären Wettervorhersagen und das Verhalten chaotischer Systeme.

Auch dann, wenn die Akzeleration der Veränderung der Welt groß ist, wird un-ser Wissen gelegentlich enttäuscht, und “es kommt anders, als man gedacht hat”. Diese Verluste der Bedeutung von statischem Wissen über gleiche Muster von Abläufen charakterisieren (neben dem Verlust verbindlicher Normen) die posttraditionelle Gesellschaft. Unzweifelhaft zeigt der Umgang mit Gewußtem in der historischen Dimension und in der posttraditionellen Gesellschaft, dass es eine Form von Nichtwissen gibt, bei der Nichtwissen prinzipiell nicht zu be-seitigen ist, sei es, dass es Sachverhalte geben mag, die nicht in das Begriffsge-füge eines geltenden Entwurfs von Welt je eingefügt werden können, sei es, dass das, was früher als Wissen gegolten hat, aus dem Wissen ausgegliedert wurde und nicht mehr unverändert als Wissen gelten kann, sei es, dass es etwas gibt, das erst später gewusst wird, sei es, dass Wissen durch Auflösung von Begriffen verloren geht. Es lässt sich kein Wissen ein für allemal für alle Zeiten denken, das prinzipiell vollständig die Handlungszusammen-hänge für alle Zei-ten erklärt. Vielmehr scheint es so, dass wir die Hypothesen über den Zustand der Welt, deren Summe wir “Wissen” nennen, ständig (in bestimmten Grenzen, über die noch zu sprechen sein wird) modifizieren. Jenseits dieses Wissens ist ein “Reservoir” an immer Unbekanntem (Williamson 1996).

Will man “Wissen” unter Einbezug der konzeptuellen Veränderungen in unse-rer Epoche der posttraditionellen Gesellschaft oder für historisch große Zeit-räume beschreiben, so sind mehrere Bedingungen zu erfüllen:

• Nichtwissen ist nicht notwendig irrational

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 89: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

89

• Wissen hat keine transzendente Begründung

• Vollständigkeit des Wissens ist nicht erreichbar

• Wissen muss geeignet sein, eine Methodenorientierung zu erlauben, die die verfügbare Information einordnen kann.

Will man das Konzept von Nichtwissen nutzbar machen, so muss man zum ei-nen das prinzipielle Nichtwissen als existent anerkennen, ohne es irrationalem Unwissen oder gar Ignoranz gleichzusetzen. Nichtwissen ist als Grenze zum Wissen als noch-nicht- oder nicht-mehr-Wissen zum Beurteilen des Verstehens von Welt rational bedeutsam. Wenn man es als eine ernst zunehmende Begren-zung des Wissens versteht, lässt es sich nicht mehr als transzendentaler Grund interpretieren. Nichtwissen ist insbesondere also nicht als transzendentale Be-gründung von Dialektik zu verstehen. Allerdings ist es eine Form von Dialek-tik, das Nichtwissen als eine ständige Begrenzung des Wissens zu berücksich-tigen, die unter den endlichen Bedingungen des Menschseins dem menschli-chen Handeln Rationalität verleiht. Nur wenn wir Wissen als einen Entwurf von Welt interpretieren, der (unter bestimmten Bedingungen) auch anders aus-fallen könnte, nur dann hat unser (immer begrenztes) Handeln auf Grund unse-res Verstehens von Welt Rationalität, und nur dann ist zu verstehen, was ein angemessenes Wissensmanagement bedeutet.

3 Ein rationales Konzept des Nichtwissens

Während die klassischen Konzepte von Wissen das Nichtwissen entweder als irrational oder als ein Übergangsstadium zum Wissen aus dem Verstehen von Wissenskonzepten ausschließen und damit Handlungskontexte, wie sie ge-schichtliche Zeiträume darstellen oder wie sie typisch für den beschleunigten Wandel von Wissen und Normen in posttraditionellen Gesellschaften sind, nicht berücksichtigen können, muss ein Begriff von Wissen, der die Erfahrung des Wandels mit berücksichtigen will, verstehbar machen, wie ein prinzipielles Nichtwissen und Wissen sich aufeinander beziehen.

Wenn wir unter Wissen nicht nur die Summe der einzelnen Inhalte des Wissens verstehen, sondern vielmehr den prinzipiellen Status verstehen, der unsere mentale Verfügbarkeit prozessualer Vorgänge in der äußeren Welt charakteri-siert, (im Gegensatz zu Glauben, Meinen, Vermuten, Ahnen oder ähnlichem),

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 90: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

90

dann gibt es eine prinzipielle Grenze zwischen unserem Wissen in der Gegen-wart und dem Wissen der zukünftigen Welt. Diese Grenze ist das Nichtwissen, sei es als noch-nicht-Wissen, sei es als prinzipielle Nichtwissbares.

Gründe für die Kontinuität von Handlungszusammenhängen über große ge-schichtliche Zeiträume hinweg oder in posttraditionellen Gesellschaften sind – wie jedes Wissen – nur hypothetisch, jedenfalls solange man keine guten Grün-de für eine transzendentale Begründung liefern kann. Solange man keinen Voll-ständigkeitsbeweis für die Kriterien des Wissens liefern kann, ist auch die An-nahme einer vollständigen Erkennbarkeit der Welt selbst hypothetisch.

Eine angemessene Berücksichtigung des prinzipiellen Nichtwissens, das Aus-druck des Lebensrisikos ist, dass “Dinge anders laufen, als wir erwartet haben”, setzt in einer rationalen Theorie voraus, dass man Rationalität nicht im Sinne einer lógos-Theorie versteht, sondern die Rationalität in der “Konstruierbarkeit der Welt” sieht (Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. 1998, S. 466ff). Die Bedingungen der Konstruierbarkeit der Welt liegen darin, wie wir Wissen und Nichtwissen verarbeiten, indem wir Theorien bilden können und näher: wie Begriffe im Kontext eines Verständnisses der Welt Handlungsrahmen setzen.

Der Entwurf von Welt, dessen Rationalität die Konstruierbarkeit der Welt ist, setzt Rahmen, innerhalb deren wir Handlungen mit einer hohen Gewissheit, dass die Handlungszusammenhänge in der gewünschten Form statt haben, pla-nen können.

Dazu müssen wir die Bedingungen kennen, unter denen die Rahmen begrenzt werden und so dem prinzipiellen Nichtwissen in unserem Entwurf Rechnung tragen.

Die Bedingungen für den Rahmen finden wir in konstitutiven Bedingungen für die Bildung von Begriffen. Der mögliche systematische Wandel von Begriffen gibt uns eine Möglichkeit den historischen Wandel für die Änderungen der Handlungszusammenhänge abzuschätzen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 91: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

91

4 Begriffe als Entwurf von Handlungszusammenhängen

Zwei Typen von systematischem Wandel von Begriffen können wir konstatie-ren:

1.

Die Begriffe, die ein Weltbild konstituieren sind hierarchisch geordnet: Es gibt Begriffe, deren Änderungen grundlegend das Verständnis von Welt ändert. Beispiele dafür sind der Wandel des Raumbegriffs am Ende des Mittelalters oder der des Subjektbegriffs zu Beginn der Neuzeit.

Im Mittelalter hatte man in unserem Kulturbereich einen aristotelischen Raum-begriff, wobei der Raum nicht durch euklidsche Basisvektoren aufgespannt wird, sondern vielmehr durch die Oberflächen angrenzender Körper definiert ist. Raumfüllung und Materie sind hier immer identisch und lassen sich begriff-lich nicht trennen. Ein leerer Raum ist nicht denkbar. Erst kabbalistische, neu-platonische Raumkonzepte, die ab dem 16. Jahrhundert bei uns Verbreitung finden (Neuser i.D., Schmidt-Biggemann 1999), erlauben jenen Raumbegriff, ohne den Newtons Physik nicht denkbar ist, bei dem in einem leeren Raum zwischen den Körpern Platz für äußere Kräfte gedacht werden kann (Neuser 1995 a).

Ähnlich gibt es im Mittelalter kein Verständnis vom “Subjekt” als einem sich selbst genügsamem verantwortlich handelnden Individuum. Vielmehr meint “Subjekt” im Mittelalter immer den grammatikalischen Begriff oder einen Menschen, der einer Herrschaft unterworfen ist. Der Mensch wird als “Werk-zeug Gottes”, das eben nicht selbstverantwortlich ist, interpretiert. Erst im aus-gehenden 16. Jahrhundert bzw. im beginnenden 17. Jahrhundert wird der mo-derne Subjektbegriff eingeführt, und damit überhaupt erst das moderne Subjekt als verantwortlich handelndes denkbar. Der Subjektbegriff tritt zu Beginn der Neuzeit an die Stelle eines Begriffs vom “Eingebettetsein” in eine höhere Ord-nung, den Begriff der ordo.

Dieser Typ von Begrenzung des Entwurfs beschreibt eine kulturelle Bedingung für den Entwurf von Welt. Auch er markiert ein Nichtwissen. Diese Begren-zungen werden immer deutlich erkennbar, wenn der Wandel von Weltdeutun-gen auch zu erheblichen gesellschaftlichen Änderungen führt.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 92: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

92

Einem solchen Wandel schließen sich in der Folge eine Reihe von weiteren Änderungen weiterer Begriffe an, und es ergeben sich neue Weltbilder.

2.

Man muss sich vorstellen, dass Begriffe zwei Funktionen im Verständnis von der Welt übernehmen: Zum einen bezeichnen sie einen Sachverhalt möglichst eindeutig, zum anderen gehört zu ihrer Assoziation, dass wir konnotieren, in welchem Sinne wir von dem gemeinten Sachverhalt sprechen. Begriffe haben immer einen Bedeutungsgehalt, der explizit ist, und einen der latent die Einbet-tung dieses Begriffs in einem übergeordneten Begriffsgebäude anzeigt und den expliziten Bedeutungsgehalt gegen andere Begriffe abgrenzt. Offenkundig wird dieser latente Bedeutungsgehalt, wenn wir gleiche Worte benutzen, die in un-terschiedlichen Kontexten unterschiedliches bedeuten. Dann müssen wir uns fragen: In welchen Kontext gehört welcher Begriff?

Insbesondere der latente Bedeutungsgehalt lässt sich in Sprechsituationen ver-schieben. Durch solche Verschiebungen können Begriffe präziser werden oder auch unpräziser. Dies hat dann zur Folge, dass der Erklärungsgehalt der Begrif-fe für unseren Entwurf von der Welt expandiert wird und dafür andere Begriffe in ihrem Bedeutungsgehalt reduziert werden müssen. Der Umfang von Bedeu-tungsgehalten kann so auch minimiert werden. Dadurch, dass Bedeutungsgehalte von Begriffen minimiert werden, entstehen neue Erklärungs-bedürfnisse, die – wenn sie erfüllt werden und gravierend genug sind – unsere Weltdeutung völlig ändern können (Neuser 1995 a).

Ein Beispiel für den Wandel von Begriffen in großen Zeiträumen mag die Ent-wicklung des Kraftbegriffs sein. Im mittelalterlichen Denken steht für den Kraftbegriff virtus mit den Bedeutungen einer Bewegungskraft, einer inneren Kraft und der Tugend. Alle drei Bedeutungen werden zugleich assoziiert. Nach der Änderung des Raumbegriffs wird der Kraftbegriff (nach Newton) im 18. Jahrhundert auf die Bedeutung einer äußeren, bewegenden Kraft reduziert. So-wohl die “innere Kraft” als auch die “Tugend” sind nicht mehr assoziiert. Der Kraftbegriff wird zunehmend auf physikalische Gegenstände reduziert. Die “innere Kraft” schließlich wird durch den Energiebegriff im 18. Jahrhundert er-setzt. Diese Diskussion ist verbunden mit der Frage, ob und in welchem Maße mechanische Kausalität oder Teleologie physische Vorgänge angemessen be-schreiben (Könneker 1998).

Damit hat sich in einer komplizierten wissenschaftlichen Diskussion zunächst der Bedeutungsgehalt des Begriffs der Kraft reduziert und schließlich nicht

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 93: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

93

mehr mit dem Begriff “Kraft” erklärbare Bedeutungsgehalte durch einen neuen Begriff, den der Energie, ersetzt.

Die Entwicklungen von Kulturen entsprechen solchen Bedeutungs-verschiebungen von Begriffen in Theorien. Ähnliches gilt für Normen und Werte. Gleichzeitig stellen solche Bedeutungsverschiebungen innerhalb von Begriffen unsere Möglichkeit dar, auf das prinzipielle Nichtwissen zu reagie-ren.

Unser Wissen um Nichtwissen geht gleichsam als latenter Bedeutungsgehalt eines Begriffs in unser Begreifen ein. Wir fragen ständig beim Verstehen in welchem Kontext der jeweilige Begriff und vor welchem Methodenhintergrund der Begriff gemeint ist oder zu denken ist. Dabei können wir durchaus bislang nicht verstandene Handlungszusammenhänge oder prozessuale Vorgänge inter-pretieren, etwa indem wir Begriffe übertragen und dabei Bedeutungsgehalte des ursprünglichen Begriffs verschieben.

Wir verschieben Bedeutungen geringfügig in der Annahme, dass diese Ver-schiebung noch durch unsere bisherigen Erklärungen mit Handlungszusam-menhängen in Übereinstimmung ist und zugleich aber eröffnet uns dies bislang nicht Gewusstes in unseren Entwurf von Welt zu integrieren. – Manchmal ge-schieht dies um den Preis, dass Sachverhalte für uns nicht mehr länger plausi-bel erscheinen und auch nicht mehr erklärbar sind. Sie kommen in unserem Entwurf von Welt nicht mehr vor.

Ein solches Konzept, das nicht mehr zu unserer Weltdeutung gehört, ist etwa die sympathetische Mikrokosmos-Makrokosmos-Entsprechung. Sie besagt, dass die Welt aus zwei Bereichen besteht, die durch unterschiedliche “Naturge-setze” gekennzeichnet sind und die durch eine sympathetische Entsprechung aufeinander wirken: einem unendlichen Bereich jenseits des Mondes und einem endlichen Bereich diesseits des Mondes. Diese Entsprechung ist Ausdruck ei-ner Vorstellung von der Einheit der Welt. Sie ist Grundlage für die Astrologie. Diese Vorstellung wurde ersetzt, als die Einheit des Kosmos durch die Hypo-these der Allgemeingültigkeit “physikalischer Gesetze” gedacht wurde (Gali-lei) und die Trennung zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos sinnlos wur-de.

Der Entwurf von Welt, der unser Wissen darstellt, ist ein ständiges Berücksich-tigen von Nichtwissen. Die kulturelle und die begriffliche Begrenzung des Ent-wurfs stellen die Praxisbedingungen für den Entwurf dar.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 94: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

94

5 Die Folgen des Entwurfs von Welt für das Verstehen der Welt und das Handeln in der Welt

Ich habe beschrieben, dass Nichtwissen als ständige Begrenzung von Wissen systematisch unumgehbar ist und wie Nichtwissen durch die Struktur von Beg-riffen in unserem Wissen Berücksichtigung findet. Für Begriffe ergibt sich dar-aus eine Hierarchie: Begriffe in einer höheren Stufe sind bedeutender für eine Weltdeutung als tiefer stehende. Wenngleich die Verschiebungen von Bedeu-tungen auf jeder Stufe vorkommen, müssen sie für die Änderungen auf höherer Stufe kulturell abgesichert werden. Sie müssen Akzeptanz – wie die Differenz von Kraft und Energie in der neueren Physik – finden.

Wir können nun diese Beschreibung von Begriffen in unserem Verständnis von Welt umkehren und sowohl den Wandel des Begriffs als auch den Ort, den ein bestimmter Begriff im Begriffsgebäude eines Entwurfs einnimmt, dazu nutzen, Wissen zu managen.

Wir können dazu Wissenskontexte, deren Grundbegriffe innerhalb einer Kultur keine gravierende Bedeutungsverschiebung erlebt haben, unverändert über-nehmen und müssen nur die durch neues Wissen modifizierten Begriffe hin-sichtlich ihres Erklärungsgehaltes und ihrer methodischen Einordnung untersu-chen, um eine veränderte Weltdeutung neu bewerten oder adaptieren zu kön-nen.

Wissensmanagement stellt die Organisation des Wissens, das andere erworben haben, dar. Nicht wer beweisen kann, hat Wissen, sondern wer die Informatio-nen, die andere gesammelt haben, bewerten kann und ihnen den richtigen Ort zuweisen kann, hat Wissen. Wenn Wissensmanagement in der modernen In-formationsgesellschaft bedeutet, dass eine unbegrenzte Menge an Information, deren Erwerb man nicht selbst vornehmen kann, dennoch eingeordnet und me-thodisch korrekt applizierbar gemacht werden muss, dann ist unser Verständnis vom Entwurf der Welt geeignet, ein topisches Ordnungssystem, das zugleich eine Weltdeutung erlaubt, darzustellen. Neben den Inhalten, die in expliziten Bedeutungsgehalten der Begriffe angegeben werden, lokalisiert der latente Be-deutungsgehalt den Begriff dynamisch hinsichtlich seiner methodischen Ver-wendung und seinem Ort im Theorienkonzept. Der hierarchische Ort des Beg-riffs zeigt schließlich darüber hinaus, wie anfällig eine Weltdeutung ist, wenn der entsprechende Begriff sich ändert.

Wissensmanagement, das das Management des Wissens anderer ist, ist ein Er-fordernis in einer posttraditionellen Gesellschaft, in der der Erwerb von Wissen

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 95: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

95

auf allen Gebieten länger dauert, als die Lebensdauer des Wissens. Wissen er-laubt uns Zusammenhänge, die wir der Welt unterstellen, reproduzierbar zu machen. Wissensmanagement erlaubt uns Wissen zu ordnen, das wir nicht selbst erworben haben.

Aus dem Entwurfscharakter unserer Weltdeutung folgen gleichzeitig Praxisbe-dingungen: Normen und Werte lassen sich nicht ein für allemal formulieren, sondern vielmehr ergeben sie sich für einen bestimmten Entwurf als Bedingung und als Folge der Konstruktion der grundlegenden Begriffe. Eine posttraditio-nelle Gesellschaft ist gleichsam durch ihren Wandel und die Akzeleration des Wandels geprägt. Konstruktionsbedingung ist dann, auszutesten, welche Be-deutungsverschiebungen in den grundlegenden Begriffen überhaupt möglich sind, ohne dass die Weltdeutung sich ändert, und unter welchen Bedingungen sich ein grundlegend neuer Entwurf von Welt ergibt. Das Ziel ist in der posttra-ditionellen Gesellschaft nicht die Stabilisierung, sondern die Modifizierung und insofern die Destabilisierung von Normen und damit auch eine Reduktion des in dieser Kultur bestehenden Entwurfs von Welt auf ein Minimum unverzicht-bar erscheinender Begriffe, auf deren Basis dann ein neuer stabiler und traditi-onell werdender Entwurf von Welt sich ergibt. Dies ließe sich im Einzelnen sowohl an der Spätantike als auch an der Zeit der Renaissance zeigen.

Nichtwissen im Wissen berücksichtigen, heißt nicht unwissend sein.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 96: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

96

Literatur

Burkard, F.-P. (1987). Die menschliche Weisheit. Gedanken zu Sokrates. Gewissheit und Gewissen. Hrsg. von W. Baumgartner. Würzburg. 63-78.

Burkard, F.-P. (1995) Nichtwissen. Metzler Philosophie Lexikon. Hrsg. von P. Prechtl und F.-P. Burkard. Stuttgart/Weimar: Metzler. 358.

Könneker, C. (1998). Kausalität versus Teleologie. Grundlagenphysikalische Konzepte in ihrer historischen Aufeinanderfolge. Diplomarbeit am ersten physikalischen Institut, Universität Köln.

Krohn, W. (1994). Konstruktion und Realität. Konstruktion und Realität. Hrsg. von H.J. Sandkühler. Frankfurt a. M.: Peter Lang. 13-32.

Müller, G. (1975). Das sokrateische Wissen des Nichtwissens in den platonischen Dialogen. Dorema, Festschrift für H. Diller. Athen. 147-173.

Müller, G. (1984). Nichwissen, sokrateisches. Philosophisches Wörterbuch. Hrsg. von J. Rit-ter & K. Gründer. Basel/Stuttgart: Schwabe und Co. Bd.6, 836-838.

Naess, A. (1977). Kann man Wissen erreichen? (1961). Wahrheitstheorien. Hrsg. von G. Skirbekk. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. 391-401.

Neuser, W. (1997). Die Logik des Entwurfs. Verstehen als Konstruktion von Wirklichkeit. System und Struktur. V/1, 7-21.

Neuser, W. (1995 a). Natur und Begriff. Stuttgart/Weimar: Metzler.

Neuser, W. (1995 b). Wissen Metzler Philosophie Lexikon. Hrsg. von P. Prechtl und F.-P. Burkard. Stuttgart/Weimar: Metzler. 576.

Neuser, W. (1998). Logik der Selbstorganisation. Systemtheorie. Philosophische Be-trachtungen ihrer Anwendungen. Hrsg. von K. Gloy, W. Neuser, P. Reisinger. Bonn: Bouvier. Bonn. 15-34.

Neuser, W. (i.D.) Sobre a unidade do espaco e materia na filosofia de Idade Medieval. Porto Alegre, Brasilien: EDIPUCRS.

Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. (1998). Wissensvermittlung: Ansätze zur Förderung des Wissenserwerbs. Wissen. Hrsg. von F. Klix und H. Sparda. Göttingen, Bern, To-ronto, Seattle: Hogrefe. 457-500.

Sandkühler, H.J. (1994).Die Welt hat für uns die Gestalt, die der Geist ihr gibt. Über Empirie und Konstrukti-on. Konstruktion und Realität. Hrsg. von H.J. Sandkühler. Frankfurt a. M.: Peter Lang. 33-72.

Schmidt-Biggemann (1999). Philosophia perennis. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Schnädelbach, H. (1992). Zur Rehabilitierung des animal rationale. Frankfurt a. M.: Suhr-kamp.

Schrimm-Heins, A. (1990). Gewißheit und Sicherheit. Geschichte und Bedeutungswandel der Begriffe certitudo und securitas. Diss. Universität Bayreuth.

Williamson, T. (1996). Vagueness. London/New York: Routledge.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 97: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

97

Dirk Baecker

Die “andere Seite” des Wissensmanagements

1 Wie liest man ein Schlagwort?

Fast alle Schagworte der Managementphilosophie haben eine polemische, zu-mindest aber normative Komponente. Indem sie für etwas werben, wenden sie sich gegen etwas anderes, das zumeist nur implizit genannt wird. Wer über “Qualitätsmanagement” spricht, bringt die bis dato mangelnde Qualität der Produkte und Produktionsverfahren zum Ausdruck. Wer für “lean manage-ment” wirbt, prangert damit den “organizational slack” an und hofft, dass die bislang im Speck der Organisation angesammelten Reproduktionsreserven er-übrigt werden können, indem man die Organisation unter Zeitdruck setzt und ihr auf der Ebene der Arbeitsprozesse flexible und selbstorganisierte Reakti-onsmöglichkeiten einräumt. Das Plädoyer für “business reengineering” ist zugleich eine Aussage darüber, dass man über Jahre versäumt hat, sich die Wertschöpfungsprozesse einer Organisation kritisch anzuschauen und nun im Hinblick auf neue Märkte und anspruchsvollere Vernetzung Anlass hat, dies nachzuholen. Das Stichwort der “learning organization” bringt zum Ausdruck, dass Organisationen normalerweise nicht lernen, sondern sich, genau das ist ja auch ihr Sinn, an bewährte Routinen halten, gleichgültig, welche Störungen die Umwelt produziert.

Wer die Managementphilosophien der vergangenen Jahre mit ihren positiven Schlagworten auf die in diesen Schlagworten implizit mitkommunizierte “an-dere Seite” hin beobachtet, bekommt jene fehlerhafte, unbewegliche, undurch-dachte und lernunfähige Organisation vorgeführt, mit der Praktiker, Theoreti-ker und Berater sich alltäglich auseinandersetzen. Jeder kennt diese Organisati-on und in der mündlichen Kommunikation fehlt es nicht an negativen Voka-beln, mit deren Hilfe man sich beredt über sie austauschen kann. In der schrift-lichen Kommunikation jedoch sucht man sofort die positiven Komplemente

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 98: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

98

dieser negativen Vokabeln. Man sucht die Schlagworte, mit deren Hilfe man die Realität kommunizieren und sich zugleich zugunsten einer besseren Reali-tät über sie hinwegsetzen kann. Was eigentlich gemeint ist, kann dann nur noch durch den normativen Gehalt dieser Schlagworte zum Ausdruck gebracht wer-den.

Das entspricht einer Organisationswirklichkeit, die durchweg mit der Negation ihre Schwierigkeiten hat, so als seien mit jedem Nein die Reproduktion und gesellschaftliche Funktion einer Organisation gleichermaßen gefährdet. Eine Organisation kann darum die Beschreibung ihrer selbst nur im Gestaltungsauf-trag an sich selbst zum Ausdruck bringen.

Für das Schlagwort des “Wissensmanagements” muss man Ähnliches vermu-ten. Auch es hat eine “andere Seite”, die in der Behauptung besteht, dass es in Unternehmen bisher kaum Bemühungen gibt, ihr Wissen über ihre Umwelt und ihr Wissen über die eigenen Abläufe auf eine Art und Weise aufzubereiten und zur Verfügung zu halten, dass es zum Gegenstand organisatorischer Entschei-dung werden kann (Nonaka/Takeuchi 1997; Probst/Raub/Romhardt 1997). O-der kürzer: Organisationen mögen auch bisher gewusst haben, was sie tun; aber sie wissen nicht, was sie wissen; und sie wissen nicht, was sie wissen müssen, um tun zu können, was sie tun; und genau das gilt es zu ändern.

Wenn man genauer herausfinden möchte, was man sich unter dem Schlag-wort des “Wissensmanagement” vorzustellen hat, muss man sich dementspre-chend beide Seiten anschauen, denn erst so erschließen sich die begrifflichen Qualitäten eines Schlagwortes: Die positive Seite des Begriffs (“mehr Wissen nutzen”) bezeichnet den beabsichtigten Zugriff des Managements auf Ressour-cen der Organisation. Darin steckt die revolutionär neue Einsicht, dass die Or-ganisation weiß, was das Management (noch) nicht weiß. Die negative Seite des Begriffs (“Organisationen nutzen ihr Wissen nicht”) bezeichnet die Orga-nisationen, in denen der Zugriff stattfinden soll. Und darin steckt die dann wie-der vertraute Einsicht, dass Organisationen ihr Wissen nicht umstandslos zu erkennen geben.

2 Der blinde Fleck

Wir müssen, um an dieser Stelle mit unseren Überlegungen fortfahren zu kön-nen, gegen eine Grundregel jeder Managementlehre verstoßen. Diese Grundre-gel besteht darin, die Organisation als “blinden Fleck” des Managements zu akzeptieren und diesen blinden Fleck sich beruhen zu lassen. Erich Gutenberg

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 99: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

99

(1929) hat diese Regel der Betriebswirtschaftslehre verschrieben; und Tom Pe-ters (1999) scheint sie bis heute zu unterschreiben, so sehr er von den in den Organisationstheorien von Herbert A. Simon, James G. March, Richard M. Cyert und Karl E. Weick vorgenommenen “Revisionen der Rationalität” (Be-cker/Küpper/Ortmann 1988) zugunsten eines “verhaltenswissenschaftlichen” Blicks auf die Organisation profitiert hat. Tatsächlich muss man annehmen, dass jedes Management nur davon profitieren kann, ja vielleicht sogar seine Möglichkeitsbedingung darin hat, wenn es die Organisation, in der es arbeitet, nur in dem Sinne als Realität akzeptiert, dass es sie als Widerstand gegen die eigenen Maßgaben und Maßnahmen begreift. In diesem Sinne sind Betriebs-wirte Ökonomen, denn wie diese gehen sie von der Zweiseitenform “ratio-nality” versus “custom” (John Stuart Mill) aus. Und dabei begreifen sie “custom” nicht als gesellschaftliche Wirklichkeit, die mitdeterminiert, was als “rationality” vorstellbar und möglich ist, sondern als Restbestand, der zuse-hends rationaleren Formen der Betriebsgestaltung, Wirtschaftsförderung und Lebensführung zu weichen hat beziehungsweise nur in jener Ersatzform seiner selbst neu geschaffen wird, in der er sich eignet, Märkte zu konstituieren, Kun-den zu binden und Vertrauen unter Netzwerkpartner zu bilden.

Seither ist die Organisation der blinde Fleck des Managements. Sie macht das Management “sehend”, das heißt operationsfähig, indem sie es blind für die Organisation (und damit für die eigene Abhängigkeit von dieser Organisation) macht. Die Organisation ist die Stelle, an der der “Sehnerv” des Managements die “Retina” verlässt und das Management mit den ihm unbekannten gesell-schaftlichen Voraussetzungen seiner selbst einschließlich der dem Manage-ment zur Verfügung stehenden Rechenkapazität organisierter Entscheidungen verknüpft. Nur so kann die Organisation als Gegenstand der Gestaltung und Objekt rationaler und rationalisierender Kalküle gelten, ohne dass in diesen Gedanken die Erfahrung einfließen muss, dass das Management seinerseits ein Produkt der Organisation ist, also immer auch gegen sich selbst arbeiten, ges-talten und planen muss. Diese Erfahrung kann dann jedoch an vermittelter Stel-le in das Managementwissen von der Organisation eingebaut werden, indem das Management Teile seiner selbst als Teil jenes Organisationswiderstands beschreibt, gegen den das Management sich allererst durchsetzen muss. In die-sem Sinne hat schon Thorstein Veblen (1904, S. 47 ff.) die vornehmste Leis-tung der Unternehmensführung darin gesehen, Manager entlassen zu können und schließlich sogar sich selbst, als Teil jener Organisation, gegen deren Wi-derstand die rationale Organisation durchzusetzen ist, überflüssig zu machen.

Die Diskussion um Möglichkeiten des Wissensmanagements ist deswegen so faszinierend, aber auch verwirrend für Theoretiker und Praktiker, weil sie nicht umhin kommt, den blinden Fleck des Managements, die Organisation, auszu-leuchten. Mit dem schlichten Stichwort der “Explizierung” “impliziten” Wis-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 100: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

100

sens hat Ikujiro Nonaka (1991) die Grundregel jeder Managementlehre verletzt und den Blick der Manager zurückgerichtet auf das, wovon sie bisher abgese-hen haben. Dass wir “mehr wissen, als wir zu sagen wissen” (Polanyi 1985, S. 14), wird zum mantra einer Selbsterforschung der Organisation durch das Ma-nagement, die noch lange nicht abgeschlossen ist.

3 Rekonstruktion, Vernetzung und Korrektur

Als vornehmste Aufgabe des Wissensmanagements gilt es, eine Organisation fit zu machen für die “Wissensgesellschaft” (Willke 1997), die am Horizont heraufzieht, und sicherzustellen, dass sie die Chancen und Risiken handeln kann, die mit dieser Gesellschaft einherzugehen versprechen. Die klassische Funktion des Managements, die Koordination der Arbeitsprozesse in einer Or-ganisation zu kontrollieren, zu überwachen und zu verwalten (Barnard 1938), wird um die Aufgabe erweitert, zum einen das dafür erforderliche Wissen be-reitzustellen und zum anderen das dafür in der Organisation bereits vorhandene Wissen zu erheben, zu überprüfen, so zu generalisieren, dass es als Organisati-onsressource zur Verfügung gestellt werden kann, und nicht zuletzt zu variie-ren. Auch hier reibt sich das Management an der Organisation, muss jedoch zunehmend zur Kenntnis nehmen, dass die Organisation vor jedem Eingriff des Managements oder auch in der Auseinandersetzung mit Eingriffen des Mana-gements Formen der Kooperation gefunden hat, die für das Management att-raktiv genug sind, um kopiert und übernommen zu werden.

Hatte man sich bisher damit begnügen können, jedem “stakeholder” innerhalb und außerhalb der Organisation sein eigenes wie immer milieugebundenes und ideologisches Wissen zuzumessen, so wird es nun nicht nur interessant, son-dern überlebensnotwendig, diese unterschiedlichen Wissenstypen verhandel-bar, das heißt diskursfähig zu machen und zu überprüfen, wie weit sie dem Wissen angemessen sind, das die Wissensgesellschaft erfordert und in Reich-weite rückt. Die “Mikropolitik” (Burns 1961) wird als “Beobachtung zweiter Ordnung” rekonstruiert (Baecker 1993) und zum Gegenstand von Unterneh-mensführung, Unternehmenskultur und Geschäftspolitik. Was immer Arbeiter, Angestellte und Unternehmensführung, Lieferanten, Kunden, Kapitalgeber und Analysten bisher “wussten” und wie immer sie ihr Wissen pflegten, ab jetzt wird es erforderlich, diese Wissenstypen aufeinander abzustimmen, sie wech-selseitig rekonstruktionsfähig zu machen und auf der Ebene ihrer Rekonstruk-tion zur Disposition zu stellen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 101: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

101

99).

Der tiefere Grund dafür könnte brisanter nicht sein: Als hätten Ideologiekritik, Wissenssoziologie, Ethnomethodologie, Ideengeschichte, deconstruction und Konstruktivismus erst jetzt ihre eigentliche Aufgabe gefunden, wird jede Form des Wissens einem grundsätzlichen Zweifel unterzogen. Wie sich Arbeiter, Angestellte, Vorgesetzte, Kunden und Kapitalgeber ihre Welt zurechtlegen, wird als “mundane reason” (Pollner 1987) verstanden, innerhalb derer sich die jeweiligen Zirkel von Beobachtern der Obektivität und Intersubjektivität ihrer Weltanschauung versichern, ohne zur Kenntnis nehmen zu können, ob und wie die mit dieser Weltanschauung ausgeblendeten Weltwirklichkeiten die Reproduzierbarkeit der Beobachtungen gefährden (z. B. Chikudate 19

Allerdings kommt es dem “Wissensmanagement” nicht auf “Aufklärung” an. Es nutzt den Zweifel nicht im cartesianischen Sinne als Einsatzbedingung für die Selbstaufklärung der “Vernunft”, sondern im Husserlschen Sinne zur Re-konstruktion der “transzendentalen”, das heißt das jeweilige Bewusstsein über-schreitenden Bedingungen jeden Bewusstseins in der das Bewusstsein tragen-den “Lebenswelt”. Es rekonstruiert den Beobachter anhand der Bedingungen seiner Möglichkeit. Allerdings tut es dies nicht in philosophischer Absicht. Es geht nur partiell darum, dem Beobachter das Wissen um die transzendentalen Bedingungen seiner selbst anschließend zur Verfügung zu stellen und auch dies dann wieder “Aufklärung” zu nennen.

Sondern es geht um Rekonstruktion, Vernetzung und Korrektur. Das eigene Wissen wird rekonstruiert, um in den Anschlüssen der Organisation, in dem dieses Wissen gepflegt wird, Dispositionsspielräume, das heißt ungenutzte Vernetzungsmöglichkeiten zu schaffen. Das Wissen der Partner, mit denen man es zu tun hat, sei es innerhalb der Organisation, sei es außerhalb bei Kun-den, Lieferanten und Kapitalgebern, wird rekonstruiert, um sich selbst mit den Augen der anderen beobachten zu können und daran anschließend die eigenen Vernetzungsangebote für diese anderen attraktiver gestalten zu können. In bei-den Fällen ist die entscheidende Vernetzungspraxis die Korrektur. Das eigene Wissen wird korrigiert, um Vernetzungsmöglichkeiten wahrnehmen zu kön-nen, die bislang außer Reichweite lagen. Und auch das Wissen der Partner wird mithilfe eigener Wissensangebote so bearbeitet, dass diese Vernetzungsmög-lichkeiten wahrnehmen können, von denen sie bisher nicht wussten, dass sie in ihrem Interesse liegen.

Niemand kann absehen, ob diese Praxis des Wissensmanagements zur wech-selseitigen Aufklärung oder zur Konstruktion eines wechselseitig gestützten Verblendungszusammenhangs führen wird. Beides ist möglich, ja wahrschein-lich ist das eine nichts anderes als das andere. Die Kriterien für eine wirkliche Wirklichkeit gehen verloren, wenn nichts als Wissen zur Verfügung steht, um Wissen zu korrigieren. Und solche Kriterien sind auch gar nicht mehr erforder-lich, wenn sie es je waren, denn es zählt nur die gelungene Vernetzung. Jede

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 102: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

102

Vernetzung zählt, die die eigene Reproduktion absichert. Jede Korrektur wird aufgegriffen, die die Vernetzung und damit die Reproduktion absichert. Und all das geht genauso lange gut, wie es gut geht. Denn über die Anpassung an die Umwelt kann man nur sagen, dass sie offensichtlich gegeben ist, sonst gelänge die Reproduktion nicht, ohne dass man daraus andererseits einen Schluss dar-auf ziehen kann, wie sie gegeben ist, warum sie gegeben ist und wie lange sie noch gegeben ist (Sieferle 1997).

4 Konditionen

Jedes “Wissensmanagement”, darauf sollten die vorstehenden Überlegungen aufmerksam machen, ist seine eigene Ressource. Wer glaubt, die Pointe des Wissensmanagements bestünde darin, dass das Management es jetzt erstmals nicht nur mit mehr oder minder arbeitswilligen Arbeitskräften, nicht nur mit mehr oder minder elaborierten Entscheidungshierarchien, nicht nur mit mehr oder minder über ihre Bedürfnisse aufgeklärten Kunden und nicht nur mit mehr oder minder willigen Kapitalgebern, sondern endlich auch mit der wertvollsten Ressource des Menschen, seinem Wissen zu tun hat, irrt sich. Oder vorsichtiger gesagt: Wer dies glaubt, irrt sich dann, wenn er meint, Wissen ließe sich wie eine Ressource behandeln, wie ein Bestand, der mehr oder minder geschickt verwaltet und eingesetzt werden kann.

Schon die Arbeitskräfte, Entscheidungshierarchien, Kunden und Kapitalgeber sind keine Ressourcen des Managements, die von diesem mehr oder minder effizient zur geplanten Zielerreichung der Organisation eingesetzt werden könnten. Sie sind keine Bestände, die dann nur noch einzusetzen sind. Sondern sie sind “Produktionsfaktoren”, die vom Management als solche definiert wer-den müssen und deren Definition gegenüber den Arbeitern, Organisationen, Nachfragern und Eigentümern mit mehr oder weniger Resonanz und Entge-genkommen durchgesetzt werden muss. Nichts an einer Arbeitskraft, an einer Entscheidungshierarchie, an einem Kunden, an einem Kapitalgeber ist selbst-verständlich. Alles an ihnen ist Gegenstand einer Konstruktion durch den Ma-nager, die entweder “monologisch-disziplinierend” oder “dialogisch-partizipativ” erarbeitet wird und die sich – unabhängig von ihrem Zustande-kommen – entweder bewährt oder nicht bewährt.

Ebenso macht es dann umgekehrt Sinn, sich das Management nicht als eine definierte und festliegende Form der Führung und Steuerung einer Organisati-on vorzustellen, sondern die jeweilige Form als abhängig von den wichtigsten eingesetzten “Produktionsfakoren” zu beschreiben. Ein Management, das dar-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 103: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

103

auf spezialisiert war, Arbeitskräfte zu koordinieren, ist deswegen noch lange nicht in der Lage, effiziente Entscheidungsabläufe zu entwerfen oder Kunden zu binden. Und ein Management, das im Beziehungsmanagement mit Kapital-gebern brilliert, hat unter Umständen keine Sprache, die Lieferanten verstehen. Die Produktionsfaktoren einer Organisation sind das Medium, in dem das Ma-nagement seine Form jeweils erst finden muss, und dies parallel zur Selektion und Definition der Produktionsfaktoren. Diese Sichtweise macht verständlich, dass das Management in seinen jeweiligen Ausprägungen so historisch ist wie die Organisation, in der es arbeitet, so dass jede neue Managementphilosophie nicht nur sich, sondern auch die zu ihr passende Organisation erfinden muss – und dafür, das versteht sich, auf gesellschaftliche Vorgänge im allgemeinen und wirtschaftliche Vorgänge im besonderen verweisen muss (z. B. Springer 1999).

Ähnliches gilt auch für den neu entdeckten Produktionsfaktor “Wissen”. Selbst wenn allerorten klar wäre, was unter “Wissen” zu verstehen ist, müsste das Management dies als “unklar” behandeln, um diejenigen Definitionen zu ent-wickeln, die den eigenen Eingriffsmöglichkeiten in eine Organisation des Wis-sens entsprechen. Es führt daher nicht sehr weit, andernorts erprobte Definitio-nen des Wissens auch dem Management anzudienen. Dieser Typ des Vorge-hens ist bereits gescheitert, als man im 19. Jahrhundert erst einmal festhalten wollte, was unter einem “Arbeiter” zu verstehen ist, oder im 20. Jahrhundert, was unter einem “Kunden” zu verstehen ist. Dies können allenfalls flankieren-de “diskurspolitische” Maßnahmen einer Gesellschaft sein, die wie immer kri-tisch oder affirmativ die Zugriffe des Managements und seiner Organisationen auf neue Produktionsfaktoren beobachtet und diese Zugriffe zu konterkarieren oder zu unterstützen sucht.

Auch den Produktionsfaktor “Kapital” versteht man erst, wenn man beobach-tet, wie das Management mit ihm umgeht (Marx 1867), und nicht dann, wenn man unabhängig von dieser Form einer gesellschaftlichen “Praxis” zu definie-ren versucht, worum es sich “an und für sich” handeln könnte.

Ähnlich gilt für unsere Frage nach Möglichkeiten und Chancen des “Wissens-managements”, dass man sie nur als Frage nach der wechselseitigen Konditio-nierung des Wissens durch das Management, das auf es zugreift, und des Ma-nagements durch das Wissen, auf das es zugreifen will, verstehen und erläutern kann. Schon der erste Blick in einen betriebswirtschaftlichen Text zum Wis-sensmanagement zeigt, dass Wissen hier in einer organisierbaren, geordneten, verwalteten, kategorisierten und systematisierten Form vorkommt. Das heißt, es kommt als Bestand vor, der auf organisierte Weise produziert wurde und der auf organisierte Weise abgerufen werden kann. Man erkennt am Wissen die Organisation, die es produziert hat, wenngleich eher das Selbstverständnis der Organisation als das reale Chaos, dem dieses Selbstverständnis abgetrotzt ist.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 104: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

104

Man sieht, dass man erwartet, dass jeder weiß, an welchem Wissen er arbeitet. Und sieht, dass man erwartet, dass jeder weiß, wo er welches Wissen findet, wenn er nach Wissen sucht.

Dies gilt für das Wissen über die Binnenwelt der Organisation wie für das Wis-sen über ihre Außenwelt. Auch die Märkte, auch die Gesellschaft, in der die Organisation operiert, kommen in der Form allerdings rasch wandelbarer Wis-sensbestände vor, die dann durch Verfahren des “issue management”, der “Trendforschung” oder des “data mining” in eine managementkompatible Form gebracht werden. Managementkompatibel ist jede Form, die Probleme nennt und in der Formulierung der Probleme ihre Lösbarkeit mit unterstellt. Das “issue”, der “Trend”, die “Daten” sind jeweils Wissensartefakte, die be-reits Informationen über ihre Vernetzung beziehungsweise, wichtiger noch, ihren Vernetzungsbedarf enthalten. Das “issue” deutet an, dass hier ein Phä-nomen auftaucht, für das man entweder eine Antwort schon hat oder nicht hat. Der “Trend” fordert, sämtliche aktuellen Fassungen des Kundenzugangs, der Mitarbeitermotivation und der Öffentlichkeitsarbeit in seinem Licht neu zu be-trachten, selbst wenn man weiß, dass auf diesen Trend alsbald ein anderer fol-gen wird. Und die “Daten” sind für diese Form managementkompatiblen Wis-sens die willkommenste und geeigneteste Form, weil sie einerseits frei von al-len möglichen Interpreationen sind, andererseits und gerade deswegen jedoch auf Interpretationen angewiesen sind: das Tummelfeld des Managements.

Mit anderen Worten, managementkompatibel ist jedes Wissen, das auf Konse-quenzen hin gelesen werden kann: auf Konsequenzen hier und jetzt, auf prakti-sche Konsequenzen, auf Konsequenzen, aus denen ein Gestaltungsbedarf abge-leitet werden kann. Je mehr Spielraum dieses Wissen einräumt und je genauer dieser Spielraum mit dem Blick auf dieses Wissen selbst eingegrenzt werden kann, desto geeigneter ist es als Medium einer neuen Form des Managements.

Und umgekehrt ist diese neue Form des Managements als eine Form zu begrei-fen, die durch den Umgang des Managements mit Wissen konditioniert ist. Es ist nur ein erster Schritt, jedes Wissen als eine “Zumutung” für den, der es noch nicht weiß, zu beschreiben und daraus die Ablehungswahrscheinlichkeit von Wissensangeboten abzuleiten (Baecker 1998). Ebenso wichtig ist in einem zweiten Schritt die Frage, wie das Management mit diesen Ablehnungswahr-scheinlichkeiten umgeht. Das Management hat Formen des Umgangs mit Ar-beitskräften ebenso gefunden wie mit Kunden und Kapitalgebern (Fligstein 1990). Es wird auch die Ablehnungswahrscheinlichkeit von Wissen zu handeln lernen, denn daran hängt nichts weniger als die eigene Reproduktionsmöglich-keit.

Wie also verändert sich das Management durch die Einführung von Versuchen des Wissensmanagements? Wahrscheinlich ist es zu früh, diese Frage zu be-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 105: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

105

antworten, aber es fällt auf, dass das Management in seinem Selbstverständnis in den letzten 10 Jahren, also in etwa parallel zum Auftauchen des Wissensma-nagements, eine, vorsichtig formuliert, “hermeneutische”, das heißt Sinn frei-legende und Sinn produzierende Komponente bekommen hat (Weick 1995), die ihm vorher fehlte. Zwar versucht es, das ihm verfügbare und von ihm ange-forderte und produzierte Wissen in die Form interpretierbarer Datenpakete zu bringen. Aber zugleich erfährt es zum einen, wie voraussetzungsvoll das ist, das heißt wie wenig sich das Wissen in die Form der Daten bringen lässt, und zum anderen, dass die Interpretierbarkeit der produzierten Daten weniger leicht kontrolliert werden kann als manch anderer “Bestand”. Irgendwann “ist” ein Arbeiter ein Arbeiter, ein Kunde ein Kunde, eine Entscheidung eine Entschei-dung und ein Kapitalgeber ein Kapitalgeber. Aber wann ist Wissen Wissen? Wann ist eine Interpretation sinnvoller als eine andere? Wie kann man aus-schließen, dass meine Interpretation von heute mein Problem von morgen wird? Natürlich ist man es gewohnt, mit fluktuierenden und volatilen Datenbe-ständen umzugehen, aber bisher hatte man es mit als “objektiv” behandelbaren Interpretationen von Ungewissheiten zu tun: der Preis ist die Sonde für sich ändernde Kundenwünsche, der Lohn die Sonde für das Ausmaß verfügbarer Mitarbeitermotivation und der Zins und Aktienpreis die Sonden für Kapitalge-berlaunen. Aber wie sondiert man das eigene Wissen, wenn man dafür nur das eigene Wissen und Interpretationen, die man nicht in die Form des Wissens bringen kann, zur Verfügung hat?

Wer sich auf Wissen einlässt, muss auch den Zweifel akzeptieren. Die alten Formen eines Expertenwissens, das mit allen Zeichen der Autorität kommuni-ziert werden konnte, weichen einem “ökologischen”, das heißt Grenzen in Rechnung stellenden und Grenzen überschreitenden Bewusstsein möglicher Formen des Umgangs mit Nichtwissen.

Wenn man die dieses abbildenden Organisations- und Managementlehren beim Wort nehmen kann, beginnt das Management, sich mit Ambivalenz, Unge-wissheit und Nichtwissen zu beschäftigen. Es wird “postheroisch” (Baecker 1994), es wird “epistemologisch” (von Krogh/Roos/Slocum 1994), es beginnt, sich als “Kommunikation” zu begreifen (Picot/Reichwald/Wigand 1996). All das sind Zeichen dafür, dass es dem Management nicht mehr gelingt, sich auf ein instrumentelles Verständnis seiner selbst zu reduzieren, sondern dass es zunehmend den Gedanken ins Auge fasst und ausspricht (Kieser 1998), dass es an Konstruktionen einer Wirklichkeit arbeitet, die sich nur als Konstruktionen bewähren können.

