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1 PARITäTISCHER Rundbrief Jahresrückblick 2009 DEUTSCHER PARITÄTISCHER WOHLFAHRTSVERBAND GESAMTVERBAND e. V. | www.paritaet.org Januar 2009 Der PARITäTISCHE macht Schule Der PARITäTISCHE Gesamtverband legt Thesenpapier für eine Reform des Schulwesens vor und stellt neuen Referenten für Schulische Bildung ein. Für einen Verband, der sich für Armutsbekämpfung, soziale Ge- rechtigkeit, Chancengleichheit, Toleranz, Offenheit und Vielfalt einsetzt, liegt es nicht fern, sich unter dem Motto „Bildung als bes- te Armutsbekämpfung“ auch mit dem Bereich schulischer Bildung auseinanderzusetzen. Ein gutes Bildungssystem ist die beste Ar- mutspolitik. Der PARITäTISCHE wird sich zukünftig verstärkt in die Bildungsdebatte einmischen. Nach einjähriger Diskussion wurde im Dezember 2008 vom Verbandsrat ein bildungspolitisches Thesenpa- pier verabschiedet. Mit dem Bürgerschulkonzept for- dert der Verband eine grundle- gende Reform des Schulwesens. In acht Thesen werden die bestehen- den Strukturen in Frage gestellt. Die „Bürgerschule“ setzt auf mehr Autonomie, mehr Vielfalt und eine starke Gemeinwesenorientierung der Schulen. Auch arme Eltern müssten sich für eine Schule ihrer Wahl entscheiden dürfen. Ziel ist ein demokratisches und vielfälti- ges Bildungssystem, das es gerade für Kinder aus bildungsferneren Schichten vermag, Chancenge- rechtigkeit herzustellen. Seit dem 1. Januar 2009 koordi- niert Dr. Thomas Pudelko als An- sprechpartner des Gesamtverban- des die Aktivitäten im Bereich der schulischen Bildung. Es wurde ein Arbeitskreis mit den Landesver- bänden eingerichtet und eine um- fassende Bestandsaufnahme zu Schulträgern in der Mitgliedschaft vorgenommen. Im November 2009 führte der Verband in Kooperation mit dem PARITäTISCHEN Baden- Württemberg eine bundesweite Fachtagung durch. Ländersache Bereits 2007 legte der Landes- verband Berlin sein Konzept „Bürgerschule für alle!“ vor, auf dem das Thesenpapier aufbaut. Verschiedene Landesverbände wie u.a. Bremen, Hessen und Ba- den-Württemberg haben eben- falls eigene Publikationen zum Thema auf den Weg gebracht . Krankenkassenschutz Bei Beitragsschulden gegenüber der Krankenkasse ruht der Leis- tungsanspruch der Betroffenen. Auf Druck des PARITäTISCHEN stellte die Bundesregierung klar, dass mitversicherte Kinder dennoch vollen Zugang zu allen Leistungen haben. Mindestlöhne Der PARITäTISCHE begrüßte die Einführung des Mindestlohns in der Pflege und forderte die aus- reichende Refinanzierung guter Löhne. Der Mindestlohn dürfe durch Kostenträger nicht miss- braucht werden, um Vergütun- gen künstlich niedrig zu halten. Mehr Partizipation Im Rahmen des Projektes „Inte- gration durch Partizipation“ wer- den Migrantenorganisationen qualifiziert, damit sie sich wir- kungsvoll in die Gestaltung der Integrationspolitik einbringen können. Das Projekt wird geför- dert vom EIF und dem BAMF. UN-Konvention Der PARITäTISCHE engagiert sich intensiv für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven- tion. Neben Veröffentlichungen und Infoveranstaltungen, fand 2009 eine große Tagung in Ko- operation mit dem IMEW statt.

Jahresrückblick 2009

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Eine komprimierter Rückblick auf die Aktivitäten des Verbandes im Jahre 2009. Dezember 2009

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ParitätiSCHEr rundbrief Jahresrückblick 2009deutscher paritätischer wohlfahrtsverband gesamtverband e. v. | www.paritaet.org

Januar 2009

Der ParitätiSCHE macht SchuleDer ParitätiSCHE Gesamtverband legt thesenpapier für eine reform des Schulwesens vor und stellt neuen referenten für Schulische Bildung ein.

