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Jahresrückblick Schwarzkopf-Stiſtung 2015

Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

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Page 1: Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

JahresrückblickSchwarzkopf-Stiftung

2015

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Inhalt1. Europa entdecken: Seminare, Kurse und Reisen 8

2. Europa gestalten: European Youth Parliament 22

3. Europa diskutieren: Diskussionsveranstaltungen 36

4. Europa verteidigen: Vielfalt macht Europa 48

5. Europa feiern: Preise und Feste 60

6. Vorstand und Team 68

7. Förderer und Kooperationspartner 70

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Das Jahr 2015

Unsere Arbeit in Zahlen

2 neue Mitarbeiterinnen

54 ausgebuchte Diskussionsveranstaltungen

10 Theater- und Filmvorführungen

4 Bundesminister*innen zu Gast289 EU-Kompakt-Kurse

40 Mitgliedsorganisationen im European Youth Parliament

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1.000 Veranstaltungen

1 EYP Long-Term-Strategy

1 Demonstration

50.000 erreichte Jugendliche in Europa

1 Programm der Östlichen Partnerschaft

90 Seminare zur Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU

1 Stiftungskonferenz mit dem Auswärtigen Amt26 Reisestipendien

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„Ich halte es für sehr wichtig, junge Menschen darin zu bestärken, für ein tolerantes und demokratisches Europa einzutreten. Die Aktivitäten der Schwarz-kopf-Stiftung tragen dazu bei, die für Europa so wichti-ge Vielfalt zu fördern und sich den Herausforderungen und Chancen, die mit Europa verbunden sind, zu wid-men.“

Manuela Schwesig Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 22. Januar 2015

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Freundinnen der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa,

es bleibt dabei: Mehr Europa bitte!

Im vergangenen Jahr haben wir in der Schwarzkopf-Stiftung das 25-jährige Jubiläum der deut-schen Wiedervereinigung gefeiert. Wir haben in der Nikolaikirche in Leipzig gemeinsam mit Hunderten Jugendlichen aus ganz Europa gefeiert, dass Mauern und Grenzzäune überwunden wurden und die Freiheit eines unserer wichtigsten Güter ist. Wir haben ein vereintes Deutschland in einem offenen und solidarischen Europa gefeiert. Das ist ein politisches Projekt, dem sich die Schwarzkopf-Stiftung mit all ihren Aktivitäten verpflichtet fühlt.

Im Angesicht der historischen Erfahrungen in Europa kann es auch in Zukunft nur darum gehen, keine neuen Grenzen zu errichten, sondern ein Europa der Vielfalt auf der Basis gemeinsamer Werte zu gestalten. Seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 haben bereits mehrere Generationen das Haus Europa mitgestaltet. Sie haben gemeinsam eine in der Welt bewunderte, neue politische Idee entwickelt, die das friedliche Zusammenleben auf unse-rem Kontinent gewährleistet. Diese Errungenschaft darf nicht durch nationale Ängste aufs Spiel gesetzt werden. Der Rückfall der Politik und vieler Bürger*innen in einzelstaatliche Handlungs-ansätze gefährdet unser gemeinsames Fundament. Jetzt sind die Freund*innen Europas mehr denn je gefragt, das bisher Erreichte zu verteidigen. Mit den Aktivitäten der Schwarzkopf-Stiftung haben wir in 2015 mit fast 1.000 Veranstaltungen und 50.000 Teilnehmenden in 40 europäischen Ländern unseren Beitrag zu einer kritischen und konstruktiven Diskussionskultur in Europa ge-leistet.

In der unmittelbaren Zukunft werden die Menschen in Großbritannien über den Verbleib des Landes in der EU abstimmen. Weitere Menschen werden nach Europa flüchten, um Schutz vor Gewalt, Krieg und Terror zu finden. Um allen Menschen in Europa vielfältige Zukunftsperspekti-ven zu bieten, wünsche ich mir für das kommende Jahr mehr europäischen Enthusiasmus – und, dass wir alle nicht vergessen, wie weit wir bereits gemeinsam gekommen sind.

Vive l‘Europe

André Schmitz-Schwarzkopf Vorstandsvorsitzender

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Im Kurzprofil: Die Schwarzkopf-StiftungDie überparteiliche Schwarz-kopf-Stiftung Junges Europa wur-de 1971 von Pauline Schwarzkopf in Hamburg gegründet. Stiftungs-zweck ist die Förderung der Ent-wicklung junger Menschen zu politisch bewussten und verant-wortungsbereiten Persönlichkei-ten mit dem Ziel der Stärkung des europäischen Gedankens, der ge-samteuropäischen Völkerverstän-digung und der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Antisemitis-mus und Rassismus.

Der Schwarzkopf-Stiftung ist es ein Anliegen, einen echten Raum für den Dialog von jungen Menschen zwischen 16 und 28 Jahren mit Per-sönlichkeiten des politischen, wirt-

schaftlichen und kulturellen Le-bens zu schaffen. Wir liefern jungen Menschen grundlegende Informa-tionen, historische Hintergründe und Kontexte, die in zwei Förderli-nien der Stiftung definiert sind. Wir diskutieren über europapolitisch relevante und für junge Menschen wichtige Themen. Wir bieten Ju-gendlichen die Möglichkeit, sich für die europäische Idee zu enga-gieren. Darüber hinaus ermutigen wir Schüler*innen zu Toleranz und Zivilcourage und binden sie in die Aufarbeitung der deutschen Ge-schichte des 20. Jahrhunderts aktiv mit ein.

Mit diesen Zielen führen wir Vor-tragsveranstaltungen, Seminare

und internationale Jugendparla-mente durch. Wir besuchen Bot-schaften, Ausstellungen und gehen mit unseren EU-Kompakt-Kursen direkt in Schulen. Zudem vergeben wir Reisestipendien und jährlich die Preise „Junge*r Europäer*in des Jahres“, den „Schwarzkopf-Eu-ropa-Preis“ und den „Margot-Fried-länder-Preis“.

Seit dem Jahr 2004 ist das Euro-pean Youth Parliament ein Projekt der Schwarzkopf-Stiftung, das den Dialog zwischen Jugendlichen eu-ropaweit fördert. Internationale Jugendparlamente vernetzen en-gagierte junge Europäer und brin-gen sie in Kontakt, um einen regen Austausch über Europa zu führen.

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Unser Jahr 2015Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zuge der existenziellen Herausforderungen, mit denen sich Europa im vergangenen Jahr konfrontiert sah, war 2015 ein außergewöhnliches Jahr für die Schwarzkopf-Stiftung Junges Eu-ropa. Programmatisch standen insbesondere Fragen der europäischen Asyl- und Flüchtlingspo-litik sowie der europäische Dialog mit den Ländern der Östlichen Partnerschaft im Vordergrund unserer Arbeit.

Gleichzeitig haben wir neue Formate umgesetzt, um unter dem Titel „Vielfalt macht Europa“ Rechtspopulismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auf europäischer Ebene be-gegnen zu können, etwa mit dem neuen Seminar angebot zur Asyl- und Flüchtlingspolitik in Schulen sowie Vernetzungstreffen für europapolitische Jugendbildner*innen.

Auch in 2016 wird es unser Ziel sein, mit vielen jungen Menschen ein gemeinsames Europa kri-tisch und konstruktiv zu diskutieren und auf der Basis von Dialog, Austausch und guten Projek-tideen unseren Beitrag zu einem offenen, solidarischen und inklusiven Europa zu leisten. Dar-über hinaus wird es uns ein Anliegen sein, junge Menschen über die Grenzen der Europäischen Union hinaus miteinander zu vernetzen, etwa durch den andauernden Dialog in den Ländern der Östlichen Partnerschaft.

Dank gilt den vielen Freunden, Ideen- und Kooperationspartnern der Stiftung, ohne die unsere politische Bildungsarbeit nicht möglich wäre. Ihre anhaltende und wichtige Unterstützung er-möglichte es uns auch in diesem Jahr, wieder Tausende Jugendliche mit unserer Projektarbeit zu erreichen. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen.

Ihre

Anne Rolvering Geschäftsführerin

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Europa EntDEckEn: sEminarprogramm unD rEisEstipEnDiEn

Zahlen & Fakten

289 EU-Kompakt-Kurse

7.291 erreichte Jugendliche

66 EU-Kompakt-Kurs-Trainer*innen in Deutschland und Europa

5 neue europäische Trainer-Teams

1 neue Kursregion in Deutschland

Das vielseitige Seminarprogramm der Schwarzkopf-Stiftung findet in Schu-len und damit direkt im Alltag der jungen Europäer*innen statt. Junge Trai-ner*innen mit europäischen Biografien und Studienhintergründen führen die Seminare eigenständig durch. Die EU-Kompakt-Kurse vermitteln dabei Grundlagenwissen zur Europäischen Union und eröffnen den Raum für die Diskussion aktueller europäischer Themen. Neben allgemeinbildenden Schulen finden die EU-Kompakt-Kurse verstärkt in Berufsschulen statt.

Die europäische Asylpolitik war für die Schüler*innen im vergangenen Jahr ein besonders wichtiges Thema und daher auch Schwerpunktthema der Vertiefungsseminare, die sich am Beispiel eines europapolitischen Poli-tikfeldes an den EU-Kompakt-Kurs anschließen. Auch der neu entwickelte Workshop zum Thema „Wie kann ich mich in der EU beteiligen?“, der Ju-gendliche interessenbezogen an konkrete politische Beteiligungsmöglich-keiten in Europa heranführt, fand großen Anklang.

Auch in 2015 konnten weitere Projektregionen erschlossen werden: Mit dem Aufbau eines Hamburger EU-Kompakt-Kurs-Teams etablierte sich die dritte deutsche Kursregion. In Partnerschaft mit dem Europäischen Ju-gendparlament haben sich außerdem internationale Trainer-Teams gebil-det, um EU-Kompakt-Kurse an Schulen in ganz Europa umzusetzen.

Europa entdecken – das ermöglichen wir auch mit unseren Reisestipen-dien für Jugendliche und ihre individuellen Projektreisen, die sie in Bezie-hung zu einem Thema der europäischen Politik ihrer Wahl setzen.

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Europa EntDEckEn

Einige Trainer*innenDie jungen Seminar-Trainer*innen von Europa Verstehen und den Kur-sen zur europäischen Asylpolitik engagieren sich in vier Bundes-ländern und zwölf europäischen Ländern, um Jugendlichen grund-

legende europapolitische Kennt-nisse zu vermitteln und eine offene Diskussion über aktuelle Zukunfts-fragen anzuregen. Die Trainer*in-nen bringen vielfältige europäische und gesellschaftspolitische Erfah-

rungen mit und wollen Jugendli-che ermutigen, europäische Politik mitzugestalten.

Suheib Qaderi, 22, ist Mitglied im Europa Verstehen-Team in Berlin und Brandenburg. Der ehemalige Stipendiat der START-Stiftung ist mehrspra-chig mit Deutsch und Pachto aufgewachsen und studiert deutsches und daneben euro-päisches Recht an der Hum-boldt European Law School in Berlin. Vermitteln möchte er Jugendlichen, warum das Kon-zept einer vertrauensbasierten Staatengemeinschaft in Europa heute zu erhalten und weiterzu-

entwickeln ist.

Jascha Kolster, 24, ist Semi-nartrainer im 2015 neu auf-gebauten Hamburger Europa Verstehen-Team. Er studiert Sozialökonomie in Hamburg, ist im geschäftsführenden Vorstand des Magnus-Hirsch-feld-Centrums (e.V.) und war für den Verein 2014 an der Grün-dung des Bundesverbandes Queere Bildung e.V. beteiligt. Europa Verstehen bedeutet für ihn unter anderem transpa-renter zu vermitteln, wo und wie nationale Regierungen und Mitgliedsstaaten an Entschei-dungen auf europäischer Ebene mitwirken.

Szidonia Merkwart, 18, kommt aus Ungarn und bemerkte wäh-rend ihrer Schulzeit, wie gering das Interesse an und die Kennt-nisse über die EU sind. Dieses Desinteresse würde durch das bisherige Scheitern einer ge-meinsamen Lösung in der ak-tuellen Migrationsdebatte und den steigenden Euroskeptizis-mus in Ungarn intensiviert, so Szidonia. Mit dem Europa Ver-stehen-Projekt will sie Schülern die Arbeit der EU näherbringen, damit diese sich selbst ein Bild der Europäischen Union ma-chen können.