Das Management des Wissensmanagements wird eines sein, das mehr und mehr von der Erfahrung des Nichtwissens und von der Fähigkeit, mit dieser Erfahrung umzugehen, geprägt ist. Das gilt auch und gerade dann, wenn es immer noch und weiter versuchen wird, den anderen die Objektivität der Da-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 106: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

106

ten, das heißt die Eindeutigkeit ihrer Interpretation, vorzuspielen. Je mehr je-doch die Erfahrung des Nichtwissens in der modenen Gesellschaft nicht nur geteilt, sondern kommuniziert wird (Smithson 1989), desto mehr wird das Ma-nagement seine Chance darin sehen, mit Verweis auf Organisation Formen des Umgangs mit diesem Nichtwissen zu erproben, die in einem sehr alten Sinn auf “Kultur” rekurrieren (Baecker 1999), nämlich auf die Fähigkeit, im Umgang mit verfügbaren Produktionsfaktoren deren Unverfügbarkeit mitzudenken. Or-ganisation wird dann nicht länger als “blinder Fleck” des Management zu hal-ten sein. Sie wird im Gegensatz selbst zur Sonde werden, mit der wir dieses “runaway system” namens Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft zu er-kunden versuchen, in das wir auf Gedeih und Verderb eingespannt sind.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 107: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

107

Literatur

Baecker, Dirk (1993): Die Form des Unternehmens. Frankfurt am Main: Suhrkamp (2. Aufl. 1999)

Baecker, Dirk (1994): Postheroisches Management: Ein Vademecum. Berlin: Merve.

Baecker, Dirk (1998): Zum Problem des Wissens in Organisationen. Organisationsentwick-lung 17, Nr. 3, 4-21.

Baecker, Dirk (1999): Wozu Kultur? Berlin: Kulturverlag Kadmos.

Barnard, Chester I. (1938): The Functions of the Executive. Reprint Cambridge, Mass.: Har-vard UP, 1968.

Becker, Albrecht, Willi Küpper und Günther Ortmann (1988): Revisionen der Rationalität. In Willi Küpper und Günther Ortmann (Hrsg.), Mikropolitik: Rationalität, Macht und Spiele in Organisationen. Opladen: Westdeutscher Verl.

Burns, Tom (1961): Micropolitics: Mechanisms of Institutional Change. Administrative Sci-ence Quarterly 6, 257-281

Chikudate, Nobuyuki (1999): The State of Collective Mypopia in Japanese Business Com-munities: A Phenomenological Study for Exploring Blocking Mechanisms for Change. Journal of Management Studies 36, 69-86

Fligstein, Neil (1990): The Transformation of Corporate Control. Cambridge, Mass.: Har-vard UP.

Gutenberg, Erich (1929): Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theo-rie. Berlin: Spaeth & Linde.

Kieser, Alfred (1998): Über die allmähliche Verfertigung der Organisation beim Reden: Organisieren als Kommunizieren. Industrielle Beziehungen 5, 45-75

Marx, Karl (1867): Das Kapital: Kritik der politischen Ökonomie. Erster Band. Berlin: Dietz, 1980.

Nonaka, Ikujiro (1991): The Knowledge-Creating Company. Harvard Business Review 69 (November-December), 96-104

Nonaka, Ikujiro, und Hirotaka Takeuchi (1997): Die Organisation des Wissens: Wie japani-sche Unternehmen brachliegende Ressourcen nutzen. dt. Frankfurt am Main: Campus.

Peters, Tom (1999): The Circle of Innovation: You Can’t Shrink Your Way to Greatness. New York: Vintage.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 108: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

108

Picot, Arnold, Ralf Reichwald, und Rolf T. Wigand (1996): Die grenzenlose Unternehmung.

Information, Organisation und Management: Lehrbuch zur Unternehmensführung im Informationszeitalter. Wiesbaden: Gabler.

Polanyi, Michael (1985): Implizites Wissen. dt. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Pollner, Melvin (1987): Mundane Reason: Reality in Everyday and Sociological Discourse. Cambridge: Cambridge UP.

Probst, Gilbert, Steffen Raub, und Kai Romhardt (1997): Wissen managen: Wie Unterneh-men ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. Frankfurt am Main: FAZ.

Sieferle, Rolf Peter (1997): Rückblick auf die Natur: Eine Geschichte des Menschen und seiner Umwelt. München: Luchterhand.

Smithson, Michael (1989): Ignorance and Uncertainty: Emerging Paradigms. New York: Springer.

Springer, Roland (1999): Rückkehr zum Taylorismus? Arbeitspolitik in der Automobilin-dustrie am Scheideweg. Frankfurt am Main: Campus.

Veblen, Thorstein (1904): The Theory of Business Enterprise. Reprint Clifton, N.J: Kelley, 1973.

von Krogh, Georg, Johan Roos und Ken Slocum (1994): An Essay on Corporate Epistemol-ogy. Strategic Management Journal 15, 53-71.

Weick, Karl E. (1995): Sensemaking in Organizations. Thousand Oaks: Sage.

Willke, Helmut (1997): Supervision des Staates. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 109: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

109

Peter Pawlowsky

Wozu Wissensmanagement? 1 Wissensmanagement wozu? Wer braucht eigentlich ein Wissensmanagement? Abgesehen von der Berater-zunft, der gelegentlich ein Interesse an „Neuverpackungen“, unabhängig von der Sinnhaftigkeit und Nützlichkeit nachgesagt wird, ist die Anwendung von Wissensmanagement eher verhalten. Zwar ist das potentielle Interesse in den Managementetagen groß - immerhin 96% der befragten Unternehmen im Rahmen einer aktuellen Studie zum Thema Wissensmangement (Bullinger et al. 1997) halten die Thematik für wichtig bzw. sehr wichtig – aber wenn es um die konkrete Umsetzung geht, klafft eine deutliche Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Aus einer aktuellen Untersuchung (Pawlowsky 1998a) ent-nehmen wir beispielsweise, dass lediglich 5% der kleinen und mittleren Unter-nehmen „Wissensmanagement“ als Inhalt auf ihrer Weiterbildungsagenda ha-ben. Auch eine Befragung unter Top- Entscheidungsträgern in überwiegend großen Unternehmen lässt erkennen, dass die konkreten Maßnahmen zum Ma-nagement von Wissenspotentialen überwiegend nur das klassische Repertoire, wie Vorschlagswesen, Handbücher und Kommunikationsforen umfasst (ILOI 1997, S.16). Warum also ist eine derartige Diskrepanz zwischen dem bekunde-ten Interesse und der tatsächlichen Umsetzung zu erkennen? Eine wichtige Rol-le mag hier der zu erwartende Nutzen eines Wissensmanagements darstellen: Welche konkreten Wissensprobleme existieren und wie lassen sich diese mit-tels Ansätze eines Wissensmanagements lösen? Der Sinn und Zweck eines Wissensmanagements ist dann von der konkreten Problemlösungsmöglichkeit abhängig zu machen. Das impliziert zunächst: Nicht jede Organisation braucht Wissensmanagement, sondern nur Unternehmen, die spezifische Wissensprob-leme haben.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 110: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

110

2 Wissensprobleme als Ansatzpunkte Sowohl in kleinen und mittleren Betrieben als auch in größeren Unternehmen stoßen wir im Rahmen von Projekten1 immer wieder auf eine Reihe von ähnlich gelagerten Problemstellungen:

Wissen wird nicht genutzt („wenn wir wüssten was wir wissen“) Es ist nicht bekannt, welche Kernkompetenzen (Wissen) für die Ge-

schäftsprozesse eigentlich relevant sind Es gibt nur wenige neue Ideen und Verbesserungsvorschläge Innovationen finden nur schleppend statt Potentiale von Mitarbeitern werden nicht (rechtzeitig) erkannt Wichtige Wissensträger verlassen die Organisation Wissen wird zurückgehalten und nicht geteilt Es wird immer wieder Doppelarbeit gemacht (Projekte und Recherchen

werden mehrfach durchgeführt etc.) Ähnliche Fehler werden immer wieder gemacht Wichtige Entwicklungen werden erst erkannt, wenn Konkurrenten bereits

gehandelt haben

Diese Befunde stellen offensichtlich keine Einzelfälle dar. Untersuchungen las-sen erkennen, dass derartige Problemdiagnosen häufiger erfolgen. Eine Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (vgl. Bullinger, Prieto 1998) bei 311 Unternehmen in Deutschland verdeutlicht, dass nur 20% der befragten Firmen die Nutzung vorhandenen Wissens für gut oder sehr gut einschätzen. Auch der Transfer von Wissen wird kritisiert. Lediglich 23% der befragten Unternehmen schätzen den Wissenstransfer zwischen den Mitarbei-tern als positiv ein.

Ähnliche Befunde ergeben sich auch aus einer weiteren Befragung von leiten-den Managementvertretern (n=44): „Zwei Drittel der Befragten geben an, kei-nen umfassenden Überblick über das in ihrem Unternehmen vorhandene Wis-sen zu haben“ (ILOI, 1997, S. 12) und der Anteil des genutzten Wissens in Un-ternehmen wird von der Hälfte der Befragten noch nicht einmal auf 40% ge-schätzt. Die Mehrheit der Befragten (82%) ziehen daraus die Schlussfolgerung,

1 An der Forschungsstelle Sozialökonomik der Arbeit (jetzt am Lehrstuhl Personal und

Führung der TU Chemnitz) werden mit Unterstützung u. a. der Gottlieb Daimler- und Karl Benz-Stiftung seit 1990 Forschungsprojekte zu organisationalem Lernen und zum Thema Wissensmanagement durchgeführt. Siehe hierzu: www:/tu-chemnitz.de /wirtschaft/bwl6/ und Pawlowsky 1998.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 111: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

111

dass der entgangene Nutzen beträchtlich sei (82% geben an das mittlerer bis hoher Nutzen entgeht; ILOI, 1997, S. 13). Auch einer internationalen Studie (International Survey on Knowledge Management Drivers 1997) zufolge wer-den Wissensprobleme häufig artikuliert. So ist die Einschätzung, dass wichtiges Wissen ohne jede Vorwarnung verloren geht, in 65 % der 143 befragten wis-sensintensiven Unternehmen verbreitet. Auch die Informationsverarbeitungs-kompetenzen werden häufig als Problem gesehen. So behaupten 80 % der be-fragten Geschäftsführer, dass die Mitarbeiter nicht in der Lage, sind neue In-formationen richtig zu interpretieren. Auch das Phänomen, dass Fehler immer wieder gemacht werden, ist weit verbreitet. So behaupten 82 % der befragten Unternehmen in dieser Studie, dass Fehler häufiger wiederholt werden. Syste-matisiert man diese in der Praxis weitverbreiteten Wissensprobleme, so lassen sich eine Reihe spezifischer Handlungsfelder unterscheiden (vgl. Pawlowsky 1992, 1994, 1998):

• Wissensidentifikation: Fragen, die mit dem Erkennen von Informationen und von Wissen2 zu tun haben. Welches sind die wichtigen informationalen Steuerungsgrößen und welche Ausschnitte der Umwelt werden wie beo-bachtet und daraus geschäftsprozessrelevantes Wissen extrahiert?

• Wissensgenerierung: Ein zweites Handlungsfeld bezieht sich auf die Ent-wicklung und Erneuerung des Wissens in Organisationen. Wie können I-deen gefördert und Innovationen befördert werden?

• Wissensdiffusion: Ferner ist die Bereitstellung und der Austausch von In-formationen und Wissen ein zentrales Gestaltungsfeld. Nicht nur die tatsächliche Verfügbarkeit, beispielsweise im Rahmen von Datenbanken, spielt hier eine wesentliche Rolle, sondern insbesondere die Bereitschaft Wissen mitzuteilen, ist eine grundlegende Voraussetzung für den freien Fluss von Informationen und Wissen.

• Wissensintegration: Das Ausscheiden von wichtigen Wissensträgern und die Generationenablösung stellen viele Organisationen vor Problemstellun-gen der Wissenssicherung. Hier gilt es, Wissen rechtzeitig zu integrieren, d. h. sowohl explizites Wissen zu erfassen als auch das implizite Wissen durch

2 Informationen werden hier als Daten verstanden, die interpretationsbedürftig sind. Wissen

stellt Informationsverarbeitungsstrukturen dar, die aus einer Verknüpfung von erfah-rungsbasierten Annahmen üner Zusammenhänge in der Realität bestehen. Auf individuel-ler Ebene stellen die kognitiven Strukturen des Individuums solche Wissenssysteme dar, auf der Gruppenebene sind Gruppennormen, -routinen und kollektive Systeme der Wirk-lichkeitsinterpretation der Resonanzboden in dem Informationen verarbeitet und gedeutet werden (siehe hierzu im Detail Pawlowsky 1994, 1998).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 112: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

112

gemeinschaftliche Erfahrungsprozesse von einzelnen Wissensträgern zu ü-bermitteln.

• Wissenstransfer zum Handeln: Schließlich lassen sich zahlreiche Wis-sensprobleme darauf zurückführen, dass Wissen nicht in Handeln umgesetzt wird und/oder dass aus Handeln nicht gelernt wird (Problem des Wissens-transfers). Fehler werden wiederholt, obwohl man es eigentlich wissen müsste. Erfahrungen werden nicht hinreichend reflektiert, um daraus zu ler-nen.

3 Praktische Schritte zum Wissensmanagement 3. 1 Handlungsfelder und Gestaltungsdimensionen eines

Wissensmanagements Um diesen und ähnlich gelagerten Wissensproblemen und möglichen Lösungs-ansätzen auf die Spur zu kommen, haben wir im Rahmen unserer Forschungs-arbeiten ein Diagnose-Raster entwickelt, das hilft, diese Problem- und Hand-lungsfelder auszuloten. Dabei wurden theoretische Grundlagen des Wissens-managements und praktische Erfahrungen aus Projekten in ein exploratives Di-agnoseinstrument eingearbeitet. Sowohl aus der Literatur zum Wissensmana-gement als auch aus praktischen Beispielen wird dabei deutlich, dass erfolgs-versprechende Lösungsansätze für o. g. Probleme drei wesentliche Gestal-tungsdimensionen berücksichtigen müssen:

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 113: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

113

Technik Struktur

Mensch Abb. 1: Gestaltungsdimensionen eines integrativen Wissensmanagements (1) Zielsetzungen und Strukturen (strukturelle Aspekte), insbesondere

Fragen der Organisation von Geschäftsprozessen und der damit einherge-henden Arbeitsorganisation

(2) Beziehung und Kommunikation (sozialpsychologische Aspekte), die Wahrnehmung und Einstellungen der Mitarbeiter zu Kernkompetenzen umfassen sowie die Lernkultur und das Vertrauensklima beinhalten.

(3) Technologische Infrastruktur und unterstützende Instrumente

Erfahrungen bisheriger Wissensmanagementprojekte zeigen, dass die Konzent-ration auf nur eine der o. g. Gestaltungsdimensionen zu kurz greift. Zumeist erfolgt der Ansatzpunkt über die IT-Technologie, wobei nicht selten gravieren-de Probleme bei der Nutzung entstehen, da Mitarbeiter zunächst keinen Anlass sehen, wichtiges Wissen zur Verfügung zu stellen. Die sinnvolle Nutzung von technischer Infrastruktur erfordert nicht nur eine einheitliche technische Platt-form, sondern auch ein gemeinsames Verständnis von geschäftsprozessrelevan-ten Kompetenzen und Handlungstheorien, sowie ein Lern- und Vertrauenskli-ma. Wissensmanagement kann dabei nicht bedeuten, dass lediglich Datenban-ken mit Mitarbeiterkompetenzen angelegt und erneuert werden, sondern dass gemeinsame Lernprozesse initiiert und aufrecht erhalten werden. Hierzu bedarf es spezifischer Anreizsysteme, die Gratifikationen für lernförderliches Verhal-ten und den Austausch von Wissen in Aussicht stellen. Ein ganzheitliches Wis-sensmanagement erfordert daher die Berücksichtigung von strukturell-organisatorischen Aspekten, sozialpsychologischen Faktoren, wie etwa das

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 114: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

114

Vertrauensklima und die Einschätzung der Instrumentalität von Wissensaus-tauschprozessen und Fragen der technischen Infrastruktur zur Speicherung, Dokumentation, Retrieval und Austausch von Informationen und Wissen.

Dies impliziert, dass praktische Ansätze eines Wissensmanagements in Organi-sationen in einem Koordinatensystem zwischen wissensspezifischen Problem- und Handlungsfeldern und den drei Gestaltungsdimensionen (Struktur, Mensch, Technik) verortet werden können. 3.2 Grundlage: Analyse der Geschäfts- und Wissensprozesse Grundlage für die Diagnostik ist zunächst eine Betrachtung der Kernkompeten-zen, der zentralen Geschäftsprozesse und der „Workflows“ im Hinblick auf In-formations- und Wissensnutzung. Um beispielsweise abschätzen zu können, ob relevante Informationen und Wissen identifiziert werden, ist es zunächst not-wendig, die zentralen Geschäftsprozesse im Hinblick auf Input und Nutzung von Wissen zu hinterfragen, denn das Kriterium der Relevanz von Informatio-nen und Wissen leitet sich vorrangig aus den Notwendigkeiten bzw. Entwick-lungsperspektiven des Geschäftsprozesses ab. Entsprechend der aufgezeigten Felder des Koordinatensystems erfordert dies zunächst die Abbildung der Ab-laufprozesse und Handlungsschritte, ausgehend beispielsweise von der Vorbe-reitung der Kundenakquisition, der Angebotserstellung bis zur Dokumentation des Auftrags. Neben diesem klassischen Geschäftsprozessmodell wird nun pa-rallel ein informationaler und Wissensprozess ermittelt, wobei die Wissens- und Informationsinputs abgebildet und durch die beteiligten Mitarbeiter im Hinblick auf ihre Relevanz bewertet werden (vgl. Abb. 3).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 115: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

115

Kundenauswählen

Zeitpunkt für Akquisition

Marketing Strategie

Kunden- undMarktstruktur

Eigenschaften-Präferenzen von Kunden

Kundendaten

Kunde ausgewählt

Akquisitionsgespräch führen

EigeneProdukte

Akquisitions-erfahrung

Wissen überspez. Kunden

DokumentiertesWissen überKunden

Keinen Auftragerhalten

Auftrag erhalten

Lessons learned aus Akquisition

Dokumentiertes Wissenüber ausgewählteKunden

Akquisitions-gespräch dokumentiert

Produktdaten Auftragsdaten

Abb. 3: Geschäftsprozess und parallele Informations- und Wissensprozesse

(nach Petkoff 1998, S. 339) Petkoff (1998) beschreibt, wie beispielsweise das ARIS-Toolsets zur inhaltli-chen Strukturierung des im Unternehmen vorhandenen Wissens eingesetzt werden kann, so dass Geschäftsprozessabläufen, erweitert um Prozesse der Wissensverarbeitung abgebildet werden können. Es wird hier davon ausgegan-gen, dass sich die zentrale Wissensverarbeitung in den Geschäftsprozessen ab-spielt. Mit Hilfe der Tools können Wissenslandkarten erstellt werden, die Auf-schluss geben über die organisatorische Verteilung des benötigten, verwende-ten, erzeugten sowie dokumentierten Wissens in Geschäftsprozessen. 3.3 Erkundung der Handlungsfelder von Wissensproblemen Auf der Grundlage dieser wissensbasierten Geschäftsprozessbeschreibung las-sen sich nun entlang der eingangs skizzierten Problem- und Handlungsfelder die drei wissensrelevanten Gestaltungsdimensionen (Struktur, Mensch und Technik) ausleuchten.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 116: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

116

Gestaltungsdimensionen Problem- und Handlungsfelder Frage Struktur Mensch

(Sozialpsych.) Technologie & Instrumente

Wissens-identifikation

Wie wird geschäfts-prozess-relevantes Wissen identifiziert?

• Abbildung von Geschäftsproz.

• Steuerungs-größen/Strate-gien

• Sensoren für Umwelt/Inwelt

• Kernkompe-tenzen/Erfolgs-faktoren

• Wahrnehmung von Kernkom-petenzen

• Informale Ver-netzung

• Boundary span-ning Rollen

• Extraktion von geschäftsprozess-relevanten In-formationen

• Scanning Tools • Electronic Cus-

tomer care; • Data Warehouse • Szenarien

Wissens-generierung

Wie wird die Erneue-rung des Wissens unterstützt?

• Organisations-strukturen

• Gruppenarbeit • Hypertextorg. • Netzwerkstruk-

turen • Knowledge links

• Einstellung zu Neuerungen

• Instrumentalität von Ideen & Kreativität

• Wahrgenommene Partizipations-chancen

• Computer sup-ported coopera-tive work Sys-teme

• Virtuelle Platt-formen für I-deen-Kombination

Wissens-diffusion

Wie erfolgt Wissens-bereitstellung Retrie-val, Austausch & Teilen von Wissen?

• Kommunikati-onsstrukturen

• Leitungsspannen • Berichtspflichten • Räumliche Ges-

taltung der Ar-beitsplätze

• Vertrauensklima und „sharing-Kultur“

• Instrumentalität von Wissens-austausch

• Bereitschaft zu implizitem Wis-sens-Transfer

• Kommunikations Infrastruktur

• Medien und Kanäle

• Telefon, Fax, Intranet, e-mail, voice mail, Groupware etc.

Wissens-integration

Wie findet eine Siche-rung von Wissen und Explizierung von Wissen in der Orga-nisation statt?

• Dokumenten-management

• Speicherungs-routinen

• Stellen-beschreibungen

• Know-How Profile

• Elder-consultants

• Konsistenz von gemeinsamen Handlungs-theorien

• Reflektions-bereitschaft von Neuem

• Subjektive Wis-sens-landkarten

• Selektions- • Speicherungs- • Aktualisierungs- • Retrieval-

hard- und Soft-ware

Wissens-transfer zum Handeln (Ak-tion)

Wie wird Wissenser-neuerung in Verhal-ten umgesetzt? Wie wird aus Verhalten gelernt?

• Lernpotentiale am Arbeitsplatz

• Institutional-isierte feed-back Schleifen zwi-schen Handeln und Konsequen-zen

• Wahrgenommene strukturelle und personelle Trans-ferbarrieren

• Fehlertoleranz • Anreizer-

wartungen für Innovations- um-setzung

• Geschützte Expe-rimentier-felder für neues Han-deln:

• Lernlaboratorien • Mikrowelten • Simulationen

Abb. 4: Handlungsfelder und Gestaltungsdimensionen eines Wissensmana-gements

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 117: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

117

Im Hinblick auf Probleme der Wissensidentifikation stellt sich z. B. die Frage, wie geschäftsprozessrelevantes Wissen ermittelt wird und welche wesentlichen internen und externen Sensoren genutzt werden, um geschäftsprozessrelevante Informationen und Wissen zu erfassen. Im Zentrum steht die Frage nach der Durchlässigkeit der „Außenhaut“ von Organisationen und der intern generier-ten Steuerungsgrößen. Gibt es entsprechende Controllingsysteme, die Prozess-kennzahlen fortlaufend bereitstellen, in welcher Weise werden Fehler doku-mentiert und zugänglich gemacht? Wie werden Rückmeldungen von Abneh-mern, Kunden in eine Optimierung des Prozesses eingebracht? Um geschäfts-prozessrelevantes Wissen zu identifizieren, werden verstärkt Führungsinstru-mente eingesetzt, die auf wissensorientierten Erfolgsfaktoren, wie z. B. Zeit zwischen Entstehung und Dokumentation des Wissen, Beurteilung des doku-mentierten Wissens durch Nutzer, Reaktionszeit auf Anfragen, Anzahl System-zugriffe nach Wissensobjekten, Bewahrung von Mitarbeiter-Know-how und vielen anderen Indikatoren basieren.

Hier knüpft die sozialpsychologische Gestaltungsdimension an, indem Wis-sensprozesse durch die Mitarbeiter bewertet werden und wesentliche Kern-kompetenzen aus der Sicht der Beschäftigten erhoben werden. So ist es bei-spielsweise von Bedeutung, in welchem Maße die Sichtweise der beteiligten Mitarbeiter über zentrale Geschäftsprozesse und die zentralen Wissensressour-cen übereinstimmen und wie die Fehlerkultur wahrgenommen wird. Welche Sanktionserwartungen hegen die Beschäftigten bei der Offenlegung von Feh-lern, welche informationalen Vernetzungen der Mitarbeiter bestehen z. B. zu internen und externen Kunden?

Neben der organisational-strukturellen und der sozial-psychologischen Gestal-tungsdimension ist die technologische Infrastruktur zur Unterstützung dieser Prozesse zu betrachten. In welchem Umfang und mit welcher Qualität werden Informationen über Kompetenzen und Qualifikationen von Mitarbeitern ge-speichert, wie wird geschäftsprozessrelevantes Wissen fortlaufend erneuert und die relevante Umwelt gescannt? Gibt es beispielsweise Ausschnittdienste, sys-tematische Internetrecherchen in Kerngeschäftsfeldern, Befragungen, Electro-nic-Customer-Care-Anwendungen, Marktanalysen? Welche Suchmaschinen werden eingesetzt, existieren Data-Warehouse-Konzepte, die Reporting Syste-me, Data Mining, Business Support-Systeme unterstützen?

Im zweiten Handlungsfeld der Wissensgenerierung und –erneuerung sind ebenfalls strukturelle, sozialpsychologische und technologische Aspekte zu be-rücksichtigen. Die Frage der Generierung neuen Wissens in Organisationen ist in sich äußerst komplex und kann nicht mechanistisch beantwortet werden. Al-lerdings lassen sich in Organisationen durchaus Bedingungen schaffen, die das

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 118: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

118

Entstehen von Ideen und Innovationen wahrscheinlicher machen. Kreativität und Erneuerung beruhen im Kern auf Kombinationsprozessen von divergenten Wissensbeständen und Informationen (vgl. z. B. Koestler 1964). Folgt man die-sen Annahmen, so kann Wissenserneuerung in Organisationen durch eine Er-höhung der Kombinationsmöglichkeiten von expliziten Wissensbeständen ge-schaffen werden und oder dadurch, dass implizites Wissen der Beschäftigten expliziert wird, also anderen zugänglich gemacht wird. Aus Untersuchungen zu Wissensgenerierungsprozessen in japanischen Unternehmen leiten Nonaka und Takeuchi (1995) vier Arten von Wissensverknüpfungen ab: Sozialisation, Ex-ternalisierung, Kombination und Internalisierung. Diese Verknüpfungsprozesse lassen sich durch unterschiedliche organisatorisch-strukturelle, sozialpsycholo-gische und technische Voraussetzungen fördern. Im Hinblick auf die strukturel-len Grundlagen stehen im Vordergrund Organisationsformen, wie z. B. Grup-penorganisationen (North 1998), Hypertext- und Matrixstrukturen (Nonaka et al. 1995) sowie Netzwerkstrukturen und gezielte „knowledge links“ (Badaracco 1991), die alle Voraussetzungen für innovationsfördernde „Querverbindungen“ bieten.

Die sozialpsychologische Gestaltungsdimension der Wissensgenerierung bein-haltet einerseits kreativitätsfördende Stimulierung durch Vielfalt, Redundanz und Slack, andererseits auch die Bereitschaft und Fähigkeit, Bewährtes in Frage zu stellen und Neues zu erproben. Dabei bildet die Balance zwischen einer grundlegenden Sicherheit und der Druck zur Veränderung eine wichtige Vor-aussetzung, um Neues und Risiko zu wagen. Nur wenn das Standbein sicher steht, kann mit dem Spielbein geprobt werden. Ferner muss sich Erneuerung aus der Sicht der beteiligten und betroffenen Mitarbeiter lohnen. Die Chance des Neuen muss die Sicherheit des Alten in Frage stellen. Wie nehmen Be-schäftigte den Umgang mit Neuerungen wahr, wie wird aus ihrer Sicht auf Verbesserungsvorschläge reagiert, welches Gewicht haben Kreativität und I-deenreichtum im Anreizsystem beispielsweise für Aufstieg, Verantwortung und Entlohnung?

Die technologische Gestaltungsdimension der Wissenserneuerung beinhaltet zum einen die technischen Voraussetzungen eines Zugriffs auf die Wissensba-sis der Organisation durch die Beschäftigten, das effiziente Retrieval und die Verarbeitung großer Datenmengen und die Bereitstellung von virtuellen Räu-men für Kommunikation, Ideen- und Gedankenaustausch. Eine zentrale Rolle spielen hier sog. Groupware Ansätze, die „Computer Supported Cooperative Work“ (CSCW) – Formen ermöglichen, wie z. B. Kommunikation durch elekt-ronische Postsysteme, Videokonferenzsysteme und Bulletin Board Systeme. Ferner gemeinsame Informationsräume, wie Hypertext-Systeme, Mehrbenut-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 119: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

119

zer-Datenbanken und Workgroup Computing wie z. B. Gruppeneditoren (vgl. Petkoff, 1998; Bach 1999). Ebenso wie in den Handlungsfeldern der Wissens-identifikation und der nachfolgend angesprochenen Wissensdiffusion sowie Wissensintegration kann die Wissenserneuerung durch diese technische Infra-struktur wesentlich gefördert werden.

Fragen und Probleme der Wissensgenerierung sind eng verknüpft mit dem Handlungsfeld der Wissensdiffusion, zumal der Austausch und die Verteilung von Information und Wissen eine wesentliche Voraussetzung für die Wissens-erneuerung darstellt. Der Austausch und die Diffusion von Informationen und Wissen oder aber das Auftreten von Blockaden und Behinderungen in dem Prozess der Wissensdiffusion können sehr vielfältige Ursachen haben. Struktu-relle Aspekte , die hier eine Rolle spielen, sind sowohl organisationale Struktu-ren, Leitungsspannen und Berichtspflichtroutinen, die möglicherweise mit dem Geschäftsprozess konfligieren, als auch die räumliche Anordnung von Arbeits-plätzen und vorhandene Kontaktmöglichkeiten. Häufigkeit und Radius von Kommunikationsroutinen können beispielsweise mittels Netgraphing-Methoden (vgl. Romhardt 1998, S. 222) erfasst werden, um Geschäftsprozesse und Kommunikationsströme zu optimieren. Ein in vielen Organisationen insti-tutionalisierter Bereich der Wissensdiffusion ist qua Funktion die betriebliche Personalentwicklung und Weiterbildung, die viel zu selten diese Aufgabe aus einer ganzheitlichen Sicht eines Wissensmanagements betrachtet.

Zentrale Bedeutung kommt bei der Verteilung von Wissen der sozialpsycholo-gischen Dimension zu. Denn Wissensdiffusion erfordert nicht nur Wissensverteilung, sondern auch die Bereitschaft, Wissen zu teilen. Diese Bereitschaft ist in hohem Maße an ein Vertrauensklima (Seifert et al. 1998) und „Sharing-Kultur“ geknüpft und setzt voraus, dass der Austausch von Wissen für die jeweiligen „Wissensgeber“ nicht mit Nachteilen verbunden, sondern prinzipiell von Vorteil ist. Dies erfordert entsprechende Transparenz und Bewertungs- sowie Anreizsysteme. Vorrangig wissensintensive Dienstleistungsunternehmen, wie beispielsweise Unternehmensberatungen, haben in den letzten Jahren mit Distributions-, Selektions-, Klassifikations- und Evaluationsverfahren experimentiert, um Prozesse der Wissensverteilung zu optimieren. Neben den IT-und Softwarelösungen, z. B. Combining, Describing und Linking-Diensten sowie Collaborative Filtering (vgl. Fallbeispiel Arthur Andersen, Romhardt, 1998, S. 194), spielen hier zum Teil gruppengestützte Bewertungsverfahren von abgelegten Informationen und deren Verknüpfung mit Anreizsystemen eine wesentliche Rolle. Die Grundfrage bei der Konstruktion und Gestaltung von Wissensverteilungsprozessen - ob IT gestützt oder nicht – ist, was Organisationsmitglieder veranlasst, ihr Wissen zu teilen. Auch die besten Intranets sind nur so gut wie die Informationen und das

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 120: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

120

gut wie die Informationen und das Wissen, das mit ihnen verteilt wird. Ein wei-teres Problem liegt in der Tatsache, dass ein wesentlicher Aspekt des Wissens-austausches in Organisationen nicht explizierbar ist. Implizites Wissen wird durch gemeinsame Erfahrungen und Handeln übertragen und verteilt. Diese Dimension des Wissensaustausches erfordert gemeinsame Erlebnisräume und Erfahrungsprozesse, die z. B. durch gemeinsame Lernerfahrungen, Gruppenar-beit, Projektteams, Coaching und Mentoring unterstützt werden können. Der Einschätzung der Kommunikationskultur durch die Organisationsmitglieder kommt daher eine besondere Bedeutung im Kontext des sozialpsychologischen Handlungsfeldes zu. Welche Erfahrungen wurden gemacht, prägen freimütiger Austausch von Erfahrungen und Wissen die Praxis im Unternehmen, dominie-ren eher Anweisungen, Diskussion oder Dialog die Interaktionsprozesse auf horizontaler und vertikaler Ebene?

Die technische Dimension der Wissensdiffusionsfrage beinhaltet alle Aspekte der kommunikativen Verknüpfung innerhalb der Organisation als auch nach „außen“. Hier sind klassische Kommunikationskanäle wie Telefon und Fax ne-ben neueren Systemen wie Intranetlösungen und CSCW-Konzepte zu betrach-ten, wobei so unterschiedliche Anwendungen, wie virtual communities of knowledge (IBM), e-mail, Chat-rooms, discussion groups u. a. auf diesen Net-zen den kommunikativen Austausch fördern können.

Fragen der Wissensintegration zielen auf die Sicherung und Bewahrung des Wissens, unabhängig von einzelnen Personen, die die Organisation verlassen. Dies stellt sich insbesondere als Problem- und Handlungsfeld in Organisationen mit überalterten Personalstrukturen, mit hoher Fluktuation oder aber mit weni-gen zentralen Wissensträgern dar. Aber auch Neuerungen und Ideen, die sich durch Zufälle oder durch Experimentieren ergeben müssen „festgehalten“ und in das kollektive Gedächtnis der Organisation integriert werden, um dieses Wissen zugänglich zu machen. Das Spektrum der strukturell-organisatorischen Gestaltungsdimension erstreckt sich von organisationalen Routinen zur Spei-cherung geschäftsprozessrelevanten Wissens über die Etablierung von Berater-netzwerken aus ehemaligen Führungskräften, Wissenslandkarten und Trans-ferworkshops, Learning histories und vieles mehr. Das Handlungsfeld Wissens-integration erfordert eine enge Abstimmung mit der Wissensidentifikation, da es in beiden Bereichen um die Selektion von „relevanten“ Ausschnitten der Umwelt und der organisationalen „Inwelt“ geht.

Eine Wissensintegration impliziert stets die Verankerung von neuem Wissen in einem Netzwerk vorhandenen Wissens. Hier kann die Analogie zu einem kog-nitiven Wissenssystem verdeutlichen, dass das organisationale Gedächtnis, sei es in Form von Datensicherung, Dokumentenablage oder aber in Form von ge-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 121: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

121

meinsamen Wirklichkeitskonstruktionen von Gruppen und Abteilungen, stets nur solches Wissen aufnehmen kann, das verankert werden kann, d. h. Wissen, das in die Strukturen zu integrieren ist. Aus diesem Grund ist es von entschei-dender Bedeutung, die Strukturen des kollektiven Organisationsgedächtnisses sowohl in Datenbanken als auch in den Handlungstheorien der Organisations-mitglieder auf Aktualität und Angemessenheit zu prüfen. Für die sozialpsycho-logische Gestaltungsdimension des Wissensmangements bedeutet dies, dass die wesentlichen Handlungstheorien kontinuierlich hinterfragt werden müssen: Welches sind die grundlegenden Annahmen, die das Handeln steuern, was wird belohnt, welches sind die Hypothesen über wahrscheinliche Entwicklungen, wie sehen angemessene Handlungsstrategien aus ? Ein weiterer Aspekt der so-zialpsychologischen Dimension bezieht sich auf die Förderung von implizitem Wissenstransfer. Welche Bereitschaft besteht im Unternehmen, Erfahrungswis-sen zu bewahren und sich dieses Wissen anzueignen, welche systematischen „Sozialisationsformen“ werden in der Organisation verankert, wo lernen und erfahren die „Neuen“ das Wissen der „Alten“?

Die technologische Gestaltungsdimension der Wissensintegration sieht sich mit dem Kernprozess „Selektion – Speicherung – Aktualisierung – Retrieval“ kon-frontiert. Was soll überhaupt gespeichert werden (Selektion), nach welchem System (Patterns und Scripts) soll dieses Wissen abgelegt werden (Speiche-rung), wie kann das Wissen aktualisiert werden (Aktualisierung) und wie kann der Zugriff in Abhängigkeit von der jeweiligen Problemstellung erfolgen (Ret-rieval) ? So sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von Integrationsdiensten, wie etwa „Office-Dokumente“ und SAP R/3 entwickelt worden, die entspre-chende Architekturen für statische und dynamische Objektmodelle zur Verfü-gung stellen (vgl. z. B. Petkoff 1998), wobei eine wesentliche Anforderung je-doch darin besteht, Schnittstellen zwischen Geschäftsebene und Wissensebene zu schaffen. Die Abbildung der Wissenskomponente von Geschäftsprozessen durch die Erweiterung von Geschäftsobjekten um zusätzliche Metadateien er-fordert die Charakterisierung der Dokumente über Stichworte, Indizes oder Thesauri und die Gewichtung von Inhalt und Relevanz (vgl. z. B. Thiesse et al. 1999; Petkoff 1998; Fallbeispiel „Arthur Andersen“ in Probst et al. 1997, S. 291).

Das fünfte Handlungsfeld – Wissenstransfer zum Handeln - bezieht sich auf den Transfer und die Umsetzung von Wissen in Handeln und die Frage, wie aus Handeln wiederum Wissen entsteht. Die Bereitschaft zur Nutzung von Wissen ist von der Erwartungshaltung bezüglich der Konsequenzen abhängig. Nutzen und Nutzung sind eng verknüpft. Es müssen daher strukturell-organisatorische und sozialpsychologische Voraussetzungen geschaffen werden, die die Umset-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 122: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

122

zung und Anwendung von Wissen fördern. Welche Konsequenzen antizipieren Mitarbeiter, wenn sie neues Wissen erproben, wie reagieren Mitarbeiter und Vorgesetzte, wie wird die Fehlertoleranz wahrgenommen? Eines der wichtigs-ten organisatorischen Gestaltungsinstrumente ist das Führungs- und Anreizsys-tem. Nicht selten orientieren sich die im Anreizsystem verankerten Leistungs-kriterien an Verhalten, das in der Vergangenheit erfolgreich war, während Mut zu Neuerungen, Erprobung von Ideen und Innovativität ignoriert oder sogar bestraft werden. Die positive Sanktionierung von Lernfähigkeit und Umsetzung neuen Wissens in Arbeitsroutinen muss als zentrale Aufgabe von Führungs- und Anreizsystemen verstanden werden. Hinsichtlich einer besseren Wissens-nutzung existieren ferner im Rahmen der klassischen Weiterbildung eine Viel-zahl von Erkenntnissen, wie eine Übertragung von Wissen vom Lernfeld in das Funktionsfeld unterstützt werden kann. Wesentlich sind hier beispielsweise Ähnlichkeiten zwischen Lernkontext und Anwendungszusammenhang. Ideal-erweise fallen Arbeiten und Lernen zusammen. Die Gestaltung lernförderlicher Arbeitsbedingungen setzt voraus, dass feed-back-Schleifen Rückmeldungen über die Effektivität und Effizienz von Handlungsweisen vermitteln oder an-ders formuliert, dass Konsequenzen von Handlungen erlebbar werden. Als be-sonders förderlich erweisen sich hier dem Handeln nachgeordnete Reflekti-onsphasen, in denen die Konsequenzen des eigenen Verhaltens hinterfragt wer-den. Hier bieten sich unterschiedlichste Praktiken des Action-learning-Ansatzes an, die mit Erfolg im Rahmen von organisationalen Lernprozessen eingesetzt werden.

Schließlich bieten sich auch auf der dritten Handlungsdimension „Technologie und Instrumente“ eine Reihe von Möglichkeiten, die Wissensnutzung zu unter-stützen. Neues Wissen wird häufig in realen Kontexten nur zögerlich angewen-det, da das Risiko von Fehlentscheidungen bedrohlich wirkt. Daher bietet es sich an, Verhalten experimentell und spielerisch zu erproben, indem man die Konsequenzen simuliert. Nützlich können hier eine Vielzahl von Instrumenten eingesetzt werden, von der systemischen Modellierung über Mikrowelten bis zu Szenario-workshops sowie Lernlaboratorien und Lerninseln.

Die beschriebenen Handlungsfelder stellen quasi den Rahmen dar, innerhalb dessen die eingangs skizzierten „Wissensprobleme“ im Hinblick auf die drei Ebenen „Struktur“, „Mensch“ (sozialpsychologische Faktoren) und „Technik“ beleuchtet werden. Hierzu existiert ein Raster von Erkundungsfragen, die mittels Interview und Fragebogen erhoben werden. Daraus lassen sich Anhaltspunkte zu Stärken/Schwächen im Hinblick auf Wissensprozesse in der jeweiligen Organisation ableiten. Diese Stärken/Schwächen-Analyse bietet die Grundlage für eine gemeinschaftliche Evaluation im Rahmen von Workshops.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 123: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

123

Hier können die Ergebnisse vermittelt und reflektiert werden, einerseits um eine Sensibilität für den Einsatz von Informationen und Wissen zu schaffen, andererseits um eine Validierung, Präzisierung und Verdichtung der Verbesserungsansätze vorzunehmen. Zur Unterstützung von nachfolgenden Interventionen wurde eine Datenbank aufgebaut, in der praktische Erfahrungen, Instrumente sowie Methoden des Wissensmanagements enthalten sind. Der Aufbau dieser Datenbank orientiert sich an den gleichen Handlungsfeldern wie das beschriebene Analyseinstrument, sodass für ermittelte Problemfelder spezifische Instrumente und Methoden vorgeschlagen werden können.

Eine Testversion dieser Datenbank ist im Internet unter http://bwl6.wirtschaft. tu-chemnitz.de/forschung/forschung.html verfügbar. Damit wird es möglich, in Abhängigkeit von der organisationsweiten Stärken/Schwächen-Analyse, auch zielgenaue Tools einzusetzen, die auf die Überwindung von identifizierten Schwächen abzielen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 124: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

124

Literatur Bach, V. (1999). Business Knowledge Management: von der Vision zur Wirklichkeit. In:

Bach et al. (Hrsg.), Business Knowledge Management. Berlin: Springer.

Badaracco, J. L. (1991). Knowledge Link: How firms compete through Strategic Alliances. Boston: HBS Press.

Bullinger, H-J.; Wörner, K. & Prieto, J. (1997). Wissensmangement heute – Daten, Fakten, Trends. Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO) 1997.

Bullinger, H.-J. & Prieto, J. (1998). Wissensmanagement: Paradigma des intellektuellen Wachstums. In P. Pawlowsky (Hrsg.), Wissensmanagement – Erfahrungen und Perspek-tiven. Wiesbaden: Gabler.

ILOI (Internationales Institut für Lernende Organisation und Innovation). (1997). Knowled-ge Management – Ein empirisch gestützter Leitfaden zum Management des Produkti-onsfaktors Wissen. Studienbericht. München.

International Survey on Knowledge Management Drivers (1997). Conducted by the Journal of Knowledge Management with the assistence of the Benchmarking Exchange and the Best Practice Club & Trade. June-August 1997. http///bwl6.wirtschaft.tu-chemnitz.de/ol-tools/interkm.html

Koestler, A. (1964). The Act of Creation. London: Hutchinson.

Nonaka, I. & Takeuchi, H. (1995). The Knowledge Creating Company (How Japanese Com-panies Create the Dynamics of Innovation). New York, Oxford: Oxford University Press.

North, K. (1998). Wissensorientierte Unternehmensführung – Wertschöpfung durch Wissen. Wiesbaden: Gabler.

Pawlowsky, P. (1992). Betriebliche Qualifikationsstrategien und organisationales Lernen. In W. Staehle & P. Conrad (Hrsg.), Managementforschung. Bd. 2 (S.177-238). Berlin: de Gruyter.

Pawlowsky, P. (1994). Wissensmanagement in der lernenden Organisation. Unveröffentlich-te Habilitationsschrift: Universität Paderborn.

Pawlowsky, P. (1998). Integratives Wissensmanagement. In P. Pawlowsky (Hrsg.), Wis-sensmanagement – Erfahrungen und Perspektiven (S. 9-46). Wiesbaden: Gabler.

Pawlowsky, P. (1998a). Weiterbildungsbedarf in den neuen Bundesländern. Unveröffent-lichte Studie in Kooperation mit der TÜV-Führungsakademie, Sachsen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 125: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

125

Pawlowsky, P., Forslin, J. & Reinhardt, R. (1999). Practice and Tools of Organisational Learning. FSA-print; erscheint in: Dierkes, M., Berthoin-Antal, A., Child, J., Nonaka, I. (Eds.). (1999), Handbook of Organisational Learning and Knowledge. Oxford Univer-sity Press.

Pawlowsky, P. (1999). Management Science and Organizational Learning; erscheint in: Dierkes, M., Berthoin-Antal, A., Child, J., Nonaka, I. (Eds.). (1999), Handbook of Or-ganisational Learning and Knowledge. Oxford University Press.

Petkoff, B. (1998). Wissensmangement. Von der computerzentrierten zur anwenderorientier-ten Kommunikationstechnologie. Bonn: Addison-Wesley.

Probst, G., Raub, S. & Romhardt, K. (1997). Wissen managen. Wiesbaden: Gabler.

Romhardt, K. (1998). Die Organisation aus der Wissensperspektive. Wiesbaden: Gabler.

Roos, J., Roos, G., Edvinsson, L. & Dragonetti, N. (1997). Intellectual Capital: Navigating in the New Business Landscape. London.

Seifert, M. & Pawlowsky, P. (1998). Innerbetriebliches Vertrauen als Verbreitungsgrenze atypischer Beschäftigungsformen. Mitteilung aus der Arbeitsmarkt- und Berufsfor-schung, 31, 599-611.

Sveiby, K. E. & Riesling, A. (1986). Kunskapsföretaget – Seklets viktigaste ledarskapsut-maning. Liber.

Sveiby, K. E. (1997). The New Organizational Wealth: Managing & Measuring Knowledge Based Assets. San Francisco: Berret-Koehler.

Wikström, S., Normann, R., Anell, B., Ekvall, G., Forslin, J., & Skärvad, P.-H. (1994). Knowledge and value (A new perspective on corporate transformation). London, New York: Routledge.

Eine umfangreiche Bibliographie zu wichtigen Literaturquelle im Bereich „organisationales Lernen und Wissensmanagement „ kann unter folgender Adresse eingesehen werden: http://bwl6.wirtschaft.tu-chemnitz.de/forschung/forschung.html (Link: -> Bibliographie)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 126: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 127: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

127

Zu wissen glauben

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 128: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 129: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

129

Andreas Seufert/Andrea Back/Georg von Krogh

Wissensnetzwerke: Vision – Referenzmodell – Archetypen und

Fallbeispiele

„Wir arbeiten in Strukturen von gestern mit Methoden von heute an Problemen von morgen vorwiegend mit Menschen, die Strukturen von gestern gebaut haben und das Morgen innerhalb der Organisation nicht mehr erleben werden.“1

1 Einleitung

Organisationen verändern sich zunehmend von relativ gut strukturierten und

managebaren Systemen zu ineinander verwobenen Netzwerkgebilden mit unscharfen Grenzen. „Genuine sharing of authorities takes place. Firms are nei-ther fully independent nor is one wholly dependent upon the other. They do not lose their legal identities; they retain their own culture and management struc-ture and can pursue their own strategies. But they do reduce their autonomy, share decision making, interconnect their organization structure, manage jointly some activities or operations, and open their company culture to outside influ-ences“.2 Unterstellt man diese Entwicklung als einen Trend für zukünftige Organisationen, so müssen wir – aus Sicht des Wissensmanagements – davon ausgehen, dass die Generierung und der Austausch von Wissen eher im Kontext von Netzwerken als in traditionellen Organisationsstrukturen stattfinden werden. Vor diesem Hintergrund entwerfen wir in dem folgenden Beitrag, aufbauend auf den Arbeiten in dem Competence Center Knowledge

1 Bleicher, K. (1993), S. 23. 2 Badacarro, J. L. (1988), S. 73.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 130: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

130

Networks3 eine Vision für Wissensnetzwerke, beschreiben anschließend ein Referenzmodell und veranschaulichen dieses anhand von Fallbeispielen.

