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WWW.DIEWIRTSCHAFT.NOZ.DE INVESTMENTS AM HIMMEL SEITE 18 DIE WICHTIGSTEN TERMINE SEITE 32 AUSGABE 05/17 DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017 EINZELPREIS 1,90 € Die Nummer 1 in Sachen Sicherheit Ihr professioneller Partner für: Werkschutz / Werkfeuerwehr Pförtner- und Revierdienste Interventionsdienste Objektbewachung Sanitätsdienste Brandschutzhelfer-Seminare Carl-Benz-Straße 2-4 • 26871 Papenburg Tel. 0 49 61 / 66 42-222 • [email protected] www.hanrath-gruppe.de Brandschutzhelfer-Seminare 24 STUNDEN NOTRUFTELEFON CNC - Blechtechnik www.kuipers-metall.com POWER für Ihre Serie: 1.260h/Tag Diskreter Riese: JCK Holding betreibt weltweite Geschäfte Seite 3 MACHER & MÄRKTE Fleisch aus dem Labor, Züge ohne Abgase: So innovativ sind Firmen Seiten 12 bis 14 SPEZIAL INNOVATIONEN & IDEEN Foto: Alstom/ Wittwer Blühende Geschäfte: Der Gartengigant Emsflower im Porträt Seiten 20/21 GELD & GESCHÄFT In aller Munde: Wie das Kultgetränk Gin die Region erobert Seiten 28/29 LEBEN & LEIDENSCHAFT In dieser Ausgabe: STANDORTPORTRÄT STADT BAD IBURG „Ich bin 20 Kilometer entfernt in Löningen aufgewachsen. Das ist ein echtes Homecoming für mich“, sagt der 43-jährige Vorstand und Dip- lom-Sportökonom. So sei das Ange- bot des Berentzen-Aufsichtsrates für ihn auch eine „absolute Herzenan- gelegenheit“ gewesen. Noch heute leben drei seiner sechs Geschwister und seine Mutter in Löningen. Schwegmann, Vater von drei Töchtern im Alter von fünf, sieben und neun Jahren, pendelt noch als bekennender Ostseefan zwischen Haselünne, Löningen, Timmen- dorfer Strand und Genf. In der Schweiz war er vor seinem Wech- sel im Emsland als Manager beim Weltmarktführer im Kosmetikbe- reich, L’ Oréal, tätig. Die Lebens- mittelbranche kennt er von seinen anderen beruflichen Stationen bei den Süßwarenherstellern Storck und Mars sowie bei Hero, ein in- ternational tätiger Konzern im Be- reich von Fruchterzeugnissen, Ba- bynahrung und Müsliriegeln. Berentzen will sich im nicht al- koholischen Segment weiter profi- lieren. „Gesunde Ernährung ist Thema Nummer eins in den sozia- len Netzwerken“, weiß Schweg- mann. Er setzt auf die zuckerarme Mate-Limonade MioMio. „Unser Rohdiamant besitzt viel Potenzi- al.“ Er soll zum Unternehmensdia- mant von Berentzen werden. Ähn- liches gelte für die Marke Citroca- sa. Mit der Berentzen-Fruchtpres- se bereitet sich der Endabnehmer seinen Orangensaft – frisch ge- presst, versteht sich – selbst zu. Trotz aller Innovation setze Be- rentzen weiter auf Spirituosen. Schwegmann, der gerne Tennis spielt und sich in Sportstudios fit hält, will die Teamfähigkeit der 500 Mitarbeiter in der Berentzen- Gruppe stärken. „Wir brauchen ei- ne gemeinsame DNA.“ Das Vor- standsmitglied will hier ansetzen und Strukturen ändern und not- falls Mauern einreißen. Das kom- plexe Unternehmen benötige eine starke eigene Identität. Die neue Maxime und Firmenphilosophie liefert Schwegmann gleich mit: „Durst auf Leben.“ Berentzen braucht eine eigene DNA Neuer Vorstand Oliver Schwegmann empfindet Aufgabe als Herzensangelegenheit VON HERMANN-JOSEF MAMMES HASELÜNNE. Mit Oliver Schweg- mann hat ein echter Bekenner zur Region am 1. Juni das Kom- mando der Berentzen-Gruppe im emsländischen Haselünne übernommen. Berentzen-Vorstand Oliver Schwegmann. Foto: Hermann-Josef Mammes Krankheitskosten für Betriebe auf Rekordniveau Fallen Teile der Belegschaft aus, kommt das die Unternehmen teuer zu stehen: Mehr als 50 Milliarden Euro geben Betriebe jährlich für Lohnfortzahlungen und Co. aus, Tendenz steigend. Wie viel Krankheit kostet und welche Maßnahmen helfen, Mitarbeiter fit zu halten, lesen Sie auf den Seiten 6 und 7. Grafiken : Colourbox.de · Montage: Matthias Michel

INVESTMENTS AM HIMMEL … · investments am himmel seite 18 die wichtigsten termine seite 32 donnerstag, 26. oktober 2017 ausgabe 05/17 einzelpreis 1 ,90 €

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WWW.DIEWIRTSCHAFT.NOZ.DE INVESTMENTS AM HIMMEL SEITE 18 DIE WICHTIGSTEN TERMINE SEITE 32 AUSGABE 05/17DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017 EINZELPREIS 1,90 €

Die Nummer 1 inSachen Sicherheit

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• Werkschutz / Werkfeuerwehr• Pförtner- und Revierdienste• Interventionsdienste• Objektbewachung• Sanitätsdienste• Brandschutzhelfer-Seminare

Carl-Benz-Straße 2-4 • 26871 PapenburgTel. 0 49 61 / 66 42-222 • [email protected]

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24 STUNDEN NOTRUFTELEFON

CNC - Blechtechnik

www.kuipers-metall.com

POWER fürIhre Serie:1.260h/Tag

Diskreter Riese:JCK Holding betreibtweltweite Geschäfte

Seite 3

MACHER &MÄRKTE

Fleisch aus dem Labor,Züge ohne Abgase: Soinnovativ sind Firmen

Seiten 12 bis 14

SPEZIALINNOVATIONEN &IDEEN

Foto: Alstom/ Wittwer

Blühende Geschäfte:Der GartengigantEmsflower im Porträt

Seiten 20/21

GELD &GESCHÄFT

In aller Munde: Wiedas Kultgetränk Gindie Region erobert

Seiten 28/29

LEBEN &LEIDENSCHAFT

In dieser Ausgabe:STANDORTPORTRÄTSTADT BAD IBURG

„Ich bin 20 Kilometer entfernt inLöningen aufgewachsen. Das ist einechtes Homecoming für mich“, sagtder 43-jährige Vorstand und Dip-lom-Sportökonom. So sei das Ange-bot des Berentzen-Aufsichtsrates fürihn auch eine „absolute Herzenan-gelegenheit“ gewesen. Noch heuteleben drei seiner sechs Geschwisterund seine Mutter in Löningen.

Schwegmann, Vater von dreiTöchtern im Alter von fünf, siebenund neun Jahren, pendelt noch alsbekennender Ostseefan zwischenHaselünne, Löningen, Timmen-dorfer Strand und Genf. In derSchweiz war er vor seinem Wech-sel im Emsland als Manager beim

Weltmarktführer im Kosmetikbe-reich, L’ Oréal, tätig. Die Lebens-mittelbranche kennt er von seinenanderen beruflichen Stationen beiden Süßwarenherstellern Storckund Mars sowie bei Hero, ein in-ternational tätiger Konzern im Be-reich von Fruchterzeugnissen, Ba-bynahrung und Müsliriegeln.Berentzen will sich im nicht al-

koholischen Segment weiter profi-lieren. „Gesunde Ernährung istThema Nummer eins in den sozia-len Netzwerken“, weiß Schweg-mann. Er setzt auf die zuckerarmeMate-Limonade MioMio. „UnserRohdiamant besitzt viel Potenzi-al.“ Er soll zum Unternehmensdia-mant von Berentzen werden. Ähn-liches gelte für die Marke Citroca-

sa. Mit der Berentzen-Fruchtpres-se bereitet sich der Endabnehmerseinen Orangensaft – frisch ge-presst, versteht sich – selbst zu.Trotz aller Innovation setze Be-rentzen weiter auf Spirituosen.Schwegmann, der gerne Tennis

spielt und sich in Sportstudios fithält, will die Teamfähigkeit der500 Mitarbeiter in der Berentzen-Gruppe stärken. „Wir brauchen ei-ne gemeinsame DNA.“ Das Vor-standsmitglied will hier ansetzenund Strukturen ändern und not-falls Mauern einreißen. Das kom-plexe Unternehmen benötige einestarke eigene Identität. Die neueMaxime und Firmenphilosophieliefert Schwegmann gleich mit:„Durst auf Leben.“

Berentzen braucht eine eigene DNANeuer Vorstand Oliver Schwegmann empfindet Aufgabe als Herzensangelegenheit

VON HERMANN-JOSEFMAMMES

HASELÜNNE. Mit Oliver Schweg-mann hat ein echter Bekennerzur Region am 1. Juni das Kom-mando der Berentzen-Gruppeim emsländischen Haselünneübernommen.

Berentzen-Vorstand Oliver Schwegmann.

Foto: Hermann-Josef Mammes

Krankheitskosten für Betriebeauf RekordniveauFallen Teile der Belegschaft aus, kommt das dieUnternehmen teuer zu stehen: Mehr als50 Milliarden Euro geben Betriebe jährlichfür Lohnfortzahlungen und Co. aus,Tendenz steigend. Wie viel Krankheitkostet und welche Maßnahmen helfen,Mitarbeiter fit zu halten, lesen Sieauf den Seiten 6 und 7.

Grafiken : Colourbox.de · Montage: Matthias Michel

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DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

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er demografische Wandellässt grüßen. Der Arbeits-

markt wandelt sich dramatisch.Händeringend werden Fachkräftegesucht. In vielen Regionen über-steigt die Nachfrage das Angebot –und da jüngerer Nachwuchs Man-gelware ist beziehungsweise wird,steigt das Durchschnittsalter derBelegschaft unaufhaltsam.Älter werden heißt nicht auto-

matisch kränker werden, doch dasRisiko steigt beträchtlich. Nebenden Kosten, die zu Buche schla-gen, führen krankheitsbedingteAusfälle in den Reihen der Mitar-beiterschaft zu vermehrtem Stress.Das Arbeitspensum erhöht sichnicht selten – Projekte müssenschließlich abgeschlossen werden.Da baut der jeweilige Chef oder

die Chefin schon mal gehörigenDruck auf. Stimmt das Betriebskli-ma, sind solche Extremsituationenleichter zu überstehen. Gesund istdas aber alles nicht.

Und wie überall klaffen auchbeim Thema Gesundheitsmanage-ment riesige Lücken zwischenTheorie und Praxis. Das Arbeits-schutzgesetz enthält zum Glückviele Vorgaben, die zum Erhalt derkörperlichen und psychischen Ge-sundheit beitragen sollen. Gesund-heitsvorsorge im Rahmen einesbetrieblichen Gesundheitsmanage-ments leisten sich aus gutemGrund größere Unternehmen, dieden Nutzen längst erkannt haben.Nur verfügen sie auch eher überdie finanziellen Möglichkeiten,entsprechende Ressourcen bereit-zustellen. Kleinere Unternehmentun sich da oft ungleich schwerer,obwohl die Problemlage identischist. Beim Thema Vorsorge darfaber nicht nur auf den Arbeitge-ber geschielt werden: Bietet er et-wa Grippeschutzimpfungen an,nutzt oft nur ein Bruchteil der Be-legschaft das Angebot. Und bei dernächsten Grippewelle ist das Ge-schrei dann groß...Gesundheit bleibt ein spannen-

des Thema.

D

E D I TO R I A L

KRANK AM ARBEITSPLATZ

Mit dem Altersteigt das Risiko

VON BERTHOLD HAMELMANN

1 | Oliver Schwegmann„Berentzen“ braucht eine eigeneDNA, findet der neue Vorstanddes Haselünner Konzerns.

2 | EditorialBerthold Hamelmann überKrankheit und Gesundheitam Arbeitsplatz.

3 | JCK HoldingDie Geschäfte ihres Betriebsumspannen die Welt, doch dieChefs meiden das Rampenlicht.

6 | Was Krankheit kostetMehr als 50 Milliarden Euromüssen Betriebe für ihrekranken Mitarbeiter zahlen.

7 | InterviewSenkt BetrieblichesGesundheitsmanagementdie Krankheitskosten?

8 | KüchenherstellerKüchenmeile an der A30zeigt Licht und Schattender Branche.

9 | Wasser gegen TerrorIndutainerentwickelt mobileStraßensperren.

10 | HandwerkStiftung bringt Jungsund Handwerker a. D.zusammen.

11 | Schoeller AGWie sich derPapierherstellerselbst neu erfand.

12/13 | ErnährungNeue Küchenwelt:Ein Garten im Schrank,ein Burger aus aus Insekten.

14 | MobilitätAlstom entwickeltemissionslosen Zugin Niedersachsen.

15 | Anonyme BewerbungenWer den „falschen“Namen trägt, wird oftOpfer von Vorurteilen.

17 | GrafikDie 30 umsatzstärkstenUnternehmenim Nordwesten.

18 | LuftfahrtTurbulenzen inder Luftfahrtbranche:Airlines an der Börse.

19 | Husmann UmwelttechnikMüllpressen mit Solarantrieb:Dörpener Unternehmengeht neue Wege.

20/21 | FloristikEine Branche, zwei Modelle:Blumengigant Emsflowerund Kleinbetrieb Mösker.

22 | ReisebranchePolitik und ihre Folgen:Türkei-Tourismusin der Krise.

23 | Spedition M+FNordhorner Exporteurrüstet sich fürden Brexit.

25 | Mini-HäuserGildehauser Firmabaut fahrbare„Tiny Houses“.

26 | ArbeitsmarktOstercappeler Firmavermittelt Menschenmit Behinderung.

27 | ÖlförderungGemeinde Osterwaldlebt mit und vonder Ölindustrie.

28/29 | Kultgetränk GinWie ein Trendgetränkmit Geschichtedie Region erobert.

30 | ModeBad BentheimerUnternehmerin machtBräute glücklich.

31 | Teehaus ThieleFranz Thiele führt EmdenerTraditionsunternehmenmit Seele.

UNTERNEHMENAgfa ........................................................... 11Agravis......................................................17Agrilution................................................ 12Air Berlin ................................................ 18Aldi............................................................. 3Alfsee GmbH.......................................... 26Alfsee Piazza........................................... 26Allitalia.................................................... 18Alno............................................................ 8Alstrom-Konzern................................... 14Ammerland ........................................ 3, 17Apple.........................................................17Badepark Bad Bentheim ..................... 32BASF .........................................................17Bauunternehmen Anton Meyer......... 10Berentzen.......................................1, 17, 28Big Dutchman.........................................17Blumenkind Spirituosen ..................... 29BMW .........................................................17Boge...........................................................17Booz & Campany..................................... 6Bosch.........................................................17BP ..............................................................17BrautSchön.............................................30Bugfoundation....................................... 13Büntig .......................................................17Bünting-Gruppe .................................... 31Bürkle + Schock .....................................15Cewe..........................................................17CNPC.........................................................17Continental..............................................17Daimler ....................................................17Danish Crown .........................................17Daun & Cie ..............................................17Dekra-Automobil .................................... 9Deutsche Arbeitgeberverbände (BDA) 6Deutsche Post .........................................17Deutsche Telekom..................................17Deutsches Institutfür Lebensmitteltechnik (DIL)..... 12, 13Deutsches Milchkontor ........................17Edeka .................................................12, 29Emsflower..................................................1Emsflower...............................................20Emsland-Stärke ......................................17Enercon ....................................................17

Eon ............................................................17Etihad ...................................................... 18EWE ..........................................................17Exor ...........................................................17Express Küchen....................................... 8Exxon Mobil ......................................17, 27Felix Schoeller Group...................... 11, 17Felix-Burda-Stiftung ............................... 6Floristik Mösker .................................... 21FTI ............................................................ 22Galeria Kaufhof ..................................... 29Gartencenter Oosterik ......................... 21Gazprom...................................................17Gebr. Stolle ..............................................17Gesellschaft für Finanz-und Versorgungsberatung (FVB)....... 18Gewinet ..................................................... 7Glencore ...................................................17Glunz.........................................................17GMH Holding .........................................17Goldstück................................................30Google...................................................... 12Gordon .................................................... 28Grafschafter RohrleitungsbauGmbH ...................................................... 27Gründerhaus Osnabrück..................... 32Güldenpfennig......................................... 3H&R ..........................................................17Häcker ....................................................... 8Hagebau ...................................................17HandwerkskammerOsnabrück-Emsland-Bad Bentheim1, 6Harting .................................................... 32Heinrich Stobbe .................................... 28Hellmann .................................................17Heristo......................................................17Hero ............................................................1Homann Feinkost ..................................17Husmann Umwelttechnik................... 19Husmann-Gruppe ................................. 19Hüttemann-Gruppe.............................. 23Impossible Foods .................................. 12Indutainer................................................. 9Initiative Sinnvolle Arbeit (ISA) ........ 26Institut der deutschen WirtschaftKöln (IW).................................................. 6J+B Küpers ............................................. 27JCK Holding......................................... 1, 3

Kaiser‘s Tengelmann ............................ 12KME ..........................................................17Kodak........................................................ 11Koersmann ............................................. 25Konica....................................................... 11Köster .......................................................17Krone ........................................................17Kuipers CNC-BlechtechnikGmbH & Co. KG .................................... 18L’Oréal ........................................................1La Vie....................................................... 28LTU........................................................... 18Lufthansa................................................ 18M+F-Spedition....................................... 23Marken-Horst ........................................ 28Mars ............................................................1Memphis Meat....................................... 12Metro ........................................................17Microsoft................................................. 12Monarch.................................................. 18MUUUH! Group.................................... 18Nobilia ....................................................... 8Nolte Gruppe ........................................... 8Nolte Küchen ........................................... 8Nordland..................................................17Öger Tours .............................................. 22OHB SE ................................................... 18Onno Behrends...................................... 31Osram ...................................................... 12Paracelsus Kliniken ...............................17Penig GmbH ............................................ 11PHW-Gruppe...........................................17Piepenbrock ............................................17Pino ............................................................ 8Poggenpohl ............................................... 8Premium Aerotec ...................................17Preußag ................................................... 27Q1 Energie ...............................................17Rana Plaza ................................................ 3Rational..................................................... 8Rewe ........................................................ 12Röchling Engineering Plastics ............17Rossmann ................................................17Royal Dutch Shell ..................................17Salzgitter AG ...........................................17Schröder Getränkehandel................... 28Siemens ..............................................14, 17Sinopec .....................................................17

Snaidero-Gruppe..................................... 8Spirit 49 .................................................. 28Sprehe.......................................................17Stadtwerke Osnabrück .........................17State Grid.................................................17Stobbe ...................................................... 28Storck..........................................................1Strabag .................................................... 27Strabag Konzern.................................... 27Talanx ...................................................... 18Technocell AG ......................................... 11Tengelmann Ventures .......................... 12The Bulldog ............................................ 28Thiele & Freese ...................................... 31Thiele Tee................................................ 31Thomas Cook ......................................... 22Total ..........................................................17Toyota .................................................14, 17Trigema ................................................... 32Tschibo ...................................................... 3Tui..............................................................17TUI Group .............................................. 22UPM Nordland Papier ........................... 7Vectron Systems AG ............................. 18VW.............................................................17Walmart ...................................................17Weller Group.......................................... 32Wellmann.................................................. 8Wernsing ..................................................17Wollbrink ............................................... 28

PERSONEN

Adolphsen, Michael.............................. 27Bäumer, Karsten...................................... 8Beer, Henrike ......................................... 22Beinke, Renate....................................... 10Birkholz, Jockel ......................................15Branson, Richard .................................. 12Breitsprecher, Max......................... 28, 29Brink, Bernhard .................................... 25Brinkmann, Axel ..................................... 8Brookmann, Harm................................ 27Brookmann, Thomas............................ 27Bürkle, Stefan .........................................15Çelik, Çetin ............................................. 23

Diekjakobs, Johann .............................. 27Ebermann, Michael .............................. 25Eling, Thomas........................................ 26Elisabeth I. ............................................. 28Ellermann, Ben...................................... 18Fiebig, Norbert ..................................... 22Fischer, Daniel ....................................... 27Forster, Mark.......................................... 25Frenzel, Michael .................................... 22Gallenkamp, Hans-Georg..................... 11Gallenkamp, Hans-Michael ................. 11Gallenkamp, Hans-Christoph ............. 11Gates, Bill................................................ 12Gebert, Esther.........................................15Gehring, Detlev ....................................... 3Gödde, Eva................................................ 7Gorbatschow, Michail ........................... 11Grupp, Wolfgang ................................... 32Hagemann, Uwe...................................... 9Hartung, Robert .................................... 32Heinz, Volker.......................................... 12Hesping, Cathrin...................................30Husmann, Astrid................................... 19Husmann, Gerhard............................... 19Husmann, Gerrit ................................... 19Husmann, Hendrik............................... 19Husmann, Heinz-Hermann ................ 19Hüther, Gerald....................................... 10Jacobs, Dirk............................................ 27Jäger, Tobias........................................... 26Joostberends, Leon............................... 10Kalisch, Carolin ......................................15Kempin, Olaf ...........................................15Kennepohl, Jonas.................................. 10Kircher, Christian ................................. 13Klee, Thomas ........................................... 8Koers, Stefan .......................................... 25Köhler, Manfred .................................... 23Kollmann, Johannes............................... 3Kollmann, Günter ................................... 3Kollmann, David ..................................... 3Kredatus, Thomas................................... 8Kühn, Benjamin .................................... 26Kuipers, Wilhelm .................................. 18Kuipers, Michael ................................... 18Kuipers, Tom ..........................................20Kuipers, Bennie .....................................20Kuipers, Jan............................................20

Kuipers, Bart ..........................................20Kunz, Alexander .................................... 29Küpers, Joachim.................................... 27Linke, Jochen ........................................... 8Linnemann, Jürgen .............................. 26Lübbersmann, Michael........................ 32Max Lössl, Max ...................................... 12May, Theresa .......................................... 23Mittermaier-Neureuther, Rosi ........... 32Mösker, Helmut..................................... 21Mösker, Hilke......................................... 21Neureuther, Christian .......................... 32Over, Hermann ...................................... 27Paulsen, Uwe.......................................... 10Peter, Thomas ........................................ 27Peters, Manfred ..................................... 10Pistorius, Boris ...................................... 32Pleisticker, Rebekka .............................30Pleisticker, Sven.....................................30Queen Mum............................................ 28Rahe, Johannes...................................... 10Roling, Malte.......................................... 10Ruschhaupt, Sven ................................... 6Rüter, Karin............................................ 22Sander, Michael ..................................... 28Scheer, Regina ....................................... 29Schlömer, Hans-Tebbe............................ 7Schneider, Steffen ................................. 26Schraten, Friedrich ............................... 27Schraten, Gerd....................................... 27Schröder, Ralf ........................................ 28Schwegmann, Oliver ...............................1Siedenburg, Lüder .................................. 3Siegbert, Martin ...................................... 9Simons, Menno...................................... 28Sprotte, Jens........................................... 14Stobbe, Uta ............................................. 28Stobbe, Peter .......................................... 28Strautmann, Jan-Hendrik ................... 29Strohmann, Réne .................................. 28Stünckel, Susanne................................. 22Texter, Friederike ................................... 11Thiele, Franz .......................................... 31Tillerson, Rex ......................................... 27Wassmann, Birgit.................................. 29Weichselbauer, Doris.............................15Weller, Burkhard ...................................32Wlotzka, Christian ................................. 11

Unternehmens- und Personenindex

MACHER &MÄRKTE

SPEZIALINNOVATIONEN &IDEEN

GELD &GESCHÄFT

LEBEN &LEIDENSCHAFT

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MACHER & MÄRKTE

3DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

mhenretnU mi re w krapoce :nessi

Wo M hcisretiebrati w ad,nelhüflho

netsiel eis etug nereitsevnI.tiebrA

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Im Geschäftsjahr 2015 erwirt-schaftete die JCK Holding Umsatz-erlöse in Höhe von 628 MillionenEuro (Vorjahr: 583 Millionen), da-von entfielen 469 Millionen Euroauf das Inland. Zum Vergleich: DieMolkerei Ammerland verbuchte639 Millionen Euro Umsatz undbelegte damit Rang 61 unter dennach ihrem Umsatz größten Un-ternehmen Niedersachsens. DerJahresüberschuss nach Steuernder JCK belief sich 2015 auf 30Millionen Euro.Kerngeschäftsfelder der Holding

sind die Bereiche Bekleidung,Sport und Outdoor, Werbeartikelsowie Rehabilitationsmittel. DasUnternehmen beschäftigte 2015insgesamt 1146 Mitarbeiter. SeineHoldingstruktur erhielt es 1992,als die Familie 30 Prozent der An-teile institutionellen Investorenüberließ. Die Zusammensetzungder Geschäftsführung ist seit vie-len Jahren stabil. Neben Senior-chef Günter Kollmann und seinemSohn David (40) gehörten schonvor zehn Jahren Detlev Gehringals kaufmännischer Leiter und Lü-der Siedenburg (Vertrieb) zu demGremium. Inzwischen ist mit Jo-hannes Kollmann (31) auch derjüngste Sohn der QuakenbrückerUnternehmerfamilie Mitglied derGeschäftsführung. Die Verschlos-senheit der Familie gegenüber derÖffentlichkeit ist Legende, dochJohannes Kollmann macht eine

Ausnahme und steht überra-schend für Fragen zur Verfügung.Zur gemeinsamen Arbeit in derGeschäftsführung sagt er: „Diedrei Familienmitglieder sind fürdie strategische Weiterentwick-lung und Ausrichtung des Unter-nehmens verantwortlich. Unterei-nander haben wir keine feste Auf-gabenverteilung, sondern arbeitenprojektbezogen. Wichtige Ent-scheidungen treffen wir gemein-sam. Einer von uns ist immer derHauptverantwortliche für ein Pro-jekt, das kann beispielsweise eineneue Beteiligung sein.“Wichtigste Konzernsparte ist

das Geschäft mit Großkunden wieLebensmitteldiscountern. Um wel-che Discounter es sich im Einzel-nen handelt, will Johannes Koll-mann nicht verraten. Die wichti-gen Großkunden würden Diskreti-on von JCK erwarten. In früherenPublikationen wurden unter ande-rem die Ketten Aldi und Tchibogenannt. Die Discounter verkau-fen Bekleidung unter eigener Mar-kenbezeichnung und beziehen dieWare zum Großteil von der JCK-Tochter Güldenpfennig. Dieses Ge-schäftsmodell wird als „Private La-bel“ bezeichnet. JCK zählt europa-

weit zu den Schwergewichten indiesem Marktsegment. Unter demDach der Holding wurden 2015insgesamt 37 Tochtergesellschaf-ten weltweit konsolidiert.Die Beteiligungsphilosophie sei-

ner Familie charakterisiert Koll-mann so: „Sie stützt sich auf dreiwesentliche Grundsätze: Wir in-vestieren in Teams und wollen,dass diese langfristig erhalten blei-ben. Wir streben langfristige Be-teiligungen an. Diese sollen abermöglichst eigenständig bleiben.“Die Holding unterstütze fallbezo-gen zum Beispiel bei gemeinsa-men Softwareprojekten. Weiterewichtige Themen seien die Finan-zierung, die Beschaffung oder derZugang zu Märkten. Mit denGründern neu hinzugekaufter Be-teiligungen will man möglichstweiter zusammenarbeiten.Der Umsatz mit Werbemitteln

wächst, doch nach wie vor ist dasGeschäft mit Textilien für Groß-kunden zentral für JCK. WichtigeProduktionsstandorte sind China,Bangladesch, Indien, Pakistan, dasBaltikum und Osteuropa. In Asienwurde die Branche in den vergan-genen Jahren durch Skandale undtragische Unglücksfälle erschüt-

tert – zu nennen ist hier vor allemanderem der Zusammenbruch derTextilfabrik Rana Plaza im April2013 in Bangladesch. Hatte JCKGeschäftsbeziehungen zu der Fab-rik? „Wir haben 2010 mit einemBetrieb im Rana Plaza einen Test-auftrag abgewickelt“, erklärt Jo-hannes Kollmann: „Aufgrund derEinschätzung unseres Social Com-pliance Teams entschieden wiruns aber gegen eine Zusammenar-beit. Zum Zeitpunkt des Unfalls

hatten wir schon seit Jahren keineGeschäftsbeziehung mehr zu demAnbieter.“ Die Überprüfung desBetriebes durch ein eigenes SocialCompliance Team ist Teil der Stan-dards der Business Social Compli-ance Initiative (BSCI), der JCK seit2008 angehört. Hier wird deutlich,dass die aktive Überprüfung vonLieferanten gemäß Nachhaltig-keitsstandards tatsächlich funktio-nieren kann. Ursache für den Zu-sammenbruch des Rana Plaza wa-ren unter anderem nachträgliche,unsachgemäße und nicht geneh-migte Erweiterungen des Gebäu-des. In ihren Social ComplianceTeams beschäftigt die JCK Hol-ding 20 Mitarbeiter; weitere zehnMitarbeiter sind in EnvironmentalCompliance Teams für das Unter-nehmen tätig, um Umweltstan-dards zu überprüfen und die Part-ner vor Ort in Umweltfragen zuberaten. In einem zertifizierten ei-genen Labor führen die Quaken-brücker physikalische und chemi-sche Produkt- und Materialtestsdurch.„Die Anforderungen und Vor-

schriften der BSCI werden bei je-dem unserer Lieferanten durchein unabhängiges Institut geprüft

und in der BSCI-Datenbank doku-mentiert“, versichert JCK. Johan-nes Kollmann betont aber, dassman sich nie blind auf externe Au-dits verlasse. „Unsere Mitarbeitervor Ort überprüfen die Plausibili-tät der Audits“, so Kollmann: „Siebeherrschen die Landessprache.Die Prüfung ist immer dreistufig,sie besteht aus einer Begehung,der Sichtung der Dokumente undInterviews.“ Zusammenfassendlässt sich sagen: Die Nachhaltig-keitsstrategie erscheint anspruchs-voll.„Derzeit ist mein Vater noch voll

in das operative Geschäft einge-bunden“, sagt Johannes Kollmann.Gemeinsam treibe man dasweite-re Wachstum voran. Der inzwi-schen fast 70 Jahre alte ehemaligeBasketball-National- und Bundes-ligaspieler ist seit vielen JahrenSponsor des Quakenbrücker Bas-ketballvereins Artland Dragons,lange sogar der wichtigste Spon-sor. Dennoch gibt es keine Fotos,die ihn etwa zusammen mit derMannschaft zeigen. „Er will ein-fach nicht in der Öffentlichkeitstehen“, sagt ein Kenner der Qua-kenbrücker Verhältnisse. Wenn je-mand etwas über den 195 Zenti-meter großen Vorzeigeunterneh-mer sagt, dann im Hintergrundge-spräch oder streng vertraulich.Entweder will sich niemand mitKollmann anlegen, oder jeder, dermit ihm enger zusammengearbei-tet hat, fühlt sich ihm verpflichtet.Letzteres erscheint plausibel. Koll-mann wird als Mensch mit „natür-licher Autorität“ beschrieben. Ersei entscheidungsfreudig, auf seinWort könne man sich verlassen.Trotz des großen geschäftlichenErfolgs sei er bodenständig geblie-ben.Der Patriarch sitzt noch fest im

Sattel, doch immerhin ist dienächste Generation der FamilieKollmann schon fest im Unterneh-men verankert. „Die Nachfolge istgeregelt“, sagt Johannes Koll-mann. Auch über ihn und seinenBruder David ist wenig bekannt.Sehr wahrscheinlich also, dass dieJCK Holding auch nach dem Aus-scheiden ihres Seniorchefs ein dis-kreter Riese bleiben wird.

Diskreter Riese aus QuakenbrückDie Familie Kollmannbetreibtmit ihrer JCKHoldingweltumspannendeGeschäfte, will selbst aber lieber imHintergrund bleiben

VON CHRISTOPHLÜTZENKIRCHEN

QUAKENBRÜCK.DerMittelständ-ler JCKHolding bewegt sichvomUmsatzvolumen her auf Au-genhöhemit Firmenwie derMolkerei Ammerland ausWie-felstede-Dringenburg. Dennochsind dieHolding und deren Ei-gentümer, die QuakenbrückerFamilie Kollmann, außerhalbder niedersächsischenKlein-stadt kaumbekannt.Warum istdas so?Weshalb hat Familien-patriarchGünterKollmanntrotz der Bedeutung seines Un-ternehmens noch nie einemJournalisten ein Interview gege-ben?Dazu spätermehr.

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WanderupWanderup

QuakenbrückQuakenbrück

BielefeldBielefeld

ZeulenrodaZeulenroda

CrailsheimCrailsheimStockstadt am RheinStockstadt am Rhein

ViernheimViernheim

RemscheidRemscheid

WemdingWemding

AlbstadtAlbstadt

MagdeburgMagdeburg

KaltenkirchenKaltenkirchen

NackaSchwedenNacka

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DhakaBangladesch

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HongkongChina

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SchanghaiChina

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Günter Kollmannim März 2017. Foto: Rolf Kamper

Von Quakenbrück nach Schanghai, Paris und DelawareMit eigenen Tochterunternehmen und assoziierten Unternehmen ist die JCK Holdingin zahlreichen Ländern weltweit vertreten. Das Netzwerk wird laufend erweitert.

