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Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Innere Schulentwicklung in Bayern Aus der Praxis – für die Praxis

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Bayerisches Staatsministerium fürUnterricht und Kultus

Innere Schulentwicklung

in BayernAus der Praxis – für die Praxis

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Bayerisches Staatsministerium fürUnterricht und Kultus

Innere Schulentwicklung

in BayernAus der Praxis – für die PraxisDie Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht

und Kultus am Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) vom

Arbeitskreis »Schulinnovation« erstellt.

Leitung und Redaktion: Ralf Kaulfuß, ISB München

Mitglieder:

Eva M. Borns (Wilhelm-Sattler-Realschule Schweinfurt)

Dr. Wolfgang Eckart (Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg)

Christian Fritsche (Leopold-Ullstein-Realschule Fürth)

Dr. Bernhard Gruber (Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen)

Dr. Gerald Klenk (Johannes-Heim-Schule (GTH) Schwabach)

Theodor Laugsch (Staatl. Berufsschule III BBZ Schweinfurt)

Dieter Linck (Hans-Sachs-Gymnasium Nürnberg)

Dipl.-Psych. Heinz Schlegel (Staatl. Schulberatungsstelle für Obb./West, München)

Reane Strübing (Städt. Peter-Vischer-Schule Nürnberg)

Dr. Ernst Wagner (Staatsministerium für Unterricht und Kultus, München)

Ernst Weidl (Simon-Marius-Gymnasium Gunzenhausen)

Franz Ziegler (Kaufm. Berufsbildungszentrum Würzburg)

Gestaltung: Agentur2 GmbH, München

Illustrationen: Manfred Leeb, Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen

Fotos: Peter Bauernsachs (24, 27, 43, 46), Daniel Biskup (18, 20, 21, 57, 61, 63, 67, 73, 74),

Klaus Brenninger (24, 25, 32, 34, 38, 49), Anton Fuchs (8, 11, 15, 16, 29, 74, 79),

Walter Pichler/»forum schule heute« (82), Rolf Poss (24, 53, 82), bbw – Bildungswerk

der Bayerischen Wirtschaft e. V. (83)

Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus

Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen aus dem Staatsinstitut für hilfreiche Unter-

stützung, insbesondere Wolfgang Ambros, Sigrid Binder, Annemarie Hruza-Mayer,

Dr. Franz Huber und Claudia Romer, ebenso Bettina Ruppin (Maria-Theresia-Gymna-

sium München).

Wegen der leichteren Lesbarkeit umfassen Bezeichnungen von Personengruppen

in der Regel weibliche und männliche Personen.

Die Links geben den Stand von Juli 2001 wieder.

Für den Inhalt der Links wird keine Verantwortung übernommen.

© Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, München 2001

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Innere Schulentwicklung

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Innere Schulentwicklung

INHALT

1 Was ist »innere Schulentwicklung«?

2 Standards für die innere Schulentwicklung

3 Zentrale Handlungsfelder

3.1 Vom Leitbild zum Schulprogramm

3.2 Neue Lernkultur

3.3 Schülerrolle

3.4 Teamentwicklung im Kollegium

3.5 Gesprächskultur

3.6 Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule

3.7 Mitwirkung und Mitgestaltung

3.8 Öffnung der Schule

3.9 Neue Medien

4 Evaluation und Qualitätsentwicklung

5 Unterstützung innerer Schulentwicklung

Vorwort 6

8

18

24

25

32

38

43

49

53

57

63

67

74

82

Die vorliegende Publikation will knapp und konkret über zentrale

Felder der inneren Schulentwicklung informieren und damit eine ge-

meinsame Diskussionsgrundlage schaffen. Vorhandene Aktivitäten

an den Schulen sollen gestützt, möglichst viele Impulse zur weiteren

Beschäftigung mit Schulentwicklung sollen ausgelöst werden. Deshalb

fehlen verbindliche Handlungsanweisungen oder »Rezepte« – inner-

halb des skizzierten Rahmens können Schulen unterschiedliche Wege

gehen.

Natürlich kann ein Orientierungsrahmen keine inhaltliche Voll-

ständigkeit oder gleichmäßige Berücksichtigung aller Schularten bean-

spruchen. Für eine umfassendere Beschäftigung liefern die Literatur-

hinweise und Links erste Anregungen. Schulen brauchen auf ihrem

Weg aber ebenfalls Beratung und Hilfe von außen. Hinweise auf

Unterstützungsangebote sowie Informationen über Ansprechpartner

runden somit die Schrift ab.

Das Anliegen der inneren Schulentwicklung wird nicht zuletzt durch

die Bildungskongresse in allen Regionen Bayerns in die Schulen ge-

tragen. Die Dokumentationen zum Kongress in Augsburg (im April

2000) und zu den Regionalkongressen ermöglichen vielfältige anre-

gende Einblicke in Aktivitäten von Schulen. Das Schulentwicklungs-

portal des Staatsministeriums (www.km.bayern.de/schulentwicklung)

bietet den zentralen Zugang zu allen relevanten Informationen.

ZUM ANLIEGEN

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Innere Schulentwicklung

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Innere Schulentwicklung

Unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt erleben heute einen

tiefgreifenden Wandel. Der epochale Umbruch von der Indus-

trie- zur Wissensgesellschaft stellt die Schule vor anspruchsvolle

Aufgaben: Sie muss junge Menschen auf ein Leben in einer

dynamischen und komplexen Welt so vorbereiten, dass sie kom-

petent, flexibel und verantwortungsbewusst die Zukunft gestal-

ten können. Sie muss Heranwachsenden fundiertes Wissen,

klare Wertvorstellungen, Selbstständigkeit und Selbstvertrauen,

Kommunikations- und Teamfähigkeit, Flexibilität und die Fähig-

keit zu vernetztem Denken vermitteln.

Vor diesem Hintergrund verändern sich unsere Schulen. Auf der

einen Seite unterstützen strukturelle Maßnahmen diesen Wan-

del, wie etwa die Einführung der Sechsstufigen Realschule (R 6)

oder der M- und P-Züge in der Hauptschule, die Veränderungen

in der Stundentafel – z. B. des Gymnasiums –, der Umbau von

Berufsschulen in Kompetenzzentren oder die Errichtung von

Förderzentren im Bereich der Förderschulen. Auf der anderen

Seite muss ein Wandel in den Schulen selbst einsetzen. Die sich

selbst entwickelnde Schule ist das Ziel eines solchen Prozesses.

Innere Schulentwicklung ist ein systemischer, strukturierter und

auf Dauer angelegter Prozess in den Einzelschulen. Jede Schule

muss prüfen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen; aus den

Ergebnissen zieht sie die notwendigen Konsequenzen, ent-

wickelt Perspektiven, probiert Neues aus. Kurz: Sie begreift sich

als »lernende Organisation«.

Solche Aktivitäten sind kein Selbstzweck; sie tragen vielmehr

dazu bei, die Bildungs- und Erziehungsziele effizienter zu ver-

wirklichen. Schulentwicklung hat immer Schülerinnen und

Schüler im Auge: Sie sind es, die motivierter, erfolgreicher und

nachhaltiger lernen sollen.

Ein Veränderungsprozess soll von der Eigeninitiative der Schule

getragen werden, und das im Konsens aller am Schulleben

Beteiligten. »Von oben« kann er nicht angeordnet, aber er kann

unterstützt und anerkannt werden, z. B. dadurch, dass der

Handlungsspielraum der Schulen erweitert wird. So wird eine

selbst verantwortete Profilierung möglich. Erst ein größerer

Freiraum lässt an den einzelnen Schulen die Kompetenzen

wirksam werden, die bei Lehrern, Eltern und in ihrem Umfeld

vorhanden sind: Vor Ort können die unterschiedlichen Anforde-

rungen und Problemlagen am besten bewältigt werden. Hier

wird die Verknüpfung von innerer Schulentwicklung und

Gesellschaftsentwicklung sichtbar: Eine »aktive Bürgergesell-

schaft« baut auch auf Mitbeteiligung und Mitwirkung im schuli-

schen Bereich.

So gesehen ist Schulentwicklung keine zusätzliche, sondern

eigentlich eine genuine Aufgabe und ein Kernanliegen aller

Lehrkräfte: Das Streben nach Verbesserung der Unterrichtsqua-

lität ist ein unverzichtbarer Teil ihrer Professionalität, gleichzeitig

eine wesentliche Garantie für Anerkennung und Berufszufrie-

denheit. Unterrichtsentwicklung kann allerdings nicht isoliert

erfolgen – Qualität in diesem Bereich bedarf geeigneter flankie-

render Maßnahmen in der Schulorganisation und in der Perso-

nalentwicklung (z. B. Teamarbeit).

Damit ist keine Pauschalkritik am bisher Erreichten verbunden:

Schule hat sich immer an Qualität orientiert weiterentwickelt,

viele Lehrkräfte haben sich hervorragend engagiert, Bewährtes

soll beibehalten und stabilisiert werden. Aber das Bemühen,

besser zu werden, erhält im Konzept der inneren Schulentwick-

lung eine neue Qualität.

VORWORT

Monika Hohlmeier,

Bayerische Staatsministerin für Unterricht und Kultus

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Innere Schulentwicklung Was ist das?

Der Begriff »innere Schulentwicklung« wird als Oberbegriff

verwendet, wenn es um langfristig angelegte Projekte geht, die

zu einer nachhaltigen Entwicklung der jeweiligen Schule als

Ganzes führen. Dabei wird vor allem der rapide Wandel in Wirt-

schaft und Gesellschaft als Auslöser für diese Prozesse gesehen.

Im Mittelpunkt steht die fortlaufende Steigerung der Qualität

von Schule und Unterricht: Sie ist das eigentliche Kernthema

1. Was ist »innere Schulentwicklung«?

Schule als Ganzes 1

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Innere Schulentwicklung Was ist das?

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Was ist das? Innere Schulentwicklung

von Schulentwicklung, die sich stets daran messen lassen muss,

ob sie die Schülerinnen und Schüler erreicht. Es gilt, diese opti-

mal zu fördern, Orientierungen zu schaffen und die Eigenver-

antwortung aller Beteiligten zu stärken.

Eine so verstandene Schulentwicklung kann nicht als Reform

von oben verordnet werden. Zu den Leitideen von Schulent-

wicklung zählt, dass von der einzelnen Schule her gedacht wird:

Die Schule ist der Motor (Per Dalin), sie muss deshalb gestärkt

werden. Schulentwicklung findet in der Schule statt: nur dort –

oder überhaupt nicht. Anders gesagt: Wandel kann nicht an-

geordnet, sondern nur ermöglicht werden. Dazu gehört es, dass

sich Kollegium und Leitung einer Schule unter Einbeziehung

von Eltern und Schülern über ihre pädagogischen Grundsätze

verständigen und sie zu einem Leitbild und Schulprogramm bün-

deln (vgl. Kapitel 3.1). Diese sind somit Ausdruck des gemeinsa-

men Verständnisses über Zielsetzungen, die die Schule verfolgt.

Beide dienen als Richtschnur für das alltägliche Handeln. Mit

Leben erfüllt werden ein Leitbild oder ein Schulprogramm also

nur, wenn ein Kollegium wirklich »dahinter steht«.

Ein zweiter Grundgedanke ist: Schulentwicklung ist eine gemein-

same Aufgabe aller Lehrkräfte. In ihr zeigt sich ihr verantwor-

tungsvolles und professionelles Handeln, da sie wissen, dass man

als Einzelner in einem System, wie es die Schule darstellt, nichts

wirklich verändern kann. Gemeinsames Vorgehen ist angesagt.

So gesehen gehören auch die mit Schulentwicklung verbunde-

nen Innovationsaufgaben zu den genuinen Aufgaben der Lehr-

kräfte. Allerdings müssen sie sich für die z. T. neuen Aufgaben

qualifizieren, am besten dort, wo die Probleme entstehen: am

Arbeitsplatz Schule, der – so verstanden – auch zunehmend zum

Lernort für Lehrkräfte wird. Gemeinsames Lernen im Team, ob

in der Fachschaft, im Klassenteam oder im ganzen Kollegium,

bekommt damit immer mehr Gewicht.

Lernen im Team

Fortbildungskonzept

Leitbild und

Schulprogramm

Schule im Umbruch

Globalisierung: TIMSS-SchockHigh Tech/neue Anforderungen

am Arbeitsplatz

Medien- und

Konsumgesellschaft»Wissensexplosion«

geändertes Lernverhalten

von Schüler(n)/innen

Arbeitsmarkt: Wettbewerb,

Flexibilität, Mobilität

BILDUNG UND ERZIEHUNG➔

➔➔

➔➔

Teambildung im Kollegium (am Beispiel einer größeren Schule)

Gesamtkollegium

Unter dem Gesichtspunkt von Schulentwicklung wird es des-

halb immer wichtiger, dass Lehrerfortbildung in die Schule geht,

zu den Kollegien: schulinterne Lehrerfortbildung (SCHILF). Das

heißt aber auch, dass jede Schule ein eigenes Fortbildungskonzept

sowie einen eigenen Fortbildungsetat braucht und folglich eine

eigene Nachfrage entwickelt nach passgenauen Team-Fortbil-

dungen ebenso wie nach »schulindividueller« Beratung, nach

Betreuung (Coaching), nach Prozessbegleitung.

Koordinierungs-/

Steuergruppe

(mit Schulleitung)

Klassenteams

(ca. 3 Lehrkräfte)

Fachteams

(Fachschaften)

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Innere Schulentwicklung Was ist das?

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Was ist das? Innere Schulentwicklung

Damit verändert sich auch der Unterstützungsrahmen von Schule.

Standen bisher der einzelne Lehrer bzw. die einzelne Lehrerin im

Blickpunkt der Angebote beispielsweise der Lehrerfortbildung,

so muss sich jetzt eine Angebotsstruktur entwickeln, die auf die

Schulen und ihre je unterschiedlichen Bedürfnisse zugeschnitten

ist. Da Schulentwicklung »vor Ort« stattfindet, muss diese Unter-

stützung regional angesiedelt sein und ein ganzes Bündel von

Angeboten bereit halten (vgl. auch Kapitel 5).

In einer Schule, die Qualitätsverbesserung im Auge hat, müssen

Feedback und Evaluation Bestandteil der Arbeitskultur werden

(vgl. Kapitel 4). Bei »Feedback« geht es um den Aufbau eines

Systems von Rückmeldungen, die Auskunft darüber geben, wie

gut oder schlecht das ist, was Lehrer gerade tun, oder wie es

ankommt.

Dabei ist ein pädagogischer Qualitätsbegriff zu entwickeln, der

nicht nur den »Input« (in Form von Ressourcen, Organisation

etc.) und die Lernleistungen als »Output« erfasst, sondern auch

und besonders die »dazwischenliegenden« Prozesse (z. B. wie im

Unterricht gelernt wird). Maxime sollte sein, dass die Qualitäts-

arbeit bei den Lehrkräften selbst praxisnah und in kleinen Schrit-

ten einsetzt. Selbstevaluation heißt somit nichts anderes, als

dass Lehrer ihre Einstellungen und ihre eigene Praxis beleuchten

und reflektieren, um (noch) besser zu werden. Externe Evalua-

tion liefert weitere wertvolle Hinweise aus der Sicht von außer-

halb und hilft so, »blinde Flecken« in der Wahrnehmung zu

schließen.

Aus alldem ergibt sich, dass sich auch Schulleitung und Schulauf-

sicht teilweise neu orientieren müssen. Deutlich stärker als bis-

her gehört zu den Aufgaben der Schulleitung die Förderung der

Teamarbeit im Kollegium ebenso wie die engagierte Unterstüt-

zung von innerschulischen Reformprojekten. So wird es künftig

vermutlich zu den selbstverständlichen Erwartungen gehören,

dass eine Schulleitung oder ein Schulrat neue Dinge in die Wege

leiten und dabei über das entsprechende Know-how (z. B. in

Form von Projektmanagement) verfügen. Nicht zuletzt gehört

auch die Öffnung der Schule durch die Einbeziehung von Eltern,

Stadtteil, Wirtschaftsbetrieben und Vereinen zu ihren zentralen

Aufgaben.

Schulentwicklung, die Qualitätsverbesserung im Sinn hat, muss

verschiedene Bereiche im Auge haben. Hier erfolgt eine Kon-

zentration auf die drei Felder Personalentwicklung, Unterrichtsent-

wicklung und Organisationsentwicklung (vgl. Grafik). Prinzipiell

sind alle drei Bereiche gleich wichtig, stehen sie doch in einem

UnterrichtsentwicklungUnterrichtsentwicklung zielt auf einen verbesserten, nachhaltigen

Lernerfolg, ohne die Persönlichkeitsbildung und individuelle

Förderung aus den Augen zu verlieren. Daher muss nicht nur

die Art und Weise des Lehrens und Lernens überprüft und an

den Erkenntnissen der Wissenschaft orientiert weiterentwickelt

werden – gleichermaßen stehen auch die Inhalte des Unterrichts

auf dem Prüfstand:

➔ Welches (Grund-)Wissen benötigen Jugendliche, um in einer

zunehmend komplexeren Welt bestehen und diese gestalten zu

können?

➔ Welche Handlungskompetenzen, die in wichtigen Anwen-

dungssituationen sachgerechtes Handeln ermöglichen, und wel-

che Metakompetenzen, die zur Selbstreflexion befähigen, sollen

gelernt werden?

➔ Welche Themen oder Gegenstände bieten die besten Ansatz-

punkte für Werteerziehung und personale Bildung?

Beispiel Unterrichts-evaluation:

Unterrichtsevaluation muss …

➔ einfach zu handhaben sein

und mit geringem Zeitaufwand

zu bewerkstelligen sein,

➔ den Lehrkräften dabei

helfen, die Wahl ihrer Unter-

richtsmethoden besser

begründen und vertreten zu

können,

➔ die Sichtweise von

Schülerinnen und Schülern

einbeziehen.

Ziel: Auf Grundlage von Daten

den Unterricht reflektieren und

gezielt verbessern.

systemischen Zusammenhang. Letztlich steht jedoch die Weiterent-

wicklung des Unterrichts im Mittelpunkt: Unterricht ist der zent-

rale Ort für Erziehung und Lernen – dem eigentlichen Zweck von

Schule. Was enthalten nun die drei Begriffe im Einzelnen?

Schule als lernende OrganisationDie drei Felder der Schulentwicklung

UNTERRICHTS-ENTWICKLUNG

Personal-

entwicklung

Organisations-

entwicklung

Unterstützungsrahmen

Feedback und Evaluation

Felder der inneren

Schulentwicklung

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Innere Schulentwicklung Was ist das?

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Was ist das? Innere Schulentwicklung

Der Fragenkatalog ließe sich unschwer fortsetzen. Eine grund-

sätzliche Orientierung in diesen Fragen bieten Lehrpläne, Hand-

reichungen usw. Trotzdem bleiben für das Kollegium oder für

Fachschaften vor Ort große Gestaltungsaufgaben, wenn es etwa

darum geht, geeignete Verfahren zur Vermittlung »intelligenten

Wissens« abgestimmt zu erproben, den Handlungs- und Praxis-

bezug des Lernens zu verstärken oder eigenverantwortliches,

selbstständiges Lernen durch Methodentraining und Unterrichts-

formen wie Freiarbeit, Wochenplanarbeit und Projektarbeit

zu fördern. Konsequenz ist die Entwicklung einer neuen Lern-

kultur in allen Fächern, die dem ganzheitlichen Bildungsbegriff

verpflichtet ist.

Organisationsentwicklung geht davon aus, dass auch Organisatio-

nen lernen können. Auf die Schule übertragen heißt das, dass

sich ein Kollegium zusammensetzt, um gemeinsame Ziele zu

formulieren: Wo wollen wir hin? Worauf zielt unsere Tätigkeit?

Dies kann z. B. in Form eines Leitbildes geschehen, das wie-

derum in ein Handlungsprogramm – auch Schulprogramm ge-

nannt – übertragen werden muss. Wurden die Ziele im Laufe

einer bestimmten Zeit erreicht? Hier setzt die Evaluation an, die

dies durch geeignete Methoden herauszufinden sucht. Zur Orga-

nisationsentwicklung gehört aber ebenfalls die gezielte Eltern-

arbeit einer Schule. Grundlegend ist stets die systematische Ein-

beziehung aller Beteiligten. Von großer Bedeutung ist natürlich

auch die Gestaltung der äußeren Rahmenbedingungen, etwa

der Ausstattung der Schule, des finanziellen Budgets, ebenso die

Umsetzung zentraler Richtlinien und Vorgaben.

Personalentwicklung zielt darauf, Menschen für die Arbeitsweise

in einer »lernenden Organisation« zu gewinnen und fortzu-

bilden. Eine Organisation kann nicht ohne die in ihr arbeitenden

Menschen weiterentwickelt werden, denn nur Menschen kön-

nen Organisationen verändern. Dazu müssen sie von ihrer

Haltung her bereit und motiviert sein, sich aber auch gegenüber

den neuen Aufgaben gerüstet fühlen.

Die Personalentwicklung in der Schule beginnt deshalb mit der

Weiterqualifizierung für neue Aufgaben und bezieht dabei das

Lernen in Teams mit ein. So gesehen, ist schulinterne Lehrer-

fortbildung in erster Linie Personalentwicklung. Hinzu kommen

Mitarbeitergespräche (mit Zielvereinbarungen), Hospitationen

(wechselseitige Unterrichtsbesuche) durch Kolleginnen und

Kollegen und Supervision (im Sinne einer professionellen Refle-

xion der eigenen Arbeit). Auch an der Auswahl neuer Kollegin-

nen und Kollegen wird sich die Schule zunehmend beteiligen.

Ohne eine Veränderung von Rahmenbedingungen ist Personal-

entwicklung also nicht möglich.

In der Praxis lassen sich die dargestellten Bereiche der Schulent-

wicklung nicht trennen. Eine Schulentwicklung, die im Verlauf

des Prozesses nicht auch den »normalen«, täglich Schulstunde

für Schulstunde stattfindenden Unterricht erreicht, verdient die-

sen Namen nicht. Folglich gilt: Eine Personalentwicklung, die

den Unterricht aus den Augen verliert, wird zu kurz greifen.

Gleichermaßen wird eine Modernisierung des Unterrichts bald

an ihre Grenzen stoßen, wenn sie sich allein am Geschehen im

Klassenzimmer orientiert und die anderen Bedingungsfaktoren

ausklammert. Neue Formen des Lehrens und Lernens erfordern

nun einmal über kurz oder lang flexiblere Organisationsstruktu-

ren der Schule.

Bilanziert man die Erfahrungen, die in den letzten Jahren mit

Schulentwicklung gemacht wurden, so spricht vieles dafür, dass

die den größten Erfolg versprechende »Schlüsselstrategie« in

der Unterrichtsentwicklung zu suchen ist. Hier setzt das Konzept

der Pädagogischen Schulentwicklung an: Sie stellt die Modernisie-

rung des Unterrichts mit dem Ziel einer Ausgestaltung der Lern-

kultur einer Schule an den Anfang aller Bemühungen. Dabei soll

das eigenverantwortliche Lernen und Handeln der Schülerinnen

und Schüler systematisch gefördert werden. Zur Schulentwick-

lung wird dieser Ansatz dadurch, dass er auf die Lernkultur und

das soziale Klima der ganzen Schule ausstrahlt, insbesondere

da er zu einer verstärkten Einbeziehung der Schüler, zu einer

besseren Kommunikation und Zusammenarbeit im Kollegium

und schließlich auch zur aktiven Eltern- und Öffentlichkeitsar-

beit beizutragen vermag. So kann letztlich aus dem Ansatz

»Entwicklung einer neuen Lernkultur« ein ganzes Schulpro-

gramm werden.

Organisations-

entwicklung

Personal-

entwicklung

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Pädagogische

Schulentwicklung

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Innere Schulentwicklung Was ist das?

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Was ist das? Innere Schulentwicklung

Altrichter, H./Schley, W./Schratz, M. (Hrsg.): Handbuch zur Schulentwicklung.

Innsbruck, Wien 1998

Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.):

Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum Bildungskongress.

München 1998

Eckart, W. (Hrsg.): Pädagogische Schulentwicklung. Konzept und Praxis.

Nürnberg 22001

Eckart, W.: Innere Schulentwicklung konkret – Welchen Beitrag kann die Lehrer-

fortbildung für eine neue Lernkultur an unseren Schulen leisten?

In: Schulverwaltung Bayern 11/2000

Eikenbusch, G.: Praxishandbuch Schulentwicklung. Berlin 1998

Fullan, M.: Die Schule als lernendes Unternehmen. Stuttgart 1999

Keller, G.: Wir entwickeln unsere Schule weiter. Donauwörth 1997

Klippert, H.: Pädagogische Schulentwicklung. Weinheim und Basel 2000

Miller, R. (Hrsg.): Schule selbst gestalten. Weinheim und Basel 1996

Rolff, H.-G. u. a.: Manual Schulentwicklung. Weinheim und Basel 21999

Schratz, M./Steiner-Löffler, U.: Die lernende Schule.

Praxisleitfaden zur inneren Schulentwicklung. Weinheim und Basel 1998

Schule gestalten – Wege pädagogischer Schulentwicklung, hrsg. vom Staatsinstitut

für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB). Donauwörth 1999

»Schule gestalten«. Ergebnisse der empirischen Erhebungen zum Schulversuch.

Ein Beitrag zur Analyse innerer Schulentwicklung, hrsg. vom Staatsinstitut für

Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB). Donauwörth 2001

»Schulentwicklung 2000«. Dokumentation zum Bildungskongress in Augsburg.

CD-ROM (Bezug: ISB)

Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.): Interne Schulent-

wicklung durch externe Beratung (ISEB). Tagungsbericht zum Projekt. München 2001

Wie gut ist unser Gymnasium? Bestandsaufnahme. Impulse zur Weiterentwicklung.