2 Das Netzwerk-Phänomen

Auch wenn die Ursprünge weit zurückverfolgt werden können, so haben in jüngster Zeit insbesondere durch Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie teambasierte Netzwerke einen deutlichen Aufschwung erfahren. Heutzutage kann sich fast keine Branche der Entwick-lung in Richtung netzartiger Beziehungen innerhalb und zwischen Unterneh-mungen entziehen. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sollen nachfolgende Beispiele einen Eindruck davon vermitteln, dass der Trend zu Netzwerkstrukturen nicht auf einige wenige Branchen oder Industrien be-schränkt ist.

Die Automobilindustrie gilt nicht nur in zeitlicher Hinsicht, sondern auch mit Blick auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung als Vorreiter der Entwicklung netzartiger Organisationsformen. Als Beispiele seien Vernetzungen zwischen Herstellern und Zulieferern, Herstellern und Händler-organisationen, aber auch zwischen Herstellern genannt4. Im Zuge der Reduktion der Fertigungstiefe beziehen Automobilhersteller immer mehr Teile und Komponenten von selbständigen, in ein System industrieller Partnerschaften eingebundenen Zulieferbetrieben.

Die biotechnologische Industrie ist eine noch sehr junge Industrie, in der dennoch eine Vielzahl von Unternehmungskooperationen zu finden ist. „The locus of innovation should be thought of as a network of inter-organizational relations. Biotechnology is probably an extreme case of its tendency“.5 Weisenfeld/ Chakarbari (1990) finden in einer Untersuchung der Technologie- und Marketingstrategien von 96 US-amerikanischen und 17 deutschen Biotechnologie-Unternehmungen diese allgemeine Vermutung bestätigt. Von

3 Wir danken unseren Kollegen des Research Centers KnowledgeSource an der Universi-

tät St. Gallen für die Unterstützung und Hilfestellung bei der Erstellung dieses Beitra-ges.

4 Vgl. Sabel, C. F./ Kern, H./ Herrigel G. (1991), S. 203-227. 5 Arora, A./ Gambarella, A. (1990), S. 374.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 131: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

131

besonderer Bedeutung erweisen sich bilaterale Kooperationen und Lizenzvereinbarungen, die der externen Technologieakquisition dienen.6

In kaum einer Industrie dürften aufgrund des Systemcharakters der meisten Hard- und Softwareprodukte, aufgrund der Marktstruktur und nicht zuletzt aufgrund staatlicher Forschungsförderung so viele strategische Allianzen eingegangen worden sein wie in der Elektroindustrie. Die Telekommunikationsindustrie beispielsweise erweist sich daher durch internationale Kooperationsbeziehungen ähnlich vernetzt wie die Automobilindustrie.7 Versicherungen arbeiten verstärkt statt mit eigenen Aussendienstmitarbeitern

andel hat vor vielen Jahren damit begonnen, selbst originäre Einzelhandelsfunktionen zu externalisieren (z. B. Transport, Regalpflege, Shop

mit selbständigen Agenturen und Maklern zusammen. In Erwartung des ge-meinsamen Binnenmarktes ist mit einer weiteren Stärkung der Marktstellung von Mehrfirmenvertretern und Maklern zu rechnen. Der Trend zur Externalisie-rung von Arbeit im Versicherungsgewerbe erfolgt bei verstärktem Einsatz inte-rorganisationaler Informationssysteme sowie intensiver Bemühungen der Ver-sicherungen, die organisationalen und emotionalen Bindungen der selbständi-gen Vertreter und Agenturen an die Gesellschaft zu verstärken.8

Der Einzelh

in the Shop Prinzip) und statt dessen mit Unternehmen zu kooperieren, die diese Leistungen für ihn erbringen9. Infolge aktueller Funktionsausgliederungen werden immer mehr Beschäftigte in eine neue „abhängige Selbständigkeit“ entlassen, um als Propagandisten oder Regalbestücker in den Handelsgeschäften tätig zu sein. Zusätzlich sind in jüngster Zeit Betriebsaufspaltungen und -ausgründungen zu verzeichnen. Die gesamte Vielfalt vertikaler Marketingsysteme, von Agenturverträgen über Vertragshändlersysteme bis hin zum Franchising, zeichnet sich letztlich durch eine enge Abstimmung zwischen kooperierenden Unternehmen aus.

6 Vgl. Weisenfeld, U./ Chakrabari, A. K. (1990), S. 747-758. 7 Vgl. Pisano, G. P./ Russo, M. V./ Teece, D. J. (1988), S. 23-70. 8 Vgl. Sydow, J./ Windeler, A./ Krebs, M./ Loose, A./ van Well, B. (1995). 9 Vgl. Müller-Hagedorn, L. (1990), S. 454.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 132: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

132

3 Vision Wissensnetzwerke

„Most important, in an age of rapidly proliferating knowledge, the central do-main is a social network that absorbs, creates, transforms, buys, sells, and com-municates knowledge. Its stronghold is the knowledge embedded in a dense web of social, economic, contractual, and administrative relationships“.10

3.1 Netzwerke - Theoretische Grundlagen

Ein soziales Netzwerk ist, einer häufig zitierten Definition zufolge: „a specific set of linkages among a defined set of actors, with the additional property that the characteristics of theses linkages as a whole may be used to interpret the so-cial behavior of the actors involved“.11 Der Begriff des Netzwerkes fokussiert somit soziale Beziehungen zwischen Akteuren. Akteure eines sozialen Netzwerkes können – neben Organisationen – Personen, Gruppen, aber auch Organisationskollektive, Gemeinschaften oder sogar Gesellschaften sein. Die sich zwischen Akteuren herausbildenden Beziehungen können grob nach Inhalt (z. B. Produkte oder Dienstleistungen, Informationen, Emotionen), Form (z. B. Dauer und Enge der Beziehung) und Intensität (z. B. Interaktionshäufigkeit) kategorisiert werden. Form und Intensität der Beziehungen begründen die Netzstruktur.12 Im Falle interorganisationaler Netzwerke sind die Akteure in einem sozialen Netzwerk Organisationen im institutionellen Sinne und die Beziehungen im Netzwerk Interorganisationsbeziehungen. Handelt es sich bei diesen Netzwerkorganisationen um Unternehmungen, so kann ein solches Netzwerk als Unternehmungsnetzwerk bezeichnet werden.

Netzwerke sind in struktureller wie kultureller Hinsicht organisiert.13 Die Beziehungen zwischen den Akteuren sind häufig langfristig vertraglich geregelt und personell-organisatorisch sowie technisch-organisatorisch strukturiert. Untersucht werden können die Beziehungen zwischen Netzwerk-unternehmungen insbesondere hinsichtlich Autonomie und Interdependenz, der

10 Badaracco, J. L. (1991), S. 13-14. 11 Mitchell, J. C. (1969), S. 2. 12 Vgl. Alba, R. D. (1982), S. 42-43. 13 Vgl. Krebs, M./ Rock, R. (1994), S. 329.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 133: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

133

Koexistenz von Kooperation und Wettbewerb sowie Reziprozität und Stabilität. Die organisatorischen Grenzen von Netzwerken sind schwer zu bestimmen, so dass Sydow in Anlehnung an Badaracco (1988)14 von „blurred boundaries“ spricht, die durch die Netzwerkmitglieder sozial konstruiert werden. Damit verschiebt sich der Fokus der Unternehmensstrategie vom Aufbau und Schutz der Grenzen einer Unternehmung hin zum Aufbau und der Pflege von Beziehungen. Aus einer stärker organisatorischen Perspektive skizziert Reich das Bild einer Unternehmung als „... facade, behind which teems an array of decentralized groups and subgroups continuously contracting with similar dif-fuse working units all over the world“15 und Webster meint „The focus shifts from products and firms as units of analysis to people, organizations, and the social processes that bind together in ongoing relationships“.16

3.2 Netzwerke und Wissensmanagement

Um die Wirkung von Wissensnetzwerken zu veranschaulichen soll zunächst skizziert werden, inwieweit sich das Konzept von traditionellen Wissensmanagement Ansätzen abhebt. Wissen wird hierbei häufig als objektive Grösse verstanden, die unabhängig von Person und Kontext transferierbar ist. Basierend auf diesem mentalen Modell werden Problemstellungen im Bereich Wissensmanagement häufig durch den massiven Einsatz moderner Technologien, wie beispielsweise Intranet-basierte Yellow Pages und Knowledge Maps, oder durch den Aufbau umfangreicher Information Warehouses zur Verbesserung des Informationsflusses angegangen. Das Unterstützungspotential innovativer Technologien für den Zugriff und die Verteilung von explizitem Wissen, d. h. Wissen, das verbal, schriftlich oder elektronisch niedergelegt ist und deshalb kommuniziert und verteilt werden kann, ist unbestritten. Erforderlich ist jedoch ein ganzheitlicher Ansatz, der neben diesem expliziten Wissen auch implizites Wissen einbezieht. Erforderlich erscheint daher die Stimulation von Austauschprozessen anstelle einer reinen Aggregation von Daten wie in einem Data Warehouse. Entscheidend ist dabei der ungehinderte Fluss von Wissen und Erfahrung.

14 Vgl. Badaracco, J. L. (1988), S. 67-91. 15 Reich, R. B. (1991), S. 81. 16 Webster, F. E. (1992), S. 10.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 134: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

134

Letzteres wird dadurch erschwert, dass dieses implizite Wissen, das tief in persönlichen Erfahrungen, subjektiven Einsichten, Werten und Gefühlen verwurzelt ist, nur sehr schwer kommuniziert und mit anderen geteilt werden kann. Implizites Wissen enthält mit einer technischen und einer kognitiven Dimension zwei wesentliche Bestandteile. Während die technische Dimension informelle, persönliche Fähigkeiten und Fertigkeiten umfasst, die oft als „Know-how“ bezeichnet werden, beinhaltet die kognitive Dimension unsere durch Glauben, Wertvorstellungen und Überzeugungen geprägten mentalen Modelle, mittels derer wir unsere Umwelt wahrnehmen. Aus diesem Grund sind wir überzeugt, dass eine wesentliche Voraussetzung für die Effektivität von Wissensmanagement Aktivitäten darin besteht, Netzwerkstrukturen aufzubauen, die dazu dienen, das Wissen und die Erfahrungen der Mitarbeiter zugreifbar und austauschbar zu machen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass statt lediglich die Sammlung von Daten und Informationen zu unterstützen, insbesondere Generierungs- und Austauschprozesse stimuliert werden.

Obwohl sich die Bereiche Arbeiten, Lernen und Innovation komplementär zueinander verhalten, sind sie heute in vielen Unternehmen als Folge entsprechender mentaler Modelle strikt getrennt.17 Der Bereich Arbeit wird traditionell als Vollzug der Leistungserstellung gesehen. Formale Arbeitsanweisungen und Arbeitsabläufe sollen dabei helfen, dies möglichst effizient zu gestalten. Aufgrund der Fokussierung auf den effizienten Aufgabenvollzug ist dieser Bereich häufig resistent gegenüber Veränderungen. Der Bereich Lernen zielt zwar explizit auf die Aufnahme neuen Wissens, allerdings werden die Potentiale häufig nur unzureichend zur Steigerung der Innovationsfähigkeit genutzt. Verantwortlich hierfür ist in vielen Fällen das zugrundeliegende Design der Lernprozesse. Einerseits sind diese häufig lediglich auf den Wissenserwerb einzelner Mitarbeiter ausgerichtet, anstatt Methoden für eine Vernetzung des Wissens zu vermitteln,18 andererseits erschweren sie durch eine zu stark auf die Vermittlung von Konzepten ausgerichtete Ausbildung den Transfer in die Arbeitswelt. Der Bereich Innovation wird schließlich häufig lediglich mit bahnbrechenden Neuerungen assoziiert, die z. B. im Rahmen von Produktinnovationen in von Kunden und anderen separierten Bereichen des Unternehmens wie Forschungslaboratorien entwickelt werden. Diese Form von Innovationen stellt zwar einen wichtigen,

17 Vgl. Brown, J. S./ Duguid, P. (1991), S. 40-57. 18 Vgl. Seufert, A./ Seufert, S. (1999).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 135: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

135

aber eben nur einen Extrempunkt innerhalb eines Innovationskontinuums dar. Innovationen können darüber hinaus auch durch Erneuerungen und Verbesserungen im „Daily Business“, d. h. in der täglichen Arbeitswelt gekennzeichnet sein. Die Fokussierung auf explizites Wissen sowie die isolierte Betrachtungsweise der Bereiche Arbeit, Lernen und Innovation birgt die Gefahr von Barrieren, wie beispielsweise funktionale Barrieren, hierarchische Barrieren, Barrieren zu Kunden, Lieferanten und Kooperationspartnern oder Medienbarrieren, welche die Generierung und die Anwendung neuen Wissens behindern. Auf diese Weise wird der Wissensfluss im Unternehmen unterbrochen und die Innovations- und Lernfähigkeit eines Unternehmens erheblich beeinträchtigt.

Die Integration des Netzwerk-Gedankengutes in das Wissensmanagement birgt erhebliche Potentiale, die u. a. dazu beitragen, die Innovationsrate deutlich zu erhöhen. Dabei sollen durch „Networking“ Wissensbarrieren überbrückt und Wissensinseln vernetzt werden, um auf diese die Entwicklung, Ausbreitung und Anwendung von Wissen zu stimulieren. So beschreiben Powell/Koput/Smith-Doerr19 erhebliche Verbesserungen bei Lernprozessen zwischen Firmenpartnern, die anstatt Innovationstätigkeiten zu monopolisieren und lediglich exklusive Partnerschaften mit einer sehr begrenzten Auswahl enger Kooperationspartner einzugehen, sich als Mittelpunkte gegenseitig überlappender Netzwerke positioniert und Forschungskooperationen zwischen verschiedenen Partnerorganisationen stimuliert haben. Diese Firmen zeichneten sich insbesondere durch eine höhere Innovationsrate und eine schnellere Adaptionsfähigkeit von Innovationen aus. Das Vorhandensein eines engen Kooperationsnetzwerkes kann darüber hinaus sogar den Blickwinkel auf den Wettbewerb verändern. Innerhalb des Netzwerkes können sich die Partner leichter einer neuen Sichtweise annähern, innerhalb derer es nicht notwendigerweise erforderlich ist, die exklusive Verfügungsmacht über eine Ressource zu besitzen, um von ihr profitieren zu können.

19 Vgl. Powell, W./ Koput, K. /Smith-Doerr, L. (1996), S. 116-145.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 136: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

136

4 Referenzmodell

4.1 Definition

Unter Wissensnetzwerken sollen im folgenden eine Anzahl von miteinander verbundenen Personen, Ressourcen und Beziehungen verstanden werden, welche zusammengezogen werden, um Wissen zu sammeln, zu generieren, zu teilen und zu nutzen. Hinsichtlich der Entwicklung von Wissensnetzwerken unterscheiden wir ungeplante mitgliedergetriebene und geplante managementgetriebene Netzwerke. Während managementgetriebene Netzwerke von Grund auf neu gebildet werden, existieren mitgliedergetriebene Netzwerke bereits aufgrund der Interessen der Akteure, müssen jedoch gegebenenfalls kultiviert werden, um eine bessere Performance zu erreichen. Auf diese Weise können Netzwerke entstehen, deren Teilnehmer eine gemeinsame Sprache sowie gemeinsame Wertvorstellungen und Ziele teilen. Diese sozialen Netzwerke lassen sich durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützen und verbessern. Da sich diese Wissensnetzwerke im Zuge permanenter Lernprozesse weiterentwickeln, können sie eher als dynamische denn als statische Einrichtungen verstanden werden.

4.2 Ebenenmodell

Aufbauend auf den Netzwerkgrundlagen umfasst das Konzept Wissensnetzwerke die Komponenten: Akteure – Individuen, Gruppen, Organisationen; Beziehungen zwischen den Akteuren, die nach Form, Inhalt, Intensität kategorisiert werden können; Ressourcen, die den Akteuren zur Verfügung stehen, sowie institutionelle Rahmenbedingungen im Sinne struktureller und kultureller Rahmenbedingungen wie z. B. Managementsysteme, Normen und Werte oder Kommunikationskultur. Grundsätzlich können diese Dimensionen einerseits aus einer statischen vs. dynamischen Perspektive, andererseits auch aus Mikro- (netzwerkintern) vs. Makro- (Wechselwirkungen des Netzwerkes mit der sie umgebenden Organisation) Sicht analysiert werden. Im Rahmen dieses Beitrages soll

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 137: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

137

lediglich eine statische Mikro-Sichtweise eingenommen werden.20 Hierbei können folgende drei Ebenen unterschieden werden.

FacilitatingConditions

KnowledgeWorkProcesses

KnowledgeNetworkArchitecture

Actor Relationshipsformcontentintensity

Individual Group Organization Collectives of

organizations

Social relationship takingplace in institutional properties

Tools used withinsocial relationships

structural dimensioncultural dimension

Organizational ToolsInformation and CommunicationTools

Social relationship

Management Systems

Organizational StructureCorporate Culture

Abbildung 1: Ebenenmodell Wissensnetzwerke

• Facilitating Conditions umfassen das Umfeld, d. h. die strukturellen und kulturellen Dimensionen, innerhalb derer die Wissensprozesse im Netzwerk ablaufen. Sie definieren damit die fördernden bzw. hemmenden Umgebungsvariablen wie z. B. Organisationsstrukturen, Management-systeme oder kulturelle Aspekte.21

• Knowledge Work Processes beinhalten die Interaktions- und Kommunikationsprozesse auf individueller, Gruppen-, Organisations- oder interorganisationaler Ebene. Nonaka22 folgend können diese Prozesse als Wissensspirale, d. h. dynamische Transformationsprozesse zwischen explizitem und implizitem Wissen auf den unterschiedlichen Ebenen konzeptionalisiert werden.

20 Für eine ausführliche Darstellung der Konzeption vgl. Seufert, A./ von Krogh, G./

Back, A. (1999). 21 Für einen Einblick in die Bedeutung kultureller Aspekt für das Wissensmanagement vgl.

von Krogh (1998), S. 133-153. 22 Vgl. Nonaka, I. (1991), S. 96-104.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 138: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

138

Wissen

sspira

le

Wissen

sspira

le

EpistemologischeDimension

OntologischeDimensionIndividuum

GruppeOrganisation

Organisations-übergreifend

Implizit

Explizit

Socialisation

Externalisation

InternalisationKombination

Abbildung 2: Knowledge Work Processes als Wissensspirale

Sozialisation bezeichnet den Austausch von implizitem Wissen zwischen Individuen, um persönliches Wissen und Erfahrungen zu teilen. Durch gemeinsames Erleben entsteht neues implizites, mit anderen geteiltes Wissen, wie beispielsweise Wertvorstellungen oder technische Fertigkeiten. In der Praxis bedeutet dies, z. B. intuitives und persönliches Wissen durch physische Nähe und direkte Interaktion mit Kunden oder Lieferanten zu erlangen. In der Phase Externalisierung finden hingegen Umwandlungsprozesse insofern statt, als einerseits implizites Wissen in explizites Wissen umgesetzt wird, andererseits Individuen in einer Gruppe Wissen austauschen. Häufig werden für die Umwandlung von implizitem, schwer ausdrückbarem Wissen Methoden, wie beispielsweise Metaphern, Analogien, eine bildhafte Sprache oder Erzählungen sowie Visualisierungshilfsmittel, z. B. Modelle, Diagramme oder Prototypen eingesetzt. Wichtig ist insbesondere auch eine konstruktive Diskussion mittels deduktiver oder induktiver Argumentation in der Gruppe, um zu kreativen Schlussfolgerungen gelangen zu können. Die Umwandlung von explizitem zu komplexerem und systematisierterem explizitem Wissen stellt die Phase Kombination dar. Sie dient dazu, verschiedene Bereiche des expliziten Wissens miteinander zu verbinden und organisationsweit zur Verfügung zu stellen. Die Systematisierung und Weiterveredelung steigert den Gebrauchswert des vorliegenden Wissens und dessen Transferierbarkeit auf alle Organisationseinheiten. Internalisierung umfasst die Umwandlung des organisationsweiten, expliziten Wissens in das implizite Wissen des Individuums. Dies erfordert vom Individuum, für sich selbst relevantes Wissen innerhalb des organisationalen Wissens zu erkennen. Kontinuierliches Lernen

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 139: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

139

und das Sammeln von eigenen Erfahrungen durch „learning-by-doing“ unterstützen Mitarbeiter bei diesen Internalisierungsprozessen. Auf diese Weise können sowohl Fähigkeiten und Fertigkeiten („Know-how“) als auch Unternehmensvisionen und Leitlinien als eigene Wertvorstellungen internalisiert werden. Dieses implizite Wissen und die gewonnenen Erfahrungen auf Individual-Ebene können dann wiederum in Sozialisierungsprozessen zwischen Individuen geteilt werden, so dass sich die Wissensspirale erneut in Gang setzen lässt.

Der Definition in diesem Beitrag folgend werden unter Wissensnetzwerken im folgenden soziale Netzwerke zwischen Wissensträgern verstanden, um die Ent-stehung von Wissen auf Individual-, Gruppen-, Organisations- und Inter-Organisationsebene zu ermöglichen. Aus Sicht der Wissensentwicklung erscheint dabei insbesondere erforderlich:

• Vernetzung unterschiedlicher Wissensarten, -ebenen und -bereiche: Wissen entsteht durch die Vernetzung bisherigen Wissens mit anderem Wissen. Erforderlich ist hierbei sowohl die Vernetzung zwischen einzelnen Wissensarten (explizit und implizit), als auch die Vernetzung zwischen verschiedenen Ebenen (z. B. Individuum, Gruppe) und Bereichen (z. B. Kundenwissen, F&E-Wissen).

• Vernetzung von Wissensentwicklungsprozessen und Plattformen: Die Entstehung von Wissen kann an verschiedenen realen (z. B. im Büro, beim Kunden), virtuellen (z. B. verteilte Teamräume) oder mentalen (gemeinsame Wertvorstellungen, Ideale) "Orten" stattfinden. Diese können sich in Form von formellen oder informellen Netzwerken konstituieren. Da Wissen in immer stärkeren Masse an zeitlich und physisch verteilten Orten entsteht, ist der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie für die Wissensentwicklung ein kritischer Erfolgsfaktor. Neben diesen formellen Netzwerken sind informelle Beziehungen jedoch von erheblicher Bedeutung für die Wissensentwicklung.

• Vernetzung von Wissensentwicklungsprozessen und Umgebungsvariablen: Um ihre optimale Wirkung entfalten zu können, müssen Wissensentwicklung und Umfeld miteinander vernetzt werden. Einerseits sind diese Prozesse auf das Umfeld und die Unternehmenskultur, innerhalb derer sie stattfinden, abzustimmen. Andererseits sollten die Unternehmen aktiv an der Gestaltung einer Umgebung mitwirken, um eine effiziente und effektive Wissensentwicklung zu ermöglichen und zu fördern.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 140: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

140

5 Archetypen und Fallbeispiele

Wissensnetzwerke bieten den jeweils notwendigen Raum für die Unterstützung von Wissensentstehungsprozessen. Um die Wissensschaffung in Netzwerken zu veranschaulichen, lassen sie sich konzeptionell anhand des primär zugrunde-liegenden Wissensentwicklungsprozesses in vier Archetypen unterscheiden.23

Sozialisation

Implizit Implizit

Externalisierung

Internalisierung Kombination

ExplizitImplizit

ExplizitExplizitImplizit Explizit

Erfahrungsaustauch Dialogund Interaktionen

WissensaufbereitungWissensanwendung

Wissensnetzwerke

Abbildung 3: Archetypen von Wissensnetzwerken24

23 Die Bildung dieser Archetypen erfolgt in Anlehnung an das Ba-Konzept. Vgl. Nonaka,

I./ Konno, N. (1998), S. 40-54. 24 Vgl. Seufert A./ Seufert S. (1998), S. 77-84.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 141: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

141

5.1 Erfahrungsaustausch

5.1.1 Beschreibung

Da Wissensnetzwerke des Typs Erfahrungsaustausch neues Wissen primär durch Sozialisation generieren, liegen ihnen v. a. aktionsorientierte Prozesse durch gemeinsames Erleben zugrunde. Durch gemeinsame Erfahrungen und Aktivitäten wird direkt neues implizites Wissen geschaffen. Abbildung 4 zeigt wesentliche Beschreibungselemente im Überblick.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 142: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

142

Archetyp

Implizit Implizit

Sozialisation, d.h. neues Wissen entsteht durch den Austauschprozess von implizitem Wissen zwischen Individuen.

Implizites Wissen: Know-how und Fähigkeiten, die sich akkumuliert ha-ben durch die Erfahrungen am Arbeitsplatz, von den Organisationsmit-gliedern wahrgenommene Unternehmenskultur und Image, "Erfahrungs-schatz" des Unternehmens, sehr firmenspezifisches Wissen, schwierig zu imitierende Ressource, langfristige Wettbewerbsvorteile.

Facilitating Conditions

Gemeinsame Erfahrungen und Aktivitäten, stimuliert durch direkte Begeg-nung zwischen Individuen, gemeinsame Vertrauensbasis sowie gegenseitiges Einfühlungsvermögen und Offenheit.

Knowledge Work Processes

Aktionsorientierte Prozesse durch gemeinsames Erleben: Anhäufung von eigenem implizitem Wissen: Manager erwerben Informa-

tionen von Verkaufs- und Produktionsseite, teilen Erfahrungen mit Liefe-ranten, Kunden sowie im Dialog mit Wettbewerbern,

Sammlung von "sozialen Informationen" und Eindrücken innerhalb und ausserhalb des Unternehmens: direkt an der Frontlinie mit Kunden, Inter-aktion mit externen Experten oder informelle Gespräche mit Wettbewer-bern,

Transfer von implizitem Wissen: einem Fachexperten "über die Schulter" schauen können, eine Arbeitsumgebung zu generieren, die es anderen er-laubt, Experten Know-how durch Praxiserfahrungen und Demonstrationen zu verstehen.

Knowledge Net-work Architecture (Beispiele)

Org-Tools: Management by walking around25: Erfahrungen austauschen durch den direkten Kontakt, Methoden aus der Lernpsychologie: "Cognitive Apprenticeship", Brainstorming Camps, Face-to-Face Meetings, Lunch Meetings.

IuK-Tools: Nur schwer durch IT-Tools zu unterstützen, da implizites Wissen sehr persönlich und mit Emotionen und Intuitionen verbunden ist. Liegt jedoch eine vollständige virtuelle Organisationsstruktur vor, gibt es bereits Beispiele, dass auch in virtuellen Gemeinschaften gewisse Vertrauensbildungs- und Sozialisationsprozesse, basie-rend auf neuen Kommunikationsmedien26, wie z. B. Electronic Meetings oder Videoconferencing, stattfinden können.

Abbildung 4: Archetyp Erfahrungsaustausch

25 In diesem Zusammenhang können Rollen geschaffen werden, welche die Entwicklung

neuen Wissens stimulieren. Vgl. von Krogh, G./ Nonaka, I. (1997), S. 475-483. 26 Für einen Einblick in Entwicklungen und Szenarien im Bereich kooperativer Systeme

vgl. Back, A. (1995), S. 4-7.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 143: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

143

5.1.2 Fallbeispiel Seven Eleven Japan27

Seven Eleven Japan gilt bezüglich ihrer Effizienz als eine der weltweit führenden Einzelhandelsfirmen. Innerhalb Japans verfügt das Unternehmen über die höchste Umsatzrentabilität im Handelssektor. Als einer der entscheidenden Gründe hierfür wird die Fähigkeit angesehen, Marktwissen zu kapitalisieren. Seven Eleven Japan ist als Franchise-System mit 7.000 Seven Eleven Stores organisiert. In den Seven Eleven Stores werden über 3.000 verschiedene Produkte verkauft, wobei der Verkaufsanteil von Lebensmitteln bei rund 77 % liegt. 70 % dieser Produkte werden jedes Jahr komplett ausgetauscht. Seven Eleven verkauft als Franchise-Geber Wissen an die Seven Eleven Stores, das diesen als Grundlage für die Bestimmung ihrer Verkaufspolitik dient. Um diesen Service anbieten zu können, hat Seven Eleven ein umfassendes

Wissensmanagement aufgebaut. Eines der wichtigsten Elemente ist hierbei das Wissen um die Bedürfnisse des Kunden und die Umsetzung in neue Produkte und Dienstleistungen. Da diese Bedürfnisse teilweise dem Kunden häufig implizit, d. h. nur unterschwellig bewusst sind, bzw. die Artikulation schwierig ist, wird versucht, dieses Wissen durch Netzwerke für einen Erfahrungsaustausch zu erschließen. Zu diesem Zweck wird der direkte Kontakt mit dem Kunden vor Ort gesucht und dieses implizite Kundenwissen zwischen den Angestellten des jeweiligen Seven Eleven Store geteilt. Dieses Wissen wird wiederum in den regelmässigen Treffen mit dem zuständigen Store Consultant von Seven Eleven geteilt, der seinerseits seine Erfahrungen in wöchentlichen Consultant Meetings in der Zentrale mit den Erfahrungen seiner Kollegen austauscht. Trotz des erheblichen Aufwandes dieser Vorgehensweise – implizites Wissen durch persönlichen Erfahrungsaustausch und nicht durch Informationssysteme weiterzugeben - verweist man bei Seven Eleven angesichts der hohen Rentabilität und Innovationsfähigkeit (70 % Sortimentsänderung pro Jahr) auf die hohe Effektivität dieses Verfahrens, um das häufig nur implizit vorliegende Kundenwissen in Wettbewerbsfähigkeit umzusetzen.

27 Vgl. Nonaka, I./ Reinmöller, P./ Senoo, D. (1998), S. 681-683.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 144: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

144

5.2 Dialog und Interaktion

5.2.1 Beschreibung

Wissensnetzwerke des Typs Dialog und Interaktion schaffen neues Wissen primär durch Externalisierung. Durch die Anwendung von Kreativitätstechniken und Visualisierungshilfsmitteln wird durch Dialog und Interaktion implizites in explizites Wissen umgewandelt. Auf diese Weise wird zwar primär explizites Wissen, wie z. B. neue Konzepte und Vorgehensweisen, aber auch implizites Wissen, wie beispielsweise Wertvorstellungen, geschaffen. Abbildung 5 veranschaulicht wesentliche Beschreibungselemente dieses Typs. Archetyp

ExplizitImplizit

Externalisierung, d.h. neues Wissen entsteht durch die Umwandlung von implizitem Wissen in explizites Wissen in der Gruppe.

Explizites Wissen: Konzeptuelles Wissen, wie Modelle, Vorgehensweisen, Prototypen.

Implizites Wissen: Werte und Qualitäten, wie Markenname und Produktqualitäten, wie sie von den Organisationsmitgliedern wahrgenommen werden.

Zwar einfacher festzuhalten, welches Wissen entsteht, besonders das konzeptuelle Wissen ist leichter nachzuahmen, aber es ist sehr schwierig, zu erfassen, was andere wahrnehmen.

Facilitating Conditions

Der Dialog ist der Schlüssel, wobei der Auswahl von Mitarbeitern mit dem richtigen Mix an spezifischem Wissen und Fähigkeiten eine hohe Bedeutung zukommt, interdisziplinäre Zusammenstellung der Gruppe.

Knowledge Work Processes

Reflektionsorientierte Prozesse: Ermöglichen kreativer und essentieller Dialoge, Anwendung bestimmter Kreativitätstechniken in Dialogen für die

Konzeptgenerierung, Visualisierung von Ideen und Erfahrungen.

Knowledge Network Architecture (Beispiele)

Org-Tools: Spezifische Projektteams, informelle/formelle Zirkel, Einbindung von Designern in Projektteams, Metaphern, Analogien als Kommunikationsmechanismus, Metaphorik als Instrument für den Aufbau eines Netzwerkes von Konzepten, Hypothesen, Dia-gramme, Modelle, Prototypen zur Visualisierung von Ideen, Rollenspiele, Regeln für Brainstorming und Diskussionstechniken für die Interaktionen.

IuK-Tools Collaborative Environments, Electronic Meeting Systeme, Visualisierungstools, Cognitive Tools zur Ideengenerierung.

Abbildung 5: Archetyp Dialog und Interaktion Erfahrungsaustausch

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 145: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

145

5.2.2 Fallbeispiel Sharp28

Sharp wurde 1912 als kleines metallverarbeitendes Unternehmen in Tokyo von dem Erfinder und Bastler Tokuji Hayakawa gegründet. Hayakawa war überaus einfallsreich und ermunterte seine Mitarbeiter durch Aussagen wie „Imitieren Sie nicht, machen Sie etwas, das andere imitieren wollen“ stets zu kreativem Handeln. Seit der Gründung steht Sharp in dem Ruf, permanent neue Produkte hervorzubringen – von einer Gürtelschnalle, die sich selbst einstellt, dem Sharp Bleistift in den Anfangsjahren bis hin zu den TV-Geräten mit Flüssigkristallen und elektronischen Notizbüchern von heute. Das kontinuierliche Streben nach Kreativität und Originalität hat Sharp dazu veranlasst, seine F&E-Aktivitäten im Sinne eines Hypertextmodells zu strukturieren. Bestandteil dieses Organisationsmodells sind sogenannte "Urgent Project Teams", die für strategische Entwicklungsprojekte gebildet werden. Die Projekte sind unabhängig von der hierarchischen F&E-Struktur. Jede Division kann derartige Dringlichkeitsprojekte einreichen, die von der allgemeinen Technologie-konferenz, an der der Präsident, die Fachgebietsleiter und die Labormanager teilnehmen, entschieden werden. Projekte, die positiv entschieden werden, erhalten für die maximale Projektlaufzeit von 18 Monaten nahezu unbeschränkten Zugriff auf Ressourcen des gesamten Unternehmens, um in kurzen Zeitspannen high-quality Entwicklungen zu erreichen. Um möglichst schnell das Kernwissen aus den verschiedenen Divisionen mobilisieren und vernetzen zu können, werden i. d. R. cross-funktionale Teams gebildet. Dies kann u. U. dazu führen, dass Divisionen ihre fähigsten Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum verlieren. Um den Wissensaustausch zwischen diesen Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen zu erleichtern, arbeiten die Urgent Project Teams mit einer speziellen Corporate Design Group zusammen. Diese Designer helfen bei der Externalisierung von implizitem Wissen beispielsweise durch die Visualisierung von Konzepten in Form von Bildern. Diese dienen den Urgent Project Teams wiederum als Input für die Entwicklung erster Prototypen, die schließlich als Materialisierung abstrakter Konzepte z. B. in Meetings als Grundlage für weitere Diskussionen verwendet werden können.

28 Vgl. Nonaka I./ Takeuchi, H. (1995), S. 179-193.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 146: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

146

5.3 Wissensaufbereitung

5.3.1 Beschreibung Archetyp

ExplizitExplizit

Kombination, d.h. neues Wissen wird kombiniert mit bereits bestehendem Wissen, wodurch wiederum neues, weiter veredeltes Wissen für die Organisation entsteht.

Explizites Wissen: Formatiertes und Systemisches Wissen, wie beispielsweise Produktspezifikationen, Manuals, Informationen über Kunden und Lieferanten, Wissen aufbereitet für Lernmaterialien in Trainingsprogrammen.

Wissen ist organisationsweit anerkannt und wird kontextabhängig für gültig empfunden, Wissen ist transferierbar, kann gekauft, verkauft oder gestohlen werden.

Facilitating Conditions

Systematisierung von Wissen i.S. auch von Optimierung von Wissen, effizientes Aufnehmen und Editieren von explizit vorliegendem Wissen.

Knowledge Work Processes

Reflektionsorientierte Prozesse für die Systematisierung von Wissen: Erwerb und Integration: intern und extern existierende Daten erwerben,

um diese in die "Wissenslandschaft" des Unternehmens zu integrieren, Synthese und Verarbeitung: Wissen wird aufbereitet, beispielsweise zu

Manuals, Organisationshandbüchern, zur Aktualisierung in Yellow Pages, zu Newslettern oder zu (multimedialen) Lernmodulen. Dabei steht im Vordergrund, nicht nur Informationen weiterzugeben, sondern sich darüber Gedanken zu machen, wie die kontextabhängigen Informationen beim Empfänger ankommen,

Verbreitung im Unternehmen, um für alle Beteiligten den Zugriff auf das Wissen zu unterstützen.

Knowledge Net-work Architecture (Beispiele)

Org-Tools: Spezifische Rollen für die Veredelung von Wissen: Redakteure und Publikationsteams für Wissensdatenbanken und Intranets, Instructional Designer für die Wissensrepräsentation.

IuK-Tools: Online Netzwerke, Intranets und Wissensdatenbanken, Publish-ing Tools, Authoring Tools, Hypermedia Systeme, Knowledge Mapping, Knowledge Mining, Intelligente Suchagenten, Content Management Systeme.

Abbildung 6: Archetyp Wissensaufbereitung

Wissensnetzwerke des Typs Wissensaufbereitung schaffen neues explizites Wissen durch Kombination, d. h. Systematisierung und Kategorisierung von Wissen. Der Schwerpunkt liegt dabei darin, das Wissen so aufzubereiten, dass

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 147: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

147

es von anderen möglichst einfach verinnerlicht werden kann29. Abbildung 6 beschreibt wesentliche Beschreibungselemente dieses Typs.

5.3.2 Fallbeispiel Arthur Andersen

Arthur Andersen (1885-1947) war im Alter von 23 Jahren einer der jüngsten CPA's in den USA. Mit 27 wurde er Leiter des Instituts für Rechnungswesen der Northwestern University, Illinois. Bereits ein Jahr später gründete er neben seiner Tätigkeit an der Universität seine eigene Prüfungsfirma. Heute gilt Arthur Andersen mit rund 60.000 Mitarbeitern, 363 Standorten in 78 Ländern und ca. 5.2 Mrd. Dollar Jahresumsatz als eine der grössten und erfolgreichsten Prüfungs- und Beratungsgesellschaften der Welt. Mit Beginn der Expansion in den 30er und 40er Jahren erkannte Arthur Andersen die Bedeutung weltweit einheitlicher Service- und Beratungsstandards. Aufgrund dieses „One Firm“ Konzeptes, („act as one firm and speak with one voice“) hatten Massnahmen, welche den Zugriff und die Distribution einheitlicher Standards und Verfahrensweisen unterstützten, bereits früh einen hohen Stellenwert. Als Bestandteil dieser Maßnahmen sind wesentliche Teile dieses Wissens in internen Wissensdatenbanken, wie z. B. KnowledgeSpace, abgelegt. Diese mittlerweile als Intranet realisierten Datenbanken enthalten z. B. Wissen darüber, wie führende Unternehmen Best Practices in verschiedenen Prozessbereichen erreicht haben. Eine der zentralen Herausforderungen beim Aufbau dieses KnowledgeSpace bestand darin, das in den Beratungsprojekten gewonnene relevante Wissen - nach einer aus Gründen des Mandantenschutzes vorgenommenen Anonymisierung - so aufzubereiten, dass es von Mitarbeitern, die nicht an diesen Projekten beteiligt waren, in anderen Beratungsprojekten genutzt werden konnte. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass die komplette Lernkurve von anderen Mitarbeitern erneut durchlaufen werden muss. Neben der Identifikation relevanten Wissens ist hierbei v. a. eine Kombination aus medien- und methodisch-didaktischen Kenntnissen erforderlich, um das Wissen so aufzubereiten, dass es von anderen möglichst einfach aufgenommen werden kann. Aus diesem Grund wurde ein Team mit unterschiedlichen Experten gebildet. Langjährige erfahrene Berater übernehmen die Rolle von Knowledge Managern, die relevantes Wissen identifizieren. Sie entscheiden einerseits, welche Inhalte in die Datenbanken aufgenommen werden, andererseits, wann welche Inhalte wieder gelöscht bzw.

29 Zu Anwendungsbeispielen aus dem Bereich der Managementunterstützung vgl. Back-

Hock, A. (1993), S. 182-218.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 148: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

148

archiviert werden. Letzteres ist insbesondere deshalb erforderlich, da sich nur in seltenen Fällen ein Verfallsdatum von Wissen beispielsweise aufgrund des Datums ermitteln lässt. Nachdem der relevante Inhalt von diesen Fachexperten identifiziert wurde, bereiten Medienexperten diesen adressatengerecht auf. Hierzu gehört neben einer ansprechenden visuellen Aufbereitung v. a. auch die Einordnung in ein unternehmensweites Framework von Kategorien sowie die Verlinkung mit entsprechenden Unterkategorien und der Möglichkeit komfortabel mittels Drill-Up/Down zwischen Überblicks- und Detailinfor-mationen zu navigieren.

5.4 Wissensanwendung

5.4.1 Beschreibung

Da Wissensnetzwerke des Typs Wissensanwendung neues Wissen primär durch Internalisieren generieren, liegen ihnen v. a. aktionsorientierte Prozesse für das Anwenden von Wissen zugrunde. Auf diese Weise wird das explizite Wissen („Know what“) in implizites Wissen („Know how“) umgewandelt. Abbildung 7 gibt einen Überblick über wesentliche Beschreibungselemente.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 149: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

149

Archetyp

Implizit Explizit

Internalisierung, d.h. neues Wissen entsteht durch die Umwandlung bzw. den Übergang von explizitem zu implizitem Wissen, von "Know what" zu "Know how" des Individuums.

Explizites Wissen: Praktisches Wissen, Operatives Wissen, "Know what". Implizites Wissen: Mitarbeiter Know-how, Kernkompetenzen und

Ressourcen des Unternehmens, Unternehmenskultur, insbes. Wissens- und Lernkultur.

Wissen ist transferierbar, Mitarbeiter können das Unternehmen verlassen. Wissens- und Lernkultur ist schwer zu imitieren, hat hohe Wettbewerbsvorteile.

Facilitating Conditions

Praxisorientiertes, kontinuierliches Lernen, Üben und Anwenden von Wissen, Sammeln von Erfahrungen sowie Experimentierfreudigkeit, neues Wissen auszuprobieren.

Knowledge Work Processes

Aktionsorientierte Prozesse für das Anwenden von Wissen: Mitarbeiter sehen sich selbst als Teil der Organisation und erkennen das für

sie relevante (explizite) Wissen, das auf mehrere Arten erworben werden kann: Wissenserwerb in der "realen Arbeitswelt", in der der Mitarbeiter eine

Arbeitsumgebung vorfindet, die den Mitarbeiter bei der Lösung seiner operativen Aufgaben unterstützt und sein kontinuierliches Weiterentwickeln fördert. Wissenserwerb in einer "Lernwelt", die nicht isoliert neben der Arbeitsumgebung exisitiert, sondern in diese integriert ist. Dabei können zwei grundlegende Zielsetzungen im Vordergrund stehen. Erarbeitung von neuem expliziten Grundlagenwissen (Wissen in die Breite), Vertiefung zu implizitem Wissen (Wissen in die Tiefe) Simulationen und Experimentierbereiche bieten den Freiraum, Neues

auszuprobieren und die Konsequenzen von Handlungen in einer simulierten Umgebung zu erfahren.

Knowledge Network Architecture (Beispiele)

Org-Tools: Cross-funktionale Teams, Info-Börse, Informelle/Formelle Zirkel, Communities of Practice, Lernwerkstatt, Berater und Coaching Funktionen, Workshops.

IuK-Tools: Just-in-Time Training via Online Networks, Intelligente Support Systeme, Simulationssysteme, Planspiele, Micro Worlds.

Abbildung 7: Archetyp Wissensanwendung

5.4.2 Fallbeispiel Buckman Laboratories

Buckman Laboratories (Bulab) wurde 1945 als Unternehmen der Spezialitätenchemie gegründet. Geschäftsgrundlage war die einzigartige Fähig-keit, Lösungen für die Wachstumskontrolle von Mikroorganismen zur Verfü-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 150: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

150

gung zu stellen. Heute bietet Buckman mit 1.300 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 300 Mio. Dollar seinen Kunden in über 100 Ländern Hilfestellung bei dem Einsatz und der Nutzung fortschrittlicher Technologien im Bereich der Spezialitätenchemie. Da die hohe Kundenorientierung individuelle Problemlösungen erfordert, arbeiten im Durchschnitt 86 % aller Mitarbeiter von Buckman beim Kunden vor Ort. Aufgrund der hohen Innovationsdynamik im Bereich der Spezialitätenchemie, die einen ständigen Erwerb und Austausch neuen Wissens erfordert, wurde das Bulab Learning Center gegründet. Durch die Gründung des Bulab Learning Centers 1996 hat Buckman einen wichtigen evolutionären Schritt unternommen, um sich stärker von traditionellen und isolierten Trainingsabteilungen zu lösen und nach neuen Ansätzen zu suchen. Das Bulab Learning Center ist ein virtuelles Online-Netz an Lernangeboten, das global koordiniertes Training und globale, multi-linguale Wissensstandards für die Mitarbeiter anbietet. Dieses Center wird von Buckman Lab als ein Lern- und Knowledge Management Tool gesehen, das den Mitarbeitern in ihrer gewohnten Arbeitsumgebung zugänglich gemacht wird. Das Learning Center stellt Trainings- und Bildungsangebote zur Verfügung, um jedem Mitarbeiter Freiräume zu geben, ihre persönliche sowie Karriereentwicklung eigenverantwortlich zu gestalten. Selbstgesteuertes Lernen gibt den Mitarbeitern dabei die Möglichkeit, Lerneinheiten on-demand abzu-rufen, wann und wo immer sie gebraucht werden, um die Performance am Arbeitsplatz kontinuierlich verbessern zu können. Die Zusammenarbeit in einer virtuellen Lernumgebung befähigt die Mitarbeiter, Kommunikations- und Teamfähigkeiten zu entwickeln, die anhand traditioneller Bildungsmassnahmen kaum gelernt werden könnten, für ein global verteilt agierendes Unternehmen wie Buckman aber essentiell sind. Wissen ist die einzige Quelle eines langfristigen Wettbewerbsvorteiles. Um diesen Wettbewerbsvorteil zu nähren, hat Buckman die Verantwortung für die persönliche Entwicklung auf die Mitarbeiter übertragen. Sheldon Ellis vom Bulab Learning Center stellt folgenden Vergleich an: "Durch die Ermöglichung eines unbeschränkten Zugriffs auf vielseitige Lernangebote und die Förderung einer offenen Wissenskultur ist das Unternehmen wie ein Zug, der den Bahnhof verlässt. Es liegt an den Mitarbeitern, auf den Zug aufzuspringen oder verlassen und allein am Bahnhof zurückzubleiben."

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 151: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

151

6 Schlussbemerkung

Wissen kann als entscheidende Ressource zur Generierung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile angesehen werden. Entscheidend ist dabei, diese Ressource so zu managen, dass die Lern- und Innovationsfähigkeit der Unter-nehmen verbessert wird. Zu diesem Zweck erscheint, aufbauend auf einem ganzheitlichen Verständnis von Wissensmanagement, die Bildung von Wissensnetzwerken ein erfolgversprechender Ansatz. Erfolgversprechend ist dabei u. E. die Verbindung unterschiedlicher Archetypen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass – unabhängig davon ob Networking betrieben wird, um Zugang zu neuem Wissen zu erhalten oder um neues Wissen zu generieren und zu teilen – die Verbindung zu Wissensnetzwerken und die Fähigkeit, Wissensnetzwerke zu managen zu einem Schlüsselfaktor einer neuen Geschäftslogik geworden ist.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 152: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

152

Literatur Alba, R. D. (1982): Taking stock of network analysis: A decade`s results. In: Bacharach, S.

B. (Hrsg.): Research in the sociology of organizations. JAI. Greenwich. Conneticut, S. 39-74.

Arora, A./ Gambarella, A. (1990): Complementary and external linkages: The strategies of the firms in biotechnology. In: Journal of Industrial Economics, 38, S. 361-379.

Back, A. (1995): Entwicklungen im Markt und in Anwendungsfeldern von Groupware. In: Informatik/ Informatique, 6, S. 4–7.

Back-Hock, A. (1993): Beiträge der Daten-, Informations- und Wissensverarbeitung zur Weiterentwicklung des Internen Rechnungswesens und Controllings. Habilitation an der Universität Erlangen-Nürnberg, Nürnberg, S. 182-218.

Badaracco, J. L. (1988): Changing forms of the corporation. In: Meyer, J. R./ Gustafson, J. M. (Hrsg.) The U. S. business corporation – An institution in transition. Ballinger. Cam-bridge, S. 67-91.

Badaracco, J. L. (1991): The Knowledge Link – How Firms Compete Through Strategic Al-liances. Harvard Business School Press. Boston.

Bleicher, K. (1993): Informationstechnik in neuen Management und Organisationskonzepten. In: Office Management, 11, S. 22-28.

Brown, J. S./ Duguid, P. (1991): Organizational Learning and Communities-of-Practice: Toward a unified View of Working, Learning and Innovation. Organizational Science, 1, S. 40-57.