Quelle: Konzernabschluss zum Geschäftsjahr 2015 der JCK Holding GmbHTextil KG · Grafik:Matthias Michel

„Wir investierenin Teams undbeteiligen unslangfristig.“Johannes Kollmann

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Das Motto der IAA hätte – ketze-risch formuliert – auch „SUV oderstirb“ lauten können. Die Industriereagiert auf den scheinbar unstill-baren Hunger nach robust ausse-henden Hochbeinern. In Deutsch-land führen SUVs mittlerweile dieZulassungsstatistik an: So lag ihrMarktanteil hierzulande im Augustzusammen mit der Kategorie Ge-ländewagen bei mehr als 25 Pro-zent, während Fahrzeuge der Kom-paktklasse – vormals das Bestsel-ler-Segment – nur noch rund 24Prozent der Neuzulassungen aus-machten. Nach Angaben desMarktforschungsunternehmens„focus2move“ ist der Anteil derSUV im ersten Halbjahr 2017 glo-bal sogar auf 36,7 Prozent gestie-gen.Auf der IAA war die Neuheiten-

Explosion vor allem bei den klei-nen und kompakten SUV zu be-sichtigen. Der VW-Konzern zeigtegleich drei Varianten: Schillernds-ter Vertreter war der vom Golf ab-geleitete VW T-Roc, der mit einer

peppigen Aufmachung jüngereKunden mit einem aktiven Lebens-stil locken will. Im Vergleich dazurecht sachlich wirkte das Schwes-termodell Karoq von Skoda, dasweniger mit Lifestyle als mit stren-gem Schick punkten will. Tech-nisch sind Karoq und T-Roc fastidentisch. Marketingtechnisch ir-gendwo zwischen beiden ordnetsich der eine Nummer kleinereSeat Arona ein, der als erstes SUV-Modell des VW-Konzerns auf derneuen Polo-Plattform aufsetzt.Bei Größe und Preis dem Arona

recht ähnlich ist ein koreanischesDoppelpack. Mit schicker Grund-dynamik ausgestattet, ist der 4,17Meter lange Hyundai Kona, dessenRobustbeplankung zudem Lust aufAbenteuer wecken will. Ähnlichwie VWs T-Roc will der Kia Stonicmit flippigen Farben und Bicolor-Lackierung eine jüngere Klientelbegeistern.

Ford hofft, beim Mini-SUV Eco-sport mit einem weiteren Faceliftnun den Geschmack des SUV-Mainstreams zu treffen – schließ-lich geht es bei den Hochbeinernvor allem um das moderne Er-scheinungsbild. Dass Verkaufser-folg von Äußerlichkeiten abhängt,weiß man auch bei Citroën. DieFranzosen zeigen mit dem C3 Air-cross den Nachfolger des C3 Picas-so. Statt als vernünftiger Pampers-bomber im kastigen Van-Format,kommt das kompakte Raumwun-der mit markanter SUV-Optik –und mit dem Versprechen, dorthinfahren zu können, wo asphaltierteWege enden. Gleiches gilt für denbesonders günstigen Duster, denDacia in seiner zweiten Auflage op-tisch und technisch auf Vorder-mann gebracht hat.Eine Nummer größer, aber im-

mer noch kompakt, kommt diezweite Generation des Subaru XV

vorgefahren, der vor allem mit mo-dernisierter Plattform und vielenneuen Assistenzsystemen punktenwill. Ein völlig neues Modell auf al-lerdings alter Plattform ist der Ja-guar E-Pace, mit dem die Britenbereits in naher Zukunft eine klei-nere Alternative zum großen F-Pace anbieten. Unterm schickenBlechkleid der Katze steckt derLand Rover Evoque. Ebenfalls einalter Bekannter in neuen Kleidernist der Opel Grandland X, der tech-nisch auf dem 3008 der neuenKonzernschwester Peugeot basiert.Und dann tummelten sich auf

der IAA noch einige Neuauflagenvon Klassikern der SUV-Szene,wie etwa die dritte Generationdes Porsche Cayenne. Der weit-gehend konventionell gestrick-te Allrad-Riese will mit Leicht-bau und einigen technischenInnovationen punkten. Eben-falls ganz der Alte, doch in vie-len Punkten modernisiert, istdie dritte Generation desBMW X3. Eher Geländewagenals SUV ist der Toyota LandCruiser, der mit überarbeite-tem Design und renoviertemInnenraum in Frankfurt zu be-sichtigen war. Ebenfalls mit ei-ner Frischzellenkurauf den neuestenStand hat Hyundaiseinen Sorento ge-bracht.Auch bei den SUV sind alternati-

ve Antriebe ein Thema. Auf der IAAstanden durchweg seriennahe Versi-onen. So zeigte Mercedes den GLCin der Brennstoffzellenvariante F-Cell, die mit Wasserstoff fährt. Eshandelt sich um ein Vorserienmo-dell, der Marktstart erfolgt im Win-ter. Mit Benzin oder Strom fährtHondas Prototyp CR-V Hybrid, des-

sen Marktstart dieJapaner für 2018 ankündigen. Eben-falls als Hybrid-Studie stellte Toyotaden C-HR Hy-Power vor.2020 plant VW, ein SUV mit rein

elektrischem Antrieb auf den Marktbringen. Wie dieses Modell ausse-hen könnte, zeigte die Studie I.D.Crozz. Besonders mächtig fällt das

Plug-in-Hybrid-SUV X7 aus,das BMW als Studie präsentierte.Mit dem Sechssitzer beschreiten dieMünchener nicht nur in Hinblickauf das Platzangebot neue Pfade,mit dem Allradriesen zeigt der Kon-zern außerdem neue Design-Ele-

Der unstillbare Hunger nach HochAufder jüngsten InternationalenAutomobil-Ausstellung inFrankfurtdominiertedasBoomsegmentderSUV-Modelle–MehralszweiDr

VON MARIO HOMMEN

FRANKFURT. „Sehen, wasmorgenbewegt“ lautete dasMotto derIAA 2007, die ökologisch korrek-te Alternativantriebe in den Fo-kus stellte. Eher beiläufig feiertendamalsmit X6 und Tiguan zweiökologisch ziemlich unkorrekteSUV-Modelle ihren Einstand. An-gesichts der vor zehn Jahren ge-wecktenHoffnungen auf den Pa-radigmenwechsel zugunsten um-weltfreundlicher Antriebe hättenheutemassenhaft Elektroautosauf der IAA stehenmüssen. Dochserienreife E-Mobile warenMan-gelware. Dafür feiern gleichmeh-rereDutzend SUVPremiere.

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mente wie eine deutlich gewachse-ne Kühlergrill-Niere oder ein beson-ders aufgeräumtes Cockpit.Für größeres Aufsehen auf der

IAA sorgte der chinesische Herstel-ler Chery mit der seriennahen

SUV-Studie Exeed. Sowohl optischals auch technisch braucht sich derChinese hinter der etabliertenKonkurrenz nicht zu verstecken.Für den Start in Europa, der in einpaar Jahren erfolgen soll, planen

die Techniker eine Hybrid-, Plug-in- und Elektro-Version. Die Chine-sen wissen: Auch im SUV-Segmentwerden die ökologischen Antriebeeine zunehmend wichtigere Rollespielen.

hbeinernrittelallerNeuheitenausdiesemBereich

JaguarE-Pace.

VolkswagenT-Roc.

Fotos:Hersteller

SP-X FRANKFURT. Nicht nur die Au-tohersteller rücken auf einer Messewie der IAA in Frankfurt ihre Pro-dukte ins rechte Licht, auch Zuliefe-rer und andere Unternehmen ausdem Umfeld der Autobranche nut-zen die große Bühne, um ihre neu-esten Ideen zu präsentieren. Diemeisten drehen sich darum, künftigflächendeckende Elektro-Mobilitätund autonomes Fahren für indivi-duelle Nutzer zugänglich zu ma-chen. Doch wer genauer hinschaute,entdeckte auch ein paar Dinge, aufderen baldige Umsetzung wir unsschon jetzt freuen können.Roboter-Taxis: Zwar sprechen

die beiden beteiligten UnternehmenDaimler und Bosch lieber von„hochautomatisierten Carsharing-Flotten“, die schon ab Anfang dernächsten Dekade über unsere Stra-ßen rollen sollen, aber eigentlichsteht der Start des Roboter-Taxi-Zeitalters kurz bevor. Ein kleinerFingerzeig auf dem Smartphone sollgenügen, um eines der fahrerlosenAutos zu sich zu rufen. Dann gehtes ganz entspannt und schließlichauch ohne Parkplatz-Stress ins Ki-no, zum Einkaufen oder ins Büro.Für alle, die sich kein eigenes auto-nomes Elektroauto in die Garagestellen wollen.Die Rückkehr der Schwalbe:

Alle, die irgendwann ab dem Jahr1964 mit dem Mofa unterwegs wa-ren, sollten nun hellhörig werden.Schließlich fand die originale Zwei-takter-Schwalbe in 22 Jahren Bau-zeit mit über einer Million Exemp-laren reißenden Absatz. Nunkommt das Kult-Moped zurück,und zwar mit Elektrotechnik ausdem Hause Bosch. Der Zuliefererhat ein Baukasten-System mit 48-Volt-Batterie, Steuergerät, Display,

E-Motor, App und Lademöglichkeitentwickelt, das sich auf zwei, dreiund vier Räder adaptieren lässt.Eines der ersten Produkte auf die-ser Basis ist nun die E-Schwalbemit herrlicher Retro-Optik und ei-ner Reichweite von 100 Kilome-tern.Mobilitäts-Dienste: Angenom-

men, man fliegt von Frankfurt nachMünchen, nimmt am dortigen Flug-hafen die S-Bahn in die Innenstadtund steigt letztlich auf einen Car-oder Bike-Sharing-Dienst um. Dannbraucht man nicht weniger als dreioder vier Apps von verschiedenstenDienstleistern und muss eigentlichimmer wieder von vorne anfangen.In Zeiten vernetzter Fahrzeuge ei-gentlich ein Unding – dachte sichauch „Entourage“. Das Unterneh-men will nun eine Plattform entwi-ckeln, auf der sich alle möglichenMobilitäts-Dienste verbinden las-sen. So soll sich mit nur wenigenKlicks eine ganze Reise-Route mitverschiedensten Fortbewegungsmit-teln unterschiedlicher Anbieter pla-nen, zahlen und umsetzen lassen.Das spart Zeit – und vor allem Ner-ven.Paketannahme für „Nine-to-

Five“-Arbeiter: Man bestellt sichetwas bei einem Online-Shop, weilman keine Zeit hat, selbst einkaufenzu gehen. Die Zeit, die allerdingsdraufgeht, wenn bei der Lieferungniemand Zuhause ist und man nachFeierabend noch in der langenSchlange der örtlichen Post anste-hen muss, lässt diesen Vorteil in derPraxis häufig deutlich schrumpfen.Klar, Packstationen sind eine Lö-sung, aber auch diese muss manerst noch anfahren und entleeren.Praktischer wäre da schon ein Auto,das dem Postboten einfach den Kof-

ferraum öffnet und das Päckchen inEmpfang nimmt. Dieses Systemzeigte VW auf der IAA unter demMotto „we deliver“. Getestet wirddie Idee schon bald, erst einmal inBerlin.Cleverere Navis: Vergleicht

man aktuelle Navigationssystememit der Technik, die noch vor we-nigen Jahren in unseren Autos ver-baut war, lässt sich ein deutlicherFortschritt erkennen. Doch die Rei-se ist noch nicht zu Ende. Auf derIAA war unter anderem das Unter-nehmen Here vertreten, das sichauf Navigationsdaten spezialisierthat und auch in vielen Modellender großen Hersteller vertreten ist.Im neuen Audi A8, der ebenfalls inFrankfurt zu sehen war, kommterstmals eine neue Stufe der Here-Navigation zum Einsatz. Das Sys-tem bietet eine bessere Live-Ver-kehrsinformation und merkt sichaußerdem, wo das Lieblingsrestau-rant oder die am häufigsten ange-fahrene Tankstelle liegt.

Autos, die sich selbst organisie-ren: Wäre es nicht schön, wenn ei-nem jemand zumindest einen Teildes lästigen Papierkrams abneh-men würde? ZF, die SchweizerBank UBS und das Software-Unter-nehmen IBM haben nun eine Platt-form entwickelt, auf der sich Fahr-zeuge in Zukunft selbst um mobili-tätsbezogene Dinge kümmern kön-nen. Über das „Car eWallet“ bezah-len autonome Autos von Morgenbeispielsweise Maut- oder Parkge-bühren, ohne dass der Nutzer jedesMal einen Befehl dazu geben muss.Und parkt das selbstfahrende E-Au-to abends an der Ladesäule, über-nimmt es am nächsten Morgenauch die Rechnung – ganz vonselbst.

Schöne, neue AutoweltSechsclevereMobilitätslösungenvonder IAA

DasPaketkommtdirekt indasAuto:AndieserZukunftsvisionarbeitenverschiedeneFahrzeugherstellerundZulieferer. Foto:Volkswagen

DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

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Am schlimmsten ist die Erkältungs-zeit. Alle Welt schnieft undschnupft, in den Büros und an denWerkbänken leeren sich die Reihen,immer mehr Mitarbeiter meldensich krank. Im Februar vergangenenJahres, so eine Erhebung des Dach-verbandes der Betriebskrankenkas-sen, war es besonders heftig. DerKrankenstand kletterte auf 5,7 Pro-zent – deutlich über dem Jahres-schnitt von 4,3 Prozent. Woran daslag, wissen die Betriebskassen eben-falls: an einer Erkältungswelle. Fastjeder vierte Arbeitsunfähige (24Prozent) lag in diesem fatalen Mo-nat mit einer Atemwegserkrankungflach. In Monaten ohne Erkältungs-welle, etwa im August des gleichenJahres, meldete sich gerade mal je-der Dreizehnte (7,8 Prozent) derausfallenden Mitarbeiter aus die-sem Grund krank.

Doch selbst ohne eine Erkäl-tungs- oder Grippewelle: Krankheitkostet Milliarden. Zur Kasse gebenwerden nicht nur die Erkrankten

über den Krankenkassenbeitrag,sondern auch ihre Chefs. So müssenUnternehmen nicht nur Arbeits-und Produktionsausfälle kompen-sieren, sondern auch Lohnfortzah-lungen an ihre erkrankten Mitarbei-ter überweisen. Diese erhalten inder Regel während der ersten sechsWochen ihrer krankheitsbedingtenAbwesenheit das volle Bruttogehalt.

Dass es dabei nicht um Peanutsgeht, beweist ein Blick in die Zah-len: Allein für die Entgeltfortzah-lung haben die Unternehmen imJahr 2015 rund 45 Milliarden Euroausgegeben, berichtet das Institutder deutschen Wirtschaft Köln(IW). Hinzu kamen die Beiträge zurSozialversicherung, die mit 8,9 Mil-liarden Euro zu Buche schlugen.Unterm Strich mussten die Unter-

nehmen also rund 53,9 MilliardenEuro für ihre erkrankten Mitarbei-ter aufwenden – erstmals überstiegdiese Zahl die Grenze von 50 Milli-arden Euro. Ähnlich, wenn auchleicht gesunken, sehen die Zahlenfür 2016 aus, hier gaben die Arbeit-geber insgesamt 51,7 Milliarden Eu-ro für ihre aufgrund von Krankheitausfallende Belegschaft aus. Rech-net man dann noch die anteilige Fi-nanzierung der Krankengeldzahlun-gen der Krankenkassen hinzu, ha-ben die Betriebe 2016 Kosten voninsgesamt 57,5 Milliarden Euro fürkrankheitsbedingte Fehlzeiten ihrerMitarbeiter aufbringen müssen, teil-te die Bundesvereinigung der Deut-schen Arbeitgeberverbände (BDA)Anfang Oktober mit. Zehn Jahre zu-vor, im Jahr 2005, war die Summemit 27 Milliarden Euro kaum halbso groß – und das, obwohl derKrankenstand heutzutage auf ver-gleichsweise niedrigem Niveau ver-harrt: 1970, dem Jahr, in dem dieLohnfortzahlung hierzulande einge-führt wurde, lag der Krankenstandnoch bei 5,6 Prozent, 2016 bei 4,2.

Die Veränderung ist historischbedingt: In den vergangenen Jahr-zehnten hat sich die Arbeitswelt ge-wandelt, aus einer hauptsächlichproduzierenden Gesellschaft ist eineDienstleistungsgesellschaft hervor-gegangen. Weniger Schuften aufdem Feld, am Bau oder in den Fab-riken bedeutet eine geringere kör-perliche Belastung der Mitarbeiter.Parallel dazu haben sich die Arbeits-bedingungen verbessert. Arbeitenist heute weniger gefährlich, weilsich Gesetzgeber, Kassen, Berufsver-bände und nicht zuletzt die Arbeit-

geber verstärkt um Themen wie Si-cherheit am Arbeitsplatz und dieGesundheit ihrer Belegschaft küm-mern. Das schlägt sich nicht nur ingeringeren Fehlzeiten nieder, son-dern auch in weniger Arbeitsunfäl-len: Laut BDA verunglückten 1970von 1000 Vollzeitbeschäftigten noch103 bei der Arbeit, im vergangenenJahr waren es nur noch 22 je 1000Mitarbeiter.

Ein ebenfalls nicht zu unterschät-zender Faktor ist die Lage am Ar-beitsmarkt: In Zeiten hoher Arbeits-losigkeit sinkt der Krankenstand, istdie Situation entspannt, steigt er.Experten nennen diesen Effekt mo-tivationsbedingte Fehlzeiten. WerAngst hat um seinen Job, meldetsich weniger schnell krank.

Doch wer glaubt, allein der Kran-kenstand beeinflusst die Kosten fürdie Betriebe, irrt. So sorgen Lohner-höhungen dafür, dass im Krank-heitsfall auch die Lohnfortzahlunghöher ausfällt. Und selbst wenn derKrankenstand im Schnitt gleichbleibt, kann eine wachsende Be-

schäftigung die Kosten treiben. DerGrund: Sind mehr Mitarbeiter inLohn und Brot, steigt auch die Zahlihrer Ausfalltage – und damit dieKrankheitskosten.

Dass kranke Mitarbeiter, die sichbeim Chef abmelden, um sich aus-zukurieren, die Wirtschaftsleistungschmälern, ist Fakt, aber selbstre-dend sinnvoll. Viel schlimmer undauch teurer ist es, wenn sie trotzKrankheit zur Arbeit gehen. Gründedafür, sich beispielsweise mit einerdicken Erkältung in den Betrieb zuschleppen, gibt es theoretisch viele:Angst um den Job oder vor demChef oder davor, die Arbeit nicht zuschaffen oder die Kollegen zusätz-lich zu belasten. Einen Namen hatdas Phänomen: Präsentismus. Dochdie Forschung dazu steckt noch inden Kinderschuhen. Eine der weni-gen Studien zum Thema stammtvon der Beratungsfirma Booz &Campany, entstanden 2011 im Auf-trag der Felix-Burda-Stiftung. DieErgebnisse waren alarmierend: Werkrank zur Arbeit geht, macht mehr

Fehler, ist stärker unfallgefährdet,steckt gegebenenfalls Kollegen anund fällt eventuell später längeraus, weil er seine Erkrankung ver-schleppt hat.

Das kann teuer werden: Sum-mierten sich laut der Analyse dieKosten für normale Fehlzeiten aufrund 1200 Euro pro Jahr und Mitar-beiter, schlagen die Kosten für Prä-sentismus mit knapp 2400 Euro zuBuche. Hochgerechnet mindert Prä-sentismus laut der Studie das BIPum neun Prozent – eine gewaltigeSumme, die allerdings bisher nichtdurch weitere Studien untermauertwurde. Dennoch scheint es sowohlmenschlich als auch finanziell ver-nünftig, schnupfende Mitarbeiterheimzuschicken.

Fazit: Kranke Mitarbeiter leistenweniger, zugleich steigen die Kos-ten. Auf den Betrieb zugeschnitteneVorsorgemaßnahmen sowie ein gu-tes Betriebsklima können helfen,das Team fit zu halten. Das lässt dieKosten nicht verschwinden, doch eskann sie merklich mindern.

Was Krankheit kostetFallen Mitarbeiter aus, haben auch die Chefs ein Problem:Sie müssen den Ausfall kompensieren und Lohnfortzahlungen leisten

VON MELANIE HEIKESCHMIDT

OSNABRÜCK. Die Zahl ist gigan-tisch: Mehr als 50 Milliarden Eu-ro geben Unternehmen jährlichfür Lohnfortzahlungen und Co.aus. Und das, obwohl sich derArbeitsschutz in den Betriebenstetig verbessert und Präventioneinen immer höheren Stellen-wert bekommt. Doch die Ein-flussnahme der Chefs auf krank-heitsbedingte Ausgaben ist be-grenzt. Der Grund: Nicht alleindie Fehltage treiben die Kosten.

Im Winter steigt die Zahl der

Krankschreibungen aufgrund

von Infekten. Auf Platz eins

stehen jedoch Muskel- und

Skelettbeschwerden.

Foto: imago/Schöning

In Zeiten hoherArbeitslosigkeitsinkt derKrankenstand,ist die Lageentspannt,steigt er.

DAS SAGT DIE HANDWERKSKAMMER

„Arbeitgeber sollte alle Möglichkeiten ausschöpfen“Auch für Handwerks-betriebe sind gesundeMitarbeiter von zentra-ler Bedeutung. Im Fo-kus steht dabei nichtallein der Körper, denndie Zahl der Krank-schreibungen aufgrundpsychischer Erkran-kungen steigt. Aberkann sich ein Handwer-ker, der zugleich Ar-beitgeber ist, über-haupt um die seelischeund emotionale Ge-sundheit seiner Mitar-beiter kümmern? SvenRuschhaupt, Hauptge-schäftsführer derHandwerkskammerOsnabrück - Emsland -Grafschaft Bentheim

(HWK): „Handwerks-betriebe haben in un-serem Kammerbezirkeine durchschnittlichePersonalstärke von 13Beschäftigten. Insofernist auch der Kontaktzwischen Chef undMitarbeiter sehr direktund eng, sodass natür-lich auch seelische undemotionale, oft auchfamiliäre Themen eineRolle spielen.“ Aller-dings sei es „auch eineFrage des Menschen-typs, ob Chef und Mit-arbeiter darüber spre-chen wollen oder kön-nen“, so Ruschhaupt.Klar ist: Krankheit kos-tet. Zu Buche schlagen

etwa die Lohnfortzah-lung, der Ausfall derArbeitskraft sowie dieKompensation desAusfalls. Könnte einBetriebliches Gesund-heitsmanagement(BGM) helfen? Rusch-haupt möchte hier dif-ferenzieren: „Ein BGMist dabei sicherlich nurein Baustein. Manch-mal entsteht der Ein-druck, dass viele Er-krankungen auf die Ar-beit zurückzuführensind und der Arbeitge-ber für alles verant-wortlich ist. Dem istaber nicht so“, sagtRuschhaupt. Und fügthinzu: „Nichtsdesto-

trotz sollte ein Arbeit-geber alle Möglichkei-ten ausschöpfen, umsich als Arbeitgeber fürseine Beschäftigten at-traktiv zu machen.“Dies stehe auch im Zu-sammenhang mit demgroßen Thema Fach-kräftemangel: „DieBindung von Fachkräf-ten ist zurzeit ein Top-Thema in den Betrie-ben. Und wenn man alsattraktiver Arbeitgebergesehen wird, sind dieMitarbeiter insgesamtzufriedener und gesün-der. Die Ausfallzeitenund -kosten reduzierensich dann automa-tisch.“ mhs

Die Kosten der LohnfortzahlungAusgaben der Unternehmen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Angaben in Mrd. Euro)

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales/Deutsche Rentenversicherung · Grafik: Matthias Michel

’91 ’95 ’00 ’05 ’10 ’15 ’16

Entgeltfortzahlung: einschließlich des gesetzlichen MutterschaftsurlaubsSozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber: einschließlich der gesetzlichen Unfallversicherung

27,8

34,232,6

27,0

36,1

53,9 51,7

4,5

23,3

5,8

28,45,8

26,8 4,8

22,2

6,1

30,0

8,9

45,0

8,4

43,3

Insgesamt davon: Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber Bruttoentgelte

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Vor welchen Herausforderun-gen stehen die Unternehmen inder Region in Sachen betriebli-ches Gesundheitsmanagement,und wie gehen sie damit um?Vielen Betrieben ist der Hand-

lungsdruck bewusst, weil sie denFachkräftemangel und die Folgeneiner älter werden Belegschaftdeutlich spüren. Die Betriebe, diesich dem Thema widmen, spürendie positiven Effekte bezüglich derMitarbeiterbindung und Gewin-nung, einer Verringerung der Fehl-zeiten und einer erhöhten Leis-tungsbereitschaft. Sie sehen, dasssich die Investition lohnt. Dennochsehen wir auch viele Betriebe, beidenen das Thema im Alltagsge-schäft untergeht. Zunächst müssenpersonelle, zeitliche und finanzielleRessourcen geschaffen werden. Au-ßerdem erleben wir Unternehmen,die gerne etwas für die Förderungder Mitarbeitergesundheit tunmöchten, aber unsicher sind, wiesie das tun können. Dann hilft es,sich Experten zu suchen, die unter-stützen.

Was kann ein Arbeitgebergrundsätzlich tun, um die Ge-sundheit seiner Belegschaft zufördern und zu erhalten?Wir müssen unterscheiden zwi-

schen den Dingen, die ein Arbeitge-ber tun muss, und denen, die er zu-sätzlich tun kann. Im Arbeits-schutzgesetz ist beispielsweise fest-gelegt, dass Betriebe Gefährungsbe-urteilungen durchführen müssenzum Schutz der körperlichen undpsychischen Gesundheit der Mitar-beiter. Auch Maßnahmen zur Ar-beitssicherheit und Unfallverhü-tung sind Pflicht. Außerdem müs-

sen Betriebe ein Be-triebliches Eingliede-rungsmanagament an-bieten, um Mitarbeitern denWiedereinstieg nach langer Krank-heit zu erleichtern.Das Betriebliche Gesundheitsma-

nagement, kurz BGM, beziehtPflichtleistungen und zusätzlichegesundheitsförderliche Maßnah-men ein. Gesundheitsgefahren undRessourcen gibt es in jedem Unter-nehmen. Wer nachhaltig etwas fürdie Gesundheit seiner Mitarbeitertun möchte, sollte sich für einensystematischen Ansatz entscheiden,der die Bedürfnisse der Mitarbeiteranalysiert. Informationen gewinntman durch die Analyse von Fehlzei-ten über die Krankenkassen, dieGefährdungsbeurteilungen undvon den Mitarbeitern selbst. Losge-löste Einzelmaßnahmen sind zwarerst einmal günstig und schnellumsetzbar. Leider verfehlen siehäufig das Ziel. Solche Herausfor-derungen sind nicht durch einenKurs zum Thema Stressbewälti-gung allein zu bewältigen.

Gibt es Fehler, die von Arbeit-nehmern oder Arbeitgebern im-mer wieder gemacht werden?Oft haben die Mitarbeiter schon

etliche Befragungen mitgemacht,ohne dass daraus spürbare Verän-derungen entstanden sind. Wer dieMitarbeiter fragt, muss die Ergeb-nisse – vielleicht auch unbequeme– kommunizieren. Sie dürfen nichteinfach in der Schublade ver-schwinden, denn das frustriert. DieMitarbeiter fühlen sich nicht ernst

genommen, und der Be-trieb hat so die wichtigsten Exper-ten für ein erfolgreiches BGM ver-loren. Die Entscheider müssen sichvor dem Start klar darüber sein,was sie anstoßen und erreichenmöchten, damit das Thema nichtim Sande verläuft.

Welche Unterschiede gibt eszwischen kleinen und größerenBetrieben?Größere Betriebe können um-

fangreichere Ressourcen zur Verfü-gung stellen und idealerweise eineStelle schaffen, die sich konzent-riert um das Thema Mitarbeiterge-sundheit kümmert, während dasbei kleineren und mittleren Betrie-ben nicht möglich ist. Auch dieAnalysemethoden sind andere. Sta-tistische Erhebungsmethoden wieumfangreiche, anonyme Mitarbei-terbefragungen oder die Einbezie-hung von Fehlzeitendaten derKrankenkassen sind nur bei größe-ren Betrieben möglich. KleinereBetriebe haben es dafür leichter,schon mit kleineren Maßnahmenpositive Effekte zu erzielen. DieWege sind hier kürzer und direkter.

Welche Rolle spielen Büro-möbel, Sportangebote und An-gebote zur gesunden Ernäh-rung?Büromöbel, die ergonomisch

speziell für den Mitarbeiter ange-passt sind, helfen Haltungsschädenzu vermeiden. Zusätzlich sollte je-der darauf achten, regelmäßig auf-zustehen und die Position zu wech-seln. Vielleicht ist ja die ein oderandere Übung für Nacken undSchultern in den Arbeitsalltag zuintegrieren. Sportangebote sindnicht nur für die körperliche Fit-ness gut, sondern können auch denTeamzusammenhalt fördern. EinSportevent, auf das gemeinsamhingearbeitet wird, kann eine Mög-lichkeit sein. Je nach Größe desUnternehmens können Sportkurseorganisiert und angeboten werden,oder es werden Zuschüsse für eine

Mitgliedschaft in Sportvereinen ge-währt. Auch die Ernährung ist einwichtiger Baustein bei Maßnahmender Gesundheitsförderung. Dabeikann etwa in der Kantine eineKennzeichnung nach dem Ampel-system helfen.

Können flexible Arbeitszei-ten in den Unternehmen hilf-reich sein?Flexible Arbeitszeiten können

dabei unterstützen, Freizeit undBeruf besser miteinander zu ver-einbaren. Viele Unternehmen ha-ben bereits Gleitzeitmodelle, die beiden Mitarbeitern gut ankommen.Allerdings ist hier Vorsicht gebo-ten. Flexibilität ist gut für Arbeit-nehmer und Arbeitgeber. Im Hin-blick auf die Gesundheit darf dasaber nicht bedeuten, dass der Ar-beitnehmer jederzeit verfügbar istund sich dann sogar im Urlaub ver-pflichtet fühlt.

Was sollten krankeArbeitnehmer keinesfalls tun?Wer krank ist, sollte zu Hause

bleiben und sich auskurieren.Falsch verstandener Ehrgeiz kannden Arbeitgeber teuer zu stehenkommen. Schlimmstenfalls werdendie Kollegen angesteckt und multi-plizieren die Fehltage.

War ein Arbeitnehmer längerkrank, kann es ihm schwerfal-len, sofort wieder zu einhun-dert Prozent zu arbeiten. Wiesollte ein Arbeitgeber vorge-hen?Der Arbeitgeber kann den Mitar-

beiter durch einen stufenweisenWiedereinstieg unterstützen. Wennder Betrieb, der behandelnde Arztund die Krankenkasse zustimmen,besteht die Möglichkeit, langsamwieder in den Beruf zurückzufin-den und dabei zunächst weiterhinkrankgeschrieben zu bleiben. Gera-

de bei psychischen Erkrankungenkann das eine große Hilfe sein. Ver-pflichtend ist ein Betriebliches Ein-gliederungsmanagament, wenn dieFehlzeiten innerhalb von zwölf Mo-naten insgesamt sechs Wochenüberschreiten. Das Angebot ist fürdie Beschäftigten freiwillig und hatdas Ziel, die aktuelle Krankheits-phase zu überwinden und eine er-neute Erkrankung zu verhindern.Hier ist es wichtig, dass es einenzentralen, vertrauensvollen An-sprechpartner gibt.

Worauf sollten Unternehmenin der Winterzeit achten?

Um Erkältungskrankheiten zuvermeiden und der Grippewelle zuentfliehen, können Grippeschutz-impfungen angeboten und Hygie-nemaßnahmen unterstützt werden.

„Ressourcen gibt esin jedem Unternehmen“Eva Gödde, Expertin für BetrieblichesGesundheitsmanagement, gibt Tipps

VON STEFANIE WITTE

OSNABRÜCK. Beim Kompetenz-zentrum GesundheitswirtschaftGewinet dreht sich alles um Ge-sundheit in Unternehmen. DerDienstleister vernetzt Betriebeaus der Region, die mit demThema Gesundheit zu tun ha-ben. Für den Bereich Betriebli-ches Gesundheitsmanagementist Eva Gödde zuständig. Im In-terview gibt sie Praxistipps fürChefs und Arbeitnehmer.

