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Prof. Dr. Marco Zimmer Informations- und Wissensmanagement Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 2012

Informations- und WissensmanagementINFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 8 EINFÜHRUNG IN DAS GESAMTE MODUL kannten Module abweicht: Die ersten vier Kapitel, die unter anderem eine Ein-führung

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Prof. Dr. Marco Zimmer

Informations- und Wissensmanagement Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 2012

Impressum Autor: Prof. Dr. Marco Zimmer Herausgeber: Carl von Ossietzky Universität, Center für Lebenslanges Lernen (C3L) Redaktion: Uda Lübben, Dr. Willi B. Gierke Layout, Gestaltung: Andreas Altvater Copyright: Vervielfachung oder Nachdruck auch auszugsweise zum Zwecke einer Veröffentlichung durch Dritte nur mit Zustimmung der Herausgeber ISSN: 1612-1473 Oldenburg, Oktober 2012

Prof. Dr. Marco Zimmer

Hauptarbeitsgebiete

Strategisches Management

Organisationstheorie

DV-Management

Informations- und Wissensmanagement

Bildungs- und Wissenschaftsmanagement

Strukturationstheorie

Prof. Dr. Marco Zimmer ist Jahrgang 1966. Seit Herbst 2007 ist er Professor an der priva-ten Fachhochschule für Oekonomie & Management Essen und dort am Studienort Ham-burg tätig. Aktuell ist er an mehreren Forschungsprojekten in den Themengebieten lifelong learning und Wissensmanagement beteiligt. Akademischer Werdegang: Er studierte ab 1987 Wirtschaftswissenschaften an der Universität Wuppertal und schloss das Studium als Diplom-Ökonom 1993 ab. Anschließend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Wuppertal, am Lehrstuhl für Planung und Organisation (Prof. Dr. Günther Ortmann). Er promovierte 1999 mit dem Thema »Strategisches Ma-nagement, Markt und Organisation: Strategische Institutionalisierung und Rekursive Re-gulation« und ging als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Universität Hamburg. Weitere Tätigkeiten außerhalb der Universität: Marco Zimmer war EDV-Fachberater und Softwareentwickler bei einem Spitzen-verband der Wohlfahrtspflege und bis 1999 deren DV-Koordinator Für das Land NRW war er als Gutachter tätig. Außerdem berät er Unternehmen und gemeinnützige Organisationen in Fragen des strategischen Managements und des Wissensmanagements E-Mail: [email protected]

INHALT EINFÜHRUNG IN DAS GESAMTE MODUL .................. 7 1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN

MANAGEN? .............................................................. 14 1.1 Einige alltägliche Ereignisse ............................................ 15

1.2 Wissens- und Informationsmanagement – ein reines EDV-Thema? ..................................................................... 20

1.3 Kosten senken durch Wissens- und Informationsmanagement? ............................................. 25

1.4 Informations- und Wissensmanagement als strategische Option? ........................................................ 33

2 ZIELE UND AUFGABEN DES

INFORMATIONSMANAGEMENTS ............................. 42 2.1 Ziele des Informationsmanagements ............................. 43

2.2 Aufgabenbereiche des Informationsmanagements ........ 48

2.3 Schnittstellen zu anderen Managementbereichen .......... 54

2.4 Organisatorische Einbettung des Informationsmanagements ............................................. 59

3 ZIELE UND AUFGABEN DES

WISSENSMANAGEMENTS ....................................... 67 3.1 Ziele des Wissensmanagements .................................... 68

3.2 Aufgaben und Teilgebiete des Wissensmanagements ... 74

3.3 Wissensmanagement und andere Management- gebiete ............................................................................. 78

3.4 Informations- und Wissensmanagement – eine Abgrenzung ...................................................................... 82

4 WAS IST WISSEN? WAS SIND INFORMATIONEN? –

EINIGE ANTWORTEN ................................................ 87 4.1 Warum ist das wichtig? ................................................... 88

4.2 Zur Definition von Informationen und Wissen ................. 92

4.3 Einige Typisierungen von Wissen .................................... 98

4.3.1 Implizit – Explizit ......................................................................... 99

4.3.2 Unterscheidung nach Wissensträgern ..................................... 101

4.3.3 Unterscheidung nach Erreichbarkeit ........................................ 110

4.3.4 Unterscheidung nach Wert ...................................................... 112

5 ELEMENTE UND METHODEN DES

INFORMATIONSMANAGEMENTS ........................... 114 5.1 Informationsplanung ...................................................... 115

5.1.1 Grundlegende Überlegungen ................................................... 115

5.1.2 Phasenmodell der Informationsbedarfsermittlung ................... 120

5.1.3 Erhebungsmethoden ............................................................... 124

5.2 Unternehmensmodellierung .......................................... 128

5.2.1 Modellierungsprinzipien und Ziele der Modellierung ................ 129

5.2.2 Betrachtungsebenen ............................................................... 133

5.2.3 Modellierungsmethoden .......................................................... 137

5.3 Management der IT-Infrastruktur ................................... 142

5.3.1 Rechner und Hardware ............................................................ 144

5.3.2 Netzwerke ................................................................................ 146

5.3.3 Betriebssysteme/Standard-Software ....................................... 154

5.4 Datenmanagement ........................................................ 156

5.4.1 Typen von Datenspeichern ...................................................... 157

5.4.2 Verwaltung formatierter Datenbanken ..................................... 161

5.4.3 Zugriff und Verwaltung unformatierter Datenbanken ............... 166

5.5 Datenschutz, Daten- und Informationssicherheit ......... 172

5.5.1 Organisatorische Aspekte des Sicherheitsmanagements ....... 178

5.5.2 Personale Aspekte des Sicherheitsmanagements .................. 180

5.5.3 Datensicherungsmanagement ................................................ 182

6 ELEMENTE UND METHODEN DES WISSENSMANAGEMENTS ..................................... 188

6.1 Wissensziele .................................................................. 189

6.2 Wissenstransparenz und Wissensverteilung ................ 196

6.3 Wissenserwerb und Wissensentwicklung ..................... 205

6.4 Wissensnutzung und Wissensbewahrung .................... 213

6.5 Wissensbewertung ........................................................ 221

6.6 Möglichkeiten der DV-technischen Unterstützung von Wissensmanagement ............................................. 230

6.6.1 Generelle Möglichkeiten ........................................................... 230

6.6.2 Web 2.0-Anwendungen ........................................................... 235

ANHANG 7 LITERATURVERZEICHNIS ....................................... 242 8 GLOSSAR UND SCHLÜSSELWORT-

VERZEICHNIS ......................................................... 251

EINFÜHRUNG IN DAS GESAMTE MODUL

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 7

EINFÜHRUNG IN DAS GESAMTE MODUL Informations- und Wissensmanagement sind in aller Munde. Lange schon sind diese Themen nicht mehr nur für große Unternehmen relevant, sondern auch kleine und mittelständische Unternehmen versprechen sich durch die Anwen-dung der Erkenntnisse aus diesen Bereichen Kostenersparnisse, Effizienzgewinne und strategische Vorteile. Gegenstand dieser einleitenden Worte soll zum einen eine Abgrenzung des Themas sein und zum anderen ein Überblick über die fol-genden sechs Kapitel.

Informations- und Wissensmanagement sind zwei Themengebiete, die viele Ge-meinsamkeiten und Überschneidungen aufweisen: Beide beschäftigen sich mit eng verwandten Ressourcen und haben den effizienten und effektiven Umgang mit diesen Ressourcen zum Ziel. Es sind aber trotzdem unterschiedliche Ma-nagementgebiete, mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen und einer unter-schiedlichen Herangehensweise an die Probleme der Beschaffung, Verwaltung und Bewirtschaftung von Wissen und Informationen. Während sich das Informa-tionsmanagement entsprechend seiner Herkunft diesen Fragen vornehmlich von der Seite der Informations- und Kommunikationstechnologie her nähert, nimmt das Wissensmanagement primär eine organisationstheoretische und personal-wirtschaftliche Perspektive ein und greift häufig auf sozialtheoretische Überle-gungen zurück (vgl. hierzu auch Kapitel 3.4). Aus diesen unterschiedlichen Perspektiven resultieren auch unterschiedliche Fragestellungen, mit denen sich die beiden Disziplinen beschäftigen.

Typische Probleme des Informationsmanagements lauten beispielsweise: Was sind die Informationsbedarfe der einzelnen Abteilungen/Stellen im Unternehmen und wie können diese Bedarfe aus bestehenden Informationsangebot im Unter-nehmen möglichst effizient befriedigt werden? Wie verlaufen die Informations-flüsse im Unternehmen und welche Möglichkeiten zu ihrer Unterstützung gibt es? Wie kann die Speicherung von Daten im Unternehmen so organisiert werden, dass die Kosten und der Aufwand zu ihrer Wiederauffindung möglichst mini-miert werden?

Typische Fragestellungen des Wissensmanagements sind dagegen: Über welches Wissen, das verborgen in den Köpfen einzelner Mitarbeiter oder in einzelnen Ab-teilungen »schlummert«, verfügt das Unternehmen eigentlich? Wie kann verhin-dert werden, dass dem Unternehmen beim Ausscheiden von Mitarbeitern deren Erfahrungen verloren gehen? Welche Gegebenheiten im Unternehmen behindern den Austausch von Wissen zwischen Kollegen oder über Abteilungsgrenzen hin-weg bzw. welche Maßnahmen können einen solchen Wissensaustausch fördern. Wie die Effizienz und Effektivität von Maßnahmen und Investitionen in das Ma-nagement von Wissen überprüft werden.

Angesichts dieser Verknüpfung zweier Themen- und Aufgabengebiete wurde für das vorliegende Modul ein Aufbau gewählt, der von dem der Ihnen bereits be-

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EINFÜHRUNG IN DAS

GESAMTE MODUL

kannten Module abweicht: Die ersten vier Kapitel, die unter anderem eine Ein-führung in die Ziele und Aufgabengebiete von Informationsmanagement und Wissensmanagement bieten, sind für alle Teilnehmer des Moduls verpflich-tend. Danach müssen Sie als Studierende sich entscheiden, ob Sie in Kapitel 5 den Schwerpunkt Informationsmanagement vertiefen wollen oder sich für den Schwerpunkt Wissensmanagement in Kapitel 6 entscheiden. Nach dieser Ent-scheidung richten sich die von Ihnen zu beantwortenden Online-Aufgaben, die Fragen in der Klausur und – zumindest in der Schwerpunktsetzung – die The-menstellungen, die Sie in der Projektphase bearbeiten.

Neben Ihren persönlichen Interessen könnten weitere mögliche Kriterien für die-se Entscheidung sein: ihre aktuelle berufliche Position bzw. das von Ihnen ange-strebte Tätigkeitsfeld – wenn Sie keine EDV-Fachkraft sind und beispielsweise eine Tätigkeit im Informationsmanagement anstreben, wird Ihnen der entspre-chende Schwerpunkt vermutlich relevanter erscheinen als einer Person, die im Personalbereich arbeitet und sich etwa in Richtung Personalentwicklung oder Organisation entwickeln möchte. Diese wird vermutlich eher den Schwerpunkt Wissensmanagement interessanter finden. Ein anderes Kriterium kann in einer Ergänzung der bereits vorhandenen Kenntnisse liegen: Einer DV-Fachkraft kann die Bearbeitung von Kapitel 6 ggf. noch einige Hinweise bezüglich der sozialen und ökonomischen Aspekte des Umgangs mit Wissen und Informationen in Or-ganisationen geben, einer in kaufmännischen und/oder personalwirtschaftlichen Fragen beschlagenen Person mag Kapitel 5 einen vertieften Einblick in die Me-thoden und die Möglichkeiten des Informationsmanagements eröffnen. Kein Kri-terium sollte die Seitenzahl der beiden Kapitel sein. Zwar hat, wie ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, das Kapitel über die Elemente und Methoden des In-formationsmanagements einige Seiten mehr als Kapitel 6, doch ist diese Länge zum größten Teil den vielen Abbildungen geschuldet, die zur Illustration in das Kapitel eingearbeitet wurden.