Krebs, M./ Rock, R. (1994): Unternehmensnetzwerke - eine intermediäre oder eigenständige Organisationsform. In: Sydow, J./ Windeler, A. (Hrsg.): Management interorganisationaler Beziehungen. Vertrauen, Kontrolle und Informationstechnik. Westdeutscher Verlag. Opladen.

Mitchell, J. C. (1969): The concept and use of social networks: In: Mitchell, J. C. (Hrsg.): Social networks in urban situations. Manchester University Press. Manchester, S. 1-12.

Müller-Hagedorn, L. (1990): Zur Erklärung der Vielfalt und Dynamik der Vertriebsformen. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 6, S. 451-466.

Nonaka I. (1991): The Knowledge Creating Company. In: Harvard Business Review, 6, S. 96-104.

Nonaka, I./ Takeuchi, H. (1995): The Knowledge Creating Company. How Japanese Com-panies Create The Dynamics of Innovation. Oxford University Press. New York Oxford.

Nonaka, I./ Konno, N. (1998): The Concept of Ba: Building a Foundation for Knowledge Vreation. California Management Review, 3, S. 40-54.

Nonaka, I./ Reinmöller, P./ Senoo, D. (1998): The Art of Knowledge: Systems to Capitalize on Market Knowledge. In: European Management Journal, 6, S. 673-684.

Pisano, G. P./ Russo, M. V./ Teece, D. J. (1988): Joint ventures and collaborative arrange-ments in the telecommunications equipment industry. In: Mowrey, D. C. (Hrsg.) Inter-national collaborative ventures in U.S. manufacturing. Ballinger. Cambridge, Mass., S. 23-70.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 153: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

153

Powell, W./ Koput, K./ Smith-Doerr, L. (1996): Interorganizational Collaboration and the Locus of Innovation: Networks of Learning in Biotechnology. In: Administrative Sci-ence Quarterly, 41, S. 116-145.

Reich, R. B. (1991): The work of Nations: Preparing ourselves for the 21st-Century Capital-ism. Knopf. New York.

Sabel, C. F./ Kern, H./ Herrigel, G. (1991): Kooperative Produktion. In: Mendius, H. G./ Wendling-Schröder, U. (Eds.): Zulieferer im Netz – Zwischen Abhängigkeit und Partnerschaft. Bund. Köln, S. 203-227.

Seufert, A./ Seufert S. (1998): Knowledge Creation and Transfer in Knowledge Networks. In: IO Management,10, S. 77-84.

Seufert, A./ Seufert, S. (1999): The Genius Approach: Building Learning Networks for Ad-vanced Management Education. In: Proceedings 32nd Hawaii International Conference on System Sciences, 05.-08.01.1999, Maui, Hawaii.

Seufert, A./ von Krogh, G./ Back, A. (1999): Towards Knowledge Networking. In: Journal of Knowledge Management, 3, (im Druck).

Sydow, J./ Windeler, A./ Krebs, M./ Loose, A./ van Well, B. (1995): Organisation von Netzwerken: Strukturationstheoretische Analysen der Vermittlungspraxis in Versicherungsnetzwerken. Westdeutscher Verlag. Opladen.

Von Krogh, G. (1998): Care in Knowledge Creation. In: California Management Review, 40, S. 133-153.

Von Krogh, G./ Nonaka, I. (1997): "Develop Knowledge Activists!". European Management Journal, 15, S. 475-483.

Webster, F. E. (1992): The Changing Role of Marketing in the Corporation. In: Journal of Marketing, 56, S. 1-17.

Weisenfeld, U./ Chakrabari, A. K. (1990): Technologie und Marketingstrategien in der Biotechnologie: Ergebnisse einer deutschen und amerikanischen Studie. In: Die Betriebswirtschaft, 50, S. 747-758.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 154: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 155: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

155

Heiko Hilse

Wissen, Sinn und Strategie: Skizze zu einem prozessorientierten

Wissensmanagement 1 Einleitung Ausgehend von einer kleinen Fallstudie versuche ich in diesem Artikel heraus-zuarbeiten, dass Wissen immer als “sinn-volles” Wissen für ein Trägersystem verstanden werden muss; dass Sinn durch den Bezug zu einem systemspezifi-schen Relevanzkontext entsteht; und dass die Strategie in Organisationen ein solcher Relevanzkontext für die Entstehung organisationalen Wissens sein kann. Die bisherigen Modelle und Maßnahmen zum Management von Wissen fokussieren vorwiegend auf Daten und informationstechnische Instrumentarien. Dabei neigen sie dazu, soziale Kontexte und Prozesse als Hintergrund für die Generierung, Verbreitung und Nutzung organisationalen Wissens auszublenden oder zu vernachlässigen. Dem soll hier eine alternative Betrachtungsweise ge-genübergestellt werden, die die Blickrichtung umkehrt und von der sozialen Gebundenheit organisationalen Wissens ausgeht. Damit verbindet sich die Su-che nach einem prozessorientierten Zugang zum Management von Wissen.

Die vorliegenden Beobachtungen und Erkenntnisse sind Teilergebnis einer zweieinhalbjährigen Tätigkeit als Forscher und Projektmitarbeiter zum Thema Wissensmanagement bei der Daimler-Benz AG (heute DaimlerChrysler). Ziel dieses Aktionsforschungsaufenthaltes war es, die heraufziehenden Ansätze zum Management von Wissen genauer unter die Lupe zu nehmen und praxisnah mit ihnen zu experimentieren, um schließlich zu einem vertieften Verständnis von organisationalem Wissen und entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten zu ge-langen (für eine genaueren Einblick in Verlauf und Ergebnisse dieser Ausei-nandersetzung siehe Hilse i. Vorb.).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 156: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

156

2 Fallgeschichte 2.1 Der Kontext Die folgende kurze Beratungssequenz spielt in einem Stabsbereich, dessen Aufgabe es ist, Konzernvorstand und oberes Management mit aktuellen Infor-mationen und Positionspapieren zu spezifischen Fachthemen zu versorgen. Die Bereichsaktivitäten werden dort üblicherweise dadurch angestoßen, dass die Mitarbeiter mit Anfragen konfrontiert werden, die schnell und professionell be-antwortet werden müssen. Dies bedingt gewisse Basistätigkeiten wie die konti-nuierliche Weiterentwicklung fachlicher Expertise, die themenspezifische Zu-kunfts- und Trendforschung, das Kontaktieren interner und externer Experten, die Arbeit in Gremien und die Entwicklung von Konzepten und Instrumenten. Der Stabsbereich, der sich in drei Abteilungen untergliedert und insgesamt 17 Mitarbeiter umfasst, beschreibt sich selbst mit den Begriffen “Network, Brain und Lobby”. 2.2 Der Auftrag Ein Mitarbeiter dieses Bereiches, den wir von der konzerninternen Wissensma-nagement-Community her kannten, kontaktierte uns mit der Bitte, den Bereich bei der Lösung einiger Probleme zu unterstützen, die seiner Meinung nach mit Wissensmanagement zu tun hatten. So schilderte er etwa die bevorstehende Aufgabe, einen eigenen Intranet-Auftritt vorzubereiten; diesbezüglich bestan-den offenbar noch Unklarheiten darüber, welche Zielgruppen anzusprechen seien, welches die richtigen Inhalte wären und wie die Daten beschaffen sein müssten usw. Bei der Gestaltung des Intranet-Auftritts handelte es sich um den ursprünglichen Auftrag, den der Mitarbeiter vom Bereichsleiter (seinem über-nächsten Vorgesetzten) bekommen hatte. Ein weiterer Problemkreis zeigte sich jedoch in der Art und Weise, wie bereichsintern Daten gespeichert und Infor-mationen weitergereicht wurden. Individualisierte Relevanz- und Ablagesyste-me überließen die Auswahl, Speicherung, Reaktivierung und Verteilung von Informationen bislang ausschließlich den einzelnen Bereichsmitgliedern. Dies hatte unter anderem dann fatale Konsequenzen, wenn bei spezifischen Anfra-gen bestimmte Einzelpersonen gerade nicht anwesend waren – dringend benö-tigte Informations- und Wissensbestände waren in diesen Situationen ebenfalls nicht verfügbar. So entstanden in regelmäßigen Abständen Verzögerungen, Stress und Unzufriedenheit.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 157: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

157

2.3 Die Idee Der Mitarbeiter zielte in seiner Anfrage zunächst darauf ab, Tools und Best Practices von uns genannt zu bekommen, die sich möglicherweise direkt in den eigenen Bereich transferieren ließen (durch unsere internen Community-Aktivitäten hatten wir uns einen gewissen Überblick über verschiedene Prakti-ken des Wissensmanagements im Konzern erworben). Im Gespräch entwickel-ten wir dann jedoch die gemeinsame Überzeugung, dass ein Diagnosework-shop, in dem die drängendsten Wissensprobleme herausgefiltert und anschlie-ßend einer Bearbeitung zugeführt werden sollten, im vorliegenden Zusammen-hang ein geeigneteres Mittel sein würde. Ich hatte mich dahingehend geäußert, dass Tools immer nur das Umsetzungsinstrumentarium - und damit das Resul-tat - einer genaueren Auseinandersetzung mit dem eigenen Umgang mit Wissen sein könnten, wenn sie von Erfolg gekrönt sein sollen. Auch der Mitarbeiter hatte im Vorfeld schon an die Möglichkeit eines Workshops gedacht. Wir ver-einbarten folgendes: Mein Kollege und ich sagten zu, einen Designvorschlag für einen Diagnose- bzw. Startworkshop zu entwickeln, mit dem der Mitarbei-ter dann zu seinem Chef gehen und ein Vorgespräch führen würde. Wir kündig-ten an, dass – falls die Idee eines Workshops weiterverfolgt werden sollte – wir ein gemeinsames Gespräch mit dem Bereichsleiter (den wir dann als unseren Auftraggeber betrachteten) für notwendig hielten, um den Auftrag zu schärfen und das Design und die Rollen endgültig festzuschreiben. 2.4 Das Design Unser Vorschlag für ein Workshopdesign sah vor, dass der Bereichsleiter zu Beginn in Ableitung von den spezifischen Herausforderungen des Bereiches (Vision, Ziele, Strategie o. ä.) die breiteren Ziele einer wie auch immer gearte-ten Initiative zum Thema Wissensmanagement und weiterhin die Ziele des Workshops benennen und spezifizieren sollte. Der weitere Workshopablauf war in Anlehnung an einen typischen Problemlöse- oder Aktionslernzirkel an-gelegt: Zunächst sollte der im Bereich vorfindbare Umgang mit Daten, Infor-mationen und Wissen diagnostiziert und einem Soll-Modell gegenübergestellt werden. Die Explizierung solcher bereichsspezifischer Muster im Umgang mit Wissen schien uns insbesondere deswegen notwendig zu sein, weil aus den Schilderungen des Mitarbeiters hervorging, dass durchaus noch keine Einigkeit darüber bestand, was denn alles in das Aufgabenpaket, welches irgendwann den Titel “Wissensmanagement” bekam, hineingehörte. Am Nachmittag sollte die Ausarbeitung und Bündelung von Handlungsbedarfen mit einer Fokussie-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 158: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

158

rung auf die strategisch relevanten Wissensfelder stattfinden. Die Relevanz von Wissensfeldern konnte dabei durch die Einordnung in eine Matrix mit den drei Dimensionen “Beitrag zu Kernprozessen”, “Häufigkeit der Nutzung” und “Aufwand für Beschaffung und Pflege” bestimmt werden. Darüber hinaus wur-de neben dem ersten (Diagnose-)Workshop einer zweiter (Review-)Workshop vorgeschlagen, in dem die Ergebnisse einer dazwischenliegenden Arbeitsphase gesichtet und weitergehende Maßnahmen besprochen werden sollten. 2.5 Die zweite Runde Einige Zeit später fand ein zweites Vorgespräch statt, bei dem geplant war, dass neben dem Mitarbeiter auch der Bereichsleiter teilnehmen würde. Aus Termin-gründen musste letzterer jedoch absagen. Der Mitarbeiter hatte zwischenzeit-lich mit dem Bereichsleiter über unseren Gestaltungsvorschlag gesprochen. Er überbrachte uns folgende Rückmeldung: Das Workshopdesign müsse weiter reduziert, der “Luftballon Wissensmanagement heruntergefahren” und eine “kleine Lösung” entwickelt werden. Insbesondere schien sich der Bereichsleiter an der Arbeit mit Visionen, Strategien usw. zu stoßen; man solle vielmehr bot-tom-up einsteigen und am Pragmatischen und Konkreten ankoppeln (“Wo ste-hen wir?”, “Was sind die nächsten Schritte?” etc.).

Unser Gesprächspartner betonte wiederum, dass sich sein Ursprungsauftrag ei-gentlich nur auf den Intranet-Auftritt bezogen hatte. Anschließend machte er allerdings wieder den gesamten Blumenstrauß an Wissensmanagementthemen auf, wobei zu den bisherigen Problemkreisen noch weitere hinzukamen: So schienen die drei Abteilungen wechselseitig keinen Überblick darüber zu ha-ben, welche Themen und Projekte sich in den jeweils anderen Abteilungen ak-tuell in Bearbeitung befanden. Der Bereichsleiter äußerte das Bedürfnis nach einer Art Managementinformationssystem, das ihn in die Lage versetzen wür-de, ständig über die zentralen Themen und Arbeitsergebnisse aus den Abteilun-gen bescheid zu wissen und den Vorständen gegenüber schnell auskunftsfähig zu sein. Zugleich sollte sich auf Anweisung des Chefs des Bereichsleiters die gesamte Direktion auf ihre Kernprozesse hin ausrichten. Der Mitarbeiter sah im Wissensmanagement einen, wenn nicht gar den zentralen Kernprozess des Be-reiches.

Wir stellten alle drei zusammen fest, dass es uns bislang nicht gelungen war, den Auftrag im Dschungel solch vielfältiger Fragen und Probleme mit Wis-sensbezug einzugrenzen und zu konkretisieren. Also beschlossen wir, genau dies auf dem Workshop zum Thema zu machen und mit einer einfachen Phä-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 159: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

159

nomenbeschreibung und –sammlung zu beginnen. Ein solcher Einstieg kam auch dem Bedürfnis des Bereichsleiters entgegen, möglichst an aktuellen und konkreten Bereichsthemen zu arbeiten. Der Mitarbeiter äußerte seine Zuver-sicht, dass damit ein Prozess angestoßen werde, im Rahmen dessen zunächst drängende und später weitergehende Anforderungen an ein bereichsspezifi-sches Wissensmanagement stufenweise bearbeitet werden könnten.

Schließlich gab es wenige Tage vor dem Workshop zufälligerweise eine Be-gegnung mit dem Bereichsleiter, und zwar auf einer unternehmensinternen Fo-rumsveranstaltung zum Thema Wissensmanagement. Ich spiegelte ihm zu die-ser Gelegenheit unsere Unklarheit hinsichtlich der Workshopziele und -aufgaben zurück. Der Bereichsleiter machte deutlich, dass sich der Bereich und er selbst zum Thema Wissensmanagement in einem Suchprozess befänden und dass der Workshop durchaus offen gestaltet sein dürfe. Zugleich wies er mich auf ein Instrumentarium hin, das auf dem Forum präsentiert worden war: Eine Art digitales Management-Cockpit, mittels dessen sich Manager quasi auf Knopfdruck einen aktuellen Überblick über die Aktivitäten und Ergebnisse im eigenen Bereich informieren können. “So etwas brauche ich auch!”, meinte er. 2.6 Der Workshop Das endgültige Workshop-Design ist in Tabelle 1 abgebildet. Der Workshop, an dem neben dem Mitarbeiter und dem Bereichsleiter die drei Abteilungsleiter des Bereiches teilnahmen, begann wie vorgesehen mit einer Einführung durch den Bereichsleiter. Darin hob er darauf ab, dass alle Maß-nahmen des Bereiches – unter anderem also auch Initiativen zum Management von Daten, Informationen und Wissen – darauf ausgerichtet sein müssten, “im Tagesgeschäft schneller, sicherer und einfacher und damit ressourcenschonen-der” zu werden.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 160: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

160

Zeit

Aktivität Methode Eigene Rolle(n)

9.00 bis 9.15 Uhr

Einführung Bereichsleitung • Warum Wissensmanagement im

Bereich X? • Gedanken, Intentionen, Ziele

• Kurzer mündlicher Vortrag (e-

ventuell Folien)

Modera-tor

9.15 bis 10.15 Uhr

Bestandsaufnahme: Umgang mit Da-ten, Informationen und Wissen im Bereich • Welche Phänomene beobachten Sie

vor dem Hintergrund der Einfüh-rung des Bereichsleiters und Ihrer eigenen Erfahrungen im Hinblick auf den bereichsspezifischen Um-gang mit Daten, Informationen und Wissen?

• Auf Kärtchen schreiben lassen,

anpinnen, gemeinsam clustern

Modera-tor

10.30 Uhr bis 11.30 Uhr (dann 15 min. Pause)

Bewertung: Stärken vs. Verbesse-rungs-möglichkeiten • Welche Phänomene würden Sie als

Stärken/Potentiale, welche als Ver-besserungsbereiche klassifizieren?

• Kärtchen in Stärken-

/Verbesserungs-Listen einordnen

Modera-tor/Experte

11.30 bis 12.30 Uhr

Entwicklung von Maßnahmen-vorschlägen • Welche Maßnahmen lassen sich aus

den identifizierten Stärken und Verbesserungsbereichen ableiten?

• Maßnahmen auf andersfarbige

Kärtchen mitschreiben und dazu pinnen

Modera-tor/Experte

Mittags-pause

13.30 bis 14.15 Uhr

Priorisierung und Fokussierung der Maßnahmenvorschläge • Welche Maßnahmen müssen priori-

tär bearbeitet werden? • Welche Maßnahmen kommen in

einen Ideenspeicher?

• Einordnung der Maßnahmen in

eine Matrix mit drei Dimensio-nen 1. Beitrag zu Kernprozessen 2. Häufigkeit der Nutzung 3. Aufwand für Beschaffung,

Pflege usw.

Modera-tor

14.15 bis 15.00 Uhr

Ausarbeitung priorisierter Vorschlä-ge, Beauftragungen, Planung des wei-teren Vorgehens

• Ausfalten der priorisierten Maß-

nahmen in Kleingruppen • Ausarbeiten von Beauftragun-

gen

Moderator u. Prozess-berater

15.00 Uhr Verabschiedung durch Bereichslei-tung

Tabelle 1: Design des Diagnose-Workshops Wissensmanagement

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 161: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

161

Im Rahmen der Abfrage zu bereichsspezifischen Phänomenen im Umgang mit Daten, Informationen und Wissen wurde eine große Menge an Beschreibungen generiert. Diese konnten zu vier Themenclustern zusammengefasst werden (siehe unten). Interessanterweise wurden diesen Themenclustern bei der Frage nach der Bewertung in Stärken versus Verbesserungsmöglichkeiten jeweils beide Qualitäten attestiert; die entsprechenden Phänomene hatten aus Sicht der Workshopteilnehmer sowohl förderliche als auch hinderliche Effekte für ein erfolgreiches Wissensmanagement.

1. Fragmentierung: Viele Einzelphänomene standen im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die drei Abteilungen und teilweise auch die Personen in-nerhalb der Abteilungen weitgehend getrennt voneinander arbeiten. Ge-meinsame Projekte, das gemeinsame Erarbeiten von Grundpositionen und das wechselseitige Voneinander-Lernen haben folglich wenig Raum. Auf der anderen Seite schafft dieser Umstand Überschaubarkeit und Orientie-rung für den einzelnen; er reduziert die Informationsflut und stiftet Identität im Kleinen.

2. Redundanzen: Damit verbunden ist das Phänomen des Aufbaus von Redun-danzen. Es fehlt der Überblick über die verschiedenen laufenden Aktivitäten im Bereich, über Überschneidungen, aber auch über auftretende Lücken. Der Vorteil ist, dass auf diese Art Dinge von unterschiedlichen Perspektiven aus betrachtet und bearbeitet werden können, im Einzelfall mitunter auch sehr schnell und flexibel gehandelt werden kann.

3. Assoziative Abläufe: Die Arbeitsprozesse im Bereich sind alles andere als standardisiert; vielmehr ist eine stark informelle Arbeitsweise verbreitet, bei der die arbeitenden Personen selbst deutlichen Einfluss auf die Art der Auf-gabenerledigung nehmen. Aufträge sind dadurch fast beliebig unter den Mitarbeitern verteilbar. Außerdem existieren keine bürokratischen Forma-lismen, die den Arbeitsprozess verzögern oder einengen könnten. Auf der anderen Seite zeigen sich Mangelzustände bei der Auftragssteuerung (Cockpit), bei der Integration von Einzelinformationen und bei der Erarbei-tung übergreifender Positionen.

4. Infrastruktur: Bislang pflegt jede Abteilung eine für sie geeignete Form der (internen) Vernetzung und des Informationsaustausches. Was fehlt, ist eine Infrastruktur, die es ermöglicht, sowohl quer über den Bereich als auch spe-ziell zur Bereichsleitung hin Informationen auszutauschen. Um jedoch ein Selektions- und Interpretationsraster für den sinnvollen Umgang mit Daten, Informationen und Wissen zur Verfügung zu haben, ist es notwendig, in Anknüpfung an strategische Überlegungen zum Bereich und dessen Zukunft

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 162: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

162

ein Ordnungsraster für Informationen und Wissen zu entwickeln (“Was zu wissen ist für uns wichtig”).

Mit Bezug zum letztgenannten Punkt war es für uns spannend zu sehen, dass die Gruppe ausgehend von sehr stark operativen Phänomenen im Umgang mit Wissen plötzlich zu den großen Zukunfts- und Strategiefragen vorgedrungen war (also dorthin, wo der Bereichsleiter ursprünglich gerade nicht hin wollte). Dies hatte freilich auch einen aktuellen Hintergrund: Im Zuge des bevorstehen-den Mergers von Daimler-Benz und Chrysler war im vorliegenden Bereich eine gewisse Unsicherheit darüber zu verzeichnen, was wohl mit dem Bereich in al-lernächster Zukunft geschehen würde.

Im Laufe des Workshops entwickelten wir gemeinsam mit den Teilnehmern ei-ne Art Rollen- und Funktionsmodell für den Bereich auf dem Gebiet des Wis-sensmanagements (der Mitarbeiter nannte es später “Erklärungsmodell”). Darin wurde deutlich, dass der Bereich eine Mittler- und Veredelerrolle zwischen Da-ten- und Informationsgebern auf der einen Seite und Informations- und Wis-senskunden auf der anderen Seite einnimmt. Informationen müssen schnell und gezielt eingeholt, aufbereitet und als Wissensprodukte weitergeleitet werden. Inhaltlich identifizierten die Workshopteilnehmer vier Wissensqualitäten, die für sie im Bereich von Bedeutung sind:

1) Zahlen/Daten/Fakten, 2) Projekte/Themen, 3) politisch-strategische Ereig-nisse und 4) Standpunkte. Der Bereich selbst besitzt in diesem Prozess eine ge-ringe Datenhoheit, jedoch eine große Verantwortung für die erarbeiteten Stand-punkte und Positionierungen. Voraussetzung für Erfolg ist die Einrichtung und Pflege einer intelligenten Wissensmanagement-Infrastruktur.

Gegen Ende des Workshops wurde aus den identifizierten Handlungsfeldern ein Aktionsplan abgeleitet. Dieser war zweigeteilt: Zum einen ergaben sich kurzfristig durchführbare Maßnahmen, die dem verbesserten operativen Wis-sensmanagement dienen sollten. So wurde beispielsweise beschlossen, eine wechselseitige Begehung und Besichtigung der Informationssysteme zwischen den Abteilungen durchzuführen, um Erfahrungen auszutauschen und mögli-cherweise in einem nächsten Schritt zu einer abteilungsübergreifenden Lösung zu gelangen. Ebenso sollte eine Klärung der Informations- und Wissensbedarfe in den jeweiligen Abteilungen und im Leitungsteam (Bereichs- und Abteilungs-leiter) erfolgen. Eine dritte Maßnahme betraf den Aufbau eines Managementin-formationssystems für den Bereichsleiter. Auf der anderen Seite wurde ein erst mittelfristig wirksames Aktionsprogramm entwickelt, das sehr eng an eine er-forderliche strategische Neuausrichtung des Bereichs gekoppelt war: Im Lei-tungsteam sollte an einer Vision für den Bereich in der Ära des DaimlerChrys-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 163: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

163

ler-Konzerns gearbeitet werden. Daraus sollten Kerngeschäftsfelder und im weiteren auch eine Wissensstruktur für den Bereich abgeleitet werden. 3 Fallbesprechung und Diskussion 3.1 Der vorliegende Fokus Der soeben geschilderte Fall gibt uns Einblick in eine ganze Reihe interessanter Phänomene, die bei Gestaltungsinitiativen im Bereich Wissensmanagement zu beobachten sind: So zum Beispiel die Selbstbeschreibung einer Stabsabteilung über die eigene spezifische Form der Wissensarbeit; die Vielfalt der Probleme, die von den betrieblichen Akteuren mit Wissensmanagement in Verbindung gebracht werden; die Art und Weise, in der ein Mitarbeiter es versteht, seine in-tegrative Perspektive, die er zum Thema Wissensmanagement bereits einge-nommen hat, in die Abteilung einfließen zu lassen; die besondere Form der Führung, mit der es dem Bereichsleiter gelingt, diese wissensintensive Stabsab-teilung einer beständigen Selbsttransformation zu unterziehen. Solche und an-dere Phänomene wären es ohne Zweifel wert, genauer beleuchtet und analysiert zu werden; dies kann jedoch aus Platzgründen an dieser Stelle nicht geschehen (für eine detallierte Besprechung siehe Hilse i. Vorb.).

Stattdessen möchte ich eine Beobachtung herausgreifen und argumentativ an-reichern, die mir in ihrer konzeptionellen und gestalterischen Bedeutung für ein erfolgreiches Management von Wissen zentral erscheint. Die Tatsache, dass der Bereichsleiter den visions- und strategiebezogenen Zugang in unserem ersten Workshopdesign abgelehnt hat, das Thema dann im Workshop von den ande-ren Teilnehmern aber wieder aufgeworfen worden ist, ist bemerkenswert. Sie verweist auf einen Gestaltungsgegenstand, der in vielen Modellen und Maß-nahmen zum Management von Wissen bislang unberücksichtigt geblieben ist: die Strategie. Während zwar in vielen Köpfen eine assoziative Koppelung von Wissensmanagement und Informationstechnologie besteht, wird Wissensmana-gement immer noch relativ losgelöst von strategischen Absichten, Ideen und Konzepten betrachtet und bearbeitet.

In der Literatur ist ein ähnlicher Mangelzustand zu verzeichnen. Natürlich wird mittlerweile verstärkt daran gearbeitet, zwischen den ressourcenbasierten Stra-tegieansätzen und den Ansätzen zum Wissensmanagement eine Brücke zu schlagen (siehe etwa von Krogh & Rogulic 1996, Krüger & Homp 1997 sowie

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 164: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

164

Probst & Raub 1998). Die inhalts- und ressourcenorientierte Dimension ist je-doch nur die eine Seite der Strategie, die wichtige Verbindungen zum Mana-gement von Wissen aufweist. Die andere Seite ist die prozessorientierte Dimen-sion der Strategie: Strategie ist nicht nur als Vorbedingung und Input für die Spezifizierung von Wissenszielen zu verstehen, sondern auch als (potentiell) kollektiver Relevanzkontext, auf dessen Basis organisationales Wissen über-haupt erst entstehen kann und “sinn-voll” weiterentwickelt werden kann. Diese zweite Betrachtungsweise steht im vorliegenden Beitrag im Vordergrund. Sie schöpft aus Erkenntnissen zum “organizational sensemaking” (Weick 1995, 1997), aus der kognitiven Strategie- und Strategieprozessforschung (Lüer 1998, Schreyögg 1998) sowie aus Erfahrungen zur Prozessberatung bei der Einfüh-rung neuer Technologien (Schein 1993, Looss 1993). 3.2 Wissensmanagement und Sensemaking Das oben skizzierte Fallbeispiel ist eine Ausnahme; es ist eine Ausnahme in der Hinsicht, als bereits sehr früh in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Um-gang mit Wissen der Ruf nach einem kollektivierten Relevanzsystem (hier in Form von Visionen, Zielen oder Strategien) laut wurde. Viele andere – und fast ist man geneigt zu sagen “typische” – Wissensmanagementprojekte laufen hin-gegen folgendermaßen ab: Häufig setzen sich die entsprechenden Akteure zum Ziel, sämtliches Wissen, das irgendwo in der Organisation oder im eigenen Ar-beitsbereich vorhanden ist, transparent und für andere verfügbar zu machen. IT-Tools sind dabei die Methode der Wahl. So entstehen Intranet- oder Daten-banklösungen und ähnliches mehr. Solche Projekte haben innerhalb kurzer Zeit mit charakteristischen Begleiterscheinungen und Folgeproblemen zu kämpfen: Die Intranets oder Datenbanken sind voll (mitunter noch nicht einmal dies), werden aber wenig genutzt; Führungskräfte und Mitarbeiter fühlen sich von In-formationen überschwemmt; das eigentlich wichtige Wissen steckt weiterhin in den Köpfen der Leute bzw. in informellen Zirkeln; die Gestalter sind hilflos und bemängeln eine “ungenügend ausgeprägte Wissenskultur”.

Wie lassen sich diese unerwünschten Nebenwirkungen erklären? Die gestalten-den Akteure haben nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Weitergabe und Aufnahme von Informationen wie auch bei der Entwicklung und Nutzung von Wissen in Organisationen um zutiefst soziale Prozesse handelt. Ob und wem ich bestimmte Informationen weitergebe, ist mir nicht egal. Ebenso achte ich genau darauf, welche Art von Information ich von wem annehme bzw. welches Wissen für mich und andere wichtig und interessant ist (und wen ich damit ge-gebenenfalls zu meinem Lehrmeister oder Schüler mache). In Anspielung auf

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 165: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

165

die diesbezüglichen Zumutungen und Ablehnungswahrscheinlichkeiten von Wissen und Wissensmanagement formuliert Baecker (1998):

Das Wissen hat nicht nur eine Sachdimension, das heißt es ist nicht nur ein Wis-sen über etwas. Sondern es hat auch eine Sozialdimension, das heißt es ist ein Wissen der einen über ein Wissen und Nicht-Wissen der anderen. Und es hat ei-ne Zeitdimension, das heißt es ist ein Wissen über den notwendigen Korrektur-bedarf von Wissen. In all diesen Dimensionen kann es in der Kommunikation abgelehnt werden. Es kann abgelehnt werden, weil man von der Sache einen an-deren Eindruck hat. Es kann abgelehnt werden, weil man die Zumutung ablehnt, etwas für wissenswert zu halten oder dort ein Nichtwissen einzugestehen, wo andere etwas für wissenswert halten oder etwas wissen. Und es kann abgelehnt werden, weil man nicht absehen kann, welche Folgen ein korrigiertes Wissen für die eigenen Handlungsmöglichkeiten hätte. (Baecker 1998, S. 12)

Grundsätzlich ist festzustellen, dass Wissen nur auf dem Hintergrund eines sys-temspezifischen Relevanzkontextes entstehen kann. Wissen bedarf eines wis-sens- und erfahrungsbasierten Koordinatensystems, an welches wahrgenomme-ne Reize und Informationen angelagert werden können. Durch diese Verortung sensorischer “Inputs” innerhalb eines größeren Sinnhorizontes entsteht über-haupt erst Wissen. Es bezieht seine Bedeutungshaltigkeit aus den Verknüpfun-gen mit bereits bestehenden Wissensbeständen.1 Weick (1995) drückt dies in seinen Ausführungen zum “Sensemaking” (Sinnerzeugung) wie folgt aus:

... the substance of sensemaking starts with three elements: a frame, a cue, and a connection. ... Frames tend to be past moments of socialization and cues tend to be present moments of experience. If a person can construct a relation between these two moments, meaning is created. (Weick 1995, p. 110-111)

Solche Relevanzkontexte sind jedoch nicht ausschließlich als singuläre, in indi-viduellen Köpfen auftretende Phänomene zu betrachten; schon gar nicht, wenn es – wie beim Wissensmanagement – um organisationales Wissen geht. Ge-meinsames Wissen (oder gemeinsames Wissen über das Vorhandensein von Wissen) bedarf eines kollektivierten Relevanzsystems. Solche Relevanzsysteme entstehen und entwickeln sich in der direkten Interaktion der Organisationsmit-glieder; sie werden im Laufe der betrieblichen Sozialisation an neue Mitglieder weitergegeben. In der obigen Fallgeschichte wird beispielsweise deutlich, dass sich im dargestellten Fachbereich kein solch übergreifendes Relevanzsystem herausbilden konnte, da regelmäßige Interaktion bislang – wenn überhaupt – nur innerhalb der Abteilungen oder noch kleinerer Gruppierungen stattgefun- 1 Dabei sind auch die Wissensbestände nicht als fixe Größen zu verstehen. Neue sensori-

sche Reize und Informationen können bestehendes Wissen erweitern oder aber – wenn sie unüberbrückbare Diskrepanzen darstellen – komplett neu konfigurieren (vgl. die Prozesse der Assimilation und Akkomodation bei Piaget 1975).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 166: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

166

den hat. Der Workshop konnte dieses Muster wirkungsvoll durchbrechen und eine erste Plattform für abteilungsübergreifende Interaktion zur Verfügung stel-len.

Ein wesentliches Element für den professionellen Umgang mit Wissen in Or-ganisationen ist somit die bewusste Gestaltung oder zumindest Beachtung eines solchen gemeinsamen Bezugsrahmens, der klarstellt, “was für uns wichtig (zu wissen) ist”. Ansonsten drohen die bereits angedeuteten Folgewirkungen, die Wissensmanagement als “falsches Versprechen” oder als “Flop” erscheinen lassen. 3.3 Strategie als kollektiver Relevanzkontext Wie wir gesehen haben, erweist sich Wissensmanagement als ein Interventi-onskonzept, welches auf die bewusste Gestaltung sozialer Kontexte und Pro-zesse – und das heißt auch: auf die Face-to-Face-Kommunikation - nicht ver-zichten kann. Organisationales Wissen entsteht auf der Basis kollektiver Rele-vanzkontexte, welche sich wiederum in direkten Interaktionsprozessen der Or-ganisationsmitglieder herausbilden. Kognition und soziale Interaktion sind un-mittelbar ineinander verwobene Prozesse. Die Frage ist nun, welche Formen die Gestaltung sozialer Kontexte und Prozesse für ein erfolgreiches Manage-ment von Wissen annehmen kann. Üblicherweise wird in diesem Zusammenhang die Kultur als orientierendes Moment in Organisationen ins Spiel gebracht. Zweifelsohne spielen kulturelle Grundannahmen und Überzeugungsmuster als gleichsam “naturwüchsige sozia-le Anzeiger” dessen, was wichtig ist und was nicht, hier eine zentrale Rolle. Die Kultur ist explizit in den Organisationskulturansätzen sowie in vielen An-sätzen zum organisationalen Lernen beleuchtet und in ihren förderlichen wie insbesondere auch in ihren hinderlichen Wirkungen zu verändern und gestalten versucht worden. Die Organisationskultur als kollektiven Referenzrahmen für das Management von Wissen heranzuziehen, bringt jedoch verschiedene gestal-terische Probleme mit sich, die es abzuwägen gilt. Hier können wir aus den Er-fahrungen, die in Culture Change-Projekten und in Maßnahmen zum organisa-tionalen Lernen gesammelt worden sind, lernen. Zum einen ist es keine einfa-che Aufgabe, kulturelle Muster überhaupt besprechbar und bearbeitbar zu ma-chen; häufig entziehen sie sich einer bewussten bzw. direkten Gestaltung. Wei-terhin ist Sensemaking auf der Basis kultureller Relevanzkriterien einseitig vergangenheitsorientiert; so unvermeidlich und wichtig es auch ist, aktuelle Eindrücke auf der Basis vergangener Erfahrungen mit Sinn anzureichern, so

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 167: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

167

wenig weist ein solches Vorgehen Merkmale eines aktiven Zukunftsentwurfes auf. Und schließlich haben sich “Kultur” und “Lernen” als Begriffe und Kon-zepte erwiesen, mit denen das Management nur in begrenztem Umfang etwas anfangen kann. Letzteres ist ein Hinweis auf die besondere Bedeutung subkul-turspezifischer Verständnisse und Motive im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Management von Wissen (siehe hierzu ausführlich Hilse 1999).

Weitaus seltener wird der Strategie die Funktion als kollektiver Relevanzkon-text zuerkannt. Dies ist vermutlich nicht unabhängig von der Art und Weise zu sehen, in der Strategien traditionellerweise entwickelt, kommuniziert und ver-folgt worden sind. Die klassischen Prozesse strategischer Analyse und Ent-scheidung, die in engen Machtzirkeln und strategischen Planungsstäben ablau-fen, verhindern geradezu systematisch, dass Strategie als kollektiver Relevanz-kontext betrachtet und genutzt werden kann. Tatsächlich weisen Studien der Strategieprozessforschung jedoch nach, dass Strategien gar nicht im vermuteten Ausmaß aus den offiziellen Verfahren, sondern vielmehr aus breiteren, nur schwer nachvollziehbaren strategischen Diskursen hervorgehen (siehe pro-grammatisch Mintzberg 1978 sowie zusammenfassend Schreyögg 1998). Ähn-lich argumentiert Weick (1995):

When people put stimuli into frameworks, this enables them “to comprehend, understand, explain, attribute, extrapolate, and predict” (Starbuck & Milliken 1988, p. 51). For example, people use strategy as a framework that “involves procurement, production, synthesis, manipulation, and diffusion of information in such a way as to give meaning, purpose and direction to the organization” (Westley 1990, p. 337). (zitiert in Weick 1995, p. 4)

Die Strategie hat als kollektiver Referenzrahmen den Vorteil, dass sie einerseits auf vergangenen Erfahrungen basiert, auf der anderen Seite jedoch in die Zu-kunft weist. Die Organisationsmitglieder können ihre Wahrnehmungen und Handlungen auf Hintergrundvorstellungen darüber gründen, wie die Zukunft ihrer Organisation aussehen wird bzw. welche Zukunft anzustreben ist. Auf dieser Basis kann gezielt nach Informationen gesucht, Wissen entwickelt und transferiert werden (zur Erörterung der kognitiv-konstruktivistischen Basis von Strategien siehe auch Lüer 1998). Für die Workshopteilnehmer in unserem Fallbeispiel schien sich der Konnex zwischen einer strategischen Ausrichtung des Bereiches und einer Optimierung des bereichsspezifischen Umgangs mit Wissen ganz natürlicherweise zu ergeben. Während sie beim Mangel eines kol-lektivierten Relevanzsystems, den sie selbst erkannt hatten, offensichtlich nicht an die Bearbeitung der eigenen kulturellen Muster dachten, forderten sie die Auseinandersetzung mit den strategischen Herausforderungen des Bereiches vehement ein.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 168: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

168

Wenn Strategien ohnehin wie “Unkraut im Garten” (Mintzberg) wachsen, so kann diese systemische Eigenaktivität im Sinne eines sinn- und orientierungs-stiftenden Momentes gefördert und für ein erfolgreiches Management von Wis-sen genutzt werden. Damit wird deutlich, dass ein solches “strategisches Wis-sensmanagement” nicht nur Konsequenzen für das bislang praktizierte Wis-sensmanagement haben würde, sondern auch für die bisherige Praxis des stra-tegischen Managements. Statt des klassischen Strategieprozesses treten für den hier verfolgten Zweck Prozesse des strategischen Lernens (Deiser 1996), des gemeinsamen Visionierens (Senge 1990) und des Förderns emergenter strategi-scher Prozesse (Quinn 1995) in den Vordergrund. Es müssen dazu viele (in letzter Konsequenz alle) Organisationsmitglieder in strategische Prozesse mit-eingebunden werden. Außerdem macht strategisches Lernen nicht an den Gren-zen der Organisation halt, sondern bezieht relevante Umweltpartner bewusst mit ein. Die strikte Trennung von Denken, Lernen und Tun zwischen Manage-ment und Mitarbeitern wird aufgehoben; die Organisationsgrenzen werden durchlässiger. Die Rolle von Managern und Strategiestäben verändert sich vom allwissenden Entscheider und Wirklichkeitsdeterminator hin zum ideensuchen-den Dialogpartner und Wirklichkeitsintegrator. In den verschiedenen strategi-schen Perspektiven und Ideen, die bewusst gefördert und ausgetauscht werden, muss das Verbindende und Erfolgversprechende gesucht und in unternehmens-strategische Ziele und Maßnahmen gegossen werden. Eine solche, eher inkre-mentale Form der Strategieentwicklung bedarf einer kontinuierlichen (Zusam-men-)Arbeit an Strategiethemen und eines gewissen Vertrauens in die kollekti-ve Intelligenz des Systems. 3.4 Konsequenzen für das Management von Wissen Wie ich aufzuzeigen versucht habe, greift eine ausschließliche Konzentration auf die Einrichtung und Optimierung informationstechnologischer Instrumenta-rien für ein Wissensmanagement, das diesen Namen verdient, zu kurz. Es scheint mir ebenso ein Trugschluss zu sein, wenn neuerdings bestimmte Ent-wickler oder Anbieter von IT-Tools vorgeben, sie könnten außer rohen Daten auch noch gleich den entsprechenden Bedeutungskontext mitliefern (und Wis-sen damit informationstechnisch abbilden). Nach dem vorliegenden, sozialwis-senschaftlich geprägten Wissensverständnis befinden sich die für die Entste-hung und Weiterentwicklung von Wissen so zentralen Sinn- und Relevanzkon-texte ausschließlich in den Köpfen von Menschen bzw. im kollektiven Ge-dächtnis verschiedener sozialer Systeme (siehe auch Weick 1997). Statt bei der Optimierung des Umgangs mit Wissen nur von PC zu PC zu denken, muss

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 169: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

169

vielmehr von Kopf zu Kopf bzw. in den Dimensionen eines kollektiven Ge-dächtnisses gedacht werden. Organisationales Wissen ist auf kollektive Lern- und Sinnaushandlungsprozesse angewiesen. Dies macht Willke (1998) in Be-zug auf die grundlegende Problematik gelingenden Informationstransfers deut-lich:

Das Paradox des unmöglichen Informationsaustausches lässt sich durch das komplementäre Paradox kollektiven Lernens auflösen. Wir sehen nun, dass kol-lektives Lernen ... nur gelingen kann, wenn ein gemeinsamer Erfahrungskontext, eine “community of practice” dafür sorgt, dass sich die Kriterien der Bewertung von Daten, also die Prozedur der Konstruktion von Informationen in einer ge-meinsamen Praxis so annähern, dass eine annähernde oder hinreichende “Pas-sung” von Informationen resultiert. Informationsaustausch wird dann möglich, wenn er in den noch anspruchsvolleren Kontext gemeinsamen Lernens eingebet-tet ist. (Willke 1998, S. 17)

Tatsächlich ist mit der Diskussion um sogenannte “Communities of Practice” (Gemeinschaft von Praktikern) in der Forschung zum Wissensmanagement be-reits ein erster Weg beschritten worden, der die Bedeutung sozialer Kontexte und Prozesse im vorliegenden Zusammenhang aufgreift (siehe hierzu Brown & Duguid 1991, 1999). Communities of Practice sind in Organisationen auftre-tende Beziehungssysteme, die auf gemeinsamer Tätigkeit und dichter Interakti-on basieren. Diese müssen nicht unbedingt deckungsgleich mit bestehenden Teams oder Abteilungen sein, sondern können – wie Brown und Duguid zeigen – oft über die Grenzen der eigenen Abteilung oder gar Organisation hinausge-hen (vgl. beispielsweise professionelle Zirkel, Themengruppen und ähnliches). Die Communities nehmen bei der Entwicklung und Kollektivierung von Wis-sen in Organisationen eine zentrale Rolle ein, da sie ein gemeinsames Bezugs-system (“Weltsicht”) ausgebildet haben, auf dessen Basis Wissenstransfer ver-gleichsweise problemlos stattfinden kann.

Das Konzept der Community of Practice hat seine Grenzen allerdings dort, wo es um die organisationsweite Entstehung und Verbreitung von Wissen geht. Auch Brown und Duguid (1999) argumentieren, dass die besondere Chance und Herausforderung für Unternehmen im communityübergreifenden Aufbau und Transfer von Wissen liegt. Die Verbreitung von Wissen zwischen unter-schiedlichen Communities ist jedoch nicht einfach, da gemeinsame Relevanz-kriterien nur ungenügend entwickelt sind. Brown & Duguid (1999) weisen hier verbindenden Mittelsmännern und Übersetzern eine wichtige Rolle zu. Die vor-liegende Arbeit kann an dieser Stelle Überlegungen zu einem prozessorientier-ten Ansatz der Strategiearbeit beisteuern. Die erwähnten, breit angelegten stra-tegischen Diskurse könnten jene Räume und Zeiten zur Verfügung stellen, die zum Aufbau und zur kontinuierlichen Entwicklung kollektiver Relevanzkrite-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 170: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

170

rien unabdingbar sind. Solchermaßen entwickelte Visionen und Strategien würden dann gleichsam als organisationsweite “Wirklichkeitsklammern” fun-gieren, die den Rahmen abstecken, innerhalb dessen verschiedene ausdifferen-zierte Relevanzsysteme ihren Platz finden. Dabei handelt es sich um Aufgaben und Prozesse, die nicht immer einfach und konfliktfrei ablaufen und für die es auch noch kaum (dokumentierte) Vorbilder gibt. Es bedarf eines gewissen Ma-ßes an Mut und Experimentierfreudigkeit, um sich darauf einlassen zu können. Die Mühe könnte sich indessen lohnen, wenn man nicht nur zu den modischen “Wellenreitern” des Wissensmanagements gehören möchte, sondern damit wirkliche Veränderungs- und Verbesserungsziele verfolgt.

Doch man braucht nicht sofort auf die Ebene von unternehmensweiten Strate-giediskursen zu gehen, um das soeben dargestellte Gedankengut in die eigene Interventionspraxis einfließen zu lassen. Auch bei Anstrengungen in kleinerem Rahmen, die den Umgang mit Wissen zu optimieren suchen, gilt, dass soziale Kontexte und Prozesse einen wichtigen Gestaltungsgegenstand darstellen. Von daher bietet sich ein prozessorientierter Zugang zum Management von Wissen – in der Art, wie er oben anhand der Workshopsequenz in seinen Grundzügen dargestellt worden ist – an (vgl. hierzu auch Schein 1993, Looss 1993). Offene Problemlöse- und Lernprozesse, in der gemeinsame Diagnosen und Maßnah-men zum eigenen Wissensmanagement angefertigt und umgesetzt werden, bil-den automatisch auch jene kollektiven Relevanzkontexte heran, die für die Entwicklung, Nutzung und Veränderung organisationalen Wissens so bedeut-sam sind. Dies hat sich im oben geschilderten Fall, als das Fehlen eines solchen vergemeinschafteten Referenzrahmens bemängelt wurde, in geradezu idealty-pischerweise bestätigt.

Ein prozessorientierter Zugang fordert schließlich auch die bislang beim Thema Wissensmanagement eher zurückhaltenden Organisationsberater heraus, ihre Berührungsängste mit der vermeintlich “kalten” und “blutleeren” Wirklichkeit des Informations- und Wissensmanagements abzulegen und eine aktivere ge-stalterische Rolle zu übernehmen.2 Schließlich wird sich am Thema Wissens-management erweisen, ob die gestaltenden Kräfte in Organisationen heute ge-meinsam dazu fähig sind, die Chancen von netzwerkartigen Organisations-strukturen und modernen IT-Instrumentarien in einem globalisierten Wirt-schaftssystem zu nutzen.

2 Hilse (i. Vorb.) präsentiert einen solchen prozessorientierten Ansatz kognitiver Organisa-

tionsgestaltung und diskutiert in diesem Zusammenhang die Rollen von Managern und Beratern.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 171: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

171

Literatur Baecker, D. (1998). Zum Problem des Wissens in Organisationen. In Organisationsentwick-

lung, 3, 4-21.

Brown, J.S. & Duguid, P. (1999). Dem Unternehmen das Wissen seiner Menschen erschlie-ßen. In Harvard Business Manager, 3, 76-88.

Brown, J.S. & Duguid, P. (1991). Organizational Learning and Communities of Practice: Towards a Unified View of Working, Learning, and Innovation. In Organization Science, 2, 40-57.

Deiser, R. (1996). Vom Wissen zum Tun und zurück: Die Kunst des strategischen Wissens-managements. In U. Schneider (Hrsg.). Wissensmanagement: Die Aktivierung des intel-lektuellen Kapitals. (S. 49-76). Frankfurt/Main: FAZ-Verlag.