„Wer krank ist, sollte zu Hause bleiben“, rät

Eva Gödde. Foto: Gewinet

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Fünf Tage die Woche kümmertsich Dr. Hans-Tebbe Schlömer, Be-triebsarzt aus Papenburg, um er-krankte Arbeitnehmer größererund kleiner Betriebe, drei Tage sei-ner Arbeitswoche verbringt er beider UPM Nordland Papier in Dör-pen (1300 Mitarbeiter) vor Ort.„Nahezu alle Betriebe haben dasgleiche Problem: Die Mitarbeiterwerden immer älter. Sie sind also

nicht nur öfter krank, sondern dieKrankheiten sind auch gravieren-der und dauern länger.“ Insbeson-dere mit Erkrankungen des Mus-kel-Skelett-Systems („Rücken“) hatDr. Schlömer häufig zu tun. „Ein-seitige Tätigkeiten, Zwangshaltun-gen und zu wenig Bewegung sindein großes Problem.“ Präventionzahle sich aus, sagt Dr. Schlömer.„Der Arbeitgeber muss versuchen,seine Mitarbeiter zu motivieren,sich aktiv und fit zu halten“, er-klärt er. Große Firmen wie Nord-land beschäftigen dazu mittlerwei-le eigene Gesundheitsmanager,veranstalten Gesundheitstage fürdie Belegschaft oder bieten Sport-angebote an. „Auch in kleinerenBetrieben gibt es Möglichkeiten“,meint Dr. Schlömer, indem etwaArbeitsplätze ergonomisch gestal-tet werden. „Viele Betriebe sind

auf einem guten Weg“, stellt derBetriebsarzt fest. „Hat ein Mitar-beiter beispielsweise Knieproble-me und kann nicht mehr treppauf,treppab laufen, kann er vielleichtals Staplerfahrer eingesetzt wer-den.“Immer öfter seien es „seelische

Probleme, die krank machen“,weiß der Betriebsarzt. Auslöser seimeist zu hoher Arbeits- und Leis-tungsdruck oder eine persönlicheKrise. „Permanenter Druck machtkrank“, sagt der Arzt. „Wichtig istdie Stimmung im Betrieb: Wer mitBauchschmerzen zur Arbeit geht,wird sich häufiger krankschreibenlassen.“ Dr. Schlömer appelliertauch an die Führungsetagen: „AllePräventionsmaßnahmen nützennichts, wenn die Führungsebenenicht dahintersteht und es selbstnicht vorlebt.“

„Permanenter Druck macht krank“Was Firmenchefs tun können, um ihre Mitarbeiter fit zu halten

VON MELANIE HEIKE SCHMIDT

OSNABRÜCK. Immer älter, immerkränker: Kommt die Belegschaftin die Jahre, müssen Chefs mitlängeren Ausfallzeiten ihrerMitarbeiter rechnen. Wie es ge-lingen kann, das Team mög-lichst fit und arbeitsfähig zu hal-ten, weiß Betriebsarzt Dr.Hans-Tebbe Schlömer.

Foto: Colourbox.de

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Zwei Millimeter sind es, die KarstenBäumer stolz wirken lassen. Sodünn ist die Echtbeton-Oberflächeeiner gerade präsentierten neuenKüche des Herstellers Häcker imostwestfälischen Rödinghausen. Hä-cker war einer der größten Akteureder gerade beendeten KüchenmeileA 30, einem Verbund von Hausmes-sen der vielen Anbieter im nieder-sächsisch-westfälischen Grenzgebietentlang der Autobahn 30.

Den Beton, der manchen Hä-cker-Küchenfronten den angesag-ten urbanen Industrielook verleiht,gibt es in dunkel oder hell. Zurdunklen Variante passt die Nach-richt vom Branchenverband VdDK,der ein Umsatzminus von 2,1 Pro-zent für die deutsche Küchenmöbel-industrie in der ersten Jahreshälftefestgestellt hat. Zum hellen Farbtonliefert PR-Chef Bäumer die passen-de Nachricht: Per Ende August ha-be Häcker den Umsatz im Vorjah-resvergleich um 7,5 Prozent gestei-gert.

Ein Indiz dafür, dass Häcker mitannähernd 1500 Mitarbeitern aktu-ell ein Gewinner der Branche ist,war der Andrang des Fachpubli-kums in der neuen Ausstellungwährend der Küchenmeile. Seit ei-nigen Jahren meldet das Unterneh-men regelmäßig Rekordumsätze,2016 lag der Erlös bei 512 MillionenEuro. Mehr erzielten in Deutsch-land nur die Mitbewerber Alno(Pfullendorf ) und Nobilia (Verl).Doch Alno mit seinen TöchternWellmann im ostwestfälischen En-ger und Pino in Coswig/Sachsen-Anhalt ist pleite. Nach dem Schei-

tern eines Insolvenzverfahrens inEigenverwaltung wurde die Pro-duktion genau zum Start der Kü-chenmeile erneut gestoppt – dieHausmesse in Enger fand aber nochstatt. Allein dort bangen 450 Be-schäftigte um ihre Arbeitsplätze, inder Alno-Gruppe sind es rund 1900.

Wie sich die Marktanteile desBranchenriesen bei dessen mögli-cher Zerschlagung verteilen wer-den, ist derzeit in Fachkreisen eingroßes Thema. Pino wurde vom In-solvenzverwalter in einem erstenSchritt Anfang Oktober an denMarktführer Nobilia verkauft. Zuden Gewinnern könnte auf längereSicht auch Häcker gehören. Im ver-gangenen Sommer hat das Unter-

nehmen den Neubau einer Fabrikin Ostercappeln-Venne im Land-kreis Osnabrück bekannt gegeben.Was genau auf dem mehr als200 000 Quadratmeter großenGrundstück produziert werden soll,vermag Häcker-Manager Bäumernoch nicht zu sagen. Nur so viel,dass es sich um „das modernste Kü-chenmöbelwerk in Europa“ han-deln und die Zahl der Mitarbeiterbei einer solchen Fabrik „mindes-tens zwischen 150 und 200“ liegenwerde.

Licht und die Grauschattierun-gen der Branche kennt man im Os-nabrücker Land schon. Bei einemder einst größten Küchenmöbel-Hersteller dieser Region, Rationalin Melle-Riemsloh, wird seit siebenJahren nicht mehr produziert, weilder Eigentümer, die italienischeSnaidero-Gruppe, die Fertigung inseinem Heimatland gebündelt hat.„Wir sind aber nach wie vor eindeutsches Unternehmen mit einereigenständigen technischen Ent-wicklung, einem eigenständigenDesign und eigenem Charakter“,betont Co-Geschäftsführer ThomasKlee. Für die fast 50 Mitarbeiter inRiemsloh hat ihr Chef die gute Bot-schaft parat, dass 2017 die Reihevon Verlustjahren beendet und Ra-tional bei einem stabilen Umsatz

von rund 35 Millionen Euro vor-aussichtlich mit einem Ergebnis„knapp über null“ abschließen wer-de.

Klees Strategie des profitablenWachstums deckt sich mit der sei-nes Kollegen Thomas Kredatus bei

Poggenpohl in Herford. Bei Durch-schnittspreisen zwischen 30 000und 40 000 Euro pro Kücheje nach Land gibt der Heimat-markt für diesen Luxusanbieter al-lerdings nur wenig Wachstumspo-tenzial her, wodurch sich die hoheExportquote von über 80 Prozenterklärt. Im vergangenen Jahr setz-te Poggenpohl gut 100 MillionenEuro um.

Der nach einem Eigentümer-wechsel erst seit Februar an derSpitze stehende Kredatus will biszur Mailänder Messe Eurocucinaim April 2018 ein „neues Marken-bild“ für Poggenpohl erarbeiten –ebenso ein Konzept für die Studio-Gestaltung. Zur Küchenmeile gabsich das 125 Jahre alte Unterneh-men zurückhaltend, was technischeNeuerungen angeht. Stattdessensetzt Poggenpohl in seiner Ausstel-lung auf Emotionalität und stelltden Menschen als Individuum undseine Familie in den Mittelpunkt.Das Unternehmen beschäftigt welt-weit 500 Mitarbeiter, produziertaber ausschließlich in Herford, wo350 Personen für Poggenpohl tätigsind. Kredatus erklärt dazu: „Zur-zeit sind wir voll ausgelastet, undunsere Mitarbeiter in der Produkti-on leisten seit dem FrühsommerÜberstunden.“

Bei Küchen mit immer größeremKomfort (etwa serienmäßig ge-dämpften Schubkastensystemen) zuEinsteigerpreisen hat sich derweilder Hersteller Express Küchen ausMelle-Bruchmühlen einen Namengemacht. Dabei handelt es sich umein 2010 gegründetes Tochterunter-nehmen der etablierten Nolte Grup-pe, die schräg gegenüber dem Ex-press-Gelände mit Nolte Küchen ei-ne weitere moderne Küchenfabrikim Osnabrücker Land betreibt.

260 Beschäftigte arbeiten inBruchmühlen für Express Küchen,die vorrangig in SB-Abholmärk-en und Vollsortimentshäusern, aberauch im Fachhandel verkauft wer-den. Nebenan im Nolte-Werk sindmehr als 500 Mitarbeiter vor allembei der Endmontage und im Logis-tikbereich beschäftigt. Laut Ex-press-Produkt- und Marketingma-nager Jochen Linke und Nolte-Mar-ketingleiter Axel Brinkmann wirdauch in Bruchmühlen kontinuier-lich investiert und weiteres Perso-nal benötigt. Und sollte die Alno-Gruppe tatsächlich zerschlagenwerden, würden davon auch Nolteund Express Küchen profitieren, diebei einer gemeinsamen Jahrespro-duktion von 250 000 Küchen schonjetzt zu den drei größten deutschenKüchenmöbelherstellern gehören.

Licht und Schatten in der KüchenweltZwischen Umsatzminus und Überstunden: Bei der Messe „Küchenmeile A 30“ präsentiert sich eine Branche unter Spannung

NORBERT MEYER

MELLE. Von wegen bunte Jahres-zeit: Die Trendfarben bei Kü-chen in diesem Herbst sindSchwarz, Weiß und Grau. Tat-sächlich sind es gar keine Far-ben. Spannend geht es in derBranche trotzdem zu, auch fürdas Osnabrücker Land.

Darf hier auch gekocht werden? Designerküche in der Ausstellung von Rational in Melle. Fotos: Norbert Meyer

Will bei Poggenpohl

ein neues Markenbild

schaffen: Firmenchef

Thomas Kredatus.

„UnsereMitarbeiter inder Produktionleisten seit demFrühsommerÜberstunden.“Thomas Kredatus, ManagingDirector Poggenpohl

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DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

9SPEZIALINNOVATIONEN & IDEEN

Großer Pluspunkt des Systems„Indutainer IBCs“: Es kann sehrschnell aufgebaut werden, weil esaus faltbaren Containern besteht.„Die ersten Versuche auf demÜbungsgelände des Fahrtechnik-und Ausbildungszentrums inHolsterfeld sind sehr positiv ver-laufen“, sagte Martin Siegbert, Ge-

schäftsführer von Indutainer: „Eshat uns nicht überrascht, dass wirsogar einen 7,5-Tonnen-Lkw auf-halten konnten.“

Das Team der Indutainer hattedie Straßensperre in kurzer Zeitaufgebaut. Sie bestand aus sechsfaltbaren Containern, die mitein-ander verbunden und mit jeweils1500 Liter Wasser gefüllt wurden.„Unser Ziel ist es, für Veranstal-tungen eine leichte, faltbare Stra-ßensperre zur Verfügung zu stel-len“, erklärte Siegbert: „Diese re-duziert den logistischen Aufwanderheblich, der zum Beispiel beistarren Containern, mit Sand ge-füllten Big Bag’ s oder Betonklöt-zen besteht.“ Zusätzlich dazu be-steht bei der mobilen Straßensper-re die Möglichkeit, eine Rettungs-gasse für Einsatzkräfte zu bilden.Dies sei mit möglichst geringem

Aufwand und in kurzer Zeit mach-bar.Ein weiterer Test der Indutainer

IBCs wurde unter realen Bedin-gungen in der Crash-Anlage aufdem Gelände der Dekra-Automo-bil in Bielefeld durchgeführt. AlsTestfahrzeug diente ein unbesetz-ter, mit Kamera und Messgerätenausgestatteter Lkw. Von dem Fahr-zeug hatte man im Vorfeld sämtli-che Flüssigkeiten abgelassen, erwurde von einem Seil gezogen undfuhr autonom mit einer Geschwin-digkeit von circa 50 Stundenkilo-metern in die mobile Straßensper-re. Die Indutainer IBC Straßen-sperre habe den Lkw ausreichendgebremst, bestätigte Uwe Hage-mann, Unfallsachverständiger derDekra, die Weiterfahrt sei verhin-dert worden. „Sehr positiv ist, dasssich beim Aufprall des Fahrzeugs

auf die mobile Straßensperrekaum lose Bauteile gelöst haben,die Personenschäden verursachenkönnten“, so Hagemann weiter.Man habe bei den Indutainer IBCsein sehr gutes Gefühl.„Die Indutainer IBCs haben

halb starre Seitenwände und ab-sorbieren die Aufprallenergie desLkw“, sagt Martin Siegbert. An-ders als bei starren Barrierenwerde beim Aufprall keine Ener-gie umgelenkt, die ähnlich wiebeim Billardspielen beschleunigtwerden könne und eine zusätzli-che Gefahrenquelle darstelle.Weitere Vorteile seien das Leerge-wicht von sieben bis elf Kilo-gramm, ein Aufnahmevolumenvon bis zu 1500 Liter Wasser, einfester, textiler Boden und einOberboden mit verschließbaremEinfüllstutzen. „Eine einzelne

Person kann das System in etwa30 Sekunden aufbauen. EineMehrfachnutzung ist möglich“, soSiegbert: „Zusammengelegt kön-nen bis zu acht Indutainer IBC ineinem Pkw-Kombi angeliefertwerden.“Der einfache, selbsterklärende

Aufbau des Systems könne prob-lemlos durch einen Laien durch-geführt werden, erläutert Sieg-bert. Wenn eine Rettungsgassegebraucht werde, lasse sich in derReihe der Indutainer IBCs einerund 2,5 Meter breite Spur freihalten. Die Dekra hat IndutainerEnde August ein Zertifikat ausge-stellt, das die Wirksamkeit dermobilen Straßensperre bestätigt.Damit verfüge man über die ers-te, von einem unabhängigen undanerkannten Prüfinstitut geprüf-te, mobile Straßensperre, sagteSiegbert.Indutainer-Straßensperren

wurden bisher an neun Städteund Gemeinden sowie zwei Ver-anstalter geliefert. Sie kamen be-reits mehrfach zum Einsatz, un-ter anderem in Emsdetten,Hamm, Lemgo und Saerbeck(Nordrhein-Westfalen), Bad Hom-burg, Friedrichsdorf, Kronbergund Obertshausen (Hessen) sowieEhingen (Baden-Württemberg).Die mobilen Straßensperren wur-den weiterhin beim Stadtfloh-markt und dem Friedensfest inOsnabrück, beim deutschen Ka-tholikentag 2017 in Münster undbei einer Messe in Offenburg auf-gestellt.

Das faltbare Systemlässt sich sehr schnellaufbauen.

Die wassergefülltenContainer können einen7,5-Tonner stoppen.

In einen Pkw Kombipassen bis zuacht Indutainer IBC.

VON HERMANN LINDWEHR

GREVEN/BIELEFELD.ObNizza,Berlin oder London – die Gefahrterroristischer Anschläge, in de-nen Lkw alsWaffen gegenMen-schenmengen eingesetzt wer-den, scheint allgegenwärtig. DieSicherheitsvorkehrungen beiGroßveranstaltungenwerdenimmer umfangreicher. Ein inno-vatives Schutz-Konzept hat jetztdasUnternehmen Indutaineraus Greven entwickelt: einemo-bile Straßensperre, bestehendausWassertanks.

DieWuchtdiesesKleinbusses fangendie Indutainer IBCStraßensperrenwirksamab. ImTestkonnteselbstein50Stundenkilometerschneller7,5-Tonnen-Lkwausreichendgebremstwerden. Foto/Screenshot: Indutainer/Montage:Michel

Wasser statt BetonDie Firma Indutainer ausGreven entwickeltmobile Straßensperren zumSchutz vor Terrorangriffenmit Fahrzeugen

Bis zu 1500Liter

Wasser fasst

eineinzelner

Indutainer IBC,

seinLeergewicht

beträgtnursieben

biselfKilogramm.

„Eine einzelnePerson kanndas System in30 Sekundenaufbauen.“Martin Siegbert,Geschäftsführer Indutainer

WASSERGEFÜLLTE STRASSENSPERRE

Einfache Handhabung, sichere WirkungDer Einsatzzweckmobi-ler Straßensperren be-steht darin, Fahrzeugeverschiedener Klassen,Größen undMassen si-tuativ an der Befahrungbestimmter Straßenab-schnitte zu hindern undim Fall diesbezüglicherZuwiderhandlungen wir-kungsvoll zu stoppen.Dabei werden folgende

Anforderungen an dieHandhabung undWir-kung gestellt:•Möglichst geringerLagerraum

•Anlieferung an denEinsatzort/Abtrans-port ohne schwereNutzfahrzeuge

•Aufstellung ohne Be-schädigung des Fahr-bahnbelages

•Aufstellung auf übli-chemStraßenbelag(Beton, Teer und Pflas-terdecke)

•Anpassung der Stra-ßensperre an den Un-tergrund (Reibungser-höhung) auch bei Un-ebenheiten in derFahrbahn

•Einrichtung ohneme-chanische oder chemi-

sche Fixierungsmittelauf der Fahrbahn

•Kein Verbund dermo-bilen Straßensperremit demUntergrund

•Schnelle Notdemonta-ge zur Bildung einerRettungsgasse inner-halb von zwei Minutenohne schweres Hebe-gerät durch eine Per-son

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10 DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

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Die breiten Schultern gestandenerBauarbeiter haben sie noch nicht,die Motivation schon. Für die dreiAchtklässler mussten erst noch pas-sende Arbeitsanzüge und Sicher-heitsschuhe bestellt werden. ZweiMonate lang kommen Jonas, Leon(beide 13) und Malte (14) immerdonnerstags nach der Schule zumBauunternehmen Anton Meyer inNeuenhaus. Sie nehmen am Projekt„GenerationenWerkstatt“ der Osna-brücker Ursachenstiftung teil.

In der Halle der Beton- undStahlbetonbauer haben sie geradeSchalungen von zwei Betonwür-feln abgenommen. Eine Woche zu-vor hatten sie den Fertigbeton an-gerührt und eingefüllt. Leon kamheute gespannt aufs Betriebsge-lände. „Der Beton sackt mit derZeit etwas nach, und ich wusstenicht, ob wir noch spachteln müs-sen.“ Jetzt pinselt er Holschutzfar-be auf einige Latten, die die Blö-cke zu einer Bank verbinden sol-len. Das fertige Produkt soll späterauf dem Pausenhof ihrer Wil-helm-Staehle-Schule in Neuenhausstehen.

Mischmaschine, Brecheisenund Akkuschrauber. Nur an denWinkelschleifer („Flex“) lässt Be-tonbauer Manfred Peters die Re-alschüler nicht ran: „Wenn derhoch rutscht, wird es gefährlich.“Die Jugendlichen haben es ihmverziehen. „Manfred ist cool“,schwärmt Jonas, „wir dürfen ihnsogar duzen“. Peters ist seiner-seits begeistert von den Schü-lern: „Die haben keine Angst, et-was falsch zu machen. Wenn et-was schiefläuft, dann läuft eseben schief.“ Manfred Peters istnoch aktiv in seinem Beruf.Meist leiten Pensionäre die Ju-gendlichen in der Generationen-Werkstatt an. Gerade diese Män-ner sollen zu Vorbildern werden.Das gehört zum Konzept. Jo-

hannes Rahe, der Vorsitzende derUrsachenstiftung, hat es mit dembekannten Hirnforscher Profes-sor Gerald Hüther entwickelt.„Jungen sind die Bildungsverlie-rer der Gesellschaft“, sagt Hü-ther. In der Schullandschaft wür-den sie leichter untergehen, Ta-lente und Stärken würden nichtimmer erkannt. Das sei eine pro-vozierende These, sagt Rahe:„Lehrer haben das aber immerwieder bestätigt. Unsere Ziel-gruppe sind Jungen ab der ach-ten Klasse, also bevor sie in diePubertät kommen.“ In dem Alterseien sie leichter für Neues wiedas Handwerk zu begeistern.„Unsere erste Säule ist die jungeGeneration“, erklärt er: „Dannkommen die Aktiven: die mittel-ständischen Unternehmen, die

das Bruttosozialprodukt in dieSpur bringen. Die dritte Säulesind die Unruheständler, die ihreErfahrung für die Teilnehmereinbringen.“ Rahe nennt das eine„Win-win-win-Situation“. Und dieSchüler würden „nicht nur wieim Praktikum rumstehen“, son-dern selbst etwas schaffen.Uwe Paulsen, Prokurist und

Personalleiter bei Anton Meyer,hatte erst Vorbehalte, weil dieSchüler noch so jung sind. Jetztunterstützt er bereits das dritteProjekt. Der Betrieb lässt sichdas etwas kosten: Arbeitsklei-dung, Baumaterial und Lohn fürden Mitarbeiter. „Wir haben dasnicht budgetiert“, betont Paul-sen: „Das wird bei uns durchge-zogen.“ In der Firma arbeiten230 Mitarbeiter. Im letzten Jahrlandeten auf seinem Tisch abernur zwei Bewerbungen für Aus-bildungsplätze. Für das kommen-de Jahr hat er noch keine bekom-men. „Mit der Generationen-Werkstatt können wir die Schülerheranführen“, hofft er. Früher seidas einfacher gewesen. Paulsengibt zu, dass er heute Schülereinstellt, die er früher nicht ge-

nommen hätte. „Die Bauberufeeignen sich auch für Hauptschul-absolventen.“Heute ist die Verlockung groß,

die Schullaufbahn nach der 10.Klasse zu verlängern. Und es istim Vergleich zu manchen Hand-werksberufen vielleicht auch be-quemer. Für wen es zum Abituram Gymnasium nicht reicht, derversucht nicht selten, die Hoch-

schulzugangsberechtigung an ei-ner Gesamtschule zu erreichen.Fachleute sprechen schon von„Pseudo-Akademisierung“. DasHandwerk leidet darunter.„Wir möchten den Trend zur Eh-

renrunde nach der zehnten Klasse,der oft nichts für die folgende Be-rufstätigkeit bringt, durchbre-chen“, erklärt Reiner Brinkrolf,Ausbildungsberater bei der Hand-werkskammer Osnabrück-Ems-land-Grafschaft Bentheim: „Wenndie Jugendlichen nach der mittle-ren Reife eine Ausbildung ma-chen, kann es anschließend überdas Meister- oder Gesellenabiturin ein Studium gehen.“ Bei denElektro- und Bauberufen sowie imBau- und Nahrungsmittelbereichgebe es einen „Riesenmangel“. Fi-nanziell ist eine Karriere im Hand-werk übrigens durchaus interes-sant. Das ergab eine Studie des In-stituts der deutschen Wirtschaft:Etwa 30 Prozent der Meister undTechniker verdienen mehr als eindurchschnittlicher Akademiker.Seit drei Jahren bewirbt Johan-

nes Rahe sein Projekt in Schulenund Betrieben mit so viel Begeiste-rung, dass die gar nicht anders

können, als sich anzuschließen.Bei den Firmen unterstützt ihnseine Koordinatorin Renate Bei-neke; sie leitete früher das Sekre-tariat für Präsident und Geschäfts-führung der Handwerkskammer.Rahe selbst baute ab 1984 in Melledas Unternehmen „cool it“ für Käl-tetechnik auf, das er bis 2009 alsGeschäftsführender Gesellschafterleitete. Der heute 73-Jährige könn-te die Beine hochlegen, doch erwollte der Gesellschaft mit der Ur-sachenstiftung etwas zurückgeben.Dafür stellte er eine Million EuroStiftungskapital bereit, das nichtanzutasten ist. „Du lebst also vonErträgen aus dem Kapitalstockund Spenden“, rechnet Rahe vor,„unser Problem sind die zurzeitniedrigen Zinsen“. Die Akzeptanzfür sein Engagement ist hoch. BisDezember feiert er mit der ein-hundertsten GenerationenWerk-statt Jubiläum. Die Stationen rei-chen von Papenburg über Lingenbis Nordhorn und Melle.Rahe lädt zur Auftakt- und Ab-

schlussveranstaltung immer dieEltern ein. Zum Ende gibt es ne-ben einigen Lobhudeleien oft Ge-tränke und Schnittchen, manch-mal auch nur einen warmen Hän-dedruck. Aber immer verteilen Ra-he und Renate Beineke Zertifikate,die jede Bewerbungsmappeschmücken. Rahe: „Das ist der Be-leg, dass es nicht nur schlechteKlassenarbeiten gibt. Die Jungenhaben etwas gemeinsam gebaut,und die Schule profitiert davon.“So sind für die Schulen bereitsSitzgruppen mit Akustikdecken,Vitrinen und Bootshäuser entstan-den.Zurück nach Neuenhaus: Proku-

rist Uwe Paulsen hat sich bei Man-fred Peters regelmäßig über diedrei Realschüler informiert undsie in der Betonbauerhalle be-sucht. Als Tagesexkursion schickteer die Jugendlichen nach Ostfries-land auf die Baustelle für eineGasverdichterstation. Beim letztengemeinsamen Termin will Paulsensie zur Seite nehmen und die ver-schiedenen Ausbildungswege imUnternehmen erläutern. „Mich in-teressiert der Beruf “, sagt LeonJoostberends, „mein Vater ist auchin der Richtung beschlagen. Derist Maurer.“ Der 13-Jährige urteiltschon wie ein Großer. „Ich habeVertrauen in das Unternehmen.“

Werkstattprojekt fürJungs und RentnerDie Osnabrücker Ursachenstiftungwill Schüler für das Handwerk gewinnen

VON AXEL ROTHKEHL

NEUENHAUS. Handwerksberufehaben ein Imageproblem. DieBetriebe können längst nichtmehr alle Ausbildungsplätzebesetzen. Diesem Trend begeg-net die Ursachenstiftung ausOsnabrück mit dem innovativenProjekt „GenerationenWerk-statt“. Dort konzentriert mansich gezielt nur auf Jungen.

An die Flex dürfen sie noch nicht. Betonbauer Manfred Peters leitet für die GenerationenWerkstatt die Realschüler Malte Roling, Leon Joostbe-

rends und Jonas Kennepohl (v. l. ) an. Fotos: Axel Rothkehl

Johannes Rahe (r.), Gründer der „Ursachenstiftung“, begeisterte Uwe Paulsen für sein Projekt.

„Die Zielgruppesind Jungenab der achtenKlasse.“Johannes Rahe, VorsitzenderUrsachenstiftung

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11DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

SPEZIAL INNOVATIONEN & IDEEN

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Udo Schröer, Geschäftsführer

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Schumacher Packagingund Airportpark FMO:das passt!Schumacher Packaging mit Stammsitz imfränkischen Ebersdorf investiert ei

„Wer zu spät kommt, den bestraftdas Leben.“ Dieser Satz des ehema-ligen Staatspräsidenten der Sowjet-union, Michail Gorbatschow, kannnicht nur auf die ehemalige DDR,sondern auch auf einstige Bran-chenriesen wie Kodak, Agfa oderKonica angewendet werden. Als inden Achtzigerjahren die ersten Di-gitalkameras auftauchten, wurdediese Entwicklung unterschätzt,vernachlässigt oder gar ganz igno-riert. Die Unternehmen Kodak, Ag-fa und Konica sind heute weitestge-

hend vom Markt verschwunden.Den weltweiten Durchbruch der di-gitalen Fotografie beobachtete manauch im Osnabrücker StadtteilGretesch. Das 1895 von Felix Her-mann Maria Schoeller gegründeteUnternehmen stellte traditionell Pa-pier für die analoge Fotografie her.„Bis zum Ende der Achtzigerjahrebetrug die Abhängigkeit von diesemGeschäftsfeld über 80 Prozent“, soHans-Christoph Gallenkamp, COOder Felix Schoeller Group.

Mit Beginn der Neunzigerjahrewurde jedoch eine strategische Wei-chenstellung und Neuausrichtungdes Unternehmens vorgenommen.Damit wurde das Ziel verfolgt, diehohe Abhängigkeit vom Stammge-schäft zu reduzieren. „Zielrichtungwaren weiterhin Spezialpapiere,und zwar Dekorpapiere für dieHolzwerkstoffindustrie sowie Ink-jet-Papiere für den hochwertigen di-gitalen Fotodruck“, so Gallenkampweiter.

Der Niedergang der Analog-Foto-grafie traf das Unternehmen den-noch hart. Der Absatz im Fotopa-pier-Geschäft brach um 80 Prozentein. „Dieser Einbruch hatte nichtnur Auswirkungen auf die Ertrags-kraft und Leistungsfähigkeit der Fe-lix Schoeller Group, sondern auchdramatische Effekte auf die Auslas-tung und Nutzbarkeit bestehenderAnlagen“, sagt Gallenkamp. Diesbetraf vor allem die sogenannte

PM1, die 1986 als leistungsstärkstePapiermaschine für den Fotopa-pier-Weltmarkt gebaut worden war.Sie sei damals ein entscheidenderMeilenstein zum Erreichen derMarktführerschaft gewesen, so Gal-lenkamp. „Durch die Marktverände-rungen war diese Papiermaschineauf einmal obsolet und wurde inder Folge in den Jahren 2009/2010in eine Dekorpapiermaschine um-gebaut.“

Die Osnabrücker hatten aber be-reits Anfang der Neunzigerjahre aufden Wandel reagiert. Mit dem Kaufder Papierfabrik zu Penig GmbH1991 und der zwei Werke der Tech-nocell AG in Pasing und Günzach1993 stellte die Felix SchoellerGroup die Weichen auf die Produk-tion von Dekorpapieren. Das istheute neben der Herstellung vonFoto- und Digitaldruckpapieren,

Vlies, Release Linern und weiterenSpezialpapieren eins von fünf Ge-schäftsfeldern des Unternehmens,das 2016 einen Umsatz von 757 Mil-lionen Euro erzielte. Heute ist dieFelix Schoeller Group Weltmarkt-führer bei der Produktion von Foto-und Dekorpapieren. Jedes zweiteFoto, das weltweit gedruckt wird,basiert auf einem Felix-Schoeller-Produkt. 95 Prozent aller Dekorpa-pier-Verarbeiter sind Kunden derSchoeller-Tochter Technocell. DasDekorgeschäft ist laut Gallenkampheute das bei Weitem stärkste Ge-schäft.

Ausruhen will sich auf den positi-ven Zahlen niemand. Vor fünf Jah-ren wurde das sogenannte BusinessDevelopment Team bei der FelixSchoeller Group gegründet. Zu sei-nen Aufgaben zählt Gallenkampdas Innovationsmanagement, den

Stage-Gate-Prozess und die Ge-schäftsmodellentwicklung. Ergeb-nisse dieses Entwicklerteams sindunter anderem das „p_e:smart“-Spezialpapier für die gedruckteElektronik, die Integration neuerFunktionen in Papier, leitfähige, fle-xible Beschichtungen und Papieresowie funktionale Beschichtungenauf Basis innovativer Thermoplas-ten, Dispersionen und Polymere.

Die von Gorbatschow getadeltenZu-spät-Kommer scheint es bei derFelix Schoeller Group in Osnabrücknicht zu geben. Selbst wenn sich dieZeit zurückdrehen würde und ana-loge Technik wie bei der Renais-sance der Schallplatte auch in derFotografie wieder gefragt wäre, sokönnte laut Unternehmensspreche-rin Friederike Texter in Greteschwieder Papier dafür produziert wer-den.