Eine weitere Schwierigkeit bei Ihrer Entscheidung mag sein, dass die Entscheidung für eine Schwerpunktsetzung gleichzeitig die Entscheidung gegen den anderen Schwerpunkt bedeutet. Hierzu ist zu sagen, dass es Ihnen natürlich frei steht, beide Schwerpunktkapitel zu bearbeiten – auch wenn entsprechend Ihrer Wahl für die Klausur nur eines relevant ist. Aber auch diejenigen von Ihnen, die diesen aufwän-digeren Weg aus Gründen eines ökonomischen Umgangs mit Wissen und Informa-tionen nicht wählen, werden spätestens bei der Präsentation der Projektarbeiten einen Einblick in den nicht gewählten Schwerpunkt erhalten. Bei der Durchfüh-rung des Moduls streben wir als Veranstalter an, dass sich möglichst jeweils die Hälfte der Teilnehmer für jeden Schwerpunkt entscheidet, so dass es in der zweiten Präsenzphase genauso viele Präsentationen mit dem Schwerpunkt Informations-management wie mit dem Schwerpunkt Wissensmanagement geben wird.

Informations- und Wissensmanagement sind Querschnittsthemen, die Berüh-rungspunkte zu zahlreichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre aufweisen: Sie haben in der Regel eine unterstützende Funktion für das strategische

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Management, insbesondere das Informationsmanagement liefert dem Con-trolling die benötigten Daten, Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und das Marketing greifen auf die Informationen und das Wissen zurück, das von den hier behandelten Managementbereichen bearbeitet und bereitgestellt wird. Bereits seit Jahren stellt die Nutzung der Informations- und Kommuni-kationstechnologie einen integralen Bestandteil aller Bereiche der betriebli-chen Leistungserstellung dar, der mittlerweile häufig so selbstverständlich geworden ist, dass seine Bedeutung erst dann offenbar wird, wenn diese Tech-nologien ausfallen. Man muss kein Prophet sein, um dem Management von Wissen eine ähnliche Entwicklung vorauszusagen. Schließlich ist es heutzuta-ge schon so, dass viele Unternehmen beispielsweise auf Methoden der Wis-sensbewahrung und Innovationsförderung setzen, um Wissensverluste zu vermeiden, Innovationszyklen zu verkürzen und Produkte und Dienstleistun-gen mit sogenannten wissens-intensiven Bestandteilen auszustatten. Der zu-nehmende Wettbewerbsdruck wird zu einer Zunahme derartiger Bestrebun-gen führen. Eng sind natürlich auch – insbesondere beim Informationsma-nagement – die Verbindungen der hier behandelten Managementbereiche zur Informatik. Ausführungen zu Fragen der Programmierung, des Softwarede-signs oder zu Hardwarespezifikationen werden Sie jedoch in dem vorliegen-den Text mit der Ausnahme einiger sehr basaler Überlegungen und Exkurse zu Datenbank- und Netzwerktechnologien in Kapitel 5 vergeblich suchen. Diese Ausflüge in informationstechnische Gefilde sind unvermeidbar, weil ge-rade im Informationsmanagement die technologischen Grundlagen den Rah-men für die Möglichkeiten des Managements vorgeben. Ich habe jedoch ver-sucht, sie möglichst so knapp und allgemeinverständlich zu halten, dass sie ein grundlegendes Verständnis der technologischen Grundlagen ermöglichen ohne sich in Details zu verlieren.

Das Modul ist in sechs Kapitel gegliedert, von denen – wie bereits erwähnt –die ersten vier für alle Teilnehmer verpflichtend und klausurrelevant sind, während das fünfte und das sechste Kapitel alternativ bearbeitet werden können.

Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, warum man überhaupt Wissen und Informationen managen sollte. Ausgehend von einigen Fallschilderungen, die alle einen realen Hintergrund haben, werden verschiedene mögliche Aufga-benbereiche des Informations- und Wissensmanagements beleuchtet. Danach wird der Frage nachgegangen, warum diese Managementbereiche mehr sind als ein reines EDV-Thema und es werden die Möglichkeiten der Kosteneinsparungen durch Wissens- und Informationsmanagement betrachtet. Den Abschluss des Kapitels bildet eine Diskussion der strategischen Optionen, die der Einsatz von Informations- und Wissensmanagement für Unternehmen bietet.

Kapitel 2 widmet sich systematisch den Zielen und Aufgaben des Informations-managements. Hierzu werden zunächst die in der Literatur genannten Ziele des Informationsmanagements dargestellt, um daraus in einem zweiten Schritt seine Aufgaben und Einsatzbereiche abzuleiten. Aus den unterschiedlichen Einsatz-

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ebenen und Aufgabenbereichen ergeben sich vielfältige Berührungspunkte zu an-deren Funktions- und Managementbereichen des Unternehmens, die in der Folge skizziert werden. Eine Diskussion der unterschiedlichen Möglichkeiten der orga-nisatorischen Einbettung des Informationsmanagements in das Unternehmen bildet den Abschluss des Kapitels, wobei insbesondere die Vor- und Nachteile der Auslagerung (des Outsourcing) von Teilen oder des gesamten Informations-managements beleuchtet werden.

Ähnlich wie für das Informationsmanagement in Kapitel 2 werden im dritten Kapitel die Ziele und Aufgaben des Wissensmanagements vorgestellt. Basierend auf Überlegungen zur zunehmenden Bedeutung von Wissensmanagement in Theorie und betrieblicher Praxis werden zunächst allgemeine Zielsetzungen des Wissensmanagements abgeleitet. Die darauf folgende Darstellung der Aufgaben und Teilgebiete des Wissensmanagements orientiert sich an den Bausteinen des Wissensmanagements, die in der Fachliteratur eine große Bedeutung erlangt ha-ben. Für jeden Baustein wird dann herausgearbeitet, welche potenziellen Berüh-rungspunkte er zu anderen Bereichen und Abteilungen im Betrieb hat. Da Kapitel endet mit einer Abgrenzung von Informations- und Wissensmanagement.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Frage, wovon wir überhaupt reden, wenn wir uns mit Informationen und Wissen beschäftigen, also der Frage nach der Natur von Wissen und Informationen. Hierbei wird zunächst dargestellt, dass diese auf den ersten Blick vornehmlich philosophisch anmutende Frage höchst praktische Bedeutung für den Erfolg von Maßnahmen des Informations- und Wissensmana-gements hat. Daraufhin werden Daten, Informationen und Wissen definiert und die Beziehungen zwischen diesen Elementen diskutiert, um abschließend einige der in der einschlägigen Literatur immer wieder auftauchenden Differenzierun-gen von Wissen darzustellen.

Das fünfte Kapitel beschäftigt sich vertiefend mit Elementen und Methoden des Informationsmanagements. In diesem Rahmen stellt es die Grundzüge der Infor-mationsplanung, insbesondere der Bestimmung der Informationsbedarfe in einem Unternehmen dar. Es skizziert die Ziele und Prinzipien der Unternehmensmodel-lierung, d. h. der Modellierung logischen Zusammenhänge von Datenbeständen im Unternehmen und der Informationsflüsse, und zeigt beispielhaft die jeweiligen Grenzen und Möglichkeiten unterschiedlicher Formen der Modellierung auf. Die Behandlung der zentralen Aufgabe des Managements der IT-Infrastruktur skizziert Prinzipien und beachtenswerte Aspekte, die auf der Ebene von Hardware und Rechnern sowie bei Betriebssystemen und Standardsoftware zu beachten sind, und stellt die Grundlagen und Prinzipien der Vernetzung von Computern dar. Eine wei-tere zentrale Aufgabe des Informationsmanagements ist die Ablage, Speicherung und das Wiederauffinden von Daten. Dies kann in (formatierten) Datenbanken und in Dokumenten (unformatierten Datenbanken) geschehen. Den besonderen Problemen der Dateispeicherung und den beiden Formen der Dateiablage ist das Unterkapitel über das Datenmanagement gewidmet. Der letzte Teil des Kapitels 5 beschäftigt sich mit dem Sicherheitsmanagement im Informationsmanagement.

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Dies umfasst den Schutz der Daten und der informationstechnischen Infrastruktur vor Beschädigungen und unberechtigten Zugriffen und Manipulationen. Besondere Aufmerksamkeit erfahren in diesem Abschnitt die Themen Datensicherung, und Maßnahmen des Sicherheitsmanagements.

Das sechste Kapitel geht aufbauend auf die in Kapitel 3 skizzierte Bausteine des Wissensmanagements vertiefend auf bestimmte Aspekte und Methoden des Wis-sensmanagements ein. Dabei werden einige Bausteine angesichts ihrer inhaltli-chen Verwandtschaft zusammengefasst. Die Grundlage jeden reflektierten Managements von Wissen stellt die Definition von Wissenszielen dar, d. h. von Zielen die das Wissensmanagement selbst verfolgen soll oder die mit dem Wis-sensmanagement verfolgt werden sollen. Soll aber zu einem späteren Zeitpunkt überprüfbar sein, ob und in welchem Maße, diese Ziele erreicht wurden, sind ei-nige Aspekte zu beachten. Häufig ist ein Ziel des Wissensmanagements die Ver-mehrung bzw. Veränderung des Wissens in einem Unternehmen. Dieses Ziel kann entweder durch die Entwicklung des bereits vorhandenen Wissens erreicht werden oder durch den Erwerb von externem Wissen. Mit der Wissensspirale wird eine Form vorgestellt, in der die Entwicklung von Wissen verlaufen kann. Der Erwerb von externem Wissen kann nicht den gewünschten Erfolg zeigen, wenn nicht einige relevante Aspekte beachtet werden, die ebenfalls skizziert wer-den. Ein weiteres typisches Ziel des Wissensmanagements ist die Erreichung ei-ner möglichst weitgehenden Transparenz über das in einem Unternehmen vorhandene Wissen und die Verteilung dieses Wissens an potenzielle Nutznie-ßer. Die Erreichung dieser Ziele setzt aber die Bereitschaft der Wissensträger vo-raus, ihr Wissen mit anderen zu teilen. Einige Gründe dafür, dass diese Bereitschaft nicht unbedingt vorhanden sein muss und Möglichkeiten zur Förde-rung der Bereitschaft zur Wissensteilung bilden ein weiteres Thema des Kapitels. Das Wissen in einem Unternehmen sollte möglichst erhalten und angewendet werden, um dem Unternehmen Nutzen stiften zu können. Es wird dargestellt, dass die Nutzung und die Bewahrung von Wissen oft in einem engen Zusam-menhang stehen, was unter anderem auf die Beschränktheit der Möglichkeiten zur Speicherung von Wissen auf Datenträgern hindeutet. Schließlich bedarf es ökonomisch reflektiertes Wissensmanagement der Bewertung. Bewertet werden sollte zum einen das gemanagte Wissen und zum anderen auch die Maßnahmen, die im Rahmen des Wissensmanagements vollzogen wurden. Hierzu gibt es in der Literatur einige Ansätze, die dargestellt und bezüglich ihrer Stärken und Schwächen diskutiert werden. Den Abschluss des Kapitels bildet eine skizzenhaf-te Betrachtung der Möglichkeiten, die einzelnen Bausteine des Wissensmanage-ments durch die Nutzung von Informationstechnologie zu unterstützen.

Zur Verdeutlichung ist hier der Verlauf des Moduls noch einmal grafisch skiz-ziert:

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GESAMTE MODUL

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Abschließend noch einige Hinweise zur Bearbeitung des Moduls: Auch wenn je-des der genannten Unterkapitel in sich abgeschlossen ist, lässt es sich nicht ver-meiden, dass spätere Kapitel einige Überlegungen aus vorangehenden wieder aufgreifen. Deshalb empfiehlt es sich, das Modul in der vorgegebenen Reihen-folge durchzuarbeiten.