Katja Pichugova, 30, kommt aus Russland und hat nach ei-nem Pädagogik-Studium in Je-katerinburg in diesem Jahr ihren Master in „European Culture and Economy“ an der Ruhr-Univer-sität Bochum abgeschlossen. Als Alumni im Europa Verste-hen-Team Nordrhein-Westfalen unterstützt sie die jährlichen Trai-nerfortbildungen der jungen Peers und ist seit 2015 Teil des Trainerteams, das die Vertie-fungsseminare zur Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU erstmals nach Nordrhein-Westfalen und im Dezember 2015 als Pilotprojekt

nach Sachsen gebracht hat.

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Suheib Qaderi

Jascha KolsterKatja Pichugova

Szidonia Merkwart

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Europa EntDEckEn

Qualifizierungskonzept im SeminarprogrammDie EU-Kompakt-Kurs-Trainer*in-nen bringen vielfältige Erfahrun-gen mit. Sie haben beispielswei-se eigene (außer-)europäische Migrationsgeschichten und sind in verschiedenen Jugendorgani-sationen, Parteien, Vereinen und Initiativen engagiert. Die Quali-fizierung soll die Trainer*innen dabei unterstützen, ihre europä-ischen Erfahrungen zu reflektie-ren, ihr Engagement auszubauen, ihr EU-Fachwissen zu vertiefen und Methoden der politischen Bil-dungsarbeit erfolgreich anzuwen-den.

Europäische Perspektiven

Methoden der Europabil-

dung

Beteiligung in Europa

Europa-politisches Fachwissen

Dimensionen der Trainer-Qualifizierung12

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Train-the-TrainerIm Rahmen halbjährlicher Trainer-schulungen diskutieren die Trai-ner*innen mit Expert*innen über aktuelle Schülerfragen. „Wie kam es zur Eurokrise?“ war eine der Fra-gen, welche die Trainer*innen bei dem Sommertraining 2015 mit Jörg Haas, wissenschaftlicher Mitarbei-ter am Jacques Delors Institut Ber-lin, diskutierten. Um europäische Themen interaktiv zu vermitteln, erprobten die Trainer*innen neue Methoden. Nicht zuletzt förderten Team-Building-Einheiten die ver-trauensvolle Zusammenarbeit im Team.

Trainer-Tandems Im August 2015 begannen 18 neue Trainer*innen ihre Arbeit. Die erfah-renen Trainer*innen übernahmen die Einarbeitung ihrer Kolleg*in-nen. Die neuen Trainer*innen konn-ten dabei zunächst in eine Beob-achtungsrolle schlüpfen oder erste Einheiten im Tandem moderieren.

ReflexionstreffenDie Trainer*innen kommen regel-mäßig zusammen, um über Er-folge und Herausforderungen der Kursdurchführung zu sprechen. Im Jahr 2015 fanden sechs regionale und ein überregionales Treffen zum Jahresrückblick statt. Das Feed-back bildet die Grundlage, um die Kurse kontinuierlich weiterzuent-wickeln.

FachveranstaltungenDie Trainer*innen üben sich über die EU-Kompakt-Kurse hinaus als junge europapolitische Expert*in-nen. Beim Fachforum 2015 „Euro-pa vermitteln heute: einfach.neu.anders!?“ stellte Frederik Mangels, EU-Kompakt-Kurs-Trainer, aus-gewählte Methoden aus dem EU-Kompakt-Kurs vor.

FORMATE DER TRAINER- QUALIFIZIERUNG

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Europa EntDEckEn

EU-Kompakt-Kurs: Nur wer informiert ist, kann auch aktiv werdenAusgangspunkt der EU-Kom-pakt-Kurse sind die aktuellen europäischen Fragen der Schü-ler*innen: „Warum wurde die EU gegründet?“ „Welche Kriterien muss ein Land erfüllen, um der EU beizutreten?“ „Wie viel Einfluss hat die EU auf den Rest der Welt?“ Die EU-Kompakt-Kurs-Trainer*innen sammeln die häufigsten Schüler-fragen aus den EU-Kompakt-Kur-

sen. Die Fragen der Schüler*innen fließen anschließend in die Kurs-materialien ein, die einmal im Jahr überarbeitet werden. Alle Trai-ner*innen bringen ihre Erfahrun-gen aus der Arbeit mit den Schü-ler*innen sowie ihre inhaltlichen Ideen konzeptionell in die Materi-alentwicklung mit ein. In diesem Jahr war das Thema „Beteiligung in Europa“ ein neuer Schwerpunkt

des EU-Kompakt-Kurses. Das neue Kursmaterial leistet einen Beitrag dazu, mehr junge Stimmen in euro-päische Diskussionen zu bringen. Beteiligung in Europa ist vielseitig und findet nicht nur an der Wahlur-ne statt. Zu der Leitfrage „Wie kann ich mitwirken in der EU?“ wurden daher ein neuer Workshop inner-halb des EU-Kompakt-Kurses so-wie ein kurzer Info-Clip entwickelt.

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Europapolitische GrundlagenDer EU-Kompakt-Kurs behandelt die wichtigsten Meilensteine der europäischen Integrationsge-schichte. Anhand eines Zahlen-strahls diskutieren die Schüler*in-nen Sternstunden und Krisen seit Gründung der EU. Die Akteure und Zuständigkeiten in der EU lernen die Kursteilnehmer*innen bei ei-nem Speeddating und anhand von Gesetzesbeispielen kennen.

Schülerfragen zu EuropaOffene Fragerunden zu Europa stellen es den Jugendlichen in den EU-Kompakt-Kursen frei, bedarfs-orientiert zu entscheiden, zu wel-chem Bereich sie sich mehr Wissen aneignen möchten. Die Schülerin-teressen dienen im Weiteren dann als Leitlinien bei der Entwicklung neuer Materialeinheiten – wie zum Beispiel beim Workshop „Wie kann ich in der EU mitwirken?“.

Methodenheft für Lehrer*innenHäufig fragen Lehrer*innen unse-re Trainer*innen im Anschluss an den EU-Kompakt-Kurs nach weiter-führenden Materialien für den Un-terricht. Gemeinsam mit unseren Trainer*innen wurden Ideen ent-wickelt, wie zentrale Schülerfragen aus den vierstündigen EU-Kom-pakt-Kursen im Unterricht erarbei-tet und diskutiert werden können.

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Seminar zur Asyl- und Flüchtlingspolitik der EUFast 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Welche Gründe veranlassen Menschen, aus ihrer Heimat zu fliehen, und wer wird überhaupt als Flüchtling anerkannt? Mit dem Kursangebot zur Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU bieten die jungen Peer-Trai-ner*innen der Schwarzkopf-Stif-tung Jugendlichen seit 2014 me-thodisch interaktive und vielfältige

Zugänge zum Thema Flucht und Asyl in Europa. Wie geht die EU mit ihren Schutzsuchenden um? Endet „der Raum der Freiheit, der Sicher-heit und des Rechts“ an Europas Außengrenzen? Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) wird als dynamisches Politikfeld begreifbar. Im Sommer 2015 wur-de das bestehende Kursmaterial zusammen mit Peer-Trainer*innen

inhaltlich und didaktisch überar-beitet. Grundlage für die Aktuali-sierung waren die durchgehend dokumentierten „Schülerfra-gen“ aus unseren Seminaren, die Evaluationen der Seminare sowie Empfehlungen aus einem Treffen mit Expert*innen der Migrations-forschung und der Politikdidaktik.

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BegegnungsprojektIn Berlin und Brandenburg wird das Seminar bereits seit 2014 mit ei-nem im Anschluss moderierten Ge-spräch mit Asylsuchenden in einer Berliner Notunterkunft angeboten. 2015 konnte das Seminar erstmals mit Unterstützung des Bundespro-gramms „Demokratie leben!“ des Bundesfamilienministeriums auch in zwei weiteren Regionen angebo-ten werden: Sachsen und NRW.

Perspektivenwech-sel Das vierstündige Seminar zielt da-rauf ab, die Situation von Geflüch-teten in Deutschland für Jugend-liche nachvollziehbar zu machen. Der Anstieg von Gewalt und Über-griffen gegenüber Flüchtlings-unterkünften und geflüchteten Menschen gibt mit einer eigenen Themenkarte einen zentralen Dis-kussionsimpuls zu den Folgen von gruppenbezogener Menschen-feindlichkeit.

Einblicke in ein eu-ropäisches Politik-feldIn drei parallelen Workshops erar-beiten die Jugendlichen die Ent-stehung des Flüchtlingsrechts auf europäischer Ebene, sie diskutie-ren in einem Rollenspiel Vorschlä-ge der EU-Kommission zur Lösung der Flüchtlingskrise im Mittelmeer und lernen, einen multiperspekti-vischen Blick auf den rechtlichen Ablauf des Asylverfahrens und das Spannungsfeld zwischen individu-ellen Fluchtgründen und gesetzlich anerkannten Asylgründen zu erar-beiten.

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Europa EntDEckEn

EU-Kompakt-Kurs internationalDie EU-Kompakt-Kurse finden in Zusammenarbeit mit dem European Youth Parliament (EYP) außer in Deutschland noch in elf weiteren europäischen Län-dern statt. Ein junges und erfolgreiches Projekt über Europa wird so von Jugendlichen an Jugendliche wei-tergegeben und auch auf der europäischen Ebene ak-tiv umgesetzt.

Auf zwei Schulungen im Frühjahr und Herbst 2015 kamen die internationalen Koordinatoren aus elf Län-dern in Berlin zusammen, um sie für das ehrenamt-liche Management des Projekts und der Implemen-tierung im eigenen Land zu befähigen. Im Speziellen fokussierten sich die Schulungen auf den Aufbau ei-nes länderspezifischen Trainer-Teams, interne und ex-terne Projektkommunikation sowie Fundraising. Die Kursmaterialien werden den Gegebenheiten in den jeweiligen Ländern angepasst und übersetzt.

ItalienIn Italien konnte das Projektteam in Zusammen-arbeit mit dem European Youth Parliament seit Anfang 2014 besondere Erfolge verbuchen. Zum ersten Mal konnten Veranstaltungen für Jugend-liche zwischen 15 und 17 Jahren im ländlich ge-prägten Süden Italiens sowie auf den Inseln Sar-dinien und Sizilien angeboten werden.

Frankreich„Dieses Projekt hilft Schülern der sekundären Oberstufe auf vielerlei Weise. Es hilft ihnen, Eu-ropa zu entdecken, sich darüber auszutauschen, sich zu engagieren und die europäischen Länder zu bereisen. Ich finde es wirklich sehr gut.“ (Leh-rer, Marseille, Frankreich)

Seit Anfang 2015 arbeitet ein Projektteam mit insbesondere drei Berufsschulen in sozialen Brennpunkten zusammen, um ihnen mit franzö-sischen Kursmaterialien aktuelle Entwicklungen und Debatten europäischer Politik näherzubrin-gen.

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UkraineDie Delegation der Europäischen Union in der Ukraine und das Ministerium für Bildung, Ju-gend und Sport unterstützen die Durchführung der EU-Kompakt-Kurse in der sekundären Ober-stufe sowie in Universitäten. In Zusammenarbeit mit dem European Youth Parliament konnten viele Regionen der Ukraine wie Chernihiv, Khar-kiv, Kryvyi Rih, Izmail, Sumy, Dnipropetrovsk, Zaporizhia und Odessa erreicht werden.

Bosnien und HerzegowinaJunge Schüler*innen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren können seit Ende 2015 das Angebot der EU-Kompakt-Kurse auf Bosnisch und Ser-bisch wahrnehmen. Mit Unterstützung des Goe-the-Instituts vor Ort bauen die Projektkoordina-toren Trainer*innen-Teams für die vier größten Städte Mostar, Banja Luka, Tuzla, Zenica sowie die Hauptstadt Sarajewo auf.

AserbaidschanIn Aserbaidschan bietet das Trainer*innen-Team seit Sommer 2015 für alle Interessenten zwi-schen 15 und 25 Jahren einen kompakten Ein-blick auf Englisch in die europäische Geschichte sowie die Institutionen und Kompetenzen der EU. Besonders interessierten sich die Teilneh-menden für die Möglichkeiten eines Beitritts von Aserbaidschan zur EU, den Ukraine-Konflikt und die Finanz- und Schuldenkrise.