Die Zukunft selbst bauenWie die Felix Schoeller Group die digitale Revolution für sich nutzte

VON THOMAS WÜBKER

OSNABRÜCK.Die Felix SchoellerGroup ist von den Folgen derUmstellung vonAnalog- auf Di-gitalfotografie hart getroffenworden. Doch die Zeichen derZeit wurden früh erkannt. Heu-te ist das Osnabrücker Traditi-onsunternehmenWeltmarkt-führer bei Foto- undDekorpa-pieren, ruht sich darauf abernicht aus. Es ist auf der SuchenachweiterenGeschäftsfeldern. TeamsitzungbeiderFelixSchoellerGroup:ChristianWlotzka(Mitte)verantwortetdas Innovationsmanagement. Foto:AlexanderBoehle

PAPIERHERSTELLER SEIT 1885

Alles in der Familie2322 Menschen ar-beiten an weltweitacht Standorten indem 1895 in Osna-brück von FelixSchoeller gegrün-deten Unterneh-men. Seit dem1. Januar 2017 wirdes von Hans-Chris-toph Gallenkampgeführt, der seit1997 im Familien-unternehmen tätigund seit Oktober2012 als Techni-scher Geschäfts-führer Mitglied der

Geschäftsführungist. Er ist der Enkelvon Hans-GeorgGallenkamp, der indie Familie einhei-ratete und 1945 insUnternehmen ein-trat, und der Sohnvon Hans-MichaelGallenkamp, demlangjährigen CEOdes Unternehmens,der heute den Bei-ratsvorsitz innehat.Seit 122 Jahren istdie Papierfabrik infünfter Generationnun in Familien-

hand. Möglicher-weise liegt es ander familiären At-mosphäre, dass dieFelix SchoellerGroup in einer Stu-die des Nachrich-ten-Magazins „Fo-cus“ auf Rang 6 imBereich „Herstel-lung und Verarbei-tung von Werk- undBaustoffen, Metal-len und Papier“ zueinem der bestenArbeitgeberDeutschlands ge-wählt wurde. tw

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DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

SPEZIAL INNOVATIONEN & IDEEN

Microsoft-Gründer und Multimilli-ardär Bill Gates schrieb bereits2013 in seinem Blog, es sei unmög-lich, genug Fleisch für neun Milli-arden Menschen zu produzieren.Und man könne auch nicht jedenbitten, Vegetarier zu werden. Alsomüssten neue Wege gefunden wer-den, ohne die Erde auszubeuten.Der britische Milliardär RichardBranson teilt diese Auffassung. Ersei überzeugt, ließ er „BloombergNews“ wissen, dass wir in viel-leicht 30 Jahren keine Tiere mehrtöten müssten, um Fleisch zu es-sen.Die Superreichen zählen zu den

Investoren, die Millionenbeträge indas Unternehmen „Memphis Meat“gesteckt haben – eine der Firmen,die am Fleisch der Zukunft arbei-ten. Aus Stammzellen will das jun-ge Unternehmen Fleisch herstel-len, das nur ein Prozent der Land-fläche und nur zehn Prozent derWassermenge verbraucht wie diekonventionelle Tierhaltung. KeinSchwein, kein Rind müsste mehrfür Fleischgenuss sterben. So dieUtopie.In der Heimatregion von „Mem-

phis Meat“ – dem sogenannten Sili-

con Valley in Kalifornien, von demauch schon die Internetrevolutionausging – erzählt man sich, Such-maschinen-Gigant Google habe dasUnternehmen kaufen wollen. Voneinem Preis von bis zu 300 Millio-nen US-Dollar war die Rede. DieGründer aber lehnten ab. Angeb-lich war ihnen das Angebot zu ge-ring. Ein Ausdruck des Selbstbe-wusstseins der Lebensmittelrevolu-tionäre.Die Konkurrenz auf dem Markt

wächst – und die Preise für dasEndprodukt sinken. Der Hersteller„Impossible Foods“ (zu Deutsch inetwa „unmögliche Lebensmittel“)lud kürzlich zum Testessen in eintrendiges New Yorker Hambur-ger-Restaurant. Eine Journalistindes „Guardian“ war begeistert vom„Fake-Fleisch“, räumte aber auchein, dass die Geschmacksexplosionpsychosomatischer Natur gewesensein könnte. Jedenfalls kostete derBurger mit dem Bratling aus demLabor zwölf US-Dollar.

Bislang erhältlich in New York,demnächst auch in San Francisco.„Mein Burger ist besser als deiner“,schrieb ein Instagram-Nutzer undTestesser zu seinem Burger-Foto.Moralisch ist das Fleisch aus derPetrischale der konventionellenProduktion überlegen.Doch die Skepsis der Europäer

und besonders der Deutschen hin-sichtlich künstlich veränderteroder erzeugter Lebensmittel isthinlänglich bekannt. „Clean Meat“dürfte es schwerer haben, hier Fußzu fassen, als in den USA.Weiter noch als beim Fleisch ist

die Neuerfindung der Produktionbeim Grünzeug gediehen. VerticalFarming lautet die neue Anbau-weise. Gemüse wird in Glaskästendirekt dort angebaut, wo es benö-tigt wird. Im Restaurant beispiels-weise oder im Supermarkt. An vie-len Orten der Welt gibt es dasschon. Besonders in Großstädtenwird das Konzept vorangetrieben.Die Gemüseproduktion wird Stückfür Stück dezentralisiert.Einzelne Start-ups gehen noch

einen Schritt weiter. In der Zu-kunft kann jeder sein Gemüseselbst in der Küche anbauen. Sozumindest der Plan des MünchnerUnternehmens „A grilution“. 17Menschen vom Maschinenbauerüber Elektrotechniker bis hin zuBiologen arbeiten an einer Art Mi-

ni-Gewächshaus, das in jede Kü-che implementiert werden kann.Der Name ist – natürlich – eng-lisch: Plantcube. Und dieserPflanzwürfel kann per Smart-phone gesteuert und kontrolliertwerden. Das Handy sagt, wann esZeit zur Ernte oder zum Gießenist.Testgeräte seien bereits im Um-

lauf, erzählt Firmengründer MaxLössl. „Über die genaue Anzahl re-den wir aber nicht. Auch nicht,wer sie hat.“ Ab Herbst erhalten

Kunden die Gemüseschränke, diesich vorab registriert haben. Meh-rere Tausend sollen es sein, die proPlantcube 2000 Euro zahlen. 2018soll dann der große Durchbruchauf den freien Markt erfolgen. Zu-nächst mit Augenmerk auf das Pre-miumsegment, aber: „Das soll eineMassentechnologie werden“, gibtLössl die Marschrichtung vor.

Auch im Bereich des „VerticalFarming“ geht es längst um Millio-nen-Beträge. Agrilution konnte zu-letzt siebenstellige Beträge vomGlühbirnenhersteller Osram undTengelmann Ventures einsammeln.Hinter Letzterem steckt der ehe-malige Besitzer der an Edeka undRewe verkauften SupermarktketteKaiser’ s Tengelmann. Das Ge-schäftsmodell der Münchener be-schränkt sich dabei nicht nur aufden weißen Kasten. Agrilution bie-tet Nährboden, Dünger und Samenfür den Würfel an. Nach jeder Ern-te kann der Kunde Nachschub be-stellen. „Wir bieten auch alte, aus-gefallene Sorten an, die es so imSupermarkt gar nicht gibt“, sagtLössl. Nächstes Ziel seien Erdbee-ren.Auch das junge Start-up aus Bay-

ern nimmt für sein Produkt in An-spruch, dass es besser sei als dieherkömmliche Produktion. Geradegegenüber aus dem Ausland im-portierter Ware sei die Ökobilanzbesser, wenn der Salat in der eige-nen Küche wächst, betont GründerLössl.Volker Heinz vom Deutschen In-

stitut für Lebensmitteltechnik(DIL) beobachtet die Entwicklun-

gen sehr genau. Er kenntdie hohen Hürden undwirtschaftlichen Nachteile,die sowohl dem sauberenFleisch als auch dem Verti-cal Farming noch im Wegestehen. Der Fachmann gehtnicht von einem schnellenUmbruch der Produktionaus. Beim Fleisch aus derPetrischale sagt er, dass es„möglicherweise zu-nächst als Nischen-produkt mit re-lativ geringemMarktanteilseinen Platzim Handelfinden und

mit bestehendentraditionellenFleischwaren ko-existieren“ werde.Die Zukunft hat alsobegonnen. Bis sie zumStandard wird, dau-ert es allerdingsnoch einige Jahr-zehnte.

Fleisch aus dem Reagenzglas,Salat aus dem KüchenschrankWie Clean Meat und Gärten im Küchenschrank die Lebensmittelbranche umkrempeln

Bei „Memphis Meat“gibt es Fleisch, für daskein Tier sterben muss.

Microsoft-GründerBill Gates und andereSuperreiche investieren.

Salat könnte bald dawachsen, wo er benötigtwird: in der Küche.

VON DIRK FISSER

OSNABRÜCK. Der Salat der Zu-kunft wächst in der eigenen Woh-nung im Einbauschrank nebender Spülmaschine. Und dasFleisch für den Hamburgerkommt aus der Petrischale. Tech-nisch ist all das möglich. Der ra-dikale Wandel in der Lebensmit-telproduktion hat begonnen. Esist auch eine Wette auf die Zu-kunft. Viele Hundert MillionenEuro und Dollar fließen in For-schungsprojekte und Start-ups.

Frikadelle im Reagenzglas: Aus Stammzellen lässt sich Fleisch züchten, für das kein Schwein oder

Rind mehr sterben muss. Foto: dpa

Der Salat wächstin der Küche,und das Handysagt, wann esZeit zum Gießenoder Ernten ist.

Der Pflanzwürfel für die Küche, genannt Plantcube, ist derzeit in der Testphase. Über das Smartphone wird mitgeteilt, ob es Zeit zum Gießen oder

Ernten ist. Fotos: Agrilution

Auch Rinder tragen zur

Klimaerwärmung bei:

Sie stoßen Methan aus,

das etwa 25-mal stärker

auf die Atmosphäre

wirkt als CO2.

Fotos: Colourbox.de,

imago/blickwinkel

Montage: M. Michel

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SPEZIAL INNOVATIONEN & IDEEN

Herr Kircher, was verbirgt sichhinter dem Projekt Food2020?Food2020 ist ein deutsch-nieder-

ländisches Kooperationsprojekt, mitdem wir die Ernährungswirtschaftin der deutsch-niederländischenGrenzregion fit für die Zukunft ma-chen wollen. Wir unterstützen klei-ne und mittelständische Unterneh-men bei der Umsetzung innovativerIdeen und führen Machbarkeitsstu-dien durch, aus denen sich mögli-cherweise weitere Innovationspro-jekte ergeben können. Leadpartnerist das Deutsche Institut für Le-bensmitteltechnik (DIL), die regio-nalen Koordinatoren helfen bei derVerteilung der Mittel und mit ihremNetzwerk.

Warum ist so ein Projekt not-wendig?Mit nur 0,27 Prozent wird ein

verschwindend geringer Teil derUmsätze in der Ernährungswirt-schaft für Forschung eingesetzt.Aber wir stehen hier vor verschiede-nen Herausforderungen bei The-men wie der Lebensmittelsicher-heit, der Versorgung der Bevölke-rung, der Nachhaltigkeit sowie derGesundheit. Die Frage ist, wie klei-ne und mittelständische Unterneh-men sich vor diesem Hintergrundgegen große behaupten können.Wir wollen sie dabei unterstützen,Nischenprodukte zu entwickeln, mitdenen sie den Herausforderungengerecht werden und die am Endeauf dem Markt bestehen können.

Wie steht es um die Lebens-mittelwirtschaft in der Region?

Ich glaube, wir sind als Regionsowohl hier im Nordwesten als

auch in den Niederlanden sehr gutaufgestellt. Die Welt guckt zu unsauf, was wir für qualitativ hoch-wertige und sichere Lebensmittelproduzieren. Aber die Ernährungs-wirtschaft ist für 25 Prozent desCO2-Ausstoßes verantwortlich. 50Prozent der Weltbevölkerung sindzu dick, und wir schmeißen einDrittel der Lebensmittel weg. Hiersitzen die Unternehmen, diesich mit ihren Produkten und Pro-duktionsarten in Nordeuropadurchgesetzt haben und die auchdiese Herausforderungen lösen kön-nen. Diese Stärken müssen wir stär-ken.

Wo sehen Sie das größte Ent-wicklungspotenzial?Das sehe ich bei alternativen Pro-

teinquellen beziehungsweise derNutzung von Nebenströmen, alsodie sogenannte Kreislaufwirtschaft.Dabei werden etwa Kartoffelscha-len, die wir heute noch wegschmei-ßen, genutzt, um hochwertige In-haltsstoffe für Lebensmittel zu ge-winnen.

Eines der von Food2020 unter-stützten Projekte ist „BugeliciousFuture“. Dahinter steckt das Os-nabrücker Start-up Bugfoundati-on, das Insektenburger auf denMarkt gebracht hat. Warum istdieses Projekt ausgewählt wor-den?

Die Bugfoundation war in einemVorgängerprojekt in einer Machbar-keitsstudie, bei der sich gezeigt hat,dass es sich einer globalen Heraus-forderung annehmen kann und eineChance besteht, dass sich das Start-up am Markt etabliert. Bislang ver-kaufen sie ihre Produkte nur in Bel-gien und den Niederlanden, weilhier noch die gesetzlichen Grundla-gen fehlen. Da ist aber gerade etwasim Wandel. Die Produktion insek-tenhaltiger Lebensmittel ist nach-haltiger, und bei einer immerschneller wachsenden Bevölkerungsind aus Insekten gewonnene Pro-teine eine Alternative. Wir sindstolz, dass wir so ein Projekt hierentwickeln.

Was muss passieren, damit dieAkzeptanz für Insekten als Nah-rungsmittel hier steigt?Sie spielen auf den Ekelfaktor an.

Wenn einem Produkte regelmäßiggezeigt werden, man sie sieht undprobiert, denkt man irgendwann an-ders darüber. Das ist Gewöhnungssa-che. Rund zwei Milliarden Menschensind es gewohnt, Insekten zu essen.Sie würden die frittierte Heuschre-cke immer der Salzstange vorziehen.Aber auch in Europa hat fast jederschon Insektenprodukte oder Pro-dukte, die Insekten sehr ähnlich se-hen, gegessen; Honig zum Beispielist ein Insektenprodukt oder Garne-len. Hier hat das Ursprungsprodukt

große Ähnlichkeit mit Grashüpfern.Aber wir sind daran gewöhnt, Gar-nelen zu essen. Das A und O ist, dassdas Produkt schmeckt und gut aus-sieht – und man die Insekten viel-leicht nicht erkennt.

Und was ist Ihr Favorit?Bei mir steht regelmäßig Fleisch

auf dem Speiseplan, aber auch einvegetarisches Schnitzel oder Ähnli-ches, um meiner Verantwortung ge-recht zu werden. Wenn ich in Brüs-sel bin, würde ich dort immer denInsektenburger vorziehen, weil ichden woanders nicht bekomme. Ichbin noch stärker auf das ProduktFleisch fokussiert, stelle aber fest,dass da bei mir eine Veränderungstattgefunden hat. 60 Prozent derBevölkerung sind Flexitarier – undgenau die können eher eine Verän-derung bewirken als die 0,2 ProzentVeganer.

Sie sind essenstechnisch alsoschon experimentierfreudig?

Das bringt eine Mitarbeit im DILmit. Nur wenn man gegenüber neu-en Dingen aufgeschlossen ist, kannman den Herausforderungen derZukunft gerecht werden. Ich würdeaber sagen, dass die Niederländerdeutlich aufgeschlossener gegen-über neuen Produkten sind. Derdeutsche Konsument ist sehr preis-fixiert und hält an dem fest, was erkennt. Deshalb versucht eine be-kannte Marke auch, mit einem ve-getarischen Schnitzel ein Schnitzelzu imitieren. Das ist auch okay, an-ders bekomme ich diese Produktenicht in den Markt.

Food2020 läuft von 2015 bis2018. Wie geht es danach wei-ter?Es war von Anfang an vorgese-

hen, dass das Projekt nach den dreiJahren in eine zweite Phase gehenkönnte. Derzeit prüfen wir, aus wel-chen Machbarkeitsstudien neue In-novationsprojekte werden können,die in einer zweiten Phase umge-setzt werden. Gerade haben wirnach weiteren fünf Millionen EuroBudget angefragt. Im November er-warten wir eine Entscheidung darü-ber, wie es weitergeht.

„Milliarden Menschen essen Insekten“Das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik fördert Ideen im Bereich Ernährungswirtschaft

VON NADINE GRUNEWALD

QUAKENBRÜCK. Ob Burger mit In-sektenfleisch oder Lebensmittelaus Kartoffelschalen: ChristianKircher vom Deutschen Institutfür Lebensmitteltechnik (DIL)kennt sich aus mit innovativenIdeen, die irgendwann vielleichtden Hunger der Welt stillenkönnten. Im Interview erklärt er,warum der Ekel vor derartigemEssen nur vorübergehend ist.

Christian Kircher ist am DIL in Quakenbrück verantwortlich für das Projekt Food2020.

Foto: Kubus Fotografie

NEUE IDEEN FÜR DEN LEBENSMITTELMARKT

Diese Innovationsprojekte unterstützt Food2020Bugelicious Future –Creating Insect Valley.Ein Osnabrücker Start-uphat einen Insektenburgerentwickelt, den es bereitsin Belgien und den Nieder-landen verkauft. Im Rah-men des Projektes sollanalysiert werden, welcheBarrieren in der westli-chen Welt zwischen denKonsumenten und derLebensmittelindustriebestehen und wie dieseminimiert werden kön-nen.

Future Food Drying. Indiesem Projekt wird eineAnlage entwickelt, mit derProdukten bei einem inno-vativen und nachhaltigenTrocknungsprozessFeuchtigkeit entzogenwerden soll, um derenHaltbarkeit zu verlängern.Die Qualität soll hinsicht-lich Farbe, Geschmack,Geruch und Inhaltsstoffenerhalten bleiben. So sollenProdukte verwendetwerden können, die auf-grund ihres Aussehensbislang auf dem Müll lan-den.

Schaumtechnologie.Ein niederländisches Un-ternehmen entwickelt seit2005 eine Schaumtechno-logie, mit der Tiere würde-voll und ohne Schmerzengetötet werden können,die aufgrund von Krankheitoder Schwäche nicht biszur Schlachtung lebenwürden. Sie werden mittelsStickstoff betäubt, der inForm von Schaum in dieLuftröhre des Tieres einge-schleust wird. So sollen dievielen manuellen Tötungenunterbunden werden. InFood2020 wird dieses Ver-fahren optimiert.

Biobasierte Verpa-ckungslösungen. Mit die-sem Innovationsprojektsoll ein Schritt in Richtungbiobasierter und kompos-tierbarer Verpackungengemacht werden. Auchqualitativ hochwertige Bio-produkte werden derzeit inherkömmlichen „Erdöl“-Folien verpackt.

Fastdrop2safelyflavour.In diesem Projekt geht esum das Thema Lebensmit-

telsicherheit. Es werdenMöglichkeiten erarbeitet,um den Fermentierungs-prozess bei Rohwurstpro-dukten zu optimieren. Sosoll erreicht werden, dassdas Produkt schneller inden unkritischen pH-Be-reich überführt wird, indem sich schädliche Kei-me nicht vermehren kön-nen.

LCA in Food. Bei diesemProjekt erhalten kleine undmittelständische Unter-nehmen aus der Projektre-gion eine kostenlose Ana-lyse der Ökobilanz einesProduktes oder Prozesses.

Dabei werden zehn dieserUnternehmen bei der Ent-wicklung eines Konzepteszur Verbesserung derNachhaltigkeit in ihremBetrieb unterstützt.

Hygiene in Dairy Chain.Ziel dieses Projektes ist es,die Hygiene in milchverar-beitenden Betrieben zuverbessern. Dazu sollen in-novative Prozess- und Pro-duktinnovationen entwi-ckelt werden, die sowohlein höchstes Maß an Si-cherheit garantieren alsauch die Arbeitsbedingun-gen der Mitarbeiter ver-bessern.

Interactive UrbanFarming. Dieses Projektzielt darauf ab, ein digitalesLabel für Pflanzen zu ent-wickeln, auf dem Informa-tionen über die Inhaltsstof-fe und den Geschmackdieser hinterlegt werden.Darüber soll Kunden sichüber den Geschmack unddie Verwendung der Pflan-ze informieren. So soll dieWahl des richtigen Pro-dukts erleichtert werden.

E.Knax. In diesem Innova-tionsprojekt wird eine Appentwickelt, die die Weiter-bildung von Mitarbeiternauf spielerische Weise un-terstützen soll.

International Trainee-ship Program. Food2020unterstützt bei diesemProjekt Firmen finanziell,die Hochschulabsolventenoder Studenten für einebestimmte Zeit in ihremUnternehmen einsetzen.So können Firmen neueFachkräfte finden unddie Studenten sich für ei-nen Arbeitsplatz qualifizie-ren. ngr

Einen Burger, bestehend aus 40 Prozent Insekten, hat das Osnabrücker

Unternehmen Bugfoundation entwickelt. Foto: Michael Gründel

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14 DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

SPEZIAL INNOVATIONEN & IDEEN

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Die Idee entstand 2012. Schonvier Jahre später stellte Alstomeinen Prototyp aus seinem Werkin Salzgitter vor. Anfang kom-menden Jahres soll der Zug regu-lär auf der Strecke von Buxtehudeüber Bremerhaven bis Cuxhaveneingesetzt werden. Auch in Nord-rhein-Westfalen und Baden-Würt-temberg soll dieser Zugtyp künf-tig fahren. Ein Interview mit demLeiter des GeschäftsbereichsStadtverkehr & Infrastruktur,Jens Sprotte:

Woran wird ein Fahrgastmerken, dass er in einem Was-serstoffzug sitzt?

Das ist ganz einfach zu beant-worten: Das Fahrzeug ist 60 Pro-zent leiser als ein Dieselfahrzeugund im Fahrverhalten deutlich dy-namischer. Ansonsten ist es einganz normaler Zug.

Was macht den Wasserstoff-zug attraktiv?Das Wichtigste ist, dass das

Fahrzeug lokal emissionsfrei ist.Es entsteht nur Wasserdampf. Wirkönnen hier endlich zwei Sektorenkoppeln, nämlich die Mobilitätmit dem Energiesektor. Somitkönnen wir zum Beispiel Wind-energie direkt emissionsfrei inWasserstoff speichern und danndirekt für die Mobilität nutzen.Grundsätzlich haben wir uns

vorgenommen, Weltmarktführerbei emissionsfreien Antrieben zuwerden. Dazu haben wir uns ange-schaut, welche Technologie auf derSchiene für die Zukunft am viel-versprechendsten ist. Wir gehendavon aus, dass es die Verbindungvon Brennstoffzelle und Batteriesein wird.

Für den Laien: Wie funktio-niert eine Brennstoffzelle?Wasserstoff aus Tanks an Bord

verbindet sich mit Sauerstoff ausder Umgebungsluft und liefert da-

bei elektrische Energie. DieseEnergie wird in Lithium-Ionen-Batterien gespeichert, wenn sienicht für den Antrieb oder dieBordsysteme benötigt wird. Wennder Zug bremst, wird die dadurchentstehende kinetische Energieebenfalls gespeichert.

Wie gefährlich sind Wasser-stoff und Batterien bei einemZugunglück?Dieses Medium ist absolut si-

cher für den Fahrgast. Wasserstoffkommt schon in U-Booten undNutzfahrzeugen zum Einsatz.Trotzdem machen wir viele Tests,um zum Beispiel zu simulieren,was passieren kann, und um ge-fährliche Situationen auszuschlie-ßen. Am Ende werden wir eineganz normale Zulassung vom Ei-senbahnbundesamt bekommen.Damit können wir im gesamtendeutschen Netz fahren.

Die Tanks befinden sich aufdem Dach. Inwieweit sind siegesichert?Das sind carbonverstärkte Kom-

ponententanks mit Sicherheits-ventilen. Im Falle eines Lecks lässtder Tank sofort seinen Wasserstoffab. Anders als Benzin ist Wasser-stoff ja innerhalb von Millisekun-den verschwunden. Entzündenkann er sich nur, wenn unterDruck Funken dazukommen. DieVerkettung unglücklicher Umstän-de müsste schon extrem sein. Wirsind sicher, dass dieses System ge-nauso sicher ist wie ein normalerDieselzug.

Woher kommt der Wasser-stoff?Wir gehen zwei Wege: Zum ei-

nen nutzen wir Bestandswasser-stoff. Der kommt als Abfallproduktzum Beispiel in großen Raffinerienund der chemischen Industrie vor.Außerdem gibt es aktuell ganz vielWindenergie, die nicht genutztwerden kann. Wir sehen das alsideale Möglichkeit, diese Energie inElektrolyseure umzuleiten, also denStrom zur Gewinnung von Wasser-stoff zu nutzen. Eine große Heraus-forderung für die Zukunft ist dabeinoch die EEG-Umlage. Die machtden Wasserstoff, der aus Elektroly-seuren kommt, teuer und damitunattraktiv.

Auf den Straßen haben sichWasserstoffautos bislang nichtdurchgesetzt. Warum sollte dasbeimZug anders sein?

Wir sehen schon, was gerade inder Automobilindustrie nichtfunktioniert – es fehlen zum Bei-spiel Tankstellen. Deswegen wol-len wir den Kunden ein All-inclu-sive-Paket bieten, indem wir Fahr-zeuge bauen, sie warten und mitgroßen Partnern aus der Energie-branche Wasserstoff produzierenund zur Verfügung stellen. Bei al-len Projekten legen wir großenWert darauf, auch mit lokalenPartnern zusammenzuarbeiten.Wir werden den Wasserstoff zuBeginn per Lkw transportieren.Ein Lkw wird pro Tag eine ganzeFlotte bedienen können. Aber per-spektivisch suchen wir schon denEinstieg in die Elektrolyse und dasTanken vor Ort.

Bei Autos mangelt es an einerTankstelleninfrastruktur fürWasserstoffautos. Wäre esmöglich, dass PrivatpersonenIhrNetz anzapfen?Wichtig zu wissen ist: Wir nut-

zen das 350-bar-System. Die Au-tos – bedingt durch weniger Platz– komprimieren den Wasserstoffmit 700 bar. Aber natürlich be-grüßen wir es, wenn man zumBeispiel Busse andocken könnte.Wir sehen uns als Pionierdes emissionsfreien Verkehrs aufder Schiene, aber freuen unsauch, wenn die Individualmobili-tät ein Stück weit umsteigen wür-de.

Wie hoch sind die Kosten imVergleich zuDiesel?

Zurzeit schauen wir alle nurauf den Preis. Perspektivisch istaber auch die Vermeidung vonCO2 ein wichtiger Faktor. Und dawürde ich mir schon mehr Finger-spitzengefühl der Politik wün-schen. Ein Beispiel: Wenn manjetzt direkt 15 von unseren Cora-dia iLints einsetzen würde, würdeman über 11000 Tonnen CO2 imJahr sparen. Das entspricht etwa6000 Pkw. Das ist eine Reduzie-rung, die sie in keiner Ausschrei-bung wiederfinden.

Also ist ein iLint im Momentteurer als ein vergleichbaresDieselmodell?Der Wasserstoffzug ist dem Die-

sel wirtschaftlich über den Le-benszyklus nicht unterlegen. Wirgehen davon aus, dass der Wasser-stoffpreis perspektivisch noch wei-ter sinken wird. Eine neue Techno-logie hat natürlich einen gewissenPreis und läuft mit gewissen För-derungen an. Aber wir sehen jetztschon, dass der Zug den Diesel-triebzügen in nichts nachstehenwird. Wir hätten dieses Produktnicht so weit nach vorne gebracht,wenn wir nicht davon ausgehenwürden, dass es wirtschaftlich ist.

Wie groß ist die Reichweite?Das kommt auf die Fahrweise

und die Streckenprofile an. ImSchnitt sind es 800 bis über 1000Kilometer pro Tankfüllung. DerTankprozess ist an die Dieselvari-ante angelehnt. Das Fahrzeug fährtzur Tankstelle, und dort werdenganz normale Tankrüssel ange-

dockt. Der gesamte Tankvorgangdauert etwa eine Viertelstunde.

Woher kommt denn eigent-lich derName „Coradia iLint“?Die Coradia ist bei uns eine Re-

gionalplattformfamilie, und derLint ist unser Dieseltriebwagen.Die Abkürzung steht für „Leichterinnovativer Nahverkehrstriebwa-gen“. Das „i“ steht für intelligent.Das ist uns ganz wichtig, denn dasFahrzeug hat tatsächlich eine hoheIntelligenz. Das Energiesystemwird durch das Brennstoffsystemnur so weit geladen, dass wir dieBatterien immer im Mittelmaßhalten – also nie überladen undnie ganz entladen, sodass wir einehohe Lebenserwartung haben. Au-ßerdem lernt dieses Energiesys-tem. Wenn das Fahrzeug im Ein-satz ist, können wir dem Trieb-fahrzeugführer direkt Hinweisegeben, wie er am energiesparends-ten fahren kann.

Zuerst hieß es, der Zug solleim Dezember 2017 regulär fah-ren, dann ist es Anfang 2018 ge-worden. Warum ist das so, undwie ist der Stand derDinge?Wir sind gerade noch in Gesprä-

chen mit der Landesnahverkehrs-gesellschaft, wie wir diese beidenPrototypen in den Betrieb einspie-len. Da muss ein Teil der Werk-statt umgerüstet werden, ein Teilder Triebfahrzeugführer wird ge-schult, und außerdem warten wirauf die Zulassung vom Eisenbahn-bundesamt, die Ende des Jahreskommen soll.

VON STEFANIE WITTE

SALZGITTER.Es ist eineWeltpre-miere: Zum erstenMal soll imkommenden Jahr ein serienrei-fer RegionalzugmitWasserstoffim Tank fahren – und zwar inNiedersachsen. NachdemToyo-tamit demMirai das erste seri-enreife Brennstoffzellenautoherstellt, zieht der französischeAlstom-Konzern, der aktuellwegen einer Fusionmit Siemensin den Schlagzeilen ist, mit ei-nemZug nach.

VonaußensiehterauswieeinganznormalerZug.DennochhandeltessichbeimiLintumeineWeltneuheit:DerRegionalzugsollbald imganznormalenPersonenverkehreingesetztwerden. Foto:Alstom/MichaelWittwer

„Genauso sicher wie einnormaler Dieselzug“Erster serienreiferWasserstoffzug kommt ausNiedersachsen

Jens Sprotte, Leiter des Geschäftsbereichs

Stadtverkehr&Infrastruktur. Foto:Alstom

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15DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

SPEZIAL INNOVATIONEN & IDEEN

Alleinerziehend, etwas älter, aus-ländisch klingender Name: allesStolpersteine auf dem Weg zu ei-nem neuen Job. Denn Personalersind auch nur Menschen. Und diehaben Vorbehalte, wie ein Versuchaus dem vergangenen Jahr gezeigthat: Die Ökonomin Doris Weich-selbaumer hatte gut 1500 fiktiveBewerbungen an deutsche Unter-nehmen verschickt. Wenn die Ab-senderin darin als „Sandra Bauer“auftrat, kam in 18,8 Prozent derFälle eine Einladung zum Vorstel-lungsgespräch zurück. Bei „Mery-em Öztürk“ waren es trotz ansons-ten exakt gleicher Unterlagen nur13,5 Prozent. Und wenn die Bewer-berin auf dem Foto ein Kopftuchtrug, fiel die Quote sogar auf 4,2Prozent.Die Folge: Längst nicht jede

Stelle wird mit dem besten Kandi-daten besetzt. Eine objektiverePersonalauswahl wäre daher nichtnur im Interesse von Arbeitneh-mern, sondern auch in dem von

Arbeitgebern. Aber wie lassen sichVorurteile überwinden, die denPersonalern vielleicht nicht einmalbewusst sind? Ein erster Schrittdazu könnten anonyme Bewer-bungsschreiben sein. Sie enthaltennur Angaben wie die fachlicheEignung, bisherige Erfahrungenund Leistungen. Aussehen, Alter,Geschlecht und Herkunft werdenausgeklammert.Bei der Verwaltung der Stadt

Celle ist man von dem Systemüberzeugt. „Sympathien zum Bei-spiel durch die Optik werden aus-geschlossen, man objektiviert Din-ge besser“, erklärt Jockel Birkholz,Fachdienstleiter Personal, der be-reits seit einiger Zeit damit arbei-tet. Viele Nachahmer haben dieCeller nicht. Im Nordwesten gibtes nur vereinzelt Arbeitgeber, dieanonyme Bewerbungen praktizie-ren. Einer der wenigen ist dieBackhaus Kinder- und Jugendhil-fe, die etwa in Oldenburg und imEmsland pädagogische Zentrenbetreibt. „Wir leben und pflegen inunserer Organisation ein Werte-system, das auf Chancengleichheitberuht und Vielfalt wertschätztund fördert“, sagt PressereferentinEsther Gebert.Backhaus hat im Rahmen eines

Pilotprojekts auf diese Weise dieStelle des Integrationsbeauftrag-ten neu besetzt. Mit Erfolg: Seitfünf Monaten verstärkt Carolin

Kalisch das Team. Eine Wahl, dieauf traditionellem Wege vielleichtnie getroffen worden wäre. Die Pä-dagogin, die aus privaten Gründenvon Düsseldorf nach Meppen zie-hen wollte, wurde aufgrund ihresweit entfernten Wohnorts von vie-len Unternehmen trotz passenderQualifikation nicht eingeladen.„Sie fürchteten, dass ich mich aufdem Land nicht wohlfühle undnach ein paar Monaten wiederkündige“, erzählt Kalisch. Über dieChance zur anonymen Bewerbungwar sie deshalb sehr froh.Anonyme Bewerbungen könn-

ten allerdings aufwendiger sein.„Weil beim anonymisierten Verfah-

ren Einschätzungen zur Persön-lichkeit oder der Kreativität desBewerbers schwerlich zu erhaltensind, werden mehr Vorstellungs-termine vereinbart“, sagt OlafKempin, Geschäftsführer derDarmstädter Jobvermittlung Uni-vativ. Einige Personaler vermissendie persönlichen Angaben aller-dings gar nicht. Etwa Stefan Bürk-le, Chef des Elektrotechnikherstel-lers Bürkle + Schöck in Stuttgart,der seit 2012 mit anonymisiertenVerfahren arbeitet. Im Gegenteil:Bürkle hat dadurch schon Azubiseingestellt, die er im klassischenVerfahren nicht eingeladen hätte.Im öffentlichen Dienst, etwa beiStadtverwaltungen und Behörden,ist das anonymisierte Verfahrenhäufiger anzutreffen als in der Pri-vatwirtschaft. Dort scheint mansich nur schwer vom klassischenWeg trennen zu können. Ob einerster „blinder“ Schritt tatsächlichzu mehr Gerechtigkeit in der Job-vergabe führt, ist allerdings nochunklar. Sobald sich Personaler undBewerber gegenübersitzen, istkein Kandidat mehr inkognitound die Entscheidung erneut starkvon subjektiven Einschätzungenbeeinflusst. Zumindest, solangedie Unternehmensführung nichtvorlebt, dass sie Wert auf ein dis-kriminierungsfreies Verhalten legt– zum Beispiel durch Aufklärungund Schulungen.