Das Modul hat folgenden didaktischen Aufbau:

Vorangestellt sind jedem Kapitel bzw. Abschnitt die Lernziele. Sie beschrei-ben, welche Kenntnisse und Fähigkeiten Sie nach dem Durcharbeiten des je-weiligen Kapitels erworben haben sollten.

Die Darstellung des Themas erfolgt in einem Basistext mit Grafiken, Tabel-len und Praxisbeispielen, die die strategischen und grundlegenden Zusam-menhänge anschaulich machen und das Verständnis erleichtern.

Reflexionsaufgaben im Text sollen es Ihnen erleichtern, Ihre eigene Praxis im Kontext des Gelernten zu reflektieren und den Transfer von Theorie und Praxis zu erleichtern.

Schlüsselworte im Anschluss an den Text finden Sie am Ende des Moduls im Glossar erläutert, da diese im Text den Lesefluss stören würden. Sie soll-

Wissensmanagements

Studierende mit dem Schwerpunkt:Informationsmanagement

Studierende mit dem Schwerpunkt:

Klausur mit dem Schwerpunkt:Informationsmanagement

Projektarbeit mit dem Schwerpunkt:Informationsmanagement

Klausur mit dem Schwerpunkt:Wissensmanagement

Projektarbeit mit dem Schwerpunkt:Wissensmanagement

Wissensmanagement

Kapitel 6: Elemente und Methoden des Wissensmanagements

Kapitel 5: Elemente und Methoden des Informationsmanagements

Kapitel 1: Warum Informations- und Wis-sensmanagement?

Kapitel 2: Ziele und Aufgaben des Informa-tionsmanagements

Kapitel 3: Ziele und Aufgaben des Wis-sensmanagements

Kapitel4: Was sind Information und Wis-sen?

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ten sich diese Fachbegriffe bei der Durcharbeitung der Texte erarbeiten, weil sie sich von der Alltagssprache unterscheiden. Gleiche Begriffe können in un-terschiedlichen Kontexten/wissenschaftlichen Disziplinen eine andere Bedeu-tung aufweisen. Die Kenntnis beider Sprachstile (Fach- und Alltagssprache) vermeidet Verständigungsschwierigkeiten und vermittelt Sicherheit.

Unterstrichene EDV-Fachbegriffe sind im Glossar am Ende des Studienmate-rials kurz erläutert.

Teilweise enthält der Basistext Verweise auf Anmerkungen, die Sie am Ende des jeweiligen Kapitels finden. Diese Verweise sehen folgendermaßen aus: [-> (1)]

Fragen und Aufgaben zur Selbstkontrolle am Ende jedes inhaltlichen Ab-schnitts helfen Ihnen zu kontrollieren, ob Sie das Gelesene verstanden und gelernt haben.

Aufgaben mit Bezug zur eigenen Berufstätigkeit haben hier nochmals die Funktion, Ihre beruflichen Erfahrungen im Kontext des Themas zu reflektie-ren. Sie sollen einen Bezug zum Gelernten herstellen und es soll Ihnen so ermöglicht werden, sich kritisch und praxisnah mit der Thematik auseinander zu setzen.

Literatur zur Vertiefung. Dabei handelt es sich um:

Literatur (Lehrbücher), die Sie sich ggf. anschaffen oder in der UNI-Bibliothek ausleihen können,

Hinweise auf Aufsätze, die speziellere Themen und Aspekte behandeln.

Internetrecherchen.

Verzeichnis der zitierten Literatur. Im Anhang des Moduls finden Sie ein vollständiges Verzeichnis der zitierten Literatur. Auf die dort angegebenen Quellen sollten Sie zurückgreifen, wenn Sie bestimmte Aspekte oder Frage-stellungen, die im Basistext angesprochen wurden, eigenständig weiter ver-tiefen möchten.

Online-Aufgaben. Auf der Lernplattform finden Sie Aufgaben zur Überprü-fung des Gelernten und zur Vorbereitung auf die Klausur. Die Online-Aufgaben sollen Ihnen helfen, verbliebene Wissenslücken sowie Unsicherhei-ten aufzudecken und Ihr weiteres Lernen zu orientieren.

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KAPITEL 1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

In diesem Abschnitt werden folgende Fragen und Aspekte des Informations- und Wissensmanagements behandelt:

Beide Bereiche des Managements werden häufig als mehr oder weniger reine EDV-Themen behandelt und dann auch vom EDV-Bereich eines Unterneh-mens maßgeblich betreut. Ist eine solche Zuordnung sinnvoll?

Werbung und die Versprechungen von Unternehmensberatungen erwecken häufig den Anschein, als würden sich Maßnahmen des Informations- und Wissensmanagements schnell in Produktivitätszuwächsen und Kosteneinspa-rungen niederschlagen. Welche Argumente sprechen für das Auftreten sol-cher Effizienzeffekte und welche dagegen?

Aber auch wenn keine messbaren Effizienzeffekte auftreten oder nachgewiesen werden können, kann der Einsatz von Informations- und Wissensmanagement für Unternehmen sinnvoll oder sogar unabdingbar sein, weil es ihnen strategi-sche Optionen eröffnet und/oder es ihnen erlaubt, im Wettbewerb mit ihren Konkurrenten gleichzuziehen. Wie können die Wechselwirkungen zwischen diesen Managementbereichen und der Unternehmensstrategie aussehen?

Diese Fragen können und sollen in diesem Abschnitt nicht abschließend beant-wortet werden, ihre Behandlung soll jedoch zum einen die Vielschichtigkeit von In-formations- und Wissensmanagement verdeutlichen und zum anderen begründen, warum das Management von Informationen und Wissen für Unter-nehmen wichtig ist.

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

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1.1 EINIGE ALLTÄG-

LICHE EREIGNISSE

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

1.1 Einige alltägliche Ereignisse Die Notwendigkeit eines veränderten Umgangs mit Wissen und Informationen kann in Unternehmen bei sehr unterschiedlichen Gelegenheiten deutlich werden:

Teure Überspannung Eine Störung im städtischen Stromnetz führt bei einem Unternehmen zu Schäden in Höhe von mehreren zehntausend Euro. Der Grund: Durch die kurzfristige Überspannung werden mehrere Rechner – unter anderem in der Buchhaltung und der Entwicklungsabteilung – irreparabel geschädigt, insbe-sondere können die auf den Festplatten gespeicherten Daten nicht mehr gele-sen werden. Der dadurch verursachte Hardwareschaden beträgt ca. 5.000 Euro, es stellt sich allerdings in den nächsten Tagen heraus, dass in beiden Ab-teilungen nur sporadisch Datensicherungen durchgeführt wurden. Die Siche-rungen wurden nicht dokumentiert und einige der Sicherungsdisketten und -datenbänder sind fehlerhaft, so dass auch die dort gespeicherten Informatio-nen verloren sind. Während die Buchhaltungsdaten anhand der schriftlichen Unterlagen rekonstruiert werden können, ist ein Teil der Messreihen der Ent-wicklungsabteilung unwiederbringlich verloren. Die zugrunde liegenden Ver-suche müssen aufwändig wiederholt werden.

Konkurrierende Angebote In einem mittelständischen Unternehmen werden in der Verkaufs- und der Ser-viceabteilung unterschiedliche CRM-Systeme (Datenbanksysteme zur Erfassung der Daten über Kundenkontakte) eingesetzt. Da es sich bei den Produkten des Unternehmens in der Regel um kundenspezifische Einzelanfertigungen handelt, werden nicht nur die Reparatur- und Überarbeitungsangebote für jeden Kunden individuell kalkuliert, sondern auch die Angebote des Verkaufs. Beide Abteilun-gen verfügen darüber hinaus über eigene Außendienstmitarbeiter, die ihre Dienstsitze zum Teil deutschlandweit verteilt haben und nicht wechselseitig auf die Daten der anderen Abteilung zugreifen können. Die Folge: Es geschieht im-mer wieder, dass Außendienstler beider Abteilungen unabhängig voneinander und in kurzem Zeitabstand Kontakt zu den gleichen Kunden aufnehmen. Bei Schäden in den ausgelieferten Anlagen erstellen dann ggf. beide Abteilungen Angebote: der Vertrieb für eine neue Anlage; der Service für eine Ersatzteilliefe-rung und Reparatur. Da einige Ersatzteile sehr teuer sind, kommt es vor, dass das Angebot für eine neue Anlage kostengünstiger ist als die Reparatur, die Ser-viceabteilung aber nur eine Reparatur anbietet. Deswegen hat das Unternehmen schon einige Kunden verloren.

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 16

Eine unendliche Geschichte In einem anderen mittelständischen Unternehmen wird nach einer aufwändigen Bedarfsanalyse mit der Entwicklung und Programmierung einer umfassenden Kundendatenbank begonnen, die in mehreren Abteilungen eingesetzt werden soll. Mit der Umsetzung des Projektes wird zunächst ein namhaftes Softwarehaus be-auftragt, das unter dem Einsatz der aktuellsten Methoden der Softwareentwick-lung mit der Entwicklung beginnt. Allerdings gelingt es dem Softwarehaus nicht, die vorab vereinbarten Meilensteine einzuhalten. Nach einem Jahr wird dem Softwarehaus der Auftrag entzogen und ein anderes bekanntes Unternehmen mit der Programmierung beauftragt. Aufbauend auf den vorhandenen Analysen und mit einem mehrfachen des ursprünglich geplanten Personalaufwands bringt die-ses Unternehmen die Entwicklung innerhalb von 2 weiteren Jahren zu Ende. Während dieser Zeit wird der Leiterin der EDV-Abteilung nicht zuletzt wegen der Verzögerungen bei der Entwicklung der Datenbankanwendung gekündigt. Beim offiziell erklärten Ende der Entwicklung sind sich die Mitarbeiter, die mit dem Vorläufer der Datenbank gearbeitet haben, sicher, dass die alte Datenbank an-wenderfreundlicher war als die Neuentwicklung. In den Abteilungen, die erstma-lig die neue Anwendung nutzen sollen, findet sie deshalb keine Akzeptanz. Selbst nach zwei weiteren Jahren beschränkt sich die Nutzung der Datenbank vornehm-lich auf die Mitarbeiter, die bereits mit der Vorläuferversion gearbeitet haben. Ferner werden immer mehr Fehler in der Programmierung der neuen Datenbank offenbar. Doch es gelingt dem Unternehmen nicht, Schadensersatzansprüche ge-genüber einem der Softwareunternehmen durchzusetzen. Damit hat das Unter-nehmen nach einer doppelt so lang wie geplanten Entwicklungszeit und zu Kosten, die das ursprüngliche Budget weit überstiegen haben, eine Software, die nach dem übereinstimmenden Urteil der Anwender nicht besser ist als ihr Vor-läufer. Es wird mit der Überarbeitung der neuen Datenbank begonnen.

Zurück zu Papier und Bleistift Anfang Mai 2004 verbreitet sich der Computer-Virus bzw. Wurm W32.Sasser.B.Worm auf Windows-Rechnern. Rechner, die von dem Virus be-fallen sind, werden durch ihn immer wieder heruntergefahren. Das Arbeiten an diesen Rechnern ist deswegen kaum noch möglich. Die Postbank treibt bei dem Versuch, die Rechner in ihren Filialen vor dem Wurm zu schützen, den Teufel mit dem Beelzebub aus: Sie verschärft den Schutz durch die Firewall so sehr, dass es in vielen Geschäftsstellen nicht mehr möglich ist, Kontenbe-wegungen direkt in der EDV zu verbuchen. Die Quittungen für Ein- und Aus-zahlungen können nur handschriftlich ausgefüllt werden.