Für einen Verband, der sich für armutsbekämpfung, soziale Ge-rechtigkeit, Chancengleichheit, toleranz, Offenheit und Vielfalt einsetzt, liegt es nicht fern, sich unter dem Motto „Bildung als bes-te armutsbekämpfung“ auch mit dem Bereich schulischer Bildung auseinanderzusetzen. Ein gutes Bildungssystem ist die beste ar-mutspolitik. Der ParitätiSCHE wird sich zukünftig verstärkt in die Bildungsdebatte einmischen. Nach einjähriger Diskussion wurde im Dezember 2008 vom Verbandsrat ein bildungspolitisches thesenpa-pier verabschiedet.

Mit dem Bürgerschulkonzept for-dert der Verband eine grundle-gende reform des Schulwesens. in acht thesen werden die bestehen-den Strukturen in Frage gestellt. Die „Bürgerschule“ setzt auf mehr autonomie, mehr Vielfalt und eine starke Gemeinwesenorientierung der Schulen. auch arme Eltern müssten sich für eine Schule ihrer Wahl entscheiden dürfen. Ziel ist ein demokratisches und vielfälti-ges Bildungssystem, das es gerade

für Kinder aus bildungsferneren Schichten vermag, Chancenge-rechtigkeit herzustellen.

Seit dem 1. Januar 2009 koordi-niert Dr. thomas Pudelko als an-sprechpartner des Gesamtverban-des die aktivitäten im Bereich der schulischen Bildung. Es wurde ein arbeitskreis mit den Landesver-bänden eingerichtet und eine um-fassende Bestandsaufnahme zu Schulträgern in der Mitgliedschaft vorgenommen. im November 2009 führte der Verband in Kooperation mit dem ParitätiSCHEN Baden-Württemberg eine bundesweite Fachtagung durch.

LändersacheBereits 2007 legte der Landes-verband Berlin sein Konzept „Bürgerschule für alle!“ vor, auf dem das thesenpapier aufbaut. Verschiedene Landesverbände wie u.a. Bremen, Hessen und Ba-den-Württemberg haben eben-falls eigene Publikationen zum thema auf den Weg gebracht .

KrankenkassenschutzBei Beitragsschulden gegenüber der Krankenkasse ruht der Leis-tungsanspruch der Betroffenen. auf Druck des ParitätiSCHEN stellte die Bundesregierung klar, dass mitversicherte Kinder dennoch vollen Zugang zu allen Leistungen haben.

MindestlöhneDer ParitätiSCHE begrüßte die Einführung des Mindestlohns in der Pflege und forderte die aus-reichende refinanzierung guter Löhne. Der Mindestlohn dürfe durch Kostenträger nicht miss-braucht werden, um Vergütun-gen künstlich niedrig zu halten.

Mehr Partizipationim rahmen des Projektes „inte-gration durch Partizipation“ wer-den Migrantenorganisationen qualifiziert, damit sie sich wir-kungsvoll in die Gestaltung der integrationspolitik einbringen können. Das Projekt wird geför-dert vom EiF und dem BaMF.

UN-KonventionDer ParitätiSCHE engagiert sich intensiv für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven-tion. Neben Veröffentlichungen und infoveranstaltungen, fand 2009 eine große tagung in Ko-operation mit dem iMEW statt.

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Februar 2009

Schutzschirme und almosenDer ParitätiSCHE wurde sowohl vom Bundestagsausschuss für arbeit und Soziales als auch vom Familienausschuss zur Sachverständigen-anhörung zum Konjunkturpaket ii eingeladen - im arbeits- und Sozial-ausschuss war er neben dem Deutschen Kinderschutzbund die einzige Wohlfahrtsorganisation, die hinzugezogen wurde. Vorrangig ging es um die geplante Erhöhung der regelsätze für Kinder zwischen 6 und 14.