Sandra hat, was Meryem fehltAnonymeBewerbungsschreiben könntenVorurteile bei Personalern ausgleichen – Privatwirtschaft zögert

VON CAROLA FELCHNER

OLDENBURG. Selbst bei besterQualifikation erschwerenVorurteile vielen Bewerbernden Zugang zumArbeitsmarkt.Einige Personalerwollen dasändern:mit Inkognitobewer-bungen. Schließlich profitierenauch die Arbeitgeber davon.

Anonyme Bewerbungsschreiben enthalten nur Angaben wie die fachliche Eignung, bisherige

ErfahrungenundLeistungen. Foto:MalteKnaack

Wie lassen sichunbewussteVorurteileüberwinden?

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Entdecken Sie Experten auf einen Blick

Innovation ist der Antriebsmotor für die dynami-sche Entwicklung der FRIMO Unternehmens-gruppe, die ihrenHauptsitz in Lotte bei Osnabrückhat. Vor 55 Jahren als kleiner Garagenbetrieb mitnur fünf Mitarbeitern gestartet, ist FRIMO heuteein Global Player mit Standorten in Europa, Ame-rika und Asien und einem Netzwerk von 1.500Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Angefangen hat die Entwicklung mit dem Modellbauund ersten Werkzeugen für Instrumententafeln, die mitPolyurethan (PUR) hinterschäumt wurden, um eineweiche, hochwertige Anmutung im Fahrzeuginnenraumzu erreichen. Darauf aufbauend hat sich das Unterneh-men kontinuierlich weiterentwickelt und das Produkt-und Leistungsspektrum für die Automobilindustrie kom-plettiert. Die Kompetenz erstreckt sich heute von derBeratung bei der Entwicklung fertigungsgerechter Bau-teile über die Auslegung, Konstruktion und Realisierungvon Werkzeugen, Maschinen und Fertigungslinien bishin zur Begleitung der Serienproduktion und zum AfterSales Service. Dazu hat FRIMO ein einzigartiges Techno-logiespektrum in der Unternehmensgruppe gebündeltund ist marktführender Komplettanbieter von Ferti-gungssystemen zur Herstellung hochwertiger Kunst-stoffkomponenten.Wer sich sein Fahrzeug einmal genauer anschaut,kommt an FRIMO nicht vorbei. Ob Instrumententafeln,Türverkleidungen, Mittelkonsolen, Seitenverkleidungund Dachhimmel oder auch Sitze, Teppiche, Kofferraumbis hin zu Teilen unter der Motorhaube oder Struktur-bauteilen für die Karosserie. All diese Komponenten undviele mehr werden rund um den Globus mit FRIMOEquipment in hoher Qualität in Serie hergestellt.Den Schlüssel zum Erfolg sieht CEO Hans-Günter Bayerin der Kontinuität verbunden mit der Bereitschaft zumWandel und dem Willen zur Innovation: „Immer wiedermusste FRIMO sich von Neuem auf die Anforderungendes Marktes einstellen. Immer wieder haben wir auf dieFragen unserer Kunden neue Antworten gegeben. Undimmer wieder hatten wir den Mut, neue Wege einzu-schlagen.“ Und auch aktuell sind die Veränderungspro-zesse in der Automobilindustrie mit den Megatrends wieautonomem Fahren, dem Leichtbau und der Modellviel-falt so dynamisch wie in kaum einer anderen Branche.

Ein einzigartiges Technologie-spektrum aus einer HandMit Polyurethan fing alles an. Und so ist das Technolo-gieangebot von FRIMO für die Fertigung von Polyure-than-Bauteilen auch heute noch eine wichtige Säule imPortfolio. Zum Lieferumfang gehört das kompletteSpektrum Dosiermaschinen, Mischköpfe, über Werk-zeuge und Werkzeugträger bis hin zu kompletten Anla-

gen, alles was die Automobilhersteller und deren Zulie-ferer brauchen.Ist der erste Produktionsschritt mit FRIMO Technologieabgeschlossen, müssen die Bauteile häufig gestanztund/oder beschnitten werden. Mit FRIMO FlexTrim An-lagen können die vielfältigen Beschnittaufgaben beson-ders flexibel gelöst werden. Dazu bietet das Unterneh-men passend zum jeweiligen Projekt alle gängigenSchneidverfahren wie Fräsen, Ultraschallschneiden,Klingenschneiden und Wasserstrahlschneiden an, auchals Ergänzung oder in Kombination mit Stanzoperatio-nen. Für den Airbag-Bereich der Instrumententafel, wodie Dekorhaut gezielt aufreißen soll, wird diese von hin-ten geschwächt. Für diese sicherheitsrelevanten Berei-che sind die so genannten FRIMO FlexTrim Scoringanla-gen führend. Mehr als einhundert Systeme weltweitstellen dies im Serieneinsatz tagtäglich unter Beweis.Viele Komponenten im automobilen Innenraum sind mitDekormaterialien wie Textilien, genarbten Folien oderechtem Leder veredelt. Die maßgeschneiderten Maschi-nen und Anlagen von FRIMO zum Vakuum- oder Press-kaschieren sorgen für erstklassige Oberflächen. Geradedie Verarbeitung von hochwertigem Echtleder für hö-here Stückzahlen stellt besondere Herausforderungenan die Werkzeug- und Anlagentechnik. Um saubereKanten und Abschlüsse zu haben, wird das Dekormate-rial meistens in einem nachfolgenden Prozess an derRückseite des Bauteils befestigt. Für diesen Prozess,das Umbugen, haben die FRIMO Spezialisten ausgeklü-gelte Technik entwickelt, um einwandfreie Kanten pro-zesssicher und ohne Nacharbeit zu realisieren. Und auchfür das spätere Zusammenfügen von Baugruppen ausKunststoffteilen entwickelt und baut FRIMO entspre-chende Fügeanlagen.Das Produkt- und Leistungsportfolio ist konsequent amKundenbedarf ausgerichtet. Meistens sind dies ganz in-dividuelle Lösungen, in denen auch unterschiedlicheTechnologien mit hohem Automatisierungsgrad kombi-niert werden, um Prozesse zu vereinfachen und zu be-schleunigen. Fast einhundert Entwicklungen wurdenpatentiert und bringen somit vorteilhafte Lösungen,welche es in dieser Form nur bei FRIMO gibt. Aufgrundder enormen Technologievielfalt am Markt, könnenTrends mitgestaltet werden. Vor dem Hintergrund derEntwicklung zur Elektromobilität werden heute Fahr-zeuge mit einem geringen Ressourcenverbrauch benö-tigt, d.h. Leichtbau wo immer möglich. Dabei spielenFaserverbundwerkstoffe, sogenannte Composites, einezentrale Rolle. Kohlenstofffasern oder Naturfasern wer-den hierbei mit Kunststoffen gebunden und ergebenzugleich feste und leichte Bauteile.

Mit Blick auf die großserientaugliche Fertigung vonLeichtbaukomponenten trägt FRIMO in Forschungspro-jekten wie SMiLE, Leika und iComposite 4.0 zur Weiter-

entwicklung bei. Im eigenen KooperationsprojektStreet Shark wird die Entwicklung von multifunkti-onalem 3D Sandwich-Leichtbau und der Serieneinsatzhochwertiger, sogar bionischer Oberflächen vorange-trieben.

Voller Einsatz – Und die Zukunftim BlickBei einem Technologiespezialisten wie FRIMO ist dasindividuelle Know-how der Fachkräfte extrem wichtig,reicht aber in Zeiten von Digitalisierung und Industrie 4.0allein nicht mehr aus. In der Personalentwicklung wirddeshalb besonderer Wert auf überfachliche Kompeten-zen in den Teams gelegt. Diese sind in globalen und di-gitalen Arbeitswelten zunehmend gefordert.Was bedeutet es, in diesem Umfeld zukunftsfähigeFertigungslösungen zu entwickeln? FRIMO 4.0 steht fürdie technische Umsetzung in aktuellen Projekten, Ent-wicklung von neuen Technologien und Lösungen, aberauch für neue Services, die den Kunden einen entspre-chenden Mehrwert liefern. So werden die Produktions-einrichtungen selbst die Bediener einer Anlage immermehr auch aktiv unterstützen, um die Sicherheit undStabilität ihrer Fertigungsprozesse zu optimieren undWartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen voraus-schauend zu planen. Dafür werden schon heute mo-dernste Visualisierungstechniken eingesetzt, die demAnwender anschaulich helfen können. Die automatische

Erhebung von Daten aus der Produktionsumgebungwird immer mehr dazu dienen, die Produktion kontinu-ierlich zu begleiten und zusätzlich selbstlernend undsich selbst regulierend direkt Einfluss auf die Qualität derProdukte zu nehmen und diese zu verbessern.Dafür ist FRIMO permanent auf der Suche nach qualifi-zierten Fachkräften im In- und Ausland. Für den Nach-wuchs aus den eigenen Reihen werden Werkzeug-,Zerspanungs- und Industriemechaniker, Mechatronikerund Elektroniker und auch Industriekaufleute und Tech-nische Produktdesigner ausgebildet. Der Anspruch deslebenslangen Lernens fängt bei Auszubildenden undBerufseinsteigern an, gilt aber genauso für Fach- undFührungskräfte. Wissenstransfer und Wissensmanage-ment spielen dabei eine zentrale Rolle. Durch eine Viel-zahl praxisnaher und maßgeschneiderter Trainings undNutzung von E-Learning werden kontinuierliche Verbes-serungen erreicht, die sich in Produkten und Leistungenund der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Kundenwiderspiegeln.„Gemeinsam mit unseren Partnern aus der Industriewollen wir die Möglichkeiten, die moderne Kunststoffebieten, durch innovative Verarbeitungstechnologien im-mer wieder neu entdecken. Mit Kreativität und demGespür für die Bedürfnisse unserer Kunden werden wirweiter die technische Entwicklung vorantreiben“, soHans-Günter Bayer zum Abschluss.

High Tech verbunden mit großer Leidenschaft –So entstehen bei FRIMO hochproduktive Fertigungslösungen für die

weltweite Automobilindustrie

Fürstenau

Bersenbrück

Quakenbrück

Ankum

Bramsche

WesterkappelnBad Essen

Melle

Dissen

GMHütte

LotteOSNABRÜCK

Frimo Group GmbHHansaring 1 I 49504 OsnabrückTelefon 0 54 04/886-0 I www.frimo.com

ERFOLGREICH INUNSERER REGION

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DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

17GELD &

GESCHÄFT

VW Wolfsburg 213,3

Continental Hannover 39,2

Tui Hannover 20,0

Salzgitter AG Salzgitter 8,6

EWE Oldenburg 7,8

Agravis Hannover 6,9

Hagebau Soltau 5,5

Rossmann Burgwedel 5,0

Dt. Milchkontor Zeven 4,6

Enercon Aurich 3,9

… in Niedersachsennach Umsatz 2015 in Mrd. €1

VW Wolfsburg 237

Daimler Stuttgart 166

Eon Düsseldorf 2 129

BMW München 102

Siemens München3 88

Bosch Gerlingen 78

BASF Ludwigshafen 78

Dt. Telekom Bonn 77

Metro Düsseldorf 71

Deutsche Post Bonn 68

… in Deutschlandnach Umsatz 2015 in Mrd. $1

Royal Dutch Shell GBR 272

VW GER 237

BP GBR 226

Glencore SUI 171

Daimler GER 166

Exor ITA 153

Total FRA 143

Eon GER 129

BMW GER 102

Gazprom RUS 99

… in Europanach Umsatz 2015 in Mrd. $1

Walmart USA 482State Grid CHN 330

CNPC CHN 299

Sinopec CHN 294

Royal Dutch Shell GBR 272

Exxon Mobil USA 246

VW GER 237

Toyota JPN 237

Apple USA 234

BP GBR 226

… weltweitnach Umsatz 2015 in Mrd. $1

Die größten Unternehmen …

Quelle: Nord/LB

1) z.T. Geschäftsjahre,ohne Versicherer und Banken,2) und Essen, 3) und Berlin;Quelle: Nord/LB, Statista

372

372

516

540

547

554

631

639

672

683

725740 768 781

930

950

983

1465

1638

1975

2100

2297

2383

3416

3929

7819

507

457

436

436

419

388

32. BerentzenHaselünne 491

28. Gebr. StolleVisbek 388

27. Stadtwerke OSOsnabrück 901

26. Danish CrownEssen (Oldb.) 430

24. Q1 EnergieOsnabrück 174

19. Molkerei AmmerlandWiefelstede 390

25. PiepenbrockOsnabrück 26703

30. Paracelsus KlinikenOsnabrück 3587

31. Daun & CieRastede 2200

29. GlunzMeppen 1433

23. Premium AerotecNordenham 2935

22. Emsland-StärkeEmlichheim 1123

21. CeweOldenburg 3698

20. Homann FeinkostDissen 2442

18. Röchling Engineering PlasticsHaren-Altenberge 3026

17. SpreheCappeln 1989

16. Felix SchoellerOsnabrück 2294 15. Boge

Damme3535

14. NordlandDörpen1430

13. Big DutchmanVechta2688

8. KroneSpelle 2817

9. HeristoBad Rothenfelde 2841

10. H&RSalzbergen 1550

11.WernsingEssen (Oldb.) 3140

12. KösterOsnabrück 1500

1. EWEOldenburg 8855

4. PHW-GruppeVisbek 6619

6. BüntingLeer 4100

2. EnerconAurich 613

3. HellmannOsnabrück 10904

5. GMH HoldingGeorgsmarienhütte

10687

7. KMEOsnabrück

4922

* nach Firmensitz, z.T. Geschäftsjahre,ohne Versicherungen und Banken;

Quelle: Nord/LB

Energie, Versorgung

Die größten Unternehmenim Nordwestennach Umsatz 2015 in Mio. €*

Ernährung, Genussmittel

Automobil und Zulieferer

sonstiges verarbeitendes Gewerbe

Dienstleistungen, Handel

sonstige Branchen

Beschäftigte

Wer sind dieRiesen imNordwesten?Die 30 umsatzstärkstenUnternehmen imÜberblick

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18 DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

GELD & GESCHÄFT

Ein Unternehmen der

Vielen herzlichen Dankfür zehn erfolgreiche JahreMSO Medien-Service!

Auch in Zukunft werden wir Ihnen dabei helfen,nachhaltig erfolgreich zu werben – stets mit demrichtigen Blick auf Budget, Timing und Effizienz.

Wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen und freuen unsauf die weitere Zusammenarbeit.

In ein paar Tagen ist Schluss.Wenn der letzte Flieger von AirBerlin landet, war es das mit der„zweitgrößten“ deutschen Flugge-sellschaft. 8600 Menschen bangenum ihren Job. Und unzählige Akti-onäre erleben eine Bruchlandung.Seit Air Berlin am 15. August In-solvenz angemeldet hat, ist derKurs von 78 Cent um über 80 Pro-zent eingebrochen. Und das istnur der Höhepunkt einer langenLeidenszeit. Als die Airline imJahr 2006 an die Börse ging, warsie den Anlegern zwölf Euro je Ak-tie wert. Der Kauf des Ferienflie-gers LTU ein Jahr später sollte derStartschuss für einen selten zuvorgesehenen Höhenflug werden.Es kam anders. In den vergan-

genen acht Jahren schaffte es dasUnternehmen gerade einmal, ei-nen Überschuss auszuweisen. Zu-letzt überlebte die Gesellschaftnur noch dank großzügiger Fi-nanzspritzen der GroßaktionärinEtihad. Die arabische Fluggesell-schaft hatte 2013 knapp 30 Pro-

zent von Air Berlin übernommen.Der Plan: Die Deutschen solltendie großen Drehkreuze bedienen,von denen aus Etihad auf Lang-streckenflüge ging.Nun also das „Aus“ und damit

des anderen Freud. Die Lufthansawird insgesamt 81 Air-Berlin-Ma-schinen und 3000 Mitarbeiterübernehmen; und damit auchheiß begehrte Start- und Lande-rechte (so genannte Slots) erhal-ten. So sollte der Kranich dendeutschen Markt sehr viel unge-störter beherrschen als bisher.Lufthansa-Aktien haben in denvergangenen Monaten alle abge-hängt, selbst den deutschen Akti-enindex (Dax). Seit Jahresbeginnhaben sich die Papiere des Kra-nichs glatt verdoppelt und dasnicht nur wegen der Konkurren-ten-Pleite. Erst vor Kurzem gelangder Lufthansa eine lang angestreb-te Tarifeinigung.Diese zeigt aber auch das Di-

lemma, in der sich die Airlines be-finden. Drei volle Jahre hatten dieLufthansa und die Pilotengewerk-schaft Cockpit miteinander gerun-gen. Streiks hatten zu Ausfällengeführt, die die Bilanz wie dieNerven der Fluggäste gleicherma-ßen belasteten. Gleich mehrmalshatte die Lufthansa deswegen ihreeigentlich angekündigten Ertrags-ziele kassieren müssen und des-halb an der Börse ordentlich Prü-

gel bezogen. Erst in den vergange-nen Monaten erfolgte das Come-back.Hinzu kommt, dass Luftfahrtge-

sellschaften generell sehr starkvon der Konjunkturentwicklungabhängen. Läuft es nicht gut inder Wirtschaft, wird wenigerFracht transportiert. Es finden we-niger Dienstreisen statt; und Ver-braucher sparen am Urlaub. Zu ei-nem existenziellen Fiasko wurdediese Konjunktursensibilität nachden Anschlägen vom 11. Septem-ber 2001. Auf einen Schlag brachder Markt für Geschäftsreisenkomplett zusammen. Im Jahr 2001machten alle Fluggesellschaftenzusammen nach Angaben desBranchen-Dachverbands Iata 13Milliarden Euro Verlust. Gleichmehrere Gesellschaften musstenInsolvenz anmelden oder flohen inden US-Paragrafen Chapter Elevenin den Gläubigerschutz.Auch die Finanzkrise 2008/

2009, die viele Beobachter als ei-ne direkte Auswirkung der An-schläge sehen, setzte den Airlinesstark zu. Iata beziffert den Rück-gang der weltweiten Einnahmenfür diesen Zeitraum auf 14 Pro-zent. Seitdem übrigens steigenbei den meisten Airlines die Zahlder Buchungen und die Auslas-tung der Flieger.Für Anleger sind Aktien der

Airlines eine unsichere Wette.

Kaum eine Branche präsentiertsich an der Börse ähnlich anfälligfür Schwankungen, trotz des kon-tinuierlichen Wachstums, das derLuftverkehr hinlegt.Streiks, Naturkatastrophen, Ke-

rosinpreise und nicht zuletzt diePolitik (die ja vor ein paar Jahreneine Luftverkehrsteuer aus dem

Hut gezaubert hat), sind nurschwer berechenbar. Erfolgsge-schichten wie der Aufstieg derRyanair zu Europas größtem Car-rier können sich zwar langfristigin den Kursen niederschlagen.Kurz- und mittelfristig ist aberdie Gefahr von Rückschlägengroß.

Dass auch in Zukunft in einemimmer angespannteren Wettbe-werb Anbieter auf der Streckebleiben werden, ist mehr alswahrscheinlich. Anfang Oktoberhat es Monarch erwischt. Es warnach Air Berlin und Allitalia diedritte Pleite einer europäischenFluggesellschaft in diesem Jahr.

Riskante Investments am HimmelFinanzielle Bruchlandungen, lukrative Höhenflüge: Die Luftfahrtwerte an der Börse präsentieren sich derzeit besonders turbulent

VON STEFAN WOLFF

BERLIN/KÖLN. Viele Höhenflügeund drei Pleiten. Über den Wol-ken ist im Moment eine Mengelos. Aktionäre von Luftfahrt-werten können dieser Tage vielGeld gewinnen, es aber genausoschnell auch wieder verlieren.

Turbulenzen bei Fluggesellschaften: Während einige Flieger am Boden bleiben müssen, starten andere Gesellschaften durch. Foto: Colourbox.de

Die Geschäftsfelder des 2002 ge-gründeten Unternehmens mit Sitzin Bremen und München umfas-sen Telematik und Satellit, Raum-fahrt und Sicherheit, Nutzlastenund Wissenschaft, InternationaleRaumfahrt sowie Raumtransportund Aerospace-Strukturen. Mit ih-ren über 2300 Mitarbeitern er-wirtschafte der Raumfahrtkonzerneine Bilanzsumme von über 730Mio. Euro (Stand Juni 2017). VolleAuftragsbücher und nicht nurwichtige Orders veranlassten dasFamilienunternehmen nicht nur,hohe Investitionen z. B. in neueFertigungshallen zu tätigen, son-dern lassen das Unternehmen ge-nerell sehr optimistisch in die Zu-kunft zu schauen: Die Orderbü-cher der OHB SE weisen zurzeiteinen Auftragsbestand von 2,2Milliarden Euro auf. Acht weitereSatelliten für das im Aufbau be-findliche europäische globale Sa-tellitennavigations- und Zeitge-bungssystem Galileo finden sichdarin, vier weitere Satelliten or-derte die Europäische Kommissi-on am 5. Oktober 2017. Das freutnicht nur den OHB-Vorstand unddie Mitarbeiter an den verschiede-nen Standorten, sondern auch dieAnalysten und die Aktionäre desUnternehmens.

Die Ursprungsgesellschaft derheutigen Vectron Systems AG mitSitz in Münster wurde 1990 alsVectron Systems DatentechnikGmbH gegründet. Heute ist sienach eigenen Angaben einer dergrößten europäischen Herstellervon Kassensystemen und z. B.Marktführer im Bereich der Be-diengastronomie sowie hochwerti-gen Lösungen für Bäckereifilialis-ten im deutschsprachigen Raum.Nachdem das Unternehmen nochfür 2016 einen Umsatzrekord inder Firmengeschichte vermeldenkonnte, verlief das Jahr 2017 eherholperig, unentschlossen auf und

ab. Doch das dritte Quartal vonVectron verlief nach Meinung vonExperten miserabel. Das Unter-nehmen rutschte in die Verlustzo-ne. Das Management möchte miteiner breit angelegten Marketing-kampagne den „Turnaround“ an-gehen und umsatzmäßig wiederzulegen – so eine Pressemeldung.Das Potenzial sei vorhanden, sodie Aussage, 30 bis 40 Prozent derKunden seien immer noch nichtauf die neuen Kassensysteme um-gestiegen. Eine Belebung des Ge-schäfts bei Vectron ist dringendnötig. Die Kennzahlen der Aktiesind zurzeit ohne „Power“.

Raketenantrieb und SchlingerkursOHB strebt nach „Höherem“, Vectron Systems verliert an Power

VON JÜRGEN WALLENHORST

OSNABRÜCK. Während die Bre-mer OHB SE als börsennotierteTechnologiegruppe mit Aktivitä-ten in der Raum- und Luftfahrtseit geraumer Zeit aktienkurs-mäßig „durch die Decke geht“,kommt der einstige Kassen-schlager, die Münsteraner Vec-tron Systems AG, als Anbietervon Kassensystemen und Kas-sensoftware zur Vernetzung vonFilialbetrieben nicht so richtigin die Spur und verliert im drit-ten Quartal an Power.

Kursverlauf Vectron Systems AG Angaben in Euro

Kursverlauf OHB SE Angaben in Euro

SeptemberAugust

OktoberJuli

Juli

August September

46

44

42

40

38

36

34

32

30

34

32

28

26

24

22

20

Oktober

Übergabe: Der bisherige Firmen-chef Wilhelm Kuipers übergabdie Geschäftsführung der KuipersCNC-Blechtechnik GmbH & Co.KG in Meppen an seinen SohnMichael Kuipers. Der Fachbe-trieb für Blechbearbeitung be-schäftigt 285 Mitarbeiter.

Wechsel: Der 34-jährige Digitali-sierungsexperte Ben Ellermannhat die IT-Tochter des hannover-

schen Versicherungskonzern Ta-lanx verlassen, um einen neuenGeschäftsbereich beim Osnabrü-cker Kundenmanagement-Spezia-listen MUUUH! Group zu über-nehmen.

Übernahme: Die Talanx Deutsch-land AG übernimmt die Gesell-schaft für Finanz- und Versor-gungsberatung mbH (FVB) mitSitz in Osnabrück, die mehr als

300 Vermittler in den Geschäftsbe-reich Privat- und Firmenversiche-rung Deutschland einbringt.

Neue Messe: Vom 5. bis 7. Juni2018 findet in Rheda-Wiedenbrückdie „KUTENO – Kunststoff-technik Nord“ als neue regiona-le, kompakte Zulieferermesse fürdie gesamte Prozesskette in derkunststoffverarbeitenden Indust-rie statt. Schon vornotieren!

Kurz notiert

GESCHÄFTSFÜHRER: Joachim Liebler und AxelGleie

CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefre-dakteur), Dr. Berthold Hamelmann (Vertreter desChefredakteurs), Burkhard Ewert (Stellvertreten-der Chefredakteur), Dr. Anne Krum (Mitglied derChefredaktion)

KOORDINATION: Melanie Heike Schmidt

AUTOREN DIESER AUSGABE: Carola Felchner, DirkFisser, Berthold Hamelmann, Gerhard Herrenbrück,Andreas Krzok, Hermann Lindwehr, Christoph Lüt-zenkirchen, Hermann-Josef Mammes, Rolf Masse-link, Norbert Meyer, Andé Partmann, Maike Plaggen-borg, Axel Rotkehl, Melanie Heike Schmidt, AnjaSteinbuch, Katja Steinkamp, Jürgen Wallenhorst,

Stefanie Witte, Stefan Wolff, Inga Wolter, ThomasWübker, Oliver Wunder

REDAKTION V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke

FOTOGRAFEN: Alexander Boehle, Swaantje Heh-mann, Ludger Jungeblut, Rolf Kamper, Iris Kersten,Malte Knaak, Stephan Konjer, Norbert Meyer, MartaMlejnek, Hermann Pentermann, Axel Rotkehl, WernerScholz, Katja Steinkamp, Kai Steinkühler

GRAFIK: Matthias Michel

VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co.KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter Gang10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück,Telefon 0541/310-330, Telefax 05 41/310-266; Inter-net: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail: [email protected]

ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-ServiceGmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osna-brück, Postfach 29 80, 49019 Osnabrück, Telefon 0541/310-500, Geschäftsführer: Sven Balzer, Sebastian

Kmoch (V.i.S.d.P.), Anzeigen-/Werbeverkauf: SvenBalzer, Hubert Bosse, Dirk Riedesel, Wilfried Till-manns, Marvin Waldrich

ANZEIGENANNAHME: Geschäftskunden: Telefon 0541/310-510, Telefax 05 41/310-790; E-Mail: [email protected]

ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF für Ausgabe Graf-schaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH &Co. KG, Coesfelder Hof 2, 48527 Nordhorn, Telefon05921/707-410, Verlagsleiter: Matthias Richter(V.i.S.d.P.)

ANZEIGENANNAHME für Ausgabe Grafschaft Bent-heim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Te-lefon 05921/707-410; E-Mail: [email protected], Leitung Mediaverkauf: Eva-Christin List

TECHNISCHE HERSTELLUNG: Druckzentrum Osna-brück, Weiße Breite 4, Osnabrück (Ausgabe Osna-brück/Emsland); Grafschafter Nachrichten, Coes-felder Hof 2, Nordhorn (Ausgabe Grafschaft Bent-heim)

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GELD & GESCHÄFT

19DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

Sie sind zu viert, und sie sind ver-wandt. Zur Geschäftsführung derHusmann Umwelttechnik gehörenAstrid Husmann, ihr SchwagerGerhard Husmann – beide 62 Jah-re alt – und ihre Söhne Gerrit (23)und Hendrik Husmann (29). DerWirtschaftsingenieur berichtetvon „großem Vertrauen“, das mangenießt, wenn man mit der Fami-lie zusammenarbeitet. Sein BruderGerrit studiert derzeit noch inKöln, wird aber in Kürze ebenfallsdauerhaft zum Unternehmen da-zustoßen. „Es ist schön, wenn manzu zweit ist. Ich hatte das auch mitmeinem Bruder“, sagt GerhardHusmann mit Blick auf die Firma,die sei „kein Kleinbetrieb“.Das Konzept scheint aufzuge-

hen. Husmann Umwelttechnik

prognostiziert für 2017 Umsatzer-löse in Höhe von 80 Millionen Eu-ro, das wäre ein Rekordwert seitGründung des Unternehmens imJahr 1953. Es begann in Niederlan-gen bei Dörpen mit einem Weide-melkwagen. 1965 baute das Unter-nehmen seine erste 800-Quadrat-meter-Halle in Dörpen, wo es heu-te seinen Hauptsitz hat. Im selbenJahr startete es mit der Umwelt-technik. Offene Container für Bau-schutt – sogenannte Mulden – ge-hörten fortan zum Programm.1980 stiegen Sohn und Namens-vetter Gerhard Husmann und seinim vergangenen Jahr verstorbenerBruder Heinz-Hermann Husmannin das Unternehmen des Vatersein.So weit die Historie. Heute hat

die Husmann-Gruppe Standorte inLathen (Emsland), Crailsheim (Ba-den-Württemberg), in Lübben(Spreewald) und Heiligengrabe(Brandenburg). Insgesamt be-schäftigt sie mehr als 350 Mitar-beiter. Mitverantwortlich für denErfolg dürfte das Konzept sein, ei-gene Innovationen auf den Weg zubringen. Husmann Umwelttechnikprojektiere und entwickele sie an-hand der Kundenbedürfnisse, er-klärt Astrid Husmann: „Wir be-kommen viele Anregungen aus derKundschaft.“ Für die Haddschnach Mekka etwa hat der Betriebeine sogenannte „Unterflur-Schne-

ckenpresse“ entwickelt. Darinwird der Müll, der durch eine ArtTrichter eingeworfen werdenkann, in einem Behälter in zweibis drei Meter Tiefe gesammelt.Dort wird er gepresst.Seit zwei Jahren gebe es in den

USA eine modifizierte Form dessogenannten „Walzenverdichters“,

so Astrid Husmann weiter. Das istdemnach eine zahnbewehrte Me-tallrolle, die an einen Arm mon-tiert ist. Die Walze zerkleinert undverdichtet den Inhalt eines Contai-ners. „Die kann ganze Sofas kleinmachen“, sagt Husmann. Für Kun-den in Übersee hat das Technik-Unternehmen diesen Verdichter

als dieselbetriebene Variante miteinem eigenen Antrieb entwickelt.In ländlichen Regionen ist elektri-sche Energie dort nicht überallverfügbar.Noch in der Nische befindet

sich derzeit ein solarbetriebener,selbstpressender Behälter, den dieHusmann Umwelttechnik zwar

nicht selbst entwickelt hat, aberzumindest vertreibt. „Für Deutsch-land ist das vielleicht nicht so in-teressant“, meint Gerhard Hus-mann. Und auch im Rest der Weltfunktioniert das Prinzip nichtüberall. Für Händler in Dubai be-deute die Anlage schmelzende So-larzellen, erklärt Astrid Husmann:„Und der Kunde in Finnland kannnicht so viel damit anfangen, weiles dort an Sonne fehlt.“Mehr als 80 Prozent der Hus-

mann-Kunden sind Entsorger.„Wir verkaufen die Anlagentech-nik, der Kunde kann sie bei unsaber auch mieten und leasen“,sagt Astrid Husmann. Die übrigen20 Prozent sind Direktkunden wieetwa Möbelhäuser oder Unterneh-men aus der Automobilbranche.Die Exportquote liegt bei 50 Pro-zent, davon entfallen 40 Prozentauf Europa, die übrigen zehn Pro-zent auf Russland, China, Ameri-ka, Afrika und Australien. Pressenaller Art bilden den Schwerpunktim Produktsortiment der Hus-mann Umwelttechnik, darunterauch komplette Umladestationen.Die kommen beispielsweise auf ei-nigen Ostfriesischen Inseln zumEinsatz. Dort wird der Müll vorOrt gepresst und erst dann aufsFestland transportiert. Eine weite-re wichtige Produktgruppe sindZerkleinerungsmaschinen wieHolzhäcksler oder Schredder.

Über Schneckenpressen, Walzenverdichter und SchredderDieDörpenerHusmann-Gruppe liefert Spezialmaschinen zurMüllbehandlung – bis nachMekka

VON MAIKE PLAGGENBORG

DÖRPEN.Müll ist das zentraleThema derHusmannUmwelt-technik.Wie sammeltman ihn?Wie presst, verdichtet und zer-reißtman ihn? Für seineKun-denweltweit baut das DörpenerUnternehmenmaßgeschneider-teMaschinen für all diese Auf-gaben. Bei dem familiengeführ-tenMittelständler tritt aktuelldie dritte Generation an. Für2017 hatHusmannUmwelttech-nik Rekordumsätze in Aussichtgestellt.