Geschehnisse, wie die gerade skizzierten, werden vielen von Ihnen aus eigener leidvoller Erfahrung vertraut sein und nichts Neues vermitteln. Sie werden hier angeführt, weil sie einen großen Teil des Spektrums von Themen abdecken, das im Rahmen von Informations- und Kommunikationsmanagement relevant ist und auf den folgenden Seiten behandelt wird. Schauen wir uns die Geschichten einmal genauer an:

1.1 EINIGE ALLTÄG-

LICHE EREIGNISSE

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 17

In der ersten Geschichte zeitigen die Spannungsschwankungen in der Stromversor-gung vornehmlich aus zwei Gründen so fatale Folgen: Zum einen ist in dem Unter-nehmen offensichtlich versäumt worden, sich technisch gegen derartige, immer wieder auftretende Spannungsschwankungen abzusichern. Dies hätte geschehen können, in dem man eine so genannte USV-Einheit zwischen Stromnetz und die wichtigsten Rechner setzt. Zum zweiten wurde nicht sichergestellt, dass hinreichend häufig und regelmäßig Sicherungen der gespeicherten Daten erstellt wurden und die vorhandenen Sicherungen in einer nachvollziehbaren Art und Weise markiert wur-den. Erst dieses Versäumnis führte dazu, dass der angerichtete Schaden Größen-ordnungen von mehreren 10.000 Euro erreichte. Die Vorkehrungen gegen diese Fehler würde man zum Informationsmanagement zählen und dort den Bereichen Sicherheits- und Datensicherungsmanagement zurechnen.

Die Erstellung und die Abgabe konkurrierender Angebote in einem Unternehmen gibt erste Hinweise auf die Zusammenhänge zwischen Informations- und Wis-sensmanagement: Die Mitarbeiter der beiden Abteilungen stimmen sich nicht zu-letzt deshalb nicht ab, weil die EDV-technische Infrastruktur – unterschiedliche Datenbanksysteme – eine solche Abstimmung nicht unterstützt. Während die Be-hebung dieses Missstandes in den Bereich des Informationsmanagements fällt, bleibt die Frage bestehen, ob es denn, selbst wenn beide Abteilungen auf die glei-chen Daten zugreifen könnten, nicht auch zu den geschilderten Problemen kom-men würde. Schließlich bleibt eine Datenbank ein leerer Container, wenn sie nicht mit Daten gefüllt wird, und wenn die Mitarbeiter aus der Verkaufs- und der Ser-viceabteilung keine Informationen über die von ihnen erstellten Angebote einge-ben, können sich ihre Kollegen auch nicht darüber informieren. Gegen eine solche Teilung des Wissens können aber aus der Sicht des Einzelnen sehr viele Gründe sprechen: Zeitmangel, Gedankenlosigkeit oder die Sorge, den Auftrag an einen Kollegen zu verlieren. Dieser Aspekt des Problems gehört prinzipiell in den Zu-ständigkeitsbereich des Wissensmanagements.

Zu einer unendlichen Geschichte – ähnlich der skizzierten – entwickeln sich viele EDV-Projekte, erinnert sei hier nur an die schlagzeilenträchtigen Projekte der elektronischen Erhebung der LKW-Maut oder an die Überarbeitung des Internet-Auftritts der Bundesagentur für Arbeit. Einige typische Krisenverursacher sind in der oben dargestellten Geschichte vereinigt: Es wird eine umfassende EDV-Lösung angestrebt, diese soll auf dem neuesten Stand der Technik sein und mög-lichst viele unterschiedliche Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen gleich-ermaßen befriedigen. Heraus kommt ein sehr komplexes Projekt, das für seine Umsetzung zwangsläufig einen längeren Zeitraum benötigt. Als unvorhersehbare Schwierigkeiten zur Nichteinhaltung von Terminen führen, wird mitten im Ent-wicklungsprozess ein anderes Softwarehaus mit der Umsetzung des Projektes be-auftragt. Das neue Team muss auf die Unterlagen und Vorarbeiten seines Vorgängers zurückgreifen, die weitgehend unvollständig sind. Dies zum Teil als Ent-schuldigung nutzend, stoßen Abweichungen von der ursprünglichen Planung und weitere Verzögerungen beim Unternehmen auf mehr Verständnis bzw. es herrscht

1.1 EINIGE ALLTÄG-

LICHE EREIGNISSE

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 18

1.1 EINIGE ALLTÄG-

LICHE EREIGNISSE

dort die Stimmung vor, dass das Projekt jetzt um jeden Preis zu Ende gebracht wer-den müsse. Als das Projektende als erreicht definiert ist, sind viele der ursprüngli-chen Planungen nicht umgesetzt worden. Auf der anderen Seite haben sich die Anforderungen des Unternehmens bzw. der betroffenen Abteilungen in der Zwi-schenzeit auch weiterentwickelt. Die neuen Anforderungen haben aber in der auf äl-teren Planungen beruhenden Programmierung keinen Niederschlag gefunden. Dieses Beispiel zeigt wieder die enge Verzahnung von Informations- und Wissens-management: schließlich hätte eine laufende Einbeziehung der künftigen Anwender zumindest die Chance geboten, deren aktuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Es weist aber auch auf die prinzipielle Problematik groß angelegter EDV-Projekte hin: Diese brauchen immer eine längere Zeit zur Umsetzung und häufig existieren zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung die Probleme, zu deren Lösung sie programmiert wurden, nicht mehr und dafür andere. Schließlich illustriert die Tatsache, dass es angesichts ungenauer Spezifikationen in den Verträgen mit den Softwarehäusern nicht möglich war, diese zu Regressleistungen zu verpflichten, die Bedeutung der Vertragsgestaltung bei Softwareprojekten.

Eine andere Seite der Datensicherheit beleuchtet die Erfahrung von Mitarbei-tern der Postbank, wieder zu Papier und Bleistift zurückkehren zu müssen. Ange-sichts der laufenden Verbesserung der Bandbreiten und Geschwindigkeiten im Internet nutzen viele Unternehmen für den Datentransfer zwischen unterschiedli-chen Standorten nicht mehr abgeschottete Intranets, sondern greifen auf das In-ternet zurück. Für viele kleine und mittelständische Unternehmen ist dies sogar aus Kostengründen der einzig gangbare Weg der Vernetzung unterschiedlicher Standorte. Darüber hinaus ist es heute für viele Unternehmen undenkbar, bei den Kontakten zu Zulieferern und Kunden auf die Dienste des Internets zu verzichten. Die damit verbundene Öffnung der unternehmenseigenen EDV und Datenbestän-de macht diese aber auch wesentlich verwundbarer für Angriffe durch Viren, Würmer und Trojanische Pferde. Dagegen kann man sich zwar durch Vi-renscanner und Firewalls weitgehend schützen, doch kann dieser Schutz auch dazu führen, dass die durch die Internetverbindung gewonnene Freiheit wieder aufgehoben wird, was bis zur Lähmung des normalen – mittlerweile auf die Inter-netnutzung abgestellten – Betriebes führen kann.

Datenschutz und Datensicherheit, Wissensgenerierung, -teilung und -speicherung sind nur einige Themen, die in den Bereich des Managements von Informationen und Wissen fallen. Ein Blick in die Inhaltsverzeichnisse der zahlreichen Bücher zum In-formationsmanagement (z. B. Krcmar 2010; Voß/Gutenschwager 2001) oder die noch zahlreicheren Publikationen zum Wissensmanagement (z. B. Al-Laham 2003; Probst et al. 2006) zeigen, dass das Spektrum der Themen, die sich unter den jeweiligen Überschriften versammeln, sehr breit ist. So behandeln beispielsweise Voß und Gu-tenschwager (2001) unter anderem: Informations-, Kommunikations- und Entschei-dungsmodelle, Informations(bedarfs)planung, Unternehmensmodellierung, IT-Management, Datenmanagement und Fragen der Kommunikation und Koordination. Krcmar (2010) beschäftigt sich zusätzlich noch beispielsweise mit Fragen der Soft-

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1.1 EINIGE ALLTÄG-

LICHE EREIGNISSE

ware-Auswahl und –Entwicklung, dem IT-Controlling und Entwicklungen wie dem Ubiquitous Computing oder dem Cloud Computing. Im Kontext des Wissensmana-gements werden Themen behandelt wie die Generierung neuen Wissens in Unter-nehmen (Nonaka/Takeuchi 1995), die Planung des künftigen Wissensbedarfs und das Controlling von Wissen (Güldenberg 1998) und die Überwindung von Barrieren ge-gen die Teilung von Wissen (Schüppel 1996; Kubitschek/Meckl 2000) oder die Mög-lichkeiten zur Messung und Bewertung von Wissen (North et al. 1998; Reinhardt 2002; Mertins et al. 2005).

Dass im Kontext dieses Studienmaterials nicht alle Themen umfassend behandelt werden können, versteht sich von selbst. Dies gilt insbesondere, weil sowohl das In-formationsmanagement als auch Wissensmanagement Schnittstellen zu anderen Ge-bieten und Aspekten des Managements und der Betriebswirtschaftslehre haben (vgl. Abs. 2.3 und Abs. 3.4). Das meint zum einen, dass sie in ihren Auswirkungen andere Managementbereiche berühren – man denke hier nur an rechtliche Fragen des Da-tenschutzes bei der Erfassung und Speicherung von Mitarbeiter- und Kundendaten oder an Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, die insbesondere immer dann zu beachten sind, wenn leistungsbezogene Daten der Mitarbeiter gespeichert werden können. Zum anderen finden Informations- und Wissensmanagement immer einge-bettet in andere betriebliche Entscheidungen und Strukturen statt – zumindest sollte es so sein – und stehen damit u. a. in Abhängigkeit bzw. Wechselwirkung mit strategi-schen Fragen (wenn versucht wird abzuschätzen, welches Wissen in Zukunft relevant sein wird) oder Fragen der Anreizgestaltung und Führung (wenn die Bereitschaft der Mitarbeiter, ihr Wissen mit anderen zu teilen, gefördert werden soll). Das vorliegende Studienmaterial soll Ihnen einen Einblick in die unterschiedlichen Bereiche des In-formations- und Wissensmanagements geben, Ihnen die Grundzüge einiger bekann-ter und verbreiteter Ansätze und Methoden vermitteln und Sie befähigen, Projekte des Wissens- und Informationsmanagement in Ihrem Unternehmen kritisch zu be-gleiten, um dadurch hoffentlich einige Fallstricke und Probleme wie die zu Beginn des Abschnitts geschilderten zu vermeiden. Schlüsselwörter: EDV-Projekt, Datensicherheit, Datensicherheitsmanage-ment Fragen/Aufgaben:

Waren Sie in Ihrer beruflichen Praxis schon einmal mit Problemen konfron-tiert oder haben Erfahrungen gemacht, die man vermutlich durch ein vo-rausschauendes Informations- und Wissensmanagement hätte vermeiden können? Falls ja, skizzieren Sie, welche Fehler Ihrer Meinung nach gemacht wurden.

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Welche Erwartungen haben Sie an dieses Studienmodul? Was wollen Sie im Rahmen des Moduls lernen? Notieren Sie sich bitte ihre Erwartungen und vergleichen Sie sie nach dem Ende der Durcharbeitung mit Ihren Erfahrun-gen mit dem Modul.

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1.2 Wissens- und Informationsmanagement

– ein reines EDV-Thema? Es liegt nahe – und ist trotzdem häufig falsch –, Wissens- und Informationsma-nagement als reines EDV-Thema zu betrachten. Es liegt nahe, weil es bei beiden Managementgebieten in der Regel um den Umgang mit elektronisch gespeicher-ten Daten geht und weil vielfach erst die Existenz von entsprechenden Software-Werkzeugen den Anstoß zu einer intensiveren Beschäftigung mit diesen Manage-mentgebieten gibt. Dabei muss es sich nicht immer um dezidierte Werkzeuge des Wissensmanagements handeln. Bereits die einfache Tatsache, dass EDV-Technik in einem Unternehmen vermehrt genutzt wird, kann Anlass für eine intensivere Beschäftigung mit Informations- und Wissensmanagement sein. Ein Grund hier-für liegt darin, dass die Freiheit und die zusätzlichen Möglichkeiten, die durch die Nutzung von EDV dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern gewährt werden, häufig »erkauft« werden durch eine Vielzahl neuer Bedingungen und Aspekte, die zu beachten sind.