Das Konjunkturpaket ii soll ein Vo-lumen von rund 50 Mrd. Euro ha-ben. Die investitionen in Bildung und Betreuung seien wichtig, doch insgesamt kritisiert der Paritäti-SCHE das Paket als enttäuschend. Weitere Maßnahmen der armuts-bekämpfung seien erforderlich. „Während großzügige Schutzschir-

me für Unternehmen gespannt wurden, werden die Bedürftigen mit ein paar almosen abgespeist“, so Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Die Erhöhung der regelsätze für Kinder könne nicht darüber hinweg täuschen, dass mehr als achtzig Prozent der Hartz iV-Empfänger leer ausgingen.

März 2009

Jobcenter-StreitDas Bundesverfassungsgericht beurteilt die bestehende Mischverwal-tung in den arGEn als verfassungswidrig. Die regierung muss bis Ende 2010 eine neue Lösung finden. Der ParitätiSCHE setzt sich dafür ein, dass das Prinzip der „Hilfen aus einer Hand“ nicht aufgegeben wird.

im März ließ die Unions-Fraktion den vorliegenden Kompromiss-vorschlag zur Zukunft der Job-center platzen. Der ParitätiSCHE appellierte an die Partei, den Weg für eine Lösung im interesse der Betroffenen frei zu machen.

Der Verband fordert die Gewähr-leistung des Prinzips der „Hilfen aus einer Hand“ und die ausweitung der Optionsmöglichkeit für Kom-munen. Es dürfe nicht sein, dass der Bürger am Ende wieder mit zwei oder mehr Bescheiden von

verschiedenen Behörden dasteht, die sich womöglich noch wider-sprechen. Entscheidungen müssten da fallen, wo die Menschen leben.

Um die Einführung der getrenn-ten aufgabenwahrnehmung, wie sie von der neuen schwarz-gelben Koalition angestrebt wird, zu ver-hindern, wäre eine Grundgesetz-änderung erforderlich. Der Pari-tätiSCHE hat zuletzt im Dezember 2009 in einem Brief an die neue Bundesarbeitsministerin seinen Positionen Nachdruck verliehen.

arbeitshilfe für KitasDer ParitätiSCHE hat ein Hand-buch für die Beobachtung und Dokumentation individueller Bildungswege von Kindern er-arbeitet. Das Handbuch ist ein praktischer ratgeber für die tägliche arbeit in Kindertages-einrichtungen. Der Ordner kann für 20,00 € (Mitglieder: 12,00 €) zzgl. MWSt. und Versandkosten online bestellt werden:

www.der-paritaetische.de/kiahi/

Kinderschutzin einer Stellungnahme hat sich der ParitätiSCHE massiv gegen das geplante Kinderschutzge-setz ausgesprochen. Das Gesetz konnte erfolgreich gestoppt werden. Ein Gesetz, das wirklich Prävention gewährleistet, müs-se durch eine interdisziplinäre arbeitsgruppe ausgearbeitet werden, fordert der Verband.

Visa-Warn-DateiDer ParitätiSCHE hat in einem Brief an Bundesinnenminister Schäuble grundsätzliche Kritik an der geplanten Einführung ei-ner Visa Einlader- und Warndatei geübt. Die neue regierung hat von den Plänen mittlerweile ab-stand genommen.

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april 2009

Zehntausend X ParitätZum Jahreswechsel hat der ParitätiSCHE die „10.000er-Marke“ erreicht, das heißt der Verband zählt nunmehr bundesweit mehr als 10.000 Mit-gliedsorganisationen. Ein guter anlass, um zu feiern!

im rahmen einer Veranstaltung in Berlin hat der ParitätiSCHE die aufnahme der 10.000sten Mitgliedsorganisation gewürdigt und gemeinsam mit zahlreichen Gästen die Bedeutung der Freien Wohlfahrtspflege und des Bür-gerschaftlichen Engagements für Staat und Gesellschaft diskutiert. „Von der Krankenanstalt zur Freien Schule – Bürgerschaftliches Enga-gement im Wandel der Zeit“ laute-te das Motto der Veranstaltung, zu der der Verband in ein Zirkuszelt des Cabuwazi e.V., Mitgliedsorga-nisation des ParitätiSCHEN Berlin, eingeladen hatte.