Offen fürProjektenachKundenwunsch:Gerhard(von links),AstridundHendrikHusmann. Fotos:WernerScholz

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GELD & GESCHÄFT

DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

Im Frühjahr wünscht sich derHobbygärtner Stiefmütterchenund Hornveilchen. In den warmenSommermonaten sind Begonienals Hingucker auf dem Balkon ge-fragt. „Big Deluxxe Red GreenLeaf“, also großes, luxuriöses, rot-grünes Blatt, nennt sich die aller-neueste Trendsorte im Jahr 2017.Und wenn es demnächst auf diekalten Wintermonate zugeht?„Dann greifen die Kunden in denvon uns belieferten Discountern

und Großmärkten gerne zu buntenPrimeln oder Pflanzen wie demWeihnachtsstern“, weiß Tom Kui-pers.Von eben jenen Weihnachtsster-

nen mussten zuletzt knapp eineMillion Exemplare in Geschäftenach ganz Europa ausgeliefertwerden. Tom Kuipers, den Junior-Chef von Emsflower, und die rund250 Mitarbeiter am Hauptstandortdes Unternehmens in Emsbürenbringen solche Tage allerdingsnicht mehr aus der Ruhe. Großauf-träge wie diese sind in der XXL-Gärtnerei die Regel, und entspre-chend vorbereitet ist auch die Be-legschaft am Tag des Versands.Ohnehin ist bei Emsflower vomBeginn der Produktion bis zurAuslieferung der Ware alles bis inskleinste Detail durchgeplant. „Wirproduzieren niemals auf eigenesRisiko, sondern lediglich nachAuftrag“, sagt Kuipers. Die Bestel-lung der Weihnachtssterne etwahatten Emsflowers Kunden bereitszu Jahresbeginn vorgenommen.Mit dieser Philosophie ist es

Emsflower gelungen, zu einem Gi-ganten der Blumenbranche aufzu-steigen: Aus der 1954 im nieder-ländischen Denekamp, direkt ander deutschen Grenze bei Nord-horn, gegründeten Familiengärt-nerei ist längst ein global operie-rendes Unternehmen geworden.Den größten Anteil daran hatzweifelsohne Bennie Kuipers, derals Nachfolger seines Vaters Janstets auf eine kontinuierlicheWachstumsstrategie gesetzt hatteund noch heute dem Unterneh-men vorsteht. Bennie Kuipers wares auch, der 2004 das Potenzialdes deutschen Marktes erkannteund die Firmenzentrale von Dene-kamp nach Emsbüren verlegte.Der Standort in unmittelbarer Nä-

he zur Autobahn 31 seiideal für den europawei-ten Vertrieb – undgleichzeitig nah an derholländischen Heimatder Familie. Dass sei-nerzeit sowohl die loka-len Politiker die Ansied-lung unterstützten alsauch ausreichend Flächenzur Verfügung standen,habe schließlich den Aus-schlag gegeben.Mittlerweile hat Emsflower

allein in den emsländischenStandort 140 Millionen Euro in-vestiert. Auf 64 Hektar des insge-samt 100 Hektar umfassenden Fir-menareals wird unter Glas produ-ziert. Unter der Leitung des zwei-ten Junior-Chefs Bart Kuipers be-treibt Emsflower in Emsbüren zu-dem seit 2014 ein Gartencenter,auf dessen Flächen eigene Blumen,

Dekorationsartikel und Gartenmö-bel angeboten werden. Für dasUnternehmen ist das Center einriesiger Erfolg, allein im vergange-nen Jahr besuchten knapp300.000 Menschen den Unterneh-mensstandort. MittelständischeBlumengeschäfte der Region hin-gegen fürchteten nach der Eröff-nung um ihre Existenz – undmussten ihre eigene Nische fin-den.Der Erfolg Emsflowers ist eng

verknüpft mit der hohen Stück-zahl an produzierten Pflanzen:Hightech, niedrige Energiekostenund ein grüner Daumen machenmöglich, dass Emsflower derzeitbis zu 500 Millionen Pflanzen proJahr kostengünstig ausliefernkann. „Nur so ist es möglich, dassdie Ware zu einem niedrigen Preisim Discounter angeboten werdenkann“, sagt Tom Kuipers, dessenUnternehmen jährlich rund 45Millionen Euro umsetzt.Emsflower treibt die Branche

dabei ständig mit neuen Innovati-onen an: So sind in Emsbüren seiteinigen Jahren automatischeSteckroboter im Einsatz, die dieam Unternehmensstandort in Tan-sania produzierten Stecklinge au-tomatisch einpflanzen. „Bei vollerAuslastung schafft die Maschinebis zu 35.000 Stecklinge pro Stun-de“, erklärt Kuipers. Dahintersteckt ein ausgeklügeltes System:Nachdem die Stecklinge auf einFörderband gelegt werden, erken-nen Kameras, wo der Stiel des je-weiligen Stecklings ist. Die Ma-schine berechnet die Position,greift zu und setzt den Stecklingschließlich in die Saatkiste. Derautomatische Vorgang sorgt fürgleichbleibende Qualität und spartZeit. Kuipers: „Früher musste die-se Arbeit noch von Menschenhandübernommen werden.“Auch autonomes Fahren gehört

zu den Innovationen bei Emsflo-wer: 60 computergesteuerte „Rhi-nos“ sind ständig auf vorgegebe-

nen Induktions-schleifen unterwegs, umPflanzen und Stecklin-ge zum Umtopfen voneiner Produktionshallein die nächste zu trans-portieren. „Leere Flä-chen gibt es bei unsselten“, erklärt TomKuipers, der die elekt-ronischen Zugmaschi-nen als studierter Tech-niker eigenhändig pro-grammiert hatte. „DasSystem ermöglicht einenfließenden Übergang inder Produktion, und dieMitarbeiter gewinnen Zeit,um sich anderen Aufgabenzu widmen.“Seit 2010 betreibt Emsflower

ein eigenes Biomasseheizkraft-werk, das mit nachwachsendenBrennstoffen Strom erzeugt. „Wirkaufen unbehandeltes Holz ausder Landschaftspflege auf“, erklärtKuipers das Prinzip. Das Kraft-werk liefert seinen Angaben zufol-ge jährlich 8000 MegawattstundenStrom. Dies reiche aus, um den ge-

Mit Hightech undInnovation zumBlumengigantenWie ein deutsch-niederländischesUnternehmenaus Emsbüren denBlumenmarkt dominiert

Emsflower produziertjährlich 500MillionenPflanzen.

Zu den Kunden ausganz Europa zählengroße Discounterketten.

Am Standort Emsbürenwurden 140Millionen Euroinvestiert.

VON ANDRÉ PARTMANN

EMSBÜREN.ObFrühling, Sommer,Herbst oderWinter – Blumen ge-hen immer.Wenn es allerdingsumdie saisonalen Vorlieben derKunden geht, entpuppt sich derMarkt oft als eine flexible Variab-le. Das deutsch-niederländischeUnternehmenEmsflowermit sei-nemHauptsitz in Emsbüren hateinenWeg gefunden, sich in demschnelllebigenGeschäft an derSpitze zu behaupten. Als Bran-chenprimus produziert Europas –nach eigenenAngaben – größteGärtnerei je nach Auftragslagebis zu 500Millionen Pflanzenjährlich.

Exoten imEmsland:Rund1000Schmetterlingsarten leben imEmsflower-Tropengarten. Fotograf:LudgerJungeblut

„Wir produzierenniemals aufeigenes Risiko.“Tom Kuipers

Emsflower-JuniorchefTomKuipers

umgebenvoneinerAuswahl

anBlumenundGemüsen,die

Emsflower inDörpenkultiviert.

Fotos:SwaantjeHehmann

EMSFLOWER

Stecklinge vomDie Unterneh-mensgruppe Ems-flower beschäftigtdurchschnittlich400 Mitarbeiter anden StandortenEmsbüren, Erica(NL), Denekamp(NL) und Moshi(Tansania). Dieniederländi-schen Be-triebe sol-len im Zu-ge der Kon-zentration

auf dasgeben wStandorsteht niDort zieauf einedes Kilim1500 MStecklinfür die stion in Ewendetder Prodmen unDiscounhandels

GELD & GESCHÄFT

21

samtem Betrieb und zusätz-lich noch 2000 Haushalte mitÖkostrom zu versorgen. DieRestwärme nutzt das Unter-nehmen demnach komplett fürdie Beheizung der Gewächshäu-ser. Das Regenwasser von den

riesigen Dachflächen wird in La-gunen gesammelt. So lässt es sichfür die Bewässerung der Pflanzenin den Gewächshäusern verwen-den und deckt laut Tom Kuipers

ganzjährig den Wasserbe-darf der Gärtnerei. „Unse-re Produktion ist sehrnachhaltig“, zeigt ersich überzeugt.Deutlich wird dies vorallem auch im Bereichder Gemüseprodukti-on, die die XXL-Gärt-nerei vor vier Jahrenneben dem Blumen-geschäft erneut auf-genommen hat. Zwarhandelt es sich beidem angebauten Ems-flower-Gemüse nichtum Bioprodukte, aller-

dings verwendet das Un-ternehmen keine Insektizi-

de, um Schädlinge zu be-kämpfen. Stattdessen werden

Nützlinge wie Marienkäfer oderHummeln eingesetzt.

Pläne für dieZukunft gibt eslaut Junior-Chef Tom Kui-pers reichlich:„Wir planen, fürunsere Saisonar-beiter ein Hotel

auf dem Firmenge-lände zu errichten,

allerdings gibt esnoch einige Probleme

mit der Politik.“ Auch sollin absehbarer Zeit ein Geo-

thermie-Projekt umgesetzt wer-den. 40 Millionen Euro will Emsflo-wer dafür investieren. Allerdingssind die Kuipers derzeit noch aufder Suche nach einem Bürgen, derbereit ist, das Risiko im Falle einesMisserfolgs abzusichern. „Das kön-nen wir selbst nicht tragen“, meintKuipers. In einem mehrstöckigenGebäude wird in einem umfangrei-chen Versuchsfeld erforscht, wiePflanzen auf LED-Licht reagieren.Damit ließe sich in erheblichemUmfang Fläche einsparen, hofftman bei Emsflower, die Pflanzenkönnten auf mehreren Etagen pro-duziert werden.Was die Zukunft der Unterneh-

mensstandorte angeht, wurden dieWeichen gestellt: Der Betrieb inFretzdorf bei Berlin ist bereits ver-äußert worden, ebenso besiegeltist der Verkauf des Standorts inDenekamp. „Wir wollen uns aufden Standort Emsbüren konzent-rieren, um effizienter zu sein“, er-klärt Tom Kuipers. Allerdings pla-ne man, den Gemüseanbau erheb-lich auszubauen und insgesamtweitere 100 Hektar in Betrieb zunehmen. Ob dies in Emsbüren rea-lisiert werden könne, sei derzeitnoch offen. Denkbar sei auch derAufbau eines weiteren Großstand-ortes in Süddeutschland. „Wirmüssen schauen, was für uns diebeste Lösung ist“, sagt Tom Kui-pers.

Als im November 2013 am Auto-bahnkreuz Schüttorf in Emsbürendie Bauarbeiten für ein XXL-Gar-tencenter angelaufen waren, horch-ten die Blumenfachgeschäfte derRegion auf: Emsflower, das Unter-nehmen, das sich bis dato auf dieProduktion von Pflanzen für Groß-kunden konzentriert hatte, inves-tierte rund 17 Millionen Euro insein neues Vorhaben. Der Plan: Vor-dringen in einen lukrativen Markt,auf deutscher Seite sollte ein Pen-dant zum niederländischen „Gar-tencenter Oosterik“ in Denekamperrichtet werden. Seit der Fertigstel-lung im Frühjahr 2014 wird in Wirt-schaftskreisen vom „Kampf der Blu-mengiganten“ gesprochen – gleich-zeitig kreist die Marktmacht derbeiden Gartencenter wie dasSchwert des Damokles über denKöpfen der lokal ansässigen Floris-ten mit ihren Kleinbetrieben.

Einer dieser Kleinen ist HelmutMösker aus Lohne in der GemeindeWietmarschen. Seit über 19 Jahrenbetreibt der Floristikmeister mitseiner Frau Hilke sein Blumenfach-geschäft in dem rund 8000 Einwoh-ner zählenden Dorf in Westnieder-sachsen. Der Betrieb der Möskersliegt nur knapp 15 Kilometer Luftli-nie entfernt vom Emsflower-Fir-menareal; entsprechend groß warenvor vier Jahren die Sorgen. „Wirfragten uns, inwieweit sich die Plä-ne auf unseren Familienbetrieb aus-wirken“, so der 49-Jährige.Heute weiß Helmut Mösker, dass

seine Bedenken unnötig waren:„Uns geht es nach wie vor gut, unse-re Kunden sind uns treu geblieben.“Dass der Familienbetrieb ob der zu-sätzlichen Konkurrenz weiter aufgesunden Beinen steht, hat aller-dings Gründe: Mösker hat es ge-schafft, in Zeiten sinkender Pflan-zenpreise Nischen im hart um-kämpften Blumenmarkt zu beset-zen. Neben dem Tagesgeschäft mitBlumen, Dekorationsartikeln und

floralen Wohnraumkonzepten setztMösker auf Braut- und Grab-schmuck. „Die individuelle Bera-tung der Kunden ist dabei unseregroße Stärke“, erklärt der Unterneh-mer.Was genau er damit meint, macht

der dreifache Familienvater an kon-kreten Beispielen deutlich: Wird inder Gemeinde geheiratet, ist Mös-ker oft die erste Anlaufstelle für flo-rale Gestaltungsfragen. „In der Re-gel treffe ich mich mit Angehörigenvor Ort in der Kirche und stehe ih-nen beratend zur Seite“, sagt Mös-ker. Dabei muss er auf viele unter-schiedliche Faktoren Rücksicht neh-men: Junge Leute etwa hätten an-dere Vorlieben als ältere Kunden.Auch die Gestaltung von Braut-sträußen und Hochzeitssälen über-nimmt Mösker in Absprache mitseinen Kunden. „Wir beobachten,dass viele Paare sich dafür entschei-den, in großen Zelten im Garten zuheiraten.“ Diese müssten dann ent-sprechend dekoriert und vorbereitetwerden.Das Blumenfachgeschäft aus Loh-

ne hat sich mit der guten Beratungeinen Namen gemacht – mittlerwei-le sind ganze Fotoalben mit Beispie-len entstanden, die das Familienun-ternehmen seinen Kunden als Ins-piration zur Verfügung stellt. MitErfolg: „Wir bekommen nicht nurAufträge aus der Gemeinde, son-

dern auch aus umliegenden Städtenwie Lingen und Nordhorn.“ Heutebeschäftigt das Familienunterneh-men zehn Angestellte, von denenzwei eine dreijährige Ausbildungabsolvieren.Die Leidenschaft für den Beruf

sei der Schlüssel zu diesem Erfolg,glaubt Mösker: „Als Florist brauchtman ein gutes Farbempfinden,räumliche Vorstellungskraft undKreativität, vor allem aber die Fä-higkeit, offen mit Kunden umzuge-hen.“ Wer heute 08/15-Blumen-schmuck abliefert, gewinnt lautHelmut Mösker kaum mehr einen

Strauß. „Die Qualität der Blumenist das A und O“, sagt er. Dies seider einzige Weg, sich von der Kon-kurrenz aus dem Discounter abzu-setzen. Deshalb besucht der Graf-schafter Floristikmeister jedes Jahrdiverse Messen und sucht sich seineLieferanten sorgfältig aus.Der Erfolg gibt ihm recht: Das

Familienunternehmen aus Lohnebeschäftigt heute zehn Angestellte,von denen zwei eine dreijährigeAusbildung absolvieren. „Anders alsandere Handwerksbetriebe habenwir noch keine Probleme, Auszubil-dende einzustellen“, sagt Mösker,der gleichzeitig auch Vorsitzenderdes Prüfungsausschusses der IHKOsnabrück ist. Er ist stolz darauf,dass seine Auszubildenden oft diebesten Prüfungsergebnisse erzielenund gelegentlich sogar Top-Platzie-rungen bei Landesmeisterschaftender Floristen erreichen. So wie derChef, der 1996 Deutscher Meisterwurde und anschließend sein Ge-schäft in der Grafschaft eröffnete.

Für andere Kleinbetriebe seinerBranche ist der Floristikmeister Ins-piration und Vorbild. Er hält Vorträ-ge bei Großhändlern und teilt seinWissen. Ganz wichtig ist ihm, amPuls der Zeit zu agieren. „Wer sichbehaupten will, muss up to datesein“, betont er. Ein Gespür fürTrends ist gefragt – Mösker hat eslängst bewiesen.

Punkten in der floristischen NischeDas FamilienunternehmenMösker setzt auf Braut- undGrabschmuck

VON ANDRÉ PARTMANN

LOHNE/WIETMARSCHEN.Der Blu-menmarkt inDeutschland undEuropa ist hart umkämpft. DiePflanzenpreise sinken seit Jah-ren. Großgärtnereien und ihreMassenproduktion profitierenvon der Entwicklung, kleinereBlumenfachgeschäfte stoßen oftan ihre Grenzen. Das Beispiel desFamilienunternehmensMöskerzeigt, wie Kleinbetriebe dochüberleben können.

ZumTagesgeschäft einesFloristengehörenBlumen,originelleDekorationsartikelundausgefeilte floraleWohnraumkonzepte. Fotos:HermannPentermann

HilkeundHelmutMösker

sind leidenschaftliche

Floristen (linksunten).

IhrBlumensortimentbezie-

hensievonausgewählten

Lieferanten(linksoben).

TypischMittelstand:das

Blumenfachgeschäftder

Möskers(rechtsoben).

DieFloristenbieten ihren

Kundendortauchflorale

Wohnraumkonzeptean

(rechtsunten).

„Die Qualitätder Blumenist das A und O.“Helmut Mösker

Kilimandscharo, Forschung in Dörpens Emsland aufge-werden, derort in Tansanianicht zur Debatte.eht Emsflower

ner Farm am Fußeimandscharo in

Meter Höhe seineinge heran, diespätere Produk-Emsbüren ver-t werden. Nebenoduktion von Blu-nd Gemüse fürunter und Groß-lsketten setzt

Emsflower auch auf ei-gene Pflanzenfor-schung: Im Mini-Ems-flower, einem Schau-garten, wird Züchternvom Mai bis Herbst dieGelegenheit geboten,neue Pflanzen zu tes-ten und alte zu verbes-sern. Ziel des Schau-gartens ist es, die Sor-ten und Pflanzen her-auszufiltern, die wäh-rend des Wachstumsdie besten Leistungenzeigen. Dabei schauen

wöchentlich Expertender Branche in Emsbü-ren vorbei, um die Blu-men zu fotografierenund zu bewerten. AuchBesucher dürfen sichmit einem Fragebogenbeteiligen. Am Endedes Jahres werden dieDaten ausgewertet undeine Top 10 gekürt. Die-se Pflanzen werden inder darauffolgendenSaison im Gartencenterzum Verkauf angebo-ten.

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22 DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

GELD & GESCHÄFT

Eigentlich sind es Traumziele:Bodrum und Antalya mit breiten,feinen Sandstränden, Istanbul mitpulsierendem Nachtleben undbunten Basaren oder Kappadokienmit seinen einzigartigen Tuffstein-formationen. Eigentlich – das istdas beherrschende Wort, wenn esin der Reisebranche um die Türkeigeht. Denn viele Besucher meidenauch dieses Jahr wieder die türki-schen Hotels, Restaurants und Ge-schäfte. Dabei verzeichnete dasLand in der Reisesaison 2015, lautDRV Deutscher Reiseverband,noch einen Rekord von 5,6 Millio-nen Besuchern aus Deutschland.Nach dem Putschversuch 2016und Terroranschlägen brachen dieBuchungen dann auf 3,9 Millionenein. Das sind rund 30 Prozent we-niger. Und auch 2017 sieht es nichtbesser aus. Laut Norbert Fiebig,Präsident des DRV in Berlin, lie-gen die Buchungen derzeit für dasGesamtjahr noch unter den Wer-ten von 2016. „Wir stellen auch indiesem Jahr teilweise eine Verlage-rung der Urlaubsströme fest“,kommentiert Fiebig vorsichtig.

Bleiben 2017 an der bei denDeutschen einst so beliebten Tür-kischen Riviera die Hotelbettenund Strandliegen leer – mit Aus-wirkungen nicht nur auf die deut-schen Reiseveranstalter, sondernauf die gesamte türkische Reise-branche mit Hotellerie und Res-taurants? Nein, denn Stammgästeund Touristen aus anderen Län-

dern kommen weiterhin. Licht amEnde des Tunnels sieht man auchbei der Thomas-Cook-TochterÖger Tours, einem führenden Ver-anstalter für Türkei-Reisen. Hierfällt die Bilanz für diesen Sommerteilweise positiv aus: „Die Buchun-gen lagen insgesamt über denZahlen vom Vorjahr“, sagt Spre-cherin Katrin Rüter. Und auch dasGeschäft für die Herbstferien liefbesser als 2016: „Wir sehen in derNebensaison eine eher preisgetrie-bene Entwicklung mit einem ho-hen Last-minute-Anteil.“Das beliebteste Ziel deutscher

Gäste ist nach wie vor die Türki-sche Riviera. Bodrum wird gernvon deutsch-türkischen Urlaubernangesteuert. Weniger populär istderzeit die lykische Küste, dieüber den Flughafen Dalaman er-reicht wird. „Reisen an die Rivierawerden im Vergleich günstiger an-

geboten“, erklärt Rüter. Eine leich-te Verbesserung – allerdings nochauf niedrigem Niveau – verzeich-net Öger Tours bei Städtetouren indie Metropole Istanbul. Der Veran-stalter erhält sehr positives Feed-back von Reisenden. Sie berichtenvon großer Gastfreundschaft, ei-nem für sie günstigen Wechsel-kurs von einem Euro zu vier türki-schen Lira. Positiver Nebeneffektder Besucherflaute: Die Warte-schlangen vor den Sehenswürdig-keiten sind kurz.„Abgemildert wird das Zögern

der deutschen Urlauber in derTürkei durch einen erneuten Be-sucherstrom aus Russland“, er-klärt ein Sprecher des DRV. Dochdie 30 Prozent weniger Buchun-gen an den Bosporus gehen alsUmsätze auch in den deutschenReisebüros verloren, heißt es wei-ter beim DRV. Dafür konnte Mos-kau durch das Aufheben der Tür-kei-Sanktionen die Hotels an derTürkischen Riviera wieder mitrussischen Touristen füllen. AuchUrlauber aus Israel und aus denNiederlanden haben das Land alsfamilienfreundliches Reiseziel ent-deckt.Auch beim größten deutschen

Reiseveranstalter, der Tui Groupin Hannover, ist eine leichte Ent-spannung beim Thema Türkei zuerkennen. „Punkten konnte dasReiseziel Türkei in der Hochsaisonbei kurzfristigen Buchungen undzählte in diesem Sommer zu dengefragtesten Last-minute-Zielen“,sagt Tui-Sprecherin Susanne Stün-ckel. Insgesamt gehöre das Landam Bosporus zu den Top Fünf derbeliebtesten Ziele deutscher Ur-lauber, betont Stünckel. Doch sieräumt ein, dass seit Ende Augustwieder verhaltener gebucht wird.Die Tui setzt auf alternative Zielewie Griechenland, Spanien undZypern – mit Erfolg, wie es ausHannover heißt. Die Zahl der Gäs-te liege hier vier Prozent höher alszuvor. Auf die Verschiebung derNachfrage für einzelne Urlaubs-länder sei man bei Tui vorbereitet.Das schwächere Interesse an Rei-sen in die Türkei wurde schon bei

der Planung des Sommer-Pro-gramms 2017 berücksichtigt.„Durch zusätzliche Angebote inanderen Zielländern konnte dieserFaktor voll ausgeglichen werden“,sagt Stünckel.„Die Türkei muss zurückkom-

men“, hofft man beim DRV – sowie Griechenland es auch ge-schafft hat: Während Hellas nochvor zwei Jahren wegen der Finanz-und Flüchtlingskrise für negativeSchlagzeilen sorgte, gehören heutedas griechische Festland und dieUrlaubsinseln zu den beliebtestenZielen sonnenhungriger Nordeu-ropäer und melden Besucherre-korde. Oft erholen sich sogar vonTerroranschlägen betroffene Desti-nationen schnell. Während Istan-bul als Ziel für Städtereisen der-zeit praktisch ausfällt, sind dieMetropolen in unserem Nachbar-land Frankreich nur ein Jahr nach

dem verheerenden Terroranschlagvon Nizza bei Reisenden wiederbeliebt. Sogar das KrisenlandÄgypten wird wieder stärker ge-bucht, berichten deutsche Reise-veranstalter.Deutsche Urlauber lassen sind

von Anschlägen und politischenKrisen die Reiselust nicht verder-ben. Die ForschungsgemeinschaftUrlaub und Reisen (FUR) in Kielhat in Umfragen die Ströme deut-scher Urlauber analysiert. Zwarverlieren Türkei, Nordafrika undFrankreich deutlich an Populari-tät, und Spanien und Griechen-land machen mehr Geschäfte.„Aber trotzdem bleiben die Türkeiund Ägypten bedeutende Urlaubs-ziele der Deutschen“, sagt HenrikeBeer von der FUR. Zuwächse ver-zeichnen auch Ziele in Deutsch-land – ganz vorne Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, dahin-

ter Niedersachsen und Schleswig-Holstein.„Verunsicherung ist ein großes

Thema, und die Branche musssich aktiv damit befassen“, sagtMichael Frenzel, Präsident desBundesverbands der DeutschenTourismuswirtschaft. Anbietersollten zusammen mit dem Aus-wärtigen Amt offen und fair infor-mieren – und im Notfall flexiblesUmbuchen ermöglichen. „Dasklappt in den meisten Fällen“,meint Frenzel. Der Münchner Rei-severanstalter FTI bietet deshalbnur Ziele an, die vom AuswärtigenAmt als sicher eingestuft werden.Allerdings kann die Behörde keineAnschläge voraussagen. Auf dieGefahr terroristischer Anschlägeund Entführungen weltweit weistdie Behörde zwar hin. Absolute Si-cherheit für Urlauber gibt es abernicht.

VON ANJA STEINBUCH

HANNOVER.Die deutschenReise-veranstalter sind besorgt überden starkenRückgang bei Rei-sen in die Türkei. Verunsiche-rung ist unter Urlaubern eingroßes Thema, auchwenn dasLand noch immer zu den TopFünf der beliebtesten Reisezieleder Deutschen zählt. Statt derDeutschen kommen jetzt wiedermehrRussen in das Land. DieHoffnung der Branche: Die Tür-kei soll sichwieder fangen, sowie Griechenland es bereits ge-schafft hat.

Die türkischeRivieraundandereOrte inderTürkeisindweiterhinbeliebt..AllerdingsbesuchenderzeiteherReisendeausRussland,wenigerausDeutschland,dasLandamBosporus. Foto: imago/SteffenSchellhorn

Türkei kämpft mitLast-minute-Angeboten umUrlauber

Veranstalter undHotels leiden unter der politischenKrise imLand –Verunsicherung derReisenden ein großes Thema

Wichtigste Reiseziele der Jahre 2015 und 2016 im VergleichDeutliche Rückgänge in der Türkei, in Nordafrika und in Frankreich

Quelle: RA2017, face-to-face & online · Grafik:Matthias Michel*Skandivavien = Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen, Island

Nordafrika –29%

Türkei –23%

Frankreich –15%

Griechenland +18%

Spanien +8%

Italien +2%

Österreich +4%

Deutschland +3%Niederlande +3%

Skandinavien* +14%

Basis: Urlaubs- undKurzurlaubsreisen derdeutschen Bevölkerung(14 Jahre und älter)

Nach demPutschversuchim Jahr 2016und Anschlägenbrachen dieBuchungen ein.

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23DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

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Jeden Tag rollen vom Hof derNordhorner M+F-Spedition sechsbis acht Lastzüge in RichtungGroßbritannien. Transportiertensie Ende der 1970er-Jahre nochüberwiegend Textilien auf die Bri-tischen Inseln, so werden heuteSpielwaren, Kosmetikartikel,Schreibwaren, Textilien und sons-tige Konsumgüter aller Art alsSammeltransporte ins VereinigteKönigreich geliefert.Seit ihrer Gründung im Jahre

1978 ist die M+F-Spedition Spezia-list für das England-Business. Daswar anfangs das Hauptgeschäftdes Unternehmens. Heute machtes noch gut 27 Prozent des Umsat-zes aus. Die M+F-Trucks beliefernnicht nur Firmen im GroßraumLondon, sondern steuern auchZiele an der englischen Ostküsteund in Mittelengland an. „Groß-britannien ist ein Verbraucher-markt. Wir liefern wesentlich

mehr Waren dorthin als von dortaufs Festland zurück“, sagt M+F-Geschäftsführer Çetin Çelik.Welche Auswirkungen hat der

angekündigte „Brexit“ auf diesesEngland-Geschäft? „Anfangs gabes eine große Verunsicherung. Dahatten wir sogar einige Anfragenvon britischen Kunden nach einerNiederlassung auf dem Festland“,berichtet Manfred Köhler, Ge-schäftsführer der M+F-Dachgesell-schaft Hüttemann-Gruppe. Auchder Kurseinbruch des britischenPfund nach der Brexit-Ankündi-gung habe Auswirkungen gehabt.Aber diese „Delle“ sei längst wie-der ausgeglichen. Das Tagesge-schäft laufe normal. Die Verunsi-

cherung sei einem kritischen Ab-warten gewichen.Dass die Briten sich mit ihrem

Entschluss, der EU den Rücken zukehren, „keinen Gefallen getan“haben, steht nicht nur für Man-fred Köhler fest. Auch die meistenbritischen Geschäftspartner sähenden Brexit als Fehler, sagt er.Großbritannien sei der drittgrößteKonsummarkt in Europa. DasLand sei auf Importe angewiesen,und die Hälfte dieser Importekomme aus EU-Ländern. Köhler:„An diesen Warenströmen wirdsich kaum etwas ändern.“ Sie wer-den nur teurer, wenn Großbritan-nien tatsächlich in einem „hartenBrexit“ aus der EU austritt.„Wenn das so kommt, dann

schreiben wir eben wieder Zollan-träge.“ Dann werde es zwar teurerund komplizierter, Waren nachEngland zu liefern. Aber geliefertwerde auch weiterhin, im Waren-verkehr mit der Schweiz funktio-niere das ja auch.Womöglich eröffne gerade die-

ser zukünftige Zollaufwand auchneue Chancen. Gefragt seien dannUnternehmen, die diese Formali-täten schnell und zuverlässig ab-wickeln. Und die brauchten dafürwomöglich sogar zusätzliche Ar-beitskräfte.Die großen Fragen „Wann

kommt der Brexit?“, „Wie sieht eraus?“, „Wie geht’ s dann weiter?“

sehen Köhler und Çelik mit Gelas-senheit. Zunächst einmal werde si-cher lange um den Brexit verhan-delt. Köhler und Çelik vermuten,dass die zweijährige Verhand-lungsfrist kaum ausreicht. „AmEnde wird die Zeit knapp, und eswird irgendetwas Hektisches be-schlossen“, meint Manfred Köhler.Niemand könne heute vorhersa-gen, ob Premierministerin TheresaMay und ihre Regierung dannüberhaupt noch im Amt seien.

Mehr Sorgen als in Nordhornmacht man sich offenbar auf denBritischen Inseln selbst. „Viele un-serer Geschäftspartner sind verun-sichert. Sie wissen zum Beispielnicht, was der Brexit für ihre aus-ländischen Mitarbeiter bedeutet“,berichtet Köhler.Keine Antwort haben sie bisher

auch auf die Frage, welche Aus-wirkungen der Brexit auf den Wa-renverkehr mit Irland habenwird. Auch dorthin liefert M+F

regelmäßig – bisher ausschließ-lich über Großbritannien. Wirddas Vereinigte Königreich dannzum Transitland für solche Trans-porte? Oder werden dort fiskali-sche Hürden aufgebaut, die zu ei-nem Direktverkehr nach Irlandzwingen?„Man überlegt sich schon mögli-

che Szenarien“, so Köhler. „Aberwir werden uns den neuen Her-ausforderungen stellen, wenn esso weit ist.“

„Dann schreiben wir eben wieder Zollanträge“Der Nordhorner England-Spediteur M+F erwartet lange Verhandlungen um den „Brexit“ – und mehr Arbeit

VON ROLF MASSELINK

NORDHORN. Der Austritt der Bri-ten aus der EU wird den Waren-verkehr mit den Britischen In-seln teurer und kompliziertermachen, kann aber auch neueChancen bieten. Davon geht dieM+F-Spedition aus. Die Nord-horner machen mehr als einViertel ihres Umsatzes mit Eng-land-Transporten.