Hilse, H. (i. Vorb.). Kognitive Wende in Management und Beratung: Wissensmanagement aus sozialwissenschaftlicher Perspektive. Dissertation: Universität Bielefeld und Daim-lerChrysler AG/Stuttgart.

Hilse, H. (1999). “Wer nach der Wissensbasis greift ...”: Ein kleiner Streifzug durch die Welt der Wissensmanager (erscheint 1999 in der Zeitschrift Agogik).

Krogh, G.v. & Rogulic, B. (1996). Branchen gestalten statt Marktanteile verwalten: Durch Wissenstransformation zum Wettbewerbsvorteil. In T. Tomczak, Th. Rudolph & A. Roosdorp (Hrsg.). Positionierung: Kernentscheidung des Marketing, S. 58-68. St. Gallen: Thexis.

Krüger, W. & Homp, C. (1997). Kernkompetenz-Management: Steigerung von Flexibilität und Schlagkraft im Wettbewerb. Wiesbaden: Gabler.

Looss, W. (1993). Alltägliche Organisationsberatung bei der Einführung neuer Technolo-gien. In G. Fatzer (Hrsg.). Organisationsentwicklung für die Zukunft. Ein Handbuch (S. 79-96). Köln: EHP.

Lüer, C.U. (1998). Kognition und Strategie: Zur konstruktiven Basis des Strategischen Ma-nagements. Wiesbaden: Deutscher UniversitätsVerlag.

Mintzberg, H. (1978). Patterns in Strategy Formation. In Management Science, 24(9), 934-948.

Piaget, J. (1975). Gesammelte Werke (Band 1-10). Stuttgart: Klett-Cotta.

Probst, G.J.B. & Raub, S.P. (1998). Kompetenzorientiertes Wissensmanagement. In Zeit-schrift für Führung und Organisation, 3, 132-138.

Quinn, J.B. (1995). Strategic Change: Logical Incrementalism. In H. Mintzberg, J.B. Quinn & S. Goshal (Eds.). The Strategy Process (p. 105-114). London.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 172: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

172

Schein, E.H. (1993). Informationstechnologie und Management – passen sie zusammen? In G. Fatzer (Hrsg.). Organisationsentwicklung für die Zukunft. Ein Handbuch (S. 41-58). Köln: EHP.

Schreyögg, G. (1998). Strategische Diskurse: Strategieentwicklung im organisatorischen Prozess. In Organisationsentwicklung, 17 (4), 32-43.

Senge, P.M. (1990). The Fifth Discipline. The Art und Practice of the Learning Organiza-tion. New York: Doubleday.

Weick, K.E. (1997). Cosmos vs. Chaos: Sense and Nonsense in Electronic Contexts. In L. Prusak (Ed.). Knowledge in Organizations (p. 213-226). Boston: Butterworth-Heinemann.

Weick, K.E. (1995). Sensemaking in Organizations. Thousand Oaks: Sage.

Willke, H. (1998). Systemisches Wissensmanagement. Stuttgart: Lucius & Lucius UTB.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 173: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

173

Christoph Lütge

Wissenschaftstheoretische und ethische Aspekte des Wissensmanagements

Wissen wird in vielen Bereichen gebraucht. Damit es jedoch effektiv eingesetzt werden kann, muss es in bestimmte Formen gebracht werden. Diese Formen müssen auf die sich jeweils stellenden Probleme zugeschnitten sein und der Or-ganisation oder dem Management von Wissen dienen. Dabei handelt es sich um eine Aufgabe für Wissenschaft und Praxis. In diesem Artikel soll es allerdings nur um die wissenschaftliche Seite gehen, die ich aus philosophischer Sicht be-trachten werde. So geht es mir darum, aus den philosophischen Disziplinen Wissenschaftstheorie und Ethik Lehren für das Management von Wissen zu ziehen. Dazu zunächst einige allgemeine Bemerkungen:

Mehrere Disziplinen beschäftigen sich mit dem Thema Wissensmanagement, so etwa die Informatik, die Psychologie und die Betriebswirtschaftslehre. Alle drei kennen die empirische oder modelltheoretische Untersuchung von Wissen. Alle drei produzieren aber auch ihrerseits Wissen, das selbst wiederum organi-siert werden muss. Diese Art von Organisation auf einer Metaebene ist Thema der Wissenschaftstheorie, einer Teildisziplin der Philosophie. Sie betrachtet die Wissenschaften und ihre Resultate.

Historisch gesehen haben sich Philosophen schon immer mit Wissenschaft be-fasst; auch bei Aristoteles finden sich viele Überlegungen, die man wissen-schaftstheoretisch nennen kann. Im engeren Sinn jedoch entstand die Wissen-schaftstheorie als eigene Disziplin erst um 1900 und hat in den folgenden Jahr-zehnten einen starken Aufschwung genommen. Mit ihr sind Namen wie Rudolf Carnap, Karl Popper und Thomas Kuhn verbunden.

Die Wissenschaftstheorie hat vor allem zwei Aufgaben: Einerseits beschreibt sie die Entwicklung der Wissenschaften. Andererseits bleibt sie nicht bei der Beschreibung stehen, sondern bewertet die Wissenschaften auch. Sie stellt Kri-terien dafür auf, welche Theorien als gute Theorien gelten können. Wissen-schaftstheorie sucht in diesem Sinne nach Qualitätskriterien für wissenschaftli-che Theorien.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 174: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

174

Wenn man solche Kriterien hat, kann man natürlich auch Ratschläge an einzel-ne Wissenschaftler, an wissenschaftliche Gemeinschaften oder sogar an die Ge-sellschaft als Ganze geben. Solche Ratschläge betreffen zunächst die methodi-sche Vorgehensweise - etwa bei Experimenten -, aber auch die institutionelle Organisation von Wissenschaft.

Für das Wissensmanagement wird die Philosophie in dreifacher Hinsicht wich-tig: Erstens gibt sie Randbedingungen für die Gestaltung von Wissensmanage-ment-Systemen vor. Einige dieser Randbedingungen werden in den folgenden Abschnitten genannt, und zwar einerseits solche, die das Individuum und insbe-sondere seine Fehlleistungen betreffen (Abschnitt 1), andererseits solche, die durch Technologie und soziale Organisation bedingt sind (Abschnitt 2).

Zweitens können die von der Wissenschaftstheorie aufgestellten Kriterien auch konkretere Hinweise bei der Gestaltung solcher Systeme geben. Denn diese Kriterien dienen dazu, innerhalb des Systems Wissenschaft Wissen zu produ-zieren und zu organisieren. Sie könnten sich somit auf andere Bereiche übertra-gen lassen. Zwei Arten von Kriterien werden vorgestellt, individuelle (Ab-schnitt 3) und soziale Kriterien (Abschnitt 4).

Drittens muss das Wissensmanagement auch Probleme der Ethik berücksichti-gen. Auf einige dieser Probleme werde ich in Abschnitt 5 hinweisen. Zum Schluss werden einige der Ratschläge zusammengefasst, die sich aus der Wis-senschaftstheorie und Ethik für das Wissensmanagement ergeben.

1 Mesokosmische Randbedingungen des Wissensmanagements

Zwischen der objektiven und der subjektiven Seite menschlicher Entscheidun-gen bestehen große Unterschiede. Psychologische Untersuchungen haben viele solcher Diskrepanzen ans Licht gebracht und dabei erstaunliche Regelmäßigkeiten entdeckt.1

Es zeigt sich,

- dass wir Verlusten mehr nachtrauern, als wir uns an Gewinnen freuen; - dass (wohl deshalb) die Gefahr, etwas zu verlieren, unsere Entscheidung

stärker beeinflusst als die Aussicht, etwas Gleichwertiges zu gewinnen;

1 Vgl. Dörner 1992a, S. 22ff. sowie Dörner 1992b und Vollmer 1988, Bd. 1, S. 116ff.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 175: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

175

- dass wir risikoreiche Entscheidungen bei Gewinnen meiden, bei Verlusten bevorzugen (z.B. einen sicheren Gewinn von 80 Mark einem Gewinn von 100 Mark vorziehen, der nur zu 85% wahrscheinlich ist, also auf lange Sicht mehr Gewinn brächte);

- dass wir einen Verlust, den wir durch eigenes Handeln verschuldet haben, schmerzlicher empfinden als einen gleichwertigen, der unserer Untätigkeit oder einer verpassten Gelegenheit zuzuschreiben ist;

- dass wir (wohl deshalb) falsches aktives Verhalten mehr bedauern als eine Unterlassungssünde;

- dass wir auf den Unterschied zwischen Gewissheit und hoher Wahrschein-lichkeit sehr empfindlich, auf die (viel größeren) Unterschiede zwischen verschiedenen Wahrscheinlichkeiten dagegen nur wenig reagieren;

- dass wir langfristiges Kapitalwachstum bei Zinseszins schlecht schätzen können;

- dass wir auf lineare, nicht aber auf zyklische Kausalität eingestellt sind und daher wenig Einsicht in das Verhalten von Systemen mit positiver Rück-kopplung haben.

Was könnten die Gründe für diese Fehlleistungen sein? Die Evolutionäre Er-kenntnistheorie versucht, diese Frage zu beantworten. Sie ist eine philosophi-sche Disziplin, die sich mit unserer Erkenntnis und unserer Erkenntnisfähigkeit befasst. Nun beschäftigen sich zwar auch Einzelwissenschaften wie die Psycho-logie oder die Kognitionswissenschaft mit kognitiven Problemen. Im Gegen-satz zu diesen versucht die Evolutionäre Erkenntnistheorie jedoch, Wissen aus den empirischen Disziplinen zusammenzuführen, um uralte philosophische Fragen zu beantworten. Eine dieser Fragen ist zur Hauptfrage der Evolutionä-ren Erkenntnistheorie geworden. Sie lautet:

Wie kommt es, dass die subjektiven Erkenntnisstrukturen, die wir mitbringen, so gut auf die Realität passen? Diese Frage hat seit der Antike viele Philoso-phen beschäftigt, doch darauf kann ich hier nicht weiter eingehen. Die Evoluti-onäre Erkenntnistheorie gibt eine neue Antwort, die auf biologischen Erkennt-nissen basiert:

Unser Erkenntnisapparat hat sich im Lauf der biologischen Evolution heraus-gebildet. Unsere subjektiven Erkenntnisstrukturen passen auf die Welt, weil sie sich im Laufe der Evolution in Anpassung an diese reale Welt herausgebildet haben. Und sie stimmen mit den realen Strukturen (teilweise) überein, weil nur eine solche Übereinstimmung das Überleben ermöglichte. Sie sind individuell

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 176: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

176

angeboren und deshalb ontogenetisch a priori, aber stammesgeschichtlich er-worben, also phylogenetisch a posteriori.2 Unter diesem evolutiven Aspekt deutet die Evolutionäre Erkenntnistheorie das menschliche Gehirn in erster Linie nicht als Erkenntnisorgan, sondern als Or-gan zum Überleben. Diese biologische Deutung hat zahlreiche Konsequenzen. Einige davon sollen im folgenden diskutiert werden.

1.1 Mensch und Mesokosmos

Die Evolutionäre Erkenntnistheorie erklärt, warum die subjektiven Erkenntnis-strukturen, jedenfalls soweit sie biologisch-genetisch bedingt sind, auf die reale Welt passen. Genetisch fixiert werden jedoch im allgemeinen gerade solche Strukturen, die für das Überleben des Organismus relevant sind. Dagegen ha-ben wir beispielsweise kein Sinnesorgan für Röntgenstrahlen entwickelt, denn Röntgenstrahlen kamen in der Umgebung nicht vor, an die wir uns im Lauf der Evolution angepasst haben.

Dies weist darauf hin, dass jeder Organismus nur an einen bestimmten Aus-schnitt der realen Welt angepasst ist, den er wahrnehmend und handelnd bewäl-tigt. Dieser Ausschnitt ist seine „ökologische Nische“. Ganz analog kann man von einer „kognitiven Nische“ sprechen. Sie gilt für den Teilbereich der Welt, den ein Organismus erkennend meistert. Die kognitive Nische des Menschen nennen wir dann „Mesokosmos“. Der Mesokosmos ist eine Welt der mittleren Dimensionen: eine Welt mittlerer Entfernungen, Zeiten, Gewichte, Temperatu-ren, eine Welt kleiner Geschwindigkeiten, Beschleunigungen, Kräfte, aber auch eine Welt bescheidener Komplexität. Unsere subjektiven Erkenntnisstrukturen sind auf diesen Mesokosmos geprägt, ihm angepasst, für ihn und durch ihn se-legiert, an ihm erprobt und bewährt.

Ganz analog gibt es wohl auch einen sozialen Mesokosmos. Da wir den größten Teil unserer evolutiven Vergangenheit in Kleingruppen verbracht haben, sind wir auch in sozialer Hinsicht diesem Leben angepasst. Heutige anonyme Groß-gesellschaften stellen Menschen vor neue Probleme, die zu „sozialen Fehlleis-tungen“ führen können. So neigen wir dazu, einzelne für die Ergebnisse von Marktprozessen verantwortlich zu machen.3 Dies kann hier nur angedeutet wer-den.

2 Vollmer 1998, S. 102. 3 Vgl. dazu Künzli 1986.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 177: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

177

Den Mesokosmos können wir jedoch auch verlassen. Dazu haben wir die neu-zeitliche Wissenschaft entwickelt. Als Wissenschaftler können wir neue Theo-rien entwerfen, deren Reichweite über unsere kognitive Nische hinausgeht, und diese Theorien experimentell überprüfen. Wissenschaftliche Erkenntnis greift also über mesokosmische Erkenntnis weit hinaus und bietet ihr gegenüber ei-nen Zuwachs an Objektivität. Denn in der Theoriebildung sind wir nicht mehr an unsere evolutiv getesteten und mesokosmisch bewährten Erkenntnisstruktu-ren gebunden. Daher müssen wir deutlich zwischen den uns intuitiv zugängli-chen und den theoretisch erfassten oder errechneten Phänomenen unterschei-den.

1.2 Jenseits des Mesokosmos

Die beschriebenen Fehlleistungen lassen sich nun erklären: Unsere Erkenntnis-strukturen haben sich in Anpassung an Systeme mittlerer Dimensionen und ge-ringer Komplexität entwickelt. Bei Anwendung außerhalb des Mesokosmos können sie versagen. Dies gilt etwa in Relativitätstheorie, Quantenmechanik, Elementarteilchenphysik und Kosmologie. Dort werden Strukturen beschrie-ben, die wir uns nicht mehr anschaulich machen können: Längenkontraktion, Zeitdilatation, Relativierung der Gleichzeitigkeit, Lichtgeschwindigkeit als höchstmögliche Signalgeschwindigkeit; Unschärferelationen, Tunneleffekt; masselose Teilchen (Fotonen), Teilchen, die man nicht isolieren kann (Quarks); nichteuklidische Räume, Gravitation als Raumkrümmung, Schwarze Löcher usw.

Und ein weiterer Bereich, in dem wir mit unseren mesokosmischen Mitteln oft und sogar regelmäßig scheitern, sind eben die komplexen Systeme. Hier kommt es nicht auf räumliche oder zeitliche Abmessungen, auf Geschwindigkeiten, Beschleunigungen oder andere physikalische Größen an, sondern auf den Ver-netzungsgrad. Zwar gibt es noch kein allgemein anerkanntes Maß für Komple-xität. Das spielt jedoch im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle, da schon vergleichsweise geringe Vernetzungen - also solche, die wir immerhin noch theoretisch beherrschen - unsere mesokosmisch geschulte Vorstellungskraft weit überfordern. Wir sind wohl auf lineare Kausalität und auf kurze Kausal-ketten geprägt, nicht jedoch auf vernetzte Systeme, auf die Berücksichtigung von Neben- und Fernwirkungen, auf zyklische Kausalität, auf Rückkopplungs-effekte, auf nichtlineares Wachstum oder auf unabhängige Zufallsereignisse. Eben darauf bezogen sich die genannten Beispiele für Fehlleistungen, die sich nun als Folge der Beschränkungen eines mesokosmisch geprägten Erkenntnis-apparates erklären lassen. Sie sind auch für das Wissensmanagement relevant.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 178: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

178

2 Technologische Randbedingungen des Wissensmanagements

Die mesokosmischen Beschränkungen sind nicht die einzigen Randbedingun-gen, die im Wissensmanagement berücksichtigen werden müssen. Wissenschaft hat auch eine - von der Wissenschaftstheorie herausgestellte - technologische Dimension; diese wurde lange Zeit jedoch nur einseitig betrachtet. Gemeint ist hier weniger, dass Technologie durch wissenschaftliche Forschungsergebnisse hervorgebracht wird, sondern vor allem, dass Technologie umgekehrt den wis-senschaftlichen Fortschritt erheblich beeinflusst. Bereits 1978 hat Nicholas Re-scher in seinem Buch „Scientific Progress“ (Rescher 1982) eine These zum Einfluss vom Stand der Technologie auf das Tempo des wissenschaftlichen Fortschritts aufgestellt:

Nach Rescher hängt wissenschaftlicher Fortschritt entscheidend von der jeweils verfügbaren Technologie ab, so etwa von den Beobachtungsinstrumenten, von den Instrumenten der Datenverarbeitung usw. Zwar seien echte Durchbrüche oft neue Probleme, verbesserte Reformulierungen älterer Probleme oder auch neue, präzisere Begrifflichkeiten.4 Dennoch sei Fortschritt auch immer auf neue Fakten angewiesen. Diese könnten aber nur mit der zur Verfügung stehenden Technologie gewonnen werden, die ständig verbessert werde, so dass man von einer Hierarchie von Technologieniveaus sprechen könne, welche sich in ihrer Leistung jeweils um Größenordnungen steigerten:5 Bei der Einführung einer neuen Technologie ließen sich Entdeckungen zunächst recht leicht machen. Dieser Fortschritt verlangsame sich jedoch stetig und bringe bald nur noch mi-nimale ‘Neuigkeiten’ hervor. Eine Beschleunigung könne erst wieder mit der Einführung technologischer Neuerungen eintreten.

Die Frage des optimalen Einführungszeitpunktes neuer Technologien ist also ein ökonomisches Problem: Wann sind die Kosten des Weiterarbeitens mit den alten Instrumenten gleich den Kosten der Einführung der neuen? Ein wesentli-cher Bestandteil dieses Problems ist, dass die Kosten neuer Technologien ihrer-seits ständig ansteigen. Dies wird als das Phänomen der „Kosteneskalation“ in der wissenschaftlichen Forschung bezeichnet.

4 Vgl. dazu Kitchers Unterscheidung der verschiedenen Arten von Fortschritt, begriffli-

chem und erklärerischem (Kitcher 1993, Kap. 5). 5 Rescher (1982, 191f.) führt als Beispiele die Entwicklung der Teilchenbeschleuniger

und der mechanischen Uhren an.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 179: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

179

Mit diesem Prinzip lässt sich eine Entwicklung erklären, die Rescher als grund-legend für wissenschaftlichen Fortschritt ansieht: Die Zahl der Entdeckungen steige nicht (wie man erwarten würde) mit exponenzieller, sondern nur mit konstanter Geschwindigkeit an. Während die Kosten der Forschung exponen-ziell zunähmen, bleibe die Zuwachsrate bei den Ergebnissen (dem Output) gleich. Die erste dieser beiden Thesen ist sicherlich unproblematisch6, die zwei-te jedoch nicht. Als Belege führt Rescher an:

- die relative Stabilität wissenschaftlicher Ehrungen und Preise, - die nur linear verlaufende Zunahme der Anzahl der in Enzyklopädien,

Handbüchern und Standard-Lehrwerken zitierten Verweise; dies sei ein In-diz dafür, dass zumindest die Anzahl der bedeutenden Funde nicht expo-nenziell ansteige,

- die Erweiterungen der Klassifikation von Wissenschaftsdisziplinen und Problembereichen der Forschung.

Aus der Annahme der Kosteneskalation und aus der zusätzlichen Annahme knapper Ressourcen (bzw. eines konstanten Ressourcenzuflusses zur Wissen-schaft) folgt nun, dass sich wissenschaftlicher Fortschritt verlangsamen muss. Genauer: die Verlangsamung geschieht nach dem logarithmischen Ertragsge-setz: Auf ein starkes Wachstum in der ersten Phase folgt stetig zunehmende Abschwächung. Mit Hilfe dieses Gesetzes lassen sich nach Rescher nicht nur die oben beschriebenen empirischen Belege erklären, sondern auch das Wachs-tum des Wissens - zwar nicht inhaltlich, aber doch seinem Umfang nach - vor-hersagen.

Wissenschaftlicher Fortschritt verläuft nach diesem Bild also in Analogie zum ökonomischen Gesetz des abnehmenden Grenznutzens; die Grenzkosten neuer Entdeckungen steigen stetig an. Es ist allerdings unklar, wie der Fall „Grenz-kosten = Grenznutzen“ im Hinblick auf Wissenschaft zu interpretieren ist. Ge-langt die Wissenschaft dann an ein Ende?

Diese Konsequenz hat Rescher nicht gezogen; sie findet sich jedoch in John Horgans Buch „An den Grenzen des Wissens“ (Horgan 1997). Darin wird die These vertreten, die Wissenschaften seien an ein Ende gelangt oder stünden kurz davor. Nach Horgan steht der Forschungsprozess in Teilen der Physik (etwa in der Kosmologie), aber auch in anderen Disziplinen kurz vor dem Ab-schluss. Dies zeige sich daran, dass in diesen Disziplinen bereits „ironische Forschung“ betrieben würde, deren Ergebnisse sich nicht mehr empirisch über-prüfen ließen. Die Gründe für das Ende der Wissenschaft lägen einerseits in na-

6 Vgl. etwa Kreibich 1986, Kap. 1.4.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 180: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

180

türlichen Grenzen, andererseits aber auch in ökonomischen und technologi-schen Knappheiten. Manche Fragen seien aus Kostengründen nicht zu beant-worten. Ähnlich wie bei Rescher liegt hier somit - wenn Horgans These zutrifft - ein der Wissenschaft inhärentes Hindernis für wissenschaftlichen Fortschritt vor.

Ähnliche ökonomisch-technologische Randbedingungen sind natürlich nicht nur in den Wissenschaften, sondern in allen Bereichen relevant. Das Wissens-management kann sie nicht ignorieren.

Nachdem zunächst einige Randbedingungen dargelegt wurden, soll es nun um konkrete Hinweise für das Wissensmanagement im Bereich der Wissenschaft gehen. Grundlegend lassen sich hier zwei Arten von Regeln unterscheiden, die die Organisation von Wissen bestimmen: Individuelle Regeln gelten für den einzelnen Wissenschaftler, soziale Regeln für Wissenschaftlergemeinschaften.

3 Wissenschaftstheorie I: Regeln für das Individuum

Dies ist das klassische Aufgabenfeld der Wissenschaftstheorie, dessen Grund-züge sich vor allem im Werk Karl Poppers finden lassen:

Popper betont die Vorläufigkeit unseres Wissens. Alle Versuche, Letztbegrün-dungen für Theorien zu finden, sind gescheitert. Diese Versuche enden unwei-gerlich in einer dreifachen Sackgasse, nämlich entweder in einem Zirkel, in ei-nem unendlichen Regress oder in einem dogmatischen Abbruch des Begrün-dungsverfahrens. Diese Sackgasse wird auch das ‘Münchhausen-Trilemma’ genannt.

Popper ersetzt daher die Forderung nach Begründung unserer Theorien durch die Forderung nach ihrer Falsifizierbarkeit. Eine wissenschaftliche Theorie muss an der Wirklichkeit scheitern können; sie darf nicht gegen Kritik immuni-siert werden. Daraus ergibt sich folgende Regel: Ein Wissenschaftler, der eine Hypothese aufstellt, sollte auch gleich die Bedingungen angeben, unter denen er diese Hypothese aufgeben würde.

Prüfbarkeit ist jedoch nur eine von mehreren Bedingungen, die eine Theorie er-füllen muss, um als wissenschaftlich gelten zu können. Diese Bedingungen sind somit Regeln für die Produktion neuen Wissens. Sie verlangen, Theorien auf-zustellen, die

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 181: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

181

- zirkelfrei und logisch widerspruchsfrei sind, - mit anerkannten Theorien aus anderen Wissensbereichen vereinbar sind, - Erklärungswert haben, - prüfbar sind und - diese Prüfungen auch bestehen.

Die bisher genannten Kriterien müssen auch dann auf eine Theorie angewandt werden, wenn keine Alternativen verfügbar sind. Sie sind notwendige Kriterien. Eine Theorie, die nicht zirkelfrei oder nicht prüfbar ist, muss nach Popper auf-gegeben werden.

In den allermeisten Fällen hat es der Forscher jedoch mit mehreren konkurrie-renden Theorien zu tun. Wenn mehrere Theorien vorliegen, so werden diese zunächst daraufhin geprüft, ob sie die notwendigen Kriterien erfüllen. Ist dies der Fall, liegen also mehrere als wissenschaftlich angesehene Theorien vor, so kommen weitere, wünschbare Kriterien zum Zug:

Danach sollen Theorien möglichst einfach, möglichst anschaulich und mög-lichst ‘tief’ sein; sie sollen Prognosen erlauben, wiederholbare Ergebnisse lie-fern und auf voneinander unabhängigen Prämissen beruhen. Für diese Kriterien gibt es allerdings unterschiedliche Explikationen, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann.

Die Bewertung von Theorien ist jedoch nicht das einzige individualtheoretische Problem, für das die Wissenschaftstheorie Vorschläge liefert. Popper hat ein zweites Thema stark in den Vordergrund gerückt: die Rolle von Problemen für den wissenschaftlichen Fortschritt. Danach gehen wir immer von konkreten Problemen aus, entwickeln vorläufige Problemlösungen, die wir wiederum kri-tisieren und kritisieren lassen, und gelangen schließlich (nicht unbedingt zur Problemlösung, aber) zu einer neuen Problemsituation.

Daraus ergibt sich, dass die Rolle von Problemen, und besonders natürlich von offenen Problemen, stärker beachtet werden muss. Ein Problem zu lösen, ist oft schwierig, aber nicht selten ist es fast ebenso schwierig, ein offenes Problem als solches zu erkennen. In der Schule und Universität werden meistens nur fertige Problemlösungen vermittelt; auf offene Fragen wird eher selten hingewiesen. Daher lautet der Ratschlag an Wissenschaftler, aber auch an Wissensmanager: Sammeln Sie offene Probleme und machen Sie solche Problemsammlungen auch bekannt! Setzen Sie nicht nur Preise für die Lösung von Problemen, son-dern auch für das Stellen neuer Fragen aus!

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 182: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

182

4 Wissenschaftstheorie II: Regeln für die wissenschaftliche Gemeinschaft

Wissenschaft wird jedoch nicht von isolierten Robinson-Forschern betrieben. Sie ist ein soziales Unternehmen, das wie alle solche Unternehmen durch Ar-beitsteilung gekennzeichnet ist. Erst die Arbeitsteilung ermöglichte den Auf-stieg der modernen Wissenschaft. Während dieses Aufstiegs haben sich wis-senschaftliche Gemeinschaften gebildet, deren Mitglieder gemeinsame Regeln und Werte übernehmen.

Die Wissenschaftstheorie hat die Rolle solcher Gemeinschaften erst mit Tho-mas Kuhns „Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ (Kuhn 1989) ernst ge-nommen. So vertritt Kuhn - im Gegensatz zu Popper - die These, dass nicht In-dividuen, sondern Gemeinschaften die Subjekte der Wissenschaft sind. Die Wissenschaftstheorie habe sich bei der Untersuchung von Wissenschaft nicht auf einzelne Vertreter, sondern auf soziale Mechanismen zu konzentrieren. Da-zu gehören etwa die Art der Ausbildung von Wissenschaftlern, die Organisati-on von Universitäten, die Mechanismen der Publikation von Forschungsergeb-nissen oder die Prozesse der Vergabe von Forschungsförderungsmitteln.

4.1 Die unsichtbare Hand in der Wissenschaft

Neben der Wissenschaftstheorie beschäftigt sich mit diesen Fragen seit langem auch die Wissenschaftssoziologie. Sie ist eine Teildisziplin der Soziologie, die Wissenschaft als ein soziales System unter vielen behandelt (vgl. etwa Luh-mann 1990). Es lassen sich hier zwei Traditionen unterscheiden:

Die ältere Wissenschaftssoziologie (vgl. etwa Merton 1985) konzentrierte sich vorwiegend darauf, die Einflüsse sozialer Faktoren auf das Verhalten von Wis-senschaftlern zu untersuchen. Sie untersuchte etwa Betrugsfälle als Verstöße gegen das wissenschaftliche Ethos oder Streitigkeiten über die Priorität bei Entdeckungen. Die neueren Wissenschaftssoziologen jedoch - insbesondere die Vertreter des sogenannten „starken Programms“ der Edinburgher Schule - ge-hen weiter. Sie wollen den Einfluss sozialer Faktoren auf den Inhalt wissen-schaftlicher Theorien nachweisen. Dazu richten sie ihr Augenmerk auf Macht-verhältnisse und andere soziale Mechanismen, die Forschungsergebnisse her-vorbringen (vgl. etwa Pickering 1984; Shapin & Schaffer 1985). Verzichtet wird dabei auf eine Bewertung wissenschaftlicher Leistungen; es wird nicht un-terschieden zwischen guten und schlechten Theorien.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 183: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

183

Dieser Forschungsansatz wird in den Augen vieler Wissenschaftstheoretiker als Gefahr angesehen, die bezüglich wissenschaftlicher Theorien in einen schran-kenlosen Relativismus und Anarchismus führe. Es sei eine unzulässige Veren-gung, Forschungsergebnisse nur als soziales Konstrukt zu betrachten und nicht auch unter epistemischen, die Wahrheit dieser Ergebnisse betreffenden Ge-sichtspunkten. So ist etwa für Popper die Suche nach Wahrheit das Hauptanlie-gen von Wissenschaft (vgl. Popper 1984, 44), und eine Erforschung von Wis-senschaft mit soziologischen Mitteln bedeutet danach eine unzulässige Reduk-tion. Allerdings hat Popper selbst keine völlig befriedigende Strategie entwi-ckelt, mit den wissenschaftssoziologischen Argumenten umzugehen. Vielmehr neigte er dazu, soziale Einflüsse auf Wissenschaft lieber völlig zu ignorieren.

Die wissenschaftssoziologische Herausforderung dürfte zur Zeit jedoch eines der für die Wissenschaftstheorie wichtigsten Probleme sein. So verwundert es nicht, dass in den letzten Jahren andere Wissenschaftstheoretiker versucht ha-ben, eine neue Antwort auf die Herausforderung der Wissenschaftssoziologie zu geben und den normativen Anspruch der Wissenschaftstheorie aufrechtzuer-halten. Gleichzeitig wird damit auch ein neues Licht auf Probleme des Wis-sensmanagements geworfen.

Diese Antwort verwendet eine Analogie zu Adam Smiths berühmtem Argu-ment der unsichtbaren Hand, das sich ursprünglich auf wirtschaftliche Märkte bezog. Danach dienen die Marktteilnehmer, die alle ihre Eigeninteressen ver-folgen, auf der gesellschaftlichen Ebene - gelenkt von einer „unsichtbaren Hand“ - dem Nutzen aller: Wir erwarten vom Bäcker nicht, dass er seine Bröt-chen aus Nächstenliebe, sondern dass er sie aus Eigeninteresse produziert (vgl. Smith 1990, 17).

Das Unsichtbare-Hand-Argument haben vor allem Philip Kitcher (1993) und David Hull (1988) auf die Wissenschaftstheorie übertragen. Einerseits gestehen sie die soziale Bedingtheit wissenschaftlicher Erkenntnis zu. In Analogie zu Adam Smith zeigen sie jedoch gleichzeitig, dass soziale Faktoren den wissen-schaftlichen Fortschritt nicht notwendigerweise behindern, sondern ihn unter bestimmten Bedingungen gerade fördern können.

Kitcher beispielsweise konstruiert mit den Mitteln der Ökonomik eine Reihe von formalen Modellen, um nachzuweisen, dass Gemeinschaften von ‘egoisti-schen’ Wissenschaftlern, die sich primär von Ruhm, Posten, Geld usw. leiten lassen, besser abschneiden als Gemeinschaften von - in Kitchers Worten - „epistemisch reinen“, also nur an der Wahrheit und an anderen wissenschaftli-chen Werten interessierten Forschern. Dies liegt vor allem daran, dass die ‘E-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 184: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

184

goisten’ nicht alle dasselbe tun: Ein ‘egoistischer’ Forscher verspricht sich au-ßerwissenschaftliche Vorteile von seiner Arbeit, die etwa darin bestehen kön-nen, bewusst ein anderes Forschungsprogramm zu verfolgen als sein Konkur-rent. Auf diese Weise stellt sich eine Art Risikostreuung ein: Dadurch, dass mehrere Theorien gleichzeitig verfolgt werden, sinkt die Chance, dass die Wis-senschaft als Ganze in eine Sackgasse gerät. Wenn eine der Theorien sich als falsch erweist, ist immer noch eine zweite übrig. Wären dagegen beide Forscher nur an der Wahrheit interessiert, würden sie sich auf das gleiche Forschungsprogramm konzentrieren. Stellt sich dieses als falsch heraus, muss ganz von vorn angefangen werden.

4.2 Dilemmastrukturen in der Wissenschaft

Man kann dieses Argument noch weiter verfeinern. So müssen zu den sozialen Faktoren, die Einfluss auf Wissenschaft haben, auch die wissenschaftlichen In-stitutionen gerechnet werden. Sie haben sich als Reaktionen auf bestimmte Di-lemmastrukturen entwickelt. Diese Dilemmastrukturen, die sich nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen fin-den, sind Situationen nach Art des Gefangenendilemmas: Dabei handelt jeder Beteiligte für sich rational und im eigenen Interesse, trotzdem ist das Gesamt-ergebnis kollektiv irrational. Das Ergebnis liegt in niemandes Interesse, viel-mehr stellen sich alle gerade aufgrund ihrer individuellen Rationalität schlech-ter.7

Aus solchen Dilemmastrukturen kann daher keiner der Beteiligten allein ‘aus-brechen’. Man kann mit diesen Situationen nur auf einer institutionellen Ebene umgehen, denn nur eine sanktionsbewehrte Institution kann die Aktionen der Individuen so koordinieren, dass das Dilemma aufgelöst oder umgangen wer-den kann. Allerdings können diese Dilemmastrukturen sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Daher ist in manchen Fällen gerade die Etablie-rung eines Dilemmas gesellschaftlich erwünscht: Im Wettbewerb etwa werden die Anbieter zugunsten der Nachfrager in ein Dilemma gestürzt. Institutionen wie das Kartellamt sorgen dafür, dass dieses Dilemma auch erhalten bleibt - mit den entsprechenden positiven Folgen für alle.

Beispiele für Dilemmastrukturen in der Wissenschaft sind Betrugsfälle (vgl. etwa Finetti & Himmelrath 1999), Streitigkeiten um wissenschaftliche Priorität

7 Das Gefangenendilemma kann an dieser Stelle nicht ausführlich behandelt werden. Für

einen Überblick vgl. etwa Dixit & Nalebuff 1995.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 185: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

185

und - mit positiven Auswirkungen - der Wettbewerb zwischen Wissenschaft-lern um Erstentdeckungen, Ressourcen und Posten. Auch hier haben sich insti-tutionelle Lösungen entwickelt, um mit diesen Situationen umzugehen. Ein Beispiel etwa sind bestimmte wissenschaftliche Publikations- und Begutach-tungssysteme, die Prioritätsklau verhindern, gleichzeitig aber Anreize für wis-senschaftlichen Wettbewerb setzen sollen. Darauf kann an dieser Stelle jedoch nicht mehr eingegangen werden.8

Es wird deutlich, dass Wissenschaftstheorie auf diese Weise Ratschläge für so-ziale Regeln, für die Organisationsstruktur von Wissenschaft geben kann. Da-mit leistet sie einen Beitrag zum Wissensmanagement im Bereich der Wissen-schaft. Eine ähnliche Betrachtung von Dilemmastrukturen und institutionellen Antworten müsste auch in eine umfassendere Theorie des Wissensmanage-ments aufgenommen werden.

5 Ethische Aspekte des Wissensmanagements

Aus philosophischer Sicht müssen neben den wissenschaftstheoretischen auch ethische Aspekte des Wissensmanagements erwähnt werden. Hubig (1998) hat einige dieser Aspekte zusammengestellt. Er betrachtet vor allem die mit dem Wissensmanagement verbundenen neuen Formen der Kommunikation. Diese werfen nach Hubig folgende moralische Probleme auf:

1) Für die Kommunikationspartner gebe es in komplexen Zusammenhängen immer weniger Möglichkeiten, übermitteltes Wissen zu überprüfen, etwa auf die Kontexte, in denen es steht, oder auf die Art seines Zustandekom-mens. Damit trete ein Kompetenzverlust für die Kommunikationspartner ein.

2) Konkurrierende Wissensansprüche seien ein zunehmendes Problem. Sich widersprechende Experten und Gegengutachten ließen immer mehr Zwei-fel an der Haltbarkeit solcher Wissensansprüche aufkommen.

3) Im Rahmen des Wissensmanagements werden von Unternehmen viele In-formationen über Nutzer gesammelt. Die daraus erstellten Nutzerprofile

8 Vgl. dazu näher Lütge 1998.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 186: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

186

neigen jedoch nach Hubig zur Stereotypie: Sie vermittelten falsche An-sichten über Nutzererwartungen, da sie sich implizit an der Vorstellung von Computern als Kommunikationspartner orientierten.

4) Die Nutzer moderner Informationssysteme begreifen nach Hubig die Welt nicht mehr in der Interaktion mit anderen, sondern sehen sich selbst im Zentrum. Damit ginge zunehmend die Kompetenz verloren, auf neue Her-ausforderungen zu reagieren.

Diesen Schwierigkeiten kann man nicht dadurch begegnen, dass man das Wis-sensangebot oder den Wissenszugang zu beschränken versucht. Ein Zurück zu den Ursprüngen ist nicht möglich. Es würde die positiven Errungenschaften der modernen Kommunikationstechnologien aufgeben oder zumindest entschei-dend behindern.

Mit den moralischen Problemen des Wissensmanagements muss daher anders umgegangen werden. Die folgenden Strategien sind kompatibel mit modernen Formen der Kommunikation (vgl. Hubig 1998, 14ff.):

1) Parallelkommunikation: Um einer Verengung des Wissensspektrums entgegenzusteuern, sollten möglichst viele Informationskanäle offengehalten werden. Ein Beispiel: Manche Autoren (vgl. etwa Buchstein 1996) beklagen, dass das Internet - wie bereits andere Medien - immer stärker kommerzialisiert wird. Zurück-drängen lassen sich diese Angebote jedoch nicht. Aber eine parallele Aus-weitung nicht-kommerzieller Angebote (etwa Diskussionsforen) erscheint sinnvoll und sollte gefördert werden.

2) Neue Organisationsformen: Adäquate Organisationsformen müssen Transparenz ermöglichen. Sie müs-sen Raum lassen für Querdenker. Das Internet lässt sich für diese Aufgaben zweifellos hervorragend einsetzen. Geschäftsberichte und andere Informa-tionen lassen sich im Internet veröffentlichen, und nach Querdenker-Foren muss man dort nicht lange suchen.

3) Transdisziplinäres Lernen: Unsere institutionelle Wissensvermittlung muss verbessert werden, um der

Vernetzung des Wissens Rechnung zu tragen. Disziplinäre Schranken soll-ten nur noch heuristischen Wert haben.

4) Institutionalisierung von Diskursen: Es wird auch im Rahmen des Wissensmanagements immer Konfliktfälle

geben, die sich durch rein technische Verfahren nicht lösen lassen. In die-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 187: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

187

sen Fällen kann es nur um ein praktisches Abwägen gehen, in das möglichst viele Beteiligte mit einbezogen werden sollten. Wichtig ist, dass hierfür in-stitutionalisierte Diskurse eingerichtet werden.

6 Zusammenfassung

Die Evolutionäre Erkenntnistheorie kann die in Organisationen auftretenden Fehlleistungen erklären und uns diese Fehlleistungen besser verstehen lassen. Hierin liegt ihr Beitrag zu einer Theorie des Wissensmanagements. Ihre Vor-schläge zum besseren Umgang mit Komplexität und Fehlleistungen bleiben je-doch zunächst sehr allgemein. Hier muss ja der Bereich des Mesokosmos ver-lassen werden; und die Leitern für den Ausstieg aus dem biologisch geprägten Mesokosmos sind nicht ihrerseits schon wieder biologisch vorgegeben.

Die Wissenschaftstheorie gibt dem Wissensmanager einen wichtigen Rat: Ver-langen Sie nicht einfach von Ihren Mitarbeitern, dass sie den Umgang mit Komplexität eben lernen sollten oder dass sie von nun an vernetzt zu denken hätten! Es lässt sich erklären, warum es nicht leicht ist, aus dem Mesokosmos auszusteigen. Aber was für den einzelnen schwierig ist, kann für das Unter-nehmen als Ganzes doch machbar sein. Versuchen Sie daher, die ganze Organi-sation lernen zu lassen! Gestalten Sie die Organisationsstrukturen mindestens so, dass Ihre Mitarbeiter auch lernen können, wenn sie lernen wollen. Heben Sie außerdem offene Probleme hervor und entwerfen Sie fehlertolerante Syste-me!

Die Ethik schließlich betont, dass mit den entstehenden neuen Kommunikati-ons- und Wissensstrukturen auch moralische Herausforderungen verbunden sind. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, entwickelt sie Strategien, die mit den neuen technologischen Möglichkeiten kompatibel sein müssen. Der E-thik darf nicht die Rolle des Bremsers zufallen. Vielmehr muss es darum gehen, das Potenzial der neuen Möglichkeiten noch besser auszuschöpfen, indem de-ren Transparenz und Akzeptanz erhöht werden. Auf diese Weise leistet auch die Ethik einen Beitrag zum Wissensmanagement.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 188: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

188

Literatur

Buchstein, H. (1996). Bittere Bytes. Cyberbürger und Demokratietheorie. Deutsche Zeit-schrift für Philosophie, 44, 583-607.

Dixit, A. & Nalebuff, B. (1995). Spieltheorie für Einsteiger. Strategisches Know-how für

Gewinner. Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Dörner, D. (1992a). Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situati-

onen. Reinbek: rororo. - (1992b). Alleskönner ade. Manager Magazin, 3, 204-208. Finetti, M. & Himmelrath, A. (1999). Der Sündenfall. Betrug und Fälschung in der deut-

schen Wissenschaft. Stuttgart: Raabe. Horgan, J. (1997). An den Grenzen des Wissens. Siegeszug und Dilemma der Naturwissen-

schaften. München: Luchterhand. Hubig, C. (1998). Informationsselektion und Wissensselektion. In H. D. Bürgel (Hrsg.), Wis-

sensmanagement. Schritte zum intelligenten Unternehmen. Berlin-Heidelberg: Springer, 3-18.

Hull, D. (1988). Science as a Process. An Evolutionary Account of the Social and Concep-

tual Development of Science. Chicago: University of Chicago Press. Kitcher, P. (1993). The Advancement of Science. Science without Legend, Objectivity with-

out Illusions. New York: Oxford University Press. Kreibich, R. (1986). Die Wissenschaftsgesellschaft. Von Galilei zur High-Tech-Revolution.

Frankfurt/M.: Suhrkamp. Künzli, A. (1985). Mein und dein. Zur Ideengeschichte der Eigentumsfeindschaft. Köln:

Bund. Kuhn, T. S. (1989). Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (10. Aufl.). Frankfurt/M.:

Suhrkamp. Lütge, C. (1998). Ökonomische Wissenschaftstheorie. Der Beitrag der Ökonomik zu einer

naturalistischen Wissenschaftstheorie. Dissertation Braunschweig. Luhmann, N. (1990). Die Wissenschaft der Gesellschaft. Frankfurt/M.: Suhrkamp. Merton, R. (1985). Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen. Aufsätze zur Wis-

senschaftssoziologie. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 189: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

189

Pickering, A. (1984). Constructing Quarks. A Sociological History of Particle Physics. Chi-cago: University of Chicago Press.

Popper, K. R. (1984). Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf (4. Aufl.). Hamburg:

Hoffmann und Campe. - (1994). Logik der Forschung (10. Aufl.). Tübingen: Mohr. Rescher, N. (1982). Wissenschaftlicher Fortschritt. Eine Studie über die Ökonomie der For-

schung. Berlin et al.: de Gruyter. Shapin, S. & Schaffer, S. (1985). Leviathan and the Air-Pump. Princeton: Princeton Univer-

sity Press. Smith, A. (1990). Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner

Ursachen. Hrsg. von H. C. Recktenwald (5. Aufl.). München: dtv. Vollmer, G. (1988). Was können wir wissen? 2 Bde. (2. Aufl.). Stuttgart: Hirzel. - (1998). Evolutionäre Erkenntnistheorie (7. Aufl.). Stuttgart: Hirzel.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 190: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 191: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

191

Christoph Soukup

Zu Risiken und Nebenwirkungen von Wissensmanagement

Wie Unternehmen sich vor allzu viel Wissen schützen können

Unternehmen konkurrieren zusehends weniger aufgrund von Rohstoffen und deren mehr oder weniger wirtschaftlichem Einsatz um ein knappes Gut - Kun-den. Was Unternehmen jedoch mehr und mehr zu einer Differenzierung gegen-über dem Wettbewerb verhilft, ist Wissen: Wissen über den Kunden, die Mit-bewerber, Trends und Entwicklungen, Wissen über das eigene Produkt und die-jenigen der Konkurrenz, Wissen über Produktionsabläufe, über die eigenen Kernkompetenzen und Wissen um Möglichkeiten der Zusammenführung all dieses Wissens im Prozess der Leistungserstellung. In diesem Artikel nehmen wir die sehr lebhaft geführte Debatte um Sinn und Unsinn von Ideen zur Mobi-lisierung von Wissen in Unternehmen als unseren Ausgangspunkt. Es wird der Frage nachgegangen, wie von Konzeptvorschlägen des Wissensmanagements auf die „Entdeckung“ von Wissen als Problem reagiert wird und welche (prob-lematischen) Konsequenzen sich daraus ergeben. In weiterer Folge wird auf spezifische Eigenheiten von Wissen eingegangen und Folgerungen für das Ma-nagement von Wissen abgeleitet. 1 Wissen als Problem Es hat sich eingebürgert, Wissen als wichtige Größe im Kampf ums Überleben von Unternehmen zu betrachten. Unter dem Stichwort „Wissensmanagement“ werden seit geraumer Zeit Konzepte und Instrumente diskutiert, die Unterneh-men zu einem besseren Zugang zu und einem ökonomischeren Umgang mit ih-rem eigenen Wissen, das als der eigentliche Wettbewerbsvorteil der Zukunft gesehen wird, ermöglichen sollen. Drehten sich viele der Bemühungen von

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 192: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

192

Forschern, Beratern und nicht zuletzt Managern bis vor kurzem um Konzepte wie Total Quality, Lean Management, Business Process Reengineering oder die Schaffung einer lernenden Organisation, lässt sich nunmehr die „Entdeckung“ von Wissen als Problem beobachten – auf akademischer wie auf praktischer Seite.

Die dabei angestellten Überlegungen sollen nur kurz skizziert werden, da sie an anderen Stellen bereits ausführlich behandelt worden sind (vgl. z. B. BELL 1973, REICH 1991, QUINN 1992, DRUCKER 1993, STEWART 1997, WILLKE 1997):

Wir befinden uns auf dem Weg in die Wissensgesellschaft. Nicht mehr die Pro-duktion materieller Güter, sondern die Bereitstellung von Problemlösungen ist als zentrale Aufgabe von Unternehmen anzusehen. In dem Maße, in dem Un-ternehmen ihr physischer Leistungsanteil, also das materielle Produkt, abhan-den kommt, nehmen kreative und wissensintensive Tätigkeiten zu. Der Großteil der in modernen Unternehmen verrichteten Arbeit ist dem Typus der Wissens-arbeit zuzurechnen. Wissensarbeit zeichnet sich generell dadurch aus, „... dass sie auf spezialisierter Expertise von Personen gründet, die sich die Professionellen in langwierigen Ausbildungsprozessen aneignen müssen“ (WILLKE 1997, S. 5). Für Unternehmen bedingt das zum einen eine Zunahme der Anzahl hochspezialisierter Experten in den eigenen Reihen und zum anderen die Herausforderung, das Wissen dieser Experten zu einer nachgefragten Marktleistung zu verknüpfen.