Belgien„Der Kurs heute morgen hat mir die Augen ge-öffnet. Jetzt verstehe ich erst, wie die EU funkti-oniert. Ich habe viel zu den Problemen gelernt, die ich bisher nur vage aus den Tagesnachrichten kannte.“ (belgischer Schüler)

Bereits seit Anfang 2014 bietet ein belgisches Trainer*innen-Team EU-Kompakt-Kurse auf Nie-derländisch und Englisch für die Altersgruppe 15 bis 19 Jahre in verschiedensten Schulformen an.

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Europa EntDEckEn

ReisestipendienBereits seit ihrer Gründung im Jahr 1971 vergibt die Schwarzkopf-Stif-tung jährlich 20 Reisestipendien an junge Menschen bis zu 26 Jah-ren für Reisen in ein oder mehrere europäische Länder ihrer Wahl. Sie planen die Reisen individuell und recherchieren zu einem selbst-

gewählten europäischen Thema. Nach ihrer Reise berichten sie in einer schriftlichen Zusammenfas-sung ihre Rechercheergebnisse und persönlichen Erlebnisse und setzen diese in Bezug zur europäi-schen Politik. Damit werden junge Menschen motiviert, ihre europä-

ischen Nachbarn besser kennen und verstehen zu lernen. Weitere vier Reisestipendien jährlich wer-den in Kooperation mit der Deut-schen Bahn in Form eines Interrail Global Passes vergeben.

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„Durch diese Reise hat sich für mich die Definition grundle-gender Begriffe und

auch mein Wertemaß-stab verändert. Die Er-fahrung bestärkt mich

in meinem Wunsch, noch viele andere

Länder kennenzuler-nen.“

Johanna Fürst recherchierte zum Thema „Estland – ein Land zwischen Russland und der EU“

Annette Kam-merer: „Die europäische Perspektive Georgiens“

Einige der Reisesti-pendiat*innen 2015Weitere Informationen stehen zum Download bereit unter: www.schwarzkopf-stiftung.de.

EUSBSR – Fördert die EU-Strategie für den Ost-seeraum auch die europäi-sche Identität?Margret Schneider aus Konstanz, 24 Jahre alt, reiste in Estland, Lett-land und Litauen.

Die russische Sichtweise auf den Ukraine-Konflikt, die NATO und die EUChristian Sonnenschein-Battefeld aus Frankenberg (Eder), 22 Jahre alt, reiste in Russland.

Vielfalt, Integration und Multikulturalität im heuti-gen DeutschlandHugo Alcalá aus Almeriá in Spani-en, 22 Jahre alt, reiste in Deutsch-land.

European integration – an answer to the Albanian Na-tional Question?Phillip Handy aus Berlin, 25 Jahre alt, reiste in Albanien, Kosovo und Mazedonien.

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Europa gEstaltEn: EuropEan Youth parliamEnt

Zahlen & Fakten

500 Sitzungen

1.452 Resolutionen

28.294 beteiligte Jugendliche in 40 Ländern

1.400 Schulen

3 internationale Sitzungen in Izmir, Tampere und Leipzig

74.000 Facebook-Fans

89 Trainingsveranstaltungen

2.400 aktive Freiwillige

Im Dialog Europa greifbar zu machen und jungen Menschen zu zeigen, dass ihre Stimme Gewicht hat – das sind die Ziele des European Youth Parliament. Das European Youth Parliament (EYP) wurde 1987 als ein Schulprojekt in Frankreich gegründet und hat sich seitdem zu einem euro-paweit einzigartigen Bildungsprogramm entwickelt. Konzipiert wurde es für junge Menschen, die sich aktiv an der Mitgestaltung ihrer zukünftigen Gesellschaft beteiligen wollen. Den jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird ein Rahmen geboten, um ihre Ideen und Visionen für ein zukunftsfähiges Europa zu entwickeln, sich auszutauschen und die kultu-relle Vielfalt Europas kennenzulernen.

Heute ist das European Youth Parliament eine der größten europäischen Plattformen für politische Debatten, interkulturelle Begegnungen, politi-sche Bildungsarbeit und den Austausch von Ideen zwischen jungen Men-schen in Europa. Seit 2004 ist die Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa die internationale Dachorganisation des European Youth Parliament.

In 2015 verabschiedete die internationale Mitgliederversammlung die ers-te EYP-Langzeitstrategie, die bis 2020 umgesetzt werden soll. Die Interna-tionalen Sitzungen, die Leuchtturmveranstaltungen jeden Jahres, fanden in Izmir, Tampere und Leipzig statt. Besondere Aufmerksamkeit wurde darüber hinaus der Stärkung der Mitgliedsorganisationen gewidmet, etwa durch ein Programm in den Ländern der Östlichen Partnerschaft sowie die erste EYP Summer Academy.

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Europa gEstaltEn

Die Basis des EYP: Freiwillige in ganz EuropaDas European Youth Parliament ist ein Netzwerk von 40 unabhängigen nationalen Organisationen, die für die Planung und Durchführung der regionalen und nationalen Events verantwortlich sind. Die Jugendli-chen und jungen Erwachsenen, die sich in diesen Verbänden engagie-ren, sind ehemalige Teilnehmende

des European Youth Parliament. Aber auch auf der internationalen Ebene wird das Programm von Jugendlichen für Jugendliche ge-staltet – in der internationalen Mitgliederversammlung (Board of National Committees), durch den ehrenamtlichen Vorstand (Gover-ning Body) und die internationalen

Arbeitsgruppen, etwa das Training and Alumni Development Council oder das Regional Development Council. Aus der Kraft und dem En-gagement dieser 2.400 Multiplika-tor*innen lebt die Organisation, sie sind das Herzstück des European Youth Parliament.

Jakob Etzel, 23, aus Öster-reich, erfuhr von den Akti-vitäten des EYP von seiner Religionslehrerin und war von Anfang an begeistert. Im Netzwerk des EYP engagierte er sich unter anderem als Vor-standsvorsitzender von EYP Österreich. Politische Bildung ist, so Jakob, neben der poli-tischen Kommunikation ein Eckpfeiler unserer Demokra-tien. „Da will ich meinen Teil dazu beitragen, dass wir auch auf europäischer Ebene wei-

terkommen“, erklärt er.

Sophie Duffield, 23, aus Groß-britannien, schätzte während ihrer ersten Teilnahme an einer Veranstaltung des EYP in 2009 besonders, dass es sich nicht um ein Rollenspiel handelt und es viel Raum für Diskussion gab. Danach engagierte sie sich auf regionalen, nationalen und in-ternationalen Sitzungen, unter anderem in Amsterdam, Tiflis und Fribourg als Ausschussmo-deratorin. Ihr nächstes Projekt ist die Internationale Sitzung in Dublin und Belfast, die erste transnationale Sitzung des EYP.

Lars Kristian Selbekk, 27, aus Norwegen, besuchte die ers-ten EYP-Aktivitäten als Schüler in Trondheim, wo er für den Besuch einer Internationalen Sitzung ausgewählt wurde. Insgesamt sollte seine Begeis-terung mehr als zehn Jahre anhalten, wobei er sich wäh-rend dieser Zeit in vielen ver-schiedenen Rollen engagierte. Sein EYP-Engagement möchte er dort enden lassen, wo es begann: Lars ist einer von ins-gesamt drei Ehrenamtlichen, die 2017 eine Internationale Sitzung in Trondheim organi-sieren.

Anya Suprunenko, 25, aus der Ukraine, hörte vom EYP das erste Mal aus Erzählungen von Freunden aus Belarus. Beson-ders die Weiterentwicklung ih-rer Sprachkenntnisse und der Kontakt mit Jugendlichen aus ganz Europa begeisterte sie. Da sie den Eindruck hatte, dass die Perspektive der osteuro-päischen Länder eine stärkere Stimme verdient, kandidier-te sie 2014 für den Governing Body, das strategische Gremi-um des EYP auf internationaler Ebene, und verantwortet seit-dem Themen wie Inklusion und

„Regional Development“.

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Jakob Etzel Sophie Duffield

Anya Suprunenko Lars Kristian Selbekk

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Europa gEstaltEn

Das EYP-SitzungsformatDas Veranstaltungsformat des Eu-ropean Youth Parliament sind Sit-zungen, in denen internationale Teams in einem parlamentarischen

Prozedere zu europäischen The-men gemeinsame Lösungen erar-beiten. Jedes zwei- bis zehntägige Jugendforum des European Youth

Parliament enthält vier Elemente zur Strukturierung der inhaltlichen Auseinandersetzung und des inter-kulturellen Dialogs:

Parlamentarische Vollversammlung beim Academic Power Shifts Forum in Lyon, Oktober 2015

Gruppendynamisches Kom-munikationstraining (Team-building)Teilnehmer*innen lernen sich in Kleingruppen von 5 bis 15 Personen ungezwungen kennen. Angeleitet von erfahrenen Peer-Moderato-ren*innen werden Vertrauen und Teamgeist aufgebaut sowie Verfah-ren zur internen Konsensfindung er-arbeitet.

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Ausschussarbeit (Committee Work) In den Kleingruppen erarbeiten Ju-gendliche ein Thesenpapier mit ih-ren eigenen Meinungen zu einem aktuellen kontroversen Thema. Indi-viduell recherchierte Informationen fließen ebenso in die demokratische Entscheidungsfindung ein wie die Argumente jedes Teammitglieds. Der Prozess der Konsensfindung wird von den Ausschussmoderatoren*in-nen unterstützend begleitet.

Soziale Aktivitäten, Kultur-programme, Empfänge und Podiumsdiskussionen Spezielle Veranstaltungen wie selbst gestaltete Konzerte, ein Abend mit traditionellem Essen aus allen Teil-nehmerländern oder der direkte Austausch mit Entscheidungsträgern ergänzen die klassischen Program-minhalte und fördern den interkultu-rellen Austausch.

Parlamentarische Vollver-sammlung (General Assembly)Als Abschluss des Prozesses debat-tieren die Teilnehmer*innen die erarbeiteten Thesenpapiere nach parlamentarischen Regeln. Der Pro-zess ist strukturiert nach konkreten Redezeiten für Einführung, Vertei-digung und erste Kritikpunkte zum Thesenpapier, bevor in der offenen Plenumsdebatte jeder und jede Teil-nehmende zu Wort kommen kann. Abschließend wird über das Thesen-papier abgestimmt. Die Debatten-kultur erfordert dabei ein hohes Maß an Kooperation und Kommunikati-on zwischen den einzelnen Teilneh-mern*innen.

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Europa gEstaltEn

Internationale SitzungenDie Internationalen Sitzungen sind die Leuchtturmveranstaltun-gen des Netzwerkes des European Youth Parliament, die dreimal jähr-lich stattfinden. Veranstalter der jeweiligen Internationalen Sitzung ist ein Nationaler Verein des Eu-ropean Youth Parliament in enger Kooperation mit dem International Office in der Schwarzkopf-Stiftung. Während die Teilnahme an regio-nalen, nationalen und überregio-nalen Veranstaltungen in der Regel allen Jugendlichen offensteht, wer-den für diese großen Internationa-

len Sitzungen spezielle nationale Auswahlverfahren durchgeführt. In Deutschland beispielsweise neh-men jährlich etwa 1.500 Jugend-liche an einem mehrstufigen Aus-wahlverfahren teil, an dessen Ende 15 Jugendliche stehen, die auf die Internationalen Sitzungen des Eu-ropean Youth Parliament fahren. Die Auswahl erfolgt durch eine Jury und auf Basis der Debattier-, Sprach-, und Sozialkompetenzen der Jugendlichen. So kommen bei diesen großen Sitzungen Jugendli-che und junge Erwachsene aus fast

40 Ländern zusammen und haben dabei die Gelegenheit, sich nicht nur mit anderen Jugendlichen, sondern auch mit internationa-len Experten auszutauschen. Die Evalutionsergebnisse zeigen, dass die Internationalen Sitzungen ins-besondere mit Blick auf den Erwerb von interkulturellen Kompetenzen, die Arbeit in internationalen Teams und die Auseinandersetzung mit europäischen Fragestellungen als besonders positiv bewertet wer-den.

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IzmirDie erste Internationale Sitzung des Jahres fand vom 17. bis 26. April in Izmir in der Türkei statt. Die rund 300 Delegierten diskutierten dabei unter anderem Themen wie die EU-Bezie-hungen zur Türkei, TTIP und den Kli-mawandel. Ein besonderes Highlight der Sitzungen waren die Produkte des Medienteams der Sitzung, die mit den EYP Statistics, einem Live Statistic Tool zum Verfolgen der De-batten, und verschiedenen Videofor-maten die Sitzung bereicherten. Das sogenannte „Eurovillage“, bei dem die Teilnehmenden regionale Spezi-alitäten aus ihren Ländern präsentie-ren, wurde von insgesamt 33 Länder-delegationen bereichert.