Veränderte Rahmenbedingungen, aber auch neue Chancen für ihr England-Geschäft erwarten Manfred Köhler, Hüttemann-Gruppe (links),

und Çetin Çelik, M+F-Spedition, als Folge des britischen EU-Austritts. Foto: Konjer

„Am Ende wirdirgendetwasHektischesbeschlossen.“Manfred Köhler,

Geschäftsführer

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§ Strafrecht / OrdnungswidrigkeitenKanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email

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§ Unfall- und VerkehrsrechtKanzlei Ansprechpartner Adresse/Homepage Telefon/Fax/Email

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DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

25LEBEN &

LEIDENSCHAFT

Ihr erstes Modell steht an der Stra-ße Holter Diek im Gewerbegebietan der A1. Zwischen den riesigenHallen ringsum sehen selbst großeLastwagen aus wie Spielzeuge. Daskleine Haus vor einer Werkstattwirkt von Weitem wie ein Fremd-körper. Helles Fichtenholz zieht dieBlicke auf sich. So fungiert dasHäuschen perfekt als Aushänge-schild für das junge Unternehmen.Autofahrer halten ab und an spon-tan an und lassen sich von den bei-den Gründern die Produktion unddas fertige Haus zeigen. Generelltrifft das Vorhaben auf großes Inte-resse; Musiker wie Mark Forsterund Bernhard Brink gastierten beiAuftritten in Nordhorn in einemTiny House.

Grund dafür seien die vielfältigenNutzungsmöglichkeiten, meint Mi-chael Ebermann. Das Tiny Housesei als erste Wohnung für Paare oh-ne Kinder einsetzbar oder für Stu-denten, die in Großstädten keinenbezahlbaren Wohnraum finden.Dauercamper machen einen Zweit-wohnsitz daraus. Im Garten einesEinfamilienhauses dient es als Gäs-tehaus. Auch für Rentner und Aus-steiger eigne es sich. Je nach Kun-denwunsch gestalten die Gründerdas Tiny House ganz individuell.Der Trend zu Kleinsthäusern

schwappte vor ein paar Jahren ausden USA nach Deutschland herü-ber. Dort ist das Interesse an TinyHouses seit der Finanzkrise 2007gewachsen – vor allem wegen desim Vergleich zu einem normal gro-

ßen Haus niedrigeren Preises. Fürden englischen Begriff gibt es der-zeit keine offizielle deutsche Über-setzung. Er fasst alle möglichenKleinsthäuser von bewohnbarenHütten über Baumhäusern bis zuBehausungen auf Anhängern zu-sammen. Allen gemein ist, dassdie Wohnfläche sehr klein ist.Trotzdem bieten die Häuser mo-dernen Komfort. In den meistenVarianten gibt es Wohn-, Schlaf-,Sanitär- und Essbereiche. Hinzukommen Strom-, Gas-, Wasser-und Abwasseranschlüsse, manch-mal werden auch entsprechendeTanks eingebaut.Das in Gildehaus zu besichtigen-

de Modellhaus ist 7,20 Meter lang

und 2,55 Meter breit. An der höchs-ten Stelle misst es 3,96 Meter, dienormale Raumhöhe ist 2,05 Meter.Das Modell bietet unter Einbezugeiner zweiten Ebene, sie dient alsSchlafbereich, 22 QuadratmeterWohnfläche. Die Schlafnische istwie ein Hochbett mit einer Leiterzu erreichen. Sie befindet sich überdem Sanitärbereich mit Duscheund WC.Ebermann und Koers setzen auf

umweltverträgliche Baustoffe. Fürdie Verschalung nutzen sie Fichten-holz, das Dach besteht aus Alumi-nium; alles wird handgefertigt. DieWanddämmung ist acht Zentime-ter dick und verspricht auch imWinter angenehme Temperaturenim Haus. Ob Gastherme, Fotovol-taikanlage oder gar ein kleiner Ka-min – fast alle Extrawünsche sindmachbar.Nur das zulässige Maximalge-

wicht von 3,5 Tonnen darf nichtüberschritten werden. Es umfasstdas Zugfahrzeug plus den Anhän-ger mit dem Tiny House. Für grö-ßere Lasten werde ein Traktor alsZugmaschine benötigt. Ebermannund Koers achten penibel darauf.Die Tiny Houses gelten im Stra-ßenverkehr als „Anhänger mitSonderaufbauten“ und müssenwie Wohnwagen vom Tüv abge-nommen werden. Dabei gab esbisher keine Probleme, auch wenndie bewohnbaren Aufbauten fürdie Sicherheitsprüfer etwas völligNeues sind.

Zwischen sechs und acht Wo-chen dauert es, bis auf dem Anhän-gergestell ein Tiny House der Fir-ma Koersmann steht. Als Erstes er-folgt der Rohbau, dann der Innen-ausbau; danach ist das Haus theo-retisch ohne Dekoration bezugsfer-tig, das Unternehmen kann aberauch die Einrichtung übernehmen.So kommt es, dass ein Tiny Houseje nach Kundenwunsch und Aus-stattung zwischen 35000 und50000 Euro kostet. Deutlich güns-tiger als ein Einfamilienhaus, auchWohnmobile sind meist teurer.Wer sparen möchte und hand-

werklich begabt ist, kann seinKleinsthaus unter Anleitung derFachleute in Eigenregie bauen. Ar-beitshalle, Werkzeug und Tricksstellen die Profis. Ein Kunde nutztdas Angebot bereits.Wer kauft überhaupt so ein

Kleinsthaus und warum? „DerTrend geht dahin, dass sich dieMenschen verkleinern und mini-malistisch leben wollen“, sagt Mi-chael Ebermann. Ein Tiny Housekann als Rückzugsort von der mo-dernen, hektischen Welt dienenund bringt die Menschen dazu, ih-ren persönlichen Besitz auf das We-sentliche zu reduzieren. Es gebe al-lerdings keine typische Klientel.Das junge Unternehmen hat Kun-den aller Altersstufen und gesell-schaftlichen Schichten sowie ausdem Ausland. Bestellungen liegenbeispielsweise aus Schweden undder Schweiz vor.

Die Idee zur Unternehmensgrün-dung hatte Michael Ebermann. „ImFernsehen lief ein Bericht über Ti-ny Houses. Ich kannte Stefan vomFußball und hab ihn dann gefragt,ob er Lust hat, auch solche Dingerzu bauen“, sagt der 37-Jährige.Nach etwas Nachdenken hat StefanKoers zugesagt. „Er ist ein guterKaufmann, ich bin ein guter Tisch-ler“, fasst Koers seine damaligenÜberlegungen zusammen. Seitdemist er begeistert dabei. „Es ist rich-tig toll, die Häuser zu bauen“, sagtKoers. Der 41-Jährige ist gelernterTischler und seit acht Jahrenselbstständig. Koers kümmert sichum die Produktion der Häuser,Ebermann um Kaufmännisches

und Marketing. Der gelernte Indus-triekaufmann ist auch für dieZeichnungen der Häuser verant-wortlich. Hauptberuflich arbeitetEbermann als Angestellter bei ei-nem großen Industriebetrieb. BeideGründer wohnen in Gildehaus.

Auf dem Markt haben sie der-zeit nur wenige Konkurrenten. Inganz Deutschland gibt es fünf An-bieter für die Kleinsthäuser. Eber-mann und Koers haben sie sichgenau angesehen. Nach der Analy-se waren sie sich sicher, dass siemit dem Anspruch „qualitativhochwertig, schön anzusehen undbezahlbar“ zu bauen, eine Markt-nische gefunden haben. Inzwi-schen haben sie bereits das fünfteHaus gefertigt. Weitere sind imBau. Die Halle im Gewerbegebietan der A1 bietet genug Platz, umfünf Häuser gleichzeitig zu bauen.Die beiden Gildehauser rechnenmit gut laufenden Geschäften. Imkommenden Jahr wollen sie 15 Ex-emplare ausliefern.Theoretisch halten die Tiny

Houses genauso gut wie ihre gro-ßen Geschwister. Wenn das Außen-holz gut gepflegt wird, kann es 20bis 30 Jahre alt werden. Schädenseien relativ leicht zu beseitigen,die Schalung kann jederzeit ausge-tauscht werden. Ihre größten Vor-teile sind aber die Beweglichkeitund die flexiblen Einsatzmöglich-keiten. Wer umzieht, kann sein Ti-ny House gleich mitnehmen – alsAnhänger am Umzugswagen.

Kleine Häuser auf RädernEin jungesUnternehmen ausGildehaus baut fahrbare „TinyHouses“ fürKunden im In- undAusland

Nach der Finanzkrisein den USA wuchs derTrend zum Tiny House.

Eine Vorliebe zumminimalistischen Lebenbeflügelt die Branche.

Hersteller setzenauf umweltverträglicheBaustoffe.

VON OLIVER WUNDER

GILDEHAUS.Bei fahrbarenHäu-sern denkt fast jeder zuerst anWohnmobile und -anhänger.DochwasMichael Ebermannund StefanKoers in Gildehausbauen, soll nicht nur dasWoh-nen auf Zeit ermöglichen, son-dern für viele Jahre als Zuhausedienen. Die beidenMänner ent-wickeln und bauen seit Anfangdes Jahres unter demFirmenna-men „Koersmann“ sogenannte„TinyHouses“.

Michael Ebermann (l.) und Stefan Koers kannten sich vom Fußball „Er ist ein guter Kauf-

mann,ichbineinguterTischler“,sagtKoers.

Die Häuserkosten zwischen35000 und50000 Euro.

Alles, wasman zum Leben braucht, findetman auch in einemTiny House: einemoderneKüchenzeile, ein geräumigesBett, einen hellenWohnbereichmit Esstisch.DieAußenwandbesteht aus Fichtenholz.BildMitte

rechts:StefanKoerspasstdieLeiterzumBettan,dassichüberdemSanitärbereichmitDuscheundWCbefindet. Fotos:StephanKonjer

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26 DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

LEBEN & LEIDENSCHAFT

„Sind die Kollegen nett?“ ThomasEling nickt und strahlt. Der 28-Jährige ist angekommen. Er hateine Aufgabe, er wird gebraucht,er darf teilhaben. Eling arbeitetals Spülhilfe im Restaurant AlfseePiazza der Alfsee GmbH. Er hatdort ein mehrmonatiges Prakti-kum gemacht, inzwischen ist erfest angestellt. Dass das geklappthat, ist zu großen Teilen das Ver-dienst des Jobcoaches Tobias Jä-ger und seiner Kollegen in der Ini-tiative für sinnvolle Arbeit (ISA) inOstercappeln-Venne. Die gemein-nützige Unternehmergesellschaft(gGmbH) hat sich das Ziel gesetzt,Menschen mit Unterstützungsbe-darf zeitgemäß in den allgemeinenArbeitsmarkt zu integrieren.Grundlage ist die 2008 in Kraft ge-tretene UN-Behindertenrechtskon-vention, die in Deutschland 2009im Sozialgesetzbuch umgesetztwurde (SGB 9). Im Kern geht esum die Teilhabebedürfnisse vonMenschen mit Behinderung.„Im ersten Schritt habe ich mich

mit Thomas beiseitegesetzt undzugesehen, was in der Küche gear-beitet wurde“, sagt Jäger: „AlsNächstes habe ich dann selbstmitgearbeitet, Thomas hat zugese-hen. Erst im dritten Schritt hat erselbst praktisch gearbeitet. Wirhaben ihm das Arbeiten also kon-kret vorgelebt.“ Thomas Eling ar-beitet inzwischen durchschnittlich24 Stunden in der Woche. Anfangswaren es nur drei Stunden täglich,das Pensum wurde langsam ge-steigert.Tobias Jäger ist weiterhin täg-

lich vor Ort. „Die Begleitung istder Schlüssel“, erklärt er: „Damitkönnen wir Stressphasen puffernund Thomas Schritt für Schrittvon langer Hand an neue Aufga-ben heranführen.“ Aktuell bereiteter ihn darauf vor, dass er in nächs-ter Zeit manchmal auch samstags

arbeiten muss. Trotz der intensi-ven Betreuung könne die Integra-tion von Menschen wie Thomasaber nur dann gelingen, wenn dasbetriebliche Umfeld stimmig sei,betont Jäger: „Das Wohlwollenvonseiten des Betriebes ist für denErfolg unserer Arbeit sehr wichtig;wenn das kommt, ist auch das Po-tenzial da.“In Alfhausen gelingt das bes-

tens. Laut Küchenchef SteffenSchneider ist das Haus ein Touris-ten-Hotspot. Die Küche sei durchFrühstück, Mittag- und Abendes-sen gut ausgelastet. In die Arbei-ten am Vormittag lasse sich Tho-mas am besten integrieren. „Ichhabe schon in anderen KüchenMenschen mit Handicap beschäf-tigt“, sagt Schneider: „So eine Un-terstützung, wie wir sie jetztdurch die ISA erhalten, gab esdort aber nicht. Die Coaches sindwichtig, sie erleichtern die Integ-ration von Menschen wie Thomasganz erheblich. Dafür fehlt mirselbst im Arbeitsalltag die Kapazi-tät.“ Auch Benjamin Kühn, Perso-nalverantwortlicher der AlfseeGmbH, lobt die Arbeit der ISA. Erkannte das Unternehmen zuvornicht. „Wir mussten das erst malgoogeln“, erzählt er lächelnd: „Daserste Gespräch haben wir mitHerrn Jäger geführt.“ Die Arbeits-

stelle von Thomas wird gefördert;im Umgang mit den komplexenFördermechanismen bei der Fi-nanzierung – die erfolgt über un-terschiedliche Quellen – sei dieISA eine große Hilfe gewesen.Auch nach der Festanstellung vonThomas läuft die Betreuung durchTobias Jäger zunächst weiter. Biszum Sommer nächsten Jahres sinddie Kosten gedeckt. „Dann schau-en wir weiter“, sagt Jäger: „Die öf-fentliche Förderung unserer Ar-beit verändert sich laufend. Es öff-nen sich aber immer wieder neueTüren.“Küchenchef Schneider weiß,

dass man im Umgang mit Men-schen wie Thomas Eling Geduldund einen langen Atem braucht.„Wir schätzen Thomas als zuver-lässigen Mitarbeiter“, sagt er: „Waser macht, macht er gut. Mit Unter-stützung der ISA arbeiten wir kon-tinuierlich daran, dass er sichauch in Details weiter verbessert.“Schon während der Schulzeit wur-de Thomas Eling aufgrund seinerBehinderung als erwerbsunfähigeingestuft. Noch vor wenigen Jah-ren hätte es für Menschen wie ihnnur zwei Optionen gegeben: dieArbeit in einer Behindertenwerk-statt oder die dauerhafte Erwerbs-losigkeit. Das ist heute anders.„Die Region Osnabrück ist in

Niedersachsen führend bei derUmsetzung des SGB 9. Hier hatman sich den personenzentriertenAnsatz auf die Fahnen geschrie-ben“, erklärt Jürgen Linnemann,Geschäftsführer und Gründer derISA. In der praktischen Anwen-dung führt das zum sogenannten„Persönlichen Budget“, das um-fangreiche Gestaltungsmöglichkei-ten eröffnet. Menschen mit Behin-derung können beispielsweise indi-viduelle Unterstützung erhalten,um ihren Platz im Berufsleben zufinden. Eine ambulante Betreuunghilft ihnen, gemäß ihren individu-ellen Vorstellungen zu wohnen.„Mit den Angeboten wollen wir un-seren Teilnehmern diese Freiheitenermöglichen“, sagt Linnemann:„Perspektivisch soll aus dem Teil-nehmer ein Auftraggeber werden.“

Für die Finanzierung ihrer Ar-beit nutzt die ISA viele unter-schiedliche Quellen. Besonders in-tensiv ist die Zusammenarbeit mitder Agentur für Arbeit. Zum Tra-gen kommen aber auch Eingliede-rungshilfen von Stadt und Land-kreis Osnabrück, in Einzelfällenzahlen die Rentenversicherungund die Berufsgenossenschaften.Ganz wichtig ist die Unterstüt-zung durch das Integrationsamtdes Landes Niedersachsen, dasmit Mitteln aus der Ausgleichsab-gabe wirtschaftet. Besonderheitder Arbeit der ISA sind die durch-weg individuellen Angebote. „Wirarbeiten mit unseren Teilnehmernnach dem ‚Empowerment-Prin-zip‘ “, erläutert GeschäftsführerLinnemann: „Das bedeutet, dasswir gemeinsam mit ihnen heraus-finden wollen: Was kannst du bei-tragen, worin bist du gut?“ JederMensch verfüge über persönlicheStärken. Menschen mit geistigenEntwicklungsstörungen seien oftsehr freundlich, zuverlässig undauf ihrem Leistungsniveau kons-tant. Im Umgang mit Autistenkomme es entscheidend darauf an,ihnen Planungssicherheit zu ge-ben.Konkret umgesetzt wird die Be-

treuung durch zwei Coaching-teams mit je drei Mitarbeitern.

Für jeden Fall arbeiten zwei vonihnen eng zusammen, einer isthauptverantwortlich. „Das persön-liche Verhältnis der Coaches zuden Teilnehmern ist sehr wichtig“,betont Linnemann: „Gemeinsamarbeiten sie die individuellen Stär-ken des Teilnehmers heraus undentwickeln Ideen, in welchem Zu-sammenhang diese zum Tragenkommen könnten. Als Arbeitsum-feld für unsere Teilnehmer sindkleine und mittelständische Be-triebe besonders gut geeignet.“

Die Arbeit der ISA ist langfristigangelegt. Im Mittel laufen Betreu-ungen über drei Jahre bis zu einerFestanstellung. Der wachsende Er-folg bestätigt das neuartige Kon-zept. Bis Ende 2017 wird die ISAeigenen Angaben zufolge 25 be-treute Personen in sozialversiche-rungspflichtige und unbefristeteArbeitsverhältnisse vermittelt ha-ben, davon allein voraussichtlichzehn Verträge in 2017.Er werde häufig aufgefordert,

Filialen der ISA in anderen Regi-onen aufzubauen, sagt Geschäfts-führer Linnemann. Dies hat erbisher konsequent abgelehnt. Erwolle die besondere Qualität derArbeit sichern, erklärt er, die las-se sich nicht einfach so kopieren.Abgesehen davon steht das Sozi-alunternehmen in den Startlö-chern mit einem Riesenprojekt inVenne.Die ISA will aus dem altehrwür-

digen Gasthaus Linnenschmidt imDorf ein Tagungshotel mit barrie-refreiem Zimmerangebot machen.In einem landwirtschaftlichen Ne-bengebäude will man die eigenenFachdienste unterbringen. Dortsollen zudem barrierefreie Wohn-plätze für ambulant betreutesWohnen entstehen. Vor allem aberwill man Arbeitsplätze schaffen –für Menschen wie Thomas Eling.

VON CHRISTOPHLÜTZENKIRCHEN

OSTERCAPPELN.DerName ist et-was sperrig: „Initiative Sinnvol-le Arbeit“ (ISA), so nennt sichein Sozialunternehmen ausOs-tercappeln, dasmit wachsen-demErfolgMenschenmit Be-hinderung in feste Arbeitsver-hältnisse vermittelt. DasKon-zept: intensive Betreuung durchJobcoaches.Möglich ist die aufGrundlage des Sozialgesetzbu-chesNeuntes Buch (SGB9) „Re-habilitation und Teilhabe behin-derterMenschen“. Die Erfah-rungen aus der Arbeit der ISAmachenMut. Es gibt Alternati-ven zuDauererwerbslosigkeitund Behindertenwerkstatt.

Zukunftsprojekt TeilhabeEin Sozialunternehmen ausOstercappeln zeigt neueWege zur Integration vonMenschenmit Behinderung

Geschafft!Mithilfeder InitiativeSinnvolleArbeit (ISA)hatThomasElingeineFestanstellung inderKüchedesRestaurantsAlfseePiazzagefunden. Fotos:SwaantjeHehmann

JobcoachTobias Jäger besucht ThomasEling täglich. „Damit könnenwirStressphasenpuf-

fernundThomasSchritt fürSchrittvon langerHandanneueAufgabenheranführen“,sagter.

„Was kannst dubeitragen, worinbist du gut?“ISA-GeschäftsführerJürgen Linnemann

INITIATIVE SINNVOLLE ARBEIT

Drei Fachdienste unter einem DachDie Initiative SinnvolleArbeit gemeinnützigeGmbH (ISA) wurde2010 als Fachdienstzur beruflichen Integ-ration mit fast aus-schließlich schwerbe-hinderten Teilnehmerngegründet. Seit 2013beschäftigt sich dasSozialunternehmenzusätzlich mit Leistun-gen zur sozialen Teil-habe in den BereichenFreizeit, Mobilität, Ver-selbstständigung und

Wohnen. Seit Anfang2017 wurde zudem einFamilienunterstützen-der Dienst aufgebaut(FUD). Hier geht es umdie Entlastung von Fa-milien mit schwerbe-hinderten Angehöri-gen. Die ISA beher-bergt somit drei Fach-dienste: die Dienstefür Teilhabe am Ar-beitsleben und am Le-ben in der Gesell-schaft sowie den Fami-lienunterstützenden

Dienst. Seit der Grün-dung hat die ISA eige-nen Angaben zufolgemit über hundert ver-schiedenen Betriebenzusammengearbeitet.Mit vielen von ihnenhabe sich eine intensi-ve und auch dauerhaf-te Zusammenarbeitergeben. Viele Arbeits-und Arbeitserpro-bungsplätze sind inhauswirtschaftlichenZusammenhängen mitGroßküchen und Wä-

schepflege angesie-delt. Weitere Bereichesind Tätigkeiten in derGeländepflege und alsHausmeisterhelfer, imEinzelhandel, in Lagerund Logistik und in derLandwirtschaft. Zu-nehmend kommenauch Bürohelfer undreguläre Verwaltungs-tätigkeiten hinzu. Mit22 Mitarbeitern beiacht Vollkontingentenbetreut die ISA derzeit60 Teilnehmer.

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27DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

LEBEN & LEIDENSCHAFT

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Die Osterwalder, kaum mehr als1000, gönnten sich seinerzeit sogarein eigenes Hallenbad. Inzwischenist das Dach eingestürzt. Zwar fließtdas Erdöl auch nach dem Ende derPreußag-Ära reichlich. Für Exxon-Mobil, den jetzigen Operator in derFeldesentwicklung, der mit Win-tershall und Engie ein Konsortiumbildet, nennen Betriebsleiter DanielFischer und Fördermeister ThomasPeter beeindruckende Zahlen (sieheInfokasten). Aber aufgrund desrückläufigen Erdölpreises und ver-änderter Hebesätze in der Gewerbe-steuer ist das Geld aus der Erdölin-dustrie für die Gemeinde knappergeworden.

Doch es haben sich andere Quel-len aufgetan: 23 Gewerbebetriebesind in den vergangenen Jahrzehn-ten in der Nachbarschaft zum Erdölentstanden. „Mitten hinein ins Erd-ölfeld“ haben die Eltern von Joa-chim Küpers, Chef von J+B Küpers,ihren Betrieb gesetzt, der 1964 inder Kreisstadt Nordhorn mit Miet-und Leihwagen begann und derdurch die Umsiedlung nach Oster-wald sich zu einem leistungsstar-ken, industrienahen Dienstleisterentwickelt hat: mit Umweltserviceund Industriereinigung (Erdöl- undBiogasanlagen), mit Erdbau, Ab-bruch, Transport- und Kranarbei-ten. Heute sind unter der Unterneh-mensleitung von Joachim Küpers230 Mitarbeiter bei J+B Küpers tä-tig. Ein gigantischer Fahrzeug- undMaschinenpark und eine hoch spe-zialisierte Mannschaft sind „regio-nal gewachsen und international imEinsatz“. Das passende Gerät istvorhanden, 200 Fahrzeuge und gro-ße Maschinen hat Küpers im Ein-satz. Die Auftragslage ist glänzendund zu mehr als 50 Prozent be-stimmt von industrienahen Dienst-leistungen – tagtäglich auf den Öl-förderplätzen in Osterwald, imEmsland und deutschlandweit.

Eine ähnlich erfolgreiche Ent-wicklung hat es bei der Strabag ge-geben, die zum weltweit operieren-den Strabag Konzernmit der Unternehmens-zentrale in Köln gehört.Vor 13 Jahren ist sie andie Stelle der Graf-schafter Rohrleitungs-bau GmbH von Her-mann Over getretenund hat auch deren Be-triebsgelände in der Ge-markung Alte Piccardieübernommen, nur weni-ge Hundert Meter vonJ+B Küpers entfernt.Zahl der Mitarbeiter desKonzerns weltweit:11 500. In Alte Piccardiesind es 210, die für Exxonmit Dienstleistungenrund um die Förderanla-gen im Einsatz sind. Min-destens 30 Mitarbeitersind in der Wartung undInstandhaltung der Tief-pumpenantriebe ständigvor Ort, ebenso für Erdar-beiten und Wegebau.Zwei Drittel der Beleg-schaft werden im Rohrlei-tungs- und Anlagenbauaußerhalb der Ölindustriebenötigt, der Rest im Stra-ßenbau oder auf anderen

Dauerbaustellen. Innerhalb desKonzerns hat die Betriebsstätte inOsterwald eine exklusive Aufgabe,wie der kaufmännische Leiter DirkJacobs feststellt. Sie ist als einzigeim Rohrleitungs- und Anlagenbautätig.

J+B Küpers und Strabag sind diebeiden größten Unternehmen inOsterwald. Nach Auskunft von DirkJacobs und dem J+B Küpers-Proku-risten Michael Adolphsen kooperie-ren sie bestens. Man versteht sichin Osterwald auch persönlich gut.Mit einem Jahresumsatz von 30Millionen beziehungsweise 24 Milli-onen Euro spielen die beiden Un-ternehmen in einer Liga, von dervor der Erdölzeit in Osterwald nie-mand auch nur eine ungefähre Vor-stellung hatte. Und die Entwicklunggeht weiter: Längst hat JoachimKüpers das Unternehmen um einenzusätzlichen Standort im Nachbar-ort Georgsdorf erweitert. Und imMoment entsteht gerade das Kon-zept eines Betriebsplatzes Emslandin Meppen für einen Industrie-waschplatz: industrielle Reinigungvon Anlagen und Gerät aus dem Be-reich der Erdöl- und Erdgasindus-trie. In den 80er-Jahren richtete dieGemeinde ein Gewerbegebiet ein,in dem inzwischen zehn Betriebeein kleines Wirtschaftszentrum bil-den: Handwerksbetriebe verschie-dener Branchen; auch ein Schuhge-schäft, das wegen seiner Spezialisie-rung auf Übergrößen Kundschaftvon weit her anzieht.

Friedrich und Gerd Schraten be-treiben dort ein Elektrofachgeschäftmit 17 Mitarbeitern. Dem Senior-Chef merkt man die Freude an sei-nem innovativen Betrieb an. Elekt-roinstallation mit intelligenter Steu-erung und individueller Software-konfiguration gehört zu seinem All-tag. Fotovoltaik-Anlagen ebenso.Exxon wurde für ihn und die ande-ren Handwerksbetriebe immerwichtiger, weil man dort vermehrt

Fremdfirmen in Anspruch nahmund nimmt. Umgekehrt lässt er sichvon der Exxon-Belegschaft gern fürVerkauf und Service von Hausgerä-ten in Anspruch nehmen.

Gleich nebenan stößt man auf ei-ne Branche, die man hier kaum ver-mutet hätte: ein Unternehmen fürWerbetechnik. „Erster Eindruck –starker Auftritt“: Harm und Tho-mas Brookmann, Geschäftsführerder GmbH, befolgen diesen Rat andie Kundschaft auch beim eigenenFirmensitz. Doch nicht nur derschöne Entwurf zählt, auch diepraktische Umsetzung, das Zim-mern, Lackieren, die Kunststoff-,Glas- und Metallverarbeitung, dieElektrotechnik. Große Freudeherrschte deshalb bei den Chefsund den 22 Mitarbeitern, als neu-lich eine Auszubildende mit ihremGesellenstück Bundessiegerin wur-de.

Was war das Erfolgsgeheimnisfür den Wirtschaftsstandort Oster-wald? Altbürgermeister JohannDiekjakobs, der die Entwicklung be-

gleitet hat, erklärt sich dasso: „Vieles ist uns in denSchoß gefallen. Aber wirhaben den Schoß auchaufgemacht.“ In der Ge-meinde habe man früh-zeitig aufgehört, nur aufLandwirtschaft zu setzen,und sich nicht gegen eineWohnbebauung gesperrt.Osterwald bringt es inder Partnerschaft mit derErdölindustrie zum ge-genwärtigen Zeitpunktauf immerhin 613 Ar-beitsplätze – bei 1100Einwohnern. Dem US-Außenminister Rex Til-lerson, bis zu seinemWechsel ins State De-partment der Big Bossvon Exxon Mobil, sindDaniel Fischer und Tho-mas Peter in Hannovermehrfach begegnet. Bisnach Osterwald hat eres zwar nicht geschafft.Aber der Standort hatmit seinen reichen Vor-kommen, die nochnicht einmal zur Hälfteausgebeutet sind imKonzern eine sichereZukunft.

Rex Tillerson schaffte es nicht bis OsterwaldFrüher galt das Dorf als reichstes im Land, heute stehen immer noch 23 Gewerbebetriebe in Partnerschaft mit dem Ölriesen Exxon Mobil

VON GERHARD HERRENBRÜCK

OSTERWALD. 20 Autominutennordwestlich von Nordhorn: fla-ches, weites Land, Gehöfte aufAbstand, Rohrleitungen kreuzund quer bis zum Horizont, ni-ckende Ölpumpen im Weide-land. Als Mitte der 1950er-Jahredas Erdöl zu sprudeln begann,galt Osterwald bald als reichstesDorf Deutschlands. Ein Hauchvon Dallas wehte durchs Land.

Ölförderung in Osterwald: Seit den 50er-Jahren weht ein Hauch von Texas durchs Land. Foto: Iris Kersten

Daten und Faktenzu Osterwald

90 000 Barrel durschnittliche

Jahresförderung (1 Barrel = 159 Liter)

Mit 80 766 t zählt Osterwald zu den zehn

produktionsstärksten Ölfeldern Deutschlands

235 Bohrungen, 70 km Rohrleitungsnetz

98 Prozent Verwässerung: ein Pumpenhub ergibt

durchschnittlich 1 Liter Öl; Rest ist Wasser

erst 50 Prozent des Vorkommens ausgebeutet

Erdölforderung westlich der Ems

entspricht 21,41 Prozent von Deutschland

1 Mrd. m3 Erdgasreserven westlich der Ems

Man verstehtsich inOsterwald auchpersönlich gut.

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DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

LEBEN & LEIDENSCHAFT

Hochprozentiges wird im Ems-land, dem Osnabrücker Land undin Westfalen schon seit Jahrhun-derten hergestellt und getrunken.Eigentlich ist diese Gegend be-kannt für Korn. Der wurde früherviel zum Bier konsumiert. Weil dasimmer weniger der Fall ist, setzenauch die hiesigen Kornbrenner zu-nehmend auf Klasse statt Masse,wie es ihnen die Gin-Produzentenvormachen. Deren Preise im End-verkauf liegen oft zwischen 30 und40 Euro pro Flasche.Auch in der Bar-Szene erreichte

das Kultgetränk in den letztenzwei Jahren seinen vorläufigenHöhepunkt. Barkeeper Max Breit-sprecher von der OsnabrückerBurger- und Hotdog-Bar „The Bull-dog“ hat schon in verschiedenenBars auf der Welt gearbeitet undweiß: „In Deutschland ist Gin sehrgefragt.“ Seine Kunden trinken amliebsten „Gin Tonic“, „Gin BasilSmash“ oder den „Negroni Cock-tail“ mit Ursprung aus Italien.„Gin ist wirklich eine vielseitige

Spirituose“, sagt Breitsprecher. Ne-ben dem klassischen „Dry Gin“gibt es Sorten wie den „Mediterra-

nean Gin“ mit Oliven oder Thymi-an oder den „Floral Gin“, der mitLavendel, Rosen oder Holundergeschmacklich verziert wird. Ginsei eine schöne Grundlage für ei-nen Drink. „Die Kunst besteht al-lerdings darin, den Geschmackvon ihm nicht untergehen zu las-sen, sondern ihn hervorzuheben.“Mit regionalen Produkten wie

„Gin 049“ aus Georgsmarienhüttearbeitet der Barkeeper gerne: „Esist immer schön, regionale Pro-dukte zu unterstützen. Die Band-breite an Gin-Sorten ist aber sogroß geworden, dass man nicht al-les bedienen kann. Es gibt einfachmomentan viel zu viel.“ Max’Lieblingsgetränk ist der aus Itali-en stammende „Negroni“ derZwanziger und Dreißiger-Jahre:„Das ist ein sehr ehrlicher Drink.Klare Linien, spezielle Ge-schmacksnuancen und dasSchmelzwasser von den Eiswür-feln verändert den Geschmack ineine süßliche Richtung.“Gin ist laut Wikipedia „eine

meist farblose Spirituose mit Wa-cholderschnaps“. Der Name Ginleitet sich ab aus der botanischenBezeichnung Juniperus für Wa-cholder, der als wichtigstes Aro-ma-Gewürz eingesetzt wird. InEngland gelangte Gin zur Be-rühmtheit. Queen Mum, Mutterder heutigen Königin Elizabeth II.,war ihren Landsleuten auch we-gen ihrer Vorliebe für Gin Tonicsympathisch. Geschadet scheintder Schnaps ihr nicht zu haben:Sie wurde 101 Jahre alt.Doch nicht immer genoss Gin in

der britischen Monarchie ein ho-hes Ansehen. Im 19. Jahrhundertwar sein Konsum dort lange ver-boten, weil die Obrigkeit sich umdie Wehrfähigkeit britischer Män-ner sorgte und Fabrikbesitzer kei-ne alkoholisierten Arbeiter woll-ten. Zuvor war Gin vor allem inder unteren Gesellschaftsschichtviel getrunken worden, sogar Kin-dern soll man ihn gegeben haben.Ein starkes Stück, denn nach heu-tigen EU-Regeln ist Gin mit min-destens 37,5 Volumenprozent einealkoholreiche Spirituose. Ins briti-sche Königreich gelangt war sie1698, als Wilhelm III. von Orani-en-Nassau 1698 den englischenThron bestieg und Genever ausseiner niederländischen Heimatmitbrachte.