Ausgehend von der Diagnose, dass mehr und mehr die Lösung eines Kunden-problems und nicht die Bereitstellung von Produkten die eigentliche unterneh-merische Leistung darstellt, werden Konsequenzen für Unternehmen diskutiert. Nicht mehr die (kostengünstige) Produktion von Gütern ist das Kernproblem der Wirtschaft, sondern die Erbringung von Diensten unterschiedlicher Art, gleichgültig ob sie ein konkretes und tangibles Produkt einschließen oder nicht. Prozesse der Leistungserstellung sind zunehmend als wissensintensive Prozesse zu beschreiben: Wissen fließt als Vorleistung in die Leistungserstellung ein. Gleichzeitig gewinnen wissensintensive Produkte bzw. Dienstleistungen an Be-deutung. Endzweck ist immer der Kundennutzen, für den bedarfsgenau eine konkrete Problemlösung entworfen wird.

Welche Folgen ergeben sich aus dem Gesagten? Unternehmen sehen sich auf-grund veränderter Umfeldbedingungen neuen Herausforderungen gegenüber, deren zentrales Thema die Wissensbasierung ihrer Strukturen, Leistungen und Arbeitsprozesse darstellt. Während Unternehmen traditionellerweise die Opti-mierung des Arbeits- bzw. Kapitaleinsatzes im Auge hatten, verschiebt sich

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 193: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

193

dieser Fokus zur Aufmerksamkeit für die verbesserte Nutzung von Wissen. Was der Industrialisierung ihr Kampf gegen die Vergeudung von Arbeitskraft war, war der Automatisierung ihr Kampf gegen die Verschwendung von ma-schinellen Ressourcen. Im Wissenszeitalter ist die verbesserte Nutzung vorhan-dener Informationen an der Reihe. Abbildung 1 stellt die sich wandelnden or-ganisatorischen Herausforderungen in Abhängigkeit von der Art des Unter-nehmens und der von ihm zu bewältigenden Aufgaben überblicksweise dar.

Art der Unterneh-

men Organisatorisches

Problem Organisatorische

Lösung Effekt

Arbeitsintensives Unternehmen

Kampf gegen ‚Herumirren’ der

Arbeitskräfte

Messen und Opti-mieren der Ar-

beitsoperationen

Einführung der Zeit in die Arbeit

Kapitalintensives Unternehmen

Kampf gegen ‚Herumirren’ von

Material

Messen und Optimieren der Produktions-operationen

Einführung der Zeit in die Ma-

schinen

Wissensintensives Unternehmen

Kampf gegen ‚Herumirren’ von

Informationen

Messen und Verbessern des Beitrags von

Wissen

Einführung von Wissen in Produkte,

Dienstleistungen und Abläufe

Abb. 1: Zentrale organisatorische Herausforderungen im Wandel der Zeit

2 Wissen als Ressource Neben der Beschreibung von Wissen als Problem hat sich ein Verständnis von Wissen eingebürgert, das dieses als Ressource betrachtet. Wissen tritt als vier-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 194: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

194

ter Produktionsfaktor neben die traditionellen Ressourcen Rohstoffe, Arbeit und Kapital.

Ähnlich wie herkömmliche Produktionsfaktoren lässt sich auch das Wissen eines Unternehmens analysieren, bilanzieren und managen. (PROBST/RAUB/ ROMHARDT 1997, S. 30).

Eine solche Sichtweise hat entscheidende Auswirkungen darauf, wie mit Wis-sen in Unternehmen verfahren wird. Aus einer ressourcenorientierten Sicht wird Wissen in einem Unternehmen dann ökonomisch möglichst sinnvoll ein-gesetzt, wenn es zeitgerecht beschafft, dem Unternehmen möglichst unbe-schränkt und ungehindert an den Orten des Bedarfs zur Verfügung steht und zielgenau gesteuert durch das Unternehmen fließen kann. Wissen muss dort sei-nen Nutzen stiften, wo es gebraucht wird, und das ist nicht immer (nur) am Ort seiner Entstehung: „Das richtige Wissen zur richtigen Zeit am richtigen Ort“. Dafür sind Anstrengungen zur Erzeugung, zur Kodifizierung und Speicherung, zur Steuerung und zum Transfer bzw. der Logistik von Wissen nötig.

Wissen ist ein Gut, das beliebig aus seinem Kontext herausgeschält werden kann, um dorthin verfrachtet zu werden, wo es den größten Nutzen zu stiften imstande ist. Information ist die Steigerungsform von Daten, denn Informatio-nen sind mit Sinn belegte Daten; Wissen ist die Steigerungsform „nackter“ In-formation, denn Wissen ist mit vorhandenem Wissen veredelte Information. Wissen erscheint als begehrenswertes Gut, von dem es gilt, möglichst viel zu besitzen bzw. zu akkumulieren. Wissen wird eindeutig positiv besetzt, was sei-nen Ausdruck in der Haltung findet: „Wissen ist gut, mehr Wissen ist besser“. Erklärtes Ziel aller Anstrengungen rund um das Management von Wissen ist demnach, möglichst viel von dieser Ressource anzuhäufen.

Wir sehen hier ein Verständnis von Wissen vorgeführt, das mit dem „Nürnber-ger Trichter“ treffend beschrieben wurde: Man nehme Wissen, fülle es über den Trichter in einen Speicher - sei er nun menschlicher oder organisationaler Natur - und gelange so zu einer erhöhten Wissensmenge und besseren, weil informierteren Handlungen. SIMON (vgl. SIMON 1997, S. 147) verdanken wir den Hinweis, dass diese Vorstellung von Wissen eine ist, die unserer Erfahrung mit materiellen Dingen entlehnt ist: Wenn von Wissens-transfer gesprochen wird, so denkt man dabei etwa an den Transfer von Fußballspielern von einem Verein zu einem anderen. Spricht man von Wissenserwerb, so ist damit beispielsweise die Vorstellung vom Kauf eines Buches verbunden, in dem dieses Wissen enthalten ist.

Wissen, das ursprünglich draußen (in Büchern, Datenbanken oder sonstwo) lo-kalisiert ist, wird nach drinnen (in ein menschliches Gehirn, eine Organisation,

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 195: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

195

irgendeinen „Speicher“) transportiert. Was vorher draußen war, ist nachher drin: Man hat es ‚intus‘.(SIMON/CONECTA-Autorengruppe 1998, S. 159)

Entlang der Unterscheidung zwischen Haben und Nichthaben ergeben sich die im Rahmen von Wissensmanagement erforderlichen Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet sind, die Menge des für ein Unternehmen verfügbaren Wissens zu erhöhen: das Management definiert, welches Wissen im Rahmen der Strategie benötigt wird; sodann kann erhoben werden, wo strategisch relevantes Wissen vorhanden ist, und welche Beschaffungs- und Transferleistungen dementspre-chend erbracht werden müssen. Schließlich muss die Erreichung der eingangs gesetzten Ziele überprüft werden, das Ergebnis dieser Überprüfung geht wie-derum als Grundlage in den darauffolgenden Planungszyklus mit ein. Wissen wird zum Gut, das bewahrt, erhalten, gepflegt und vermehrt werden muss. Es geht um Haben oder Nichthaben und gewonnen wird nur, wenn sich die Ha-benbilanz des Wissens verbessert.

Abbildung 2 stellt in einer Synopse die Position klassischer Wissensmanage-ment-Ansätze dar. Wissen wird als Ressource betrachtet und ist vor dem Hin-tergrund der Unterscheidung „haben“ oder „nicht haben“ zu sehen. Aufgabe von Bemühungen rund um Wissen in Unternehmen ist es, die Menge des ver-fügbaren Wissens zu erhöhen. Dem Management (als Institution) fällt die Auf-gabe zu, für die nötige Steuerung zu sorgen. Pläne müssen formuliert, Ziele ge-setzt und ihre Erreichung gewährleistet und überprüft werden. Der Manager hat mit dem ihn zur Verfügung stehenden Mitteln (Sanktionen, Motivationsmittel, Kontrolle) dafür Sorge zu tragen, Abweichungen zwischen Plan und Ergebnis möglichst klein zu halten. Im Rahmen der „Organisation“ eines Unternehmens schließlich geht es darum, die für ein erfolgreiches Wissensmanagement erfor-derliche Ordnung zu schaffen. Nur im Rahmen einer aktiv und bewusst gestal-teten Ordnung kann das Management im Sinne der Steuerung auf einen Plan hin wirksam werden und Wissen vermehren. Die „Organisation“ eines Unter-nehmens ist das Instrument, mit dessen Hilfe die Strukturen so gestaltet wer-den, dass eine Mehrung und Nutzung von Wissen möglich wird.

Wissensmanagement erscheint in einem Licht, das die Durchführung und Um-setzung zwar zu keiner leichten Aufgabe werden lässt, aber immerhin zu einer

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 196: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

196

Aufgabe, die gelöst werden will und kann.1 Der Widerspruch aber, dass eine Ressource definitionsgemäß knapp ist, Wissen aber eben nicht knapp und nur durch Gebrauch und möglichst vielfältige Nutzung vermehrt wird, wird nur am Rande thematisiert. Auch der Konflikt zwischen dem Ziel der Austauschbarkeit von Mitarbeitern, um nicht über Gebühr von einzelnen Mitarbeitern abhängig zu sein, und der Herausforderung gerade in wissensintensiven Unternehmen mit hochkarätigen Experten, die proprietäres Wissen mitbringen, Wettbewerbs-vorteile zu erzielen, wird zwar erwähnt (vgl. beispielsweise SVEIBY 1997, S. 65ff.) aber in seinen Konsequenzen nicht weiter ausgefaltet.

Leitdifferenz

Aufgabe

Wissen

Haben

Nichthaben

Bestand an Wissen ver-mehren

Management

Steuern

Laissez-faire

Zielgerichteter Einsatz der Ressource Wissen

zur Planerfüllung sicher-stellen

Organisation

Planung

Selbstorganisation

Geplante Ordnung aktiv etablieren und aufrecht-

erhalten

Abb. 2: Zentrale Denkfiguren klassischer Wissensmanagement-Ansätze im Überblick

1 Vgl. die Unterscheidung zwischen „Rätsel“ (puzzle) und „Problem“, z. B. bei: REVANS 1991, S. 11. Während für ein puzzle grundsätzlich eine (richtige) Lösung e-xistiert und diese bereits zuvor zumindest prinzipiell bekannt ist, zeichnet sich ein prob-lem dadurch aus, dass dafür a priori keine einzig richtige Lösung existiert bzw. mehrere mögliche und ähnlich wirkungsvolle. Die Lösungsfindung ist demnach nur über gegen-seitige Abstimmung aller Beteiligten und Abwägen unterschiedlicher Alternativen mög-lich. Das Ergebnis hängt wesentlich von den Beiträgen der an der Lösung beteiligten Personen ab.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 197: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

197

Es mangelt nicht an mahnenden und kritischen Stimmen, wenn es um die Schwierigkeiten geht, die der Gebrauch der Metapher von Wissen als Ressour-ce mit sich bringt (vgl. z. B. REHÄUSER/KRCMAR 1996, S. 11ff., SCHMITZ/ZUCKER 1996, S. 17f, SVEIBY 1997, S. 22ff.). NORTH (NORTH 1998, S. 3) spricht eine recht deutliche Sprache, wenn er schreibt: „Wissen ist keine Tiefkühlkost, die nach Belieben gelagert, zerteilt und transportiert wer-den kann“. Wenngleich also Hinweise auf die Problematik der ressourcenorien-tierten Sichtweise von Wissen nicht fehlen, wird gleichzeitig am Ressourcen-begriff festgehalten, ja dieser bildet eine der zentralen Denkfiguren vieler An-sätze. Eher, so könnte man formulieren, wird daran gearbeitet, Wissen doch für das Bild der Tiefkühlkost passend zu machen als das Bild der Tiefkühlkost durch ein anderes Bild zu ersetzen. 3 Wissen als problematischer Begriff2 Die eben skizzierte Vorstellung von Wissen als Produktionsfaktor

... ist sicherlich nicht abwegig. Sie ist nur einseitig und verlängert das taylo-ristisch-industrielle Denken in einer Epoche, die eben nicht nur in ihren Techno-logien und Infrastrukturen anders ist, sondern vor allem darin, welche Rolle I-deen, Expertise, personales Wissen und insbesondere organisationale Wissens-basierung spielen. (WILLKE 1998b, S. 94)

Der Charme, den eine Sichtweise von Wissen als Ressource besitzt, besteht darin, dass dem Problem, das Wissen für Unternehmen darstellt, mit vorhande-nen und vertrauten Managementmethoden beizukommen ist. Nicht zuletzt seit der „Radikale Konstruktivismus“ (vgl. beispielsweise SCHMIDT 1994) salon-fähig geworden ist, kann man allerdings wissen, dass Wissen ein sehr subjekti-ver Begriff ist, der einige Eigenheiten aufweist, die mit dieser Sicht von Wissen nicht adäquat erfasst werden können. Gemeint sind Eigenheiten wie die, dass

2 Vgl. dazu auch SOUKUP 1999. Ausgehend von der Beobachtung und Auswertung kon-kreter Wissensmanagementprojekte finden sich darin ausführliche Überlegungen zu den Auwirkungen einer „klassischen“ und „systemischen“ Begriffskonstruktion auf das Ma-nagement von Wissen und die Art, wie Wissen als Problem bearbeitet wird.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 198: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

198

• • •

Wissen dumm und lernbehindert macht; Wissen den Adressaten einiges zumutet und schließlich dass Wissen eines Kontextes bedarf.

Das soll kurz erläutert werden.

3.1 Wissen ist eine „Lernbehinderung“ Wissen läuft über kurz oder lang Gefahr, zu einer Blockade für weiteres, zu-künftiges Lernen zu werden. Wissen ist zunächst auf Enttäuschungsbereit-schaft gestellt.

To rely on a repository of built-up knowledge is to rely on approximations rather than certainties. (WEICK/WESTLEY 1996, S. 444)

Man „weiß“ etwas so lange, bis man vom Gegenteil überzeugt wird. Dennoch wird die Vorläufigkeit und nur näherungsweise Gültigkeit von Wissen nur allzu leicht übersehen oder ausgeblendet. Je öfter sich ein bestimmtes Wissen be-währt hat, desto unwahrscheinlicher wird die Bereitschaft zur Aufgabe dieses Wissens („Das haben wir schon immer - erfolgreich - so gemacht!“). Wissen wird um so resistenter gegen kontrafaktische Erfahrungen, je mehr und je öfter es bestätigt ist. Dass diese Verfestigung von Wissen ihre Funktion hat, liegt auf der Hand: Es würde im „Normalbetrieb“ zuviel Unruhe und Unsicherheit aus-lösen, wenn die begrenzte Gültigkeit von Wissen andauernd präsent wäre. Wis-sen sieht sich in diesem Sinne der ständigen Möglichkeit der Chronifizierung ausgesetzt. Es erlangt über kürzer oder länger eine Änderungsresistenz, die be-wirkt, dass es unter Umständen auch kontrafaktisch aufrechterhalten wird. Was beispielsweise erklärt, warum gerade erfolgreiche Firmen oftmals in die Krise schlittern (vgl. dazu MILLER 1994).

Je verfestigter sich ein bestimmtes Wissen zeigt, desto weniger wahrscheinlich ist dessen Umbau. Der Vorteil der Chronifizierung ist Stabilität, ihr mögli-cherweise zu zahlender Preis mangelnde Passung mit der Umwelt. Das Rezept gegen die Gefahren der Chronifizierung lautet, der Chronifizierung chronisch zu widerstehen (vgl. SIMON 1997a, S. 82f). Das Tribut der Nicht-Chronifizierung liegt damit auch auf der Hand: Das Aufgeben von Wissen, das Vergessen, ist kein einfaches Geschäft, da nicht nur altes Wissen aufgegeben, sondern auch brauchbare Alternativen bereitstehen müssen. Es kann zur Desta-bilisierung und Krise kommen. Der Verzicht auf stabile Gewissheiten, wie sie

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 199: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

199

Wissen bietet, ist mit Unsicherheit verknüpft, und das Ergebnis von Lernen ist entsprechend ungewiss.

Wissen und Lernen sind vor diesem gedanklichen Hintergrund Konkurrenzbeg-riffe: entweder es wird gewusst oder gelernt; entweder Erwartungen werden aufrechterhalten oder umgebaut. Gleichzeitig bedingen die Begriffe einander: Lernen ist die Voraussetzung für Wissen, genauso wie (insbesondere: chroni-sches) Wissen die Begrenzung für Lernen darstellt. Aber es wird, dadurch dass man lernt, nicht mehr Wissen angehäuft. Ein System lernt nicht, um mehr zu wissen (wie dies das traditionelle ressourcenorientierte Begriffsverständnis na-he legt), sondern zunächst um seinen Fortbestand zu sichern, d. h. eine (eventu-ell bessere) Passung mit seiner Umwelt herzustellen. Die Balance zwischen Lernen und Wissen kann man auch bewusst suchen: „Wer weiß, dass er weiß, und weiß dass ihn sein Wissen möglicherweise dumm macht, kann seine Lern-behinderung verlieren.“ (SIMON/CONECTA-Autorengruppe 1998, S. 165) Aber es gilt sehr genau zu prüfen, unter welchen Umständen dies Sinn macht und wann bestehendes Wissen besser weiterverwendet wird. Die einseitig posi-tive Besetzung von (viel) Wissen und (der Bereitschaft zum) Lernen wandelt sich damit zu einer permanenten Überprüfung von Überraschungen, die ein Un-ternehmen erfährt, auf Lernanlässe – ohne das Ergebnis in Richtung Lernen schon vorweg zu nehmen. Ergebnis dieser Überprüfung kann auch die Ent-scheidung sein, nicht zu lernen.

3.2 Wissen ist eine „Zumutung“ Das, was sich in einer ressourcenorientierten Sicht von Wissen so problemlos vollzieht – der Transfer von Wissen – ist höchst problematisch. Wissen, das sich in einer Abteilung bzw. einem Kommunikationszusammenhang bewährt hat, muss noch lang nicht richtig für eine andere Abteilung, für einen anderen Kommunikationszusammenhang sein. Zuviel hängt ab von der jeweiligen Sys-temgeschichte, den Vorerfahrungen und der Passung des Wissens zu den Vor-erfahrungen. Die Kommunikation von Wissen mutet dem Adressaten zu, dass das, was kommuniziert wird, für ihn relevant sei. BAECKER (vgl. BAECKER 1998, S. 11f) erhellt diesen problematischen Aspekt der Kommunikation gera-de in Bezug auf Wissen. Er weist darauf hin, dass schon der Versuch, Wissen zu kommunizieren, den Zustand eines Systems wie den des Wissens selbst ver-ändert und damit seine Chancen auf Annahme verschlechtert werden. Wissen, das als Wissen kommuniziert wird, transportiert die Zumutung für denjenigen, der es annehmen soll, er wisse nicht genug bzw. nicht das Richtige oder gar ü-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 200: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

200

berhaupt nicht. Und wer lässt sich das schon gerne vermitteln? Anders formu-liert: Welches System (sei es ein psychisches oder soziales) baut freiwillig sein Wissen um,3 nur weil ein anderes System vorgibt, dass es etwas Neues, Besse-res, Anderes wüsste.

Wissen kann in sachlicher, sozialer und zeitlicher Hinsicht auf Ablehnung sto-ßen. Zu offen ist, worauf man sich einlassen würde, wenn man von anderen für relevant gehaltenes Wissen „einfach“ akzeptierte. Man kann davon ausgehen, dass sich mit Bemühungen, Wissen als Wissen zu transferieren, trickreiche Formen entwickeln werden, Wissen anderer zwar nicht explizit abzulehnen a-ber trotzdem nicht zu berücksichtigen. Zumindest kann man sich darauf einstel-len, dass die (offene oder verdeckte) Ablehnung von Wissen genauso Ergebnis von Wissensmanagementbemühungen sein kann, wie dessen Annahme. Und damit wiederum scheint der Transfer von Wissen problematischer, als dies klassisch-instrumentelle Ansätze formulieren können.

3.3 Wissen ist kontextabhängig Wissen ist abhängig von den Vorerfahrungen und der Systemgeschichte. Das, was sich bewährt hat, findet als Wissen seinen Niederschlag. Das bedeutet,

... dass spezialisierte Organisationseinheiten aus ihrer jeweiligen Fachlogik heraus jene leitenden Gesichtspunkte entwickeln, an denen sie ihr Tun aus-richten. Sie prägen ihre eigenen normalisierten Prozeduren (Problembear-beitungsmuster) aus, mit deren Hilfe sie an Probleme und Aufgaben heran-gehen (...). (WIMMER 1993, S. 287; Hervorhebungen im Original)

Aus den fachlichen Spezialisierungen, wie sie besonders die hierarchische Or-ganisationsform mitbringt, entstehen bei den beteiligten Subsystemen eigene Wirklichkeitsverständnisse (!) und Sichtweisen der (relevanten) Welt, der in ihr anstehenden Aufgaben und der einzuschlagenden Problemlösungswege. Die er-folgreiche (und weniger erfolgreiche) Problembearbeitung im Laufe der Zeit trägt zur Ausbildung eines funktionsspezifischen Wissens bei. Das wiederum heißt, dass das Wissen einer Abteilung nur aus der Geschichte dieser Abteilung erschlossen und verstanden werden kann. Die hierarchische Organisationsform ermöglicht es, zu bestimmten Anlässen miteinander zu kommunizieren, in den meisten Fällen aber einfach ungestört seiner Arbeit nachzugehen (vgl.

3 Dass die Integration von Wissen keinen einfachen Akt der Akkumulation darstellt, son-dern den Umbau von Wissensstrukturen bedingt, wurde kurz skizziert.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 201: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

201

BAECKER 1994, S. 24). Diese Konzentration auf die eigene Arbeit und die unmittelbare Arbeitsumgebung, die prinzipielle Abschottung gegenüber ande-ren Bereichen ermöglicht eine ungeheure Effizienz in der Aufgabenerfüllung.

Solch eine Kommunikation ohne große Zeitverluste ist nur dann möglich, wenn auf der Ebene der individuellen Wirklichkeitskonstruktionen der einzelnen Spie-ler ein hohes Maß an Abstimmung der Bezugsrahmen erreicht wird.(...) Voraus-setzung dafür ist eine hinreichend lange gemeinsame Geschichte und die Ent-wicklung eines funktionierenden Systems direkter Kommunikation und gemein-samer Sinnstiftung. (SIMON 1997, S. 128)

Hierarchie erlaubt eine enorme Effizienz, was die Kommunikation innerhalb von Teilaufgaben und –perspektiven angeht. Wissen bildet sich innerhalb eines gemeinsamen Bezugsrahmens aus und macht nur vor diesem Sinn. Da in Funk-tionsbereichen und Abteilungen eher Anlässe für Kommunikation gegeben sind als über Funktionsgrenzen hinweg, wo diese üblicherweise nur in genau defi-nierten Ausnahmefällen stattfindet, werden auch die Bezugsrahmen zur Aus-wahl und Interpretation von Wissen innerhalb eines Funktionsbereiches stärke-re Übereinstimmung aufweisen, als dies über Funktionsgrenzen hinweg der Fall ist.

Wissensmanagement zielt nicht zuletzt auf die Vergemeinschaftung von Wis-sen, damit mehr Mitarbeiter als bisher im Unternehmen vorhandenes Wissen nutzen können, bzw. das Rad nicht mehrmals erfunden werden muss. Wissen ist abhängig von den gemachten Erfahrungen und den daraus resultierenden Erwartungen innerhalb eines Bezugsrahmens. Und für die Entstehung gemein-samer Bezugsrahmen braucht es nach einem systemtheoretischen Verständnis einen gemeinsamen Erfahrungshintergrund, auf den Organisationsmitglieder zurückgreifen können. Dementsprechend geht es im eigentlichen Kern von Wissensmanagement nicht um das Management von Wissen, sondern um das Herstellen von Gemeinsamkeit, kollektiver Abstimmung und koordinierter Sichtweisen in einer Welt, in der das zunächst unwahrscheinlich (und in einem gewissen Sinne auch: ineffizient) ist: denn dazu benötigt man Zeit. Der ge-meinsame Erfahrungshintergrund ist am ehesten in funktional zusammen-gefassten Einheiten wie Abteilungen oder Arbeitsgruppen gegeben, in allen an-deren Fälle muss die Herstellung eines solchen Kontextes als eigene Leistung erst bewerkstelligt werden.

Nicht einem Informationsmangel ist zu begegnen; das Umfeld ist reich an In-formationsmöglichkeiten und -quellen. Vielmehr ist der Rahmen für die Aus-wahl und die Sinngebung von Informationen problematisch, zumindest wenn man diesen gezielt gestalten will. Problematisch in dem Sinne, dass ein solcher Rahmen zwar per se gegeben sein kann bzw. sich durch Erfahrung ausbildet,

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 202: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

202

die aktive Gestaltung eines solchen Rahmens (nicht zuletzt über funktionale Grenzen hinweg) aber eine gesonderte, nicht-triviale Leistung darstellt. Die Kontextabhängigkeit von Wissen wirft somit zwei Fragen auf, die getrennt voneinander behandelt werden müssen: Zunächst die Frage, wo solche gemein-samen Kontexte überhaupt nötig sind; sodann die Frage, wie sich gemeinsame Kontexte etablieren lassen.

3.4 Wissen als problematischer Begriff Was bisher noch unterblieben ist, ist die Offenlegung des Wissensbegriffs, der hinter den eben dargestellten Überlegungen steht. Das soll nun nachgeholt wer-den. Es ist hier nicht der Raum, um einen systemischen Wissensbegriff in allen Feinheiten zu erarbeiten (vgl. aber BAECKER 1998 und SOUKUP 1999, S. 214ff.), dennoch soll kurz umrissen sein, welches Sprachangebot an die Stelle der Sichtweise von Wissen als Ressource treten könnte.

Eine erste Ablösung von einem ressourcenorientierten Wissensbegriff wird möglich, wenn man die verdinglichende Sichtweise von Wissen aufgibt und auf das jeweilige System als Wissensträger verweist:

Wissen hat offensichtlich sehr viel mit dem zu tun, was ein soziales System in seinem Prozess des Entstehens und der daran anknüpfenden Geschichte an er-folgreichen Strategien zur Sicherung des eigenen Überlebens entwickelt hat. (WIMMER 1999, S. 12)

Das führt uns weg von einem Wissensbegriff, der Wissen in jedem Fall an ei-nen Menschen als Träger bindet. Diese Loslösung hat die Systemtheorie radika-lisiert, indem sie Wissen als Kondensierung von Beobachtungen (Vgl. LUHMANN 1994, S. 123, BAECKER 1998, S. 14 und WILLKE 1998b, S. 11f) eines Systems, sei es ein psychisches, sei es ein soziales System, fasst, die sich als Erwartungen dieses Systems an (Umwelt-)Sachverhalte niederschla-gen. Wissen ist das Kondensat dessen, was sich bewährt hat. Das Bewährte be-stimmt zum einen die und bildet sich zum anderen aus den von einer Organisa-tion gemachten Erfahrungen. Wissen ist also so etwas wie die „Grammatik“, mit der es einem System (Unternehmen, Menschen) möglich wird, Information auszuwerten, sie zu akzeptieren, zu verwerfen oder neu zu kombinieren (Vgl. LUHMANN 1997, S. 124; vgl. auch WEICK 1985, S. 12). Diese Grammatik unterliegt dabei einer adaptiven Anpassung. Sie wird solange beibehalten, als sie sich als passend erweist. Auslöser von „Umbaumaßnahmen“ sind Erfahrun-gen, die nicht mit den an sie angelegten Erwartungen in Einklang stehen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 203: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

203

Psychische und soziale Systeme unterscheiden sich nicht hinsichtlich der „Konstruktionsprinzipien“ von Wissen - kognitive Erwartungen - sondern hin-sichtlich der basalen Operationen, mit deren Hilfe sich Wissen ausbildet. Ist es beim psychischen System Bewusstsein, ist ein soziales System auf Kommunika-tion angewiesen, um Wissen zu „erzeugen“. Es fällt nicht unbedingt leicht, die-se beiden Ebenen des Wissens auseinander zu halten, weil wir gewohnt sind, Menschen als Bestandteile von Unternehmen zu betrachten. Um so dringender ist ihre – analytische – Trennung. Was ein Unternehmen weiß, deckt sich nicht mit dem, was ein Mitarbeiter dieses Unternehmens weiß. Das bedingt auch, dass, aus Sicht der Mitarbeiter betrachtet, keiner einen vollständigen Überblick über das gesamte organisationale Wissen besitzt oder besitzen kann. Aus Sicht des Gesamtsystems ist das auch gar nicht notwendig. Kommunikation organi-siert sich selbst; sie bestimmt jeweils, was auf der Ebene eines sozialen Sys-tems Gültigkeit erhält und was nicht. Es reicht aus, wenn Mitarbeiter ihre Kommunikationsbeiträge den lokal geltenden Erwartungen entsprechend ges-talten (oder eben begründet davon abweichen), um die Kommunikation am Laufen zu halten. Durch die Sozialisation in eine Praxis übernehmen Mitarbei-ter die leitenden Unterscheidungen dieser Praxis, wie sie für diese Praxis und deren Umgang mit Problemen, Aufgaben und Lösungen wesensbestimmend sind.

Für den Übergang von individuellem zu kollektivem Wissen, das ist damit be-reits angedeutet, bedarf es der Kommunikation. Wissen muss kommuniziert werden, um in sozialen Zusammenhängen überhaupt erst wirksam zu werden. Dabei ist es unerheblich, wo dieses Wissen zuvor „steckt“: in den Köpfen von Mitarbeitern, in Datenbanken, in den Verhältnissen, im Markt... Bedeutsam wird es erst mit seiner Kommunikation und um genau zu sein erst, wenn (und je nachdem wie) es in der Kommunikation ausgewertet wird. Kommunikation koppelt individuelles mit sozialem Wissen, sie wirkt gleichzeitig auch als Filter zwischen individuellem und kollektivem Wissen:

Mit Hilfe des Menschen, aber unabhängig von konkreten einzelnen Individuen erzeugen Organisationen so ihre Wissensbasis und definieren die Verwendung des Wissens nach eigenen Kriterien. (WILLKE 1998a, S. 297)

Nicht alles, was für einen einzelnen relevant ist, wird in der Kommunikation weiterverfolgt, nicht alles, was kommunikativ ausgewertet wird, ist für jeden einzelnen von Bedeutung.

Wir können also festhalten: organisationales Wissen ist kommunikativ gültig gemachte und über Erfahrung verfestigte Erwartung an Sachverhalte. Während damit der Wissensbegriff sehr einfach gebaut scheint, führt er uns zu zwei we-sentlichen, miteinander verwobenen Konsequenzen: a) zur Bedeutung von Vor-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 204: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

204

erfahrungen generell für die Bildung von Erwartungen und b) zur Systemrelati-vität dieser Vorerfahrungen. Vorerfahrungen bzw. deren in Erwartungen abge-legte Resultate legen fest, was Gültigkeit erlangen kann und was nicht, was als Information aufgenommen wird und was nicht, und wie diese Information aus-gewertet wird. Die Erwartungen, die die Auswertung von (Um-welt-)Ereignissen prägen, bilden sich aufgrund bereits früher gemachter Erfahrungen über Zusammenhänge und Wirkungsweisen aus. Sie bestimmten, was gilt, und werden zugleich bestimmt von dem, was gilt. Wissen ist geschichtsgebunden und in seiner Geschichtsgebundenheit wiederum nur systemspezifisch zu er-schließen. Ein System bestimmt (weitestgehend autonom und abhängig von früheren Erfahrungen) über sein Wissen und damit auch über die Auswahl und Relevanz von Informationen. Wissen ist also weder objektiv noch dauerhaft gegeben. Wissen verändert sich mit den Informationen, die ausgewählt, sortiert, bewertet und eingebaut werden. Dabei steht Wissen in einem zweiseitigen Be-dingungsverhältnis zu seiner Umwelt: Vorausgegangene Erfahrungen bestim-men die Erwartungen, die an die gegenwärtigen Umweltsachverhalte gerichtet werden; zukünftige Erfahrungen bestimmen über die Aufrechterhaltung oder den Umbau bestehender Erwartungen.

4 Konsequenzen für das Management von Wissen Was bedeuten unsere Überlegungen für die Idee des Managements von Wis-sen? Zunächst können wir sehen, wie gefährlich eine Strategie sein kann, die es auf die einseitige Anhäufung von Wissen abgesehen hat. Es kann nicht Ziel von Wissensmanagementbemühungen sein, das verfügbare Wissen zu maximieren. Es geht nicht um irgendein Wissen - Hauptsache Wissen. Wissen muss passen; Wissen wird ausschließlich im Rahmen bestehender Denkmuster gelesen und widersprechende Informationen werden in aller Regel aus Selbstschutz nicht übernommen. Zuviel Wissen macht lernbehindert und zu meinen, dass Wissen einfach als Ressource zu objektivieren sei, beraubt Wissen seines Gehaltes.

Was aber kann dann der Beitrag von Strategien des Wissensmanagements zum Überleben und zum (ökonomischen) Erfolg von Unternehmen sein? Organisa-tionales Wissen im eben skizzierten Verständnis hat sehr viel mit der Identität eines Unternehmens zu tun. Bemühungen, Wissen zu managen, nehmen des-halb unweigerlich Einfluss auf diese Identität. Aus Sicht einer system-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 205: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

205

theoretischen Betrachtung geht es für Unternehmen vor allem um ein klares Bild darüber, ob aus Erfahrungen gelernt werden soll oder nicht, ob (bewähr-tes) Wissen beibehalten werden soll oder nicht. Es braucht sozusagen Wissen (im Sinne von kollektiv gültig gemachten Erwartungen) über das eigene Wis-sen und dessen Passung zur Umwelt (dem Markt, den Konkurrenten, den Re-gierungen, etc.): es braucht permanent Entscheidungen über Revision oder Bei-behaltung von Wissen. Daneben ist insbesondere für große Unternehmen die Frage der Zusammenführung verteilten Wissens von eminenter Bedeutung.

Dass beides, die Frage der Revision bewährten Wissens und die Frage der Zu-sammenführung verteilten Wissens nicht als Nebenprodukt des Routinebetrie-bes abfällt, bedarf wohl keiner näheren Erläuterung. Dafür bedarf es vielmehr eines Verständigungsprozesses, für den aktiv gesorgt werden muss. Und dafür wiederum müssen geeignete Reflexionsmöglichkeiten eingerichtet werden.

4.1 Einbau von Möglichkeiten der Selbstreflexion Neben der Handlungs- bzw. Entscheidungsebene gibt es in Unternehmen schon immer eine Ebene der Beobachtung und Reflexion. Denn nicht überall wird gleichzeitig gehandelt, nicht alle Kommunikationspartner sind an allen Ent-scheidungen beteiligt, so dass neben dem Handeln bzw. Entscheiden genügend Raum für Beobachtung bleibt. Diese Beobachtung kann entweder passieren oder die Organisation kann sie gezielt zum Zweck der Informationsgewinnung nutzen.

Mit einer systemtheoretischen Brille auf Wissen und das Management von Wissen wird erkennbar, welche Bedeutung solche Akte der (Selbst-)Reflexion für ein Unternehmen haben können. Handeln ohne Auswertung seiner Wirkun-gen ist blind. Es reicht nicht aus, wenn gearbeitet wird, sondern es muss dar-über auch kommuniziert werden können. Nur dann können aus dem Handeln Lernerfahrungen abgeleitet werden, nur dann kann eine Bewusstheit über die eigenen Muster (beispielsweise der Problembearbeitung) und über das eigene Wissen entstehen. Auf der Ebene des operativen Tuns wird Wissen seiner Ver-wertung zugeführt; es wird gehandelt ohne die Prämissen des Handelns in Fra-ge zu stellen. Da man aber weiß, dass jede Entscheidung eine Festlegung im Hinblick auf eine unbestimmte Zukunft bedeutet, können Akte der Selbstrefle-xion für Erkenntnisgewinn genutzt werden, indem das Tun auf Lern- und Bes-tätigungsmöglichkeiten über das eigene Tun befragt wird. Neben das operative

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 206: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

206

Tun tritt die periodisch gestellte Frage, ob die richtigen Dinge richtig getan werden.

Mit dieser – systemischen – Brille auf Organisationen und deren Umgang mit Wissen, rückt die Bedeutung und Notwendigkeit von Reflexionsprozessen, für die Zeit und Ressourcen eingeräumt werden müssen, sehr deutlich in den Vor-dergrund. Soll Handeln nicht nur blind erfolgen, sollen nicht nur zufällige Er-folge bewirkt werden, kommt eine Organisation nicht umhin, sich immer wie-der und ganz bewusst Gelegenheiten für Selbstbeobachtung und –reflexion zu schaffen. Selbstreflexion stellt eine Möglichkeit dar, wie eine Organisation aus der Logik der selbstreferentiellen Planung auf eine Ebene der (Selbst-) Beo-bachtung zweiter Ordnung treten kann, um über sich selbst Informationen zu gewinnen, die ihr ansonsten nicht zugänglich wären. Der bewusste Aufbau von Reflexionskapazität läuft darauf hinaus, Beobachten und Handeln stärker aus-einander zu ziehen. Bei Anlässen der Selbstreflexion geht es darum, „...den ständig vorhandenen Entscheidungs- und Handlungsdruck zugunsten einer handlungsarmen oder sogar handlungsbefreiten Zone zurückzudrängen.“ (MAYRHOFER 1994, S. 156). Da besteht dann die Möglichkeit gedanklich zu experimentieren, Neues in seinen erwarteten Konsequenzen durchzuspielen, ohne gleich handeln zu müssen.

Beide Seiten, Tun und Reflexion, müssen in Organisationen zu ihrem Recht kommen, wenn Erstarrung durch Routine auf der einen und Unruhe durch Cha-os auf der anderen Seite vermieden werden sollen. Ohne Handeln bzw. Ent-scheiden keine Organisation; ohne Beobachtung bzw. Reflexion keine Be-wusstheit über die Bedingungen und Grenzen, über die blinden Flecken des ei-genen Handelns. Auf der Ebene der (Selbst-)Reflexion werden Lernfragen ge-stellt, wird darüber nachgedacht bzw. kommuniziert, ob es sich lohnt zu lernen und unter welchen Bedingungen, damit auf der Ebene des operativen Tuns un-gestört gehandelt (und das heißt: entschieden) werden kann. Damit jedoch nicht genug: sollen die beiden Ebenen zu Informationsquellen füreinander werden, dann müssen sie zwar auseinandergehalten und deutlich voneinander abgesetzt werden, es muss gleichzeitig aber auch für Verbindungen zwischen ihnen ge-sorgt werden. Das Tun bildet die Grundlage für die Reflexion, die Reflexion informiert das weitere Tun. Abbildung 3 stellt das Zusammenspiel der beiden Ebenen (Selbst-) Reflexion und operatives Tun schematisch dar.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 207: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

207

(Selbst-)Reflexion Erkennen (exploration)

Operatives Tun Verwerten (exploitation)

Abb. 3: Wissensmanagement als gezielte Verknüpfung von Selbstreflexion und operativem Tun

An dieser Stelle kommt das Management ins Spiel. Es hat dafür Sorge zu tra-gen, dass beide Ebenen ihren Platz finden, und es muss dafür Sorge tragen, dass die Ergebnisse auf der einen Ebene als Informationsbasis für die andere heran-gezogen werden. Das Management ist auch dafür verantwortlich, dass zwischen beiden Ebenen gewechselt wird und periodisch (etwa am Ende von Projekten oder in regelmäßig wiederkehrenden Abständen bei Routinearbeiten) Phasen der Reflexion eingeschoben werden. Es muss sich schließlich auch auf eine neue Arbeitsteilung mit den Mitarbeitern einlassen. In klassischen Manage-mentkonzepten ist das Management für die strategische Ebene der Planung und Kontrolle zuständig, während die Mitarbeiter die operative Umsetzung der Plä-ne bewerkstelligen. Mitarbeiter arbeiten, Manager planen, kommunizieren über und reflektieren die Ergebnisse. Üblicherweise geschieht das hinter verschlos-senen Türen („Klausur“). Es schafft die Rahmenbedingungen, innerhalb derer die betroffenen Akteure selbstorganisiert die relevanten Probleme, das dafür re-levante Wissen und eine hinreichend abgestimmte Sicht der relevanten Wirk-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 208: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

208

lichkeit festlegen.4 Die Mitarbeiter selbst werden hingegen stärker in Richtung Beteiligung an Reflexionsprozessen gefordert sein. Von ihnen wird verlangt, periodisch die Bereitschaft zu zeigen, sich auf Akte der gezielten Beobachtung einzulassen, dort ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen und Konflikte, die sich aus unterschiedlichen Standpunkten ergeben, auszutragen. Die Intelligenz einer Organisation besteht darin,

... die Ungewissheit jeder einzelnen Entscheidung einzugestehen, offen zu legen und zwischen den Entscheidungen in einem kleineren oder größeren Umkreis zu teilen. Dort (gemeint: in intelligenten Organisationen, C. S.) wird also nicht nur die Gewissheit, dass Entscheidungen getroffen werden können, kommuniziert, sondern auch die Ungewissheit, unter der jede einzelne Entscheidung steht, und jedesmal anders bewältigt werden kann. Dort wird (...) nicht nur die Entschei-dung kommuniziert, sondern auch über die Entscheidung kommuniziert. (BAECKER 1994, S. 26)

Eine intelligente Organisation zeichnet sich dadurch aus, dass sie versteht, den Wechsel zwischen Tun und Reflexion zu organisieren und dabei sowohl Ent-scheidungen über die Zusammenführung von verteiltem Wissen als auch die über die Revision oder Beibehaltung von Wissen zu fällen. Und letztlich dreht sich alles um die Suche nach guten Gründen für Lernen und Vergessen, um sich vor zu viel Wissen zu schützen, denn chronisch wird Wissen wie von selbst.

4 Mit WILLKE ließe sich an dieser Stelle von Kontextsteuerung sprechen, die ein gedank-liches Konzept zur Verbindung von Selbstorganisation auf lokaler Ebene und Ausrich-tung des Unternehmensganzen durch eine Gesamtaufgabe als übergreifenden Rahmen darstellt (vgl. WILLKE 1998a, S. 122ff.).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 209: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

209

Literatur BAECKER, D. (1994): Experiment Organisation; in: Lettre International, Nr. 24, 1994, S.

22-26

BAECKER, D. (1998): Zum Problem des Wissens in Organisationen; in: Organisationsent-wicklung, 3/1998, S. 4-21

BELL, D. (1973): The coming of post-industrial society: A venture in social forecasting. New York: Basic Books

CLEGG, S.; HARDY, C.; NORD, W. R. (1996) (Hg.): Handbook of Organization Studies. Thousand Oaks, CA.: Sage Publications

DRUCKER, P. (1993): Post-capitalist society. New York: Harper Collins

FATZER, G. (1993) (Hg.): Organisationsentwicklung für die Zukunft: Ein Handbuch. Köln

LUHMANN, N. (1994): Die Wirtschaft der Gesellschaft. Frankfurt/M.: Suhrkamp

LUHMANN, N.: (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt/M.: Suhrkamp

MAYRHOFER, W. (1994): Mobilität und Steuerung in international tätigen Unternehmen: Eine theoretische Analyse. Habil., Wien: Wirtschaftsuniversität

PEDLER, M. (1991) (Ed.): Action learning in practice. 2. Aufl.; Aldershot: Gower

PROBST, G.; RAUB, S.; ROMHARDT, K. (1997): Wissen managen: Wie Unternehmen ih-re wertvollste Ressource optimal nutzen. Frankfurt/M.: FAZ-Verlag; Wiesbaden: Gabler

PULIC, A. (1996): Der Informationskoeffizient als Wertschöpfungsmaß wissensintensiver Unternehmungen; in: SCHNEIDER, U. (1996b), S. 147-79

QUINN, J. B. (1992): Intelligent enterprise: A knowledge and service based paradigm for industry. New York: The Free Press

REHÄUSER, J.; KRCMAR, H. (1996): Wissensmanagement im Unternehmen; in: SCHREYÖGG, G.; CONRAD, P. (1996), S. 1-40

REICH, R. (1991): The work of nations: Preparing ourselves for 21st century capitalism. New York: Knopf

REVANS, R. (1991): Action Learning: its origins and nature; in: PEDLER, M. (1991), S. 3-15

SCHMIDT, S. J. (1994) (Hg.): Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus. 6. Aufl.; Frank-furt/M.: Suhrkamp

SCHMITZ, Ch.; ZUCKER, B. (1996): Wissen gewinnt: Knowledge-Flow-Management. Düsseldorf, München: Metropolitan-Verlag

SCHNEIDER, U. (1996a): Management in der wissensbasierten Unternehmung; in: SCHNEIDER, U. (1996b), S. 13-48

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 210: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

210

SCHNEIDER, U. (1996b) (Hg.): Wissensmanagement: Die Aktivierung des intellektuellen Kapitals. Frankfurt/M.: FAZ-Verlag

SCHREYÖGG, G.; CONRAD, P. (1996) (Hg.): Managementforschung 6: Wissensmanage-ment. Berlin, New York: de Gruyter

SIMON, F. B. (1997): Die Kunst, nicht zu lernen. Und andere Paradoxien in Psychothera-pie, Management, Politik ... . Heidelberg: Carl-Auer-Systeme

SIMON, F. B.; CONECTA-Autorengruppe (1998): Radikale Marktwirtschaft: Grundlagen des systemischen Managements. 3. Aufl., Wien: Service-Fachverlag

SOUKUP, C. (1999): Wissensmanagement – Wissen zwischen Steuerung und Selbstorgani-sation. Dissertation, Universität Klagenfurt

STEWART, T.A. (1997). Intellectual capital: The new wealth of organizations. New York: Doubleday

WEICK, K. E. (1985): Der Prozess des Organisierens. Frankfurt/M.: Suhrkamp

WEICK, K. E.; WESTLEY, F. (1996): Organizational learning: affirming an oxymoron; in: CLEGG, S.; HARDY, C.; NORD, W. R. (1996), S. 440-58

WILLKE, H. (1997): Wissensarbeit; Organisationsentwicklung, 3/1997, S. 4-18

WILLKE, H. (1998a): Systemtheorie: 3. Steuerungstheorie: Grundzüge einer Theorie der Steuerung komplexer Sozialsysteme. 2. Aufl.; Stuttgart: Lucius & Lucius

WILLKE, H. (1998b): Systemisches Wissensmanagement. Stuttgart: Lucius & Lucius

WIMMER, R. (1993): Zur Eigendynamik komplexer Organisationen: Sind Unternehmungen mit hoher Eigenkomplexität noch steuerbar?; in: FATZER, G. (1993), S. 255-308

WIMMER, R. (1999): Wie lernfähig sind Organisationen: Zur Problematik einer voraus-schauenden Selbsterneuerung sozialer Systeme. Unveröffentlichtes Manuskript

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 211: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

211

Klaus Götz/Annette Hilt

Wissensmanagement in der kaufmännischen Berufsausbildung

1 Einleitung Wissensexplosion und Informationsflut haben den Umgang mit Information und Wissen in den letzten Jahren wieder in den Mittelpunkt des Management-interesses gerückt. Nach Ansicht Zahns (1998, S. 45) kann Wissensmanage-ment sogar zur erfolgsentscheidenden dynamischen Fähigkeit werden, wenn die durch die Wissensperspektive aufgedeckten Hebel zur Realisierung poten-tieller Wettbewerbsvorteile konsequent betätigt werden. Diese Aussagen wer-den durch die Ergebnisse einer Unternehmensbefragung unterstützt, die das Fraunhofer-IAO im Rahmen einer Studie zum Thema Wissensmanagement heute gemeinsam mit dem Manager Magazin in der Zeit von April 1997 bis Juli 1997 bei 311 Unternehmen der Investitions-, Konsumgüter- und Dienstleis-tungsbranche in Deutschland durchgeführt hat. Unabhängig von der Branche glaubt die Mehrheit (62 Prozent) der befragten Unternehmen, dass durch den Einsatz von Wissensmanagement die Qualität der Produkte erhöht, die Kun-dennähe verbessert und die Innovationsfähigkeit gesteigert werden kann (vgl. Bullinger, Wörner & Prieto 1997, S. 18). Eine detaillierte Darstellung der Ant-worten zeigt die Abbildung 1.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 212: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

212

1 = gering, 2 = mittel, 3 = hoch

2,6

2,58

2,57

2,42

2,42

2,4

2,3

2,2

Produktqualitätverbessern

Innovationsfähigkeiterhöhen

Kundennähe verbessern

Kosten senken

Produktivität erhöhen

Kreativität fördern

Durchlaufzeitenminimieren

Wachstum steigern

Quelle: Erstellt in Anlehnung an Bullinger, H.-J.; Wörner, K.; Prieto, J. 1997, S. 17

Abbildung 1: Erwartungen an ein verbessertes Wissensmanagement (Umfrage bei 311 deutschen Unternehmen)

Es erstaunt, dass in den meisten Unternehmen das Wissen häufig ungenutzt bleibt und es an effizienten Konzepten und Methoden zum Management dieser wichtigen Ressource fehlt (vgl. von Krogh & Venzin 1995, S. 417). Dies belegt auch die Studie des Internationalen Instituts für Lernende Organisationen und Innovationen (ILOI 1997) zum Thema Knowledge Management, die auf der Befragung von 44 Unternehmen basiert - darunter Konzerne wie Daimler-Benz, Siemens und BASF. Heute, so schätzt knapp die Hälfte der befragten Füh-rungskräfte, werden nicht einmal 40 Prozent des vorhandenen Wissens genutzt. Es wird für Organisationen verstärkt darum gehen müssen, ein professionell angelegtes Wissensmanagement in dafür geeigneten organisatorischen Struktu-ren einzuführen und zu pflegen.