„Wir sind Mitglied im Paritätischen geworden, weil wir kompetent be-raten wurden und weil wir starke

Partner für die Umsetzung unserer ideen brauchen“, betonten die re-präsentanten der neu aufgenom-menen Mitgliedsorganisationen.

Da die aufnahme der Mitglie-der dezentral, über die einzelnen Landesverbände erfolgt, wurden insgesamt drei Mitgliedsorgani-sationen als „die 10.000sten“ im ParitätiSCHEN begrüßt: eine Freie Schule aus Berlin (BiP Kreativitäts-grundschule Berlin-Friedrichshain), eine Behindertentanzgruppe aus Essen (Flotte Socken e.V.) sowie Phönix e.V., ein Verein aus Mainz, der sich der sportlichen und kultu-rellen Jugendarbeit insbesondere für Kinder und Jugendliche aus aussiedlerfamilien widmet.

Schwangerschafts-Konflikt-GesetzDie änderung des Schwanger-schaftskonfliktgesetzes wurde durch einen intensiven innerver-bandlichen abstimmungsprozess begleitet. im Ergebnis konnte ein interessenausgleich vorgenom-men und eine Stellungnahme ver-abschiedet werden.

Kitas im Wohngebietin großen Städten wie Hamburg oder Berlin ist es wiederholt zu Schließungen von Kindertages-einrichtungen aufgrund von an-wohnerklagen gegen den Kin-derlärm gekommen. Um mehr rechtssicherheit für Kitas in rei-nen Wohngebieten zu erhalten, setzt sich der ParitätiSCHE für-eine änderung der BauNVO ein.

Seltene KrankheitenDer ParitätiSCHE mobilisierte erfolgreich gegen eine Emp-fehlung der EU, wonach seltene Krankheiten „ausgemerzt“ wer-den sollten durch die gezielte „Selektion“ gesunder Embryonen vor der künstlichen Befruchtung.

rekordergebnis2008 sind die Zuwendungen, die an Mitglieder weitergegeben wer-den konnten, um 21 Prozent ge-stiegen. insgesamt konnten rd. 63 Millionen Euro akquiriert und ver-mittelt werden. 2008 war damit das erfolgreichste akquisejahr des ParitätiSCHEN seit zehn Jahren.

Flotte Socken e.V.

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Mai 2009

Erster regionaler armutsatlasFür tagesschau, tagesthemen und heute war der Erste regionale armutsatlas das top-thema. Spiegel-Online berichtete ebenso darüber wie sämtliche große überregionale tageszeitungen und kleine Lokal-blätter. Der armutsatlas hat aufgerüttelt, denn er zeigt: Deutschland ist hinsichtlich der armutsentwicklung ein zutiefst zerrissenes Land.

Ganze regionen drohen in einen teufelskreis der Verarmung zu ge-raten, wie der armutsatlas, den die ParitätiSCHE Forschungsstelle im Mai veröffentlichte, zeigt. Bei einer bundesweit durchschnittlichen armutsquote von 14,3 Prozent reichen die in dem atlas erstmals veröffentlichten regionalen ar-mutsquoten von 7,4 Prozent im Schwarzwald bis zu 27 Prozent in Vorpommern.

Der ParitätiSCHE präsentierte mit dem armutsatlas die erste Ge-samtübersicht zur regionalen Ver-teilung von armut in Deutschland. Der atlas belegt, dass die gängige

statistische Unterscheidung zwi-schen Ost- und Westdeutschland in der realität viel zu kurz greift. „Zwanzig Jahre nach dem Mauer-fall ist Deutschland nicht länger zwei- sondern mindestens drei-geteilt und im Hinblick auf die ar-mutsbetroffenheit zerrissener als je zuvor. Wenn die ärmste region eine viermal so hohe armutsquo-te aufweist wie die reichste, hat das mit gleichwertigen Lebens-verhältnissen nichts mehr zu tun“, so Hauptgeschäftsführer Dr. Ulrich Schneider.