(ISB, in Bearbeitung)

www.km.bayern.de/schulentwicklung (Schulentwicklungsportal des Bayerischen

Staatsministeriums für Unterricht und Kultus)

www.isb.bayern.de (Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung

München)

www.bildungspakt-bayern.de (Stiftung Bildungspakt Bayern u. a.)

www.qis.at (Qualität in Schulen, Österreichisches Bundesministerium für Bildung)

www.alp.dillingen.de (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen)

www.schulberatung.bayern.de (Staatliche Schulberatung Bayern)

www.sinn.uni-erlangen.de (Schulisches Innovations-Netz Nürnberg)

www.ifs.uni-dortmund.de (Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität

Dortmund)

www.kubiss.de/pi (Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg)

www.pi.musin.de (Pädagogisches Institut der Landeshauptstadt München)

www.iplbayern.de (Homepage der Initiative Praktisches Lernen e. V.)

www.inis.stiftung.bertelsmann.de (Internationales Netzwerk innovativer Schulen

der Bertelsmann Stiftung (INIS))

Aber auch andere Vorgehensweisen können durchaus erfolg-

reich sein. Derzeit wird in einem Schulversuch an bayerischen

Gymnasien überprüft, inwieweit Erfahrungen mit der Organisa-

tionsentwicklung in der Wirtschaft für den schulischen Bereich

adaptiert werden können. Grundlage ist das Modell der »Euro-

pean Foundation for Quality Management« (EFQM). Dieses un-

terstützt eine kontinuierliche, umfassende und systematische bzw.

»systemische« Qualitätsentwicklung. Gerade auch bei Veränderun-

gen im komplexen System Schule sollten isolierte oder sprung-

hafte Einzelmaßnahmen unterbleiben; der Blick aufs Ganze darf

nicht verloren gehen.

Die Maßnahmen der Qualitätsentwicklung nach dem EFQM-

Modell orientieren sich an 9 Bereichen (vgl. Grafik), die schul-

artspezifisch aufbereitet werden müssen. Am Anfang steht eine

Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen der Schule.

Anschließend erfolgt eine Festlegung, in welcher Reihenfolge

die Maßnahmen angepackt werden sollen. Dabei werden

Kriterien definiert, mit denen man den Erfolg des Vorgehens

überprüfen kann.

Grundsätzlich gilt: Eine Schule sollte mit dem Entwicklungspro-

zess dort anfangen, wo die Mehrheit des Kollegiums »der Schuh

drückt«, wo ein zügiges Anpacken möglich ist und wo nicht alle

schwierigen Probleme auf einmal behandelt werden müssen.

Bei allen Prozessen darf die Weiterentwicklung der Unterrichts-

qualität als eigentlicher Zweck nicht aus den Augen verloren

werden.

Systemische

Qualitätsentwicklung

Fazit

BEFÄHIGER

INNOVATION UND LERNEN

ERGEBNISSE

Führung Prozesse

Wichtige

Ergebnisse der

Organisation

Mitarbeiter

Politik

und Strategie

Partnerschaften

und Ressourcen

Mitarbeiter-

bezogene

Ergebnisse

Kundenbezogene

Ergebnisse

Gesellschafts-

bezogene

Ergebnisse

➔➔

EFQM-Modell – Bereiche der Qualitätsentwicklung

Literaturhinweise

Links

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Innere Schulentwicklung Standards

»Maß« und »Norm«

2. Standards für die innere SchulentwicklungDer Begriff Standard ist mehrdeutig: Zum einen vermittelt er

Assoziationen wie »Maß« und »Norm«, zum anderen bezeich-

net er z. B. im Jazz das Repertoire einer Gruppe, vor allem das

Repertoire der wichtigsten, zentralen Stücke, die für das Selbst-

verständnis der Gruppe von größter musikalischer Bedeutung

sind. Diese werden bei Auftritten aber nicht einfach vom Blatt

gespielt, sondern immer wieder neu interpretiert und durch

Improvisationen variiert. Das im Folgenden zugrunde liegende

Verständnis schließt genau da an: Die Schulentwicklungsstan-

dards bezeichnen die Grundthemen, Grundmodule oder Grund-

prinzipien, die bei jeder »Aufführung« neu kombiniert, interpre-

tiert, angepasst und variiert werden müssen. Insofern handelt

es sich dabei vorwiegend um Kriterien für Verfahren, an denen

sich Schulentwicklungsaktivitäten einer konkreten Schule orien-

tieren können. Diese Kriterien erlauben eine Bewertung, ohne

eine starre Norm zu definieren.

2

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Innere Schulentwicklung Standards

20

Standards Innere Schulentwicklung

Auslöser von Schulentwicklung sind häufig kleine Gruppen,

die wertvolle Pionierarbeit leisten und wichtige Träger des Pro-

zesses sind. Grundsätzlich jedoch gilt, dass ein Schulentwick-

lungsprojekt mehrheitlich von der gesamten Schule definiert

und getragen wird. Auf diese Weise entwickelt die Schule eine

eigene Schulidentität, die gezielt »nach innen« und »nach

außen« kommuniziert werden kann. Schulleitung, Lehrer-

kollegium, Eltern und Schüler müssen dabei gleichermaßen mit-

wirken, um das gemeinsame Verantwortungsbewusstsein für

die ganze Schule zu aktivieren. Einrichtungen wie das Schul-

forum werden als wichtige Beratungsgremien respektiert und

bei Entscheidungen ernsthaft beteiligt. Weitere Partner der

Schule (Kommune, Vereine, Kirchen ...) sollten ebenfalls ein-

bezogen werden.

Eine langfristig angelegte und nachhaltige Schulentwicklung

misst der kontinuierlichen Arbeit an der laufenden Verbesserung

der Unterrichtsqualität einen hohen Stellenwert bei. Hierzu

gehört etwa die Reflexion über die optimale Umsetzung von

Lehrplänen und Vorgaben oder die geeigneten Unterrichtsver-

fahren, die den Aufbau einer »intelligenten« Wissensbasis för-

dern und eine nachhaltige Lernmotivation stützen. Schüler-

aktivierende Verfahren und Unterrichtsformen wie Teamarbeit,

Freiarbeit, Stationenlernen und Projektarbeit werden erprobt

und eingeführt. Auch die digitalen Medien werden verstärkt

und kreativ genutzt. Doch ein guter Unterricht braucht passen-

de Rahmenbedingungen, die durch Maßnahmen im Bereich

der Organisations- und Personalentwicklung (vgl. Kapitel 1)

geschaffen werden. Schule versteht sich deshalb als eine syste-

misch funktionierende, lernende Organisation, die laufend an

der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Ergebnisse

arbeitet.

Eine Schule, die in den Prozess der inneren Schulentwicklung

einsteigt, braucht ein gemeinsam erstelltes, den Bedürfnissen

der Beteiligten entsprechendes Entwicklungsziel, das definierten

Qualitätsstandards genügt und zur Entwicklung von mehr

Professionalität anregt. Dies erfordert am Anfang des Prozesses

die Einigung aller Beteiligten auf einen Arbeitsplan oder ein

Schulprogramm oder eine Formulierung, die den Konsens der

gemeinsamen Ziele beschreibt. Dieser Vorgang darf jedoch nicht

zu viel Zeit und Energie kosten. Wichtig ist, relativ rasch zu

konkreten Maßnahmen und damit auch zu ersten Erfolgen zu

gelangen.

Von zentraler Bedeutung ist der Weg, wie ein Schulprogramm

oder ein Maßnahmenkatalog entsteht: Zum Gelingen trägt

entscheidend bei, wenn alle Beteiligten in angemessener Weise

in diese Prozesse einbezogen werden, wenn die Entscheidungs-

findung transparent ist und wenn sich die große Mehrheit mit

den getroffenen Zielvereinbarungen identifizieren kann. Eine

maßgebliche Rolle hat hierbei die Schulleitung, etwa um einen

verlässlichen Informationsfluss sowie Transparenz bei Entschei-

dungen herzustellen. Die neuen Medien können zur Optimie-

rung der internen Kommunikation und der schulischen Abläufe

genutzt werden.

Voraussetzung für eine effektive Gestaltung der inneren Abläufe

ist eine gut funktionierende interne Kommunikationsstruktur

und eine bewusste »Öffentlichkeitsarbeit« gegenüber den

»Betroffenen«, z. B. der Kommune, dem Sachaufwandsträger,

der Schulaufsicht.

Ein längerfristig angelegter, systematischer Weiterentwicklungs-

prozess bedarf der Steuerung. Das Projektmanagement muss

effizient und transparent sein. Dazu werden in der Regel schrift-

lich festgelegte Arbeitspläne benötigt, die die Ziele beschreiben,

die »Meilensteine« (angestrebte Ergebnisse und Termine)

definieren, den Umgang mit Ressourcen planen, die Ergebnisse

sichern und Folgeaktivitäten darstellen. Besonders in größeren

Schulentwicklung

betrifft die gesamte

Schule

Schulentwicklung

verbindet Unterrichts-

entwicklung mit

Organisations- und

Personalentwicklung

Schulentwicklung

braucht klare Verein-

barungen und

Zielformulierungen

Schulentwicklung legt

Wert auf Transparenz

und Kommunikation

Schulentwicklung

erfordert

Projektmanagement

Die Schulentwicklungsstandards

➔ Schulentwicklung

betrifft die

gesamte Schule

➔ Schulentwicklung

verbindet Unterrichts-

entwicklung mit

Organisations- und

Personalentwicklung

➔ Schulentwicklung

braucht klare Verein-

barungen und

Zielformulierungen

➔ Schulentwicklung

legt Wert auf

Transparenz und

Kommunikation

➔ Schulentwicklung

ist dem ganzheitlichen

Bildungsauftrag

verpflichtet

➔ Schulentwicklung

erfordert Projekt-

management

➔ Schulentwicklung

gelingt nur in »stimmi-

ger« Atmosphäre

➔ Schulentwicklung

muss gelernt werden

➔ Schulentwicklung

sichert und überprüft

ihre Ergebnisse

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23

Innere Schulentwicklung Standards

22

Standards Innere Schulentwicklung

Kollegien und in komplexen Situationen empfiehlt sich die

Einrichtung einer Steuergruppe.

Innere Schulentwicklung kann nur in einer positiven, motivie-

renden und produktiven Atmosphäre gedeihen. Dazu gehört,

dass die Beteiligten sich darum bemühen, partnerschaftlich und

fair miteinander umzugehen, dass die Beziehungen von gegen-

seitiger Wertschätzung geprägt sind und dass Formen konstrukti-

ver Konfliktlösung praktiziert werden. Ablesbar wird der kon-

struktive Umgang miteinander z. B. auch an der Gestaltung der

Konferenzen oder in der Akzeptanz von Teamarbeit.

Schulentwicklung ist eine komplexe Aufgabe, die ein Können

aller Beteiligten erfordert, das in der Ausbildung von Lehrern

und Schulleitern oder in Qualifizierungslehrgängen für die

Schulaufsicht bisher eine untergeordnete Rolle gespielt hat.

Daher müssen sich in der Regel Teams oder ganze Kollegien

diese Kompetenz durch Fortbildung aneignen. Das Know-how

kann aber auch zusätzlich durch die Zusammenarbeit mit

externen Partnern in die Schulen kommen.

Doch es geht nicht nur um Können. Damit nicht jede Schule

»das Rad wieder neu erfindet«, sind Kenntnisse und Informatio-

nen über den aktuellen Stand der Schulentwicklungsdiskussion

wichtig. Dies geschieht durch Sichtung der Literatur, des Inter-

net, durch Vernetzung mit anderen Schulen und Auswertung

bereits vorhandener Erfahrungen, aber auch durch Teilnahme

an einschlägigen Veranstaltungen.

Wichtig für Schulentwicklungsprozesse sind Verfahren, die eine

ehrliche Diagnose der jeweiligen Situation oder die Erfolgskon-

trolle der letzten Schritte ermöglichen, um sinnvoll die nächste

Phase planen zu können. Zur Einschätzung der Qualität der

Bildungs- und Erziehungsarbeit oder des Standorts auf dem Weg

zur lernenden Organisation sind aufwändige empirische Unter-

suchungen meist nicht nötig. Mit Feedback- und Bilanzierungs-

methoden, Befragungen und Interviews stehen weniger arbeits-

intensive, aber durchaus ertragreiche Methoden der internen

Evaluation zur Verfügung. Auch hier ist wieder die allgemeine

Akzeptanz des jeweiligen Vorgehens bei allen Beteiligten (Leh-

rern, Eltern, Schülern) von Bedeutung.

Schulentwicklung wird daran gemessen, ob bei den Schülerin-

nen und Schülern die angestrebte Qualitätsverbesserung der

Schule ankommt. Der Unterricht stellt als zentraler Ort von

Bildung und Erziehung den Kern innerer Schulentwicklung dar.

Er ist dann qualitativ hochwertig, wenn er durch die Vermitt-

lung von Sach-, Methoden- und Sozialkompetenz sowie von

klaren Wertvorstellungen die Schüler bei der Entwicklung von

Urteilsfähigkeit, Selbst- und Verantwortungsbewusstsein unter-

stützt und auf diese Weise zur möglichst umfassenden Ausbil-

dung der Persönlichkeit jedes einzelnen Schülers beiträgt. Damit

ist innere Schulentwicklung einem ganzheitlichen Bildungsver-

ständnis verpflichtet: »Die Schulen sollen nicht nur Wissen und

Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.«

(Art. 131 (1) Bayerische Verfassung)

Schulentwicklung

gelingt nur in »stimmiger«

Atmosphäre

Schulentwicklung

muss gelernt werden

Schulentwicklung

sichert und überprüft

ihre Ergebnisse

Schulentwicklung

ist dem ganzheitlichen

Bildungsauftrag

verpflichtet

Mitter, W. (Hrsg.): Schulen und Qualität. Ein internationaler OECD-Bericht.

Frankfurt am Main 1991

Fend, H.: Qualität im Bildungswesen. Weinheim/München 1998

Fullan, M.: Schule als lernendes Unternehmen. Stuttgart 1999

Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schulinternen Evaluation.

CD-ROM (Bezug: ISB)

www.bildungsserver.de (Deutscher Bildungsserver; eine Suche ist mit dem

Begriff »Schulentwicklung« möglich.)

Literaturhinweise

Arbeitshilfe

Links

muttersprachliche

und fremdsprachliche

Bildung

mathematische, naturwissen-

schaftliche, technologische

Bildung

historische

und gesellschaftswissen-

schaftliche Bildung

musische

und ästhetische

Bildung

Ganzheitliches Bildungsverständnis

INNERESCHULENTWICKLUNG

➔➔

➔➔

Page 13: Innere Schulentwicklung in  · PDF fileBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Innere Schulentwicklung in Bayern Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen

Neue Lernkultur

25

Innere Schulentwicklung Schulprogramm

Blättert man die Jahresberichte bayerischer Schulen durch, so

findet sich eine Vielzahl herausragender Aktivitäten: Theater-

oder Instrumentalgruppen feierten große Erfolge bei ihren Auf-

tritten, die verschiedenen Sportteams konnten auf Gemeinde-,

Stadt-, Kreis- oder Landesebene Siege und vordere Plätze errin-

gen, Klassenfahrten fanden statt ... Das Schiff »Schule« brauste

also mit geblähten Segeln voran. Kapitän und Offiziere (= Schul-

leitung und Lehrerkollegium) können stolz auf ihre Leistungen

sein, die Mannschaft (= Schülerinnen und Schüler) hat Grund

zur Zufriedenheit.

Ein kritischer Rückblick auf die Gesamtsituation könnte aber

unter Umständen widersprechende Befunde ergeben: Vielleicht

waren die Kommandos von der Brücke widersprüchlich, klapp-

3. ZentraleHandlungsfelder3.1 Vom Leitbild zum Schulprogramm

Kursbestimmung

3

Page 14: Innere Schulentwicklung in  · PDF fileBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Innere Schulentwicklung in Bayern Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen

27

Innere Schulentwicklung Schulprogramm

26

Schulprogramm Innere Schulentwicklung

Die genannten Begriffe tauchen häufig in Diskussionen um die

innere Schulentwicklung auf und werden bisweilen sogar syno-

nym verwendet. Folgende Beschreibungen sollen ihre Unter-

schiede verdeutlichen:

Das Schulprofil ist das, was die Mitglieder der Schule, aber auch

die Außenstehenden als das Besondere an der jeweiligen Schule

wahrnehmen. Es bildet sich durch die besonderen Bedingungen

an der einzelnen Schule (Aktivitäten, Umfeld, Personal und Aus-

stattung) im Lauf der Zeit heraus.

Vom Schulprofil unterscheidet sich das Leitbild dadurch, dass in

ihm von allen Beteiligten (Schulleitung und Lehrer, Eltern,

Schüler) eine »Vision« (etwa für die nächsten 5 Jahre) davon

entwickelt wird, was die Schule kennzeichnen und im Mittel-

punkt der Bemühungen stehen soll. Es geht also um Fragen wie:

Wohin wollen wir? Welche Werte sind uns wichtig? Wie formu-

lieren wir unser pädagogisches Selbstverständnis? Was macht

die Qualität unseres Unterricht aus? Wie wollen wir Schüler mit-

wirken und mitgestalten? Das Schulleitbild ist der verbindliche

Orientierungsrahmen für die Entwicklung der Schule.

Ist das Leitbild formuliert, geht es an die Umsetzung. Um im ein-

gangs verwendeten Bild zu bleiben: Der Zielhafen ist bekannt,

nun geht es um die Frage: Wie kommen wir dorthin und welche

Ausrüstung benötigt das Schiff? Das Schulprogramm ist also ein

gemeinsam entwickeltes Handlungskonzept einer Schule. Die

Ideen und Ideale des Leitbilds werden in konkrete Aktionen und

Handlungsschritte überführt. Wichtig ist in diesem Zusammen-

hang eine exakte Navigation, d. h. man benötigt klar definierte

und überprüfbare Teilziele, damit man jederzeit weiß, ob der

Kurs noch eingehalten wird. Diese Teilziele werden als sog.

Leitlinien formuliert. Die Schwerpunkte der schulischen Arbeit

für die nächsten ein bis zwei Jahre werden in einem konkreten

Arbeitsprogramm festgeschrieben.

Schulprogramm

Sensibilisierung und

Beschlussfassung

3.1.1 »Schulprofil« – »Leitbild« – »Schulprogramm«

ten manche Absprachen nicht, wurden wichtige Ziele aufgege-

ben oder nicht erreicht. Womöglich weiß man gar nicht, ob man

überhaupt vorangekommen ist und wo man steht.

Jede Schule steuert innerhalb der vorgegebenen Rahmenbedin-

gungen einen bestimmten Kurs. Wäre es da nicht sinnvoll, den

Kurs vorab gemeinsam festzulegen und alle darauf zu verpflich-

ten? Denn nur, wenn ein stimmiges Konzept hinter all den

Aktivitäten steht und im Handeln aller sichtbar wird, ergibt sich

ein klares Profil der Schule!

Schulprofil

Leitbild

3.1.2 Phasen der Leitbild- und Schulprogrammarbeit

Der hier vorgestellte Ablauf ist nicht der einzig mögliche. So gibt

es unterschiedlich aufwändige Möglichkeiten, den Ist-Zustand

zu erheben. Es hat sich vor allem in kleineren Schulen bewährt,

zu Beginn von einer umfassenden Diagnose des Ist-Zustands

abzusehen und je nach Bedarf in der Umsetzungsphase nur zum

jeweiligen Arbeitsschwerpunkt eine Analyse durchzuführen. Bei

allen Vorgehensweisen ist aber wichtig, dass sich alle Beteiligten

einbringen können.

Aus dem Dargestellten wird deutlich, dass – entsprechend

ihren Möglichkeiten – möglichst alle Beteiligten (Schulleitung,

Lehrerkollegium, Eltern und Schüler) gemeinsam das Leitbild

erstellen sollten und dass es sich um einen Prozess handelt, der

einen langen Atem benötigt. Eine positive Grundstimmung in

der Schule und die Gewissheit über die Unterstützung des

Prozesses durch die Schulleitung bilden die Basis. Ein Vorberei-

Schulprogrammarbeit

SCHULPROGRAMM-ARBEIT

Arbeitsfelder

Rahmen-

bedingungen

und Einfluss-

faktoren

➔➔

Ziele und Kriterien

der pädagogischen Arbeit

Lern- und Arbeitskultur

Unterrichtsverteilung und

Stundenplan

Fächerangebot

Beratungsangebot

Elternarbeit

Evaluation

Leitungsarbeit

Teamarbeit

Fördermaßnahmen

Leistungsbewertung

fächerübergreifendes Arbeiten

Unterrichtsgestaltung

erzieherisches

Grundverständnis

Ausstattung

Personalentwicklung

Tradition

Handlungsspielraum

Normen (Lehrpläne/Vorgaben)

Gesprächskultur

Professionalität

Fortbildungsbereitschaft

Aufgabenverteilung

Erwartungen

Planung und Reflexion

Organisationserfahrung

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29

Innere Schulentwicklung Schulprogramm

28

Schulprogramm Innere Schulentwicklung

Die Realschule am Judenstein

hat im April 1997 mit einem

systematischen Entwicklungs-

prozess begonnen, der vom

Lehrstuhl für Schulpädagogik

(Dr. Girg) an der Universität

Regensburg begleitet wird.

In Zusammenarbeit mit einer

Steuerungsgruppe (Schulent-

wicklungsteam) und der Schul-

leitung wurde die Ist-Situation

aus Lehrer- und Schülersicht er-

hoben, eine Zielklärung in einer

pädagogischen Konferenz her-

beigeführt, vier Arbeitsgruppen

(Neue Unterrichtsmethoden,

Verwaltungsvereinfachungen,

Umgang mit Disziplinschwierig-

keiten, Arbeits- und Lerntechni-

ken) gegründet und im Schuljahr

1998/99 mit der Umsetzung

der Arbeitsgruppenergebnisse

begonnen (»Lernen lernen« in

Jahrgangsstufe 7, Freiarbeit in

Jahrgangsstufe 8). Schwerpunkt

ist die Unterrichtsentwicklung

nach den Bausteinen von Dr.

Klippert. Entsprechende Schulin-

terne Lehrerfortbildungen durch

das Pädagogische Institut der

Stadt Nürnberg und die syste-

matische Einführung der Metho-

den in allen Jahrgangsstufen

sind bereits bis zum Schuljahr

2003/2004 geplant. Als Ergeb-

nisse der Schulentwicklung

werden die Änderung der Rolle

des Schulleiters, Betonung der

Verantwortung jedes einzelnen

Schülers und Lehrers sowie eine

bewusste Gestaltung des schuli-

schen Freiraums festgestellt.

Vom Leitbild über das

Schulprogramm

zur Evaluation

1. Gemeinsame

Diagnose

2. Erstellung eines

Leitbilds

Bildung einer

Organisationsstruktur

Erstellung und Umsetzung von Leitbild und Schulprogramm

orientieren sich an typischen Phasen der Organisationsent-

wicklung (vgl. Kapitel 5). Die konkreten Schritte könnten so

aussehen:

In einer anonymen Befragung (z. B. Kartenabfrage, Brain-

storming, Fragebogen) wird der Ist-Zustand ermittelt.

Die Ergebnisse werden nach Schwerpunkten geordnet (z. B.

Unterricht, Lehrer-Schüler-Verhältnis, Schulmanagement,

Lehrer-Lehrer-Verhältnis, Schülerverhalten, Lehrerfortbildung

usw.), von allen Beteiligten analysiert (z. B. in einer Stärken-

Schwächen-Analyse) und dann in ihren Konsequenzen für

die »ideale Schule« diskutiert. Aus dieser Ist-Soll-Spannung

entsteht in mehreren Schritten die gemeinsame Vision der

Schule.

Der Weg der Realschule am Judenstein in Regensburg – »Verantwortung jedes einzelnen Schülers und Lehrers«

Informationen auf der CD-ROM »Schulinnovation 2000« und aktuell im Internet:

www.schulen.regensburg.de/rsaj/schulfil.htm

Am Anfang des Schulprogramms

stand ein großer Leidensdruck

im Kollegium, der sich in »Rat-

losigkeit bei immer schwierige-

ren schulischen Anforderungen

bis hin zu Frustration und Burn-

out« äußerte und der durch

die zusätzlichen Belastungen

der Umstrukturierung der bis-

herigen Teilhauptschule so

verstärkt wurde, dass »der Ruf

nach Innovationen unüberhör-

bar« wurde. Die Lehrer beschlos-

sen, die Entwicklung der Schule

systematisch anzugehen.

Von der ersten Pädagogischen

Konferenz im Oktober 1996 mit

einer Stärken-Schwächen-Bilanz,

über die Bildung von Arbeits-

gemeinschaften »Hausordnung«,

»Verhalten« sowie »Schulhaus-

gestaltung« und eine Schüler-

und Elternbefragung mündete

der Entwicklungsprozess in

konkrete Maßnahmen:

Entwicklung einer neuen Haus-

und Pausenordnung, Schul-

hausgestaltung, Umgestaltung

der Lehrerarbeitsräume,

Entstehung eines Schulcafés

und Gründung des Fördervereins

Bismarckschule Memmingen

(FBM e. V.).

Der Weg der Bismarckschule Volksschule Memmingen (HS) – »Wir nehmen unsere Schule in die Hand«

Informationen auf der CD-ROM »Schulinnovation 2000« und aktuell im Internet: http://home.primusnetz.de/bismk-mm

tungsteam von interessierten Kolleginnen und Kollegen kann

für das Vorhaben werben.

Das »Schiff« wird nur gut in Fahrt kommen, wenn die Lehr-

kräfte motiviert sind. Ihr Engagement ist die Grundlage für einen

Erfolg: »Schulprogrammarbeit ist lehrerorientiert!« Am Anfang

steht deshalb eine offene Information des Kollegiums (in Fach-

konferenzen, Lehrerkonferenzen, Mitteilungen am Schwarzen

Brett usw.). In Einzelgesprächen ist mit Geduld und Einfüh-

lungsvermögen auf Bedenken von Kolleginnen und Kollegen

einzugehen und der praktische Nutzen des Schulprogramms

zu verdeutlichen: Leitbild und Schulprogramm sind als Basis

für die gemeinsame pädagogische Orientierung, die Unterrichts-

gestaltung, das Wir-Gefühl und die Außendarstellung wün-

schenswert und notwendig. Es empfiehlt sich, den relativ lang-

fristig angelegten Prozess einer Leitbild- und Schulprogramm-

entwicklung erst dann zu beginnen, wenn die Lehrerkonferenz

mit Mehrheit einen entsprechenden Beschluss gefasst hat.