Dies kann an einem einfachen Beispiel verdeutlicht werden: Solange in einem Un-ternehmen die Geschäftskorrespondenz ausschließlich mittels Schreibmaschinen erstellt wird, kann das Unternehmen auf vorgedruckte Briefbögen zurückgreifen. Die korrekte Positionierung der einzelnen Bestandteile des Geschäftsbriefes (Adres-se, Datum, Betreffzeile, etc.) wird von den einzelnen Schreibenden manuell vorge-nommen. Deswegen spielt die Frage, ob unterschiedliche Schreibmaschinen mit unterschiedlichen Zeilenabständen, Schriftlaufweiten und -größen eingesetzt wur-den, in der Regel keine nennenswerte Rolle. Auch können unterschiedlich gestaltete Briefbögen, die abweichende Positionen für bestimmte Teile des Briefes vorsehen, eingesetzt werden. All dies ändert sich, sobald die Geschäftsbriefe mittels Computer erstellt werden. Soll weiter das vorgedruckte Geschäftspapier eingesetzt werden, muss zunächst eine Dokumentenvorlage erstellt werden, da die Positionierung der Textelemente nach Anschauung am Bildschirm kaum möglich ist. Ferner schlägt die Tatsache, dass unterschiedliche Drucker in der Regel ein – wenn auch nur leicht – abweichendes Schriftbild erzeugen, nun in der Form zu Buche, dass ein Ausdruck, der auf einem Druckertyp wie gewünscht erstellt wird, auf einem anderen über-haupt nicht mehr stimmt. Es müssen also Überlegungen zur Vereinheitlichung angestellt werden. Dies kann geschehen, indem man möglichst einheitliche Drucker

1.2 …EIN REINES

EDV-THEMA?

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 21

1.2 …EIN REINES EDV-

THEMA?

im Unternehmen einsetzt oder das Briefpapier so verändert, dass unterschiedliche Druckbilder nicht auffällig werden. Häufig findet man heutzutage letzteres, wenn entweder direkt auf Blankopapier gedruckt wird oder bestenfalls noch das farbige Unternehmenslogo vorgedruckt ist. Es liegt auf der Hand, dass, wenn nicht jeder Brief dieser Art mehr oder weniger aufwändig formatiert werden soll, dies die Er-stellung von komplexeren Briefvorlagen verlangt. Die für diese Veränderungen not-wendigen Entscheidungen, die zum Bereich des Informationsmanagements zählen, oder zumindest ihre Vorbereitung und Umsetzung werden oft den EDV-Spezialisten in einem Unternehmen überlassen.

Ähnliches findet man häufig bei Fragen des Wissensmanagements. Handelt es sich doch hier meist um Sachverhalte, die zumindest auf den ersten Blick ebenfalls pri-mär die Datenverarbeitung betreffen: Daten zu katalogisieren, sie zu speichern und an andere Nutzer zu verteilen. Vielfach sind es erst EDV-Anwendungen bzw. die Möglichkeiten, die diese bieten, die Wissensmanagement als Thema in einem Un-ternehmen aufkommen lassen. So wird es beispielsweise erst durch die Existenz von zentralen Datenbanken verbunden mit einer weitgehend flächendeckenden Ausstat-tung aller Arbeitsplätze eines Unternehmens mit vernetzter EDV-Technik sinnvoll, über einen schnellen Zugriff aller Mitarbeiter auf das irgendwo im Unternehmen generierte Wissen nachzudenken.

Exkurs 1: Sichtweisen von Informationsmanagement in der Wissenschaft

Die »EDV-lastige« Behandlung von Informations- und Wissensmanagement ist nicht nur ein Problem der Praxis in den Unternehmen. Auch in der Wissenschaft finden sich – insbesondere für das Informationsmanagement – inhaltliche Bestimmungen, die vornehmlich auf Informatik und Informationstechnik abstellen. Voß und Gutenschwager (2001, 62) haben unter Bezugnahme auf Schwarze (1998) fünf Grundauffassungen des Informationsmanagements zusammengestellt:

1. Informationsmanagement als Management von Informationen oder Daten, die in Form von Büchern, Zeitschriften oder Dokumenten vorliegen (Nähe zu Bibliotheks- und Dokumentationswissenschaften).

2. Informationsmanagement als Synonym für Datenmanagement mit einer Fokussierung auf den Entwurf und Betrieb von Datenbanken und die Gewähr-leistung von Datensicherheit und Datenschutz unter Einsatz spezieller IT-Systeme.

3. Informationsmanagement als Management der »Informatik-Ressourcen« (Hardware und Software) in einer Unternehmung.

4. Informationsmanagement als Synonym für den Begriff Wirtschaftsinformatik; vgl. z.B. Rauh (1990).

5. Informationsmanagement als spezielle Managementaufgabe oder als spezielle betriebswirtschaftliche Funktion, die alle Aktivitäten der Beschaffung, Verarbei-tung, Speicherung, Übertragung und Bereitstellung von Informationen umfasst.

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1.2 …EIN REINES EDV-

THEMA?

Informations- und Wissensmanagement sind sicherlich immer auch EDV-Themen, sie sind es aber nicht nur. Wegen der großen Relevanz, die eine funktionierende (technisch gestützte) Informationsverarbeitung schon heute für Unternehmen hat und angesichts der zunehmenden Bedeutung, die die Analyse, Steuerung und Be-wertung von Prozessen der Wissensgenerierung, -speicherung und -verteilung für Unternehmen bekommt, handelt es sich um Managementbereiche, deren Entschei-dungen und Auswirkungen oft direkte Auswirkungen auf die Handlungs- und Wett-bewerbsfähigkeit des Unternehmens als Ganzes haben. In Anlehnung an den bekannten Ausspruch des französischen Staatschefs Clemenceau – »Der Krieg ist zu wichtig, um ihn den Generälen zu überlassen.« – könnte man deswegen bereits sa-gen, Informations- und Wissensmanagement sind zu wichtig, um sie den EDVlern zu überlassen.

Doch neben diesem auf Bedeutung abzielenden Argument gibt es noch weitere in-haltliche Argumente dafür, Informations- und Wissensmanagement nicht als rei-nes EDV-Problem zu behandeln:

Wissens- und Informationsmanagement befinden sich immer in dem Bereich zwischen der Bestimmung bzw. Formulierung betrieblicher Anforderungen und Bedürfnisse und der technischen Umsetzung dieser Anforderungen. Erstere re-sultieren aus dem aktuellen und dem (strategisch) geplanten Bedarf im Rahmen der Leistungserstellung des Unternehmens und werden in den unterschiedli-chen Funktionsbereichen des Unternehmens (Beschaffung, Produktion, Absatz, Personal, etc.) formuliert. Letztere fallen in den Bereich der (Wirtschafts-)Informatik (Rechner-Systeme, Datenbanken, Software-Entwicklung) (Voß/Gutenschwager 2001, 84 ff.; Krcmar 2010, 115 ff.). Sollen die oft unter-schiedlichen Anforderungen und Möglichkeiten zu einem vernünftigen Aus-gleich gebracht werden, müssen alle betroffenen Parteien die Chance haben, auf die Entscheidungen des Informationsmanagements einzuwirken.

Der Einsatz von Informationstechnik und Methoden des Wissensmanagements verändert häufig bestehende Arbeitsabläufe. Während dies beim Wis-sensmanagement durchaus gewünscht und erwartet ist, bedarf diese Behaup-tung in Bezug auf Informationstechnik einer kurzen Erläuterung, schließlich soll ihr Einsatz bestehende Arbeitsläufe beschleunigen, vereinfachen, kurz: effizien-ter und produktiver gestalten und nicht verändern. Nehmen wir beispielsweise das Mahnwesen eines Unternehmens nach Einführung einer EDV-Anwendung zur Debitoren-/Kreditoren-Erfassung. Anstatt wie früher nach Verstreichen des Zahlungsziels manuell Mahnbriefe zu verfassen, erlaubt es die zumindest halb-automatische Erstellung von Rechnungen und eventuellen Mahnungen. Diese Arbeitsentlastung auf Seiten der Sachbearbeitung ist jedoch häufig verbunden mit höherem Aufwand bei der Installation des Systems und Vorbereitung des Rechnungs- und Mahnungserstellung: Für jeden Rechnungs- und Mahnungstyp müssen Prototypen erstellt und im System implementiert werden. Dies ist oft so kompliziert, dass es einer speziellen Schulung bedarf, so dass die frühere Ab-hängigkeit von Schreibkraftkapazitäten nun ersetzt worden ist durch eine Ab-

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1.2 …EIN REINES EDV-

THEMA?

hängigkeit von den jeweils geschulten Experten. Oder betrachten Sie das Text-verarbeitungsprogramm, mit dem Sie und die Sachbearbeitungen in Ihrem Un-ternehmen arbeiten: Sie können damit layouten, zeichnen, Grafiken und Bilder in Texte einbinden und schreiben können Sie damit auch. In der Regel bringen die meisten EDV-Anwendungen, die zur Unterstützung anfallender Tätigkeiten in einem Unternehmen angeschafft werden, ein solches Maß an zusätzlichen Funktionen mit sich, dass es eher erstaunlich wäre, würden diese nicht über kurz oder lang in die bestehenden Arbeitsabläufe eingebaut. Teilweise entwi-ckeln sich die Anforderungen an die EDV-Lösungen und die Fähigkeiten der Anwendungen auch in einer Art Ko-Evolution, so dass das, was am Ende dieser Entwicklung steht, ohne EDV-Einsatz nicht mehr zu bewältigen wäre. Ein Bei-spiel hierfür sind die Mehrzahl der Entgelt- und Personalabrechnungssysteme, die in ihrer aktuellen Komplexität ohne die Unterstützung von EDV-Programmen kaum mehr zu handhaben wären (Ortmann 1995a, 161; 1984, 95 ff.).

Da es im Informations- und Wissensmanagement um die Steuerung und Stimu-lierung von Informations- und Wissensflüssen und nicht bloß um die Bereitstel-lung von Hard- und Software geht, haben sie in weiten Teilen sogar nur wenig mit der eigentlichen Datenverarbeitungstechnik zu tun. Die innovativste Software bleibt toter Ballast, wenn sie von den Mitarbeitern im Betrieb nicht genutzt wird. Die Frage der Akzeptanz und Nutzung von EDV-Anwendungen entschei-det sich aber in der Regel weniger an technischen Feinheiten – die der durch-schnittliche Anwender ohnehin nicht nutzt –, sondern an Fragen wie der ergonomischen und an die Arbeitsabläufe angepassten Gestaltung der Benut-zeroberflächen, ihrer Verlässlichkeit und Geschwindigkeit, kurz: ihrer Funktio-nalität für die Anwender. Einschlägige Studien zeigen aber, dass die »design logic« (Perrow 1983) von EDV-Entwicklern häufig Ziele beinhaltet, die den ge-rade skizzierten Vorstellungen der Nutzer, deren »operating logic«, nicht ent-sprechen, teilweise sogar widersprechen. Da werden neue, aber unerprobte Wege gegangen, anstatt stabile, bewährte Konstruktionen zu nutzen. Der ele-ganten Kompaktheit des Programms wird der Vorzug vor einem umfangreiche-ren Entwurf gegeben, der dafür dem Anwender mehr Eingriffsmöglichkeiten gibt (Ortmann et al. 1990, 418 f.).

Über die gerade genannten technikbezogenen Aspekte hinaus spielen natürlich weitere Faktoren eine – häufig die entscheidende – Rolle, ob Maßnahmen des In-formations- und Wissensmanagements die gewünschte Wirkung erzielen. Eingrif-fe in den Informations- und Wissensfluss in einem Untenehmen berühren in der Regel die Machtpositionen der Akteure in dem Unternehmen. Sie können meist nur dann erfolgreich sein, wenn die Mitarbeiter bereit und fähig sind, die ge-wünschten Informationen und/oder ihr Wissen weiterzugeben bzw. willens und fähig sind, Informationen und Wissen von anderen anzunehmen. Dass solche Fähigkeiten und Bereitschaften nicht selbst-verständlich vorauszusetzen sind, ist mittlerweile für das Wissensmanagement gut dokumentiert (z. B. bei Schüppel

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1.2 …EIN REINES EDV-

THEMA?