TampereResolutionen waren dem Team der zweiten Internationalen Sitzung in Tampere, Finnland, nicht genug. Zwischen dem 27. Juli und dem 2. August hatten die internationalen Ausschüsse bei dieser Sitzung die Möglichkeit, unter dem Motto „Ideas change minds, people the world“ statt einer Resolution eine konkrete Projektidee zu erarbeiten. Diskutiert wurde etwa zu Themen wie parti-zipative Demokratie oder Cultural Diplomacy. Während der Auftaktde-batte diskutierten die zwei ehema-ligen Ministerpräsidenten Finnlands Matti Vanhanen und Esko Aho sowie der Europaparlamentarier Miapetra Kumpula-Natri und die Bürgermeis-terin von Tampere Anna-Kaisa Iko-nen.

Leipzig„From tearing down walls to setting new stones“ war das Motto der 80. Internationalen Sitzung des EYP im November in Leipzig. Zur Eröffnung in der historischen Nikolaikirche adressierten unter anderem der Präsident des Bundesverfassungs-gerichtes Andreas Voßkuhle sowie der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt Michael Roth die Teilnehmenden der Internationalen Sitzung. Delegierte aus 32 europäi-schen Ländern behandelten unter anderem Fragen der europäischen Flüchtlingspolitik, Minderheiten-rechte sowie Datenschutz im digita-len Zeitalter.

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Europa gEstaltEn

Zivilgesellschaft stärkenDie Ukraine-Krise, Grenzkonflikte in Georgien und Armenien sowie Spannungen zwischen Ost und West bewegen nicht nur die Men-schen in Deutschland, sondern insbesondere auch Jugendliche und junge Erwachsene in den Län-dern der Östlichen Partnerschaft. Umso wichtiger ist es, gerade die-sen jungen Europäer*innen eine Plattform zum Austausch und Dia-log zu bieten. Bereits zum zweiten Mal hat daher das European Youth

Parliament in 2015 die Länder der Östlichen Partnerschaft in den Fokus genommen, um zivilgesell-schaftliches Engagement durch internationalen Jugendaustausch zu stärken. Im Rahmen des Pro-jekts „Building a Strong European Society“ (BASES), gefördert durch das Auswärtige Amt, wurden ver-schiedene Aktivitäten in Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien und der Ukraine ermöglicht. Da-rüber hinaus erhielten insgesamt

150 Jugendliche aus diesen fünf Ländern Reisestipendien, um an Veranstaltungen in ganz Europa teilzunehmen.

Parlamentarische Vollversammlung beim 2. Tbilisi Interna-tional Forum im georgischen Parlament in Tiflis

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Armenien Zwei internationale Foren fanden im Rahmen des Programmes in Armeni-en statt. Bei der ersten Veranstaltung in Dilijan im Oktober waren ca. 120 Teilnehmer*innen aus 19 verschie-denen Ländern vertreten. Im No-vember diskutierten dann etwa 160 Teilnehmende in Eriwan verschie-dene Aspekte der Östlichen Part-nerschaft und andere tagesaktuelle Themen wie Datenschutz oder die Flüchtlingskrise.

AserbaidschanIm Dezember 2015 veranstaltete der nationale Verein EYP Aserbaidschan seine nationale Auswahlsitzung in Baku. Ein internationales Moderato-renteam führte etwa 80 Jugendliche durch das viertägige Programm. Auf-grund der schwierigen Situation, in der sich ausländische NGOs in Aser-baidschan derzeit befinden, gehört es zu den wesentlichen Erfolgen des Projektes, dass diese Maßnahme re-alisiert werden konnte.

BelarusTrotz der schwierigen innenpoliti-schen Lage fand auch in diesem Jahr eine Veranstaltung des nationalen Komitees Belarus statt. Dank der Zusammenarbeit mit dem natio-nalen Verein Ukraine konnten rund 50 Teilnehmer*innen aus Belarus bei einer viertägigen Veranstaltung in Lemberg teilnehmen und demo-kratische Entscheidungsprozesse und interkulturellen Dialog erleben. „Man merkt, dass man die Welt ver-ändern kann – zumindest ein kleines bisschen“, beschrieb ein Delegierter die Erfahrung.

Georgien„Unsere Umwelt“ hatten die Orga-nisator*innen zusammen mit der estnischen Leiterin des Modera-tor*innenteams als Thema des Inter-nationalen Forums in Tiflis gewählt. Und so diskutierten die rund 160 Teilnehmer*innen Anfang Novem-ber Lösungsansätze, die zu einer nachhaltigeren, saubereren, aber auch demokratischeren und inklu-siveren Umwelt beitragen können. Bereits im August fand in Kutaisi eine Sitzung unter dem Titel „Eastern Partnership – Opening Doors to the East“ statt. Darüber hinaus hat der nationale Verein EYP Georgien ver-schiedene Veranstaltungen in länd-lichen Gegenden sowie ein Training organisiert.

UkraineNeben einer Sitzung in Lutsk im Au-gust dieses Jahres war die fünfte InterRail-Tour ein besonderes High-light des Europäischen Jugendpar-laments Ukraine. Vier international zusammengesetzte Moderatoren-teams fuhren von Kiew in zwei Etap-pen in insgesamt acht Städte: Cher-nihiv, Kharkiv, Kryvyi Rih, Izmail, Sumy, Dnipropetrovsk, Zaporizhia und Odessa, um dort zusammen mit 350 ukrainischen Schüler*innen ak-tuelle politische Fragestellungen zu diskutieren und Lösungsansätze zu erarbeiten.

Das EYP in den Län-dern der Östlichen Partnerschaft

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Europa gEstaltEn

Power Shifts: Junge Perspektiven auf Energiefragen in EuropaDas Thema Energie beeinflusst vie-le Politikbereiche und hat in den vergangenen Jahrzehnten stark an Brisanz gewonnen – seien es abnehmende Vorräte an fossilen Brennstoffen, die Atomkatastro-phe in Fukushima oder alarmieren-de Studien über den Klimawandel. Energie ist aus politischen Diskus-sionen nicht mehr wegzudenken.

Um Jugendlichen eine intensive Auseinandersetzung mit dem The-ma zu ermöglichen, können sie bis 2017 an verschiedenen Formaten des Projekts „Power Shifts – Reflec-ting Europe’s Energy“ teilnehmen, einer Kooperation des European Youth Parliament mit der RWE Stif-tung für Energie und Gesellschaft. Der Fokus liegt auf der Diversität

und Interdependenz von Ener-giepolitik auf europäischer Ebene mit besonderem Fokus auf Frank-reich, Polen und Deutschland.

Ein projektinterner Think Tank be-gleitet das Projekt und analysiert die Entwicklungen der Energiepo-litik in Europa. Der Think Tank for-mulierte fünf Themendimensio-nen, die den Rahmen des Projekts bilden: Außen- und Sicherheitspo-litik, Umwelt, Technik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Im Mittelpunkt des Projekts stand 2015 die siebentägige Jugendkon-ferenz in Lyon in Frankreich: das Academic Power Shifts Forum. Über 120 Jugendliche aus 26 eu-ropäischen Ländern diskutierten

verschiedene Aspekte der fünf The-mendimensionen, zum Beispiel die Energieversorgung angesichts des Ukraine-Konflikts. Diese Diskus-sionen werden die Jugendlichen auf zwei weiteren Veranstaltungen 2016 in Polen und 2017 in Deutsch-land weiterführen.

Auf einer Podiumsdiskussion in der Schwarzkopf-Stiftung am 24. No-vember zum Thema Chancen und Risiken der Digitalisierung der Energiewirtschaft konnten sich junge Interessierte austauschen. Des Weiteren bietet eine On-line-Diskussionsplattform Raum für vertieften Austausch zu ver-schiedensten Energiethemen.

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Das Projekt wird unterstützt durch die Schirmherrschaft von:

• Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Europäischen Kommission und verantwortlich für das Pro-jekt der Energieunion

• Sigmar Gabriel, Vizekanzler und Bundesminister für Wirt-schaft und Energie in Deutsch-land

• Janusz Piechociński, stellver-tretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister in Po-len

• Ségolène Royale, Umwelt- und Energieministerin

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Europa gEstaltEn

Capacity Building & Trainings für FreiwilligeViele der Jugendlichen, die als De-legierte an Veranstaltungen des EYP teilnehmen, wollen sich da-nach in ihren nationalen Organisa-tionen engagieren. Diese Freiwil-ligen befähigt das Internationale Büro bei der Schwarzkopf-Stiftung mit einen breiten Angebot von Trainingsmaßnahmen und schafft so eine Skalierung des Veranstal-tungsprogramms, aber auch eine

andauernde Professionalisierung und Ausweitung des Netzwerks.

Zielgruppe dieser Trainingsmaß-nahmen und Weiterbildungen sind vor allem diejenigen jungen Erwachsenen, die sich als Vorstän-de in den 40 nationalen Vereinen des Netzwerkes engagieren. Ihre Portfolios teilen sich dabei meist in Kernbereiche wie Fundraising, Frei-

willigenmanagement, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Organisati-onsentwicklung und die Betreuung des Internationalen Netzwerkes, die in den Trainingsangeboten ent-sprechend gespiegelt werden.

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Das European Youth Parliament ist eine trainingsbasierte Organisation mit einem hohen Anspruch an Pro-fessionalität in seiner Arbeit von jun-gen Menschen für junge Menschen. Zur Unterstützung der persönlichen Entwicklung unserer jungen Frei-willigen sowie zur Vermittlung von Fähigkeiten, um neue Rollen und Aufgaben innerhalb der Organisati-on zu übernehmen, organisiert das EYP vielfältige Trainingsmaßnah-men zu Themen wie Moderation, Leadership, Kommunikation, Or-ganisationsentwicklung und Pro-jektmanagement. Damit bereitet das EYP die jungen Europäer*innen nicht nur auf eine aktive Rolle im Netzwerk des EYP, sondern auch auf verantwortungsvolle Rollen in anderen zivilgesellschaftlichen oder politischen Organisationen vor. Ins-gesamt fanden in 2015 mehr als 70 Trainingsveranstaltungen in 32 Län-dern statt.

Um eine stärkere internationale Ver-netzung unter den nationalen Ver-einen herzustellen und Synergien zwischen den einzelnen Trainings-schwerpunkten zu erzeugen, wurde vom 27. bis 31. August 2015 erstmals die EYP Summer Academy in Berlin als zentrales Trainingsevent für 100 Teilnehmer*innen aus allen natio-nalen Vereinen organisiert. Insge-samt kamen dabei Vertreter*innen aus 33 nationalen Vereinen des Europäischen Jugendparlaments zusammen. Die Trainingsschwer-punkte lagen dabei insbesondere auf den Themen Fundraising, Pres-se- und Öffentlichkeitsarbeit, Or-ganisationsentwicklung und Errei-chung neuer Zielgruppen (Outreach & Inklusion).

Ein weiteres Highlight des Trai-ningsjahres in 2015 war ein „Natio-nal Committee Management and Developement“-Training, das im November in Georgien speziell für Teilnehmer*innen aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft abge-halten worden ist. Die 20 Teilneh-menden aus den noch recht jungen Mitgliedsorganisationen hatten hier die Gelegenheit, sich in Themen wie Strategieentwicklung, Freiwilligen-management und Fundraising wei-terzubilden.

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Page 38: Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

Europa DiskutiErEn: DiskussionsvEranstaltungEn

Zahlen und Fakten

54 ausgebuchte Diskussions veranstaltungen

4 Bundesminister*innen im Gespräch

9.000 erreichte Jugendliche

1 Demonstration

2015 schien ein Jahr im Dauerkrisenmodus zu sein: der Ukraine-Konflikt, die Eurorettung und Migration in die EU haben die Akteure in Europa he-rausgefordert wie selten zuvor. Bei den Diskussionsveranstaltungen der Schwarzkopf-Stiftung wurden diese Herausforderungen im Dialog von Ent-scheidungsträger*innen und Jugendlichen kontrovers diskutiert.