Das Management von Wissen stellt nichts grundlegend Neues dar. Obwohl sich viele Unternehmen bewusst sind, dass der gezielte Umgang mit der strategi-schen Ressource Wissen zukünftig der zentrale Hebel für die Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit sein wird, sind die meisten Unternehmen weit entfernt von einem konzeptionell ausgereiften Wissensmanagement-Ansatz. Unterneh-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 213: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

213

men wehren sich auch gegen die Einführung eines ganzheitlichen Wissensma-nagements, da mögliche Erfolge eher langfristig zu sehen sind. Die Bereitschaft derartige Veränderungsprozesse anzustoßen, ist generell gering. Sie zweifeln an den konkreten Vorteilen, die mit dem Aufbau und dem Einsatz von Wissens-management verbunden sind. Die Skepsis scheint mit daher zu rühren, dass Un-ternehmen Wissensmanagement in der Theorie durchaus als ein Instrument zur Erreichung der gesteckten Ziele ansehen. Doch aufgrund der nur schwer erfüll-baren notwendigen Rahmenbedingungen halten sie eine Implementierung in-nerhalb der eigenen Organisation für derzeit nicht oder nur schwer realisierbar.

Im Folgenden wird besonders auf den Zusammenhang von Wissensmanage-ment und beruflicher Ausbildung eingegangen. Der kompetente Umgang mit Information und Wissen bereitet in der Berufsausbildung erhebliche Probleme. Es stellt sich deshalb die Frage, welche konkreten Kompetenzen zum Umgang mit Informationen und Wissen notwendig sind – insbesondere unter Zuhilfe-nahme der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (beispiels-weise Internet und Intranet). Auch bleibt zu klären, wie diese Kompetenzen den Auszubildenden vermittelt werden können.

Mit dieser Untersuchung wird geprüft, inwieweit die kaufmännischen Auszu-bildenden auf ein in der Informations- bzw. Wissensgesellschaft erforderliches Wissensmanagement vorbereitet sind bzw. welche Qualifikationen hierfür noch vermittelt werden müssen. Unter Wissensmanagement soll dabei ein organisa-tionaler, ganzheitlicher Ansatz zur aktiven Nutzung und Mehrung organisatio-nalen Wissens mit Hilfe sämtlicher human- und technikorientierter Maßnah-menpakete verstanden werden. Wesentliches Ziel des Wissensmanagements ist es dabei, das auf technischem Wege bereitgestellte Wissen in größerem Um-fang als bisher anzuwenden und aktiv weiterzuentwickeln. Auf diese Weise sollen nicht zuletzt Wettbewerbsvorteile erzielt werden.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 214: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

214

2 Wissensmanagement und Ausbildung Insbesondere die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien be-dingen das neu erwachte Interesse am Thema Wissensmanagement und tragen dazu bei, dass die Möglichkeiten des Umgangs mit Information und Wissen zugenommen haben. Dies bereitet in der Praxis jedoch erhebliche Probleme. Es herrscht ein Mangel an Wissen, wie die Fülle an Informationen beherrscht und die Wissensentwicklung sinnvoll gestaltet werden kann (vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl 1997, S. 6). Hierin liegt das derzeitige Dilemma: der Über-fluss und gleichzeitige Mangel an Information und Wissen.

Wissen wird kontinuierlich neu geschaffen und distribuiert. Trotzdem ist es für den einzelnen Mitarbeiter schwierig, tatsächlich benötigte Informationen bzw. Wissen herauszufiltern und effektiv zu nutzen (vgl. Schätzler & Eilingsfeld 1997, S. 5 f.). Es fehlt also nicht an der Bereitstellung, sondern an der Auswahl aus der Vielfalt und am Bewerten, was wichtig und was unwichtig ist (vgl. Günther 1998, S. 24). Die zunehmende Notwendigkeit des Managements orga-nisationalen Wissens korreliert mit der Fähigkeit des einzelnen Mitarbeiters, die Fülle an Informationen sowie das zunehmend breiter werdende Spektrum an Wissensangeboten zu bewältigen (vgl. Hubig 1998, S. 3).

Die Berufsausbildung muss sich deshalb auch damit befassen, dem Auszubildenden insbesondere diejenigen Qualifikationen zu vermitteln, die dieser zur Identifizierung, Selektion und Verarbeitung von Informationen benötigt. Konkret bedeutet dies, dass der Auszubildende

sich zu Beginn jeder Arbeit/Handlung einen optimalen Informationsstand schafft,

weiß, auf welche Weise er weitere Informationen erhalten kann, Informationen selektiert und bewertet, Informationen in einen Kontext einbettet und mit Bedeutung anreichert, aus Informationen Wissen aufbaut und neues Wissen schafft, Wissen bewahrt, strukturiert und aktualisiert, Wissen weitergibt und verteilt, Wissen anwendet und umsetzt.

Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt demzufolge nicht mehr allein auf der Schulung von Fachwissen, sondern gleichermaßen auf der Vermittlung einer beruflichen Handlungskompetenz, die den Auszubildenden zum Wissensmana-gement befähigt.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 215: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

215

2.1 Wissensmanagementkompetenz Wissensmanagement lässt sich als eine individuelle Kompetenz interpretieren, deren Entwicklung und Förderung eine neue Aufgabe des Human Ressource Management darstellt, insbesondere der Berufsausbildung.

In Anlehnung an Reinmann-Rothmeier und Mandl (1997) soll die individuelle Fähigkeit zum Wissensmanagement – im Folgenden als Wissensmanagement-kompetenz bezeichnet – als der verantwortungsbewusste, selbständige und ko-operative Umgang mit Information und Wissen in Kombination mit techni-schen Fertigkeiten definiert werden (vgl. Reinmann-Rothmeier & Mandl 1997, S. 31). Die Bestandteile der Wissensmanagementkompetenz werden dabei von uns aufgeschlüsselt entsprechend der Anforderungen, die Wissensmanagement an die Komponenten Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz der beruflichen Handlungskompetenz stellt (vgl. Abbildung 2).

B e ru f lic h e H a n d lu n g s k o m p e te n z

W is s e n s m a n a g e m e n t

W is s e n s m a n a g e m e n tk o m p e te n z

M e th o d e n k o m p e te n zF a c h k o m p e te n z S o z ia lk o m p e te n z

Abbildung 2: Wissensmanagementkompetenz Unter Fachkompetenz soll zunächst das für das Berufsbild erforderliche Bran-chen- bzw. Berufsfeldwissen verstanden werden. Darüber hinaus beinhaltet die Fachkompetenz aber auch das darauf aufbauende Fachwissen und –können für Arbeitsplatz und Spezialberuf. Es befähigt den Auszubildenden, eine ganz be-stimmte Fachrichtung innerhalb seines gewählten Berufes auszuüben.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 216: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

216

Vor dem Hintergrund des verstärkten Einsatzes der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bezeichnet Fachkompetenz im Sinne von Wis-sensmanagement insbesondere auch das Wissen über Funktionsweise, Nutzung und relevante Inhalte der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.

Im Bereich Methodenkompetenz ist Wissensmanagement in Zusammenhang mit der sog. Medienkompetenz zu sehen. Medienkompetenz bezeichnet die Fä-higkeit des Einzelnen, mit den neuen Informations- und Kommunikationstech-nologien kompetent umzugehen. Nach Ansicht von Forum Info 2000 (vgl. Fo-rum Info 2000) muss eine derartige Medienkompetenz auf zwei Ebenen deter-miniert werden: zum einen als praktische Kenntnisse und Fertigkeiten im Um-gang mit den neuen Informations- und Kommunikationsmedien, zum anderen als komplexes Hintergrundwissen, um mittels der neuen Technologien Infor-mationen finden, beurteilen und verarbeiten zu können.

Praktische Kenntnisse und Fertigkeiten bezeichnen das grundlegende Wissen darüber, wie die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien funk-tionieren und wie diese zu bedienen sind, um deren Potential vollständig auszu-schöpfen. Die zweite Ebene beschreibt hauptsächlich die Fähigkeit, „(...) aus der Vielzahl von Informationen jene auszusuchen, die zu einer Problembearbei-tung notwendig sind.“ (Aufenanger 1996, S. 456). Dabei geht es insbesondere darum, „(...) Informationen zu finden (navigieren und selektieren), diese einzu-ordnen (hierarchisieren, priorisieren und vernetzen) und zu bewerten (...)“ (vgl. Tenbusch & Bracht 1998, S. 224), um so den Informationsbedarf zu decken und neues Wissen zu generieren.

Die Wissensmanagementkompetenz umfasst als Sozialkompetenz folgende Dimensionen:

Die Fähigkeit und Bereitschaft, die neuen Informations- und Kommunika-tionstechnologien zur Information und Kommunikation abzuwägen und dabei einzuschätzen, was sinnvoll, erlaubt und seriös ist. Damit eng einhergehend

eine gewisse Selbstverantwortung, um mit Informationen und Wissen ver-antwortungsvoll umzugehen.

Als weitere Dimension kommt das Sharing von Wissen, d. h. die bereitwil-lige Weitergabe von Informationen und Wissen hinzu.

Zuletzt umfasst die Sozialkompetenz die Dimension Eigeninitiative und Selbstständigkeit, um sich eigenverantwortlich nach individuellem Bedarf Informationen zu beschaffen und daraus neues Wissen und Können aufzubauen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 217: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

217

2.2 Neue Rolle der Ausbildungsverantwortlichen Durch die von den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien aus-gelösten Veränderungen sind die Ausbildungsverantwortlichen im Unterneh-men gefordert, einen Brückenschlag zwischen Ausbildung und Technologie vorzunehmen: Die traditionelle Ausbildung in Form des konventionellen Unter-richts soll durch neue Wege des Lernens ergänzt werden.

Insbesondere die Eigeninitiative und die Selbstständigkeit des Auszubildenden sollten gestärkt werden (vgl. Wolf 1998, S. 58). Ausbildungsverantwortliche müssen hierbei dem Auszubildenden Wege zeigen, sich Wissen zu erschließen und anzueignen. In dem Prozess der Wissenserschließung und -aneignung nehmen die Ausbildungsverantwortlichen zunehmend die Rolle von Moderato-ren bzw. Beratern ein. Sie unterstützen den Auszubildenden bei der Handha-bung von Information und Wissen.

Dies impliziert für den Ausbildungsverantwortlichen in vielen Fällen ein neues Rollenverständnis und erfordert neue konzeptionelle Fähigkeiten: vom Lehrer wird er nun zum Katalysator des Lernprozesses. Diese neue Rolle kennzeichnet Harmer mit der Aussage: „As [trainers] we should be prepared to use a variety of techniques to help our students learn and acquire [competence]. Sometimes this involves teaching (...) rules; sometimes it means allowing students to dis-cover the rules for themselves.“ (Harmer 1991, S. 23).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 218: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

218

3 Empirische Untersuchung über den Umgang kaufmännischer Auszubildender mit der Ressource Wissen

3.1 Untersuchungsfragen Mit der nachfolgend dargestellten empirischen Untersuchung wird das Ziel ver-folgt, anhand der Zielgruppe kaufmännischer Auszubildender der Hauptverwal-tung der ehemaligen Daimler-Benz AG (jetzt DaimlerChrysler AG) eine Ist-Analyse über den Umgang kaufmännischer Auszubildender mit der Ressource Wissen zu erstellen. Dabei sollte untersucht werden, vor welchen neuen Her-ausforderungen die Auszubildenden in ihrer Ausbildung stehen und inwiefern sie schon Wissensmanagement praktizieren. Es sollte weiterhin untersucht wer-den, inwiefern sich die Auszubildenden bereits selbstgesteuert Informationen und Wissen beschaffen, kooperativ Probleme lösen und die beiden Informati-ons- und Kommunikationsmedien Internet und Intranet als Tools für das Wis-sensmanagement nutzen.

Neben der Bewahrung des erworbenen Wissens steht auch der Nutzen des im Rahmen ihrer Ausbildung vermittelten Wissens im Mittelpunkt des Interesses. Es soll abgeleitet werden, inwiefern sich die Anforderungen am Arbeitsplatz mit den in den beiden Lernorten Berufsschule und Kaufmännische Berufsaus-bildung vermittelten Wissensinhalten decken bzw. wo sie angepasst/verändert werden sollten.

Zur Präzisierung der Zielsetzung wurden fünf zentrale Fragestellungen formu-liert, die im Rahmen der empirischen Untersuchung geprüft wurden:

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 219: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

219

Fragestellung 1 Fühlt sich der Auszubildende durch die vermittelte Wissensmenge überfordert? Muss er zwischen wichtigem und unwichtigem Wissen unterscheiden? Fragestellung 2 Wie besorgt sich der Auszubildende Informationen und Wissen – insbesondere unter Zuhilfenahme der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien Internet und Intranet – und welche Schwierigkeiten sind für ihn damit verbun-den? Fragestellung 3 Auf welche Probleme bzw. Barrieren trifft der Auszubildende bei der Informa-tions- bzw. Wissensbeschaffung und –verteilung? Fragestellung 4 Hat der Auszubildende Schwierigkeiten bei der Wissensbewahrung und was unternimmt er, um Wissen optimaler zu verarbeiten und zu speichern? Fragestellung 5 Welches im Rahmen der Ausbildung vermittelte fachliche, methodische und so-ziale Wissen ist für den Auszubildenden am Arbeitsplatz nützlich bzw. notwen-dig?

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 220: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

220

3.2 Stichprobe Im Rahmen der empirischen Untersuchung wurden die beiden Ausbildungs-gruppen Industriekaufleute und Kaufleute für Bürokommunikation der Ausbil-dungsjahrgänge 1996 und 1997 als Grundgesamtheit für die Befragung festge-legt. Die Grundgesamtheit setzte sich aus 51 Auszubildenden des Ausbildungs-jahrgangs 1996 und 50 Auszubildenden des Ausbildungsjahrgangs 1997 zu-sammen – mit Ausnahme von zwei Auszubildenden, die für den Pretest ausge-wählt wurden. Das Lehrjahr 1998 kam noch nicht in Betracht, da diese Auszu-bildenden erst im August 1998 ihre Ausbildung begannen, die Untersuchung jedoch im Zeitraum vom 09. bis 24. Juli 1998 durchgeführt wurde. Die Grundgesamtheit belief sich somit auf 99 Personen, und zwar 22 männliche und 77 weibliche Auszubildende.

In der Untersuchung wurden Daten von allen Auszubildenden der entsprechen-den Jahrgänge erhoben (Vollerhebung), um durch die gesamte Verteilung der Merkmale ihrer Elemente ein aufschlussreicheres Ergebnis zu erhalten, als dies bei einer geringeren Stichprobe möglich gewesen wäre (vgl. Schnell, Hill & Esser 1992, S. 281 ff.).

3.3 Fragebogenkonstruktion Für jede der fünf Fragestellungen wurden entsprechende Items entwickelt (Konzept der multiplen Indikatoren) (vgl. Schnell, Hill & Esser, 1992, S. 353). In Kooperation mit der Ausbildungsleitung und weiteren Experten wurden die Fragen auf ihre Verständlichkeit hin überprüft. Die Anzahl der Fragen je Frage-stellung variiert dabei zwischen zwei (für Fragestellung 4) und 14 Fragen (für Fragestellung 3).

Die so erarbeiteten Items wurden zu einem halbstandardisierten Fragebogen zu-sammengefasst. Es wurden sowohl offene als auch geschlossene Fragetypen verwendet. Offene Fragen sind Frageformulierungen, bei denen es keine vor-formulierte Antwort gibt, wohingegen bei geschlossenen Fragen Antwortkate-gorien vorgegeben sind (vgl. Friedrichs 1980, S. 198). Bei einigen geschlosse-nen Fragen wurden den Befragten Ergänzungsmöglichkeiten gegeben.

Bei der Konstruktion des Fragebogens wurden die von Schnell, Hill & Esser (S. 369 ff.) beschriebenen Regeln für Fragebogenaufbau und Fragestellungen be-achtet. So wurde beispielsweise mit dem zweiten Fragenkomplex „Meine der-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 221: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

221

zeitige Gefühlslage in Bezug auf mein Wissen ...“ eine hinführende, das Inte-resse der Probanden weckende Einführung in das Thema angestrebt (vgl. Schnell, Hill & Esser 1992, S. 353).

Eine Ausnahme stellt der Fragenkomplex 1 zu den sozialstatistischen Angaben dar. Obwohl Schnell, Hill & Esser darauf hinweisen, dass Fragen nach Ge-schlecht, Alter und anderen demographischen Merkmalen am Ende des Frage-bogens stehen sollten, da sie ansonsten den Probanden zu lange im Unklaren über den eigentlichen Sinn der Befragung lassen, wurden diese aufgrund der leichteren Erfassung durch die Auswertung mittels des Datenprogramms Ac-cess dem übrigen Fragenkomplexen vorangestellt.

3.4 Pretest und Fragebogenrevision Vor der eigentlichen Untersuchung wurde der Fragebogen einem Pretest unter-zogen. Ziel eines Pretests war die Prüfung der Konzeptualisierung und des ent-wickelten Instrumentes vor der Hauptuntersuchung. Da die Voruntersuchung laut Friedrichs an einer begrenzten Zahl von Fällen, die von der Struktur her denen der endgültigen Stichprobe entsprechen, durchgeführt werden sollte, wurde der Pretest mit zwei Auszubildenden (Ausbildungsgruppe IK 97 bzw. KfB 96) vorgenommen. Um insbesondere die Verständlichkeit der Untersu-chungsfragen vor dem jeweiligen Ausbildungshintergrund überprüfen zu kön-nen, wurden für den Pretest zwei weibliche Auszubildende aus unterschiedli-chen Ausbildungsjahrgängen und Ausbildungsberufsbildern ausgewählt. Nach dem Pretest wurde der Fragebogen inhaltlich überarbeitet.

3.5 Durchführung der schriftlichen Befragung Der Fragebogen wurde den Auszubildenden mit einem Begleitschreiben und einem Antwort-Kuvert an ihren jeweiligen Einsatzort (Fachbereich oder Be-rufsschule) zugeleitet (postalische Befragung bzw. Mail Survey). Die Methode der schriftlichen Befragung wurde gewählt, da es sich um eine homogene Gruppe handelte und die Adressaten aufgrund ihres jeweiligen Einsatzortes geographisch stark verstreut und somit persönlich nur unter sehr viel Zeitauf-wand erreichbar gewesen wären.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 222: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

222

Vor der Versendung des Fragebogens wurden die Auszubildenden über die be-vorstehende Fragebogenaktion über die elektronische Hauspost informiert, um schon im Vorfeld deren Interesse und Bereitschaft an der Untersuchung zu we-cken.

3.6 Auswertung, Analyse und Interpretation der Befragungsergebnisse

Die Daten aus den zurückgesandten Fragebögen wurden in eine Access-Datenbank übertragen und mittels Excel bzw. Word ausgewertet und graphisch aufbereitet. Nachfolgend werden die Untersuchungsergebnisse dargestellt, wo-bei auf die Ergebnisse der Fragenkomplexe 2 bis 6 jeweils in einem gesonder-ten Abschnitt eingegangen wird. Fragenkomplex 2 wird hierbei als erste Frage-stellung in Abschnitt 6.1 dargestellt, da es sich bei Fragenkomplex 1 um die Erhebung statistischer Angaben, nicht aber um eine direkte Fragestellung zum Thema Umgang kaufmännischer Auszubildender mit der Ressource Wissen handelt. Die Anmerkungen, die einzelne Auszubildende unter 7. Allgemeines trafen, sind in die Auswertung der Fragestellungen 2 bis 6 integriert. Auslas-sungen ( Missings) werden mit o. A. (ohne Angabe) gekennzeichnet.

An der empirischen Untersuchung beteiligten sich insgesamt 67 Auszubilden-de, was einer Rücklaufquote von 68 Prozent entspricht. Es ist deshalb von einer Summe der absoluten Häufigkeiten1 von jeweils 67 Nennungen pro Frage aus-zugehen. Dies entspricht einer prozentualen Häufigkeit von 100%. Bei einigen Fragen waren Mehrfachnennungen möglich, so dass hier ggf. eine größere Summe der Häufigkeiten zustande kommen konnte. Eine kleinere Summe der Häufigkeiten konnte sich bei den durch die Befragten ausgelassenen bzw. falsch beantworteten Fragen ergeben.

1 Unter absoluter Häufigkeit ist die Anzahl zu verstehen, mit der eine Antwort genannt

wird. Die prozentuale Häufigkeit stellt die Häufigkeit der Nennungen in Prozent dar. Die Summe der prozentualen Häufigkeiten ergibt 100% (eine Ausnahme stellen Fragen dar, bei denen Mehrfachnennungen möglich sind).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 223: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

223

Fragestellung 1: Wissensmenge Fragestellung 1 Fühlt sich der Auszubildende durch die vermittelte Wissensmenge überfordert? Muss er zwischen wichtigem und unwichtigem Wissen unterscheiden? Bei den Fragen, ob sich die Auszubildenden von der in der Berufsschule, der KBA bzw. der in den Fachbereichen vermittelten Wissensmenge überfordert fühlen, geben jeweils über die Hälfte der Befragten ‚selten‘ bzw. ‚nie‘ an. Am ehesten fühlen sich die Auszubildenden hierbei noch von der in der Berufsschule vermittelten Menge an Wissen überfordert. Aussagen

Anzahl Nennungen absolut (prozentual)

sehr oft oft manch-

mal selten nie o. A. Summe

2.1.1 Ich fühle mich von der in der Berufsschule vermittelten Wissensmenge über-fordert.

2

(3%)

5

(7%)

20

(30%)

22

(33%)

17

(25%)

1

(2%)

67

(100%)

2.1.2 Ich fühle mich von der in der KBA vermittel-ten Wissensmenge ü-berfordert.

0

(0%)

1

(2%)

18

(27%)

31

(46%)

17

(25%)

0

(0%)

67

(100%)

2.1.3 Ich fühle mich von der in den Fachbereichen vermittelten Wissens-menge überfordert.

0

(0%)

2

(3%)

8

(12%)

34

(51%)

23

(34%)

0

(0%)

67

(100%)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 224: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

224

2.1.4 Aufgrund der Menge an Informationen und Wissen, die ich erhalte, verliere ich den Über-blick darüber, was wichtig und was un-wichtig ist.

0

(0%)

1

(2%)

20 (30%)

25 (37%)

21 (31%)

0

(0%)

67 (100%)

2.1.5 Ich sehe mich zuneh-mend als Manager mei-nes Wissens: Ich muss für mich entscheiden, welches Wissen ich an welchem Ort zu wel-chem Zeitpunkt zur Verfügung haben muss.

16 (23%)

37 (55%)

8

(12%)

4

(6%)

1

(2%)

1

(2%)

67 (100%)

Tabelle 1: Wissensmenge (Anzahl der Nennungen, N = 67) Eine gesonderte Auswertung dieser Fragen nach Alter (hier wurde unterschie-den in Kriterien bis 20 Jahre und über 20 Jahre) und nach Schulabschluss2 (Mittlere Reife, Fachhochschulreife, Hochschulreife) führt zu folgenden Er-gebnissen: 43% der Auszubildenden bis 20 Jahre fühlen sich ‚manchmal‘ von der in der Berufsschule und ‚selten‘ von der in der KBA vermittelten Wissens-menge überfordert, ‚niemals‘ circa die Hälfte der Auszubildenden über 20 Jah-re. Bei den Antworten bezüglich der Fachbereiche ergeben sich keine nen-nenswerten Unterschiede.

Die Auswertung nach Schulabschluss zeigt, dass sich die Mehrzahl der Auszu-bildenden mit Mittlerer Reife ‚manchmal‘, mit Fachhochschulreife ‚selten‘ von der in der Berufsschule vermittelten Menge an Wissen überfordert fühlen. Bei der KBA gibt jeweils die Mehrzahl der Befragten ‚selten‘ an. Im Gegensatz hierzu empfindet die Mehrzahl der Auszubildenden mit Hochschulreife nie eine Überforderung in der Berufsschule und der KBA. Jeweils ca. 50% der Auszu-bildenden mit Mittlerer Reife, Fachhochschulreife und Hochschulreife führen bei den Fachbereichen ‚selten‘ an.

2 Da es sich bei dem Schulabschluss-Kriterium Sonstiges um lediglich eine absolute Nen-

nung handelt, wurde diese nicht in die Auswertung mit einbezogen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 225: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

225

Bis auf eine(n) der Befragten verlieren die Auszubildenden manchmal, selten bzw. nie den Überblick darüber, was für sie wichtig und was für sie unwichtig ist. Obwohl die Mehrheit der Befragten keinen Problemdruck beim Umgang mit der Menge an Wissen empfindet, sehen sich 90 Prozent der Auszubilden-den zunehmend als Manager ihres Wissens. Das heisst, sie haben für sich zu entscheiden, welches Wissen sie an welchem Ort und zu welchem Zeitpunkt zur Verfügung haben müssen. Fazit

Als Ergebnis der ersten Fragestellung ergibt sich, dass derzeit noch keine Not-wendigkeit bei den Auszubildenden besteht, Maßnahmen bezüglich einer Re-duzierung der an den drei Lernorten Berufsschule, KBA und Fachbereich ver-mittelten Wissensmenge zu ergreifen. Die vermittelte Wissensmenge scheint der Aufnahmefähigkeit der Auszubildenden – auch vor dem Hintergrund des jeweiligen Alters und der entsprechenden schulischen Ausbildung – bis auf wenige Ausnahmen angepasst. Eine Erklärung dafür, dass die Auszubildenden sich noch am ehesten von der in der Berufsschule vermittelten Wissensmenge überfordert fühlen, kann in der dort vorwiegend praktizierten Lehrform des Frontalunterrichts liegen. Bei dieser Form von Wissensvermittlung ist der Aus-zubildende zum einen nicht gezwungen, permanent und aktiv dem Unterrichts-geschehen zu folgen. Zum anderen kann der Lehrende nicht überprüfen, ob je-der Auszubildende die vermittelten Inhalte auch aufgenommen und begriffen hat.

Die beschriebene Notwendigkeit des Managens des Wissens kann daran liegen, dass in der Berufsschule teilweise Wissen vermittelt wird, das die Auszubil-denden nicht (mehr) im Unternehmen anwenden können, sich dieses aber den-noch für Klausuren in der Berufsschule anzueignen haben.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 226: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

226

Fragestellung 2: Informations- und Wissensbeschaffung Fragestellung 2 Wie besorgt sich der Auszubildende Informationen und Wissen – insbesondere unter Zuhilfenahme der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien Internet und Intranet – und welche Schwierigkeiten sind für ihn ggf. damit ver-bunden? Im Arbeitsleben stehen 43% der Befragten selten oder nie vor Aufgaben, die sie nicht lösen können, 50 % jedoch manchmal oder sogar, weil ihnen das hierzu notwendige Wissen fehlt.

manchmal50%

selten43%

o. A.1%

nie3%

sehr oft0% oft

3%

Abbildung 3: Fehlendes Wissen bei Aufgaben- bzw. Problemlösung

(Anzahl der Nennungen, N = 67) In Situationen, in denen ihnen das erforderliche Wissen fehlt, wenden sich die Befragten insbesondere an Kollegen, Ausbilder und andere Auszubildende. Darüber hinaus besorgen sie sich die entsprechende Literatur, lesen darin nach oder suchen im Internet bzw. Intranet nach dem von ihnen benötigten Wissen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 227: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

227

Antwortmöglichkeiten

Anzahl Nennungen

absolut prozentual Ich besorge mir die entsprechende Literatur und lese darin nach.

39 58%

Ich frage Kollegen, Ausbilder, Auszubildende usw. um Rat. 67 100% Ich suche im Internet bzw. Intranet nach dem benötigten Wis-sen.

31 47%

Sonstiges, und zwar � suche alternative Lösung mit vorhandenem Wissen � Learning by doing

1 1

1% 1%

Ich besorge mir das notwendige Wissen nicht, wenn die Wissensbeschaffung zu schwierig ist.

0

0%

139

207%

Tabelle 2: Verhalten bei fehlendem Wissen (Anzahl der Nennungen, N = 139) Auf die Frage, wo und wie viel Prozent die Auszubildenden sich ihr beruflich notwendigen DV-Wissens (wie z. B. Word, Excel, Internet ...) angeeignet ha-ben, geben die Befragten an, sich das meiste DV-Wissen insbesondere durch Ausprobieren oder durch den Austausch mit (Fach-)Ausbildern, anderen Aus-zubildenden, und Kollegen angeeignet zu haben. Jeweils über die Hälfte der Befragten hat sich lediglich 0 bis 20% des DV-Wissens in der Berufsschule, durch CBT sowie durch Fach- und Lehrbücher angeeignet. Von Einzelnen wer-den unter dem Punkt Sonstiges ‚von Freunden/Bekannten gelernt‘, ‚Vorkennt-nisse durch vorherige Schule‘, ‚Kurse besucht‘, ‚Hobby‘ und ‚Mitarbeiterkin-der-Schulung‘ (MiKi-Schulung) angeführt.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 228: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

228

Antwort-möglichkeiten

Anzahl Nennungen absolut (prozentual)

0-20% 21-40% 41-60% 61-80% 81-

100% o. A. Summe

Berufsschule 40 (60%)

18 (27%)

5 (7%)

0 (0%)

1 (2%)

3 (4%)

67 (100%)

Betriebliche Informati-onen und Projekte (BIP)

13 (19%)

23 (34%)

13 (19%)

12 (18%)

1 (2%)

5 (7%)

67 (100%)

Computer Based Trai-ning (CBT) im PC-Lernstudio

38 (57%)

8 (12%)

1 (2%)

3 (4%)

1 (2%)

16 (24%)

67 (100%)

Fach-/Lehrbücher 40 (60%)

8 (12%)

4 (6%)

1 (2%)

0 (0%)

14 (21%)

67 (100%)

Austausch mit(Fach-) Ausbildern, anderen Auszubildenden, Kol-legen usw.

16

(24%)

12

(18%)

14

(21%)

9

(13%)

9

(13%)

7

(10%)

67

(100%)

Ausprobieren 9 (13%)

7 (10%)

18 (27%)

16 (24%)

14 (21%)

3 (4%)

67 (100%)

... Sonstiges, und zwar • von Freunden, Be-

kannten gelernt • Vorkenntnisse

durch vorherige Schule

• Kurse besucht • Hobby • MiKi-Schulung ge-

geben

1

(2%)

1

(2%) 1

(2%)

2

(3%) 1

(2%)

3

(4%) 2

(3%) 3

(4%)

1

(2%) 2

(3%) 2

(3%) 2

(3%)

63

(94%) 61

(91%)

62 (93%)

63 (94%)

65 (97%)

67

(100%) 67

(100%)

67 (100%)

67 (100%)

67 (100%)

Tabelle 3: DV-Wissensaneignung (Anzahl der Nennungen, N = 67) Auf die Frage nach der Aneignung ihres beruflich notwendigen Fachwissen gibt die Mehrzahl der Auszubildenden an, sich ihr fachliches Wissen insbeson-dere durch den Austausch mit (Fach-)Ausbildern, anderen Auszubildenden und Kollegen erworben zu haben. Darüber hinaus eigneten sich 54% der Befragten zwischen 21 und 80 Prozent ihres Fachwissens durch Ausprobieren an. Jeweils

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 229: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

229

über die Hälfte der Auszubildenden gibt bei den Antwortmöglichkeiten Berufs-schule und Fach- und Lehrbücher zwischen 0 und 40 % an. Lediglich 2% er-warben zwischen 41 und 100% ihres fachlichen Wissens durch CBT. Antwort-möglichkeiten

Anzahl Nennungen absolut (prozentual)

0-20% 21-40% 41-60% 61-80% 81-

100% o. A. Summe

Berufsschule 21 (31%)

25 (37%)

11 (16%)

8 (12%)

2 (3%)

0 (0%)

67 (100%)

Betriebliche Informati-onen und Projekte (BIP)

10 (15%)

25 (38%)

15 (22%)

11 (16%)

3 (4%)

3 (4%)

67 (100%)

Computer Based Trai-ning (CBT) im PC-Lernstudio

45 (67%)

7 (10%)

0 (0%)

1 (2%)

0 (0%)

14 (21%)

67 (100%)

Fach-/Lehrbücher 25 (37%)

19 (28%)

6 (9%)

5 (7%)

2 (3%)

10 (15%)

67 (100%)

Austausch mit (Fach-) Ausbildern, anderen Auszubildenden, Kol-legen usw.

8

(12%)

12

(18%)

10

(15%)

21

(31%)

14

(21%)

2

(3%)

67

(100%)

Ausprobieren 8 (12%)

13 (19%)

11 (16%)

13 (19%)

7 (10%)

15 (22%)

67 (100%)

Sonstiges, und zwar • Vorkenntnisse

durch vorherige Schule

0

(0%)

0

(0%)

2

(3%)

2

(3%)

2

(3%)

61

(91%)

67

(100%)

Tabelle 4: Fachliche Wissensaneignung (Anzahl der Nennungen, N = 67) 42% der Befragten suchten bereits oft oder sogar sehr oft an ihrem Arbeitsplatz im Intranet nach Informationen, 10 Prozent allerdings noch nie. Als Gründe da-für, dass sie noch nie das Intranet als Informationsmedium benutzt haben, wer-den von letzteren der fehlende Anschluss am Arbeitsplatz, fehlende Kenntnisse sowie die bessere, einfachere und schnellere Informationsbeschaffung über Kollegen angeführt.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 230: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

230

sehr oft16%

oft26%

manchmal22%

selten26%

nie10%

Begründung für ‚nie‘: Anzahl Nennungen (N = 7) ich hatte bisher noch keinen Anschluss an meinem Arbeitsplatz 3 keine Kenntnisse, da keine Schulung bekommen 2 ich habe es bisher noch nie gebraucht 1 die Informationsbeschaffung über Kollegen ist besser, einfacher und schneller 1

Abbildung 4: Informationssuche im Intranet (Anzahl der Nennungen, N = 67) Die Vorteile des Intranets liegen nach Ansicht der Intranetnutzer insbesondere in der vereinfachten Informationsbeschaffung und der Hilfe zum Finden von Ansprechpartnern bei Problemen. Lediglich drei Befragte sind der Ansicht, dass das Intranet für sie keinen Nutzen am Arbeitsplatz hat.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 231: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

231

Antwortmöglichkeiten

Anzahl Nennungen

absolut prozentual Vereinfachte Informationsbeschaffung 48 72% Hilfe zum Finden von Ansprechpartnern bei Problemen 37 55% Sonstiges, und zwar • schnellerer Informationsweg • allgemeine Anregungen beim Durchblättern • gezieltere Problemlösung • Einblick in andere Bereiche

3 1 1 3 1

4% 2% 2% 4% 2%

Keinen 3 4% 97 145%

Tabelle 5: Vorteile des Intranets am Arbeitsplatz (Anzahl der Nennungen, N = 97)

Im Hinblick auf die Informationsbeschaffung bewerten 57 der Befragten das Intranet als sinnvoll, sehr sinnvoll oder unerlässlich, wohingegen 6 Auszubil-dende der Ansicht sind, das Intranet sei weniger sinnvoll bzw. entbehrlich.

3

2 8

2 6

4

2

4

0 5 1 0 1 5 2 0 2 5 3 0

u n e r lä ß lic h

s e h r s in n vo ll

s in n vo ll

w e n ig e r s in n vo ll

e n tb e h r l ic h

o . A .

Abbildung 5: Intranetbewertung im Hinblick auf Informationsbeschaffung

(Anzahl der Nennungen, N = 67) Schwerpunktmäßig nutzen die Befragten folgende Informationsangebote des Intranets: Who is Who (insbesondere Who is who im Konzern), Facts & Figures (u. a. Börsenkurse, Geschäftsbericht, PReSS Monitor) und

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 232: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

232

Services (hauptsächlich OSIK – Offene Stellen im Konzern, Fuhrpark W10 am Standort Stuttgart)

Antworten

Anzahl Nennungen

absolut Who is Who (insbesondere Who is who im Daimler-Benz-Konzern)

26

Services (insbesondere OSIK – Offene Stellen im Konzern, Fuhrpark W10 am Standort Stuttgart)

17

Facts & Figures (insbesondere Börsenkurse, Geschäftsbericht, PReSS Monitor)

19

Products 11 Forums (insbesondere Blackboard) 9 News & Events 7

89

Tabelle 6: Nutzung der Intranetangebote (Anzahl der Nennungen, N = 89)

Im Gegensatz zum Intranet nutzen lediglich 20 Prozent oft bis sehr oft das In-ternet am Arbeitsplatz zur Informationssuche.

s e h r o f t7 % o f t

1 3 %

m a n c h m a l3 1 %

s e l te n2 7 %

n ie2 1 %

o . A .1 %

Abbildung 6: Nutzung des Internets zur Informationssuche

(Anzahl der Nennungen, N = 67) Obwohl die Auszubildenden des Ausbildungsjahrgangs 1996 keine Internet-schulung erhalten haben, bedienen sie sich häufiger des Informationsmediums Internet als Auszubildende des Ausbildungsjahrgangs 1997, mit denen eine In-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 233: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

233

ternetschulung durchgeführt wurde. Die Internetnutzer gewinnen dabei u. a. In-formationen über die Konkurrenz der Firma, suchen Ansprechpartner, nutzen das aktuelle Nachrichtenangebot oder buchen Flüge und Zugfahrten. Antworten

Anzahl Nennungen

Absolut 1. Tageszeitungen / Nachrichten 9 2. Informationen über die Konkurrenz 8 3. Fahrpläne (Zug, Flug) 8 4. Ansprechpartner (Namen, Adressen, Telefonnummern) 7 5. Informationen über Daimler-Benz-Konzern 4 6. Alle Arten von Informationen 4 7. Landkarten 1 8. KfZ-Versicherungseinstufung für DB-Pkws 1 9. Vertragshotels des Daimler-Benz-Konzerns 1 10. Börsenkurse 1

44

Tabelle 7: Informationsgewinnung aus dem Internet (Anzahl der Nennungen, N = 44)

Über die Hälfte der Befragten findet dabei oft bis sehr oft die Informationen, die sie im Internet auch sucht.

o ft3 0 %

m a n c h m a l2 4 %

s e lte n1 2 %

n ie1 %

o . A .1 2 %

s e h r o ft2 1 %

Abbildung 7: Finden der gewünschten Informationen

(Anzahl der Nennungen, N = 67)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 234: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

234

Als häufigste Gründe für das Nichtfinden der Informationen werden falsche Adressen und Suchbegriffe, mangelnde Kenntnisse im Umgang mit dem Inter-net, der zu hohe Zeitaufwand sowie die zu große Informationsmenge angeführt. Antworten

Anzahl Nennungen

Absolut 1. Falsche Adressen / Suchbegriffe 16 2. Mangelnde Kenntnisse im Umgang mit dem Internet 11 3. Zu viel Zeitaufwand 11 4. Zu große Informationsmenge 10 5. Gesuchte Informationen nicht vorhanden 7 6. Zu unübersichtliche Gestaltung des Internets 6 7. Ich kann es mir selber nicht erklären,

woran es liegen könnte. 4

8. Schlechte Suchdienste 3 9. Zu oberflächliche Suche meinerseits 1

68 Tabelle 8: Gründe für das Nichtfinden von Informationen

(Anzahl der Nennungen, N = 68) Ein Vergleich der beiden Ausbildungsjahrgänge ergibt, dass die Auszubilden-den des Ausbildungsjahrgangs 1997 häufiger die gewünschten Informationen finden als die des Jahrgangs 1996.

Auf die Frage, wie oft sie bei der Informationssuche im Internet schon zufällig auf andere interessante Informationen gestoßen und dadurch vom ursprüngli-chen Suchziel abgekommen sind, geben 75% der Befragten manchmal, oft bzw. sehr oft an. 13% der Auszubildenden hingegen sind erst selten oder noch nie von ihrem ursprünglichen Suchziel abgekommen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 235: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

235

s e lte n1 2 %

n ie1 %

o . A .1 2 %

s e h r o f t2 1 %

of t3 0 %

m a n c h m a l2 4 %

Abbildung 8: Abkommen vom ursprünglichen Suchziel

(Anzahl der Nennungen, N = 67) 9 Befragte finden die gewünschten Informationen sehr langsam oder langsam im Internet, 35 mäßig schnell und 15 schnell bzw. sehr schnell.

6

9

35

7

2

8

0 5 10 15 20 25 30 35

sehr schnell

schnell

m äß ig schnell

langsam

sehr langsam

o. A .

Abbildung 9: Schnelligkeit der Informationsgewinnung

(Anzahl der Nennungen, N = 67) Fazit

Es lässt sich zu der zweiten Fragestellung feststellen, dass die Auszubildenden die direkte Informationsbeschaffung bei Kollegen, Ausbildern und Auszubil-denden den anderen Formen der Informationsbeschaffung vorziehen. Dies mag daran liegen, dass sie dem informellen Gespräch auch im Zeitalter der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien noch immer das größere Ver-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 236: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

236

trauen entgegenbringen. Es kann aber auch daran liegen, dass diese Art der In-formationsbeschaffung nicht so zeitintensiv ist wie die Wissensaneignung über entsprechende Fachliteratur oder über das Internet/Intranet. Vielleicht ist der persönliche Kontakt aber auch die einfachere und bequemere Form der Infor-mationsbeschaffung für die Auszubildenden. Die Bereitschaft, das Internet als Medium zur Informationsbeschaffung zu nutzen, scheint dabei nicht davon abzuhängen, ob der Auszubildende eine Internetschulung erhalten hat, sondern von der Einstellung des Einzelnen gegenüber diesem Medium.

Bei den Antworten auf die Fragen, wie viel Prozent ihres beruflich notwendi-gen DV- bzw. fachlichen Wissens sich die Auszubildenden über die Berufs-schule angeeignet haben, deutet die häufige Angabe von 0 bis 20% darauf hin, dass in der Berufsschule Wissen vermittelt wird, das die Auszubildenden in dieser Form im Arbeitsleben kaum anwenden können. Auch stellt das CBT eine Form von Wissensaneignung dar, die bis jetzt von den wenigsten Auszubilden-den akzeptiert bzw. praktiziert wird. Eine Erklärung hierfür kann der fehlende oder noch nicht genügend ausgeprägte Wunsch der Auszubildenden sein, sich selbstgesteuert intensiv mit einem Lernprogramm auseinander zu setzen - even-tuell auch außerhalb der Arbeitszeiten.

Das Intranet stößt gegenüber dem Internet hinsichtlich der Wissensbeschaffung auf größere Akzeptanz bei den Auszubildenden als das Internet. Dies kann dar-an liegen, dass über das Intranet eher Informationen gewonnen werden können, die speziell für den Konzern als Arbeitgeber notwendig sind. Ein weiterer Grund kann sein, dass die Informationssuche im Internet – insbesondere für die Auszubildenden, welche noch keine Internetschulung erhalten haben – sehr be-schwerlich und zeitintensiv ist.

Eine Erklärung, dass Auszubildende des Ausbildungsjahrgangs 1997 häufiger und schneller die gewünschten Informationen im Internet finden als Auszubil-dende des Jahrgangs 1996, scheint damit zusammenzuhängen, dass die Auszu-bildenden den Jahrgangs 1997 im Rahmen einer Schulung bereits Kenntnisse über Internetaufbau und -nutzung erworben haben.

Die vom Großteil der Auszubildenden angegebene Tatsache, bei der Informati-onssuche im Internet zufällig auf andere interessante Informationen zu stoßen und dadurch vom ursprünglichen Suchziel abzukommen, wird auch als „Get Lost in Hyperspace‘ (Schnieb 1997, S. 103) bezeichnet. Positiv ausgelegt be-deutet dies jedoch, dass der Auszubildende auf diese Weise auch unbeabsich-tigt an andere Informationen gelangt (Serependity-Effekt - zufällig angenehme Entdeckungen machen).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 237: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

237

Fragestellung 3: ‚Zwischenmenschliche Probleme‘ bei der Infor-mations- bzw. Wissensbeschaffung und –verteilung

Fragestellung 3 Auf welche Probleme bzw. Barrieren trifft der Auszubildende bei der Informa-tions- bzw. Wissensbeschaffung und –verteilung?

Im Rahmen ihrer Ausbildung wurden 61% der Befragten selten bzw. nie In-formationen vorenthalten, die sie benötigt hätten. 36 Prozent geben an, dass ih-nen manchmal bzw. oft Informationen nicht mitgeteilt wurden.

o ft6%

m anc hm al30%

s e lten46%

nie15%

s ehr o ft0%

o. A .3%

Abbildung 10: Informationsvorenthaltung (Anzahl der Nennungen, N = 67) Informationen wurden angeblich von Ausbildern,3 anderen Auszubildenden sowie Fachausbildern nicht weitergegeben, weil diese vergaßen, die Informati-on(en) weiterzuleiten, keine Zeit hatten, oder selbst nicht Bescheid wussten.

3 Unter 7. Allgemeines merkten drei Befragte an, dass der Wissensfluss zwischen Auszu-

bildenden und der KBA bzw. den Ausbildern durch deren häufige Abwesenheit oft nicht durchgängig sei. Ihrer Meinung nach sollte gewährleistet sein, dass zumindest ein kom-petenter Ansprechpartner in der KBA bei Fragen bzw. Problemen für die Auszubilden-den erreichbar ist.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 238: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

238

Antwortmöglichkeiten

Anzahl Nennungen

absolut prozentual Teamleiter/in 3 4% Ausbilder 26 39% Fachausbilder 18 27% Anderen Auszubildende 23 34% Sonstigen, und zwar • Kollegen • anderen Abteilungen

7 3

11% 4%

80

119%

Tabelle 9: Personen, die Informationen vorenthielten (Anzahl der Nennungen, N = 80)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 239: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

239

Darüber hinaus sollen Angaben einiger Befragten zufolge Informationen vor-enthalten worden sein, weil die Befragten (noch) Auszubildende seien.

3 0

2 3

4

0

5

1 0

1 5

2 0

2 5

3 0

J a N e i n o . A .