1996) und gilt gleichermaßen auch für die Übermittlung von Informationen. So betrachtet wird Informations- und Wissensmanagement zum Thema für die Per-sonalführung oder die Gestaltung von Anreizsystemen und hat Auswirkungen bis hin zur Gestaltung von Arbeits- bzw. Aufgabenplanung, wenn man beispielsweise daran denkt, dass bei einer Studie »Zeitmangel« der Grund war, der am häufigs-ten von Arbeitnehmern dafür genannt wurde, dass sie ihr Wissen nicht ihren Kol-legen mitteilen (Bullinger/Prieto 1998, 110).

Informations- und Wissensmanagement als reines EDV-Thema zu behandeln, es also zu einer technischen Frage zu erklären, die von der Wirtschaftsinformatik zu bearbeiten ist, wäre also nicht nur eine sehr verkürzte Betrachtung der Problema-tik, es würde darüber hinaus alle »Chancen« bieten, eine Vielzahl von Maßnah-men wegen der Nichtbeachtung relevanter Aspekte von vornherein zum Scheitern zu verurteilen. Schlüsselwörter: Vereinheitlichung, Veränderung der Arbeitsabläufe, Ak-

zeptanz und Nutzung von EDV-Anwendungen, Bereit-schaft/Wille zur Nutzung, kognitive Fähigkeit zur Nutzung

Weiterführende Literatur:

Krcmar, H. (2010): Informationsmanagement, Berlin et al., (S.31 – 52). Fragen/Aufgaben: Skizzieren Sie in eigenen Worten einige Gründe, die dafür sprechen, Informa-

tions- und Wissensmanagement nicht als reines EDV-Thema zu behandeln.

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Falls Sie im Beruf bereits schon einmal die Erfahrung gemacht haben, dass eine EDV-Anwendung oder ein anderes Instrument des Wissens- oder Infor-mationsmanagements im Unternehmen eingeführt, aber von den Mitarbei-tern nicht angenommen wurde, schildern Sie bitte die Gründe, die zu der mangelnden Akzeptanz geführt haben.

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1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

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1.3 Kosten senken durch Wissens- und Informationsmanagement?

Glaubt man den Versprechungen von Unternehmensberatern und der Softwarein-dustrie, ist die Rechnung sehr einfach: Durch Maßnahmen des Informations- und Wissensmanagements können Informationsabläufe effizienter gestaltet, Risiken des Informationsverlustes verringert, wenn nicht sogar vermieden und Doppelarbeiten verhindert werden. Ferner werden Prozesse der Wissensteilung, -speicherung und -weitergabe erleichtert und ggf. sogar die Generierung neuen Wissens gefördert. Der Schluss drängt sich geradezu auf, dass aufgrund dessen der Einsatz von Informations- und Wissensmanagement zu fühlbaren Kosteneinsparungen führen müsste. Er wird gestützt durch die Bewerbung einschlägiger Softwareprodukte (s. Abb.1) und entspre-chende Erfolgsgeschichten in der EDV-Fachpresse.

Empirisch steht dieser Erwartung zumindest beim Einsatz von Computern der er-nüchternde Befund gegenüber, dass es weder in einer Branche mit besonders hohen Investitionen in die Informationstechnik (wie etwa Banken, Versicherungen) noch in einzelnen Unternehmen zu substanziellen Produktivitätszuwächsen gekommen ist, sondern eher stagnierende, wenn nicht sogar rückläufige Produktivitäten vorfindbar waren (Ortmann 1995b, 143 f.). Dieses sogenannte Produktivitätsparadox (Ort-mann 1995a, 162 ff. unter Verweis auf Baily und Gordon 1988) kann auf unterschied-liche Gründe zurückgeführt werden.

Ein Teil der Begründungen stellt darauf ab, dass der Einsatz und die Nutzung der EDV-Technik nicht in optimaler Form erfolgt. Management und Anwender müssten erst lernen, die Technik in einer produktivitätssteigernden Weise einzusetzen. Sie sucht also die Gründe für das Produktivitätsparadox im Informationsmanagement.

Ein zweiter Typ von Begründung geht davon aus, dass der EDV-Einsatz vornehmlich unter wettbewerblich-strategischen Gesichtspunkten (vgl. auch Abs. 1.4) geschieht, um der Konkurrenz Abnehmer und Kunden abspenstig zu machen. Dies braucht nicht die Produktivität zu steigern, ist aber trotzdem einzelwirtschaftlich sinnvoll.

Die dritte Begründung betont dagegen, dass die Vorteile des EDV-Einsatzes zwar gegeben seien, sie sich aber vornehmlich auf einer qualitativen Ebene bewegen wür-den, die nicht durch die quantitativ angelegten Messungen der Produktivität erfasst würden. Dieses Argument verdient eine weitergehende Betrachtung, weist es doch auf eine bereits angesprochene Eigenart des EDV-Einsatzes in Unternehmen hin, deren Bedeutung aber erst richtiggehend offenbar wird, wenn man den Einsatz und das Management von Informationstechnologie unter Kostengesichtspunkten be-trachtet: Der Einsatz von Informationstechnologie verändert die Arbeitsabläufe in den Bereichen, in denen er geschieht, häufig in einer Art und Weise, dass Vorher-Nachher-Betrachtungen – zur Ermittlung realisierter Einsparungen – Gefahr lau-fen, dem sprichwörtlichen Vergleich von Äpfeln mit Birnen zu ähneln.

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT?

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 26

Abb. 1: Werbung von Microsoft für Lösungen speziell für kleine und mittelständische Unternehmen. Quelle: http://www.microsoft.com/germany/kmu/default.mspx

Betrachten Sie die bereits erwähnte Textverarbeitung in Ihrem Unternehmen. Wenn wir davon ausgehen, dass die inflationsbereinigten Lohnkosten pro Ge-schäftsbrief in den letzten 15 Jahren unverändert geblieben sind, brauchen wir für den Kostenvergleich nur die anfallenden Materialkosten zu betrachten. Da fallen bei einem auf einer Schreibmaschine verfassten Brief an:

+ Abschreibung der Schreibmaschine + Kosten für das Briefpapier + Verbrauchskosten Farbband + Energiekosten

Wird der Brief an einem PC verfasst, sind zu berücksichtigen:

+ Abschreibung PC/Drucker + Kosten für das Briefpapier + Verbrauchskosten Druckertoner + Energiekosten

Wenn man nun die Anschaffungskosten für eine moderne Schreibmaschine mit ca. 200 € und die Kosten für das Farbband mit ca. 10 € veranschlagt und diesen Preisen die Kosten für eine PC-Drucker-Kombination (inkl. Textverarbeitungs-software) von ca. 2.000 € sowie einen Preis einer Druckertonerkartusche von ca.

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT?

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50 € gegenüber stellt, wird schnell deutlich, dass die Herstellungskosten eines am Computer verfassten Briefes in der Regel höher sein werden, als wenn er auf einer Schreibmaschine getippt worden wäre. [-> (1)]

Aber diese Rechnung stimmt doch gar nicht, werden Sie sich jetzt vermutlich den-ken, mit einer Schreibmaschine könnte man nie Serienbriefe erstellen und die Ge-staltungsmöglichkeiten bei anderen Briefen sind auch wesentlich eingeschränkter. Außerdem, so möglicherweise ein weiterer Einwand, kann man mit der Office-Software auf einem PC noch wesentlich mehr machen, etwa im Bereich Tabellen-kalkulation oder bei der Erstellung von Präsentationen. Damit sind wir aber genau bei dem Punkt, um den es geht: EDV-Lösungen für Probleme im Arbeitsalltag be-inhalten in der Regel ein solches Mehr an Möglichkeiten und Optionen im Ver-gleich zu den vorher genutzten Methoden, dass schon auf der Ebene der Kosten ein Vergleich mit dem Zustand vor dem Einsatz der jeweiligen EDV-Lösung kaum noch möglich ist. Vor allem muss dieses Mehr an Möglichkeiten auch bezahlt wer-den und schlägt sich damit auf der Kostenseite nieder. Dass die von EDV-Lösungen über das eigentlich verlangte hinaus angebotenen zusätzlichen Optio-nen in der Regel recht schnell Eingang in die betriebliche Praxis finden und selbstverständlicher Bestandteil der Ansprüche der Benutzer werden, steht dabei auf einem anderem Blatt, dem wir uns gleich zuwenden werden.

Zuvor jedoch noch eine Randbemerkung: Wenn bei Ihnen nach der Lektüre der letzten Zeilen der Eindruck entstanden ist, hier werde die Behauptung aufgestellt, der Einsatz von Informationsmanagement sei für Unternehmen nicht von Vorteil und sogar häufig nicht notwendig, so täuscht dies. Es sollen nur ein paar Zweifel bezüglich der Möglichkeiten, durch den Einsatz von Informationstechnologie und Informationsmanagement schnell und einfach Kosten zu sparen, gesät werden. Die Ko-Evolution von technischen Möglichkeiten und Ansprüchen bzw. Erwar-tungen (von Kunden, Lieferanten und nicht zuletzt Mitarbeitern) führt häufig da-zu, dass Kosteneinsparungen bei der EDV-technisch unterstützten Tätigkeit aufgehoben werden durch qualitative Veränderungen in der Tätigkeit – ein Ge-schäftsbrief wird nicht mehr einfach nur geschrieben, sondern gleichzeitig layou-tet, die beschleunigte Verbuchung in der neuen Finanzbuchhaltung wird kompensiert durch die Vielzahl an Auswertungen, die die Buchhaltung nun für das Controlling liefern muss. Es sind diese qualitativen Veränderungen, die einen ein-fachen Kostenvergleich kaum möglich machen. So verschaffen beispielsweise de-taillierte Produktdatenbanken Unternehmen die Möglichkeit, Teile der Bestellannahme und des Services an Call-Center auszulagern, wo Kunden und Be-schwerdeführer dann von angelernten Arbeitskräften betreut werden. Dies ermög-licht den Unternehmen häufig eine Ausweitung der Servicezeiten bei gleichzeitiger Reduzierung der Personalkosten in diesem Bereich. Ob die Betreuung der Kunden durch solche Call-Center-Mitarbeiter, die oft noch gleichzeitig weitere Firmen auf diese Art vertreten, qualitativ der Betreuung entspricht, die unternehmenseigenes Personal, leisten kann, das stärker mit den eigenen Produkten vertraut ist, ist oft fraglich.

1.3 KOSTEN SENKEN

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INFORMATIONS-

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Schließlich wird die ohnehin schon etwas unübersichtliche Lage noch dadurch verschärft, dass, wie bereits erwähnt, die durch den EDV-Einsatz geschaffenen Möglichkeiten oft recht schnell als selbstverständlich angesehen werden, so dass ihr Fehlen dem Unternehmen als Makel angekreidet wird. So wird ein Kunde von einer Firma heutzutage oft nicht nur erwarten, dass der angerufene Vertriebsmit-arbeiter sich in die Kundendatenbank bereits während des Telefonats über die Be-stellungen des Kunden in der Vergangenheit informiert, sondern auch, dass der Vertriebsmitarbeiter sich ebenso schnell im Warenwirtschaftssystem über die vo-raussichtliche Verfügbarkeit und den möglichen Liefertermin für die aktuelle Be-stellung informieren kann. Die noch vor gar nicht allzu langer Zeit durchaus übliche Antwort: »Ich informiere mich mal eben und rufe dann zurück« wirkt heute schon ähnlich »rückständig« wie die Buchhandlung, in der die Quittung für das gekaufte Fachbuch noch manuell ausgestellt werden muss, weil der Buchtitel nicht bereits auf der Rechnung erscheint. In solchen und vielen weiteren ähnlich gelagerten Fällen stellt sich gar nicht mehr die Frage, ob der Einsatz der Informa-tionstechnologie reale Produktivitäts- und/oder Kostenvorteile bringt, sondern es geht schlicht um den Erhalt von Wettbewerbschancen. Diese Wettbewerbschan-cen beruhen allerdings zum Teil weniger auf echten Effizienzvorteilen als auf der Reputation, die der Einsatz moderner EDV-Werkzeuge mit sich bringt – oder würden Sie einem Lieferanten einen Auftrag geben, bei dem der Buchhalter noch mit Ärmelschonern vor einem Stehpult mit einem großen Journalbuch steht?