Die Diskussionen zur Flüchtlingspolitik haben besonders viele junge Men-schen bewegt. Die Ursachenbekämpfung der Flüchtlingskrise diskutierten sie mit Bundesentwicklungsminister Gerd Müller. Claudia Roth, Bundes-tagsvizepräsidentin, war insbesondere über den wachsenden Populismus in der Debatte um Flüchtlinge besorgt und Mathias Hamann, Leiter der Notunterkunft der Berliner Stadtmission, brachte den Jugendlichen den Alltag der Flüchtlinge in Deutschland näher. Zum Konflikt in der Ukraine diskutierten wir mit Botschafter Wolfgang Ischinger, Matthias Platzeck, dem ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk sowie dem Autor Wladimir Kaminer. Dabei wurde deutlich, dass es ein ureigenes Interesse Europas sein muss, Frieden zu ermöglichen.

Die Eurokrise ist kurz und heftig zur Jahreshälfte wieder auf der Agenda aufgetaucht und Martin Jäger, Sprecher des Bundesfinanzministeriums, beschrieb die europäische Rettungspolitik als erfolgreich. Kon tro vers wur-de das Freihandelsabkommen TTIP diskutiert. Brigitte Zypries lenkte die Aufmerksamkeit darauf, dass Transparenz bei den Verhandlungen ein ent-scheidendes Kriterium zur Glaubwürdigkeit darstelle und diese erst lang-sam entstünde. Nicht zuletzt beschäftigt sich die Schwarzkopf-Stiftung seit jeher mit der Verfasstheit Europas, um einen Blick über den Tellerrand der täglichen Politik hinaus zu ermöglichen.

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„Wir schaffen das“ – mit diesem Satz hat Bundeskanzlerin Merkel vielen Tausenden Menschen Hoff-nung gegeben, in Deutschland Schutz vor Gewalt und Verfolgung zu finden. Und gleichzeitig hat das Jahr 2015 gezeigt, wie schlecht Deutschland und die EU auf die steigende Anzahl an Flüchtenden vorbereitet waren. Wie kann die europäische Asylpolitik dem Ein-zelnen gerecht werden? Wer ent-scheidet, wer (wo) bleiben darf? Wie können die EU und ihre Mit-gliedstaaten die Arbeit vor Ort bes-ser unterstützen?

Kurz nachdem im Mittelmeer Hun-derte Menschen auf der Flucht nach Europa ertranken, diskutierten im April Jugendliche in der Schwarz-kopf-Stiftung mit Klaus Rösler, dem operativen Leiter von Fron-tex, zum Thema Grenzsicherung. Und so überraschte es nicht, dass diese Veranstaltung einige Hun-dert Menschen zur Demonstration in die Sophienstraße trieb. Im Ge-spräch mit den Jugendlichen er-läuterte Rösler die Funktionsweise von Frontex und machte deutlich, dass die Entscheidungsträger in der EU, allen voran die Innenminis-ter der Mitgliedstaaten, Frontex ein

Mandat zur Sicherung der Grenzen, nicht jedoch zur Seenotrettung er-teilt haben und welche Folgen sich daraus ergeben. Zum Thema „Asyl in Berlin – Hilfe ohne Grenzen?“ wurde mit dem Berliner Sozial-senator Mario Czaja diskutiert. Dabei interessierte die anwesen-den Schüler*innen besonders, warum das LAGeSo die Betreuung der Neuankommenden in Berlin so schlecht in den Griff bekommt. Darüber hinaus diskutierten sie mit dem Referenten verbindliche gesamteuropäische Konzepte, wie in Zukunft mit Flüchtenden umge-gangen wird und wie diese Men-schen in die europäische Gesell-schaft integriert werden.

Die vielfältigen Beweggründe von Flüchtenden nach Europa be-schäftigten die Schüler*innen im Gespräch mit Christoph Strässer, dem Beauftragten der Bundesre-gierung für Menschenrechtspoli-tik und Humanitäre Hilfe. Dabei erläuterte er, dass die Menschen im fünften Jahr des Bürgerkrie-ges durch die Perspektivlosigkeit in Syrien und die desolate Lage in Flüchtlingsunterkünften in den Nachbarländern Syriens zur Flucht angetrieben wurden.

Katharina Vogt, Vorstandsmit-glied bei Pro Asyl, machte in der Diskussion zu „Europas Versagen in der Flüchtlingspolitik“ außerdem deutlich, dass die größten Anreize für Flüchtlinge Freunde, Familie und Netzwerke seien, und keines-wegs finanzielle Hilfen durch den Staat.

Um die Menschen in Berlin will-kommen zu heißen, wurden im vergangenen Jahr erstmals in der Notaufnahme der Berliner Stadtmission Konzerte durch die Schwarzkopf-Stiftung organisiert. Dort federn Ehrenamtliche so man-ches fehlende staatliche Angebot ab: Sie geben Sprachkurse und gestalten Freizeitprogramme, wie Mathias Hamann, Leiter einer Flüchtlingsnotunterkunft, im Ge-spräch mit Schüler*innen erklärte. Über den nachfolgenden Aufruf der Stiftung zur ehrenamtlichen Mitar-beit meldeten sich viele Dutzend Jugendliche.

Europa DiskutiErEn

Europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik

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Page 41: Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

Demonstration zu Frontex-Diskussion

Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung Konzert in einer Notunterkunft für Flüchtlinge

Mario Czaja (r.),Senator für Gesundheit und Soziales in Berlin 39

Page 42: Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

Europa DiskutiErEn

Der Ukraine-Konflikt

Mit dem Abkommen Minsk II zu Be-ginn 2015 wurden große Hoffnun-gen auf eine Befriedung der Uk-raine verbunden. Abgesehen von einer kurzen Pause im Herbst sind jedoch seitdem weiterhin schwe-re Waffen im Gefecht eingesetzt worden. Die EU versucht indessen, Russland mit Sanktionen unter Druck zu setzen und gleichzeitig den direkten Dialog aufrechtzuer-halten. Wie es zu einem langfris-tigen Frieden in der Ostukraine kommen kann, bleibt unklar. Wie kann der Konflikt befriedet wer-den? Welche Reformen müssen in der Ukraine durchgeführt werden? Wie können die Beziehungen zu Russland wiederhergestellt wer-den? Auch 2015 ermöglichte die Schwarzkopf-Stiftung den Dialog mit vielfältigen Akteuren zu diesen Fragen.

„Die Menschen waren bereit, mit der EU-Flagge zu sterben“ – mit diesem emotionalen Einstieg be-gann der ukrainische Botschaf-ter Andrij Melnyk seinen Vortrag vor vollem Haus in der Schwarz-kopf-Stiftung. Er verortete die Zu-kunft der Ukraine im Gespräch mit den Jugendlichen und jungen Er-wachsenen „im freien Europa“. Die

Maidan-Kundgebungen nannte er eine „Revolution der Würde“ und einen starken Ausdruck des Wil-lens des ukrainischen Volkes, eine nähere Bindung an Europa zu eta-blieren. Diese helfe der Ukraine bei der Durchsetzung von zukunftswei-senden Reformen und wirtschaftli-chem Aufschwung.

Um mehr Verständnis für Russland warb Matthias Platzeck, Vorsit-zender des Deutsch-Russischen Forums. Das dortige System habe kaum Erfahrung mit Demokratie, die Zivilgesellschaft sei entspre-chend unausgereift. Zudem be-mängelte er die einseitige Bericht-erstattung und Schuldzuweisung, da Völkerrechtsvergehen anderer Staaten nicht sanktioniert würden.

Für die Jugendlichen in der Schwarzkopf-Stiftung besonders interessant waren die Zukunfts-aussichten für die Ukraine und die gesamte Region Osteuropas. Wolf-gang Ischinger, der Vorsitzende der Münchener Sicherheitskon-ferenz, prognostizierte einen lan-ge schwelenden Konflikt, der nur durch Kommunikation zwischen der EU und Russland zu lösen sei. Dabei müsse die EU auch in lang-

fristige Beziehungen mit Russland investieren. Der russische Autor Wladimir Kaminer kritisierte die Verbreitung des Nationalismus in seiner Heimat, der eine Annähe-rung zwischen Russland, der Ukrai-ne und der EU erschwere.

Mehr Einsatz Deutschlands und der EU für die Etablierung demokra-tischer Wertesysteme in den ehe-maligen sowjetischen Republiken forderte der polnische Botschaf-ter Dr. Jerzy Jozef Marganski. Russland, so der Botschafter, sehe sich durch die demokratische Ent-wicklung in diesen Staaten bedroht – schlussendlich finde in der Ukrai-ne daher ein Wertekonflikt der Sys-teme statt.

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Wladimir Kaminer,Autor

Andrij Melnyk,Botschafter der Ukraine

Wolfgang Ischinger,Botschafter a.D.

Jerzy Jozef Marganski,Botschafter Polens

Matthias Platzeck,Vorsitzender des Dt.-Russ. Forums 41

Page 44: Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

Europa DiskutiErEn

Wirtschaft in Europa

Mitte des Jahres 2015 blickte ganz Europa auf Griechenland. Sprich-wörtlich auf die letzte Minute wur-de das Ausscheiden aus dem Eu-roraum in einer Marathonsitzung verhindert, wieder einmal. Der Höhepunkt der Wirtschafts- und Fi-nanzkrise scheint nun hinter uns zu liegen, jedoch sind die Auswirkun-gen in vielen europäischen Län-dern – mitunter harte Einschnitte in soziale Sicherungs-, Kranken- und Rentensysteme – deutlich spürbar. Das Thema Jugendar-beitslosigkeit verlor im vergange-nen Jahr an öffentlicher Zugkraft, nicht jedoch an politischer Spreng-kraft wie die Wahlen in Spanien verdeutlichten. Und immer wieder wird das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA hinterfragt, nicht zuletzt aufgrund des fehlenden Vertrauens in die Verhandlungs-führung. In welche Zukunft steuert die Währungsunion? Wie können die unterschiedlichen Interessen der Euroländer besser ausgegli-chen werden? Welche Auswirkun-gen hätte TTIP auf den Alltag der europäischen Bürger*innen? Die-se und weitere Fragen bewegten die Jugendlichen in der Schwarz-kopf-Stiftung.

Martin Jäger, Sprecher des Fi-nanzministeriums, lobte die kriti-

schen Fragen, die die Jugendlichen im Gespräch mit ihm zu „Wie geht es weiter mit dem Euro?“ beschäf-tigten: „Ist es nicht schlauer, erst die Lebensbedingungen anzu-passen und später den Euro ein-zuführen?“, fragte ein 17-jähriger Schüler. Jägers Antwort: „Ein un-eingeschränktes Ja.“ Selbstkritisch beurteilte er dabei das Ausbleiben notwendiger Reformen im Rahmen der Aufnahme in den Euro: „Da ha-ben wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht.“ Das Thema europäische Jugendarbeitslosigkeit wurde leb-haft mit Frank-Jürgen Weise, dem Vorsitzenden des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit, dis-kutiert. Er forderte umfassende Konzepte und nachhaltige Investi-tionen in die Bildungs- und Arbeits-marktpolitik. Nur mit einer klaren gemeinsamen Vision der europäi-schen Staaten können die Heraus-forderungen der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit angegan-gen werden, so Weise.

Ein ebenso heiß diskutiertes Thema des Jahres 2015 war das Freihandelsabkommen TTIP. Die Proteste gegen das Abkommen beruhten auf der mangelnden Transparenz in der Verhandlungs-führung und der Sorge vor der Aus-höhlung des Verbraucherschutzes.

Brigitte Zypries, parlamentari-sche Staatssekretärin beim Bun-desministerium für Wirtschaft und Energie, verteidigte das ge-plante Abkommen der EU mit den USA mit Blick auf die zu erwarten-de Stärkung des deutschen Mittel-stands. Für das Bundeskartellamt bringt TTIP laut seines Präsiden-ten Andreas Mundt keine direkte Folgen, schließlich sei das Kartell-recht sehr viel weiter harmonisiert als andere Wirtschaftsbereiche. Georg Fahrenschon, ehemaliger Finanzminister Bayerns und heu-te Präsident des Deutschen Spar-kassen- und Giroverbandes, sieht in der Verknüpfung der Trends Glo-balisierung und Regionalisierung eine besondere europäische Stär-ke, vor allem Deutschland profitie-re ungemein von der Öffnung der Grenzen und sichere dadurch dem Mittelstand bessere Marktchancen zu. EU-Kommissarin Violeta Bulc tauschte kurzerhand die Rollen und fragte die Jugendlichen in der Schwarzkopf-Stiftung nach ihren Visionen zu Europas Mobilitätskon-zepten: mehr Schnellzüge über die Grenzen hinaus war der häufigs-te durch die Gäste vorgebrachte Wunsch.