Begründung für „Ja“: Anzahl Nennungen (N = 30) Vergessen, Information mitzuteilen 5 Keine Zeit 5 Wussten selbst nicht Bescheid 5 Um die Eigeninitiative bezügl. der Informations-

beschaffung zu fördern 4 Verschwiegenheitspflicht 3 Information für unwichtig empfunden 3 Weil ich Auszubildende(r) bin 3 Dachten, dass ich Information bereits erhalten hätte 1 Nicht erreicht 1

Abbildung 11: Gründe für die Informationsvorenthaltung

(Anzahl der Nennungen, N = 67)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 240: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

240

In den Fällen, in denen nicht ausdrücklich die jeweiligen Gründe für die Informationsvorenthaltung genannt wurden, vermuten die Befragten Zeitmangel bzw. Stress sowie die Nutzung der Information(en) zum eigenen

orteil. V

18

5

0 2 4 6 8

10 12 14 16 18

Ja N e in

Begründung für „Nein“ Anzahl Nennungen (N = 23)

Wollten als einzigste den (Informations-)Vorteil nutzen 5 Vergessen, Information mitzuteilen 4 Zeitmangel / Stress 4 Information für unwichtig empfunden 3 Weil ich Auszubildende(r) bin 2 Verschwiegenheitspflicht 1 Wussten selbst nicht Bescheid 2 Schlechte Erfahrungen mit anderen Auszubildenden 1 Keine Lust 1

Abbildung 12: Vermutungen über die Gründe der Informationsvorenthaltung

(Anzahl der Nennungen, N = 23)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 241: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

241

Aus Tabelle 10 wird ersichtlich, dass 92% der Befragten den Informations- und Wissensaustausch mit dem jeweiligen Ausbilder als gut bis sehr gut betrach-ten; der Austausch in der eigenen Ausbildungsgruppe wird von 80% als gut o-der sehr gut empfunden. Antwort-möglichkeiten

Anzahl Nennungen absolut (prozentual)

sehr

gut gut befrie-

digend unbe-friedi-gend

man-gelhaft

o. A. Summe

Ihrem Ausbilder 11 (16%)

37 (55%)

16 (24%)

1 (2%)

0 (0%)

2 (3%)

67 (100%)

Der Ausbildungs-leitung

6 (9%)

26 (39%)

25 (37%)

7 (10%)

3 (5%)

0 (0%)

67 (100%)

Ihren Fachausbildern 27 (40%)

35 (52%)

2 (3%)

2 (3%)

0 (0%)

1 (2%)

67 (100%)

Auszubildenden aus Ihrer Ausbildungs-gruppe

29 (43%)

25 (37%)

7 (10%)

2 (3%)

0 (0%)

4 (6%)

67 (100%)

Auszubildenden aus anderen Ausbildungs-gruppen

3 (5%)

11 (17%)

26 (39%)

18 (27%)

9 (13%)

0 (0%)

67 (100%)

Tabelle 10: Beurteilung des Informations- und Wissensaustausches (Anzahl der Nennungen, N = 67)

Von den Befragten geben 18% an, dass nach ihrer Meinung unter den Auszu-bildenden oft bis sehr oft ein Konkurrenzkampf um Informationen und Wissen vorherrscht.

s e h r o ft6 % o ft

1 2 %

m a n c h m a l3 0 %s e lte n

2 7 %

n ie2 4 %

o . A .1 %

Abbildung 13: Konkurrenzkampf um Informationen und Wissen (Anzahl der Nennungen, N = 67)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 242: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

242

Als Gründe werden insbesondere die Notenvergabe in der Kaufmännischen Be-rufsschule und bessere Übernahmechancen ins Unternehmen nach der Ausbil-dung angesehen. Antwortmöglichkeiten

Anzahl Nennungen

absolut prozentual Noten in der Kaufmännischen Berufsschule 28 42% Beurteilung im Fachbereich 15 22% Bessere Übernahmechancen im Unternehmen nach der Ausbil-dung

23 34%

Leitgedanke Wissen ist Macht 20 30% Sonstiges, und zwar � Berufsbild IK KfB � Besserer Fachbereichseinsatz � Präsentationen im Rahmen vom BIP

1 2 1

2% 3% 2%

90 134%

Tabelle 11: Ursachen des zunehmenden Konkurrenzkampfes (Anzahl der Nennungen, N = 90)

23% der Befragten behalten manchmal bzw. oft bewusst Informationen/Wissen im Arbeitsleben für sich, 73% selten bzw. nie.

m a n c h m a l1 9 %

s e lte n5 0 %

n ie2 3 %

o . A .4 %

s e h r o ft0 % o ft

4 %

Abbildung 14: Bewusste Informations- bzw. Wisssenszurückhaltung

(Anzahl der Nennungen, N = 67)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 243: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

243

Als Gründe für die Zurückhaltung werden unter anderem genannt: Verschwiegenheitspflicht, Unwichtigkeit der Information(en) bzw. des Wissens für andere, Informationsholschuld der anderen („Wer sich die Informationen nicht sel-

ber besorgt, ist selber schuld.“), Vermeidung der Weitergabe unsicherer Informationen.

Antworten

Anzahl Nennungen

absolut 1. Verschwiegenheitspflicht 9 2. Informationen bzw. Wissen ist für andere unwichtig 8 3. Andere haben dieselbe Holschuld wie ich auch. Wenn sie

sich die Informationen nicht besorgen, sind sie selber schuld.

7

4. Um nicht unsichere Informationen weiterzugeben 6 5. Vergessen, Information weiterzuleiten 3 6. Wissen ist Macht 3 7. Um meine eigene Position zu festigen 3 8. Nicht alle Informationen sind für alle da 3 9. Persönlicher Vorteile 2 10. Die betreffenden Personen nicht erreicht 2 11. Um wertvoll zu sein 1 12. Um andere zu schützen 1 13. Ohne Angaben 1 49 Tabelle 12: Gründe für die Informations- bzw. Wissenszurückhaltung

(Anzahl der Nennungen, N = 49) Fazit Die Auswertung der dritten Fragestellung ergibt, dass die Auszubildenden nicht das Gefühl haben, ihnen würde häufig relevante Informationen und Wissen vorenthalten. Die Gründe, die von den Auszubildenden für die Informationszu-rückhaltung angegeben werden bzw. die sie dahinter vermuten, stimmen zu-nächst bedenklich. Aussagen wie „weil ich Auszubildender bin“ oder „weil ich schlechte Erfahrungen mit anderen Auszubildenden gemacht haben“ deuten zwar darauf hin, dass die Auszubildenden insbesondere von Fachausbildern o-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 244: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

244

der anderen Mitarbeitern nicht uneingeschränkt als Kollegen angesehen werden und deshalb nicht in alle abteilungsinternen Vorgänge einbezogen werden. Dem steht jedoch die Bewertung des Informations- und Wissensaustausches mit den Fachausbildern entgegen, der von über 90% der Befragten als ‚gut‘ bzw. ‚sehr gut‘ beurteilt wird. Aussagen wie „vergessen, Information mitzutei-len“ oder „keine Zeit“ erwecken eher den Anschein der Bequemlichkeit des/r Befragten, als den einer stichhaltigen Begründung für die Informationszurück-haltung.

Die Beurteilung des Informations- und Wissensaustausches scheint wesentlich davon abzuhängen, wie oft die Auszubildenden mit den betreffenden Personen zusammenkommen oder zusammenarbeiten. So wird der Austausch mit Auszu-bildenden aus der eigenen Ausbildungsgruppe und auch den jeweiligen Fach-ausbildern von der Mehrheit der Befragten als gut oder sehr gut beurteilt. Hier besteht wegen des gemeinsamen Berufsschulunterrichts oder des entsprechen-den Fachbereichseinsatzes ein häufiger, direkter Kontakt. Die schlechte Beur-teilung des Informations- und Wissensaustausches mit Auszubildenden aus an-deren Ausbildungsgruppen rührt demzufolge daher, dass alle Auszubildenden lediglich am einmal jährlich stattfindenden Sportfest zusammenkommen.

Die häufige Verneinung der Frage, ob die Auszubildenden das Gefühl haben, dass unter ihnen ein Konkurrenzkampf um Informationen und Wissen herrsche, deckt sich mit der Antwort, dass die Auszubildenden selten bzw. nie bewusst Informationen/Wissen für sich behalten. Dies deutet darauf hin, dass der Groß-teil der Befragten bereits die für ein Wissensmanagement notwendige Informa-tions-, Kommunikations- und auch Kooperationskultur praktiziert, da Informa-tionen und Wissen meist weitergegeben werden. Aussagen wie „Wissen ist Macht“, „um meine eigene Position zu festigen“, „nicht alle Informationen sind für alle da“, die von einzelnen Auszubildenden getroffen wurden, deuten darauf hin, dass teilweise auch noch Denkmuster vorherrschen, die der notwendigen offenen Informations- und Kommunikationskultur entgegenstehen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 245: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

245

Fragestellung 4: Wissensbewahrung

Fragestellung 4 Hat der Auszubildende Schwierigkeiten bei der Wissensbewahrung und was unternimmt er, um Wissen optimaler zu verarbeiten und zu speichern?

Der Großteil der Befragten verliert Wissen, das er im Arbeitsleben benötigen würde, nur manchmal bzw. selten.

oft9%

manchmal49%

selten36%

o. A.3%

nie3%

sehr oft0%

Abbildung 15: Vergessen von Wissen (Anzahl der Nennungen, N = 67) In den Fällen, in denen Auszubildende relevantes Wissen verlieren, liegen die Gründe vor allem im seltenen Gebrauch dieses Wissens. Als weitere Gründe hierfür gibt knapp über die Hälfte der Auszubildenden an, sich zu viel neues, wichtiges Wissen merken zu müssen oder aber sich das Wissen zu kurzfristig angeeignet zu haben.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 246: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

246

Antwortmöglichkeiten

Anzahl Nennungen

absolut prozentual Seltener Gebrauch dieses Wissens 61 91% Zu viel neues, wichtiges Wissen, das ich mir merken muss 30 45% Zu kurzfristige Wissensaneignung 26 39% Fehlende Methode, um Wissen länger zu behalten 5 8% Sonstiges, und zwar • nicht aufgeschrieben • Wissen nicht anschaulich genug vermittelt • denke, ich brauche dieses Wissen nicht mehr

2 1 1

3% 1% 1%

126

188%

Tabelle 13: Gründe für das Vergessen von Wissen

(Anzahl der Nennungen, N = 126) Fazit

Obwohl sich die Auszubildenden eigenen Angaben zufolge nicht von der im Rahmen der Ausbildung vermittelten Wissensmenge überfordert fühlen, er-scheint es selbstverständlich, dass sie Gelerntes teilweise auch wieder verges-sen. Dies gilt vor allem dann, wenn sie dieses Wissen im Arbeitsleben nur sel-ten gebrauchen bzw. anwenden können. Um dieses Vergessen kompensieren zu können, ist es jedoch wichtig, dass die Auszubildenden in der Lage sind, Stra-tegien zu entwickeln, um sich dieses Wissen innerhalb kürzester Zeit wieder zu erschließen bzw. ins Gedächtnis rufen zu können.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 247: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

247

Fragestellung 5: Nutzen des im Rahmen der Ausbildung vermittelten Wissens

Fragestellung 5 Welches im Rahmen der Ausbildung vermittelte fachliche, methodische und soziale Wissen ist für den Auszubildenden am Arbeitsplatz nützlich bzw. notwendig?

Wie aus Tabelle 14 ersichtlich wird, geben ein Großteil der Auszubildenden an, die in der Berufsschule vermittelten Wissensgebiete Allgemeine Wirtschafts-lehre (69%), Spezielle Betriebswirtschaftslehre (63%), Buchführung (85%), Wirtschaftsrechnen (84%) und Sprachen (59%) kaum in der Arbeitspraxis zu benötigen. 96% der Kaufleute für Bürokommunikation geben an, dass das in der Berufsschule noch immer angebotene Fach Stenographie völlig unnötig ist.4 Nur bei dem Gebiet Datenverarbeitung führt über die Hälfte der Auszubilden-den an, dass die Praxisrelevanz für sie hoch oder sehr hoch ist.

4 Einige Kaufleute für Bürokommunikation ergänzten bei ihrem Antwortkreuz „0%!“.

Darüber hinaus führten zwei Befragte unter 7. Allgemeines an, dass ihrer Ansicht nach das Berufsschulfach Stenografie abgeschafft werden sollte, da es im Arbeitsleben fast nie gebraucht wird.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 248: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

248

Antwort-möglichkeiten

Anzahl Nennungen absolut (prozentual)

sehr

gering gering mittel hoch sehr

hoch o. A. Summe

Allgemeine Wirt-schaftslehre

22 (33%)

24 (36%)

13 (19%)

4 (6%)

1 (2%)

3 (4%)

67 (100%)

Spezielle Betriebswirt-schaftslehre

14 (21%)

28 (42%)

12 (18%)

10 (15%)

1 (2%)

2 (3%)

67 (100%)

Buchführung 44 (66%)

13 (19%)

5 (7%)

3 (4%)

0 (0%)

2 (3%)

67 (100%)

Wirtschaftsrechnen 36 (54%)

20 (30%)

3 (4%)

4 (6%)

0 (0%)

4 (6%)

67 (100%)

Datenverarbeitung 10 (15%)

5 (7%)

13 (19%)

16 (24%)

23 (34%)

0 (0%)

67 (100%)

Sprachen 19 (28%)

21 (31%)

12 (18%)

8 (12%)

6 (9%)

1 (2%)

67 (100%)

Stenografie (nur an KfB vermittelt)

47 (94%)

0 (0%)

0 (0%)

0 (0%)

0 (0%)

3 (6%)

50 (100%)

Tabelle 14: Nutzen des in der Berufsschule vermittelten Wissens Die Inhalte des von der KBA vermittelten Telefontrainings können von knapp der Hälfte der Auszubildenden sehr oft im Arbeitsleben verwendet werden. Die Ausbildungsinhalte Kreativität, Persönliche Arbeitstechniken, Rhetorik und Konzentration werden oft angewendet, wohingegen Projektmanagement, Ler-nen lernen und Vernetztes Denken von der Mehrzahl der Auszubildenden nur manchmal angewandt wird. Auffällig ist, dass 16% der Auszubildenden bei dem Ausbildungsinhalt Lernen lernen angeben, diesen nie verwenden zu kön-nen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 249: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

249

Antwort-möglichkeiten

Anzahl Nennungen absolut (prozentual)

sehr oft oft manch-

mal selten nie o. A. Summe

Projektmanagement 6 (9%)

17 (25%)

23 (34%)

13 (19%)

4 (6%)

4 (6%)

67 (100%)

Kreativität 19 (28%)

31 (46%)

10 (15%)

5 (7%)

1 (2%)

1 (2%)

67 (100%)

Lernen lernen 2 (3%)

16 (24%)

20 (30%)

18 (27%)

11 (16%)

0 (0%)

67 (100%)

Persönliche Arbeits-techniken

17 (25%)

25 (37%)

12 (18%)

8 (12%)

5 (7%)

0 (0%)

67 (100%)

Telefontraining 32 (48%)

18 (27%)

5 (7%)

8 (12%)

3 (4%)

1 (2%)

67 (100%)

Rhetorik 13 (19%)

22 (33%)

20 (30%)

9 (13%)

1 (2%)

2 (3%)

67 (100%)

Vernetztes Denken 8 (12%)

20 (30%)

21 (31%)

13 (19%)

2 (3%)

3 (4%)

67 (100%)

Konzentration 22 (33%)

23 (34%)

14 (21%)

4 (6%)

4 (6%)

0 (0%)

67 (100%)

Tabelle 15: Anwendung der durch die KBA vermittelten Ausbildungsinhalte (Anzahl der Nennungen, N = 67)

61 Personen sind der Ansicht, dass sie von der KBA zu Selbständigkeit und Ei-geninitiative angehalten werden, insbesondere dadurch, dass sie sich im Rah-men der Ausbildung vieles selbst erfragen, organisieren und erarbeiten müssen, aber auch durch die Gewährleistung selbständigen Arbeitens (z. B. durch Pro-jektarbeit). Von einem/r Befragten wird kritisch angemerkt, dass die KBA die Auszubildenden teilweise zu Selbständigkeit hinführen will, wo diese eigent-lich Unterstützung bräuchten.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 250: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

250

61

51

0

10

20

30

40

50

60

70

Ja Nein o. A.

Begründung für „Ja“ Anzahl Nennungen (N = 61)

man muss viel selbst erfragen, organisieren und erarbeiten 34 ohne Angaben 9 selbständiges Arbeiten gewährleistet 6 viel Projektarbeit (z.B. in BIP’s) 5 wir bekommen Verantwortung aufgetragen 3 wenn man nichts selber macht, passiert nichts 2 KBA geht verstärkt auf Themen ein, die mit Selbständigkeit zu tun 2

haben Begründung für „Nein“: Anzahl Nennungen (N = 5)

ohne Angaben 2 ohne Angaben 2 sehr vieles wird „mundfertig“ vorbereit 1 sehr vieles wird „mundfertig“ vorbereit 1 Selbstständigkeit und Eigeninitiative lerne ich im Fachbereich 1 Selbstständigkeit und Eigeninitiative lerne ich im Fachbereich 1 Ich finde, dass es manchmal an der falschen Stelle eingesetzt 1 Ich finde, dass es manchmal an der falschen Stelle eingesetzt 1

wird: Sie wollen uns zu Selbständigkeit bringen, wo wir Unter- wird: Sie wollen uns zu Selbständigkeit bringen, wo wir Unter- stützung bräuchten stützung bräuchten

Abbildung 16: Ausbildung zu Selbständigkeit und Eigeninitiative Abbildung 16: Ausbildung zu Selbständigkeit und Eigeninitiative

(Anzahl der Nennungen, N = 67) (Anzahl der Nennungen, N = 67)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 251: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

251

Die Auszubildenden wünschen vor allem die tiefergehende Vermittlung von Datenverarbeitung (25%), Sprachen (21%) und Rhetorik (19%). Antworten

Anzahl Nennungen

absolut Datenverarbeitung 25 Sprachen 21 Rhetorik 19 Projektmanagement 14 Persönliche Arbeitstechniken 10 Buchführung 9 Kreativität 9 Telefontraining 8 Konzentration 7 Spezielle Betriebswirtschaftslehre 6 Keine, da ausreichend 3 Vernetztes Denken 3 Lernen lernen 3 Wirtschaftsrechnen 3 Allgemeine Wirtschaftslehre 2

142

Tabelle 16: Tiefergehende Vermittlung von Ausbildungsinhalten (Anzahl der Nennungen, N = 142)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 252: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

252

Sehr viele arbeiten sich jedoch bereits auch schon selbständig in diese drei In-halte ein bzw. haben dies noch vor. Antworten

Anzahl Nennungen

absolut Datenverarbeitung 32 Sprachen 30 Rhetorik 19 Projektmanagement 10 Persönliche Arbeitstechniken 10 Konzentration 10 Telefontraining 7 Buchführung 7 Kreativität 6 Spezielle Betriebswirtschaftslehre 6 Allgemeine Wirtschaftslehre 3 Lernen lernen 3 Vernetztes Denken 3 Wirtschaftsrechnen 1

147

Tabelle 17: Selbständige Einarbeitung in Ausbildungsinhalte (Anzahl der Nennungen, N = 147)

Bei DV-Wissen, das den Auszubildenden durch die KBA vermittelt wurde, werden die Inhalte Allgemeine PC-Grundlagen, Word, Excel, Memo und Be-nutzeroberfläche Windows von der Mehrzahl der Auszubildenden angewandt. Das Intranet und das Präsentationsprogramm PowerPoint werden manchmal gebraucht. Internet und Multimediales Lernen (CBT) wurden erstmals für die Auszubildenden des Ausbildungsjahrgangs 1997 geschult. Das Internet wird dabei vom Großteil der Befragten schon oft im Arbeitsleben benützt, wohinge-gen CBT nur selten praktiziert wird. Etwa zwei Drittel der Befragten nutzt das Datenbankprogramm Access selten bzw. nie.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 253: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

253

Antwort-möglichkeiten

Anzahl Nennungen absolut (prozentual)

sehr oft oft manch-mal

selten nie o. A. Summe

Allgemeine PC-Grundlagen

39 (58%)

10 (15%)

4 (6%)

8 (12%)

5 (7%)

1 (2%)

67 (100%)

Textverarbeitung WORD

48 (72%)

14 (21%)

3 (4%)

2 (3%)

0 (0%)

0 (0%)

67 (100%)

Tabellenkalkulation EXCEL

29 (43%)

12 (18%)

15 (22%)

10 (15%)

0 (0%)

1 (2%)

67 (100%)

Präsentationsprogramm PowerPoint

17 (25%)

13 (19%)

19 (28%)

12 (18%)

6 (9%)

0 (0%)

67 (100%)

Internet (nur im Aus-bildungsjahrgang 1997 vermittelt)

9 (26%)

13 (37%)

8 (23%)

5 (14%)

0 (0%)

0 (0%)

35 (100%)

Intranet 11 (16%)

17 (25%)

19 (28%)

10 (15%)

6 (9%)

4 (6%)

67 (100%)

Elektronische Hauspost MEMO

46 (69%)

16 (24%)

4 (6%)

1 (2%)

0 (0%)

0 (0%)

67 (100%)

Datenbankprogramm ACCESS

3 (4%)

3 (4%)

14 (21%)

22 (33%)

23 (34%)

2 (3%)

67 (100%)

Benutzeroberfläche WINDOWS

34 (51%)

16 (24%)

8 (12%)

3 (4%)

4 (6%)

2 (3%)

67 (100%)

Multimediales Lernen (CBT) (nur im Ausbil-dungsjahrgang 1997 vermittelt)

1 (3%)

1 (3%)

5 (14%)

12 (34%)

8 (23%)

8 (23%)

35 (100%)

Tabelle 18: Anwendung des durch die KBA vermittelten DV-Wissens

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 254: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

254

Eine tiefergehende DV-Vermittlung durch die KBA sollte nach Ansicht der Auszubildenden vor allem in den Ausbildungsinhalten Internet, Access und Excel erfolgen. Antworten

Anzahl Nennungen

absolut Internet 25 Datenbankprogramm ACCESS 19 Tabellenkalkulation EXCEL 16 Intranet 13 Präsentationsprogramm PowerPoint 12 Multimediales Lernen (CBT) 11 Elektronische Hauspost MEMO 7 Textverarbeitung WORD 6 Keines, da ausreichend 4 Benutzeroberfläche WINDOWS 3 Allgemeine PC-Grundlagen 2

118 Tabelle 19: Tiefergehende Vermittlung von Ausbildungsinhalten durch die

KBA (Anzahl der Nennungen, N = 118)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 255: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

255

Zusätzlich zu den Inhalten Internet und Excel möchten sich die Befragten ins-besondere auch noch eigenständig in das Präsentationsprogramm PowerPoint einarbeiten. Antworten

Anzahl Nennungen

absolut Tabellenkalkulation EXCEL 29 Internet 28 Präsentationsprogramm POWER POINT 26 Datenbankprogramm ACCESS 23 Textverarbeitung WORD 20 Intranet 15 Benutzeroberfläche WINDOWS 9 Elektronische Hauspost MEMO 6 Allgemeine PC-Grundlagen 5 Multimediales Lernen (CBT) 3

164

Tabelle 20: Selbständige Einarbeitung in DV-Ausbildungsinhalte (Anzahl der Nennungen, N = 164)

Hinsichtlich der Schulung von sozialer Kompetenz sind 56 der Befragten der Meinung, dass der sozialpädagogische Grundlehrgang mit dem Thema Kom-munikation und Kooperation zu einem verbesserten Kommunikationsverhalten innerhalb ihrer Ausbildungsgruppe beigetragen hat. Im Rahmen dieser gemeinsamen Woche war ein gegenseitiges besseres Kennenlernen möglich, auch auf Grund der räumlichen Nähe. Gezielte Kommunikationstechniken wurden in den einzelnen Schulungseinheiten vermittelt.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 256: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

256

56

83

0

10

20

30

40

50

60

Ja Nein o. A.

Begründung für „Ja“: Anzahl Nennungen (N = 56)

besseres Kennenlernen 32 Vermittlung von Kommunikationstechniken 18 ohne Angaben 5 man wird auf Sachen aufmerksam gemacht, an die man sonst

gar nicht denkt 1 Begründung für „Nein“: Anzahl Nennungen (N = 8)

es war vorher genauso gut 3 ohne Angaben 2 langfristig ist jeder bei seinem Verhalten geblieben 1 die Leute sich nur vor dem Ausbilder geändert haben 1 es gab viele Spannungen 1

Abbildung 17: Nutzen des sozialpädagogischen Grundlehrgangs hinsichtlich des Kommunikationsverhaltens (Anzahl der Nennungen, N = 67)

51 der Auszubildenden geben an, dass der sozialpädagogische Grundlehrgang zu einem verbesserten Kooperationsverhalten ihrer Ausbildungsgruppe beige-tragen hat, 10 verneinen dies. Als Begründung für die Verbesserung werden u.a. ein besseres Kennenlernen sowie die gezielte Vermittlung von Kooperati-onsformen angeführt. Als Begründung für ‚Nein‘ wird beispielsweise gesagt, dass das Kooperationsverhalten vor dem Grundlehrgang bereits genauso gut war.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 257: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

257

51

10 6

0

10

20

30

40

50

60

Ja Nein o. A.

Begründung für „Ja“: Anzahl Nennungen (N = 10)

näheres Kennenlernen 17 durch Seminaraufgaben wurde Kooperation gefördert 3 es wurde viel Gruppen-/Teamarbeit gemacht 2 Vermittlung von Kooperationsformen (z.B. Lösung von Konflikten) 2 man ist längere Zeit zusammen und lernt, sich mit anderen auseinander zu setzen 1 wir haben viel über uns gelernt 1 Probleme in der Ausbildungsgruppe wurden offen angesprochen 1

Begründung für „Nein“: Anzahl Nennungen (N = 10)

es war vorher genauso gut 3 jeder hat sich nur um seine Sachen gekümmert 2 ohne Angaben 1 Gruppenbildung 1 langfristig ist jeder bei seinem Verhalten geblieben 1 Leute haben sich nur vor dem Ausbilder geändert 1 man hat nicht gelernt, wie man das anwenden könnte 1

Abbildung 18: Nutzen des sozialpädagogischen Grundlehrgangs in Bezug auf das Kooperationsverhalten (Anzahl der Nennungen, N = 67)

Insgesamt fühlt sich die Mehrheit der Auszubildenden gut bzw. sehr gut in den sozialen Kompetenzen Kommunikation und Kooperation ausgebildet, wobei

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 258: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

258

die Beurteilung hinsichtlich der Kompetenz Kommunikation etwas besser aus-fällt.

sehr gut22%

gut52%

befriedigend24%

mangelhaft0%

unbefriedigend1%

o. A.1%

Abbildung 19: Beurteilung der Ausbildung von „Kommunikation“ (Anzahl der Nennungen, N = 67)

gut65%

befriedigend13%

sehr gut19%

unbefriedigend3%

mangelhaft0%

Abbildung 20: Beurteilung der Ausbildung von „Kooperation“ (Anzahl der Nennungen, N = 67)

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 259: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

259

Als zusätzliche fachliche Wissensinhalte wünschen sich die Auszubildenden u. a. MS-Exchange, SAP, fachbereichsbezogene Schulungen sowie die Vermitt-lung gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge. Zusätzliche methodische Aus-bildungsinhalte könnten nach Ansicht der Befragten Moderationstechniken, Stressbewältigung sowie Gruppen- bzw. Teamarbeit sein. Hinsichtlich sozialer Wissensgebiete wird insbesondere die Schulung von Problemlösefähigkeit an-geregt. Antworten

Anzahl Nennungen

absolut

Fachlich: MS-Exchange 8 SAP 6 Fachbereichsbezogene Schulungen 4 Gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge 4 Französisch 2 Spanisch 1 Konzerninterne Dinge / Neuerungen 1 Planspiel zum Thema Marketing 1 27

Methodisch: Moderationstechniken 5 Stressbewältigung 2 Gruppen- bzw. Teamarbeit 2 9

Sozial: Problemlösefähigkeit 5 Eigeninitiative 2 Selbständigkeit 1 Charakterforming 1 9

Tabelle 21: Zusätzlich gewünschte Ausbildungsinhalte

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 260: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

260

Fazit Es lässt sich zur fünften Fragestellung zusammenfassen, dass die Auszubilden-den das in der Berufsschule vermittelte Wissen nur zu einem geringen Teil im Arbeitsleben gebrauchen können. Eine Ausnahme stellen das DV-Wissen und die Fremdsprachenkenntnisse dar. Dies spiegelt sich vor allem im Unterrichts-fach Stenografie wider.5 Vor allem durch die neuen Möglichkeiten der Informa-tions- und Kommunikationstechnologien sehen die Auszubildenden (KfB) kei-ne Notwendigkeit zum Erlernen von Stenografie sehen. Dies mag mit ein Grund dafür sein, weshalb dieses Fach bei den meisten Auszubildenden (KfB) sehr unbeliebt ist und sie hier die schlechtesten Noten erhalten. Es erscheint deshalb erforderlich, dass die Berufsschule, die den Entwicklungen der Infor-mations- bzw. Wissensgesellschaft stark hinterherhinkt – die dringend erforder-lichen Veränderungen vornimmt. Dies bedeutet u. a. die Verwendung neuer Technologien, die Förderung selbstgesteuerten und selbstverantworteten Ler-nens und die Verstärkung des Fremdsprachenunterrichts. Darüber hinaus soll-ten Team- und Projektarbeit stärker in den Vordergrund rücken. Fachlich sollte der Lehrplan an die neuen Erfordernisse der Informations- bzw. Wissensgesell-schaft angepasst werden.

Im Hinblick auf die Anforderungen der Arbeitswelt können die in der KBA vermittelten Ausbildungsinhalte der Bereiche soziales Wissen und methodi-sches Wissen gut angewandt werden. Der Inhalt Lernen lernen fällt hierbei et-was ab. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Auszubildenden schon im Laufe ihrer schulischen und eventuell auch beruflichen Vergangenheit Strate-gien im Umgang mit der Informations- und Wissensverarbeitung entwickelt haben, was ihnen bei der Bewältigung der Informations- und Wissensmenge zugute kommt.

Die zunehmende Wichtigkeit von Medienkompetenz und Kommuni-kationsfähigkeit scheinen die Auszubildenden erkannt zu haben, da sie sich vor allem in diese Inhalte verstärkt selber einarbeiten wollen. Mit der Ausbildung der sozialen Kompetenzen Kommunikation und Kooperation sind die Auszu-bildenden sehr zufrieden, so dass davon ausgegangen werden kann, dass hier keine zusätzlichen Maßnahmen seitens der KBA ergriffen werden müssen, um die berufliche Handlungskompetenz zu verbessern.

5 Stenographie wird lediglich beim Ausbildungsberuf KfB vermittelt.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 261: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

261

6 Fazit und Schlussbetrachtung

Für die Förderung der Medienkompetenz sollte das umfangreiche Angebot an DV-Schulungen beibehalten werden, wobei jedoch lediglich eine Einführungs-veranstaltung in die einzelnen EDV-Bausteine gegeben werden sollte. Ihr EDV-Wissen können die Auszubildenden darauf aufbauend selber vertiefen, zum Beispiel durch CBT im PC-Lernstudio. Da die Möglichkeit des selbstge-steuerten Lernens im PC-Lernstudio noch von den wenigsten Auszubildenden wahrgenommen wird, sollte die KBA verstärkt darauf hinarbeiten. Eine Vor-stellung des PC-Lernstudios inklusive seiner Möglichkeiten zum selbstgesteu-erten Wissenserwerb könnte gleich zu Beginn der Ausbildung erfolgen. Dar-über hinaus sollten den Auszubildenden entsprechende Freiräume für einen derartigen Wissenserwerb im Rahmen ihrer Ausbildung zugestanden werden.

Die erstmalig mit den Auszubildenden des Ausbildungsjahrgangs 1997 durch-geführte Internetschulung sollte auch mit den nachfolgenden Ausbildungsjahr-gängen durchgeführt werden. Neben der Vermittlung von praktischen Kennt-nissen und Fertigkeiten wäre es sinnvoll, komplexes Hintergrundwissen zu schulen, aber auch auf mögliche negative Seiten und Grenzen des Internet hin-zuweisen. Insbesondere ist auch die Vermittlung von Kenntnissen für den Um-gang mit Intranet für ein Wissensmanagement unerlässlich, da die Auszubil-denden über das Intranet Zugriff auf organisationales Wissen haben. Im Zuge des Auf- bzw. Ausbaus des Intranet ist auch die Einrichtung eines Forums spe-ziell für Ausbilder und Auszubildende (sämtlicher Ausbildungsberufe und Ausbildungsjahrgänge) denkbar, um auf diese Weise eine gemeinsame Wis-sensbasis zu schaffen.

Um die für das Wissensmanagement erforderliche Bereitschaft zur Multiplizie-rung von Informationen und Wissen zu fördern, könnte eine Einführung in das Thema Wissensmanagement angeboten werden. Für die Umsetzung eines orga-nisationalen Wissensmanagements muss es Anreizmodelle für die Auszubil-denden geben, um Informationen und Wissen weiterzugeben bzw. zur Verfü-gung zu stellen. Denkbar ist deshalb beispielsweise die Berücksichtigung der Wissensverteilung bei der Beurteilung der Auszubildenden, um somit die Be-reitschaft zum Wissens-sharing zu fördern. Hierfür müssen jedoch noch ent-sprechende Messkriterien definiert werden.

Die Entwicklung der für ein Wissensmanagement notwendigen Handlungs-kompetenz kann nur gelingen, wenn sich auch die Berufsschule an den neuen Anforderungen ausrichtet. Insgesamt erhält die Berufsschule von den Auszu-

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 262: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

262

bildenden extrem schlechte Noten. Ob die Berufsschule den notwendigen Handlungsbedarf allerdings erkannt hat, ist eher fraglich. Wie die Ergebnisse der Untersuchung verdeutlichen, liegt der Schwerpunkt der Berufsschule noch zu stark auf der Vermittlung rein deklarativen Wissens, das häufig von den Auszubildenden im Arbeitsleben nicht mehr angewendet werden kann. Die Be-rufsschule sollte deshalb die Wissensgebiete, die sie vermittelt, auf ihre Aktua-lität und Bedeutung in der heutigen Zeit hin überprüfen und gegebenenfalls In-halte aktualisieren oder eliminieren. Diese Notwendigkeit stellt sich vor allem bei dem Fach Stenografie.

Es erscheint uns für die Berufsschule besonders wichtig zu sein, Medien-kompetenz zu vermitteln und dabei auch die neuen Informations- und Kom-munikationstechnologien als methodisches Werkzeug im Unterricht als Tool des Wissensmanagements einzusetzen. Hierfür scheint es wünschenswert, dass die Berufsschullehrer (und Hochschullehrer) hinsichtlich der Bedeutung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien für den Ausbildungs-prozess sensibler werden.

Die Aktualität und Notwendigkeit des Themas Wissensmanagement spiegelt sich nicht zuletzt darin wider, dass Wissensmanagement im Konzernprojekt ‚Herausforderungen zukünftiger Personalarbeit‘ als ein Themenkreis festgelegt wurde, an dem sich die Personal- und Bildungsarbeit bei DaimlerChrysler in den nächsten Jahren orientieren wird (vgl. Daimler-Benz AG 1998).

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 263: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

263

Literatur Aufenanger, S. (1996). Die neuen Medien und die Pädagogik. Tendenzen in der Medienpä-

dagogik. Bildung und Erziehung, 49, 456.

Daimler-Benz AG (1998). Stichwort: Zukunft der Personalarbeit. Fundiertes Wissen. In http://intra2.daimler-benz.com/kom/kom.n.

Diehl, J. M. & Kohr, H. U. (1993). Deskriptive Statistik (10. Auflage). Eschborn.

Forum Info 2000 (Hrsg.). (1997). Bildung und Medienkompetenz im Informationszeitalter. Arbeitsgruppenbericht AG 4. Bonn.

Friedrichs, J. (1980). Methoden empirischer Sozialforschung (14. Auflage). Opladen.

Günther, J. (1998). Multimediale Techniken in der Ausbildung. GdW 9 (1), 24.

Harmer, J. (1991). The Practice of English Language Teaching. London/New York.

Hubig, C. (1998): Informationsselektion und Wissensselektion. In H. D. Bürgel (Hrsg.), Wis-sensmanagement. Schritte zum intelligenten Unternehmen. Berlin.

Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. (1997). Lernumgebung mit neuen Medien gestalten. In W. Günther & H. Mandl (Hrsg.), Telearbeit – Aufgabe und Chance für Bildung und Gesellschaft (S. 105-113). Bonn.

Schätzler, D., Eilingsfeld, F. (1997). Intranets. Firmeninterne Informationssysteme mit In-ternet-Technologie. Heidelberg.

Schnell, R., Hill, P. B. & Esser, E. (1992). Methoden der empirischen Sozialforschung (3. überarbeitete und erweiterte Auflage). München und Wien: Oldenbourg.

Tenbusch, B. & Bracht, R. (1998). Kompetenz im Umgang mit neuen Medien. Personal: Zeitschrift für Human Ressource Management, 5, 224.

Wolf, M. F. (1998). Wissensmanagement und Weiterbildung. In J. Gutmann & K. Schwu-chow (Hrsg.), Jahrbuch Personalentwicklung und Weiterbildung 1998/99. Neuwied.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 264: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 265: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

265

Autorinnen und Autoren Björn Alex, Dr. Er verantwortet als Manager die Business Solution Knowledge Services in der Arthur Andersen Managementberatung GmbH. Bereits im Rah-men seiner Dissertation hat er sich mit der Abbildung von Wissensinhalten in Computersystemen und deren Nutzung zur Lösung von Managementaufgaben befasst. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei Arthur Andersen hat er verschiedene Projekte im Bereich Knowledge Management durchgeführt. Andrea Back, Prof. Dr., Studium der Betriebswirtschaftslehre in Erlangen-Nürnberg. Sie ist Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit be-sonderer Berücksichtigung der Wirtschaftsinformatik und Direktorin des Insti-tuts für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen. Dirk Baecker, Prof., Dr. rer. soc. Studium der Soziologie und Ökonomie in Köln, Paris und Bielefeld. Seit 1996 Reinhard-Mohn-Stiftungsprofessor für Unternehmensführung, Wirtschaftsethik und gesellschaftlichen Wandel an der Universität Witten/Herdecke. eMail: [email protected] Christof Baitsch, Prof., Dr. phil. Er ist Arbeits- und Organisationspsychologe. Seit 1995 ist er Inhaber der Professur für Management des technischen Wan-dels und Personalentwicklung und geschäftsführender Direktor des Instituts für Innovationsmanagement und Personalentwicklung (ifip) an der TU Chemnitz. Dieter Becker, Dipl. Oec. Er ist Manager in der Value Based Management Group der Arthur Andersen Managementberatung GmbH und Koordinator der Mitarbeiter im Bereich Strategy/Finance/Economics der deutschen Praxis. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei Arthur Andersen hat er verschiedene Projekte ins-besondere im Bereich Balanced Scorecard / Value Based Performance Mana-gement durchgeführt.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 266: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

266

Andrea Fried, Dipl.-Kff. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre und Wirt-schaftspädagogik an der Universität Jena. Sie forscht und lehrt seit 1997 am In-stitut für Innovationsmanagement und Personalentwicklung (ifip) an der TU Chemnitz. Klaus Götz, Univ. Doz., Dr. phil., Dipl.-Päd. Studium der Pädagogik, Psycho-logie und Philosophie in Eichstätt, Wolverhampton, Wien und Regensburg. Er ist Leiter “Managementkonzepte” bei “Personal Zentrale” der DaimlerChrysler AG. Gastprofessuren an den Universitäten Graz, Klagenfurt, Innsbruck und Zü-rich. Heiko Hilse, Dipl.-Psych. Studium der Psychologie und Soziologie an den U-niversitäten Konstanz und Bielefeld sowie an der Rutgers University (New Jer-sey, USA). Diverse Forschungs- und Praxisprojekte bei DaimlerChrysler und McKinsey. Ab September 1999 Assistent am Deutsche Bank Institut für Fami-lienunternehmen (Universität Witten/Herdecke). Anette Hilt, Dipl.-Betriebswirtin (FH). Sie studierte an der Fachhochschule Nürtingen und war 1998 Diplomandin in der Daimler-Benz AG. Gegenwärtig ist sie im Personalbereich der ELCO Klöckner Heiztechnik GmbH als Perso-nalreferentin tätig (Schwerpunkte: Ausbildung und Personalbetreuung). Markus Krauter und Ingrid Kreitmeier sind die geschäftsführenden Gesell-schafter der Firma HR Solutions. Beide blicken auf eine langjährige Erfahrung in großen, international tätigen Unternehmen zurück. Ihre Spezialisierung im Umfeld Human Resources Management und Knowledgemanagement beruht auf umfangreichen Erfahrungen und der Verantwortung für Entwicklung, Ein-führung und Betrieb groupwarebasierter Lösungen. Im Rahmen ihrer Ge-schäftstätigkeit bieten die Autoren Beratung, Konzeption und Realisierung von Knowledgemanagement-Lösungen an. Georg von Krogh, Prof. Dr., Management-Studium in Trondheim. Er ist In-haber des Lehrstuhls Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung der Managementlehre und Direktor des Instituts für Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 267: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

267

Christoph Lüthge, M.A., Dr. phil., Jahrgang 1969. 1990 bis 1996 Studium der Wirtschaftsinformatik (1996 Abschluss Dipl.-Wirtsch.-Inform.) und Philoso-phie (1996 Abschluß M.A.) in Braunschweig, Paris, Göttingen. 1996 bis 1999 Promotionsstudium mit einem Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes in Berlin und Braunschweig. Forschungsaufenthalte in Pittsburgh und San Diego. 1999 Promotion über “Ökonomische Wissenschaftstheorie”. Z. Zt. Mitarbeiter am Seminar für Philosophie der TU Braunschweig. Forschungs-schwerpunkte sind Wissenschaftstheorie, Wirtschaftsethik und Philosophie der Sozialwissenschaften. Wolfgang Neuser, Univ.-Prof. Dr. phil. Dipl.-Phys. Studium der Physik, Ast-ronomie, Philosophie und Wissenschaftsgeschichte in Tübingen, München, Heidelberg, Kassel. Er ist Professur für Philosophie mit besonderer Berücksich-tigung der Philosophie der Naturwissenschaften und der Technik an der Uni-versität Kaiserslautern. Gastprofessuren am Wissenschaftlichen Zentrum III (Mensch, Umwelt, Technik) Universität GH Kassel (1990) und seit 1992 re-gelmäßig an der Pontifícia Universidade Católica Do Rio Grande Do Sul (PUCRS), Porto Alegre, Brasilien. Peter Pawlowsky, Prof. Dr. rer. pol. Jahrgang 1954. Studium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in den USA, Schweden und Deutschland. Seit 1994 ist er Lehrstuhlinhaber ”Personal und Führung” an der TU Chemnitz und Di-rektor der Forschungsstelle. Andreas Seufert, Dr., Studium der Betriebswirtschaftslehre in Erlangen-Nürnberg. Er ist vollamtlicher Dozent für Informationsmanagement und Pro-jektleiter KnowledgeSource an der Universität St. Gallen. Christoph Soukup, geboren 1970, war von Juli 1996 bis Juni 1999 Doktorand bei der DaimlerChrysler AG, Stuttgart (Thema seiner Dissertation: “Wissens-management – Wissen zwischen Steuerung und Selbstorganisation”). Daneben Mitarbeit in (internen) Beratungsprojekten und Konzeptentwicklungen: Metho-denentwicklung und Anwendungsbegleitung Prozeß-Steuerungs-Indikator, 360°-Feedback für Führungskräfte, beratende Aktivitäten rund um Fragen des Managements von Wissen. Seit September 1999 ist er als “Organisator” Mitar-beiter der MCC smart GmbH, Renningen.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 268: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

268

Jan Stratmann, Dipl. Kfm. Er ist Partner der Arthur Andersen Managementbe-ratung GmbH und verantwortet den Geschäftsbereich Growth, zu welchem die Business Solution Knowledge Services gehört. Er ist Experte im Bereich Knowledge Management und lernende Organisation. Durch seine enge Zu-sammenarbeit mit Peter Senge vom MIT beschäftigt er sich schon seit mehre-ren Jahren mit Knowlege Management. Helmut Willke, Prof. Dr., Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Zwölf Bücher, über hundert Artikel. Gastprofessuren in Washington, Genf und Wien. Arbeitsschwerpunkte Staatstheorie, Systemtheorie, Wissensmanagement. Langjährige Praxis als Berater und Supervisor.

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 269: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 270: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Managementkonzepte Die Reihe Managementkonzepte versucht den Dialog hrsg. von Klaus Götz zwischen Praxis und Wissenschaft sowie zwischen Wirt-

schaft und Gesellschaft zu fördern. Es geht um die Publi-kation theoriegeleiteter und praxisrelevanter Konzepte aus den Bereichen „Lernen”, „Bildung” und „Entwicklung” (Organisations-, Management- und Personalentwicklung).

1 Klaus Götz: Führungskultur. Teil 1: Die individuelle Perspektive ISBN 3-87988-476-5, 3. Auflage 2000, Hardcover, 144 S., EURO 17.80

2 Klaus Götz: Führungskultur. Teil 2: Die organisationale Perspektive ISBN 3-87988-388-2, 2. Auflage 1999, Hardcover, 144 S., EURO 17.80

3 Helga Diel-Khalil, Klaus Götz: Ethnologie und Organisationsentwicklung ISBN 3-87988-415-3, 2. Auflage 1999, Hardcover, 128 S., EURO 14.80

4 Klaus Götz, Monika Löwe, Sebastian Schuh, Martina Szautner (Hg.): Cultural Change

ISBN 3-87988-397-1, 2. Auflage 1999, Hardcover, 122 S., EURO 14.80

5 Klaus Götz: Kunden- und unternehmensorientierte Führung und Führungskräfteförderung in der Mercedes-Benz AG

ISBN 3-87988-393-9, 3. Auflage 1999, Hardcover, 189 S., EURO 19.55

6 Jana Leidenfrost, Klaus Götz, Gerhard Hellmeister: Persönlichkeitstrainings im Management. Methoden, subjektive Erfolgskriterien und Wirkungen

ISBN 3-87988-444-7, 2. Auflage 2000, Hardcover, 219 S., EURO 19.55

7 Peter Heintel, Klaus Götz: Das Verhältnis von Institution und Organisation. Zur Dialektik von Abhängigkeit und Zwang

ISBN 3-87988-465-X, 2. Auflage 2000, Hardcover, 288 S., EURO 22.70

8 Klaus Götz (Hg.): Interkulturelles Lernen / Interkulturelles Training ISBN 3-87988-609-1, 4. Auflage 2002, Hardcover, 268 S., EURO 27.20

9 Klaus Götz (Hg.): Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen ISBN 3-87988-610-5, 4. Auflage 2002, Hardcover, 268 S., EURO 27.20

10 Klaus Götz: Vom Paradies zur Apokalypse? Organisationen zwischen Steinzeit und Endzeit

ISBN 3-87988-429-3, 2000, Hardcover, 64 S., EURO 12.50

11 Klaus Götz, Josef Seifert (Hg.): Verantwortung in Wirtschaft und Gesellschaft ISBN 3-87988-448-X, 2000, Hardcover, 185 S., EURO 19.55

12 Paul Jay Edelson: Weiterbildung in den USA ISBN 3-87988-454-4, 2000, Hardcover, 68 S., EURO 12.50

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 271: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

13 Klaus Götz, Jens Uwe Martens (Hg.): Elektronische Medien als Managementinstrument ISBN 3-87988-470-6, 2000, Hardcover, 134 S., EURO 17.80

14 Hansjosten, Heiko: Lohnt sich die betriebliche Ausbildung?

Eine Studie am Beispiel der DaimlerChrysler AG ISBN 3-87988-489-7, 2000, Softcover, 317 S., EURO 29.65

15 Klaus Götz, Kiyoharu Iwai (Hg.): Entwicklung und Struktur des japanischen Managementsystems ISBN 3-87988-499-4, 2000, Hardcover, 176 S., EURO 19.55

16 Klaus Götz: Human Resource Development.

Band 1: Theorie - Qualität – Transfer – Innovation ISBN 3-87988-512-5, 2000, Hardcover, 174 S., EURO 19.55

17 Klaus Götz u.a.: Human Resource Development.

Band 2: Prozesse – Personen – Strukturen – Systeme ISBN 3-87988-514-1, 2000, Hardcover, 174 S., EURO 19.55

18 Gottfried Böttger, Klaus Götz, Wolfgang Hesse, Markus Hug (Hg.): Globalisierung und Nachhaltigkeit: Wandel als Chance ISBN 3-87988-528-1, 2000, Hardcover, 165 S., EURO 17.80

19 Gottfried Böttger, Klaus Götz, Wolfgang Hesse, Markus Hug (Hg.): Politik und Weltgesellschaft: Globalisierung als Chance ISBN 3-87988-529-X, 2000, Hardcover, 148 S., EURO 17.80

20 Martha Friedenthal-Haase (Hg.): Erwachsenenbildung im 20. Jahrhundert – Was war wesentlich?

Beiträge zu einer Ringvorlesung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ISBN 3-87988-530-3, 2000, Hardcover, 310 S., EURO 24.80

21 Otmar Preuß: Schule halten: vom Abenteuer, Lehrer zu sein ISBN 3-87988-553-2, 2001, Hardcover, 256 S., EURO 27.20

22 Klaus Götz: Zur Evaluierung betrieblicher Weiterbildung Band 1: Theoretische Grundlagen ISBN 3-87988-592-3, 2001, Hardcover, 191 S., EURO 24.80

23 Klaus Götz: Zur Evaluierung betrieblicher Weiterbildung Band 2: Empirische Untersuchungen ISBN 3-87988-593-1, 2001, Hardcover, 205 S., EURO 24.80

24 Klaus Götz: Zur Evaluierung betrieblicher Weiterbildung Band 3: Beispiele aus der Praxis ISBN 3-87988-594-X, 2001, Hardcover, 141 S., EURO 22.70

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de

Page 272: Klaus Götz (Hg.) Wissensmanagement: Zwischen Wissen und ... · Wissensmanagement: Zwischen Wissen und Nichtwissen Managementkonzepte, hrsg. von Klaus Götz, Band 9 ... können, wenn

Dieses eBook ist lizenziert für Uni DuisburgAlle Rechte vorbehalten. © Rainer Hampp Verlag, Download vom 14.09.2013 22:49, www.wiso-net.de