Dr. rudolf Martens, Verfasser des armutsatlasses, betont dabei die Notwendigkeit einer nachhaltigen Verknüpfung von Wirtschafts- und

Sozialpolitik mit der gezielten För-derung von regionen. Ohne ge-zielte Maßnahmen werde mittel-fristig jede Grundlage für eine gute ökonomische Entwicklung in den betroffenen regionen zerstört.

internetdatenbankDer atlas wurde erstellt mit Unter-stützung der Statistischen ämter des Bundes und der Länder. als Download ist er im internet zu fin-den unter www.armutsatlas.de.

Unter unseren Verhältnissen ...Der erste Armutsatlas für Regionen in DeutschlandDEUTSCHER PARITÄTISCHER WOHLFAHRTSVERBAND GESAMTVERBAND e. V. | www.armutsatlas.de

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Erziehernotstandin deutschen Kitas gibt es zu we-nig Personal. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des ParitätiSCHEN, der Diako-nie und der GEW. Die Verbände warnen vor einem Bildungs- und Erziehernotstand und fordern Bund, Länder und Kommunen zu einer „Qualitätsoffensive in den Kitas“ auf. Die Expertise „Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung“ steht zum Download auf www.paritaet.org bereit.

Gerechte renteim Mai legte das „Netzwerk für eine gerechte rente“ einen Monitoring-Bericht zum thema altersarmut vor. im Netzwerk engagieren sich neben dem ParitätiSCHEN u.a. der DGB und die Volkssolidarität. insgesamt hat das Netzwerk bereits drei Forschungsberichte zur „rente mit 67“ vorgelegt.

Neues ProjektDas Netzwerk Selbsthilfefreundli-ches Gesundheitswesen will Klini-ken und arztpraxen für Kooperati-onen mit der Selbsthilfe gewinnen. Partner sind die Gesellschaft für soziale Projekte mbH (Der Pari-tätiSCHE NrW), NaKOS und das Uniklinikum Hamburg Eppendorf. Das Projekt wird gefördert von der BKK und koordiniert durch den ParitätiSCHEN Gesamtverband.

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Juni 2009

PflegekongressDer neue Pflegebedürftigkeitsbe-griff und die Frage, wie er umge-setzt werden kann, standen im Mittelpunkt des Kongresses

Der Vorschlag zur Neufassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs ist ein Meilenstein, doch die Umsetzung wird nicht kostenneutral zu haben sein. Die überfällige Einbeziehung demenzkranker Menschen darf nicht durch die Schlechterstellung anderer ebenso Pflegebedürftiger erkauft werden. Der ParitätiSCHE diskutierte im Juni mit Vertreterin-nen und Vertretern aus Wohlfahrt, Wissenschaft und Politik, welche Schritte als nächstes zu gehen sind.

Selbsthilfe-StudieDie von unabhängigen Wissen-schaftlern unter Leitung von Prof. Dr. Norbert Wohlfahrt (EFH Bochum) erstellte Studie zur Selbsthilfe im ParitätiSCHEN wurde auf einer tagung in Ko-operation mit dem Landesver-band Niedersachsen vorgestellt. Weitere Veranstaltungen sind in Vorbereitung.

Juli 2009

teilhabe an Erwerbsarbeitin einem viel beachteten Positionspapier fordert der ParitätiSCHE, die tätigkeit von Beschäftigungsunternehmen abzusichern.

Der ParitätiSCHE warnt vor ei-nem massiven anstieg der Lang-zeitarbeitslosigkeit in Folge der Wirtschaftskrise und fordert den ausbau öffentlich geförderter Be-schäftigung. Wenn der arbeits-markt versagt, müsse der Staat regulierend eingreifen und dafür sorgen, dass die Menschen nicht ins Nichtstun abgeschoben wer-den.

Die bestehenden rund 1000 Be-schäftigungsunternehmen bewei-sen täglich, dass sie in der Lage

sind, den negativen Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit entgegen zu wirken und die berufliche Wie-dereingliederung zu fördern. Der Verband plädiert daher für eine Gesetzesinitiative, die die arbeit von Beschäftigungsunternehmen rechtlich und finanziell absichert.

anders als in europäischen Nach-barländern existiert in Deutschland bisher kein eigenes instrument für die Förderung von Beschäfti-gungsunternehmen, kritisiert der Verband.