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Page 45: Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

Brigitte Zypries, Staatssekretärin im BMWi

Martin Jäger,Sprecher des Bundesfinanzministers

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts

Violeta Bulc, EU-Kommissarin für Verkehr

Botschafter João Mira Gomes(Europa anders denken: Portugal) 43

Page 46: Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

Europa DiskutiErEn

Die Verfasstheit Europas

Jährlich ermöglicht die Schwarz-kopf-Stiftung in mehr als 60 Ver-anstaltungen Jugendlichen den Dialog mit Entscheidungsträger*in-nen. Dabei eröffnet sich die Chan-ce, über die aktuellen Krisen den Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen und Grundlegendes zu diskutieren. Wie sieht das Euro-pa der Zukunft aus? Was bedeutet soziale Gerechtigkeit im heutigen Europa? Wie sieht moderne Gesell-schaftspolitik aus? Wie wichtig sind religiöse Werte in der heutigen Ge-sellschaft? Wie kann dem demogra-fischen Wandel begegnet werden? Wie soll mit der zunehmenden Da-tenmasse umgegangen werden?

„Wir laufen Gefahr, dass wir eine ganze Generation junger Europä-erinnen und Europäer verlieren“, mahnte Katrin Göring-Eckardt in einer Diskussion zum Thema so-ziale Armut in Europa im Hinblick auf Spanien und Griechenland. Entsprechend nüchtern fiel ihre Analyse des europäischen Zusam-menhalts und der Zukunftspers-pektiven aus. Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung, betonte ihrer-seits, die Bedeutung der Bildung

und den regen Austausch der Kul-turen in Europa politisch zu stär-ken. Bundesministerin Manuela Schwesig argumentierte in eine ähnliche Richtung und forderte eine stärkere Förderung der „Ge-neration der Vereinbarkeit“, ergo der Menschen, die gerade Ausbil-dung und Berufseinstieg erleben. Immer wieder wird deutlich, dass politische Fragen nicht mehr im deutschen, sondern im europäi-schen Kontext gedacht und disku-tiert werden müssen. Ein Beispiel dafür ist der demografische Wan-del. Dazu betonte Bundesgesund-heitsminister Hermann Gröhe, dass das Potenzial der „jungen Al-ten“ noch nicht erkannt werde und diese über ihr Arbeitsleben hinaus stärker in die Gesellschaft einge-bunden werden müssten. Das eu-ropäische Ausmaß von Populismus beschäftigte Claudia Roth, Vize-präsidentin des Deutschen Bun-destages. Einfache Antworten auf schwierige Fragen seien ein Turbo für Populisten, erklärte sie.

Die CDU-Politikerin Cemile Gi-ousouf forderte im Gespräch mit Lissy Eichert, Pastoralreferentin aus Berlin-Neukölln, einen „In-

terkulturellen Dialog“ zwischen Glaubens- und Wertegemeinschaf-ten zum Nutzen ganz Europas. Eine Gefahr für die christliche Wertege-meinschaft sahen die Referentin-nen auf Publikumsnachfrage hin nicht.

Unter dem Titel „Spionage statt Diplomatie?“, wurden Fragen der Datensicherheit mit Patrick Sens-burg, dem Vorsitzenden des NSA-Untersuchungsausschusses, erörtert. Standards zur Datenspei-cherung müssten endlich auf der europäischen Ebene festgelegt werden, so der Politiker. Theo Koll, Leiter des ZDF-Auslandsstudios, sprach mit den Jugendlichen zum deutsch-französischen Verhältnis: „Wir sind ein gutes Tandem, aber wir dürfen nicht vergessen, wie un-terschiedlich wir sind.“

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Page 47: Jahresrückblick der Schwarzkopf-Stiftung 2015

Theo Koll,Leiter des ZDF-Auslandsstudios in Paris

Patrick Sensburg,Vorsitzender NSA-Untersuchungsausschuss

Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Johanna Wanka,Bundesbildungsministerin

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Europa DiskutiErEn

Für eine Außenpolitik der Gesellschaften

Als eine von vier Stiftungen ist die Schwarzkopf-Stiftung neben der Robert Bosch Stiftung, der TUI Stiftung und der Bertelsmann Stiftung seit 2015 eingebunden in einen strategischen Dialog mit dem Auswärtigen Amt. Gemeinsam will dieser Zusammenschluss aus Staat und Zivilgesellschaft offene und inklusive Begegnungs- und Diskussionsformate hin zu einer „Außenpolitik der Gesellschaften“ entwickeln.

Der strategische Dialog des Auswär-tigen Amtes mit privaten Stiftun-gen wurde offiziell am 30. Novem-ber 2015 mit einem Symposium im Auswärtigen Amt eröffnet. In Berlin diskutierten ca. 500 Teilnehmer*in-nen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft in insgesamt sieben Panels über die Rolle von Stiftungen bei internationalen Fra-gen.

In einer Welt, die von einer Vielzahl grenzüberschreitender Krisen er-schüttert wird, können internatio-

nal arbeitende Stiftungen mit ihren Netzwerken und ihrer Expertise eine wichtige Rolle in der Debatte über eine friedliche Weltordnung spielen. Die Idee sei es, „von einer Außenpolitik der Staaten zu einer Außenpolitik der Gesellschaften zu kommen“, so Frank-Walter Stein-meier in seiner Keynote. „Außen-politik ist ohne Zivilgesellschaft in dieser vernetzten und verwobenen Welt gar nicht denkbar!“

Am Vormittag des 30. November widmeten sich zunächst unter-schiedliche Redner*innen wie etwa Helmut K. Anheier (Hertie School of Governance) und Michael Schä-fer (BMW Stiftung Herbert Quandt) dem Arbeiten in mehrsektoralen Netzwerken. Am Nachmittag wur-de in sieben Panels gearbeitet, in denen die Potenziale eines stra-tegischen Dialogs auf Grundlage von Erfahrungen, Fallstudien oder laufenden Prozessen diskutiert wurden. Dabei standen etwa The-men wie „Außenpolitik im öffent-lichen Diskurs“ oder „Gemeinsame

internationale Netzwerke besser nutzen“ im Mittelpunkt. Im Rah-men des Panels „Auf dem Weg zu einer europäischen Öffentlichkeit: Gemeinsame Aufgabe für das Aus-wärtige Amt und Stiftungen“ disku-tierte André Schmitz-Schwarzkopf unter anderen mit Martin Kotthaus (Auswärtiges Amt), Michael Thoss (Allianz Kulturstiftung) und Aart De Geus (Bertelsmann Stiftung).

Fotos: Christoph Hengelhaupt

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Aart De Geus, Joachim Rogall, Frank-Walter Steinmeier, Thomas Ellerbeck und André Schmitz-Schwarzkopf

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Europa vErtEiDigEn: viElfalt macht Europa

Zahlen & Fakten

90 Vertiefungsseminare „Die Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU“

2.250 erreichte Jugendliche

15 Pilotseminare zur Asylpolitik in Sachsen

2 Vernetzungstreffen mit Multiplika-tor*innen der Antirassismusarbeit

10 Zeitzeug*innengespräche und Gedenkstättenbesuche

Die Schwarzkopf-Stiftung unterstützt die gesellschaftliche Teilhabe Ju-gendlicher in Europa und setzt sich für die Bekämpfung von Rechtsex-tremismus, Antisemitismus und Rassismus ein. Seit 2015 unterstützt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Schwarzkopf-Stiftung in ihrer bundesweiten Arbeit gegen Rechtsextre-mismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit und für Demokratie und Viel-falt. Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ initiierte die Schwarzkopf-Stiftung 2015 das Programm „Vielfalt macht Europa“. Das Eintreten für ein vielfältiges Europa und die Sensibilisierung für demokra-tie- und menschenfeindliche Einstellungen wird durch die bereits lang-jährig verankerten politisch-historischen Bildungsangebote ergänzt, die sich mit den Folgen von Ausgrenzung, Verfolgung und zerstörter Vielfalt in Europa im 20. Jahrhundert interaktiv auseinandersetzen. Dies geschieht durch Zeitzeug*innengespräche, die Kooperation mit der Inge Deutsch-kron Stiftung, Ausstellungsbesuche und die Förderung von Schülerprojek-ten mit dem Margot-Friedländer-Preis. Politische Bildung für ein tolerantes Zusammenleben in Europa wird durch die Mischung aus Dialogveranstal-tungen mit Entscheidungsträger*innen, Exkursionen und Begegnungspro-jekten mit Aktivist*innen und Betroffenen von Rassismus und Ausgrenzung konkret erfahrbar. Vielfalt in der Gesellschaft wird so früh als schützens-wertes Gut erlebt.

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Europa vErtEiDigEn

Eintreten für ein vielfältiges EuropaIm Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben. Aktiv gegen Ge-walt und Menschenfeindlichkeit!“ und mit dem Partnernetzwerk der Schwarzkopf-Stiftung konnten 2015 zwei Vernetzungstreffen in Berlin zu den Themen „Methoden der Jugendbeteiligung“ und „Euro-päische Zustände?“ mit Akteur*in-nen der Bildungsarbeit stattfinden.

Vorurteile bedrohen den Zusam-menhalt pluraler und demokra-tischer Gesellschaften in Europa. Die Abwertung von inländischen Einwanderergruppen, euro-päischen Nachbarn oder auch verstärkte Renationalisierungs-tendenzen stellen (europa-)politi-sche Bildungsangebote vor neue

Herausforderungen. Ausgehend von Forschungsergebnissen zu gruppenbezogener Menschen-feindlichkeit untersuchten die Se-minartrainer*innen der Schwarz-kopf-Stiftung regional übergreifend über drei Monate, in welchen Se-minarkontexten anti-europäische Einstellungen verbunden mit men-schenfeindlichen Abwertungen von den teilnehmenden Jugendli-chen vertreten oder reproduziert werden. Erste Ergebnisse wurden während des Vernetzungstreffens „Europäische Zustände?“ mit po-litischen Bildner*innen und Prak-tiker*innen im November in Berlin vorgestellt und diskutiert. Darüber hinaus wurden die Peer-Trainer*in-nen des Seminarprogramms mit

Fortbildungsangeboten, Beobach-tungsanalysen und Reflexionstref-fen darin unterstützt, diskriminie-rende Haltungen im Rahmen ihrer Seminartätigkeit besser einordnen und zielgruppengerecht auf sie re-agieren zu können. Die gemeinsam entwickelten Handlungsstrategien finden Eingang in neue Seminar-materialien und sollen 2016 im Austausch mit weiteren Multipli-kator*innen auf andere Bildungs-kontexte übertragbar gemacht werden.

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Fotos linke Seite & oben rechts: © Thorsten Futh/Redux/laif/Open Society Foundations

Welche Rolle die politische Bildung in der Überwindung des Antiziga-nismus in Europa spielen kann, war im Dezember das zentrale Thema des internationalen Symposiums, das die Schwarzkopf-Stiftung in Kooperation mit dem Roma Initia-tives Office der Open Society Foun-dations und dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma mit Staatsminister Michael Roth im Auswärtigen Amt organisierte.

Die Schwarzkopf-Stiftung wird in den kommenden Jahren den Aus-tausch zwischen Organisationen mit europäischem Bezug und Ini-tiativen, die sich gegen Rechtsex-tremismus und Menschenfeind-lichkeit engagieren, durch die gemeinsame Bearbeitung von Querschnittsthemen der euro-papolitischen Bildung und der An-tidiskriminierungsarbeit verstär-ken.

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Veranstaltungen zur historischen Bildung„Die junge Generation ist dafür ver-antwortlich, die Erinnerung wach-zuhalten und ihre Schlüsse daraus zu ziehen,“ so der israelische Bot-schafter Yakov Hadas-Handels-man zum 50-jährigen Jubiläum der Deutsch-Israelischen diploma-tischen Beziehungen. Regelmäßig kommen in der Schwarzkopf-Stif-tung Jugendliche mit Zeitzeugen und Historikern zusammen, um den Einfluss historischer Ereignis-se auf heutige Gegebenheiten bes-ser zu verstehen. Außerdem finden regelmäßige Ausstellungsbesuche für Schüler*innengruppen statt.