Die vorstehenden Bemerkungen sollen nun nicht besagen, dass der Einsatz und das Management von EDV in Unternehmen grundsätzlich unsinnig oder ineffi-zient ist. Es gibt viele Beispiele, die die mögliche Effizienz belegen können – ins-besondere beim Einsatz von Methoden der Operations Research wie der Tourenplanung, der Produktionsplanung oder etwa der Gestaltung von Schicht-plänen. Doch gibt es auch genügend Belege dafür, dass viele der Hoffnungen auf Kostensenkung und Effizienzsteigerung sich allzu bald als Illusionen erweisen – denken Sie nur an das noch in den achtziger Jahren propagierte papierlose Büro.

Exkurs 2: Effizienz und Effektivität

Die Begriffe Effektivität und Effizienz werden im Alltag und zum Teil auch in derbetriebswirtschaftlichen Literatur häufig nahezu synonym verwendet, was insofernseine Berechtigung hat, dass sie beide Eigenschaften des Leistungserstel-lungsprozesses beschreiben. Die Effizienz bezieht sich auf das Verhältnis von Output zu Inputfaktoren im Leistungserstellungsprozess und ist umso höher, je mehr Output mit einem bestimmten Input erzeugt werden kann bzw. je mehr der Aufwand zur Erzeugung einer bestimmten Menge von Gütern und Leistungen reduziert werdenkann.

Beide Größen sind im Prinzip unabhängig von einander, so kann man sehr effizienteine nicht benötigte – und damit ineffektive – Leistung erbringen oder auch eine effek-tive Leistung vollkommen ineffizient durchführen. Zur Sicherung des wirtschaftlichen Erfolges von Unternehmen ist es notwendig, beide Größen zu beachten und mög-lichst zu optimieren.

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

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1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

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Die erste, zu Beginn dieses Abschnitts genannte Begründung für die Existenz des Produktivitätsparadoxes – die Menschen und Unternehmen müssen erst noch lernen, mit der Technologie umzugehen – lässt sich auch so verstehen, dass sich Produkte, Dienstleistungen und nicht zuletzt auch die Arbeitsabläufe und -strukturen in Unternehmen erst so verändern müssen, dass sie zu dem Einsatz von Informationstechnologie passen. Hat dieser Wandel stattgefunden, so er-scheinen diese Technologien dann als effizient.

Erik Brynjolfsson, Direktor des MIT Center for eBusiness bringt das klar zum Ausdruck:

»Die wahren Helden der IT-Revolution sind nicht der Mikrochip oder der Web-Browser, sondern die kreative, gewissenhafte und anstrengende Arbeit derer, dieLieferketten, Kundendienst, Produktlinien, Bonussysteme und tausendundeinen anderen Prozess und Ablauf für den Computer-Einsatz neu erfunden haben. Investitionen in immaterielle Werte sind die wahre Quelle des Produktivitäts-schubs. Die Hauptaufgabe des Managements ist es, IT zu nutzen, um daraus eineWelle komplementärer Innovationen in ihrer ganzen Organisation anzustoßen«(Brynjolfsson 2004)

Was kann nun die Aufgabe von Informationsmanagement unter solchen Vorausset-zungen sein? Bei der Antwort auf diese Frage lassen sich zwei Ebenen unterscheiden.

Auf der umsetzenden – nennen wir sie taktische oder operative – Ebene kann Informationsmanagement versuchen, die skizzierten Entwicklungen in einer mög-lichst effizienten Form umzusetzen und damit dann in dem vorgegebenen Rahmen wirklich Kosten einzusparen. Durch ein Management der IT-Infrastruktur, das sich weniger an den technischen Möglichkeiten als an den sachlichen Erfordernissen des Unternehmens orientiert, können beispielsweise Kosten eingespart werden, die ent-stehen würden, wenn zu leistungsfähige – und damit in der Regel auch zu teure – o-der überflüssig viele IT-Geräte angeschafft würden. Im Bereich des Sicherheitsmanagement können durch die Implementierung von Methoden zur Er-höhung der Datensicherheit und Ausfallsicherheit von Hardware Stillstandszeiten und die damit verbundenen Kosten verhindert werden. Beim Datenmanagement kann das Informationsmanagement durch die Entwicklung von Vorgaben bezüglich von Dateiformaten, Regeln zur Ablage und Benennung von Dokumenten die Durch-lässigkeit des Datenflusses innerhalb des Unternehmens erhöhen und dadurch Rei-bungsverluste und -kosten verringern.

Von dieser umsetzenden Handlungsebene kann die eher planende – strategi-sche – Ebene unterschieden werden. Hier spielt insbesondere die Schnittstellen-funktion, die das Informationsmanagement zwischen der Informationstechnik und Informatik auf der einen und den Leistungserstellungsprozessen im Unter-nehmen auf der anderen Seite einnimmt, eine herausragende Rolle. Als Grenzgän-ger zwischen diesen beiden »Welten«, die sich im betrieblichen Alltag häufig eher fremd gegenüberstehen, kann das Informationsmanagement eine vermittelnde und beratende Funktion einnehmen, die auf der einen Seite auf die Optionen hin-

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

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1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

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weist, die es zur Unterstützung betrieblicher Prozesse durch die Informations-technologie gibt, und auf der anderen Seite auch die Risiken bei der informations-technischen Umsetzung bestimmter betrieblicher Planungen beleuchtet (vgl. auch Abs. 1.4). Zu dieser Vermittlungsfunktion gehört es auch, im Bereich der Soft-wareentwicklung und -anpassung vor betriebswirtschaftlich unsinnigen, da ineffi-zienten Lösungen zu warnen: Häufig kommt man bei der Planung oder spätestens der Umsetzung von Softwareprojekten in eine Situation, in der der größte Teil – vielleicht 80% – der Anforderungen der späteren Anwender der Software relativ problemlos in Programme umgesetzt werden kann, der verbleibende Rest an An-wenderwünschen aber erheblichen Programmieraufwand verursachen würde, der in keinem Verhältnis zu dem zu erwartenden Ertrag stünde.

Kundendatenbank und Briefe In einer Druckerei wird eine Datenbankanwendung zur Verwaltung von Kundendaten entwickelt. Diese enthält neben den Anschriften auch Angaben über die Aufträge, die die Kunden erteilt haben, Rechnungsbeträge und Zahlungsziele. Ferner werden die Daten der Rechnungserstellung und Angaben über eventuell notwendige Mahnungen festgehalten. Die Ziele der Entwicklung bestehen zum einen darin, die Rechnungs- und Mahnungserstellung weitgehend zu automatisieren und durch entsprechende Klassifizierung der Aufträge zielgerichtet bestimmte Kundengruppen auf Sonderan-gebote oder neue technische Möglichkeiten der Druckerei hinweisen zu können. Da in dem Unternehmen bisher bereits Microsoft-Office für die –Textverarbeitung und Tabellenkalkulation genutzt wird, entscheidet man sich dafür, auch die Datenbank mit einem MS-Office Produkt, Access, zu realisieren. Die Steuerung der Brieferstellung für Rechnungen, Mahnungen, Werbemails soll durch die Datenbank geschehen, wobei für die einzelnen Typen von Schreiben Vorlagen für die Hauptdokumente in Word er-stellt werden.

Im Laufe der Entwicklung der Datenbank entsteht bei der Geschäftsleitung eine Idee zur Erweiterung des ursprünglichen Datenbankdesigns: Anstatt nur aus der Datenbankanwendung heraus die Erstellung von Standardbriefen ansteuern zu können, sollte es doch auch möglich sein, aus der Textverarbeitung heraus durch die Angabe des Namen des Kunden dessen Adresse in einen Brief automatisch einfügen zu lassen. Schließlich habe man die Adressen bereits gespeichert und sie dann bei einzelnen Schreiben jeweils neu manuell einzugeben, sei ziemlich ineffektiv, so die Argumentation des Geschäftsführers. Allerdings müsse diese Funktion so einfach zu bedienen sein, dass es keiner längeren Einarbeitung bedürfe, schließlich setze man für Schreibarbeiten häufig studentische Aushilfen ein, die häufiger wechselten.

Die mit der Programmierung beauftragte Firma erklärt, dass eine Umsetzung dieser Anforderung technisch kein prinzipielles Problem darstelle. Allerdings, so die Software-Entwickler, müssten für dieses Feature mit Kosten gerechnet werden, die etwa bei einem Drittel der bislang für das Gesamtprojekt veranschlagten lägen, da die »narrensichere« Implementierung dieser Funktion sehr aufwändig sei

Der für das Informationsmanagement zuständige Mitarbeiter der Druckerei überprüft daraufhin die Korrespondenz des Unternehmens in den letzten Monaten und stellt fest, dass durchschnittlich ca. zwei Briefe pro Tag erstellt werden, bei denen die von der Geschäftsleitung gewünschte Funktion eingesetzt werden könnte.

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

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MANAGEMENT?

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

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Fälle wie dieser sind bei der Software-Entwicklung nicht unüblich und eine nüch-terne Bedarfsanalyse für solche Entwicklungswünsche kann einem Unternehmen nicht nur Entwicklungskosten ersparen, sondern auch Verzögerungen im Entwick-lungsprozess.

Vieles von dem bisher für das Informationsmanagement gesagten, gilt auch für die Möglichkeiten, durch Wissensmanagement Kosten einzusparen. Auch hierfür gilt, dass der reflektierte Einsatz von Wissensmanagement [-> (2)] die Prozesse in Un-ternehmen häufig in einer Art verändert und so viele – unintendierte – Nebenwir-kungen zeigt, dass ein einfacher Vorher-Nachher-Vergleich zur Ermittlung eventuell eingesparter Kosten kaum noch möglich ist. Allerdings lassen sich auch für das Wissensmanagement viele Anwendungsbereiche finden, in denen sein Einsatz zu Einsparungen führen kann:

Suchkosten können verringert werden, wenn den Mitarbeitern eines Unter-nehmens durch eine an die jeweiligen Bedürfnisse angepasste Aufbereitung und Katalogisierung der im Unternehmen vorhandenen Wissensbestände die Möglichkeit gegeben wird, sich schnell und einfach darüber zu informieren, ob zu einer bestimmten Fragestellung Erfahrungen und Wissen im Unternehmen vorliegen und wo diese zu finden sind.

Informationskosten können eingespart werden, wenn Maßnahmen des Wis-sensmanagements dazu genutzt werden, die Erreichbarkeit dieser Wissensbe-stände zu verbessern, in dem das Wissen etwa selbst in unternehmensweit verfügbaren Datenbanken gespeichert wird oder zumindest Mittel und Infor-mationen zur leichteren Kontaktaufnahme mit den Wissensträgern zur Verfü-gung gestellt werden.

Ein solcherart erleichterter Überblick über und Rückgriff auf das bereits im Unternehmen vorhandene Wissen kann darüber hinaus die Aufwendungen für die Entwicklung bzw. Erlangung von Wissen und Informationen im Rahmen der Entwicklung und Erstellung von Gütern und Dienstleistungen verringern helfen, da im Idealfall »das Rad nicht zum zweiten Mal erfunden wird«, son-dern auf bereits vorhandenes Wissen zurückgegriffen werden kann.

Ähnliches gilt auch für die Kosten, die mit Service- und Garantieleistungen des Unternehmens verbunden sind. Wenn die Mitarbeiter bei Reparaturen auf die Erfahrungen von Kollegen zurückgreifen können, kann sich der Aufwand zur Fehlersuche und -behebung verringern.