Schuldenreport 2009Der ParitätiSCHE hat u.a. mit den Verbraucherschutzzentra-len den Schuldenreport 2009 vorgestellt. Der Verband be-kräftigte in diesem Zusammen-hang seine Forderung nach dem „Girokonto für jedermann“.

PatientenverfügungDer ParitätiSCHE begrüßte die Verankerung von Patientenver-fügungen im Betreuungsrecht. Zum neuen Gesetz zur regelung der Verbindlichkeit von Patien-tenverfügungen stellte der Ver-band seinen Mitgliedern eine Handreichung zur Verfügung.

Was Kinder brauchenim Juni fand in Berlin eine Fach-tagung zu den Kinderregelsätzen unter Mitwirkung des nordrhein-westfälischen Sozialministers Karl-Josef Laumann statt. Es war die erste Kooperationsveranstal-tung des ParitätiSCHEN mit ei-nem Landesministerium.

Wahlen verändernDie Veröffentlichung der Publi-kation „Wahlen verändern. Weil jeder gleiche Chancen braucht“ markierte den auftakt der ParitätiSCHEN Kampagne zur Bundestagswahl. Zur Vorbe-reitung wurde ein arbeitskreis der Grundsatzreferenten neu eingerichtet. Die internetseite www.wahl.paritaet.org bilde-te die zentrale Plattform zum informationsaustausch im Vor-feld der Bundestagswahl.

Parität goes EuropeZur Europawahl veröffentlichte der ParitätiSCHE eine zwei-sprachige Publikation (deutsch/ englisch) zur europapolitischen Standortbestimmung.

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august 2009

Sechs-Punkte-Papier des ForumsDas Forum der Migrantinnen und Migranten im ParitätiSCHEN fordert in einem eigenen Positionspapier zur Bundestagswahl die stärkere poli-tische Beteiligung von Zugewanderten in Deutschland.

Die über 100 zum Forum gehören-den Migrantenorganisationen se-hen insbesondere im Bereich des Staatsbürgerschaftsrechts und im Bildungswesen reformbedarf. Sie fordern die Einführung des kom-munalen Wahlrechts sowie erleich-terte Einbürgerungsbedingungen. Die regelung zum Familiennach-

zug sei integrationsfeindlich und gehöre ebenso wie der Options-zwang für Jugendliche abgeschafft. Darüber hinaus seien Strukturre-formen im Bildungssystem, eine durchgängige Sprachförderung und die verbesserte anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zwingend nötig.

September 2009

ParitätiSCHEr VerbandstagEine Podiumsdiskussion mit Spitzenrepräsentantinnen und -repräsen-tanten der im Bundestag vertretenen Parteien bildete den abschluss der aktivitäten des ParitätiSCHEN zur Bundestagswahl 2009.

„Keinen fallen lassen! Weil jeder gleiche Chancen braucht.“ laute-te das Motto des ParitätiSCHEN Verbandstages Mitte September in Berlin. im Mittelpunkt der Veran-staltung stand die Frage nach der künftigen Gestaltung einer sozial gerechten Politik.

Die Journalistin Elisabeth Niejahr (DiE ZEit) setzte sich in einem re-ferat mit der Frage auseinander, wie sozial der deutsche Sozial-staat gegenwärtig ist. als weitere prominente referentin sprach die Präsidentin des Wissenschaftszen-trums Berlin, Professorin Jutta all-mendinger über Gerechtigkeit im Bildungssystem.

an der abschließenden Podi-umsdiskussion nahmen u.a. Ulla Schmidt (zu diesem Zeitpunkt noch Bundesgesundheitsministe-rin/SPD), Dirk Niebel (heute Bundesent-wicklungshilfeminis-ter/FDP) sowie ralf Brauksiepe (heute Staatssekretär im Bundesarbeitsminis-terium/CDU) teil.