Kein anderes Land auf der Welt hat sich mit der Aufarbeitung seiner Geschichte solche Mühe gegeben wie Deutschland – so die These des amerikanischen Historikers Jonathan Steinberg. Das Schwei-gen und die Tabuisierung in der Nachkriegszeit hingegen hob im Gespräch mit Jugendlichen Inge Deutschkron hervor. Das Erbe der NSDAP war noch immer in Ideolo-gie und Regierungspersonal vor-handen, so Deutschkron.

Beate Klarsfeld versuchte dieses Erbe mit einer Ohrfeige gegen den damaligen Kanzler Kurt Georg Kie-singer aufzubrechen. Laut Klars-feld war es eine „Ohrfeige einer Tochter an den Vater“ und somit ein ohrfeigen der Tätergeneration. Dass diese Tätergeneration noch lange in Regierungsinstitutionen arbeiten konnte, lag unter ande-rem auch an einer Reform des Strafgesetzbuches 1968, wie der Jurist Michael Plöse hervorhob. Durch diese Reform konnten sich Mittäter auf Verjährungsfristen be-rufen und wurden somit vor Straf-verfolgung verschont. Wie weit Antisemitismus in die Mitte der Ge-sellschaft hineinragt, wurde in der Diskussion mit Götz Aly deutlich. Seit sieben Jahrzehnten werde der Massencharakter des Nationalsozi-alismus geleugnet, so der Berliner Historiker.

Der Suche nach einer kollektiven Entschuldigung für die Geschehnis-se ging auch die Ausstellung „1945. Niederlage. Befreiung. Neuan-fang.“ im Deutschen Historischen

Museum nach. Kritisch widmeten sich die jungen Schüler*innen da-bei insbesondere der Frage, wie und warum NS-Täter*innen nach Kriegsende in die Gesellschaft inte-griert wurden und weiterhin hohe staatliche Posten besetzen konn-ten.

Mit einer Erinnerungsveranstaltung im Gedenken an Elisabeth Schmitz wurde der Themenblock „Histori-sche Bildung“ 2015 abgeschlossen. Daniela Schadt kommentierte dabei eine Gedenkschrift Schmitzʼ aus dem Jahre 1935. In dieser ana-lysierte die junge Lehrerin die mas-sive Diskriminierung von Juden.

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Führung im DHM: „1945 – Niederlage. Befreiung. Neuanfang.“

NZZ-Podium: „Vergangenheit bereinigt? Reflexionen zur deutschen Geschichte“

Schoschana Harari:„Sonjas Tagebuch – Flucht und Alija aus Berlin“

Inge Deutschkron: „Das schwierige Verhältnis zwischen Israel und der Bundesrepublik“

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Bewegte Bilder in der DiskussionUnd dann steht Valentina Ramirez plötzlich vor dem Publikum, und es wird ganz still. Die 130 Schüler*in-nen haben sie auf der Leinwand gesehen, mit ihr gelitten, als die Po-lizei an die Tür klopfte und Ramirez ihrem Bruder den Mund zuhielt, so-dass kein Ton nach draußen dringt, wodurch die Abschiebung aufge-schoben wird. Und mit Ramirez gelacht, als die damals 10-Jährige im Karstadt am Hermannplatz ein Kaninchen in einer Plastiktüte für ihren Bruder stiehlt. Heute steht Ra-mirez ruhig und ohne Sorge vor der Abschiebung vor dem Publikum: sie studiert und hat eine Aufenthalts-genehmigung. Valentina Ramirez‘ Geschichte ist die Vorlage des Films „Weil ich schöner bin“.

Durch Filmvorführungen wie diese sowie Theatervorführungen mit an-schließenden Gesprächen mit Zeit-zeugen oder Schauspielern bindet die Schwarzkopf-Stiftung Jugend-liche in die Aufarbeitung der deut-schen Geschichte des 20. Jahrhun-derts, aber auch in die Diskussion gegenwärtiger gesellschaftlicher Diskurse, aktiv mit ein.

An ihre erste Begegnung mit dem Bürstenfabrikanten Otto Weidt, für den sie lange arbeiten sollte, erin-nert sich Inge Deutschkron ganz genau: „Ich habe nicht gemerkt, dass er blind ist“, so durchdringend waren seine Augen. Dabei war seine Blindheit nie eine Einschränkung, im Gegenteil: „Er wusste genau, wie er das einsetzen musste“, erzähl-te Inge Deutschkron im Anschluss an die Filmvorführung. Der Haupt-darsteller Edgar Selge fügte hinzu, dass Otto Weidt den Menschen ihre Würde wiedergegeben habe, und verwies auf die heutige Asylpolitik, denn die Menschenwürde dürfe in der aktuellen Krise nicht verloren gehen.

In Theresienstadt spielt die Doku-mentation „Refuge in Music“. Ge-zeigt wird, wie Kunst im dortigen Konzentrationslager entstanden ist. Coco Schumann beschreibt darin, dass die Musik ihm das Leben ge-rettet hat. Die Produzentin Katja Schäfer schilderte in der anschlie-ßenden Diskussion anschaulich, wie der Besuch in Theresienstadt, unter anderen mit Coco Schumann

und Daniel Hope, ihre künstlerische Arbeit beeinflusst hat. Den langen Schatten der Vergangenheit ist auch Hannah Arendt nachgegangen. In der gleichnamigen Verfilmung von Margarethe von Trotta wird deut-lich, gegen welchen Widerstand Arendt ankämpfen muss, um die „Banalität des Bösen“ im Eich-mann-Prozess aufzuzeigen.

Neben der historischen Bildung wurden in 2015 weitere Schwer-punkte im Themenbereich Migrati-on/Integration gesetzt. Im Gespräch mit dem Publikum erklärte etwa Burhan Qurbani, Regisseur von „Wir sind jung. Wir sind stark“, die Situation, in der er sich Anfang der 1990er-Jahre in Rostock befand: Es stelle viel infrage, wenn Menschen, die wie deine Freunde und Nach-barn aussehen, Menschen angrei-fen, die so aussehen wie du. Dieses Ereignis dürfe nicht in Vergessen-heit geraten.

Margarethe von Trotta, Katja Riemann, Gerd Warmeling, André Schmitz-Schwarzkopf, Katrin Göring-Eckardt und David Schlösser

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Inge Deutschkron über den Film„Ein blinder Held – Die Liebe des Otto Weidt“

Gespräch nach der Filmvorführung„Weil ich schöner bin“

Johannes Tuchel über den Film „Elser – Er hätte die Welt verändert“

Während der Vorstellung„Ausnahmezustand Lampedusa“

Vor der Filmvorführung„Weil ich schöner bin“

Gespräch nach dem Leiharbeits-märchen „Hansel und Greta“„White Shadow“

Regisseur Burhan Qurbani über seinen Film„Wir sind jung. Wir sind stark.“

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Arbeit mit Zeitzeug*innenIn Kooperation mit Zeitzeug*innen des Holocaust sowie der Stiftung Denkmal für die ermordeten Ju-den Europas und anderen Partnern bietet die Schwarzkopf-Stiftung Berliner und Brandenburger Schü-ler*innen mehrmals im Jahr die Möglichkeit, mit Zeitzeug*innen aus ganz Europa ins Gespräch zu kommen. Durch den Dialog zwi-schen Zeitzeug*innen und Jugend-lichen wird Geschichte lebendig gehalten und persönlich erfahrbar. Das Ausmaß der nationalsozialis-tischen Gewaltherrschaft wird in den vielfältigen Erinnerungen an Alltagssituationen, an Beschrei-bungen von Ausgrenzung und Nor-

menverschiebung einer ganzen Gesellschaft bis hin zum millionen-fachen Mord konkret. Im Gespräch mit den Zeitzeug*innen wird die Erinnerung an die Opfer der natio-nalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik wachgehalten, gleichzeitig werden die Jugendli-chen ermutigt, sich gegen heutige Formen von Antisemitismus, Ras-sismus und Ausgrenzung einzuset-zen. Dies wird auch zukünftig in der Erinnerungsarbeit ohne Zeitzeugen eine große Herausforderung sein.

Zvi Steinitz (oben) wurde 1927 in Posen im heutigen Polen geboren. Nach der Deportation seiner El-tern und seines Bruders 1942 war der 15-Jährige im Krakauer Ghetto auf sich allein gestellt. Er musste Zwangsarbeit in verschiedenen Konzentrationslagern verrichten und überlebte Aufenthalte in den Konzentrationslagern Ausschwitz, Buchenwald und Sachsenhausen, bevor er am 21. April 1945 von der amerikanischen Armee befreit wurde. Zvi Steinitz besucht heute häufig Schulklassen, um die Erin-nerung an die Opfer des Holocaust wachzuhalten. Denn laut Zvi Stei-nitz „leben sie in uns weiter“.

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Nach einer unbeschwerten Kind-heit erlebte Uri Chanoch (*1928) die Besetzung seiner Heimatstadt Kaunas durch die Rote Armee und ein Jahr später durch die Wehr-macht. Er überlebte das Ghetto, ein Konzentrationslager und einen Todesmarsch. Im Gespräch fordert Uri Chanoch die Jugendlichen auf, neugierig zu sein, ihrer Umwelt of-fen und empathisch zu begegnen und sich für den Erhalt der Demo-kratie einzusetzen: „Passt auf, seid wach!“

Zvi Aviram wurde 1927 als Heinz Abrahamsohn in Berlin geboren. Nach der Deportation seiner El-tern 1943 tauchte der 16-Jährige unter und arbeitete für die Wider-standsgruppe Chug Haluzi, die von jüdischen Jugendlichen gegründet worden war. Während seiner Odys-see durch verschiedene Berliner Verstecke wurde er zweimal verhaf-tet, und doch gelang ihm letztlich die Flucht. Zvi hat erst sehr spät begonnen, seine Geschichte zu er-zählen. Sein Mut und seine Stärke beeindrucken auch noch heute.

Ilse Heinrich wurde 1924 bei Wis-mar geboren. Von den Behörden als „arbeitsscheu“ klassifiziert, wurde sie 1944 in das Frauenkon-zentrationslager Ravensbrück überstellt. Dort gehörte sie der Häftlingskategorie der sogenann-ten „Asozialen“ an. Sie überlebte das Konzentrationslager und lebt heute in Berlin. Zum Jahrestag der Befreiung des KZs in Ravensbrück ließ sie Schüler*innen teilhaben an ihrer bewegenden Geschichte.

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Margot-Friedländer-PreisGeboren 1921 in Berlin, überlebte Margot Friedländer Verfolgung und Krieg im Untergrund und im Kon-zentrationslager Theresienstadt. Heute besucht Margot Friedländer regelmäßig Schulen und andere Einrichtungen, um über ihr Leben zu berichten und aus ihrem Buch „Versuche dein Leben zu machen“ zu lesen. In Anerkennung von Mar-got Friedländers Lebensleistung verlieh die Schwarzkopf-Stiftung in 2015 erstmals den Margot-Fried-länder-Preis. Ausgehend von der Aufforderung Margot Friedländers, „Ihr müsst die Zeitzeugen sein, die

wir nicht mehr lange sein können!“, sind Berliner Schüler*innen einge-laden, sich mit einem Projekt zu bewerben, in dem sie sich mit dem Holocaust im Kontext heutiger Erinnerungskultur auseinander-setzen und junge Menschen ermu-tigen, sich aktiv im Kampf gegen Antisemitismus, Rechts ex tre mis-mus und Ausgrenzung zu engagie-ren.

Schüler*innen der Staatlichen Ballettschule in Berlin und Schu-le für Artistik wurden 2015 mit dem Margot-Friedländer-Preis aus-

gezeichnet. Mit dem Preisgeld ha-ben die Schüler*innen eine Smart-phone-App entwickelt, mit der sie ein Zeichen gegen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Homopho-bie setzen. Am Beispiel von aus-gewählten Personen thematisiert die App toleranCUBE vergangene und gegenwärtige Akte von Aus-grenzung und Diskriminierung, Intoleranz und Hass, Gewalt und Vernichtung. toleranCUBE gibt die-sen Zeugen eine Stimme und ein Gesicht, ist schülergerecht gestal-tet und kann als App mobil überall zum Einsatz kommen.