Damit das Schiff auf dem richtigen Kurs bleibt, bedarf es eines

»Steuermanns«, der in Abstimmung mit der Schulleitung,

dem Kollegium sowie den Schülern und Eltern das festgelegte

Arbeitsprogramm im Auge behält, den Prozess organisiert, ein-

zelne Arbeitsphasen moderiert und bei entstehenden Konflikten

vermittelt. Für diese Aufgabe ist es günstig, eine Steuergruppe zu

bilden. Anzustreben ist, dass in der Steuergruppe die Schullei-

tung, alle relevanten Fachgruppen, die Eltern und Schüler ver-

treten sind. Grundsätzlich kann es sich als nützlich erweisen,

einen »Lotsen« (= einen externen Berater, z. B. eine(n) Modera-

tor/-in für Schulentwicklung) an Bord zu holen. Er verfügt

über die Kompetenz, der jeweiligen Situation entsprechend

professionelle Methoden einzusetzen, und kann bei Konflikten

neutral moderieren und steuern.

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31

Innere Schulentwicklung Schulprogramm

30

Eine 1997 durchgeführte stan-

dardisierte Lehrerbefragung,

die von der Schulleitung initiiert

wurde, ergab, dass Verbesse-

rungsbedarf in Teilbereichen be-

stand, insbesondere wurde eine

Abstimmung der vielfältigen

Schulaktivitäten gewünscht. Ein-

zelne interessierte Kollegen und

die Schulleitung fassten eine

systematische Schulentwicklung

ins Auge, die nach einer Informa-

tionsphase von der Lehrerkon-

ferenz im September 1998 be-

schlossen wurde.

Sowohl die Umfrageergebnisse

als auch die komplexe Organisa-

tionsstruktur des BBZ legten

nahe, neben der Unterrichtsent-

wicklung auch gleichzeitig Maß-

nahmen der Organisationsent-

wicklung anzugehen. Als Ziel

wurde definiert: »Qualitätssiche-

rung für eine zukunftsorientierte

Gestaltung der Schule als ler-

nende und erziehende Organisa-

tion«. Die Bildung einer Steuer-

gruppe (Schulentwicklungs-

kernteam = SEKT) als auch eines

Didaktischen Arbeitskreises

(= DA - »Wir sind didaktisch

DA, aktuell«) verankerte organi-

satorisch die Integration von

Unterrichts- und Organisations-

entwicklung. Der Koordinator

für die Schulentwicklung bringt

langjährige Erfahrungen mit

systemischen Methoden ein.

Beide Arbeitskreise führen ihre

Aktivitäten in gegenseitiger

Abstimmung durch. Nach einer

umfassenden Diagnose mit

90%-iger Beteiligung erfolgte

über eine Stärken-Schwächen-

Analyse die Formulierung der

Leitlinien. Die Lehrerkonferenz

verabschiedete die Leitlinien

und legte den Schwerpunkt auf

den Entwicklungsbereich

»Kooperation«.

Die Steuergruppe sorgte in ihren

Sitzungen (= »SEKT-Empfän-

gen«) für die Abstimmung der

Fachbereichsaktivitäten, eine

Eltern- und Schülerbefragung,

die Findung des Schulnamens,

die Lehrerzimmerausstattung

und für eine sukzessive Beglei-

tung des Schulentwicklungspro-

zesses in Abstimmung mit der

Schulleitung und dem Didakti-

schen Arbeitskreis. Wenn die

Vorstellungen der Schüler, Eltern

und des Berufsschulbeirats

vorliegen, kann das Leitbild

formuliert werden. Danach steht

die interne Evaluation auf dem

Programm. Der didaktische

Arbeitskreis hat – entsprechend

dem Schwerpunkt »Koopera-

tion« – Methoden der Teament-

wicklung im Klassenzimmer er-

probt, entsprechende SchiLF-

Veranstaltungen organisiert

sowie mit anderen interessierten

Kolleginnen und Kollegen Unter-

richtsmodelle zu den Zielen der

Agenda 21 fächer- und abtei-

lungsübergreifend entwickelt

und im Unterricht durchgeführt.

Neben der Methodenentwick-

lung beginnt der DA mit konzep-

tionellen Überlegungen zur inter-

nen Evaluation des Unterrichts.

Der Weg des Staatlichen Berufsbildungszentrums Schweinfurt – »Qualitätssicherung für eine zukunftsorientierte Gestaltung der Schule«

Informationen auf der CD-ROM »Schulinnovation 2000«. Eine CD-ROM der Schule ist erhältlich unter [email protected].

Bei der Erstellung des Schulprogramms sollten sich die Akteure

nicht überfordern: Wenige, aber gründlich vorbereitete Schwer-

punkte bringen mehr als ein nur oberflächlich abgestimmtes

Bündel von vielen Maßnahmen. Am Ende sollte für jeden

Schwerpunkt ein Aktionsplan mit genau abgegrenzten Kompe-

tenzen stehen: Wer macht was mit wem bis wann?

In dieser Phase geht es an die praktische Umsetzung. Die Steuer-

gruppe achtet darauf, dass der Kurs eingehalten wird. Ist man

mit dem Zeitplan in Verzug oder tauchen unerwartete Wider-

stände auf, wird das Vorgehen den neuen Bedingungen ange-

passt, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.

Wenn eine Maßnahme durchgeführt worden ist, stellen sich

folgende Fragen: Sind die Zielsetzungen erreicht worden?

Welche Schwächen sind aufgetreten? Welche Verfahrensabläufe

müssen in Zukunft verbessert werden? Um diese Fragen, die

innerhalb eines Schulentwicklungsprozesses immer wieder auf-

tauchen, klären zu können, kann man Methoden der internen

Evaluation anwenden (vgl. Kapitel 4). Wichtig ist, bereits in

der Planungsphase Kriterien zu vereinbaren, anhand derer der

Erfolg gemessen werden soll.

Literaturhinweise

Links

4. Umsetzung

der Maßnahmen

5. Evaluation

Praxisbeispiele finden sich in: Pädagogik Heft 2/1998, Heft 11/1999 und Heft 10/2000

Emminger, E.: Schulentwicklung als gemeinsamer Prozess.

In: unterrichten/erziehen, Heft 1/2000, S. 18-22

Hannemann, U.: Mit Schulprogrammen »gute« Schule machen?

In: Schulmanagement, Heft 5/1998, S. 14-17

Philipp, E./Rolff, H.-G.: Leitbilder und Schulprogramme entwickeln.

Weinheim und Basel 1999

Rolff, H.-G. u. a.: Manual Schulentwicklung – Handlungskonzept zur pädagogischen

Schulentwicklungsberatung (SchuB). Weinheim und Basel 1999

Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schulinternen Evaluation.

CD-ROM (Bezug: ISB)

Die Internet-Suche mit Begriffen wie »Schulprogramm« und »Schulleitbild« ist

ergiebig.

www.kubiss.de/schulen/pvs/pvs4nbg/ (Auf den Internetseiten der Städt. Peter-

Vischer-Schule Nürnberg findet sich ein Beispiel für ein Schulprofil und Schulleitbild.)

www.ifs.uni-dortmund.de (Homepage des Instituts für Schulentwicklungsforschung

der Universität Dortmund; Materialien zum Herunterladen befinden sich im »Werk-

zeugkasten« unter »Folien« und »Module«.)

www.inis.stiftung.bertelsmann.de (Homepage der Netzwerke innovativer Schulen

und Schulsysteme der Bertelsmann-Stiftung. Zum nationalen Netzwerk (NIS), in dem

der Wissenstransfer zwischen Schulen in Deutschland gefördert wird, besteht eine

Schul-Datenbank, mit deren Suchmaschine unter dem Innovationsschwerpunkt

»Schulprogramm« zahlreiche Schulen zu finden sind. Außerdem sind Materialien

zum Herunterladen unter »Veröffentlichungen« erhältlich.)

www.qis.at (Homepage des Österreichischen Bildungsministeriums zum Projekt

»Qualität in Schulen« (Q.I.S.); hier sind insbesondere die Links »Leitfaden«/

»Der Weg zum Schulprogramm« interessant.)

http://nibis.ni.schule.de (Im Niedersächsischen Bildungsserver (NiBiS) finden sich

Schulprogramme aus unterschiedlichen Schulen verschiedener Bundesländer und

es wird u. a. eine Einführung zum Zusammenhang von Schulprogrammentwicklung

und Evaluation geboten.)

3. Entwicklung des

Schulprogramms

Schulprogramm Innere Schulentwicklung

Arbeitshilfe

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32 33

Innere Schulentwicklung Neue Lernkultur

Auch heute noch ist die Erfahrung vieler Lernender quer durch

alle Bildungseinrichtungen davon geprägt, dass Unterricht zu

häufig als Frontalunterricht erfolgt. Es ist jedoch offenkundig,

dass diese Art darbietenden Unterrichts nicht automatisch zu den

erhofften Lernergebnissen führt: Motivationsverlust, Wissens-

lücken, geringe Nachhaltigkeit des Lernens, »träges Wissen«,

das nicht flexibel in neuen Zusammenhängen angewendet wer-

den kann, geringe Problemlösefähigkeit und zu wenig ausge-

prägte Handlungskompetenz bei den Schülern sind – trotz aller

Erfolge des Schulsystems – alarmierende Befunde. Gleichzeitig

verlangen die veränderten globalen Rahmenbedingungen (vgl.

Kapitel 1) nach Konsequenzen im Schulwesen.

Grundlage des lehrerzentrierten Frontalunterrichts ist die Auf-

fassung des Lehr-/Lerngeschehens als eines Prozesses, bei dem

es dem Lehrenden gelingt, Inhalte so darzubieten, dass der

Lernende am Ende des »Wissenstransports« den vermittelten

Lerngegenstand in gleicher Form »im Kopf hat«, also beherrscht,

wie der Lehrende. Diese Vorstellung ist nicht mehr haltbar, neue

Erkenntnisse der Forschung verlangen ein anderes Verständnis

des Lehrens und Lernens: Unterricht kann nicht wie bisher von

der Wissensvermittlung (dem Lehren bzw. der Instruktion) her

strukturiert sein, sondern muss vom Lernen her (der Wissens-

konstruktion) gedacht werden (Heinz Mandl). Denn lernen, sich

Wissen zu Eigen machen, also Wissen in die individuelle kogni-

tive Struktur zu integrieren, muss jeder Einzelne selbst. Dies

bedeutet u. a., dass Unterricht aktive Lernprozesse – einzeln, in

Tandems, in Gruppen – ermöglicht.

Ein solches Lernen wird stärker fächerübergreifende Fähigkei-

ten und Handlungskompetenzen fördern und die Kluft zwischen

Wissen und Handeln verringern. Geeignete Lernarrangements

wecken die Neugier und die Entdeckerfreude. Aber jeder Ler-

nende muss auch durch hilfreiche Instruktionen orientiert, an-

geleitet und unterstützend begleitet werden. Insofern geht es

nicht um eine völlige Ablösung bisheriger Unterrichtsformen,

sondern darum, eine neue Balance zwischen Phasen der Instruk-

tion durch den Lehrer und Phasen der Eigenaktivität der Schüler

zu finden.

Guter Unterricht kann also auf sehr verschiedene, aber nicht

auf beliebige Weise gestaltet und gehalten werden, wie über-

zeugend wissenschaftlich bewiesen ist. Kennzeichnend ist ein

Wechsel zwischen systematischem und situativem Lernen sowie

3.2.1 Verständnis des Lehrens und Lernens3.2 Neue Lernkultur

Neue Lernkultur Innere Schulentwicklung

Verständnis

von Lernprozessen

Instruktion und

Eigenaktivität

Methodenvielfalt

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35

Innere Schulentwicklung Neue Lernkultur

34

Neue Lernkultur Innere Schulentwicklung

Zum Kern der wünschenswerten Lernkultur gehören Verfah-

rensweisen im Unterricht, die die Schülerinnen und Schüler zu

eigenverantwortlichem, selbstständigem Lernen anregen und

befähigen: offene Unterrichtsformen (Freiarbeit, Projekte),

wechselnde Sozialformen (Partner- und Gruppenarbeit), lebens-

praktische Bezüge (Zusammenarbeit mit außerschulischen

Einrichtungen) u. a. m. Der Lehrkraft kommt dabei verstärkt

die Rolle des Beobachters, Organisators und Moderators von

Lernprozessen zu. Solche Ansätze sind keineswegs neu, schon

die Reformpädagogik entwickelte hierzu verschiedene Modelle.

Ein modernes Konzept, das Lehren und Lernen systematisch

entwickelt und in den Ansatz der inneren Schulentwicklung

integriert, liefert z. B. Heinz Klippert mit seinen Überlegungen

zum eigenverantwortlichen Arbeiten und Lernen.

Methodentraining

Kommunikations-

training

Teamentwicklung

Schülerzentriertes, eigenverantwortliches Lernen setzt einer-

seits das systematische Einüben der notwendigen Kompetenzen

voraus, erfordert andererseits in der Folge die systematische

Anwendung des Gelernten im Unterricht. Folgende Trainings-

einheiten erweisen sich als wesentlich:

Methodentraining bedeutet in diesem Zusammenhang die

schwerpunktmäßige Einübung von Arbeitstechniken. Damit

kann bereits in der Grundschule begonnen werden. Das Training

muss dann sukzessive erweitert werden, z. B. um Techniken

der Informationsbeschaffung (Bibliotheken, Internet usw.), Tech-

niken der Filmanalyse oder Techniken der Präsentation (Referat,

Folie, computergestütztes Präsentationsprogramm).

Mit Kommunikationstraining ist die systematische Einführung

in Techniken der Kommunikation in entsprechenden Sozial-

formen gemeint, z. B.: Wie argumentiere ich überzeugend? Wie

höre ich aktiv zu und frage gezielt nach? Welche Formen der

effektiven Arbeitsteilung bei Gruppenarbeiten gibt es?

Teamentwicklung im Klassenzimmer bildet einen dritten grund-

legenden Baustein, da die Partner- oder Teamarbeit in diesen

Arbeitsphasen als angemessenste und effektivste Arbeitsform

eine große Rolle spielt. Die Schülerinnen und Schüler erfahren,

dass komplexe Aufgaben im Team besser bearbeitet werden

können als in Einzelarbeit. Allerdings kann die Teamentwick-

lung nicht auf die Schüler beschränkt werden – auch Lehrer-

innen und Lehrer müssen neue Formen der Zusammenarbeit

entwickeln (vgl. Kapitel 3.4).

3.2.3 Rollenverständnis der Lehrer

Schülerzentrierter Unterricht setzt ein entsprechendes Rollen-

verständnis der Lehrenden voraus bzw. bewirkt einen Wandel

der bisherigen Rolle. Zwar wird der Lehrer als »Instruktor«

immer nötig sein, wesentlich deutlicher wird er aber als Organi-

sator und Moderator von Lernprozessen in Erscheinung treten.

Für die Lehrkräfte bedeutet dies zunächst Mehraufwand: ein

Mehr an Zeit für Koordinierungsgespräche mit Kollegen, ein

Mehr an Arbeit für das Arrangement des Unterrichtsmaterials

für eine offene Lernumgebung. Allerdings wird dies teilweise

durch den effektiveren, entspannteren Unterrichtsverlauf und

eine höhere Arbeitszufriedenheit aller Beteiligten wieder auf-

gewogen.

Systematisches Methoden- und Kommunikationstraining setzt

auch voraus, dass eine Teamentwicklung im Kollegium der

Schule stattfindet: Die Fachschaften oder die Lehrkräfte einer

Methodenkompetenz SozialkompetenzFachkompetenz

PERSÖNLICHE KOMPETENZ

Kommunikations-

training

Methoden-

training

EIGENVERANTWORTLICHES LERNEN

Eigenverantwortliches Lernen und Arbeiten

➔ ➔ ➔

➔ ➔ ➔

➔ ➔ ➔

Teamarbeit

Offene

Unterrichtsformen

3.2.2 Eigenverantwortliches Lernen

als Teil der neuen Lernkultur

metakognitiver Reflexion. Diesen methodisch variablen Unter-

richt muss ein Lernklima auszeichnen, das viele entspannte

Gelegenheiten zum intensiven Lernen und genügend anspruchs-

volle Leistungssituationen bietet, und zwar beides im Bewusst-

sein der Schüler klar getrennt. (Franz E. Weinert)

Training

der Teamfähigkeit

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37

Innere Schulentwicklung Neue Lernkultur

36

Neue Lernkultur Innere Schulentwicklung

»von oben« geregelt ist – Freiräume, um anzufangen, gibt es

bereits jetzt.

Wenn selbstgesteuertes, handlungsorientiertes Arbeiten den

Schulalltag bestimmt, wird sich auch die Rolle der Lernenden

wandeln (vgl. Kapitel 3.3). Die Schülerinnen und Schüler

werden erkennen, dass sie (Mit-)Verantwortung für das Erzielen

eines Lernerfolgs haben und sich aktiv mit dem Unterrichts-

gegenstand auseinander setzen müssen. Diese Formen des Un-

terrichts sind oft anstrengender, aber auch effektiver und für

alle letztlich mit größeren Erfolgserlebnissen verbunden.

Klippert, H.: Methoden-Training. Übungsbausteine für den Unterricht.

Weinheim 2000

Ders.: Kommunikations-Training. Übungsbausteine für den Unterricht.

Weinheim, 2000

Ders.: Teamentwicklung im Klassenraum. Bausteine für den Unterricht.

Weinheim 2001

Klippert, H. und Lohre, W. (Hrsg.): Auf dem Weg zu einer neuen Lernkultur.

Gütersloh 1999

Mandl, H./Reinmann-Rothmeier, G.: Unterrichten und Lernumgebungen gestalten

(= Forschungsbericht Nr. 60). Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl

für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie 1995

Meyer, H.: Unterrichtsmethoden: Band I (Theorie) und Band II (Praxisband).

Weinheim und Basel 1997

Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.):

Selbständiges Arbeiten und Lernen in den Jahrgangsstufen 5 - 10. Band 1.

Donauwörth 2001

Weinert, Franz E.: Neue Unterrichtskonzepte zwischen gesellschaftlichen

Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten,

in: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und

Kunst (Hrsg.): Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum

Bildungskongress, München 1998, S. 101-125

www.gym.moosburg.org/lehrer/lernen_lernen.html (Link-Liste zum »Lernen

lernen«)

www.alp.dillingen.de/projekte/freiarbeit/ (Netzwerk Freies Arbeiten)

www.netzwerk-lernkultur.de/doc/seglinks.htm (kommentierte Links zum Thema)

www.schulnetz.ch/unterrichten/kontaktforum-ELF (Schweizer Kontaktforum

für Erweiterte Lehr- und Lernformen)

www.iplbayern.de (Initiative Praktisches Lernen e. V.)

www.ullstein-realschule-fuerth.de (unter »Unterrichtsmodelle« Beispiele für

Methodentraining und handlungsorientierten Unterricht)

www.berufsschulen.de (unter Modellversuch »MUT« Unterrichtskonzepte und

Ideen für den beruflichen Bereich)

http://home.t-online.de/home/Paul.Weeger/ue.htm

(Unterrichtsgestaltung nach Klippert)

Klasse oder Jahrgangsstufe stimmen sich ab, in welchem Fach

welche Methode eingeübt wird (Beispiel: In welchen Fächern

wird anhand von Schulbuchtexten geübt, wie die wichtigsten

Informationen aus einem Text herausgearbeitet werden?).

Der konkrete Einstieg in den Bereich »neue Lernformen«, z. B.

Stationenlernen, kann dabei so aussehen, dass die Fachschaften

einer Schule (oder Jahrgangsteams, Klassenteams) zu Beginn

des Schuljahres einen Zeitraum absprechen, in dem das Metho-

den- und Kommunikationstraining schwerpunktmäßig in den

entsprechenden Klassen durchgeführt wird. In den höheren

Jahrgangsstufen empfiehlt sich die »Methodenpflege«, um das

Gelernte aufzufrischen und zu vertiefen.

Wichtig ist, dass an der Schule ein Gesamtkonzept gefunden

wird, damit die Einführung neuer Lehr- und Lernformen nicht

auf dem Engagement weniger beruht, sondern dass – zumindest

nach und nach – ein Großteil des Kollegiums eingebunden

werden kann. Schulentwicklung lebt von der Akzeptanz einer

breiten Mehrheit im Kollegium.

Diese Zustimmung kann auf verschiedene Weise eingeholt wer-

den; folgende Schritte haben sich als erfolgreich erwiesen:

➔ In Pädagogischen Konferenzen verständigt sich ein

Kollegium auf die Ziele der Unterrichtsentwicklung.

➔ Eine Rahmenplanung (Wer macht was mit wem?) wird

entwickelt.

➔ Durch eine schulinterne Lehrerfortbildung – u. U. in Koope-

ration mit der Akademie in Dillingen, einem Pädagogischen

Institut oder anderen Einrichtungen – werden die Lehrkräfte auf

das Vorhaben vorbereitet (vgl. Kapitel 5).

Die Einführung einer neuen Lernkultur erfordert auch Verände-

rungen in der Organisation und im rechtlichen Rahmen von

Schule. Die Schulleitung sollte nach Möglichkeit Lehrkräfte, die

in der oben geschilderten Weise kooperieren, gemeinsam in

einer bestimmten Klasse oder Jahrgangsstufe einsetzen. Ideal

wäre auch eine im Stundenplan festgelegte gemeinsame Stunde

für Absprachen während des Schuljahres. Der Unterricht sollte

fallweise flexibilisiert und rhythmisiert werden können, um

längere Arbeitsphasen zu ermöglichen etc. Ebenso ist eine klare

Trennung zwischen Lern- und Prüfungsphasen nötig, damit

etwa bei anspruchsvollen Problemlöseaufgaben zunächst angst-

frei verschiedene Wege ausprobiert werden können, bevor bei

einer Leistungserhebung der Lernerfolg geprüft wird. Die Be-

wertung von im Team erstellten Arbeiten bedarf noch einer

befriedigenden Lösung ... Aber man muss nicht warten, bis alles

Strategien zur Förderung einerneuen Lernkultur:

➔ Methodenkompetenz stärken

z. B. durch spezifische Einheiten

➔ Trainings für Lehrkräfte

z. B. im Rahmen schulinterner

Lehrerfortbildung

➔ Teambildung im Kollegium

z. B. Klassen- und Fachteams

➔ Bündelung der Aktivitäten

z. B. durch Akzentuierung im

Schulprogramm

Literaturhinweise

Links

Gesamtkonzept

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39

Innere Schulentwicklung Schülerrolle

38

Schülerrolle Innere Schulentwicklung

In einer Schule, die unter Lernen einen aktiv-konstruktiven

Prozess versteht, verändert sich auch die Rolle des Schülers. Die

diesem Verständnis von Lernen zugehörigen Formen des Ler-

nens und Lehrens verlangen von ihm Aktivität, Selbstständigkeit

und Verantwortung. In besonderer Weise trifft dies natürlich

auf die offenen Unterrichtsformen zu:

➔ Das vom Lehrer didaktisch aufbereitete Material erfordert

vom Schüler große Eigenständigkeit bei der Aneignung der

Inhalte.

➔ Für das Ergebnis seines Lernens trägt der Schüler eine

größere Verantwortung als bisher.

➔ Der Lernprozess gelingt nur unter gegenseitiger Rücksicht-

nahme, da er häufig in Gruppen oder Tandems abläuft.

Einen Wandel der Schülerrolle verlangen aber auch andere Ent-

wicklungen: Das Lernen von Wissen »auf Vorrat« verliert an

Bedeutung gegenüber dem Aufbau von Kompetenzen, die mehr

umfassen als die sog. »Schlüsselqualifikationen«. Verschiedene

gesellschaftliche Entwicklungen weisen der Schule eine bedeu-

tende Aufgabe bei der Persönlichkeitsbildung junger Menschen

zu. Beide Anliegen bedürfen lebensnaher, handlungsorientierter

3.3 Schülerrolle

3.3.1 Der Schüler als Handelnder im Lernprozess

Eigenverantwortliches Lernen fordert den Schüler, denn die

angewandten Unterrichtsmethoden aktivieren ihn. Von der

Strukturierung eines Textes bis zur Informationsbeschaffung zu

einem Thema, von der Erstellung eines übersichtlichen Heftein-

trags bis zur Präsentation von Projektergebnissen, vom Durch-

laufen eines Lernzirkels bis hin zur Wochenplanarbeit – der Um-

gang mit kleinen wie großen Bausteinen offenen Lernens ver-

langt vom Schüler Einsatz und Anstrengung.

Ein Lehrerverhalten, welches auf Problemlösungshilfe, nicht

aber auf das Bereitstellen der Problemlösung an sich gerichtet ist,

zwingt den Schüler zur Selbstorganisation seines Lernprozesses.

Stärker als bisher ist er dazu aufgerufen, für ihn passende Lern-

und Arbeitstechniken herauszufinden. Die dabei zu lösenden

Fragen der individuellen Zeiteinteilung, der Planung der Haus-

aufgaben, der Einrichtung des Arbeitsplatzes, der Führung eines

Lerntagebuchs etc. haben an vielen Schulen in Angeboten zu

»Lernen lernen« bereits Eingang gefunden. Einem Missverständ-

nis ist allerdings vorzubeugen: Im Zeitalter der wachsenden

Informations- und Wissensflut wird gelegentlich in der Vermitt-

lung des lernmethodischen Know-how eine Alternative zur

Aneignung von u. U. kurzfristig veraltenden Kenntnissen gese-

hen. Beides ist jedoch wichtig – fundiertes Wissen und formale

Lernkompetenzen (Franz E. Weinert).

Lassen die Aufgabenstellungen Raum für individuelle Arbeits-

und Lösungsstrategien der Schüler sowie Spielraum, der die

Balance zwischen Fordern und Überfordern wahrt, wird eine

solche Aneignung des Lerngegenstands auch Spaß und Freude

machen. Von einer Verwöhnung der Schüler, die angeblich mit

der Individualisierung des Lernprozesses verbunden ist, kann

dabei keine Rede sein. Und die Lehrkräfte erfahren zumindest

eine angenehme Verschiebung ihrer Aktivitäten, oft sogar eine

Entlastung, wenn sie Alternativen zu frontalen Unterrichts-

strukturen umsetzen.

3.3.2 Schüleraktivierender Unterricht

Unterrichtskonzepte, die aktiv beteiligte Schüler voraussetzen.