Die Veranstaltung wurde filmisch doku-mentiert. Die Beiträ-ge sind zu finden auf:

www.paritaet.org

PatientenratgeberDer ParitätiSCHE hat gemein-sam mit dem C.H.Beck-Verlag die Broschüre „ihre rechte als Patient. Ein Wegweiser durch das Gesund-heitssystem“ herausgegeben. an dem ratgeber in einfacher Spra-che hat u.a. die Mitgliedsorganisa-tion „Unabhängige Patientenbera-tung Bremen“ mitgearbeitet. Die Broschüre ist im Buchhandel oder über den Verlag zu beziehen.

imagebroschüreDie neue Broschüre „Soziales Handeln in Vielfalt. Gemeinsam mehr bewegen“ enthält alles Wissenswerte rund um den ParitätiSCHEN Gesamtverband.

regierungswechselDer ParitätiSCHE ist mit einer 10-Punkte-agenda an die neu-en Koalitionspartner herange-treten. Neue arbeitskontakte werden aufgebaut. Eine auswer-tung des Koalitonsvertrags wur-de den Mitgliedern umgehend zur Verfügung gestellt.

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Oktober 2009

Verkürzung des ZivildienstesMit der durch die neue Koalition geplanten Verkürzung auf sechs Mo-nate wird das Ende des Zivildienstes eingeläutet. Der ParitätiSCHE hat dazu beigetragen, dass die Konsequenzen öffentlich diskutiert werden.

Bei der Verkürzung wird der Zivil-dienst sowohl für Einrichtungen wie für die Zivis selbst unattraktiv - kaum sind sie eingearbeitet, müssen sie schon wieder gehen. Der damit einhergehende ständige Wechsel der Bezugspersonen ist erst recht für die hilfebedürftigen Menschen, die von den Zivildienstleistenden betreut, gepflegt, begleitet und un-terstützt werden, eine Zumutung. Erste überregionale Mitgliedsorga-nisationen wie die Volkssolidarität

oder der arbeiter-Samariter-Bund haben bereits signalisiert, dass sie unter diesen Umständen von dem Einsatz von Zivildienstleistenden abstand nehmen werden.

Der ParitätiSCHE setzt sich seit Jahren für die Weiterentwicklung des Zivildienstes zum Lerndienst ein. aus Sicht des Verbandes muss jetzt vor allem auf Freiwillige Diens-te gesetzt werden.

Kinderregelsatz vor dem BVerfGSowohl das Bundessozialgericht als auch das Hessische Sozialgericht halten die regelsätze für Kinder für verfassungswidrig. Jetzt liegt die Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht.

am 20. Oktober 2009 verhandel-te das Bundesverfassungsgericht über die Frage, ob die regelleistun-gen für Kinder unter 14 Jahren de-ren tatsächlichen Bedarf decken.

Der ParitätiSCHE setzt sich seit Jahren für die Einführung eines eigenen bedarfsgerechten Kinder-regelsatzes ein. in der Studie „Was Kinder brauchen…Expertise zur bedarfsgerechten ausgestaltung der Kinderregelsätze nach Hartz iV“ hat der Verband bereits 2008 nachgewiesen, dass die aktuellen regelsätze für Kinder und Jugend-liche deutlich zu niedrig sind. Nach Berechnungen der ParitätiSCHEN Forschungsstelle müssten die

regelsätze für Kinder und Jugend-liche um bis zu 32 Prozent angeho-ben werden und beliefen sich dann je nach alter auf etwa 280 Euro für die Jüngeren bis rund 360 Euro für Jugendliche.

Eine Entscheidung des BVerfG wird für Januar 2010 erwartet.

Gesundheitsfondsangesichts des für 2010 er-warteten Milliardendefizits des Gesundheitsfonds fordert der ParitätiSCHE die stärkere Steu-erfinanzierung der GKV sowie die Einbeziehung aller Einkommens-arten in die Beitragsberechnung. Ferner müsse der Morbi-rSa wei-terentwickelt werden.

Neues HeimgesetzDas sog. Wohn- und Betreuungs-vertragsgesetz (WBVG) ist seit dem 1. Oktober 2009 in Kraft. Der ParitätiSCHE hat umfang-reiche Materialien erstellt und bundesweit informationsveran-staltungen durchgeführt.

PflegeverhandlungenDie Verhandlungen zwischen Leistungsträgern und -erbrin-gern wurden einvernehmlich als gescheitert erklärt. Die Verhand-lungspartner haben gemeinsam die Schiedsstelle angerufen.

resettlementDer ParitätiSCHE fordert, dass Deutschland sich im rahmen eines resettlement-Programms verpflichtet, kontinuierlich ein jährliches Kontingent von Flüchtlingen dauerhaft aufzu-nehmen und zu integrieren.