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Eindrücke von der AppMonika Grütters mit Margot

Friedländer

Yakov Hadas-Handelsman, André Schmitz-Schwarzkopf, Margot Fried-länder, Ulrich Plett und Ozan Keskinkilic

Vorstellung von toleranCUBEPreisverleihung

Musikalische Begleitung

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Europa fEiErn: prEisE unD fEstE

Zahlen & Fakten

1 Festival

700 Gäste zum Adventskonzert

1 Überraschungsgast

350 Erinnerungsbilder an das Hoffest

5.000 Euro Preisgeld für mehr Europa

Europa feiern – mithilfe von Auszeichnungen, Festen und Festivals war es der Schwarzkopf-Stiftung auch in diesem Jahr ein besonderes Anliegen, außergewöhnliches Engagement zu würdigen, auf aktuelle europäische Themen aufmerksam zu machen sowie junge Europäer*innen in Europa miteinander zu verbinden.

Erstmals beteiligte sich die Stiftung in 2015 an der Konzeption und Organi-sation eines Festivals, bei dem im Oktober rund 100 in Deutschland leben-de israelische Künstler in Berlin zusammenkamen.

Mit dem Preis „Junge*r Europäer*in des Jahres“ möchte die Schwarz-kopf-Stiftung insbesondere auf die Leistungen junger Menschen für Frie-den und Freiheit in Europa aufmerksam machen. Geehrt wird jährlich eine junge Persönlichkeit zwischen 18 und 26 Jahren. Das Preisgeld von 5.000 Euro wird verwendet, um den Preisträger*innen einen Einblick in eine eu-ropäische Institution zu ermöglichen.

Mit dem Europäischen Hoffest und dem Adventskonzert nutzt die Stiftung jedes Jahr die Gelegenheit, die unterschiedlichen Akteure und Ehrenamtli-chen unserer Programme sowie Ehemalige einzuladen, um miteinander in Kontakt zu bleiben und Europa zu feiern.

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Europa fEiErn

ID-Festival BerlinMotiviert von der Idee, neue Tra-ditionen zwischen israelischen und deutschen Künstler*innen zu etablieren und einen kulturellen wie auch gesellschaftspolitischen Akzent zu setzen, veranstaltete die Schwarzkopf-Stiftung 2015 ihr erstes Festival – mit über 100 in Deutschland lebenden israelischen Künstler*innen.

Ausgangspunkt des ID-Festivals war die Geschichte jüdischer Mu-siker*innen in Berlin. Viele die-ser Musiker*innen waren in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts feste Größen der Mu-sikszene in Deutschland, nach dem Krieg gab es sie nicht mehr.

Heute genießt eine junge Genera-tion israelischer Künstler*innen die Entfaltungsmöglichkeiten des kreativen Umfeldes in Berlin und bereichert umgekehrt die Stadt mit

eigenen künstlerischen Ausdrucks-formen und Ergebnissen. Diese Menschen treffen eine bewusste Entscheidung, an einem Ort zu leben, der eine bekannte Rolle in der Geschichte jüdischen Lebens spielt. Für viele dieser Künstler*in-nen war es keine einfache Ent-scheidung, sondern eine, die nach ernsthafter Selbstbefragung und Abwägung getroffen wurde, denn sie sind Nachfahren derjenigen eu-ropäischen Juden, die aus Europa geflohen sind. Sie erkennen die Veränderungen, die Berlin erlebt hat, und nutzen die Gelegenheit, Berlin als Kulturstadt mitzugestal-ten.

Vom 16. bis 18. Oktober kamen sie im Radialsystem V für ein Sympho-niekonzert, kleinere Ensembles, eine Kunstausstellung, Performan-ces, Filmvorführungen, Tanz- und Theateraufführungen, aber auch

Diskussionsveranstaltungen zu-sammen. Thematisch standen dabei Fragen der Identität und Herkunft, der Freiheit und des Zu-sammenlebens in künstlerischer Vielfalt im Mittelpunkt.

Unter der Schirmherrschaft der Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters zeigten die Künstler*innen vor insgesamt rund 1.600 Besucherinnen und Be-suchern in einer Atmosphäre von Offenheit und Toleranz die Vielfalt israelischen Lebens in Berlin.

Fotos: Danny Kurz

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Europa fEiErn

Junge Europäerin des Jahres 2015Mit dem Preis „Junge*r Europä-er*in des Jahres“ zeichnet die Schwarzkopf-Stiftung jährlich ei-nen jun gen Menschen für sein über-durchschnittliches Engagement für Europa aus. 2015 wurde die 21-jäh-rige Ukrainerin Eugenia Lopata mit dem Preis geehrt. Sie studiert Business Studies and Management Science sowie Fremdsprachen und Kulturmanagement in Czernowitz. Eugenia ist ehrenamtliche Leiterin

des Internationalen Lyrikfestivals Meridian Czernowitz und damit die jüngste Kulturmanagerin der Uk-raine. Mit internationalen literari-schen Projekten, zum Beispiel der „Lyriktournee Meridian Czernowitz 2014 Österreich – Ukraine – Polen – Tschechien – Deutschland“, stellte sie einen Dialog zwischen zeitge-nössischen ukrai nischen Dichtern und ihren ausländischen Kollegen her.

Die Preisverleihung fand im Rah-men einer festlichen Veranstaltung im LiteraturHausBerlin statt, in dem Eugenia neben anderen auch von dem ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk mit einer Laudatio geehrt wurde.

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Eugenia, welchen besonderen Wert verbindest Du mit Europa?

Da Europa unglaublich vielfältig ist, möchte ich mehrere damit verbundene und mir wichtige Werte nennen: vor allem Akzeptanz, Verständnis, Identität, Gerech-tigkeit, Respekt, Verant wortung und Mit-gefühl.

Du sagst, dass Kunst und Kultur starke Instrumente sind zur Überwindung von fehlender Verständigung zwischen Bürger*innen und Politiker*innen. Ist das auch auf unterschiedliche Kultu-ren anwendbar?

Ein aktuelles Beispiel ist das letzte von mir durchgeführte Projekt „Lyriktournee Me-ridian Czernowitz 2015“, das wir zusam-men mit Autoren aus mehr als acht Län-dern, auch aus Russland, Deutschland, der Ukraine und Israel, realisiert haben. Zu unseren öffentlichen Diskussionen mit ukrainischen Schriftstellern und Kultur-schaffenden in Europa kamen viele Men-schen – vor allem um die Perspektiven der Menschen kennenzulernen, die das gesellschaftliche Leben der Ukraine for-men. Dieses Projekt zeigte mir, dass der Mensch nur akzep tiert und versteht, was er selbst erlebt hat. Das ist Kulturdiploma-tie. Ob Kultur eine bessere Verständi gung zwischen Politikern und Bürgern ermög-licht? Schon. Wenn aber nicht, erfüllt sie viel wich tigere Funktionen – sie ermög-licht den Menschen, ihre eigene Identität zu verstehen, und ver mittelt menschliche Werte; das, was die ukrainischen Politiker leider noch nicht wahrneh men können.

Du wirst mit dem Preisgeld ein Prak-tikum bei einem oder einer Abgeord-neten des Europäischen Parla ments machen. Kannst Du Dir eine berufliche Laufbahn in Europa vorstellen, und wenn ja, in welcher Weise?

Eine berufliche Laufbahn mit europäi-schem Bezug ist für mich gut vorstellbar. Das Wesentliche ist, ei nen Kulturdialog der europäischen Staaten und Regierun-gen mit der Ukraine zu fördern. Als Kul-turdiplomatin meines Landes ist mein Ziel der Brückenbau zwischen unseren Kul turen und das Niederreißen der po-litisch-sozialen Mauern, die im 21. Jahr-hundert immer noch so zahlreich existie-ren.

Andrij Melnyk, Eugenia Lopata und André Schmitz-Schwarzkopf

Empfang nach derPreisverleihung

Laudatio: Andrij Melnyk,Botschafter der Ukraine

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Europa fEiErn

Europäisches Hoffest und AdventskonzertDas alljährliche Europäische Hof-fest der Schwarzkopf-Stiftung wid-mete sich dem Rückblick auf 15 Jahre Schwarzkopf-Stiftung in Ber-lin. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller würdigte an die-sem 27. Juni insbesondere die Be-deutung zivilgesellschaftlicher Ak-teure für die Stadt Berlin und warb dafür, den aktuellen Zuzug von Menschen nach Berlin als Gewinn der kulturellen Vielfalt anzusehen. Im Anschluss sang der Counter-tenor Dani Alor syrische Traditio-nals, und die Band „Bakshish Brass Band“ spielte bei strömendem Re-gen Klezmer vom Balkan.

Im Paulinenhof kamen zahlreiche Preisträger*innen der Schwarz-kopf-Stiftung aus vergangenen Jahren, die Trainer*innen-Teams der EU-Kompakt-Kurse aus Ber-lin und Nordrhein-Westfalen, Veranstaltungsmoderator* innen, Freund*innen der Schwarz-kopf-Stiftung sowie Mitglieder des European Youth Parliaments zu-sammen. Eine Fotobox sorgte die-ses Jahr für besondere Erinnerun-gen für die rund 400 anwesenden Gäste. Das Ernst-Abbe-Gymnasi-um Berlin versorgte die Gäste mit selbst zubereiteten Speisen.

Zum Europäischen Adventskonzert sind Freundinnen und Freunde der Schwarzkopf-Stiftung eingeladen, ein Musikstück, ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte vorzutragen, die sie in besonderer Weise mit Weihnach-ten in Europa verbinden. Daraus ist ein Programm entstanden, das von professionellen Künstler*innen so-wie von Jugendlichen aus Berlin und ganz Europa gestaltet wird. Das Frie-denskonzert stand in diesem Jahr unter dem inhaltlichen Schwerpunkt der Flüchtlingspolitik.

Der Staats- und Domchor Berlin eröffnete in diesem Jahr feierlich den Abend. Außerdem konnten wir die Opernsängerin Elbenita Kaj-tazi (Kosovo), die Schauspielerin Eva Mattes (Österreich), den Be-gegnungschor aus Berlinern und Neu-Berlinern, den Hebräischen Chor Berlin, Dani Alor (Syrien), Anastasia Ntracha (Griechenland), das Junge Ensemble Berlin, Dagmar Reim und den Überraschungsgast Max Raabe begrüßen.

Insgesamt folgten über 700 Men-schen der Einladung der Schwarz-kopf-Stiftung an diesem 15. Dezember, um gemeinsam ein er-eignisreiches Jahr 2015 mit dem Ad-ventskonzert zu feiern und ausklin-gen zu lassen.

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DiE schwarzkopf-stiftung

Vorstand und Geschäftsführung

Von links nach rechts: Dr. Ekkehard Nümann, Theo Koll, Zahra Runderkamp, Dieter Kosslick, Prof. Dr. Michaele Schreyer, Anne Rolvering, André Schmitz-Schwarzkopf, Krista Simberg, Tobias Bütow, Dr. Michael Maßbaum, Hans-Christian Schwarzkopf

Es fehlen: Heinrich Haasis, Dr. Eric Schweitzer

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Das Team

Anne RolveringGeschäftsführerin

Monika SeidelProjektmanagerin

Maximilian Kiehn Assistent des Vorstands

Stefan VandenhendeProjektmanager

David SchlösserProgrammleiter

Lena PrötzelProjektmanagerin

Ilka KeuperProgrammleiterin

Heiko SeiserAssistent d. Geschäftsführung

Krista SimbergProgrammleiterin

Alexandre NarayaninStudentische Hilfskraft

Viviane OttoProjektleiterin

Hanna LorenzenProgrammleiterin

Mandy BuschinaLeiterin Kommunikation

Marcel SchattonFSJ Kultur

Bernard DrögeProjektmanager

Kerstin EckartProjektmanagerin

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Förderer und Kooperationspartner

Zivilgesellschaftliche Organisationen

Staatliche Institutionen

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ImpressumV.i.S.d.P.: Anne Rolvering und Mandy Buschina

Redaktion: Mandy Buschina und Bernard Dröge

Lektorat: Thorsten Tynior

Fotos: Adrian Jankowski (www.adrian-jankowski.com), Janne Vanhemmens, Aleksey Prylipka

Alle Publikationen zum Jahres-rückblick sind abrufbar unter: www.schwarzkopf-stiftung.de/about/publikationen-und-down-loads/

Veröffentlicht im Februar 2016.

Die Arbeit der Schwarzkopf-Stif-tung wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kom-mission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthalte-nen Angaben.

Unternehmen

Akteure aus Wissenschaft und Medien

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