Schulentwicklung verlangt also auch vom Schüler ein hohes

Maß an Einsatz und Anstrengungsbereitschaft. Dies kann nicht

von heute auf morgen erwartet werden. Im Veränderungspro-

zess, in dem aus einem »Betroffenen« ein »Beteiligter« wird,

muss der Schüler Stationen der Veränderung durchlaufen. Es ist

Aufgabe der Schule, ihn dabei zu begleiten und zu unterstützen;

individuelle Förderung gewinnt folglich an Bedeutung.

Selbstständigkeit

und Verantwortung

Individualisierung des

Lernprozesses

Selbstorganisation

des Lernprozesses

Page 21: Innere Schulentwicklung in  · PDF fileBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Innere Schulentwicklung in Bayern Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen

41

Innere Schulentwicklung Schülerrolle

40

Schülerrolle Innere Schulentwicklung

Persönlichkeitsbildung braucht die Bewährung in Alltagssitua-

tionen. In der Schule ist dies in folgenden Feldern möglich:

Zeitgemäßer Unterricht setzt stark auf Gruppen- und Teamarbeit.

Die Schüler müssen allerdings mit den spezifischen Anforderun-

gen einer solchen Arbeitsweise vertraut sein, bevor sie verant-

wortlich Aufgaben in der Gruppe erledigen oder eine solche

leiten. So hat es sich bewährt, in gezielten Trainingseinheiten zu

Beginn eines Schuljahres die verschiedenen Organisationsfor-

men von Gruppenarbeit zu üben, wie sie für längere Stationen-

arbeit oder Projekte erforderlich sind. Der hohe Zeitaufwand,

den ein Lehrerteam in diesem Bereich in eine Klasse investiert,

wirkt sich positiv auf den folgenden Unterricht aus.

Die verstärkte Zusammenarbeit der Schüler in Kleingruppen

wird sich nicht allein auf den Unterricht beschränken, zumal

auch der Klassenverband durch eine neue Lernkultur eine Ver-

änderung erfährt. Da kann eine Schülergruppe die Programmge-

staltung eines Schullandheimaufenthalts übernehmen, während

eine andere einen moderierten Elternabend vorbereitet. Da

sorgt eine Gruppe für die tägliche Ordnung im Klassenzimmer,

während eine andere die selbstständige Ausarbeitung eines Pro-

jekts übernimmt. Dem (Klassen)lehrer(team) obliegt die Aufgabe

der Beratung und der Bündelung der Aktivitäten; die inhaltliche

Gestaltung und organisatorische Durchführung kann – unter Be-

achtung der rechtlichen Rahmenbedingungen – zunehmend den

Schülern übertragen werden. Bei der engeren Zusammen-arbeit

der Schüler in Unterricht und Klassenverband ändert sich die

Rolle der Klassensprecher: Sie moderieren Klassenversammlun-

gen, koordinieren gemeinsames Handeln und greifen bei Un-

stimmigkeiten vermittelnd ein. Eine entsprechende Schulung für

dieses und in diesem Amt ist deshalb besonders wichtig.

Vielfältige Aufgaben können auch im Raum der Schule über-

nommen werden. Zur Stärkung der eigenen Verantwortung der

Schüler sind etwa die Konfliktlösungsansätze zu sehen, denen

sich Mediations- oder Streitschlichtergruppen an den Schulen

verschreiben (vgl. Kapitel 3.7). Allerdings bedarf die Befähigung

zur Selbstorganisation der Schüler einer Schulung und Qualifi-

zierung. Lehrerteams, Betreuungslehrer und Verbindungslehrer

könnten sich in dieser Hinsicht als Multiplikatoren und Trainer

verstehen, damit wertvolles Engagement mancher Schüler

nicht deswegen ins Leere läuft, weil sich die Bedingungen ihrer

Zusammenarbeit in der Gruppe chaotisch gestalteten.

Verantwortung für

die Arbeit in Gruppen

Verantwortung für

Aufgaben im Klassen-

verband

Verantwortung für

Aufgaben innerhalb der

Schulfamilie

3.3.3 Persönlichkeitsbildung durch Übernahme

von Verantwortung

Die Entwicklung einer Schule macht vor der Beziehungsebene

nicht Halt, das gilt für die Beziehungen unter den Schülern wie

auch zwischen Schülern und Lehrern. Die Achtung vor dem

Andersdenkenden, das Respektieren der persönlichen Distanz,

aber auch der Wunsch nach sozialem Kontakt und der Nähe

zum Anderen bestimmen das Miteinander in Klasse und Schule.

In einer »Zwangssozietät« wie einer Schulklasse ist es deshalb

für den Einzelnen wichtig, dass den Formen des Umgangs

miteinander große Beachtung zugemessen wird. Umgangsfor-

men können auch in einem »Sozialtraining« (wie es einzelne

Moderatoren und pädagogische Institute anbieten), thematisiert

und geübt werden. Gegenstand können u. a. sein:

➔ Gemeinsames Erstellen von verbindlichen Regeln für den

Umgang in der Klasse, sowohl das Gespräch wie auch das soziale

Miteinander betreffend; dabei sind Vorkehrungen für die Ein-

haltung zu treffen.

➔ Visualisierungsformen für Konfliktfelder in der Klasse, z. B.

eine »Kummerwand« oder einen »Sorgenbriefkasten« (Was

stört mich in meiner Klasse? Welches Verhalten verletzt mich?)

➔ Einführung von Formen der gegenseitigen Wertschätzung

(Welche positiven Dinge kann ich eigentlich über meinen

Mitschüler sagen? Welche Gemeinsamkeiten verbinden uns?)

Das konstruktive Miteinander in einer Klasse kann z. B. in

»Stellen Sie sich vor: Tim und

Nina aus der 6. Klasse können

sich nicht riechen. Einmal in der

Pause zerrt Tim an Ninas Jacke

und reißt ein Stück ein. Nach

der Pause rächt sich Nina und

schmeißt Tims Federmäppchen

aus dem 3. Stock. Dabei geht der

Füller kaputt. Was würde ohne

uns geschehen? Wahrscheinlich

erhielten beide eine Schulstrafe,

die Sachen blieben kaputt, und

Nina und Tim wären nach wie

vor aufeinander wütend.

Die Konfliktlösung mit Streit-

schlichtern sieht anders aus:

Der Lehrer schickt Tim und Nina

zu uns und man kommt zu fol-

gendem Ergebnis: Tim kümmert

sich um die Reparatur von Ninas

Jacke, Nina ersetzt den Füller.

Jetzt sind beide Sieger, ganz

ohne Verweis!

Was wir Mediatoren dabei tun:

Zuerst begrüßen wir die beiden,

sichern ihnen zu, dass niemand

etwas von dieser Unterredung

erfährt, und weisen sie auf

bestimmte Gesprächsregeln hin.

Dann erzählt jeder den Streit aus

seiner Sicht. Das gibt beiden

die Möglichkeit, die Gefühle und

das Motiv des Gegners zu ver-

stehen. Nach dieser längsten

Phase kommt das Schwierigste

von allem: Jeder in der Runde

lässt sich Lösungen für den

Konflikt einfallen und gemein-

sam werden nun die herausge-

sucht, mit welchen beide (!)

einverstanden sind. Die beste

Lösung halten wir schriftlich in

Form eines Vertrags fest. Nach-

dem beide Streithähne unter-

schrieben haben, vereinbaren

wir ein Nachtreffen, um festzu-

stellen, ob der Vertrag einge-

halten wurde. Tim und Nina

geben ihrem Lehrer eine schrift-

liche Mitteilung, dass eine

Schlichtung erfolgt sei. Also

alles bestens!

Warum es uns überhaupt gibt:

Klar, dass es in einer Klasse

immer wieder Streit unter

Mitschülern gibt. Normalerweise

fällt das ja nicht besonders auf,

denn im Unterricht geht man

sich aus dem Weg und muss

ja nicht mit dem anderen zu-

sammenarbeiten. Das ist aber

anders, wenn im Unterricht

häufiger in Gruppen gearbeitet

wird und man zu einem guten

Ergebnis kommen soll. Da

wird es schwierig, wenn irgend-

welche Konflikte im Raum

stehen und die gemeinsame

Arbeit beeinträchtigen.«

Zwei Streitschlichter (Mediatoren) berichten über ihre Arbeit ...

3.3.4 Aufbau konstruktiver Beziehungen

Umgangsformen

Page 22: Innere Schulentwicklung in  · PDF fileBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Innere Schulentwicklung in Bayern Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen

43

Innere Schulentwicklung Teamentwicklung

Lehrkräfte erleben an den Schulen seit Jahren einen beschleu-

nigten Wandel. So finden sie einerseits veränderte Bedingungen

für Unterricht und Erziehung vor: Schüler, die immer stärker

zum Konsum als zum eigenen Tun neigen, die unter dem Ein-

fluss der Medien andere Bedürfnisse und Interessen entwickeln

als früher, Familien, die in ihrer Erziehungsaufgabe teilweise

überfordert erscheinen. Auf der anderen Seite ist die Schule

3.4 Teamentwicklungim Lehrerkollegium

3.4.1 Warum ist Teamentwicklung notwendig?

42

Schülerrolle Innere Schulentwicklung

einem Jahrbuch festgehalten werden, welches die Schüler selbst

herstellen.

➔ Benennung von Erwartungen hinsichtlich der Gestaltung

des Lernprozesses und der Gruppen (Mit welchen Arbeits-

materialien würde ich gern arbeiten? Welche Hilfe werde ich

wohl benötigen? Wie wünsche ich mir die Arbeit in der Organi-

sationsgruppe? Für welchen Verantwortungsbereich fühle ich

mich geeignet? etc.). Es ist hilfreich, wenn im Verlauf des

Schuljahres immer wieder Reflexionsphasen erfolgen, in wel-

chen die Schüler ihren Arbeitsprozess an den eigenen Erwar-

tungen messen.

Schüler werden eine neue, aktive Rolle insbesondere auch dann

gern annehmen, wenn sie von Lehrern begleitet werden, die

ihnen etwas zutrauen und als Vorbild agieren. In einer solchen

Atmosphäre, die auch (gegenseitig) Fehler zulässt, gelingt der

Wissenserwerb nach allem, was die Forschung weiß, besser, und

der junge Mensch lernt, seinen eigenen Bereich verantwortlich

zu gestalten. Diese fachliche und personale Kompetenz der

Schüler ist letztlich der entscheidende Gradmesser eines gelun-

genen Schulentwicklungsprozesses.

Cube, F. von: Fordern statt verwöhnen. Die Erkenntnisse der Verhaltensbiologie

in der Erziehung. München 2000

Grom, B.: Methoden für Religionsunterricht, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.

Düsseldorf 1996

Klippert, H.: Teamentwicklung im Klassenraum. 4., neu ausgestattete Aufl.,

Weinheim 2000

Kliebisch, U.: Kommunikation und Selbstsicherheit. Interaktionsspiele für

Jugendliche. Mülheim 1995

Ders.: Kooperation und Werthaltung. Interaktionsspiele für Jugendliche.

Mülheim 1995

www.schulberatung.bayern.de/bshag.htm#4 (Erläuterungen zu verschiedenen

Konfliktlösungsmodellen)

www.kubiss.de/schulen/pvs/pvs2nbg/pvsmed00.htm (Einblick in die Arbeit einer

Streitschlichtergruppe)

www.hsha.de/ (VS Hauzenberg zur Schulsozialarbeit)

www.member.uni-oldenburg.de/wilhelm.topsch/grundschule/

(Texte zur Rolle der Schüler in offenen Unterrichtsformen, zum Klassenrat u. a.)

www.teachsam.de/index.htm (Lehren & lernen online; Portal, u. a. mit einem

Angebot zu Arbeitstechniken)

www.lions-clubs.de (u. a. Lions-Quest-Programm »Erwachsen werden«)

Literaturhinweise

Links

Wandel der Ansprüche

Vertrauen

und Fehlertoleranz

Page 23: Innere Schulentwicklung in  · PDF fileBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Innere Schulentwicklung in Bayern Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen

45

Innere Schulentwicklung Teamentwicklung

44

Teamentwicklung Innere Schulentwicklung

heute auch mit einem Wandel der Ansprüche konfrontiert: mit

höheren Qualitätsansprüchen an den Unterricht und mit Forde-

rungen, Schülern statt einer großen Menge an Wissen die Fähig-

keiten und die Ich-Stärke zu vermitteln, um sich dem raschen

beruflichen und wirtschaftlichen Wandel anpassen zu können.

Und schließlich haben Schulen heute wesentlich stärker mit

Problemen fertig zu werden, z. B. mit der Integration von

Kindern aus unterschiedlichen Kulturkreisen, mit Gewalt oder

Drogen.

Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, hat all dies zu einer

höheren psychischen und physischen Belastung und zum Teil

sogar zur Überforderung der Lehrkräfte geführt. Diese Belastun-

gen hängen auch zusammen mit dem traditionellen Selbstver-

ständnis der Lehrkräfte, hinter verschlossener Klassenzimmer-

tür alles selbst bewältigen und lösen zu müssen, eigene Probleme

eher für sich zu behalten statt sie mit Kollegen zu besprechen.

Die Angst ist immer noch weit verbreitet, nach einem offenen

Gespräch über Schwierigkeiten mit einem Schüler oder einer

Klasse als schlechte Lehrkraft zu gelten.

Was diese Einstellung betrifft, zeichnet sich an vielen Schulen

bereits ein deutlicher Wandel ab: Die Lehrkräfte haben erkannt,

dass die bestehenden Probleme bisweilen durch den Einzelnen

gar nicht zu lösen sind, wohl aber miteinander Verbesserungen

geschaffen werden können. Das setzt voraus, dass Probleme im

Kollegium als gemeinsame Aufgabe und Herausforderung der

gesamten Schule begriffen werden, dass gemeinsam nach Lösun-

gen und Perspektiven gesucht und dass gegebenenfalls Hilfe

von außen angenommen wird.

Sich diese Haltung zu Eigen zu machen, bedingt in den Kollegien

einen längeren Lernprozess. Lehrkräfte verstehen sich vielerorts

persönlich gut und sprechen viel miteinander, oft auch sehr

kontrovers. Diese gute Ausgangsbasis sollte viel intensiver als

bisher zur konstruktiven Bewältigung schulischer Aufgaben ge-

nutzt werden. Teamentwicklung in den Kollegien kann dazu

führen, aus einem Nebeneinander (oder sogar Gegeneinander)

ein gemeinsames »Wir-Gefühl« und Miteinander zu entwickeln.

Nicht immer wird man dabei mit dem »heißesten Eisen« anfan-

gen. Ein guter Beginn kann die Bearbeitung eines Sachthemas

im Team sein (z. B. die Ausarbeitung eines fächerübergreifenden

Projekts).

Teamentwicklung ist immanenter Bestandteil aller Bemühungen

um innere Schulentwicklung, z. B. der Verwirklichung fächer-

übergreifenden und innovativen Unterrichts, der Stärkung der

Kollegium und Schulleitung

einer Hauptschule haben sich

dafür entschieden, in einer

Pädagogischen Konferenz zu

klären, welcher Weg zur Weiter-

entwicklung beschritten werden

soll. Man einigt sich im Vor-

feld mit einem externen Modera-

tor, die neuen Ziele auf der

Grundlage einer Bestandsauf-

nahme der aktuellen Situation

gemeinsam zu erarbeiten.

Nachdem in Gruppen zwei

Leitfragen diskutiert wurden:

»Worauf sind wir an unserer

Schule stolz?« und »Was haben

wir bisher versäumt?«, ergibt

die auf der Pinwand sicht-

bare Sammlung der Ergebnisse

mehrere Schwerpunkte:

Stolz sind die Lehrkräfte u. a. auf

das neu gestaltete Schulhaus,

mit dem die Schüler wesentlich

achtsamer umgehen als früher.

Zufrieden sind sie auch mit dem

regen Schulleben und den Ergeb-

nissen der Projektwochen.

Unzufriedenheit dagegen wird

vor allem geäußert über die

mangelnden Absprachen bei

Problemen in den Klassen, die

schlechte Information und Ein-

beziehung der Fachlehrer in Ent-

scheidungen. Bisher versäumt

habe man auch, sich auf ge-

meinsame Regeln für die Schüler

zu einigen, da dies immer an

fruchtlosen und kontroversen

Diskussionen gescheitert sei.

In der darauf folgenden Phase

werden die Lehrkräfte vom Mo-

derator gebeten, zwei Themen-

bereiche zu markieren, an denen

sie selbst unbedingt Verbesse-

rungen erreichen möchten.

Das Ergebnis zeigt, dass eine

große Mehrheit der Kollegen

zwei Veränderungsziele favori-

siert: die Verbesserung der

Absprachen untereinander vor

allem bei Problemen und die

bessere Information und stärkere

Kooperation zwischen Klassen-

und Fachlehrern.

Es wird beschlossen, am

nächsten Pädagogischen Tag

diese beiden Zielperspektiven

intensiv zu bearbeiten und

zu befriedigenden Lösungen für

alle zu kommen.

Fallbeispiel

pädagogischen Kompetenz der Schule, der pädagogischen

Schwerpunktsetzung und Profilbildung, der Stärkung der Zu-

sammenarbeit mit Eltern, der Öffnung gegenüber dem Umfeld

sowie für schulinterne und externe Evaluation des Unterrichts

und der Schule. Weiterentwicklung gelingt nachhaltig und

glaubwürdig nur auf der geschilderten Basis.

Viele Erfahrungen belegen, dass es in Kollegien, die sich auf

den Weg machen, sehr sinnvoll und notwendig sein kann, am

Anfang des Schulentwicklungsprozesses eine Intensivierung der

Kommunikation und die Bereitschaft zur Kooperation in den

Blick zu nehmen. Denn nicht ausgesprochene und nicht geklär-

te Konflikte, Probleme zwischen Kollegium und Schulleitung,

häufig aber einfach nur undurchsichtige Abläufe und Entschei-

dungen hindern an der Konzentration auf die Aufgabe und an

deren gemeinsamer Bewältigung (vgl. Fallbeispiel).

3.4.2 Was bedeutet Teamentwicklung?

Ein Team zeichnet sich – im Unterschied zur Gruppe – dadurch

aus, dass die Mitglieder ein gemeinsames Ziel haben und über

eine längere Zeitspanne in direkter Interaktion und Kommuni-

kation miteinander stehen. Weitere wichtige Merkmale sind die

Differenzierung der Rollen zwischen den Team-Mitgliedern, ge-

meinsame Normen und ein Wir-Gefühl.

So gesehen ist nicht jedes Kollegium automatisch ein Team. Zu

einem »Team« werden bedeutet daher, sich anderen gegenüber

zu öffnen und Gemeinsamkeit zu lernen: sich über den Berufs-

alltag, die tägliche Unterrichts- und Erziehungsarbeit auszutau-

»Wir-Gefühl«

Intensivierung der

Kommunikation

»Team«

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47

Innere Schulentwicklung Teamentwicklung

46

Teamentwicklung Innere Schulentwicklung

Teamentwicklung führt zu einem besseren Schulklima und

zu größerer pädagogischer Wirksamkeit. Sie kommt daher letzt-

lich den Schülern zugute, aber auch dem Image der Schule

nach außen.

Schule als gemeinsame Aufgabe zu begreifen bedeutet, gemein-

same Ziele und Visionen zu entwickeln, die Richtung der Ver-

änderungen und Innovationen zu definieren und diese systema-

tisch und konsequent zu verfolgen.

Beispiele dafür sind die gemeinsame Gestaltung von Projekten

und Projektwochen, ein gemeinsames Bemühen um schülerori-

entierte Unterrichtsformen, Praktizieren von Teamteaching,

die gemeinsame Entwicklung von Regeln und Normen oder die

Einigung auf ein gemeinsames Konzept für die Elternarbeit.

Teamentwicklung wird maßgeblich ermöglicht durch die Schul-

leitung.

Voraussetzungen für förderliche Führung sind gegeben, wenn

Schulleiter selbst teamorientiert sind, die unterschiedlichen

Kompetenzen der Lehrkräfte wahrnehmen und wertschätzen,

Kollegen in Problemlösungen und Entscheidungen einbeziehen,

Aufgaben delegieren und alle nötigen und möglichen Rahmen-

bedingungen für das Arbeiten in Teams schaffen.

Beispiele sind die Aktivierung der Kollegen durch die Einführung

teamorientierter Konferenzen und Besprechungen, die Durch-

führung klassenbezogener Teamsitzungen und Fachkonferenzen,

die Führung von Mitarbeitergesprächen mit dem Ziel, die Zu-

sammenarbeit im Kollegium zu steigern, die Zusammenstellung

von Klassenlehrerteams, die Ermöglichung von Teamarbeit

durch günstige Stundenplangestaltung sowie das Schaffen von

Leistungsanreizen.

Teamentwicklung heißt, »ständig im Gespräch bleiben«. Dazu

gehört, in regelmäßigen Teamsitzungen die Arbeit an der Schule

gemeinsam zu reflektieren, Spielregeln für die Zusammenarbeit

Zielklarheit und eine

gemeinsame Arbeitsauf-

gabe für alle Mitglieder

Klare und kooperative

Führung

Kontinuierliche

Förderung von Kommuni-

kation und Kooperation

3.4.3 Was gewinnen Schulen durch

Teamentwicklung?

3.4.4 Wie kann Teamentwicklung in

Kollegien gefördert werden?

schen, unterschiedliche Meinungen und Rollen zu akzeptieren,

Absprachen zu treffen und einzuhalten, sich um Konsens zu

bemühen und sich gegenseitig zu unterstützen. Konflikte offen

und konstruktiv auszutragen gehört genauso dazu, wie sich ge-

genüber dem Umfeld solidarisch und offen zu geben. Teament-

wicklung ist also ein kontinuierlicher Wachstumsprozess einer

Gruppe, der nie abgeschlossen ist.

Teamentwicklung

kann gefördert

werden durch:

➔ Zielklarheit und eine

gemeinsame Arbeitsauf-

gabe für alle Mitglieder

➔ Klare und koopera-

tive Führung

➔ Kontinuierliche

Förderung von Kom-

munikation und Koope-

ration

➔ Unterstützung durch

die Schulaufsicht

➔ Externe Beratung

und Moderation

Vorteile von Teamentwicklung

■ Berufszufriedenheit

■ emotinale Entlastung

■ Engagement

■ Einfühlungsvermögen

Ziele ■

Normen ■

Werte ■

PERSÖNLICHER

WEITERENT-

WICKLUNG

VERSTÄRKTEM

KONSENS

BESSEREN

BEZIEHUNGEN

INTENSIVER

KOOPERATION

■ mehr Offenheit

■ mehr Ehrlichkeit

■ Achtung und Respekt

■ Toleranz

■ Vertrauen

Information ■

Absprache ■

Aktion ■

Feedback ■

TEAMENTWICKLUNGIM KOLLEGIUM

FÜHRT ZU …

➔➔

➔➔

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49

Innere Schulentwicklung Gesprächskultur

48

Teamentwicklung Innere Schulentwicklung

zu erarbeiten und zu modifizieren, Konflikte im Kollegium zu

thematisieren und zu lösen, sich gegenseitig Feedback zu geben

sowie den Entwicklungsprozess zu evaluieren. Erfahrungen an

Schulen zeigen, dass die Kollegien dann einen Prozess durchlau-

fen, der von zunehmender Offenheit und intensiverem Hinter-

fragen geprägt ist. Besonders lang gepflegte verdeckte Konflikte

oder Probleme mit der Schulleitung werden selten sofort thema-

tisiert. Man beginnt besser mit Sachthemen, erst im Verlauf einer

positiven Teamentwicklung werden »heiße Eisen« angepackt.

Beispiel für Anfangsstadium: Thema: »Wie können wir Schüler

besser unterrichten, die schlecht deutsch sprechen?

Beispiel für fortgeschrittenes Stadium: Thema: »Wie können wir

uns im Kollegium gegenseitig mehr respektieren?«

Systematische Maßnahmen der Personalentwicklung können

der Kommunikation und Kooperation an Schulen den Boden

bereiten. Dazu gehören die Berücksichtigung teamförderlicher

Aspekte bei der Zusammensetzung von Lehrerkollegien, die För-

derung und Auswahl von Führungskräften mit Teamführungs-

kompetenzen sowie die Schaffung der notwendigen Rahmenbe-

dingungen (Zeit, finanzielle Ressourcen).

Weil Teamentwicklung mit einer Veränderung der persönlichen

Einstellungen und mit der Veränderung von Beziehungen

zwischen den Team-Mitgliedern einhergeht, weil deshalb jeder

Beteiligte auch persönlich betroffen ist, kann Unterstützung

oder Supervision von außen sehr hilfreich sein. So kann die

Moderation eines Pädagogischen Tages zur Intensivierung der

Kommunikation und Kooperation oder die Mediation bei

Konflikten durch Fachleute, die persönlich nicht involviert sind

und zur Schule in einer unabhängigen Beziehung stehen,

leichter sein und zu weitreichenden Entwicklungen führen,

ohne dass die Führungskompetenz des Schulleiters geschwächt

wird (siehe auch Kap. 5). Beratung (»Coaching«) des Schul-

leiters kann ausreichen, damit er Teamentwicklungsmaßnahmen

selbst zu steuern vermag.

Holz/Schlamp: Gebrauchsanleitung für erfolgreiche Teamarbeit.

In: SchulVerwaltung Bayern, 9/2000

Holz/Schlamp: Von der Chefsache zur Teamsache. In: SchulVerwaltung Bayern, 4/2001

Langmaack, B./Braune-Krickau, M.: Wie die Gruppe laufen lernt. Weinheim 1989

Philipp, E.: Teamentwicklung in der Schule. Weinheim und Basel 1998

www.gym.moosburg.org/ (unter »Lehrer« Beispiele zur Schulentwicklung)

www.isb.bayern.de/ghs/index.htm (Projektdokumentation »Team 2000«)

Die Hinwendung zu neuen Formen des Lernens und Lehrens,

die Intensivierung der Elternarbeit oder die Entwicklung eines

Schulprogramms führen zwangsläufig zu einer Veränderung der

Kommunikation innerhalb einer Schule. Die Entwicklung des

Lehrers vom Einzelkämpfer zum Teamkollegen, die intensive

Kooperation des einzelnen (Fach-)Lehrers mit seinen Kollegen,

sei es z. B. in einem Jahrgangsstufenteam, in einer Fachschaft

oder in einer Steuergruppe, setzt eine konstruktive, an Lösungen

orientierte Kommunikation voraus. Bei gemeinsamem Handeln

sind Toleranz und Wertschätzung angesichts unterschiedlicher

Standpunkte wichtiger denn je, gleichermaßen ist Wissen im

Umgang mit Konflikten notwendig. Die Qualität der Entwick-

lung an der Schule hängt auch von der Professionalität des

Lehrerkollegiums in dieser Hinsicht ab.