EingliederungshilfeDer ParitätiSCHE bringt sich intensiv in den Diskussionspro-zess zur reform der Eingliede-rungshilfe ein. Gemeinsam mit Vertretern aus Selbsthilfe und Wohlfahrtspflege wurde ein For-derungskatalog erarbeitet.

5 Jahre Hartz 4Zum Jahreswechsel veröffent-licht der ParitätiSCHE im inter-net eine Bilanz mit Zahlen und Fakten zu fünf Jahren Hartz iV .

www.5jahre-hartz4.de

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November 2009

20 Jahre armutsberichtam 9. November 1989 veröffentlichte der ParitätiSCHE den ersten armutsbericht für die Bundesrepublik Deutschland.

Der ParitätiSCHE armutsbericht brachte 1989 das thema armut erstmals öffentlichkeitswirksam auf die politische agenda. Was vorher politisch undenkbar war – die ar-mut in Deutschland als Massenphä-nomen klar zu benennen und in ihrem ausmaß und aller Vielschich-tigkeit zu beschreiben – ist heute kein tabu mehr. im abgeordneten-haus von Berlin diskutierten am 5. November über 100 Experten aus Wohlfahrt und Wissenschaft u. a. mit dem armutsforscher Prof. richard Hauser, wie die armutsberichterstat-tung der Zukunft aussehen kann.

Die audiodokumentation der Ver-anstaltung ist auf der Homepage des Gesamtverbandes zu finden. im Frühjahr 2010 wird ein Sonderheft der „Blätter der Wohlfahrtspflege“ zum thema erscheinen.

Dezember 2009

Neuer VorsitzDr. med. Eberhard Jüttner folgt Heidi Merk im amt

Der 69-jährige Humanmediziner und bisherige stellvertretende Vorsitzende Dr. med. Eberhard Jüttner ist am 4.12.2009 durch den Verbandsrat zum Nachfolger von Heidi Merk gewählt worden, die auf Grund ihres entwicklungspoli-tischen Engagements nicht mehr für das amt zur Verfügung stand.

Neben Cord Wellhausen, Vorsit-zender des ParitätiSCHEN NrW, wurde Josef Schädle, Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V., zum zweiten Stellvertreter ge-

Dr. med. Eberhard Jüttner,

Verband mit StandDer ParitätiSCHE hat sich erst-malig mit eigenem Stand in Ko-operation mit dem Union-Ver-sicherungsdienst (Competence Center Behindertenhilfe) und Zo-ne35 (Datenschutzassistent/On-lineberatung) an der Nürnberger Messe ConSozial beteiligt.

rahmenverträgeDie Zahl der rahmenverträge konnte deutlich ausgeweitet werden. aktuell bieten über 100 rahmenvertragspartner attrak-tive Konditionen für Mitglieder des ParitätiSCHEN.

Konjunkturpolitikin einer anhörung des Finanz-ausschusses des Bundestages warnte der ParitätiSCHE vor tiefen sozialen Verwerfungen in Folge des geplanten Wachs-tumsbeschleunigungsgesetzes.

Persönliches Budgetim rahmen eines Projektes wird eine interaktive internetplatt-form zum Persönlichen Budget aufgebaut. Die neue Kommuni-kationsplattform soll den direk-ten austausch, gezielte Beratung und Vernetzung ermöglichen.

Bleiberechtim Vorfeld der innenministerkon-ferenz hat der ParitätiSCHE er-neut eine reform des aufenthalts-rechts gefordert. Die drohende abschiebung von zehntausenden Betroffenen wurde durch eine Verlängerung der Bleiberechtsre-gelung vorläufig verhindert.

wählt. achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes, wurde neu in den Vorstand des Gesamtverban-des gewählt.

aktion MenschSeit Start der Gesellschafter-Kampagne von aktion Mensch in 2006 wurden insgesamt 1000 Projekte ParitätiSCHEr Mit-gliedsorganisationen gefördert.