In England wurde Gin vor allemin London produziert. Ab 1769stellte dort die Firma Gordon ei-nen dreifach gebrannten Gin her,der unter Seeleuten beliebt war.Später etablierte sich der BegriffLondon Dry Gin für einen

Schnaps, der vierfach in Kupfer-kesseln destilliert wurde, wodurcher runder und trockener schmeck-te als Genever. Noch heute ist Gor-don’ s auch hierzulande ein weit-verbreiteter Gin im Supermarkt-handel.Weniger bekannt, aber ge-

schichtlich bedeutend in diesemZusammenhang ist der deutscheund ehemals westpreußische Gin-hersteller Stobbe. Die heutige Mar-kenrechte-Inhaberin Uta Stobbeentstammt der Familie von PeterStobbe, der 1776 in Tiegenhof inder Weichselniederung bei Danzig(heute: Nowy Dwor Gdanski) eineSpirituosenfabrik gründete, diedort bis zum Ende des ZweitenWeltkrieges existierte. Bekanntes-tes Produkt etwa zu der Zeit, inder die Freie Stadt Danzig als eige-ner Staat existierte (1920–1939),war der Wacholderschnaps „Stob-be Machandel“, der in bauchigen„Tönnchenflaschen“ abgefüllt wur-de.Die Familie Stobbe gehört der

mennonitischen Glaubensrichtungan, die auf den friesischen Refor-mator Menno Simons (1496–1561)zurückgeht. Dessen Täufer-Bewe-gung war in ihrer Heimat Verfol-gungen ausgesetzt. Viele nieder-ländische Mennoniten siedeltensich daraufhin im zur polnischenKrone gehörenden königlichenPreußen an, wo sie die Niederun-gen des Weichseldeltas kultivier-ten.Nach dem kriegsbedingten Ver-

lust des angestammten Unterneh-mens gründete der damalige Inha-ber 1951 die Firma Heinrich Stob-be in Oldenburg neu und nahmdie Produktion von „Stobbe Ma-chandel“ wieder auf. Bis zum Ver-kauf 1969 befand sie sich in Fami-lienbesitz, danach wechselten dieMarkenrechte mehrfach. Zwi-schenzeitlich sicherten sich die Be-rentzen-Gruppe in Haselünne unddas inzwischen insolvente Osna-brücker Unternehmen Marken-Horst diese Rechte. Doch 2014kaufte Uta Stobbe sie zurück in ih-re Familie und produziert seitherGin mit dem Stobbe-Logo. Auf derHomepage ihres Unternehmensheißt es, das Produkt Stobbe 1776sei „als erster deutscher Gin unter

dem Namen Stobbe Machandel be-kannt geworden“.Die geschichtlichen Spuren des

Kultgetränks Gins führen alsonach Holland. Doch wie ist die Si-tuation heute? Nach Aussage vonRene Strothmann gibt es gegen-wärtig etwa 300 Hersteller inDeutschland. Diese Zahl sei im Zu-ge des Booms der letzten Jahre ge-waltig gestiegen – und die wenigs-ten, schätzungsweise zehn bis 15,könnten allein vom Geschäft mitGin existieren. Strothmann musses wissen, denn er gehört zusam-men mit Michael Sander seit 2014selbst zu den Produzenten aus un-serer Region. Dafür drei Beispiele:

Spirit 49: So heißt die Firmavon Strothmann und Sander mitSitz in Georgsmarienhütte. IhrProdukt nennt sich „Gin 049“ undist laut Eigenwerbung ein 49-pro-zentiger „Pure Organic Gin aus un-behandelten Wacholderbeeren, be-reichert um die würzig herbe Noteder Deutschen Hopfenblüte und

unverwechselbar veredelt mit denfloralen Essenzen des westfäli-schen Salbeis“. Strothmann räumtein, dass auch dieses Geschäft bis-her noch ein Hobby der Inhaberist, die hauptsächlich ein Unter-nehmen für Kosmetik und Ge-sundheitsprodukte betreiben. Den-noch: Ihre „Familiendestille anden Ausläufern des TeutoburgerWaldes“ (Eigenwerbung) hat schoneinige Tausend Flaschen verkauftund zählt neben Bars, Hotels undEinzelhändlern zum Beispiel dasOsnabrücker Sterne-Restaurant„La Vie“ zu ihren Kunden. Auf derFachmesse Bar Convent am 10.und 11. Oktober in Berlin hat Spi-rit 49 sein neues Produkt „049 Ei-erlikör“ vorgestellt.

Wollbrink: Ebenfalls in Berlinvertreten war der BersenbrückerSpirituosenhersteller Wollbrink,der in seiner Premium-Produktrei-he „Artlander“ seit April 2016auch Gin produziert – neben Kornund Whisky. Laut Firmenchefin

Die Spuren des Ginsführen nach HollandGenever undWacholder sind eng verwandtmit demauch aus unserer Region stammendenKultgetränk

In zwei Jahren wurdeGin das Kultgetränkder Bar-Szene.

Die Preise liegenoft zwischen 30 und40 Euro pro Flasche.

Wacholder istdas wichtigsteAroma-Gewürz für Gin.

VON NORBERT MEYERUND KATJA STEINKAMP

OSNABRÜCK.Ralf Schröder lächeltbeimThemaGin. In seinerBran-che hat derGetränkehändler ausOsnabrück schonmanchenHypeerlebt.Dieser abermacht ihmschon langeFreude. „Vor sechsJahrenhatte ich vielleicht fünf Sor-tenGin imRegal.Dann ist dieNachfrage richtig explodiert“, sagtder Fachmann.Heute bietet Schrö-der seinerKundschaft etwa 50 ver-schiedene SortenGin an, darunterauch regionale Spezialitäten.

EineWiege

deutschenGins ist

diesesehemalige

Fabrikgebäudedes

Spirituosenherstellers

Stobbe imheutepolni-

schenNowyDwor

Gdanski/Tiegenhof.

Foto:NorbertMeyer

Queen Mumhatte eineVorliebe fürGin Tonic.

Ein Zeremonienmeister in seinem Element:Max Breitsprecher ist Barkeeper der Osnabrü-

ckerBurger-undHotdog-Bar„TheBulldog“. Fotos:KatjaSteinkamp

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LEBEN & LEIDENSCHAFT

Birgit Wassmann gehört Wachol-derschnaps traditionell zum Sorti-ment des 1932 gegründeten Unter-nehmens Wollbrink, das bereitsfast 2000 Flaschen „ArtlanderGin“ verkauft hat. Besonders hatWassmann bei diesem Produkt ne-ben Fachhändlern und Gastrono-men als Kunden die Reiter im Vi-sier – auf den Etiketten ihrer Gin-flaschen ist ein galoppierendesPferd zu sehen. Auch wenn Premi-umprodukte wie Gin nicht mas-sentauglich sind, sieht Wassmanndarin „klar die Zukunft“ für ihrUnternehmen aus dem nördlichenOsnabrücker Land.

Blumenkind Spirituosen: Ausder Unternehmerfamilie Straut-mann in Bad Laer stammt Jan-Hendrik Strautmann, der zusam-men mit seinem früheren Schul-freund Alexander Kunz unter die-ser Firmierung in Bonn den „Flow-gin“ produziert – und ihn eben-falls auf der Bar Convent präsen-tierte. „Herber Wacholder trifft auf

samtig weiche Rose“, heißt es inder Werbung für das Produkt.Laut Kunz handelt es sich auch beidiesem Unternehmen bisher umein „Hobbyprojekt“, doch inzwi-schen habe nach selbstständigenEdeka-Händlern der erste Groß-kunde angebissen: „Bei GaleriaKaufhof ist unser Gin bundesweitin allen Gourmet-Märkten gelis-tet“, berichtet der Mitinhaber undkündigt einen Umzug vom Rheinnach Bad Laer, ein neues Fla-schendesign und eine Umfirmie-rung noch bis zum Ende deslaufenden Jahres an. Chancenrechnet Kunz dem erst 2016 ge-gründeten Unternehmen auch aufdem chinesischen Markt aus,nachdem „Flowgin“ auf einer maß-geblichen Messe in Hongkonggleich doppelt mit dem „ChinaWine and Spirits Award“ inGold ausgezeichnet worden sei.Bisher wurde vom „Flowgin“ lautKunz eine Flaschenzahl im „mitt-leren vierstelligen Bereich“ ver-kauft.

„Der Negroniaus Italienist ein sehrehrlicher Drink.“Max Breitsprecher

Ihren 2014 erschienenen Erstlings-roman „Machandel“ unterlegt Regi-na Scheer mit diesem Märchen, in-dem sie ihre Ostberliner HauptfigurClara, Jahrgang 1960, für ihre Dok-torarbeit zu diesem Thema forschenlässt. Und zwar in den letzten Jah-ren vor dem Mauerfall.

Den Namen Machandel trägt indem Roman ein Dorf in der Meck-lenburgischen Schweiz, das umge-ben ist von Wacholdersträuchern.Hier verbinden sich die Fäden vonClaras Familiengeschichte. Nach-dem die Protagonistin 1985 diesenOrt gemeinsam mit ihrem 1946 dort

geborenen Bruder Jan als magischwiederentdeckt hat, kauft sie in Ma-chandel einen verfallenen Bauern-katen, in dem sie Ruhe haben will.Richtig gelingen wird dieser Plannicht – trotz vieler Reisen mit demTrabi dorthin.

Schon am Tag nach ihrem ge-meinsamen Besuch in Machandelverlässt ihr Bruder die DDR aus po-litischen Gründen. Für Clara ist dasein großer Verlust. Letztlich handeltRegina Scheers Roman von der Ge-schichte und vom Untergang des

ostdeutschen Staates, dessen Bürgermit ihren verschlungenen Lebens-geschichten und dessen gesell-schaftlicher Wandel sich im Mikro-kosmos des Dorfes Machandel wi-derspiegeln.Die Erzählung basiert auf fünf

Ich-Stimmen: der von Clara, vonHerbert (dem Freund ihres Bru-ders), von ihrem Vater Hans, der alsehemaliger KZ-Häftling die DDRmit aufgebaut hat und dort bis zumMinister aufgestiegen ist, von derehemaligen sowjetischen Zwangsar-beiterin Natalja, die in Machandelsesshaft wurde, und von ihrer Toch-ter Lena, die erst nach der Wendeihren verschollenen ukrainischenVater kennenlernt. Das alles ist anvielen Passagen bewegend, sodasssich nach der Lektüre vielleicht einSchnaps aus Wacholder empfiehlt.

„Machandel“Regina Scheer,Knaus Verlag,480 Seiten,22,99 Euro

Machandel – das BuchDerUntergang derDDR imSpiegel derGebrüderGrimm

VON NORBERT MEYER

OSNABRÜCK.Machandel – derNa-me klingt altertümlich. Dabei ister nur die einst im norddeutschenRaum sehr gebräuchliche Be-zeichnung fürWacholder. Das„Märchen vomMachandelboom“stammt aus der Sammlung derBrüderGrimm. Es ist eine schau-erlich-schöne Erzählung vomKindsmord durch eine böse Stief-mutter, tiefe Geschwisterliebeund der dadurch ermöglichtenWiedergeburt in anderer Gestalt.

ReginaScheer Foto:MartaMlejnek

Negroni CocktailDer Negroni ist ein klassischerweise als Ape

ritif

servierter Cocktail, dessen Ursprung im Italien

des 20. Jahrhunderts liegt.

Zutaten:• 3 cl Dry Gin• 3 cl RoterWermut• 3 cl Campari• 1 Orangenzeste• Eiswürfel• 1 angebrannter Zweig Rosmarin

Zubereitung:1. Gin, Wermut und Campari zu gleichen Teile

n

in einen Tumbler mit einigenEiswürfeln gießen,

2. mit einer Orangenzestegarnieren,

3. einen Zweig Rosmarinleicht anbrennen,dekorieren und servieren.

n

Gin Tonic (mit „Niemand Dry Gin“)Zutaten:• 4 cl Gin (Breitsprecher nimmt Dry Ginvon der Marke „Niemand“)• Tonic Water• 1 Apfel der Sorte „Granny Smith“(laut Breitsprecher das beste Aroma)• Eiswürfel

Zubereitung:1. Ein Glas mit Eiswürfeln auffüllen,2. den Gin in das Glas geben,3. das Tonic Water langsam in das Trinkgefäßfüllen, damit möglichst wenig Kohlensäureentweicht,4. abschließend den Glasrandmit einerApfelscheibe garnieren oder wahlweisedie Fruchtscheibe in das Glas geben,5. mit Lavendel dekorieren.

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30 DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

LEBEN & LEIDENSCHAFT

Wer hier eintritt, taucht ein in ei-ne Wolke weißer Textilien. Die an-gehende Braut und ihre Entouragefühlen sich wie im Auge des Wir-belsturms. Hier ist es ruhig. „EinBrautkleid zu kaufen ist etwasganz Besonderes“, sagt CathrinHesping. „Darum wollen wir, dassdie Braut hier ein schönes Erleb-nis hat.“Wie gut das der Chefin und ih-

ren mittlerweile 15 Mitarbeiterin-nen gelingt, ist in den vielen Face-book-Einträgen auf der „Braut-Schön“-Seite nachzulesen. Das BadBentheimer Fachgeschäft entwi-ckelte sich innerhalb weniger Jah-re zu einer im weiten Umfeld be-kannten Adresse. Die steht nichtnur für Hochzeitskleider samt al-len Accessoires, sondern auch für

ein erlesenes Angebot an festlicherAbendgarderobe. Das Sortimentumfasst 400 Brautkleider undüber 1000 Abendkleider für allenur denkbaren festlichen Anlässe.

Dass sie einmal ein stark wach-sendes Unternehmen führen undeigene Modenschauen auf Hoch-zeitsmessen choreografieren wür-de, war in Cathrin Hespings Le-bensplanung nicht unbedingt vor-gesehen. Die 36-Jährige wurde inNordhorn geboren, nach Schuleund Höherer Handelsschule sam-melte sie in einem Versandunter-nehmen wertvolle Erfahrungen, dieihr heute zugutekommen. Ab 2010bot Hesping auf einer Internetseitemaßgefertigte Brautkleider an undverkaufte sie in Deutschland, Ös-

terreich und der Schweiz. Eines Ta-ges aber stand die erste Kundin vorihrer Haustür. Es blieb nicht beider einen, und als im November2014 über 30 Bräute anklopften,fiel die Entscheidung für den eige-nen Laden in der Wilhelmstraße inBad Bentheim.Mittlerweile werden auch meh-

rere benachbarte Immobilien ge-nutzt. Aus einem Umkreis von cir-ca 250 Kilometern finden die Kun-den den Weg zu „BrautSchön“.Vereinzelte Kleider wurden auchnach Amerika, in die Schweiz oderdie Niederlande verkauft. Aus denNiederlanden bezieht Hesping dengrößten Teil der Ware. EinzelneDesigner-Kleider werden unter an-derem in Paris geordert.

Mit dem Kauf des Kleides ist esin der Regel nicht getan. LetzteFeinkorrekturen sind Sache vonSchneiderinnen und Schneidern.„BrautSchön“ arbeitet mit etlichenregional verteilten Firmen zusam-men. „Unsere Kundinnen freuensich über die kurzen Wege“, betontCathrin Hesping.Umsatzzahlen verrät die Unter-

nehmerin nicht, wohl aber, dasspro Jahr circa 500 Brautkleider zuPreisen zwischen 499 und 1700Euro verkauft werden. Die Zahlder verkauften Abendkleider über-trifft die der Hochzeitskleiderdeutlich. Während bei den Bräu-ten Weiß dominiert, aber nebenVintage-Mode auch dezente Farb-töne gewünscht werden, leuchtenAbendroben und Zeremonieklei-dung oft in kräftigen Farben.

Auch dem Bräutigam bietet„BrautSchön“ eine hochwertigeAusstattung von Kopf bis Fuß an.Und die Kinder? Cathrin Hespinglächelt: „Unsere Kollektion reichtvom Taufkleidchen bis zum Kom-munionkleid. Wir statten auchdie Blumenkinder aus, die immerdie kleinen Stars im Brautgefolgesind.“ Fehlen nur noch die Ehe-ringe. Die gibt es gleich nebenanbei Cathrin Hespings SchwesterRebekka Pielsticker. Zusammenmit ihrem Mann Sven betreibt siedort das Trauringstudio „Gold-stück“.

Unternehmerin will Bräute glücklich machenCathrinHesping verkauft in ihremFachgeschäft „BrautSchön“ in BadBentheimBrautkleider und ganz viel gute Atmosphäre

VON ANDREAS KRZOK

BAD BENTHEIM.Es soll ein einzig-artiger, ein unvergesslicher Tagwerden – der schönste imLe-ben: derHochzeitstag. ImMit-telpunkt die Braut in ihremhin-reißendenKleid. So ein Traum-gebilde aus Tüll, Satin, Organzafällt allerdings nicht vomHim-mel. Deshalb ist die unbestrittenwichtigste Station imVorberei-tungsmarathon ein Fachge-schäft wie CathrinHespings„BrautSchön“ in der Bad Bent-heimerWilhelmstraße.

Etwa500Träume inWeißverkauftCathrinHesping jedesJahr in ihremLaden„BrautSchön“ in

BadBentheim. Fotos:KaiSteinkühler

Bei BrautSchön setzt man auf kompetente Beratung: Auswahl und Anproben dauern oft

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31DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

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Laut schlürfend steht Franz Thielein der Herzkammer seines Unter-nehmens, der Probierküche. Ertestet eine Tasse Assam nach deranderen. In Windeseile. Fastgleichzeitig hebt er die Döschenmit dem losen Tee an, um zu se-hen, welche Sorte er gerade prüft.Er spuckt die Flüssigkeit in eineSchale wie bei einer Weinprobe. Inder Hauptsaison findet er auf die-se Weise heraus, welche Tees erbestellen will. Dann prüft er über500 Tassen am Tag. Heute geht esum die Frage, welche Sorten erwie kombinieren kann. Jede Tasseeine Entscheidung.Hunderte Entscheidungen an

einem Tag. Ja, er habe sich schonmal geirrt und eine Sorte bestellt,auf die er besser verzichtet hätte.„Die Kunst besteht darin, aus derVielfalt die Originale auszusu-chen.“ Franz Thiele hat lange trai-niert, wie er seine Tees kompo-niert. Dazu gehöre viel Liebe, sagtder Unternehmer.Seinen ersten Tee verkostete der

heute 60-Jährige schon 1978 – al-lerdings nicht im Unternehmendes Vaters, sondern in der Ham-burger Speicherstadt. Eine klugeEntscheidung sei dieser Start inder Fremde gewesen – vielleichtdie beste seines Lebens.Als einziger Sohn hätte er es

sich auch einfacher machen kön-nen. Der Einstieg ins Familienun-ternehmen sei eine „veritableMöglichkeit“ gewesen. Zunächstwollte der junge Mann aber prü-fen, ob ihm der Tee überhauptSpaß macht. „Ich bin damit aufge-wachsen“, sagt Thiele. „Aber umeine Berufsentscheidung zu tref-fen, musste ich herausfinden, obich das Gestaltungspotenzial ha-be.“Nach der Ausbildung verbrachte

er zwei Jahre als Trainee im „Tee“in der Speicherstadt. Er lernte deninternationalen Handel kennen,

mischte und verarbeitete Tee. Au-ßerdem lernte er, das bei der Ver-kostung Geschmeckte in Worteund Bewertungen umzusetzen –und damit in letzter Konsequenzauch in Entscheidungen. Mit Ge-nuss erklärt er, welche geschmack-liche und welche gedankliche Leis-tung es ist, die Qualität eines Teeszu beschreiben, um zur perfektenKomposition zu gelangen. „Dassinnliche Erleben muss ich mitder Ratio in Deckung bringen“,sagt er.

Seine verschiedenen Teeprobennennt er „Musiker“. Die muss erzu einem wohlklingenden Orches-ter vereinen. In der Hauptsaisonvon Mitte Mai bis Ende Juni be-werben sich täglich 500 bis 600Kandidaten bei ihm. Aus ihnensucht Franz Thiele die Superstarsheraus, die ersten Geigen, die zartspielenden Flöten. Das gescheheblind, um dem Selbstbetrug vorzu-beugen, also sich nicht von einemVorurteil leiten zu lassen – etwa,weil er schon gute oder schlechteErfahrungen mit einer Sorte hat.Eine physisch und psychisch an-strengende Aufgabe. Vor allemwenn es im ostfriesischen Sommermal heiß ist.Das Besondere dabei: Thiele

kann keine Mischung, die er aufdiese Weise komponiert hat, übereinen langen Zeitraum verkaufen.Denn jede Teeernte ist endlich.Wenn eine Sorte aufgebraucht ist,muss ein neuer Musiker das An-schlussengagement im Orchesterübernehmen. Ab und zu gibt esauch einen, „der viel besser vorge-sungen hat“ und sich bei der zwei-ten Probe als durchschnittlich ent-puppt.Das Unternehmen, das als

Marktführer für Ostfriesentee gilt,arbeitet seit Jahrzehnten mit den-selben Lieferanten zusammen.„Das ist sehr persönlich und ent-

scheidend für die Qualität und Zu-verlässigkeit“, sagt der Geschäfts-führer. „Es gilt der Handschlag.“Eine große Entscheidung sei esdamals vor rund 20 Jahren gewe-sen, direkt bei den Teeproduzen-ten zu kaufen und nicht längerden Weg über die Importeure zunehmen. Der direkte Handel seifür Thiele & Freese die schlankereund flexiblere Lösung gewesen.Von der Probierküche in einem

unscheinbaren Backsteinbau inder Innenstadt schauen wir direktaufs Wasser, in den beschaulichen,noch leicht verschlafenen EmderMorgen. Für einen traditions-bewussten Teeproduzentenist das ein Standort wieaus einem Bilderbuch:ruhig, familiär, nah amMeer. „Meine zweite gu-te Entscheidung war,nach Emden zu gehen“,sagt Franz Thiele.„Hier geht es nicht umein Start-up, sondernum ein Kulturgut.“

Später im Bespre-chungsraum des Un-ternehmens schenktThiele seinen GästenTee ein. Wir nehmenKandis, aber auf dasWulkje, das typisch ostfrie-sische Sahnewölkchen, verzich-ten wir. Spätestens jetzt sind wir

enttarnt als echte Teeanfänger. Alswir dann auch noch umrühren, istklar, dass wir nicht von hier kom-men. „Tee ist Teil der ostfriesi-schen DNA“, sagt Thiele. Sein Va-ter prägte den Slogan „Ostfriesentrinken Thiele Tee“. Als FranzThiele 1983 ins Unternehmen ein-stieg, ging es vor allem darum,sich auf diese Tradition zu besin-nen.Nach dem Motto „Lieber ein

großer Fisch im Teich als ein He-ring in der Nordsee“ beschränktsich Thiele auf echten Ostfriesen-tee und bietet nur wenige Zusatz-produkte an, Kekse und Bonbonsetwa, Rooibusch oder Früchtetee.„Man muss wachsam und ausba-lancierend sein, um sich am Marktbehaupten zu können“, sagt FranzThiele.Er fokussiert sich deshalb auf

den regionalen Markt, wobei erdas Geschäft mit der Zeit von Em-den über Oldenburg und Bremenauf ganz Niedersachsen ausge-dehnt hat. Die größten Konkur-renten in der Heimat sind dieBünting-Gruppe aus Leer und On-no Behrends aus Norden. Dermeistgetrunkene Thiele Tee ist der„Broken Silber“, bekannt durchseine silberne Verpackung.„Echter Ostfriesentee ist eine

der letzten guten Geschichten“,

sagt der 60-Jährige. Bei vielenTees bestimmen heute große An-bieter den Markt. Die Beschrän-kung auf das eine Produkt sichertThiele mit seinen heute geradeeinmal 25 Mitarbeitern die Zu-kunft. „Tradition ist Pflicht, weni-ger Kür“, beschreibt Thiele es. Ei-ne „extrem gute Entscheidung“ istlaut Thiele auch die Werbekampa-gne mit Bildern von Tee trinken-den Menschen. Seit fast 30 Jahrenwirbt Thiele damit.Die Deutschen trinken im Jahr

28 Liter Tee, die Ostfriesen 300 –fast elfmal mehr als der Durch-schnittsbürger. Dieses Kulturgutzu erhalten betrachtet Franz Thie-le als ehrenvolle Aufgabe, die abernur mit einer guten Mannschafts-aufstellung zu leisten sei: „AuchJogi ist nur so gut wie sein Team.“Thiele schätzt bei allen Heraus-

forderungen die unternehmeri-sche Freiheit und Selbstbestimmt-heit, deren Voraussetzung Unab-hängigkeit sei. Während Großkon-zerne häufig die Zahlen zur erstenMesslatte für geschäftliche Ent-scheidungen machen müssten, ha-be er die Freiheit, in tolle Produk-te zu investieren und für Qualitätauch mal höhere Preise zu zahlen.Würde die Firma aus der Nischeherauswachsen, könne diese Aus-gangslage verloren gehen. „Limi-tiert ist das Unternehmen einfachstärker“, glaubt Franz Thiele. DieWerte von Freiheit und Selbstbe-stimmtheit gab ihm sein Vater mitauf den Weg. Genauso wie dieFreude, „ein Nationalgetränk mit-zutragen“.

Diese unbändige Freude am Teeist bis heute zu spüren – egal, obman Franz Thiele bei der Teever-kostung zuschaut oder ein Täss-

chen mit ihm trinkt. Tee istfür ihn Sinnlichkeit, Run-terkommen, Verbindlich-keit. „Chillen“ sei viel-leicht das falsche Wort.„Aber der Menschbraucht etwas Atmo-sphärisches.“ Irgend-wann komme im Le-ben das „Ende desHipseins“, und daerinnere man sichvielleicht an einschönes Getränk. Aufdie Bindung der Ost-friesen zu ihrem Natio-nalgetränk setzt Thiele,egal ob sie in der Hei-

mat leben oder woan-ders. Den Wert dieses Kul-turguts sichtbar zu halten– das sei die Herausforde-rung für die Zukunft.

Beim Meister der Emder TeezeremonieFranz Thiele ist Geschäftsführer, Teeverkoster und Teekomponist des ostfriesischen Traditionsunternehmens Thiele Tee

VON INGA WOLTER

EMDEN. Seit mehr als 140 Jahrentrinken Ostfriesen Thiele Tee.Das Familienunternehmen ver-dankt seine starke Stellung inder Region der klugen Konzent-ration auf das Kerngeschäft undder Firmentradition. Unser Be-such bei Geschäftsführer FranzThiele beginnt mit einer Einfüh-rung in die Kunst der Teekom-position. Und er endet mit ei-nem gemeinsamen Tässchen,bei dem wir gegen sämtliche Re-geln der ostfriesischen Tee-etikette verstoßen.

Für die firmeneigenen Ostfriesenmischungen prüft Franz

Thiele jedes Jahr zwischen 500 und 600 Sorten Tee.

Fotos: Johannes Bichmann/SOUL-PHOTO

„Tee istSinnlichkeit,Runterkommen,Verbindlichkeit.“Franz Thiele

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32 DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017

LEBEN & LEIDENSCHAFT

TERMINEDER WIRTSCHAFT

06.11.2017 | 14.00 UHR

06.11.2017 | 17.00 UHR

07.11.2017 | 15.00 UHR

03.11.2017 | 14.00 UHR

09.11.2017 | 14.30 UHR

08.11.2017 | 09.00 UHR

09.11.2017 | 17.00 UHR

07.11.2017 | 09.00 UHR

08.11.2017 | 13.00 UHR

02.11.2017 | 18.30 UHR

Gründerhaus Osnabrück:IHK Seniorenexperten beraten

MEMA-Netzwerk und andere:Zuliefermesse Maschinenbau

GTZ Nordhorn:Rechtsanwaltssprechtag

Was werden wir in Zukunftessen? (Vortrag: Stefan Töpfl)

Gründerhaus Osnabrück:Steuern – Experten-Vortrag

Innovate 2017 –Convention und Award

Interkulturelle Sensibilisierung:Ticken wir unterschiedlich?

MEMA-Netzwerk: Die Fach-kräfte von morgen entwickeln!

AOK und Ems-Achse: Betrieb-liches Gesundheitsmanagement

18. Grafschafter Messe„Lebens(t)räume 2017“

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KULTURBUNKER STADT EMDEN,EMS-ACHSE/JOBMOTOR NORDWEST

IHK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAF-SCHAFT BENTHEIM, OSNABRÜCK

21.11.2017 | 09.00 UHR

23.11.2017 | 12.30 UHR

07.12.2017 | 14.00 UHR

14.11.2017 | 17.00 UHR

13.11.2017 | 17.00 UHR

22.11.2017 | 09.30 UHR

10.11.2017 | 13.00 UHR

16.11.2017 | 15.00 UHR

21.11.2017 | 17.30 UHR

23.11.2017 | 18.30 UHR

11.11.2017 | 10.00 UHR

Ems-Achse: Runder Tisch„Die Mischung macht’ s“

GTZ Nordhorn: Grundlagender Selbstständigkeit

13. Jobmesse Bielefeld(auch am 12.11.2017)

Wachstumsregion Ems-Achse:Wirtschaftstag Nordwest 2017

WIGOS: Innovations-Impulsgespräche

FirmenkontaktmesseOsnabrück: Chance 2017

Emsland GmbH:Workshop Pressearbeit

WIGOS-Sprechtag:Fördermittel und Finanzierung

it.emsland/MEMA-Netzwerk:Smart Services sicher im Einsatz

Gründerhaus Osnabrück:Rechtsform (Vortrag)

Kompakt-Seminar:„Marketing mit Storytelling“

LANDKREIS EMSLAND,KREISHAUS II, MEPPEN

ICO INNOVATIONS CENTRUMOSNABRÜCK

LOGABIRUMER STRASSE 10,LEER

IT-ZENTRUM LINGEN,KAISERSTRASSE

KREISHAUS OSNABRÜCK,SCHÖLERBERG

FORUM ALTE WERFT,PAPENBURG

WIGOS MBH,VOR ORT IM LANDKREIS

GRAFSCHAFTER TECHNOLOGIE-ZENTRUM, NORDHORN

HOCHSCHULE OSNABRÜCK,AULA UND FOYER

KREISHAUS OSNABRÜCK,SCHÖLERBERG

STADTHALLE BIELEFELD,WILLY-BRANDT-PLATZ

DDIIE E GGEESSIICCHHTTEERRDDEER R WWIIRRTTSSCCHHAAFFTT

Über Verantwortung sprach Trigema-Chef Wolfgang Grupp

im NOZ-Medienzentrum. Foto: BVMW/H. Pentermann

Der Osnabrücker Landrat Michael Lübbersmann informierte

sich im CC ISOBUS über aktuelle Landtechnik. Foto: WIGOS

Hartung bei Harting: Zusammen mit Christian Neureuther und Ehefrau Rosi (Mitte) gab Robert Hartung (links)

Mitarbeitern des Espelkamper Unternehmens Tipps und Anregungen zum Fitbleiben. Foto: Harting

Mehr als 15 000 Kilometer legten die knapp 70 Teilnehmer der Fahrrad-Aktion „Met de Fiets to Utz“ zurück.

Zehn Gewinner erhielten vom Schüttorfer Unternehmen ihre Preise. Foto: Georg Utz GmbH

Im Badepark Bad Bentheim wurde ein Anbau für Massagen

und Wellnessangebote feierlich eröffnet. Foto: GN

Trotz Regenwetters und Wind hatten die Weller-Mitarbeiter viel Spaß bei der Drachenbootregatta auf dem Templiner See, zu der sie vom Chef eingeladen worden waren. Kein Wunder –

waren sie zuvor doch von Burkhard Weller (links) als die besten Mitarbeiter aus Verkauf und After-Sales ausgezeichnet worden. Fotos: Weller Group

Zum zehnten Jubiläum des Gründerhauses Osnabrück wur-

de der Internet-Auftritt relauncht. Foto: WIGOS/E. Wiebrock

Boris Pistorius (SPD) im Gasthaus

Schnieders in Georgsdorf beim

Pfannkuchenbacken. Foto: GN

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