Doch nicht nur unter den Kollegen verlangen die gemeinsame

Entwicklung und Arbeit an Projekten enge Abstimmung und

Koordination, auch mit den Schülern und Eltern gilt es, auf

kommunikativem Weg Übereinstimmung zu erzielen. Wenn

Externe Beratung und

Moderation

3.5 Gesprächskultur

Literaturhinweise

Links

Unterstützung durch

die Schulaufsicht

»Wertschätzende«

Kommunikation

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51

Innere Schulentwicklung Gesprächskultur

50

Gesprächskultur Innere Schulentwicklung

Nachhaltige Veränderung setzt auch bei der eigenen Person an.

Ausgangspunkt kann eine schriftliche Befragung der Schüler

(vgl. Kapitel 4) oder die Selbstbeobachtung durch Videoaufzeich-

nung während des Unterrichts sein. Verschiedene Vorgehens-

weisen können helfen, die eigene Kommunikations- und Kon-

fliktfähigkeit auszubauen, was zu verbesserter Handlungskompe-

tenz führt. Dabei spielt es keine Rolle, welchem kommunika-

tionstheoretischen Ansatz man folgen will, entscheidend ist die

Umsetzung im Alltag.

Günstiger als die Lektüre einschlägiger Publikationen ist das

Lernen durch eigenes Tun. Dass Fortbildungsangebote z. B. aus

folgenden Bereichen wahrgenommen werden, gehört zur Pro-

fessionalität der Lehrer:

➔ Gesprächsführung/Rhetorik (z. B. Gordon-Gesprächsführung)

➔ Themenzentrierte Interaktion (TZI)

➔ Moderationsmethode

➔ Konstanzer-Trainingsmodell

➔ Teamarbeit

➔ Mediation/Konfliktmanagement

Angebote finden sich im Programm z. B. der Akademie für

Lehrerfortbildung und Personalführung, der Volkshochschulen

und verschiedener Akademien.

Bewährte Selbsthilfemaßnahmen beim Umgang mit Kommuni-

kationsstörungen und Konflikten stellen kollegiale Beratung

und offenes Miteinander dar:

➔ offene Gespräche zwischen den Betroffenen (nicht über sie)

bei Unstimmigkeiten, Streit oder einem Konflikt, evtl. im Beisein

eines neutralen Dritten;

➔ Einhaltung des »offiziellen Beschwerdeweges« für Schüler

und Eltern (Fachlehrer, Klassenlehrer, Verbindungslehrer, Schul-

leitung) innerhalb der Schule;

➔ Unterrichtshospitationen mit einem Beobachtungsschwer-

punkt, z. B. Gesprächsverhalten des Lehrers unter Zuhilfenahme

eines Beobachtungsbogens (vgl. Konstanzer Trainingsmodell);

➔ Einrichten einer Intervisionsgruppe, um durch problem- und

ergebnisorientierte Kommunikation mit Kollegen zur Optimie-

rung der täglichen Arbeitsaufgaben zu gelangen.

3.5.2 Was Teams, Kleingruppen und Kollegien

tun können ...

3.5.1 Was der einzelne Lehrer tun kann ...

sich eine Schule verändern will, so gelingt das nur auf der Basis

offener und von gegenseitigem Vertrauen getragener Beziehun-

gen zwischen allen am Schulleben beteiligten Personen.

Aus diesem Grunde ist es notwendig, an jeder Schule Formen

der Kommunikation zu fördern, die trotz der Vielfalt von

Ansichten und Standpunkten dazu führen, dass gemeinsame

Lösungen gefunden werden und das Arbeitsklima gut bleibt.

Zukunftswerkstätten sind Veran-

staltungen zum kooperativen

und kreativen Lösen von Proble-

men, wobei die Teilnehmer mit

Unterstützung von Moderatoren

die Inhalte und den Prozess be-

stimmen. Zukunftswerkstätten

eröffnen als soziales Problemlö-

sungsverfahren Chancen, mög-

lichst viele, ob Lehrer, Eltern,

Schüler oder Mitarbeiter in der

Verwaltung, bezogen auf ein kon-

kretes Thema an der Gestaltung

des Kommenden zu beteiligen.

Vorgegangen wird nach einem

Drei-Phasen-Modell: Nach der

Bestandsaufnahme in der Be-

schwerde- bzw. Kritikphase wer-

den Utopien entwickelt, die

schließlich in der Verwirklichungs-

und Praxisphase auf ihre Reali-

sierbarkeit hin überprüft werden.

Projekte, die umsetzbar sind, wer-

den ausgewählt und bearbeitet.

Alle an der Schule Beteiligten

können mitwirken. Zukunfts-

werkstätten können sich über

einen Tag als schulinterne Fortbil-

dung, aber auch als Klausurta-

gung über mehrere Tage

erstrecken. Gegenstand sind

aktuelle Themen wie »Neue

Schüler – alte Schule«, »Lern-

werkstatt für Klassensprecher«,

»Verbesserungen für den

Schulalltag an der eigenen

Schule« etc. In jedem Falle wer-

den nicht zuletzt durch den

ganzheitlichen Ansatz umfassend

Perspektiven für die Zukunft

der eigenen Schule oder des

Unterrichts entwickelt.

Zukunftswerkstatt – ein Instrument kreativer Teamarbeit

Ziel ist es, bereits bestehende

schulische Einrichtungen und

neu gegründete Initiativen in

einem ganzheitlichen Kommu-

nikationskonzept zusammen-

wirken zu lassen. Schüler, Eltern,

Elternbeirat, Schulleitung und

Lehrer können gleichermaßen

Adressaten des Projekts wie

Beteiligte sein. Sie finden durch

Trainer, Konfliktmanager und

externe Berater Unterstützung.

Durch Orientierungshilfen,

Konfliktprävention, thematische

Projekttage und kommunika-

tionsfördernde Maßnahmen

kann sich allmählich eine

spezifische Kommunikationskul-

tur und Identität innerhalb einer

Schule entwickeln.

Bereiche möglicher Aktivitäten

➔ Lehrerseminar – Konflikt-

gespräche: Gleichermaßen für

Studienreferendare, für Berufs-

anfänger oder erfahrene Kolle-

gen geeignet – das Durchex-

erzieren von Konfliktsituationen

im Gespräch mit Unterstützung

eines Experten, z. B. im Rollen-

spiel mit Nachbesprechung.

➔ Elternseminar – Offene

Gespräche: Den Eltern der Ein-

gangsklassen wird ein thema-

tischer Info- bzw. Gesprächs-

abend angeboten, an dem in

Theorie und Praxis unter An-

leitung eines Fachmannes (evtl.

aus der Elternschaft) Gesprächs-

führung, offene Gespräche oder

auch Konfliktgespräche

erprobt werden.

➔ Schülerseminar – Mediation:

Schüler aller Altersstufen

erhalten die Gelegenheit, ein

»Konfliktmanagement-Training«

zu absolvieren, um so ihre so-

ziale Kompetenz zu stärken

und untereinander Konflikte

auf verträgliche Art auszutragen.

Systematische Entwicklung von Kommunikationsstrukturen

Gesprächstechniken und Verständnis lassen sich gezielt in klei-

nen Lehrerteams, Steuergruppen, Arbeitskreisen oder ganzen

Kollegien sowohl auf freiwilliger als auch verpflichtender Basis

schulen. Das geschieht entweder intern bei Pädagogischen Ta-

gen, Klausurtagungen mit Fachleuten aus dem Schulwesen, der

Wirtschaft oder Hochschule (Schulpsychologen, Trainern oder

Moderatoren usw.) oder extern in Einrichtungen der Lehrerfort-

bildung, Bildungsakademien, Volkshochschulen etc.

Die Weiterentwicklung der Gesprächs- und Streitkultur an

Schulen kann durch moderierte Konferenzen, Arbeitskreissit-

zungen und Teambesprechungen gefördert werden. Nicht nur

Kommunikations- und

Konfliktfähigkeit

Selbsthilfemaßnahmen

Streitkultur

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5352

Gesprächskultur Innere Schulentwicklung

Besemer, Ch.: Mediation - Vermittlung in Konflikten. Darmstadt 1994

Burow, O.-A./Neumann-Schönwetter, M. (Hrsg.):

Zukunftswerkstatt in Schule und Unterricht. Hamburg 1997

Glasl, F.: Konfliktmanagement. Handbuch für Führungskräfte und Berater. Bern 1994

Hendriksen, J.: Intervision - Kollegiale Beratung in Sozialer Arbeit und Schule.

Weinheim und Basel 2000

Höher, P./Höher, F.: Konfliktmanagement – Konflikte kompetent erkennen und lösen.

Freiburg 2000

Miller, R. (Hrsg.): Schule gestalten. Weinheim u. Basel 1996

Pädagogik 10/1997: Konflikte in der Schule

www.klg.musin.de/ (Klenze-Gymnasium München: Zukunftswerkstatt)

www.ullstein-realschule-fuerth.de (Leopold-Ullstein-Realschule: Leitbild)

www.schulen.regensburg.de/rsaj/ (Realschule am Judenstein)

Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus ist eine

entscheidende Bedingung für die Schulqualität. Insofern ist

es nur konsequent, wenn innere Schulentwicklung dieses

Miteinander stark betont. Handlungsbedarf resultiert aus meh-

reren Entwicklungen:

➔ Das Nebeneinander unterschiedlicher Lebensstile sowie die

veränderten Familienstrukturen wirken sich direkt auf die

Schule aus. Eine Neubestimmung des Zusammenspiels zwi-

schen Eltern und Schule im Bereich Erziehung ist notwendig.

➔ Die Balance zwischen »Wissensvermittlung« und »Erzie-

hung« als den Aufgaben der Schule wird neu bestimmt, mit

einer stärkeren Akzentuierung des Erzieherischen. Dies bein-

haltet zum Teil eine Neuorientierung der Lehrerrolle.

➔ Schulleitung und Lehrkräfte sehen sich häufig sehr unter-

schiedlichen Erwartungen der Eltern gegenüber. Gleichzeitig

wird die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrags an

den Schulen, gerade auch durch einzelne Lehrer, von einem

Teil der Eltern sehr intensiv beobachtet, analysiert und be-

wertet. Für pädagogisches und unterrichtliches Wirken werden

Erklärungen erbeten, zum Teil wird Mitsprache eingefordert.

das Eingehen auf andere und das Geltenlassen der Meinung der

Kollegen werden hier geübt, sondern auch das ziel- und ergeb-

nisorientierte Kooperieren.

Wenn eine Schule sich auf den Weg macht, bleiben Konflikte

nicht aus. Jede Störung birgt aber auch Chancen, eröffnet neue

Perspektiven und initiiert womöglich Kurskorrekturen. Eine

Schule, die ihre Schülerinnen und Schüler in klarer Zielorien-

tierung zu eigenverantwortlichen Menschen und mündigen

Bürgern erziehen will, muss als Lebens-, Lern- und Begegnungs-

raum wertschätzende Kommunikation und kollegiale Konflikt-

lösung vorleben. Wenn Lehrer nicht zusammenarbeiten,

können sie es von den Schülern nicht verlangen. Wenn Theorie

und Praxis aber eine Einheit bilden, wenn das Verhalten von

Lehrerin und Lehrer den vermittelten Lerninhalten entspricht,

dann ist die beste Voraussetzung für überzeugendes Unterrichten

und Erziehen gegeben.

3.6 Zusammenarbeitzwischen Eltern und Schule3.6.1 Gegenwärtige Bedingungen

der Zusammenarbeit

Innere Schulentwicklung Zusammenarbeit mit Eltern

Literaturhinweise

Links

Störung als Chance

Page 28: Innere Schulentwicklung in  · PDF fileBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Innere Schulentwicklung in Bayern Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen

5554

Zusammenarbeit mit Eltern Innere Schulentwicklung

Schule muss sich heute also auch in neuer Weise rechtfertigen.

Diese Entwicklung darf sie aber nicht in eine reine Verteidigungs-

position bringen, im Gegenteil: Sie sollte offensiv als Chance

begriffen werden, möglichst alle Eltern in eine Mitverantwortung

für ihre Kinder und für die Schule als Ganzes einzubinden.

Eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule

führt zur Klärung der Rollen und Aufgaben sowie zu einem besse-

ren gegenseitigen Verständnis. Diese Kooperation zu entwickeln

braucht einen langen Atem und intensives Bemühen auf beiden

Seiten. Aber beide sind am Gelingen interessiert, da sie ein

gemeinsames Anliegen eint: Kindern und Jugendlichen die best-

mögliche Förderung und Bildung zu ermöglichen und sie so zu

qualifizieren, dass sie für ihr zukünftiges Leben gut gerüstet sind.

Der Kommunikation in vorurteilsfreier Atmosphäre ohne

Misstrauen und Ängste kommt große Bedeutung zu. »Vertrau-

ensbildende Maßnahmen« können durch folgende Bausteine

der Elternarbeit gefördert werden:

➔ Moderierte Elternabende, die möglichst mit Beteiligung der

Schüler stattfinden und die Eltern in den Verlauf intensiv ein-

binden.

Beispiel: Ein moderierter Klassenelternabend der 8. Jahrgangs-

stufe, vorbereitet von einer Schülergruppe. Am Flipchart hängt

die Tagesordnung, durch das Programm führt die Klassenspre-

cherin. An den Gruppentischen werden in aus Lehrer(n), Eltern

und Schüler(n) bestehenden Gruppen die vereinbarten Themen

diskutiert, etwa: Wie können gute Schüler ihren schwächeren

Mitschülern helfen? Welche Möglichkeiten gibt es, dass sich

Eltern und Schüler über den Unterricht hinaus engagieren?

Eltern präsentieren die Ergebnisse der Tischgruppen. Zum

Abschluss werden die Maßnahmen zusammengestellt, die man

gemeinsam anpacken möchte (z. B. Hausaufgabendienst bei

Erkrankungen bzw. begründeter Abwesenheit von Schülern).

➔ Gemeinsame Pädagogische Abende für Lehrer und Eltern:

Bewährt haben sich z. B. Gespräche mit Experten zu einem

bestimmten Thema, etwa »Veränderung der Eltern- und Lehrer-

rolle in der Pubertät der Schüler«.

➔ Pädagogische Workshops für Eltern, die eine aktive Beteiligung

ermöglichen (z. B. Durchführung einer Lernspirale zum Thema:

»Wie bereitet ein Schüler eine Klassenarbeit richtig vor?«).

Dabei erleben Eltern Unterricht hautnah, indem sie mit densel-

ben Methoden arbeiten wie ihre Kinder.

➔ Gemeinsame Fortbildung von Lehrern und Eltern, beispiels-

weise zum Thema »Kommunikation und Konfliktlösung«;

ein Baustein könnten Techniken der Gesprächsführung in der

Elternsprechstunde sein.

➔ EPA-Elterntraining (European Parents Association), in dem

Eltern in Moderationsmethoden geschult werden, um gemein-

sam Problemlösungen zu finden.

Die Bereiche der Zusammenarbeit leiten sich z. B. aus folgenden

Fragestellungen ab:

➔ Welche Wertvorstellungen vertreten und setzen wir um im

schulischen Alltag und außerhalb der Schule? Gibt es in den

Bereichen »Wertvorstellungen« und »Erziehung« einen

Konsens von Kollegium, Schulleitung, Eltern und Schülern?

➔ Welche Aktivitäten haben sich im schulischen Alltag bewährt

(z. B. die Mitgestaltung von schulischen Festen oder Exkursio-

nen) und welche neuen Wege sollen beschritten werden (z. B.

die Teilnahme von Eltern an Unterrichtsstunden zum Kennen-

lernen neuer Methoden, etwa am Tag der offenen Tür)?

➔ Wäre eine gemeinsame Projektgestaltung denkbar? Die breite

Palette von Möglichkeiten reicht von Projekten zur Pausen-,

Exkursions- und Schulhausgestaltung über Sonderaktionen

(z. B. autofreier Schultag an beruflichen Schulen) bis hin zur

gemeinsamen Schuljahresplanung, etwa im Hinblick auf

außerunterrichtliche Aktivitäten wie Projekttage, Schüleraus-

tausch usw.

➔ Inwieweit besteht Bereitschaft für (finanzielle) Unterstützung

in Form von Zuwendungen für Preise, von sachbezogenen

Spenden, individuellem Sponsoring, aber auch im Hinblick auf

eine Öffnung gegenüber Firmen, z. B. bei der Einführung von

modernem Schulmanagement?

➔ Welche Möglichkeiten bestehen, die berufliche und gesell-

schaftliche Kompetenz der Eltern einzubeziehen, z. B. im Fach-

und Wahlunterricht, bei Veranstaltungen zur beruflichen

Orientierung und bei der Kooperation zwischen Schule und

Wirtschaftsunternehmen?

3.6.2 Bereiche der Zusammenarbeit

3.6.3 Bausteine der Elternarbeit

3.6.4 Der strukturelle Rahmen

der Zusammenarbeit

Innerhalb des Schulbetriebs ist es sinnvoll, eine offene Ge-

sprächskultur zu pflegen und diese durch einen strukturellen

Rahmen zu verankern. Die genannten »Bausteine« der Eltern-

arbeit benötigen ein tragendes Fundament und müssen durch

Innere Schulentwicklung Zusammenarbeit mit Eltern

»Vertrauensbildende

Maßnahmen«

Offene

Gesprächskultur

Gemeinsames

Anliegen

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57

Innere Schulentwicklung Mitwirkung

56

Zusammenarbeit mit Eltern Innere Schulentwicklung

organisatorische Klammern zusammengehalten werden, damit

sich nachhaltige Zusammenarbeit verwirklichen lässt. Im Schul-

alltag kann diese zum Beispiel durch folgende Maßnahmen Ge-

stalt annehmen:

➔ Jour fixe des Elternbeirats mit der Schulleitung,

➔ pädagogische Konferenz mit Beteiligung des Elternbeirats,

➔ gemeinsam von Schule und Eltern gestalteter, vom Schul-

leiter verantworteter regelmäßiger »Schulbrief« als Mitteilungs-

organ aller Beteiligten,

➔ regionale Vernetzung mit anderen Schulen und Institutionen,

z. B. als »Forum Eltern-Lehrer-Schüler« (FELS).

Für die Tragfähigkeit des Schulentwicklungsprozesses kommt

aber auch der Gremienarbeit große Bedeutung zu. Hier gilt

es u. a., die Funktion des Schulforums zu stärken. Überlegungen,

diesem Gremium mehr Entscheidungskompetenz zu überant-

worten, zielen dabei ebenso in diese Richtung wie Vorschläge,

die Mitwirkungsmöglichkeiten für die Eltern auszubauen (Mit-

arbeit der Eltern am Leitbild der Schule usw.).

Unterstützung erhält diese Arbeit durch die Elternverbände oder

die Fortbildungseinrichtungen. Damit die Schulen – auch im

Hinblick auf eine verstärkte Elternmitwirkung – voneinander

lernen und ihre Erfahrungen austauschen können, wäre die

Nutzung des Internet hilfreich. Einen Einstieg bietet das Schul-

entwicklungsportal (vgl. unten).

In den letzten Jahrzehnten haben sich viele Rahmenbedingun-

gen mit großer Dynamik verändert und damit auch eine andere

Ausgangslage für Handeln im (staatlichen) Bildungssystem ge-

schaffen. Insbesondere hat es sich herausgestellt, dass zahlreiche

Aufgaben der Schule nicht mehr einheitlich zentral geregelt

werden müssen, sondern dass es günstiger ist, sie in die Verant-

wortung der Einrichtung vor Ort zu legen. Die gleiche Entwick-

lung ist innerhalb der Einzelschule notwendig: Aufgaben und

Verantwortung werden von der Schulleitung an Teams oder

Einzelne delegiert, die Lehrkräfte und – je nach Gegebenheit –

auch die Eltern und Schüler werden in Entscheidungsprozesse

einbezogen. Folglich müssen die Voraussetzungen für eine

solche Mitwirkung und Mitgestaltung, für »Demokratie in der

Brandau, J.: Miteinander geht’s besser. Wien 1984

Hepp, G. (Hrsg.): Eltern als Partner und Miterzieher in der Schule.

Wege und Möglichkeiten zu einer pädagogischen Kooperation. Stuttgart 1990

Kowalczyk, W./Ottich, K.: Erfolgreich starten: Elternabende mit Pfiff.

In: Pädagogische Welt 47 (1993), S. 398-405

Miller, R.: »Mit Lehrern kann man ja doch nicht reden!«

»Eltern wissen immer alles besser!« Über den geduldigen Aufbau der

Kommunikation. In: Pädagogik 44 (1992), S. 26-30

www.km.bayern.de/eltern/index.html (Eltern-Seite des Staatsministeriums)

www.km.bayern.de/schulentwicklung (Schulentwicklungsportal des

Staatsministeriums)

www.bildungsserver.de/ (unter »Eltern« Links zu Elternvereinigungen)

www.epa-parents.org (European Parents’ Association)

www.ph-heidelberg.de/org/ifw/lili/elternarbeit.htm (Literaturliste)

3.7 Mitwirkung und Mitgestaltung

Demokratie in der Schule

Literaturhinweise

Links

Mitwirkung in

Gremien

Page 30: Innere Schulentwicklung in  · PDF fileBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus Innere Schulentwicklung in Bayern Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen

59

Innere Schulentwicklung Mitwirkung

58

Mitwirkung Innere Schulentwicklung

Schule«, ausgebaut werden. Zwei Felder, die ineinander greifen

und sich gegenseitig bedingen, verdienen dabei besondere

Aufmerksamkeit:

➔ Prinzipien der Gestaltung und der Verwaltung der Schule;

➔ demokratische Prinzipien als Leitgedanken in Unterricht

und Erziehung.

Demokratie in der Schule meint etwas anderes als die spiegel-

bildliche Übertragung eines parlamentarischen Systems bzw. der

entsprechenden Verfahrensweisen auf den schulischen Bereich.

In der modernen Schule müssen sich Prozesse und Gegeben-

heiten entwickeln, die über einen längeren Zeitraum für alle

Beteiligten gültige Arbeitsgrundlage sind. Dies gelingt nicht allein

mit Mehrheitsentscheidungen. Möglichst alle – Lehrer, Schüler,

Eltern – müssen einbezogen und auf Dauer motiviert werden.

Dazu bedarf es der Regelung im Konsens. Zu begründen ist dieser

Anspruch zudem damit, dass die meisten Prozesse in der Schule

kommunikative Beziehungen zwischen Menschen betreffen.

Gerade deshalb bedarf es sensibler Vorgehensweisen, die auf

Konsens und gemeinsame Vereinbarung hin angelegt sind.

Demokratie in der Schule heißt also Entwicklung einer Verein-

barungskultur zwischen allen Beteiligten und zwischen allen

Ebenen.

Demokratisierungsprozesse im Bereich der Gestaltung und Ver-

waltung der einzelnen Schule sind durchaus möglich. Eine

zentrale Rolle spielen dabei – wiederum auf allen Ebenen – die

Übernahme (und damit verbunden auch die Übergabe) von

Verantwortung sowie die Eigenständigkeit und Selbstbestimmt-

heit innerhalb eines bildungspolitisch und juristisch vorgegebe-

nen Rahmens als Voraussetzung für die Selbstorganisation der

Schule. In Verbindung mit kontinuierlicher Evaluation kann

dann die Schule ihre Arbeit entsprechend ausgestalten. In der

Diskussion sind u. a. folgende Ansätze:

➔ Die Schule entscheidet – im vorgegebenen Rahmen – eigen-

ständig über Finanz- und Zeitbudgets, z. B. über die Verteilung

von Lehrerstunden; auch bei der Einstellung von Lehrkräften

ist die Mitentscheidung der Schule gefragt.

➔ Bestimmte pädagogische Belange der Schule werden in Teams

bearbeitet. Die so vorbereiteten Entscheidungen werden ge-

meinschaftlich getroffen und von Lehrern, Schülern und Eltern

mitgetragen und mitverantwortet. Dazu werden geeignete

Strukturen für die Zusammenarbeit geschaffen bzw. beste-

hende, gesetzlich vorgesehene Gremien der Lehrer, Schüler und

Eltern stärker miteinander vernetzt.

Aufbau eines Vertrauens-

verhältnisses zwischen

Elternhaus und Schule

➔ Die Schulleitung ist stärker auf kollegiale Zusammenarbeit

und Unterstützung von innen (»kollegiale Schulleitung« im

Team) angelegt. Gleichermaßen gewinnt die Zusammenarbeit

mit dem Sachaufwandsträger, mit der Schulaufsicht und den

Partnern in der Region an Bedeutung.

➔ Die lokale Kooperation mit den Kirchen, mit Wirtschaftsbe-

trieben, Vereinen, Behörden etc. öffnet die Schule und er-

möglicht eine Orientierung von Bildung und Erziehung am

»Ernstfall Leben« (vgl. Kapitel 3.8).

➔ Möglichst alle Beteiligten, vor allem auch die Kinder und

Jugendlichen, sollten in die Entscheidungsprozesse nach ihren

jeweiligen Möglichkeiten einbezogen werden, etwa im Rahmen

von Schulparlamenten.

Demokratische Schulkultur verlangt ein entsprechendes Rollen-

verständnis bei allen an Schule Beteiligten. Kommunikation

und Kooperation sind besonders wichtig, Abschottung und

Einzelkämpfertum müssen überwunden werden. Folgende Bei-

spiele sollen schlaglichtartig aufzeigen, was in der Praxis vor

diesem Hintergrund möglich ist und z. T. auch bereits an einzel-

nen Schulen vollzogen wird, wie man beim Bildungskongress

in Augsburg im April 2000 sehen konnte. Es genügt nicht, über

Demokratie zu reden, man muss sie leben. Dazu gibt es im

schulischen Kontext eine ganze Reihe von konkreten Hand-

lungsbereichen.

Regelung im Konsens

Übernahme von

Verantwortung

Demokratische

Schulkultur

Durch verstärkte Kommunikation zwischen Eltern, Lehrern

und Schülern können mehr Transparenz, höheres Problembe-

wusstsein und konsequentes Handeln im alltäglichen Miteinan-

der erreicht werden. Unterstützt werden solche Prozesse u. a.

durch das Angebot von Begegnungsmöglichkeiten bei Klassen-

feiern, Elterncafés, Ausflügen und bei gemeinsamen Arbeiten

für die Schule (Pausenhof, Schulhausgestaltung etc.).

➔ Aufbau eines Vertrauensver-

hältnisses zwischen

Elternhaus und Schule

➔ Partnerschaftlicher Umgang

mit Konflikten

➔ Übernahme von

Verantwortung für das

gesamte Schulleben

➔ Selbstbestimmtheit in

Lernprozessen

Handlungsbereiche

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Innere Schulentwicklung Mitwirkung

60

Mitwirkung Innere Schulentwicklung

Ordnungswidriges

Verhalten

1. Abfall liegen lassen

2. Spucken im Hof, in den Toiletten,

im Klassenzimmer

4. Beschädigung fremder Sachen

(Bei Beschädigung von Fahrrädern

tritt wegen aktueller Anlässe sofort

Maßnahme 1 in Kraft.)

6. Aufsichtspersonen ärgern (Haus-

meister, Mittagsaufsicht, Busbeglei-

ter)

Obwohl wir in der Regel liebe, brave und ordentliche

Schüler sind, hielten es unsere Lehrer für sinnvoll, für den

Fall der Fälle vorzusorgen. Deshalb überlegten wir in den

Klassen gemeinsam, welche »Maßnahme« im Bedarfsfall

gerecht sei. In der Klassensprecherversammlung wurden

die Vorschläge gesammelt und im Schulforum bespro-

chen und beschlossen. Zu Beginn eines jeden Schuljahres

wird unser Schulrecht in der Klassensprecherversamm-

lung neu diskutiert und überarbeitet. Durch unsere Unter-

schrift können wir uns damit einverstanden erklären.

Folgen für dieses Verhalten im

Wiederholungsfall mit verschärften

Maßnahmen

Während der Mittagspause Hofdienst

bzw. Zimmerdienst

1. Reinigen der betroffenen Sachen

(Spiegel, Jacken) und Entschuldigung

beim Mitschüler

2. wie 1. und Mitteilung an die Eltern

1. Schaden gutmachen durch Eigen-

leistung wo möglich, z. B. Wände

streichen oder durch Bezahlen des

Schadens

2. wie 1.+ Mitteilung

1. eine Woche besonders höflich und

nett sein (entfällt bei Beleidigung,

dann sofort 2.) , Aufsatz über »Mam-

minger Schulrecht«

2. Mitteilung an Eltern

3. Schriftlicher Verweis

(immer entschuldigen!)

Kontrolle

Schüler meldet sich beim Reinigungs-

personal

Lehrer verständigt Reinigungsperso-

nal bzw. Hausmeister

Lehrer verständigt Reinigungsperso-

nal bzw. Hausmeister

Klassleiter

Klassleiter nach Rücksprache bei der

Aufsichtsperson

Diese Vorschläge wurden von der Klassensprecherversammlung erarbeitet und im Schulforum beschlossen.

Name: _______________________________ Vorname: ____________________________ Klasse: _____________________________

Ich bin mit den oben dargestellten Vorschlägen zur Einhaltung unserer schulischen Ordnung einverstanden

und werde mich daran halten.

Mamming, ____________________________________________________________________________________________________________

Datum, Unterschrift des Schülers/der Schülerin

Das Mamminger Schulrecht (Auszug)Was passiert, wenn wer was anstellt?

Durch (zunächst versuchsweise) Einführung von »Klassen-

räten«, »Schülerrat«, »Schulvollversammlung« und »Arbeits-

ausschüssen« erleben die Schüler zum einen die Schwierigkeit

und die Notwendigkeit, unterschiedliche Auffassungen zu dis-

kutieren, Meinungsverschiedenheiten auszutragen und gemein-

sam Entscheidungen zu treffen, andererseits aber auch den

Erfolg dieser oft sehr mühsamen Prozesse. Die Rücksichtnahme

aufeinander und das persönliche Zurückstecken werden dabei

zu einer Pflicht. Die Struktur der Gremien sollte Kontinuität in

der Arbeit ermöglichen. In höheren Jahrgangsstufen (z. B. im

Gymnasium) sind weiter differenzierte Formen der Mitwirkung

und Mitverantwortung möglich.

Die tagtägliche Lernarbeit leistet ebenfalls einen Beitrag bei der

Erziehung zur Demokratie. Schüler müssen heute vorrangig

lernen, ihre Lernarbeit selbstständig und eigenverantwortlich

durchzuführen. Dies muss aber auch bei der Gestaltung des

Unterrichts durch den Lehrer zur selbstverständlichen Praxis

werden. In diesem Bereich vollziehen sich gegenwärtig bedeut-

same Umbrüche, indem der Lehrer seine Rolle erweitert und

stärker als Lernberater gestaltet. Die Respektierung der Eigenver-

antwortlichkeit für den individuellen Lernprozess ist prinzipiell

in allen Jahrgangsstufen möglich (vgl. Kapitel 3.2).

Demokratie muss Leitbild und Prinzip der pädagogischen

Arbeit sein. Zur Erfüllung dieses Anspruchs kann Schulentwick-

lung einen unverzichtbaren Beitrag leisten.

Bekannte Beispiele hierfür sind das »Mamminger Schulrecht«

(HS Mamming) sowie das Konfliktlotsen-Modell (z. B. VS Peters-

aurach, vgl. unten). Durch gemeinsame Beratung über die

Regeln des Zusammenlebens an der Schule wächst die Einsicht

in deren Notwendigkeit. Der persönliche Einsatz für die Auf-

rechterhaltung und Weiterentwicklung der Regeln ermöglicht

das Einüben demokratischer Verhaltensweisen in der täglichen

Praxis. Entscheidend ist die gemeinsame, selbstbestimmte Arbeit

an Verträgen, Problemlösungen und Sanktionen.

Übernahme von

Verantwortung für das

gesamte Schulleben

Selbstbestimmtheit

in Lernprozessen

Partnerschaftlicher

Umgang mit Konflikten

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63

Innere Schulentwicklung Öffnung der Schule

62

Mitwirkung Innere Schulentwicklung

Innere Schulentwicklung und Öffnung von Schule bedingen

sich gegenseitig. Schulentwicklung hat lebensnahes, praktisches

und nachhaltiges Lernen als Beitrag zur Qualitätssteigerung des

Unterrichts zum Ziel. Lernen in der Praxis trägt Entscheiden

des zur Persönlichkeitsbildung der jungen Menschen bei. Eine

stärkere Profilbildung, die den Gegebenheiten des Umfelds ent-

spricht, sowie eine intensivere Kooperation mit Partnern vor

Ort ist Anliegen vieler Schulen. Für diese Ziele müssen sich die

Schulen ihrem Umfeld gegenüber mehr als bisher öffnen.

Der Begriff »Öffnung der Schule« ist vielfältig und facetten-

reich; mit ihm werden Konzepte einer »Stadtteilschule«,

»offenen Schule«, »Nachbarschaftsschule« bis hin zur »Projekt-

schule« abgedeckt. So unterschiedlich die jeweilige Ausprägung

auch sein mag, im Kern meint Öffnung der Schule vielfältige

und intensive Verknüpfungen des Lebens in der Schule mit

dem in der Gemeinde.

Die Diskussion um das Konzept tätigt Anleihen aus dem weiten

Feld der »Community Education«, deren Grundidee es ist, die

bisher in der Regel nebeneinander existierenden Bereiche

Bildungseinrichtungen und »reales Leben« im Stadtteil, in der

Gemeinde oder in der Region auf der anderen Seite zu ver-

netzen, damit sich der alte pädagogische Leitspruch »non

scholae sed vitae discimus« bewahrheiten kann. Kooperation

3.8 Öffnung der Schule

3.8.1 Was meint »Öffnung der Schule«?

Fountain, S.: Wir haben Rechte ... und nehmen sie auch wahr. Mühlheim 1996

Hövel, W.: Die Rechte der Kinder – Freinet-Pädagogik. Bremen o. J.

Mücke – Unterrichtsreihe für die Grundschule: Kinder mischen mit. Wiesbaden o. J.

Voß, R. (Hrsg.): Die Schule neu erfinden. Systemisch-konstruktivistische

Annäherungen an Schule und Pädagogik. Neuwied 1999

www.demokratisch-handeln.de (Aktion »Demokratisch Handeln – Ein Förder-

programm für Jugendliche«; Friedrich-Schiller-Universität Jena; mit weiter-

führenden Links)

www.ahs.uni-osnabrueck.de (Aktion Humane Schule)

www.fmi.uni-passau.de/schule/schulen/mamming/vsmhome.htm (HS Mamming)

www.shuttle.de/m/g-h-r/ (HS am Gerhard-Hauptmann-Ring München)

http://freinet.paed.com/ (Freinet-Kooperative e. V. - Bundesverband der

Freinet-Pädagogen)

Literaturhinweise

Links

Die Volksschule Petersaurach

(Grund- und Hauptschule mit ca.

400 Schülerinnen und Schülern)

begann 1998 im Rahmen ihres

Schulentwicklungsprogramms

das Projekt »Gewaltfreie

Schule«. Ziel war es, die Inter-

aktion und Kommunikation

zwischen Schülern, Lehrern und

Eltern zu optimieren. Dazu sollte

ein Höchstmaß an Transparenz,

Mitbestimmung und Koopera-

tion, aber auch Verantwortung

und Selbsttätigkeit bei allen

Beteiligten entwickelt werden.

➔ Nach einer gemeinsamen

Ideensammlung und -prüfung

im Kollegium wurden sechs ver-

schiedene Arbeitsgruppen ein-

gerichtet:

1. Lehrervorstellung: Alle in ei-

ner Klasse unterrichtenden Lehr-

kräfte trafen sich am Schuljahre-

sanfang mit den Schülern, um

über die Erwartungen und Ziele

zu sprechen und so eine grund-

legende Transparenz zu schaffen.

2. Schulrecht: In dieser Arbeits-

gruppe wurde über eine Schul-

hausordnung im Konsens zwi-

schen Eltern, Schülern und Leh-

rern verhandelt. In demokrati-

schen Abklärungsverfahren (z. B.

im Rahmen der Klassensprecher-

versammlung, des Kollegiums

etc.) wurden sozial unverträgli-

che Verhaltensweisen benannt

und mit Sanktionen belegt.

3. Schlichtung: Schüler der Jahr-

gangsstufen 8 und 9 wurden

zu Streitschlichtern ausgebildet,

die im Rahmen des Schulrechts

bei Konflikten behilflich sind.

Dazu wurden 4 x 2 Schüler als

Schlichterteams geschult. Wei-

tere Schüler der Jahrgangsstu-

fen 4 und 9 dienen als Pausen-

ordner. Die Helfer und Schlichter

werden öffentlich vorgestellt.

4. Benimmkurs: Prosoziale Ver-

haltensweisen (als Komplemen-

tierung des Schulrechts) wurden

formuliert und in verschiedenen

Zusammenhängen auch trai-

niert. Ältere Schüler überneh-

men Patenschaften für jüngere.

5. Zur Ruhe kommen: Es wurde

eine Meditationskiste herge-

stellt, die ausgeliehen werden

kann und dazu dient, Übungen

zum Aggressionsabbau in den

Klassen und Gruppen durchzu-

führen.

6. Pausengestaltung: Um die

Aggressivität in der Pause zu

mindern, wurden Pausenkisten

für sinnvolle Beschäftigungen

gefüllt. Außerdem wurden im

Sportunterricht alte Spiele

vorgestellt und eingeübt. Die

Klassenlehrkräfte propagierten

diese Spiele auch in ihren

Klassen.

Das »Petersauracher Schulrecht«

wurde im Mai 1999 im Schul-

forum verabschiedet und stieß

bei den Eltern auf große Reso-

nanz. Von seinem Wesen her ist

es stets offen für Modifikationen;

im März 2000 wurde es erst-

mals im Schulforum revidiert.

Damit ist es zu einem lebendigen

Bestandteil demokratischen

Lebens an der Schule geworden,

der von allen Beteiligten akzep-

tiert wird und somit für allseitige

»Rechtssicherheit« sorgt.

Die gewaltfreie Schule – Ein Projekt an der VS Petersaurach

Kontakt über: www.petersaurach.de/schule

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65

Innere Schulentwicklung Öffnung der Schule

64

Öffnung der Schule Innere Schulentwicklung

Wenn Schüler mit ihrem Lernergebnis an die Öffentlichkeit

treten, ist damit sicherlich zum einen eine höhere Motivation

verbunden, zum anderen ist Authentizität gegeben. Dem Nach-

haltigkeitsanspruch an das Lernen wird auf diese Weise in be-

sonderer Form nachgekommen. Präsentiert z. B. eine Schulthea-

tergruppe ihr erarbeitetes Theaterstück oder Musical im Stadt-

theater, so liegt für die Beteiligten – aber auch für die gesamte

Schule – mit Sicherheit ein besonderer Reiz und Anspruch darin.

Ähnlich ist dies, wenn Schüler »Radio machen« und im Lokal-

sender auf Sendung gehen oder in Zusammenarbeit mit der

Zeitungsredaktion (regelmäßig) eine Seite der (Lokal-)Zeitung

gestalten. Dieser höhere Anspruch wird auch spürbar, wenn

z. B. ein Teil der im Kunstunterricht erstellten Arbeiten für »Eine

Welt-Aktionen« zur Verfügung gestellt wird.

Schulen sind keine »sozialen Inseln«. Der »Blick über den

Zaun«, etwa in Form der Zusammenarbeit mit Einrichtungen der

Jugendhilfe, Altenarbeit oder anderen Institutionen des sozialen

3.8.2 Welche Ziele verfolgt die Öffnung von Schule?

Seit dem Schuljahr 1997/98 neh-

men bayerische Schulen am

»Projekt JUNIOR« (Junge Unter-

nehmer Initiieren, Organisieren,

Realisieren) teil, das vom Institut

der Deutschen Wirtschaft (Köln)

initiiert wurde. In Bayern ist

der Kooperationspartner das

Bildungswerk der Bayerischen

Wirtschaft (bbw). Im genannten

Projekt haben Schüler ab der

9. Jahrgangsstufe die Möglich-

keit, sich als Unternehmer zu

versuchen.

Befristet auf ein Schuljahr grün-

den 8–10 Jugendliche ein Miniun-

ternehmen und agieren damit –

anders als bei Planspielen – im

tatsächlichen Wirtschaftsleben.

Sie beschaffen Kapital, produ-

zieren und verkaufen Sachgüter

oder erbringen Dienstleistungen,

beschäftigen Mitarbeiter und

entlohnen sie, erstellen Bilanzen

und Geschäftsberichte. Damit

können sie im Unterricht erwor-

bene Kenntnisse in der Praxis

anwenden.

Nach einem Schuljahr wird der

Betrieb aufgelöst und ein mögli-

cher Gewinn an die Anteilseigner

ausgeschüttet. Das Institut

der Deutschen Wirtschaft unter-

stützt die Schüler bei der Be-

treuung der Unternehmen und

übernimmt z. T. die Presse- und

Öffentlichkeitsarbeit. Im Schul-

jahr 2000/2001 nahmen ca. 38

bayerische Miniunternehmen

aus unterschiedlichen Regionen

und Schularten an JUNIOR

teil. Die erfolgreichsten Unter-

nehmen können sich jeweils

(noch einmal) in einem Landes-,

Bundes- und Europawettbewerb

messen. Ihre Aufgabe ist es,

ihre Geschäftsideen und -strate-

gien der Öffentlichkeit und

einer Jury in Form eines Messe-

standes und einer Kurzpräsen-

tation vorzustellen.

»Projekt JUNIOR«

mit Partnern vor Ort ermöglicht es, einerseits das Wissen und

die Erfahrung außerschulischer Experten Gewinn bringend zu

nutzen, andererseits kann auch die Schule gezielt(er) auf das

schulische Umfeld einwirken. Aus der Fülle der Beispiele werden

hier einige herausgegriffen: Betriebspraktika und »Schnupper-

lehren« (z. B. im Rahmen der Vorbereitung auf die Berufswahl),

das Projekt »Junior – Schüler gründen ihr eigenes Unternehmen

und vermarkten ihr Produkt«, das in Zusammenarbeit mit dem

Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) durchgeführt

werden kann, und der Schulsozialdienst.

Umfelds, mit Unternehmen, politischen Organisationen, Verbän-

den und Kultureinrichtungen (wie Theater, Kleinkunstbühnen,

Museen usw.) kann den Unterricht und die Erziehungsarbeit, die

an der Schule geleistet werden – besonders auch im Hinblick auf

Persönlichkeitsbildung und Werteerziehung – sehr bereichern.

Durch derartige Maßnahmen kann der Schüler besser als allein

durch theoretische Beschäftigung dazu befähigt werden, als

mündiger Staatsbürger soziale Verantwortung zu übernehmen.

In allen Schularten wird ein solches »Lernen vor Ort« in Fach-

lehrplänen (z. B. in Religionslehre, Ethik, Sozialkunde, Heimat-

und Sachkunde, Wirtschafts- und Rechtslehre bzw. Arbeitslehre)

bereits explizit gefordert, jedoch ist es auch im Sinne des »Ge-

samtsystems Schule«, die Schüler möglichst früh auf die sie um-

gebende und sich stetig wandelnde Wirklichkeit vorzubereiten

und hinzuführen.

Beispiel: Damit Schüler nicht »nur« in der Theorie Lebens- und

Problemfelder kennen lernen, bietet es sich an, ihnen durch

einen auf einen längeren Zeitraum (z. B. ein Schuljahr) angeleg-

ten Sozialdienst oder ein (freiwilliges) Sozialpraktikum prakti-

sche Erfahrungen zu ermöglichen. So gehört es z. B. zu den

freiwillig übernommenen Aufgaben eines Sozialdienstes im

Rahmen der Nachbarschaftshilfe, für alte und/oder behinderte

Menschen einzukaufen, ihnen bei alltäglichen Arbeiten zu

helfen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Dabei

gilt es, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen. Die Schüler

übernehmen für einen gewissen Zeitraum Verantwortung für

einen Mitmenschen; sie werden dadurch zum Überdenken und

Hinterfragen ihrer eigenen Rolle und Position in der Gesellschaft

angeregt. Ohne Zweifel wird auf diese Weise der Reifeprozess

der jungen Menschen positiv beeinflusst.

3.8.3 Von der Idee zur Umsetzung

Motivation

und Authentizität

»Blick über den Zaun«

Sozialpraktikum

ENTSCHEIDUNG FÜR DIE ARTDES KONTAKTS

(z. B. wirtschaftlicher, politischer, sozialer oder künstlerischer Bereich) unter Einbeziehung von Schulleitung, Lehrern, Schülern und Eltern

KONTAKTAUFNAHME UNDERSTGESPRÄCH

Ziel: langfristig angelegte und institutionalisierte Kooperation von gleich-berechtigten Partnern (evtl. sogar Vertragsabschluss)

DURCHFÜHRUNG DER

MASSNAHMEmit Dokumentation (evtl. filmisch) und abschließender Präsentation

EVALUATIONder Einzelmaßnahme und des Gesamtkontakts unter Einbeziehung aller Beteiligten

(unter Einbeziehung der Partner, wenn möglich vor Ort), Ziel: handlungsorien-tierte Formen (z. B. Beobachtungsaufträge, Befragungen von Mitarbeitern)

DETAILLIERTE VORBEREITUNG

DER EINZELMASSNAHME

➔➔

➔➔

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67

Innere Schulentwicklung Neue Medien

66

Öffnung der Schule Innere Schulentwicklung

Der dargestellte Prozessverlauf lässt sich – z. T. mit leichten

Veränderungen – auf die Zusammenarbeit mit vielen Institutio-

nen (z. B. Unternehmen, Verbänden, Kultureinrichtungen)

anwenden.

Um eine bestmögliche Verankerung der Zusammenarbeit zu er-

reichen, empfiehlt es sich, die Partnereinrichtung aktiv ins

Schulleben einzubeziehen, z. B. durch Einladungen zu Schul-

veranstaltungen wie Konzerten, Schulfesten, Pädagogischen

Tagen, schulinternen Fortbildungsveranstaltungen und

Konferenzen.

Da solche Partnerschaften bisher weder für Unternehmen bzw.

Institutionen noch für die meisten Schulen eine Selbstverständ-

lichkeit sind, ist am Anfang das gegenseitige Kennenlernen

besonders wichtig, damit evtl. vorhandene Vorurteile oder

Widerstände abgebaut werden. Kontakte sollten möglichst von

Anfang an nicht (nur) auf den Aspekt Finanzen (Sponsoring)

reduziert werden.

Die Schulen sind mit Computern ausgestattet – natürlich nie

ganz ausreichend und nie auf dem jeweils aktuellsten Stand –

und sie sind am Netz. Es gibt auch kaum noch Lehrer, die den

Computereinsatz öffentlich ablehnen. Und die Schüler pflegen

mittlerweile eine nüchterne Haltung zum oft genug lästigen

Arbeitsmittel Computer. Die Euphorie der Pionierzeit ist an-

scheinend vorbei.

Warum also den »Neuen Medien« eine eigene Rolle in der

Schulentwicklung einräumen, zumal einige Entwicklungen so-

gar kontraproduktiv zu wirken drohen? Mit dem Beamer kann

nämlich ein altbackener Frontalunterricht seine Renaissance

feiern, die mögliche Delegation medienpädagogischer Fragestel-

lungen an ein isoliertes Fach »Informatik« könnte deren

Bei der Anbahnung von Kontakten zu sozialen Einrichtungen

können z. B. Caritas und Diakonisches Werk behilflich sein,

bei Kontakten zur Wirtschaft bieten sich die zuständige Indus-

trie- und Handelskammer, die Handwerkskammer sowie das

Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft an. Auch die örtlichen

Gruppen des Arbeitskreis(es) Schule/Wirtschaft können wert-

volle Hilfe leisten.

Kuld, L., Gönnheimer, St.: Compassion: sozialverpflichtetes Lernen und Handeln.

Stuttgart 2000

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Gestaltung des Schullebens

und Öffnung von Schule – ein Beitrag zur Qualitätsverbesserung von Schule.

Soest 1997

Lanig, J.: Nürnberger Projektatlas – Angebote für ein handlungsorientiertes Lernen,

hrsg. von der Stadt Nürnberg – Pädagogisches Institut. Nürnberg 1994

Pädagogik, Das Leben in die Schule holen, Heft 2/ 1996

http://home.t-online.de/home/pkg-gersthofen/ (Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen:

unter »Projekte« Dokumentation zum Sozialpraktikum)

http://mgfuerstenzell.de/frameset/faecher.htm (Maristen-Gymnasium Fürstenzell:

Beispiele für Öffnung der Schule im Bereich Wirtschaft, u. a. Projekt »Junior«)

www.schulstiftung-freiburg.de/ (Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg: u. a.

Dokumentation von »Compassion – ein Projekt sozialen Lernens«)

www.gunnet.de/smg (Simon-Marius-Gymnasium Gunzenhausen: Sozialdienst)

3.8.4 Wer unterstützt Schulen?

3.9 Neue Medien

Literaturhinweise

Links

Einbeziehung der

Partner ins Schulleben

Arbeitsmittel

Computer

Produktives

Potenzial für Schul-

entwicklung

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➔ ➔

➔ ➔

69

Innere Schulentwicklung Neue Medien

68

Neue Medien Innere Schulentwicklung

fächerübergreifendes Potenzial zunichte machen. Gleichzeitig

müssen auch Bedenken und Befürchtungen der Lehrer ernst

genommen werden: So kann z. B. die automatische Protokollie-

rung des Nutzerverhaltens von Kollegen im Schulnetz unkon-

trollierte, intransparente Überwachungs- und Machtsphären

schaffen.

Die Nutzung der Medien besitzt jedoch ein großes produktives

Potenzial für die Schulentwicklung in den drei Handlungs-

feldern Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung

(vgl. Kapitel 1).

Doch nicht nur die Einbeziehung des Internet macht eine Ver-

änderung im Unterricht nötig. Neue Formen des Lehrens und

Lernens (s. Kapitel 3.2) setzen immer mehr auf »eigenverant-

wortliches Arbeiten«, die Visualisierung von gedanklichen Zu-

sammenhängen oder die Präsentation von Ergebnissen. Hier-

für bietet Computersoftware viele nützliche Werkzeuge. Die

Präsentationen beim jährlichen bayerischen »Landesfestival Neue

Medien« zeigen, dass ältere Schüler heute noch einen Schritt

weiter gehen und komplexe, anspruchsvolle Lernsoftware

schreiben.

Unterricht mit den Neuen Medien wird also effizienter, weil

neue und motivierende Ressourcen genutzt werden und weil sie

den Zugriff auf alle nur möglichen Informations- und Wissens-

bestände eröffnen. Er wird reicher und vielfältiger und er verän-

dert sich innovativ in Richtung eigenverantwortliches Arbeiten.

Entscheidend aber ist, dass die Arbeit am Computer der neuen

»Philosophie« des Lernens entspricht: Sie erlaubt einen hohen

Grad an Individualisierung, ermöglicht bzw. fordert eine expe-

rimentelle, Variationen erprobende Haltung. »Modellierung

von Wissen« wird so sinnlich erlebt. Dies wird den Unterricht

verändern.

Der Lehrer muss dabei – wie sonst wohl in keinem anderem

Bereich – als Begleiter der Arbeitsprozesse fungieren. Der Unter-

richt gewinnt aber nachhaltig nur dann, wenn die Schule in

einem gemeinsamen Entscheidungsprozess einen Plan erarbeitet,

wann in welcher Klasse und in welchem Bereich der Rechner

eingesetzt wird (vgl. unten »Medienplan«).

3.9.1 Neue Medien und Unterrichtsentwicklung

Das Internet bietet bereits heute eine Überfülle an Informatio-

nen. In Zukunft werden vermehrt schulbezogene Anbieter dazu-

kommen: Private Anbieter sowie staatliche Stellen werden

konkurrierende Bildungsserver und Fachportale betreiben.

Auch das Angebot wird sich qualitativ verbessern, inhaltlich

und technisch (z. B. durch interaktive Videos, 3D-Szenarien,

neue Verteilungswege). Daneben werden die wild wuchernden

Angebote von www.spickzettel.de bis www.nachhilfe.com weiter

anwachsen.

Gegenüber den traditionellen Medien, sei es das autorisierte

Schulbuch oder das Arbeitsblatt des Lehrers, macht die Fülle von

Ergebnissen bei Internetrecherchen die kritische Beurteilung

der Informationen unerlässlich. »Quellenkritik« bekommt so

einen neue Bedeutung: In der täglichen Unterrichtspraxis wird

sie ein absolut notwendiger Teil des Arbeitsprozesses bereits in

der Grundschule.

Präsentationstechnik I

Kommunikationtraining I

Lineare Präsentation von

InformationKlasse 7

Projektabwicklung I

Teamentwicklung IInformationsdesign Klasse 8

Präsentationstechnik II

Kommunikationtraining IIBeschaffungswege für Infor-

mation, Bewertung und

Selektion von Information;

Vernetzung von Information

Klasse 9

Projektabwicklung II

Teamentwicklung II

Vorhandene Kompetenzen in der Oberstufe einsetzen

Klasse 10

Grundlagen Informatik Klasse 6

ALF-Programm,

Grundlagen,

Methodentraining

Klasse 5

Gymnasium OttobrunnMedien- und Methoden-Curriculum

➔ ➔

Gymnasium OttobrunnMedien- und Methoden-Curriculum

Bildungsserver

und -portale

»Quellenkritik«

Werkzeuge

Individualisierung

des Lernens

»Medienplan«

Historische

Quellenbe-

wertung (G)

Internet-

recherche

(E oder D)

Entwicklung

einer den

Inhalt unter-

stützenden

Grafik (Ku)

PROJEKTz. B. Betriebswirtschaft

(WR)

Informations-

darstellung

in vernetzten

Strukturen

(M)

Konfliktbe-

wältigung

(Rk/Ev/Eth

oder D)

Präsentation

von vernetz-

ten Inhalten

(z. B. D)

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71

Innere Schulentwicklung Neue Medien

70

Neue Medien Innere Schulentwicklung

Auch im Bereich Organisationsentwicklung kann die Nutzung

der Neuen Medien für Schulentwicklung ein positives Potenzial

entfalten, wenn sie in den Bereichen Kooperation, Führung und

Kommunikation folgende Ergebnisse gewährleistet:

➔ Erhöhung der Effizienz von Arbeitsabläufen,

➔ Schonung menschlicher und ökonomischer Ressourcen,

➔ Zunahme der Transparenz von Prozessen, v. a. von Ent-

scheidungsprozessen, die für die Schule als Ganzes von Bedeu-

tung sind,

➔ Entwicklung von Beteiligungsformen zur Stärkung der Identi-

fikation mit der einzelnen Schule.

gemeinsamen Dokumenten arbeiten, es können komplexe,

gemeinsame Arbeitsplattformen entstehen. Jede Schule muss

hier Modelle entwickeln, wie solche Werkzeuge und Netzstruk-

turen für Organisationsentwicklung genutzt werden können.

3.9.2 Neue Medien und Organisationsentwicklung

Bei der Überlegung, wie Computernetze und -programme im

Bereich Organisationsentwicklung sinnvoll genutzt werden kön-

nen, ist von bestehenden technischen Lösungen auszugehen.

Zum Beispiel können Projektplanungssysteme in Verbindung mit

Intranetlösungen eine sinnvolle Perspektive eröffnen: Virtuelle

Diskussionsforen machen Diskussionsverläufe transparent,

»schwarze Bretter« und »Newsgroups« mit automatisierter Be-

nachrichtigung schaffen ein Optimum an Information. Über ver-

teilte Lese- und Schreibrechte können Schüler und Lehrer an

➔➔

➔ ➔

➔➔

➔ SIS – Schul-Informations-

System

Das SIS ist eine Schulentwick-

lungsmaßnahme. Über das Inter-

net (www.fvls.de) werden näm-

lich alle relevanten Infor-

mationen der Schule an Schüler,

Eltern, Partnerschulen, das

Netzwerk der Realschulen und

die interessierte Öffentlichkeit

weitergegeben, z. B. Projekt-

ergebnisse, zusätzliche Hausauf-

gaben, täglicher Vertretungs-

plan, aktueller Terminplan,

Adressen, Lageplan, Schüler-

zeitung, Jahresbericht, Aktuelles

zu Schulveranstaltungen. Darü-

ber hinaus existiert ein Schüler-

Diskussionsforum u. a. m.

➔ SIN – Schul-Intra-Net

Im SIN – Schul-Intra-Net werden

u. a. ergänzende Lehrmaterialien

(z. B. Mathematik-Vorbereitun-

gen zum Programm Euklid)

und Programme angeboten, die

von Schülern und Lehrern in-

dividuell und je nach Bedürfnis

genutzt werden können. Außer-

dem dient das Intranet als ge-

meinsame Arbeitsplattform

für Projektarbeiten der Schüler.

Im Intranet befinden sich

Prüfungsarbeiten, notwendige

Daten und Arbeitsmaterialien.

Von jedem Raum der Schule

kann auf die Daten des SIN zu-

gegriffen werden. Dazu sind

mobile Rechner-/Video-/Beamer-

Einheiten vorhanden. Für die

Schüler stehen frei zugängliche

Rechner zur Verfügung. Der

Datenzugriff auf das SIN ist nur

innerhalb des Schulhauses

möglich.

Die Kollegen haben die Möglich-

keit, mittels eines gemeinsamen

Datenpools (der z. B. Klassen-

arbeiten, digitalisierte Dias,

MP3-Files, Textdateien, sonstige

Materialien enthält) ihren

Unterricht effektiver vorzuberei-

ten und zu gestalten.

➔ SELF – Schüler-Eltern-Lehrer-

Fortbildung

Schüler, Eltern und Lehrer sollen

dazu befähigt werden, die an-

gebotenen Projekte effektiv

zu nutzen. Während die Schüler

diesen Inhalten im Rahmen des

Unterrichts begegnen, müssen

für Lehrer und besonders

auch für Eltern eigene Fortbil-

dungsveranstaltungen angebo-

ten werden. Dabei sind die

Praxisnähe und Anwendbarkeit

des Gelernten oberstes Ziel.

(www.fvls.de/semik.html)

Wissensmanagement an der Franz-von-Lenbach-Schule Schroben-hausen (Staatliche Realschule) – Ausschnitt aus der Projektbeschreibung im Rahmen des Schulversuchs SEMIK

3.9.3 Neue Medien und Personalentwicklung

Zentraler Ansatzpunkt der Personalentwicklung ist die Lehrer-

fortbildung. Die rasanten Entwicklungen im Bereich Multimedia

und Telekommunikation erfordern ein großes Engagement im

Fortbildungsbereich. Hier sind vor allem innovative Instrumente

des Telelernens zu beachten, wie sie die Akademie für Lehrer-

fortbildung und Personalführung (ALP) bereits in Pilotprojekten

anwendet. In der schulinternen Lehrerfortbildung (SCHILF)

können ebenfalls die neuen Technologien eine wichtige Rolle

wahrnehmen. Gleichzeitig wird in Zukunft die Vermittlung von

Medienkompetenz innerhalb der Lehrerausbildung eine ent-

scheidende Dimension darstellen.

Heute noch in einem Versuchsstadium, morgen wohl selbstver-

ständlich: Stellenbörsen auch für Lehrer an öffentlichen Schulen

werden bald im Internet zu finden sein. Anbieter (Schulen)

und Nachfrager (Lehrer) können dann dort ihre Profile veröf-

fentlichen, um möglichst passgenaue Anstellungen zu ermögli-

chen.

Typische Netzstruktur

Transparenz und

Effizienz

Arbeitsplattformen

im Netz

Medienkompetenz

durch Fortbildung

Stellenbörse

Computer-

raum

Lehrerfort-

bildungIntra-Net

Werbung

Schulhaus-

vernetzung,

Anbau

Medien- und

Methoden-

curriculum

STEUER-

GRUPPE

Design und

Inhalt

Administra-

tion

Kuratorium

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Bertelsmann Stiftung, Heinz Nixdorf Stiftung (Hrsg.): Bildungsinnovation

durch Medien. Gütersloh 1997

Langen, C. (Hrsg.): Schulinnovation durch neue Medien. Gütersloh 1999

Tulodziecki, G.: Medien in Erziehung und Unterricht. Bad Heilbrunn 1997

Tulodziecki, G./Blömeke, S. (Hrsg.): Neue Medien – Neue Aufgaben für

die Lehrerausbildung. Tagungsdokumentation. Gütersloh 1997

Wagner, E.: Schulentwicklung mit Neuen Medien, in: SchulVerwaltung BY 7/8/2000

www.schule.bayern.de/ (Bayerischer Schulserver)

www.alp.dillingen.de/ (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung

Dillingen)

www.isb.bayern.de/bf/mvwissen/aufruf.htm (ISB zum Modellversuch

SEMIK – Systematische Einbeziehung von Medien, Informations- und

Kommunikationstechnologien in Lehr- und Lernprozesse)

www.bildungsserver.de/ (Deutscher Bildungsserver)

www.inis.stiftung.bertelsmann.de/set.htm (Netzwerk innovativer Schulen in

Deutschland (NIS) und Internationales Netzwerk Innovativer Schulsysteme (INIS))

www.netzwerk-medienschulen.de/ (Netzwerk Medienschulen)

www.fvls.de/semik.htm (Projekte an der Franz-von-Lenbach-Schule

Schrobenhausen (Staatliche Realschule) zum Modellversuch SEMIK)

www.m.shuttle.de/m/go/schulentwicklung/go

(Gymnasium Ottobrunn: goWEB-Lernen mit neuen Medien)

www.schulweb.neu-ulm.de (Schulversuch Multimedia und Telekommunikation)

73

Innere Schulentwicklung Neue Medien

72

Neue Medien Innere Schulentwicklung

Ohne die Nutzung der digitalen Medien ist die Schule der Zu-

kunft nicht vorstellbar. Es müssen jedoch unterstützende Rah-

menbedingungen geschaffen werden. Der Schulversuch MUT

(= Multimedia- und Telekommunikation) des Staatsinstituts

für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) hat ergeben,

dass für den Einsatz der Neuen Medien folgende Rahmenbe-

dingungen notwendig sind:

➔ kontinuierliche Fortbildung des Kollegiums,

➔ Professionalisierung der Systembetreuung (Fachkraft, Quali-

fizierungsangebote, Zeitbudget),

➔ technische und didaktische Kompetenzen der Lehrkräfte,

➔ technische Infrastruktur, die aus Sicht der Lehrkräfte stabil

und verlässlich ist,

➔ hohes Engagement der Lehrkräfte,

➔ konstruktive Unterstützung durch die Schulleitung.

Die Verwendung der Neuen Medien setzt bei allen Beteiligten

großes Engagement und Veränderungen auf unterschiedlichsten

Ebenen voraus. Natürlich sind nicht alle Maßnahmen kurz-

fristig realisierbar. Benötigt werden ein offenes, kommunikatives

Klima, Fehlertoleranz in den Kollegien wie auch genügend

Freiräume in den Lehrplänen.

3.9.4 Resümee

Beispiel eines MedienplansNeue Medien im Bereich derdrei Felder der Schulent-wicklung

Literaturhinweise

Links

➔ UNTERRICHTS-ENTWICKLUNGQualitätssteigerung durch ein breites

Angebot u. a. an

■ Lernsoftware

■ Präsentationsprogrammen

■ Bildungsportalen

■ interaktiven Videos

■ Unterrichtsmaterialien im Netz

Qualitätssteigerung durch neue

Methoden

■ erprobendes Arbeiten

(»Modellierung von Wissen«)

■ eigenverantwortliches Lernen

■ ...

➔ PERSONAL-ENTWICKLUNGAusbildung

■ Medienkompetenz für alle Lehrer

Fortbildung (Telelernen und SCHILF)

■ Hardwareschulung

■ Softwareschulung

■ CBT (Computer-Based-Training)

■ veränderte Lehrerrolle

Nutzung für Personaleinstellungen

■ ...

➔ ORGANISATIONS-ENTWICKLUNGEffizienz und Transparenz bei

internen Abläufen mit Hilfe von z. B.

■ Intranet

■ W-LAN (Wireless Local Area

Network)

■ Projektplanungssystemen

■ Diskussionsforen

Effizienter Umgang mit Ressourcen

durch

■ Stundenplanprogramme

■ Systembetreuung

■ ...

UMSETZUNGSPHASE■ Unterrichtsentwicklung (Wann soll in welcher Klasse und in welchem Bereich der Rechner

eingesetzt werden?)

■ Personalentwicklung (An welcher Stelle werden welche Qualifikationen benötigt

und wie kann gewährleistet werden, dass diese auch zur Verfügung stehen?)

■ Organisationsentwicklung (Welche Prozesse können computergestützt optimiert werden?)

EVALUATIONPLANUNGSPHASE■ Erstellung von: 1. Technologieplan,

2. Finanzplan und 3. Fortbildungsplan

■ Projektplanung für die Umsetzung

■ Einrichtung einer Steuerungsgruppe

ZIELFORMULIERUNG■ In welchem Feld der Schulentwicklung

soll gearbeitet werden?

■ Definition von Meilensteinen

AKTUALISIERUNGUND WEITERENTWICKLUNG

DES MEDIENPLANS

IST-ANALYSE■ Welches Know-how ist an der Schule vorhanden?

■ Welche Ausstattung steht zur Verfügung?

■ Welche Erwartungen existieren bei Schülern, Eltern, im Umfeld der Schule?

■ Welche externen Ressourcen stehen zur Verfügung?

➔ ➔

➔➔ ➔

Rahmenbedingungen

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75

Innere Schulentwicklung Evaluation

»Qualität ist, wenn der Kunde wieder kommt und nicht das

Produkt.« – Diese griffige Definition aus der Wirtschaft zeigt,

wie ähnlich und zugleich wie verschieden der Qualitätsbegriff in

Wirtschaft und Schule interpretiert werden kann. Wer sind die

Kunden, was ist das Produkt der Schule?

Verschieden ist, dass Erziehung und Bildung äußerst komplexe

Prozesse sind, deren Qualitäten sich nicht einfach am wettbe-

werbsorientierten Marktgeschehen messen lassen, sondern ins-

besondere an Werten, Bildungskonzeptionen, Erziehungszielen

und kulturellen Traditionen.

Ähnlich ist, dass Schule kein Selbstzweck ist, sondern dienende

Funktion hat und Rechenschaft über ihre Leistung(en) ablegen

muss: Kern der schulischen Arbeit ist die Bildung der Schüler.

Als so verstandener »Dienstleistungsbetrieb« wird Schule zu-

nehmend an Qualitätsmaßstäben gemessen und muss sich selbst

die stetige Prüfung von Qualität zur Aufgabe machen. Die

4.Evaluation und Qualitätsentwicklung

Qualität in Wirtschaft

und Schule4

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77

Innere Schulentwicklung Evaluation

76

Evaluation Innere Schulentwicklung

bereits dargestellten zentralen Handlungsfelder (vgl. Teil 3) sind

übrigens wichtige Kriterien für Schulqualität.

Die Frage, was Schulqualität ist, ist allerdings nicht so leicht zu

beantworten. So wird man diese kaum allein vom Stand schul-

fachlicher Leistungen her (wie bei TIMSS) definieren können.

Fragt man Schüler, so könnte die Antwort vielleicht lauten:

»Eine Schule, in der ich viele Freunde habe und in der ich nicht

so viele Hausaufgaben bekomme.« Lehrkräfte mögen sagen »Ein

Ort, wo ich gerne arbeite und mich wohlfühle.« Eltern dagegen

könnten anführen: »Eine gute Schule führt mein Kind zu guten

Noten und sicheren Abschlüssen.« Fragt man von außen nach,

z. B. einen Steuerzahler, so wird dieser vielleicht vordringlich

Effizienz einfordern; schließlich kostet eine Lehrerstunde aufs

Jahr gerechnet 4.000 bis 5.000 DM.

Galt bis vor kurzem noch als ausgemacht, dass deutsche, ins-

besondere bayerische Schulen, in punkto Schulqualität Spitze

sind, so haben die Ergebnisse von TIMSS (Third International

Mathematics and Science Study) hierzulande einen heilsamen

Schock ausgelöst. Das wichtigste Ergebnis ist bekannt: Deutsche

Schüler schnitten im internationalen Vergleich in Mathematik

und Naturwissenschaften nur mittelmäßig ab. Dieser – für

viele desillusionierende – Befund wurde mittlerweile bestätigt

durch andere Analysen (u. a. der zentralen Jahrgangsstufentests

in Mathematik und Deutsch an bayerischen Schulen). Auch

deren Fazit lautet: Zu viele Schüler haben deutliche Wissens-

und Könnensdefizite, vor allem in den Bereichen Grundlagen-

kenntnisse sowie problemlösendes und selbstständiges Denken

und Arbeiten.

Drei Fragen helfen weiter, wenn schulintern Qualität ermittelt

werden soll:

➔ Was wollen wir?

➔ Wo stehen wir?

➔ Wie erreichen wir unsere Ziele?

Wurde ein Leitbild oder Schulprogramm entwickelt (vgl.

Kapitel 3.1), stellt sich rasch die Frage: »Wie können wir das

ins praktische Handeln umsetzen?« Dazu müssen den oft noch

globalen, allgemeinen Leitzielen konkrete Inhalte gegeben

werden, indem man Kriterien (Merkmale von Qualität) und

Indikatoren (Kennzeichen) bildet.

Soll z. B. das eigenverantwortliche Lernen und Arbeiten der

Schülerinnen und Schüler gefördert werden, so ist zunächst

genauer zu klären:

➔ Was ist darunter zu verstehen?

Kriterien (Merkmale) könnten das selbstständige Planen von

Lernprozessen, Teamarbeit und die Beherrschung bestimmter

Methoden sein.

4.1 Schulqualität auf dem Prüfstand

4.2 Woran lässt sich Qualität erkennen?

Es gilt also: Was Schulqualität ist, kann nicht einfach verordnet

werden. Darüber entscheiden die Akteure, indem sie sich über

gemeinsame Kriterien von Qualität verständigen. Deshalb kann

Schule zunächst ihre Qualität selbst am besten bestimmen – in-

terne Qualitätssicherung.

Schulqualität kann sicher unterschiedlich interpretiert werden.

Dies heißt aber nicht, dass der Begriff deshalb beliebig ist und

Qualitätsprozesse künftig ganz ins Belieben der einzelnen Schu-

len gestellt sind. Vielmehr werden etwa verstärkt Maßnahmen

der externen Qualitätssicherung, wie die Formulierung von Min-

deststandards (z. B. beim Grundwissen) und jahrgangsbezogene

Tests (z. B. zur Fach- und Methodenkompetenz), für Vergleich-

barkeit der Unterrichtsqualität sorgen. Beides ist sinnvoll und

notwendig: Die eigene Schule selbst unter die Lupe zu nehmen,

ebenso aber auch den Blick von außerhalb als Chance zur Wei-

terentwicklung zu begreifen.

Der vorrangige Qualitätsbereich von Schule ist klar umrissen: Es

ist der Unterricht und hier wiederum die Qualität der Förderung

der Schülerinnen und Schüler. Dies gilt sowohl in fachlicher

als auch in persönlichkeitsbildender Hinsicht. Alle Verbesserun-

gen müssen die einzelnen Schüler erreichen. Ausgangspunkt

für die Steigerung der Unterrichtsqualität ist die an Qualitätskri-

terien orientierte Evaluation.

Was ist Schulqualität?

Gesellschaft/Wirtschaft Gesetzgeber,

z. B. Lehrpläne

Einzelschule, z. B. Leitbild,

Schulprogramm

➔➔

Befunde

Auffassung

von Schulqualität

Interne

Qualitätssicherung

Externe

Qualitätssicherung

Vorrang der

Unterrichtsqualität

Kriterien und Indikatoren

Wissenschaft, z. B.

Pädagogik/Bildungstheorie

QUALITÄT»was den Anforderungen

von … entspricht«

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79

Innere Schulentwicklung Evaluation

78

Evaluation Innere Schulentwicklung

Die Ergebnisse der Evaluation bilden die Basis für jede konkrete

Maßnahme zur Steigerung der Unterrichtsqualität (»Keine

Maßnahme ohne Diagnose«). Allerdings ist Evaluation für viele

Lehrkräfte ein derzeit noch hoch problematischer Begriff. Noch

ist vielen nicht klar: Bedeutet das mehr Kontrolle oder ist es

hilfreich für die Arbeit? Es hat sich deshalb als sinnvoll erwiesen,

mit der Selbstevaluation des Unterrichts zu beginnen, z. B. durch

den Einbau regelmäßiger Schüler-Rückmeldungen im Unterricht.

Die Schlüsselfrage könnte etwa lauten: »Sollten wir Lehrkräfte

nicht selbst ein großes Interesse daran haben zu erfahren, was

unser Unterricht bei unseren Schülern bewirkt und wie wir

das Lernen fördern können?« Mit Selbstevaluation beginnen

heißt also, zunächst den eigenen Unterricht unter die Lupe zu

nehmen. Das Handlungsfeld Unterricht ist äußerst komplex.

Umso mehr brauchen Lehrkräfte Informationen darüber,

z. B. beginnend mit der Frage: »Wie nehmen die Schüler/innen

meinen Unterricht wahr?« Diese Rückmeldung muss, soll das

Vorgehen erfolgreich sein, ohne Kontrolle von außen erfolgen

können. Lehrer und Schüler handeln hier als Lernpartner

autonom. Die Eltern werden natürlich über den Vorgang an sich

informiert.

4.3 Evaluation in der schulischen Praxis

Qualitätsarbeit konkret: Woran lässt sich Qualität überhaupt erkennen? Kartenabfrage

Was wollen wir? ➔ QUALITÄTSLEITZIELE

Was sind die Merkmale? ➔ KRITERIEN

Woran erkennen wir

Entwicklungen?➔ INDIKATOREN

Womit können wir messen

und überprüfen?➔ METHODEN/INSTRUMENTE

gut geklappt?

Was hat bei der Gruppenarbeit deiner Meinung nach …

nicht gut geklappt?

Selbstevaluation

➔ Woran kann man den Vorgang jeweils erkennen?

Ein Indikator wäre z. B. die Zeitdauer, die Schüler für die selbst-

ständige Strukturierung arbeitsteiligen Vorgehens benötigen.

➔ Wie kann der Erfolg gemessen werden?

Hier kommen Methoden/Instrumente wie Zeitmessung, Beob-

achtungs- und Fragebögen, Testaufgaben usw. zum Einsatz.

Entscheidend ist dabei immer die Frage: Woran lässt sich

Qualität erkennen?

Die Evaluation kann auf verschiedene Weise durchgeführt

werden:

➔ Reflexion des eigenen Unterrichts (siehe Beispiel der

Schülerrückmeldung oben);

➔ Unterrichtsbeobachtung durch andere Lehrkräfte mit vorher

vereinbarten, gezielten Beobachtungsaufgaben, wie z. B. Frage-

formen, Verteilung der Lehrer-Schüler-Kontakte, und

Feedback-Gespräche darüber;

➔ standardisierte Leistungserhebungen und Tests (z. B. Ver-

gleichsarbeiten in einer Jahrgangsstufe als Aufgabe der

Fachschaft);

➔ Befragungen von Schülern, Eltern, Lehrkräften (Fragebögen).

Im Kern geht es darum, im eigenen Unterricht und an der

Schule eine »Feedback-Kultur« aufzubauen durch systematische

und kontinuierliche Formen der Rückmeldung. Fremdevaluation

Defizit- und

»Schatzsuche«

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81

Innere Schulentwicklung Evaluation

80

Evaluation Innere Schulentwicklung

ergänzt die Innenansicht und verhindert selektive Wahrneh-

mung. Auch sie muss in erster Linie entwicklungsorientiert sein,

d. h. nicht einseitig auf Defizit- und Fehlersuche gerichtet sein,

sondern auf gemeinsame »Schatzsuche«. Dafür spricht auch,

dass gerade für Neues eine feste Basis der Argumentation nötig

ist. Nicht alles, was im Bereich der neuen Lernformen praktiziert

wird, ist an sich schon gut. Deshalb ist z. B. zu fragen: »Was taugt

unsere Freiarbeit? Erreichen wir mit dem Methodentraining die

angestrebten Ziele bei den Schülerinnen und Schülern?« Zur

angepeilten »neuen Lernkultur« gehört eben auch, dass Lehr-

kräfte selbstkritisch nachfragen. Damit erfüllen sie eine Vorbild-

funktion: Schließlich muss die Schule ein Modell dafür sein,

wozu sie erzieht.

Die Erfahrungen, die Lehrerinnen und Lehrer beispielsweise

mit regelmäßigen Befragungen bei ihren Schülern gemacht

haben, mit Lerntagebüchern und anderen Rückmelde-Metho-

den, zeigen jedenfalls: Es lohnt sich!

Baumert, J./Lehmann, R. u. a.: TIMSS – Mathematisch-naturwissenschaftlicher

Unterricht im internationalen Vergleich. Deskriptive Befunde. Opladen 1997

Buhren, C. G. u. a.: Qualitätsindikatoren für Schule und Unterricht.

Ein Arbeitsbuch für Kollegien und Schulleitungen. Dortmund 1999

Czinzcoll, B.: Auf der Suche nach Kriterien für die Qualität von Schulen,

in: SchulVerwaltung BY 1/2001

Fend, H.: Qualität im Bildungswesen. Weinheim/München 1998

Herrmann, J./Höfer, Ch.: Evaluation in der Schule – Unterrichtsevaluation.

Berichte und Materialien aus der Praxis. Gütersloh 1999

Institut für Schulentwicklungsforschung (Hrsg.): IFS-Schulbarometer. Dortmund 1996

Kempfert, G./Rolff, H.-G.: Pädagogische Qualitätsentwicklung. Weinheim 1999

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung: Evaluation und Schulentwicklung.

Bönen 1996

Stern, C./Döbrich, P. (Hrsg.): Wie gut ist unsere Schule? Gütersloh 1999

Süddeutsche Zeitung (Hrsg.): Was leisten oberbayerische Gymnasien? München 2001

Wie gut ist unser Gymnasium? Bestandsaufnahme. Impulse zur Weiterentwicklung.

(ISB, in Bearbeitung)

Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schulinternen Evaluation.

CD-ROM des ISB (kostenloser Bezug ab Ende 2001)

www.timss.mpg.de/ (Ergebnisse der TIMS-Studien)

www.mpib-berlin.mpg.de/Pisa (Informationen zum Leistungstest PISA)

www.ifs.uni-dortmund.de (Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität

Dortmund mit vielen »Werkzeugen« zur praktischen Evaluation)

www.oberschulamt-stuttgart.de/ (Oberschulamt Stuttgart; unter »Forum

Schule« u. a. praktische Beispiele zur Evaluation des Unterrichts)

www.qis.at (Österreichisches Bildungsministerium zum Projekt »Qualität in Schulen«)

Literaturhinweise

Arbeitshilfe

Links

»Spinnennetz« – Visualisierung von Evaluationsergebnissen

Durchfallerquoten

6 = sehr hoch

1 = sehr niedrig

gleiche

Anforderungen

in Parallel-

klassen

Kontakte

mit lokaler

Wirtschaft

Zufriedenheit

der Eltern

SchülerorientierungFührung durch den

Schulleiter

Führung durch

Fachbetreuer

Kooperation

der Lehrer

Informationsfluss

Neue Lehrmethoden

Abiturerfolge

»Spinnennetz« als

eine Möglichkeit der

grafischen Darstellung

von Ergebnissen der

Evaluation6

5

4

3

2

1

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Innere Schulentwicklung Unterstützung

Warum brauchen Schulen Unterstützung? Sind sie nicht seit

langem professionell genug, um ihr »Geschäft« – den Unterricht

– hinreichend gut zu führen? Das Bild der Schule als eines

lernenden Systems fordert von allen Beteiligten, Neuland zu

betreten. Neben der Stabilisierung und Optimierung von

Bewährtem steht jetzt Veränderung auf der Tagesordnung. Der

Prozess der Veränderung birgt Unsicherheiten und Risiken,

fordert aber auch neue Fähigkeiten und Fertigkeiten. Soweit

Schule diese Veränderungen nicht aus eigener Kraft bewältigen

kann, werden neue Formen der Unterstützung nötig. Die

beiden Felder dafür sind:

5. Unterstützung innerer Schulentwicklung

5Qualifizierung,

Beratung, Begleitung

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Innere Schulentwicklung Unterstützung

84

Unterstützung Innere Schulentwicklung

➔ Qualifizierung, z. B. in Form von Fortbildungen durch

externe Trainer, und

➔ Beratung und Begleitung, z. B. in Form von Schulentwick-

lungsberatung durch ausgebildete Experten.

(vgl. Prozessmodell unten). Schulleitung und Lehrkräfte konn-

ten dabei ihre eigenen Vorstellungen von »guter Schule« schritt-

weise realisieren und erfuhren, wie befriedigend und emotional

entlastend das aktive und gemeinsame Bemühen sein kann. Auf-

grund der grundsätzlich positiven Erfahrungen wurde es in der

Folge selbstverständlich, verschiedene Experten von außen zur

Fortbildung in inhaltlichen Fragen (Unterrichtsmethoden, Fragen

der Leistungserhebung u. a. m.) einzuladen.

Die Zwischenbilanz der Grundschule in A. zeigt, dass in einem

Entwicklungsprozess unter Einbeziehung eines externen Beraters

in zwei Jahren mehr passieren kann als nur die anfangs ange-

strebte Veränderung der Unterrichtsformen. Es ist ein umfassen-

der, »systemischer« Schulentwicklungsprozess angestoßen wor-

den, der in oft kleinen Schritten Veränderungen auf verschiede-

nen Ebenen gebracht hat und keineswegs zu Ende ist: Der ex-

terne Berater hat durch Gespräche mit der Schulleitung, mit

einer kleineren Gruppe aus dem Kollegium und schließlich durch

die Moderation mehrerer schulinterner Fortbildungsveranstal-

tungen, darunter auch eines Pädagogischen Tages, dazu beigetra-

gen, dass an der Schule ein intensiver Erfahrungsaustausch über

die pädagogische Arbeit möglich wurde, aus dem die Bereitschaft

zu einem Veränderungsprozess entstand. In der Folge entwickelte

sich daraus ein teils von der Schule selbst gesteuerter, teils von

außen unterstützter systematischer Prozess des Wandels

Nach einem Bericht von zwei

Kolleginnen über eine sehr über-

zeugende Fortbildung zu neuen,

individualisierenden Unter-

richtsformen im Grundlegenden

Unterricht hat sich ein Teil des

Kollegiums entschlossen, den

Unterricht zu verändern. Die

Lehrerinnen der ersten Klassen

erarbeiten und erproben in

ständiger Kooperation ein neues

Konzept. Nach und nach werden

wegen der positiven Resonanz

bei den Schülern und der teils

zufriedenen, teils skeptischen

Elternreaktionen immer mehr

kontroverse Gespräche im

Kollegium geführt. Das Lager

der Befürworter neuer Unter-

richtsformen wächst, gleich-

zeitig aber auch das der Kritiker,

die große Bedenken haben,

ob diese neuen Methoden wirk-

lich besser sind oder nur mehr

Arbeit machen. Die Schulleiterin

merkt, dass dieser latente

Konflikt im Kollegium viele

Energien bindet, möchte selbst

für keine der beiden Gruppen

Partei ergreifen, strebt aber eine

konstruktive Lösung an. Sie

gewinnt das Kollegium dafür,

diesen Prozess mit Hilfe eines

Schulentwicklungsberaters

von außerhalb der Schule zu

steuern.

Ein Beispiel aus einer Grundschule in A.

Lehrerkollegien setzen sich aus Persönlichkeiten mit unter-

schiedlichen Erfahrungen und Kompetenzen zusammen. Mög-

lichst alle ernst zu nehmen, zu gewinnen und sie einzubinden

in einen Veränderungsprozess, ist notwendig, aber aus eigener

Kraft nicht immer zu schaffen. Ein für solche Unterstützungs-

prozesse qualifizierter Fachmann, der nicht in das Beziehungsge-

flecht der Schule eingebunden ist, hat oft überraschend gute

Chancen. Voraussetzung ist allerdings eine grundsätzliche Bereit-

schaft einer größeren Gruppe des Lehrerkollegiums, Verände-

rungen aktiv anzustreben, egal, ob diese auf einem begrenzten

Gebiet, z. B. dem Unterricht, stattfinden sollen oder das Gesamt-

system der jeweiligen Schule berühren (vgl. Kapitel 2). Eine

solche Unterstützung ist an den Bedürfnissen der Schule ausge-

richtet, von Anfang an zeitlich terminiert und inhaltlich defi-

niert. Sie hat stets das Ziel, Kompetenzen zu vermitteln und

Ergebnisse zu erreichen, die die Schule in die Lage versetzen,

eigenständig weiterzuarbeiten.

5.2 Was kann externe Unterstützung von

Schulentwicklung anbieten?

Externe Unterstützung kann zum Beispiel

➔ einer Schule helfen, neue Perspektiven und Schwerpunkte

zu finden und ihr Profil zu definieren (z. B. in Form eines

Schulprogramms),

➔ gemeinsames Lernen im Kollegium unterstützen,

➔ den längerfristigen pädagogischen Entwicklungsprozess

einer Schule systematisch beratend begleiten und damit

effektiver machen,

➔ helfen, interne Probleme und Konflikte zu lösen und

Energien für die Weiterentwicklung freizusetzen,

➔ Anstöße geben, den Schulalltag zu reflektieren und zu

evaluieren, und hierzu geeignete Verfahren bereitstellen,

Entwicklungen an der Grundschule in A. – Zwischenbilanz nach zwei Jahren Schulentwicklung

UNTERRICHTS-ENTWICKLUNG

ORGANISATIONS-ENTWICKLUNG

PERSONAL-ENTWICKLUNG

■ Einführung von Freiarbeit

in den Jahrgangsstufen 1 und 2

■ Entwicklung und Anpassung

neuer Verfahren für die Leistungs-

messung (Lernzielkontrollen)

■ kleine Projekte zu Unterrichts-

themen im Heimat- und Sach-

unterricht

■ Abnahme der Erziehungs-

probleme im Unterricht

■ regelmäßige Teamsitzungen

für die Kollegen einer Klassen-

stufe

■ schrittweise Entwicklung einer

Team- und Kooperationskultur

■ Intensivierung der Elternarbeit

■ regelmäßige schulinterne

Lehrerfortbildung zu neuen

Unterrichtsformen

■ wachsende Methoden-

kompetenz der Lehrkräfte

■ Steigerung der Kooperations-

und Konfliktfähigkeit

■ zunehmende Motivation

und Berufszufriedenheit

■ offenere Einstellung gegen-

über Eltern

■ Erweiterung der Mitwirkung

des Kollegiums durch die

Schulleitung

Beraterrolle

Angebote

Voraussetzungen

und Ziele

5.1 Wann ist externe Unterstützung

empfehlenswert?

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Innere Schulentwicklung Unterstützung

86

Unterstützung Innere Schulentwicklung

➔ Schulleiter unterstützen, ihre Führungsrolle weiterzuent-

wickeln.

Freiarbeit, Projektunterricht, Lernen durch Lehren, Training der

Sozialkompetenz bei Schülern, Moderationsmethoden, Streit-

schlichtung usw.

Sie beinhaltet eine längerfristige Begleitung von Schulen bei der

Einführung von Innovationen in Teilbereichen. Hierbei kann die

externe Unterstützung sowohl ein intensives und handlungsori-

entiertes Fortbildungsprogramm (z. B. Methodentraining, sozia-

les Kompetenztraining, Ausbildung von Streitschlichtern, Eva-

luation von Unterricht) umfassen als auch die Unterstützung der

Schule bei der praktischen Umsetzung im Schulalltag.

Durch externe Schulentwicklungsberater erfolgt eine länger-

fristige Beratung und Begleitung des individuellen Schulentwick-

lungsprozesses. Dabei helfen die Prozessberater der Schule bei der

Entwicklung neuer Perspektiven, bei der Weiterentwicklung der

Kommunikation und Kooperation, bei Konfliktlösung usw.

durch Moderation, Mediation, Supervision und Evaluation. An-

dere Experten sind für inhaltliche Fragen (z. B. Unterrichtsme-

thoden, Methodentraining, Umsetzung des Lehrplans, Fragen

der Leistungserhebung) zuständig.

5.3 Welche Formen von externer Unterstützung

sind möglich?

Schulentwicklungsprozesse erfordern zweierlei: die gemeinsame

Gestaltung von Veränderungen durch eine Mobilisierung der im

Kollegium vorhandenen Interessen und Ressourcen, aber auch

die Erweiterung der personalen, kommunikativen, fachlichen,

methodischen und sozialen Kompetenzen von Lehrkräften und

Schulleitung. Grundsätzlich kann Unterstützung von außerhalb

der Schule Folgendes umfassen:

Sie bietet punktuelle bedarfsorientierte Fortbildungsangebote für

alle Lehrkräfte einer Schule oder für Teile des Kollegiums (z. B.

für Steuergruppen oder Fachschaften), die der ersten Annähe-

rung an Schulentwicklung oder der Kompetenzerweiterung

dienen: Thematische Schwerpunkte sind z. B. Methoden der

Was ist Supervision?

Supervision ist eine berufsbezo-

gene Reflexion und Beratung,

die dazu dient, konkrete Frage-

stellungen, Probleme und Heraus-

forderungen gemeinsam mit

Hilfe eines Supervisors zu lösen.

Supervision dient der Qualitäts-

sicherung und hat nichts zu tun

mit Therapie.

Was kennzeichnet Supervision?

1. Supervision ist konkret und

personbezogen,

2. sie nutzt das kreative Potenzial

der Gruppe,

3. bietet Alternativen an

und lässt die Entscheidung beim

Supervisanden.

Formen der Supervision zur

Schulentwicklung:

➔ Einzelsupervision (Coaching)

von Schulleitern und -aufsicht

➔ Team-Supervision in

einem Kollegium oder in Teilen

des Kollegiums

➔ Organisationsentwicklung

zur Bearbeitung von Themen und

Konflikten in einer Schule

Beispiel einer Supervision im

Kollegium:

Ein Kollegium bearbeitet mit

Hilfe eines Supervisors die kon-

kreten Schwierigkeiten mit

Eltern, die sich beschwert haben,

dass ihre Kinder von Mitschülern

an der Schule »gemobbt« werden.

In der Supervision reflektieren

die Lehrkräfte die Situation aus

ihrer eigenen Sicht, wechseln

die Perspektive, d. h. sie fühlen

sich in die Situation der betroffe-

nen Schüler und der Eltern

ein. Aus diesen Erfahrungen

heraus erkennen sie die Zusam-

menhänge der Problematik und

entwickeln daraus gemeinsam

Lösungsmöglichkeiten, dem

Mobbing unter den Schülern

vorzubeugen und bei Mobbing

konsequent zu handeln. Sie

beschließen, die Eltern aktiv in

die Lösung einzubeziehen.

Außerdem wird von Mobbing

betroffenen Schülern ein

Training zur Förderung der

Selbstsicherheit angeboten, das

in Zusammenarbeit mit der

Aktion Jugendschutz durchge-

führt wird.

Supervision und Schulentwicklung

Sie unterstützt die Vernetzung mit anderen Schulen, die ein

ähnliches Schulentwicklungsprojekt durchführen. Ziel ist, dass

nicht jede Schule »das Rad neu erfindet«, sondern dass Schulen

voneinander lernen, Gelungenes übernehmen, aber auch aus

den Erfahrungen und Problemen der anderen Konsequenzen

ziehen.

Prozessmodell externer Unterstützung

➔➔

➔➔

➔➔

➔➔

➔➔

➔➔

➔➔ FOLGEAKTIVITÄTENEvaluation der durchgeführten

Maßnahmen, ggf.

Planung weiterer Schritte

HANDLUNGSPHASEUmsetzung des Handlungsplans,

Durchführung der

beschlossenen Maßnahmen

KONKRETISIERUNGSPHASESammlung von Ideen, Entwicklung

von Handlungsstrategien, konkrete Pläne

für die Umsetzung

ENTWICKLUNG VON VERÄNDERUNGSZIELENFormulierung von erreichbaren und kontrollierbaren

Zielen, Gewichtung der Ziele nach Bedeutsamkeit,

Festlegung der Reihenfolge des Vorgehens

DIAGNOSEPHASEIst-Analyse – Erhebung der Stärken und Schwächen, Einigung

auf Schwerpunkte für Veränderungen und Weiterent-

wicklungen (Ausbau der Stärken und Abbau der Schwächen)

ENTSCHEIDUNGS- UND KONTAKTPHASEKlärung der Ziele des Kollegiums, Treffen von

Vereinbarungen und Regelungen, Einrichtung einer

Steuergruppe o. Ä.

VORBEREITUNGS- UND KONTAKTPHASEKlären der Voraussetzungen für eine

Beratung (Thematik, Dringlichkeit etc.) sowie Prüfen

der Eignung des Beraters

Punktuelle Fort-

bildungsangebote

Längerfristige

Begleitung

Prozessberatung und

-begleitung

Vernetzung

Das folgende Prozessmodell

verdeutlicht einen möglichen

Ablauf:

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Innere Schulentwicklung Unterstützung

88

Unterstützung Innere Schulentwicklung

Vertraulichkeit ist gegeben, wenn ...

➔ die Unterstützung am Vertrauensverhältnis zum Kollegium

orientiert ist und Vertraulichkeit im Beratungsvertrag zuge-

sichert wird,

➔ Störungen im Vertrauensverhältnis und Zweifel an der

Einhaltung der Vertraulichkeit ernst genommen und umgehend

geklärt werden,

➔ klare Vereinbarungen für den Fall getroffen werden, dass

Dritte, d. h. weitere Personen von außerhalb der Schule, ein-

bezogen werden.

Professionalität ist gegeben, wenn ...

➔ die Berater hohes Fach- und Methodenwissen besitzen,

➔ sie die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Unterstützungs-

kompetenz kennen und offen legen,

➔ sie die Rolle als Unterstützer und Berater wahren, wertschät-

zend mit dem Kollegium umgehen und nicht mit der Schul-

leitung in einen Führungskonflikt kommen,

➔ sie die Rahmenbedingungen mit der Schule klären und

einhalten (z. B. Zeitdauer der Unterstützung, Bedingungen für

den Abbruch der Unterstützung).

Schulen nehmen Unterstützung und Hilfestellung gern an, wenn

sie es selbst wünschen. Ausgangspunkt für eine Unterstützung

von außen ist dann die Initiative einer Schule, die Entscheidung

eines Kollegiums. Impulse und Anregungen zu einem solchen

Schritt kommen auch von der Schulaufsicht. Schulen akzeptie-

ren externe Unterstützung insbesondere dann, wenn sie freiwil-

lig, unabhängig, vertraulich und professionell ist. Dies ist umso

bedeutsamer, je längerfristiger und intensiver die Zusammen-

arbeit mit den externen Beratern und Unterstützern ist und je

intensiver der Entwicklungsprozess begleitet wird. Nicht selten

sind die Kollegen überrascht, welche Freiräume für Veränderun-

gen innerhalb des rechtlichen Rahmens durch externe Beratung

erschlossen werden können.

Freiwilligkeit ist gegeben, wenn ...

➔ sich die Schule die Experten selbst wählen kann (Zusammen-

stellungen von Ansprechpartnern entstehen in Zusammen-

hang mit den einzelnen Regionalkongressen, auch die Schulent-

wicklungskoordinatoren können weiterhelfen),

➔ sich die externe Unterstützung im Rahmen der rechtlichen

Vorgaben und Richtlinien an den Bedürfnissen und Zielen der

Schule orientiert,

➔ kein Zwang für Schule und Berater besteht, die Unterstützung

entgegen dem eigenen Wunsch weiterzuführen.

Unabhängigkeit ist gegeben, wenn ...

➔ sich externe Unterstützer am Beratungsauftrag orientieren

und keine eigenen Ziele einbringen,

➔ sie bei Konflikten Klärung anstreben, statt Druck in eine

bestimmte Richtung zu machen,

➔ sie sich nicht mit Teilen des Kollegiums solidarisieren (z. B.

mit den »Fortschrittlichen« gegen die »Unbeweglichen«).

Seit mehr als zwei Jahren wird

im Bereich der Schulen für Erzie-

hungshilfe ein Modell erprobt

und mit durch externe Evaluation

nachgewiesenem Erfolg prakti-

ziert: »Interne Schulentwicklung

durch externe Beratung« (ISEB)

Dieses Modell, das ermöglicht

wurde durch das Staatsministe-

rium für Unterricht und Kultus,

das Staatsinstitut für Schul-

pädagogik und Bildungsfor-

schung, die Akademie für Lehrer-

fortbildung und Personalführung

und den Verband deutscher Son-

derschullehrer (VdS), ist

➔ ein freiwilliges Angebot an

Förderschulen und Förderzentren,

➔ ein von den Schulen selbst ge-

steuerter Entwicklungsprozess,

➔ ein interner, von Vertraulich-

keit gekennzeichneter Kommuni-

kationsprozess,

➔ professionell begleitet durch

ein Beratertandem, bestehend

aus einem Schulpsychologen

bzw. Supervisor (Beratungskom-

petenz) und einem Sonderschul-

lehrer (Feldkompetenz).

Die Rolle der externen Berater-

tandems beinhaltet die Modera-

tion von Sitzungen, die Beratung

der Schulleitungen, die Arbeit

mit der Steuergruppe (wenn

eingerichtet) sowie die Zusam-

menarbeit mit der Schulaufsicht

zur Unterstützung der Schule.

Moderation von Schulentwicklungsprozessen – am Beispiel ISEB

5.5 Konkrete Unterstützungsmöglichkeiten

Die Stiftung »Bildungspakt Bayern« fördert modellhafte Pro-

jekte zur inneren Schulentwicklung unter besonderer Berück-

sichtigung der neuen Informations- und Kommunikations-

techniken. Die Modelle werden über ein Stiftungsnetz allen in-

teressierten Schulen zugänglich gemacht. Der Schulentwick-

lungspreis i.s.i. wird jährlich von der Stiftung »Bildungspakt

Bayern« an die Schulen vergeben, die ein rundum überzeugen-

des Schulprofil vorstellen und vorzügliche Schulentwicklungsar-

beit leisten. Diese Schulen werden von einer Jury prämiert und

mit dem Bildungspakt-Siegel zertifiziert.

Aktionen zur inneren Schulentwicklung, wie Pädagogische

Tage, können im Rahmen der schulinternen Lehrerfortbildung

finanziell unterstützt werden. Anträge sind über die dienstvor-

gesetzten Stellen einzureichen. Inzwischen fördern auch Schul-

träger die Entwicklung ihrer Schulen.

Relevante Informationen sind über das »Schulentwicklungs-

portal« des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und

Kultus abrufbar (www.km.bayern.de/schulentwicklung).

Für Informationen und Kontakte hinsichtlich der konkreten

Möglichkeiten der Vernetzung und Unterstützung in den

Regionen sind die Schulentwicklungskoordinatoren die besten

5.4 Woran erkennt man qualifizierte

Unterstützung?

Freiwilligkeit

Unabhängigkeit

Vertraulichkeit

Professionalität

Stiftung

»Bildungspakt

Bayern«

Schulentwicklungs-

koordinatoren

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Unterstützung Innere Schulentwicklung

Interne Schulentwicklung durch externe Beratung, hrsg. vom Staatsinstitut für

Schulpädagogik und Bildungsforschung. Tagungsbericht zum Projekt. München 2001

www.km.bayern.de/schulentwicklung (Schulentwicklungsportal des

Staatsministeriums)

www.bildungspakt-bayern.de (Stiftung Bildungspakt Bayern)

Ansprechpartner. Diese Schulentwicklungskoordinatoren sind

➔ im Volks-, Förder- und Berufsschulbereich Mitarbeiter bei

der Schulabteilung der Bezirksregierung,

➔ im Gymnasial-, Realschul- und Fachoberschul-/Berufsober-

schulbereich Mitarbeiter bei den jeweiligen Ministerialbeauf-

tragten.

Zentrale und regionale Ansprechpartner sind außerdem:

➔ Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung

(ISB), www.isb.bayern.de

➔ Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in

Dillingen (ALP), www.alp.dillingen.de

➔ Staatliche Schulberatungsstellen, www.schulberatung.bayern.de

➔ Pädagogisches Institut, München, www.pi.musin.de

➔ Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg, www.kubiss.de/pi

In verschiedenen Regionen haben sich – auch in Zusammen-

hang mit den Regionalkongressen – Netzwerke gebildet. Weitere

Unterstützungsmöglichkeiten bieten die Universitäten, die ent-

sprechende Netze aufbauen. Diese zielen vor allem darauf, Schu-

len, die sich auf den Weg machen, den Austausch mit anderen

innovativen Schulen zu ermöglichen. Beispielhaft seien genannt:

Forum Eltern Lehrer Schüler (FELS) in Würzburg und das

Schulische Innovationsnetzwerk Nordbayern (SINN) und das

Regionale Netzwerk Oberpfalz (RENIS). Links zu diesen und

weiteren Netzwerken finden sich im Schulentwicklungsportal.

Daneben gibt es unabhängig vom staatlichen Schulwesen

Vereine, Verbände, Unternehmensberatungen, Organisationsbe-

rater, Trainer, Supervisoren etc., die den Schulen ihre Dienste

anbieten. Es liegt im Ermessen der Schule, inwieweit solche

Angebote wahrgenommen werden. Nähere Informationen sind

bei den Schulentwicklungskoordinatoren zu erfahren.

Literaturhinweise

Links

Zentrale und regionale

Ansprechpartner

Eine stärkere Flexibilisierung bei der Gestaltung der Stundentafel

verschafft gestalterische Freiräume.

Schulen, die bei der Auswahl ihrer Lehrkräfte mitwirken, können

leichter ihr Profil entwickeln.

Im Vordergrund der inneren Schulentwicklung steht die Steigerung

der Unterrichtsqualität.

Die Lehrerfortbildung soll zielgenauer auf die Bedürfnisse der

einzelnen Schule ausgerichtet werden; nur so können die Schulen

ein individuelles Profil entwickeln.

Das Schulforum, ein gewähltes Team aus allen am Schulleben

beteiligten Gruppen, bietet zahlreiche Möglichkeiten, dem Schulleben

wesentliche Impulse zu geben; es soll in seiner Funktion gestärkt

werden.

Ein Schulprogramm, an dem Schülerinnen und Schüler, Eltern

und Lehrkräfte mitarbeiten, fixiert den pädagogischen Konsens einer

Schule schriftlich und schafft die Grundlage für jegliche

Weiterentwicklung.

Schulen sollen sich gegenüber ihrem Umfeld mehr öffnen.

Eine erweiterte Methodenkompetenz der Lehrkräfte bildet die

Grundlage für einen qualitätvollen und modernen Unterricht.

Unterrichtsgestaltung und Leistungserhebungen sollen Nachhaltigkeit

und vernetztes Denken in den Vordergrund rücken.

Lehrerinnen und Lehrer sollen sich nicht als Einzelkämpfer, sondern

als Mitglieder eines leistungsfähigen pädagogischen Teams erleben.

Schülerinnen und Schüler sollen mehr als bisher eigenverant-

wortliches Arbeiten lernen.

Schülerinnen und Schüler sollen zu ihrer Verantwortung für die

eigene Schule stehen und sie aktiv wahrnehmen.

1.

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12.

Für den Augsburger Bildungskongress »Schulinnovation 2000 – Schulen auf dem Weg« im April 2000 formulierte die Kultusministerin Monika Hohlmeier 12 Thesen. Sie sind eine Richtschnur des bildungspolitischen Handelns in Bayern.

12 Augsburger Thesenzur innerenSchulentwicklung

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Schulentwicklung braucht große Gedanken,kleine Schritte und einen langen Atem.Hartmut von Hentig

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