Unternehmensübergreifend eingesetzt kann Wissensmanagement zu einer besseren Koordination mit den Lieferanten und den (Haupt-)Abnehmern ei-nes Unternehmens führen und dadurch Maschinenrüstzeiten und Zeiten des Stillstands verringern sowie Lagerhaltungskosten reduzieren.

Darüber hinaus kann Wissensmanagement auch zu Zwecken genutzt werden, die dem Unternehmen Wettbewerbsvorteile bringen, dabei zwar nicht zu direkten Einsparungen führen, sich aber aufgrund eines höheren Umsatzes dennoch ren-

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT?

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 32

tieren können. In diesem Sinne wird Wissensmanagement beispielsweise einge-setzt, wenn durch eine systematische Rückmeldung von Reklamationen an den Produktions- und Entwicklungsbereich Produktverbesserungen und eine erhöhte Anpassung der Produkte an die Bedürfnisse der Kunden angestrebt werden.

Diesen potenziellen Einsparungen bzw. Erhöhungen der Einnahmen stehen bei Maßnahmen des Wissensmanagements und des Informationsmanagements aber zunächst notwendige Investitionen gegenüber. Diese betreffen unter anderem die Analyse der jeweiligen Gegebenheiten in dem Unternehmen, um herauszufinden, ob und welche Maßnahmen aus dem Methodenbaukasten des Wissens- respektive Informationsmanagements in dem Unternehmen sinnvoll anzuwenden sind. Da-nach bedarf es meist der Anpassung der ausgewählten Methoden an die jeweiligen Gegebenheiten in dem Unternehmen und es darf der Aufwand, der mit der techni-schen und organisatorischen Implementierung von Maßnahmen des Informa-tions- und Wissensmanagements verbunden ist, nicht unterschätzt werden. Schließlich eröffnet erst diese Einbettung in die organisatorischen Abläufe die Chance, dass die Maßnahmen ihre kostensenkende oder einnahmenerhöhende Wirkung entfalten. Misslingt die Implementierung, besteht die Gefahr, dass am Ende des Projektes eine technisch ausgefeilte Lösung steht, die auf wenig bis kei-nerlei Akzeptanz in der Organisation stößt und nicht genutzt wird.

Die eventuellen Einsparungen durch die Maßnahmen des Informations- und Wis-sensmanagements müssen mit den Investitionskosten, die ihnen vorausgingen, verrechnet werden. Und schließlich sollte nicht vergessen werden, dass es in der Regel nicht mit einer einmaligen finanziellen Kraftanstrengung zur Implementie-rung der Maßnahme getan ist: Die eingesetzten Systeme und ihre Inhalte müssen ständig gepflegt und aktualisiert werden. Sie sollten entsprechend den Verände-rungen in den Prozessen in dem Unternehmen weiterentwickelt und modifiziert werden, will man nicht irgendwann Lösungen für Probleme haben, die im Unter-nehmen nicht mehr existieren. Dies verursacht ebenfalls Aufwand, der bei einer genauen Analyse der Kosteneffekte von Maßnahmen des Wissens- und Informati-onsmanagements zu beachten ist.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass man es beim Informations- und Wis-sensmanagement häufig mit Investitionen zu tun hat, bei denen meist relativ klar zu bestimmenden Aufwendungen [-> (3)] potenzielle Erlöse – in der Form von Einspa-rungen oder Einnahmensteigerungen – gegenüberstehen, die in ihrer Höhe im Vor-feld selten genau einzuschätzen sind. Solche Investitionen aus reinen Kostengründen zu tätigen, erscheint damit als relativ problematisch. Ihre Risikobehaftetheit teilen sie mit anderen Investitionsvorhaben, die, falls sie mehr als reine Ersatzinvestitionen darstellen, ebenfalls oft ein beträchtliches Risikopotenzial bezüglich ihrer Rentabilität besitzen. Wenn solche Investitionen trotz dieses Risikos getätigt werden, dann meist wegen ihrer Notwendigkeit im Rahmen der strategischen Planung des Unternehmens bzw. wegen der strategischen Optionen, die man sich durch die Investitionen zu er-öffnen erhofft. Einige der mit dem Informations- und Wissensmanagement verbun-denen strategischen Optionen sind Gegenstand des folgenden Abschnitts.

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT

1.3 KOSTEN SENKEN

DURCH WISSENS- UND

INFORMATIONS-

MANAGEMENT?

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 33

Schlüsselwörter: Produktivitätsparadox, Effizienz, Effektivität, opera-tiv/taktische Ebene, strategische Ebene, Vorher-Nachher-Vergleich

Literatur zur Vertiefung: Ortmann, G. (1995):Vom Computern, Netzen und fetten Fischen, in: Ortmann

G. (Hrsg.): Formen der Produktion, Opladen, S.139-150. Fragen/Aufgaben: Skizzieren Sie das Produktivitätsparadox. .................................................................................................................................

Unterscheiden Sie die Konzepte Effizienz und Effektivität. .................................................................................................................................

Überlegen Sie, ob Sie selbst im Beruf eine Veränderung der Arbeitsprozesse

durch den Einsatz von EDV erfahren haben oder befragen sie ältere Kol-leg/innen, die die Einführung von EDV in Ihrem Unternehmen selbst erlebt haben.

................................................................................................................................. 1.4 Informations- und Wissensmanagement

als strategische Option? Wie im letzten Abschnitt dargelegt wurde, verändert der Einsatz von Maßnahmen und Methoden des Informations- und Wissensmanagements die Arbeitsprozesse in einem Unternehmen häufig in einer Art, dass die Bestimmung von eventuellen Kos-ten- oder Effizienzvorteilen kaum möglich ist. Auf der anderen Seite lässt sich ein gewisser Druck zum Einsatz dieser Methoden feststellen. Dieser Druck kann von unterschiedlichen Akteursgruppen im Unternehmen und seinem Umfeld ausgeübt werden. Solche Einflussgruppen werden Stakeholder genannt.

Im Unternehmen selbst können einzelne (einflussreiche) Mitarbeiter – die häufig nicht im EDV-Bereich tätig sind – auf einen veränderten Umgang mit den Informationsflüssen und dem im Unternehmen gesammelten und gene-rierten Wissen drängen. Oft werden solche Vorschläge durch Erfahrungen bei

1.4 INFORMATIONS-

UND WISSENSMANAGE-

MENT ALS STRATEGI-

SCHE OPTION?

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 34

1.4 INFORMATIONS-

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MENT ALS STRATEGI-

SCHE OPTION?

anderen Unternehmen (etwa: Kunden oder Zulieferer) oder den Erfahrungs-austausch auf Fachtagungen initiiert. Besonders im Informationsmanagement sind ferner eigene Erfahrungen am heimischen PC eine häufige Quelle für Veränderungswünsche.

Ferner können auch ganze Unternehmensbereiche (Abteilungen, Teams) Anfor-derungen bezüglich des Informations- und Wissensmanagements äußern. So kann etwa der Vertrieb einen permanenten Einblick in die Lagerbestände und die aktuelle Produktionsplanung wünschen oder die Buchhaltung vorschlagen, die beim Vertrieb eingehenden Bestellungen bereits dort in der EDV zu erfassen und sie dann bei Auslieferung nur zur Rechnungsstellung weiterzuleiten. Die Perso-nalabteilung könnte die Idee entwickeln, die Einarbeitung neuer Servicekräfte dadurch zu beschleunigen, dass die erfahreneren Servicemitarbeiter typische Feh-ler und Probleme, die bei den Kunden auftreten, aufschreiben und diese Auf-zeichnungen den neuen Mitarbeitern zur Verfügung stellen.

Schließlich kann die Initiative, Veränderungen im Informations- und Wis-sensmanagement durchzuführen bzw. diese Formen des Managements be-wusst zu betreiben, natürlich auch von der Geschäftsleitung ausgehen.

Derartige Initiativen werden in der Regel darauf zurückzuführen sein, dass die be-treffenden Akteure Ideen für die Verbesserung der aktuellen Praxis in dem Unter-nehmen entwickelt haben. Die damit verbundene Problemerkennung kann unterschieden werden in eine perzeptive und eine rezeptive Form (Voß/Guten-schwager 2001, 36 f.).

Bei der perzeptiven Form der Problemerkennung vergleichen die Akteure die wahrgenommene Realität – meist in der Form aggregierter Daten und/oder Infor-mationen – mit einem Idealbild und identifizieren Abweichungen von diesem Ideal als Probleme. (Auf potenzielle Quellen für diese Idealbilder werden wir gleich zu sprechen kommen.) Bei der rezeptiven Wahrnehmung generieren die Akteure aus Mustern und Entwicklungspfaden in den Handlungs- und Entscheidungsabläu-fen des Unternehmens Visionen für anzustrebende Zielzustände. Die rezeptive Form der Erkennung von Veränderungsbedarf steht damit in engem Zusammen-hang mit der Form strategischen Denkens, wie sie von dem Managementtheoretiker Henry Mintzberg vertreten wird. Wie Mintzberg (1994, 10) betont:

»Planung hat stets mit Analyse zu tun – damit, eine Zielvorgabe oder eine Reihe von Absichten in Einzelschritte zu zerlegen, diese Schritte zu formalisieren, damit sie dannnahezu automatisch erfolgen können [...]

Ganz anders ist echtes strategisches Denken. Dabei geht es um Synthese, um Intuition und Kreativität, um die Entwicklung eines zusammenhängenden, perspektivi-schen Bildes vom Unternehmen, einer nicht unbedingt restlos präzisen Vision seineskünftigen Weges«

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 35

1.4 INFORMATIONS-

UND WISSENSMANAGE-

MENT ALS STRATEGI-

SCHE OPTION?

Verdeutlichen kann man sich die Idee einer solchem, auf den Entwicklungspfaden eines Unternehmens basierenden Vision an einem Beispiel: In einem Maschinen-bauunternehmen, das vornehmlich Getriebe und Antriebssysteme produziert, wird das Ziel formuliert, sämtliche Entwicklungsunterlagen in ein einheitliches CAD-System (CAD=Computer Aided Design) zu überführen und in einer Daten-bank zu speichern, so dass jeder Ingenieur die Konstruktionszeichnung jedes je-mals vom Unternehmen verkauften (und noch im Einsatz befindlichen) Getriebes an seinem Arbeitsplatz abrufen kann. Im Laufe der letzten Jahre war in dem Un-ternehmen die Planung der Bauteile am Zeichenbrett vollständig durch den Ein-satz von CAD abgelöst worden, allerdings waren unterschiedliche, zum Teil miteinander inkompatible Systeme eingesetzt worden. Ferner waren die Kon-struktionszeichnungen auf unterschiedlichen Rechnern im Unternehmen gespei-chert, so dass bei Reparaturaufträgen die Suche nach alten Konstruktionsunterlagen teilweise beträchtliche Zeit in Anspruch nahm. Die Übertragung einer solchen Vision in eine konkrete Planung, d. h. Vernetzung der Rechner bzw. Terminals der Ingenieure im Unternehmen, Entwicklung der gefor-derten Produktdatenbank, Übertragung der »alten« CAD-Dateien in das einheitli-che Format, wären dann Aufgaben des Informationsmanagements.

Während also die Anstöße zu rezeptiver Planung weitgehend aus dem Unterneh-men selbst kommen, häufig aus der Reflexion von Mustern in vorherigen Ent-scheidungen und Handlungen entstehen und diese Planung in der Regel die Realisierung einer Vision und nicht die Behebung eines Mangels anstrebt, sind bei perzeptiven Planungsprozessen andere Ziele und Einflussgrößen relevant. Zwar gibt es auch hier ein Ideal, das angestrebt wird, doch wird die Tatsache, dass die-ses Ideal (noch) nicht erreicht ist, als Fehler bzw. Mangel empfunden. Der ange-strebte Zielzustand muss dabei nicht unbedingt eine Weiterentwicklung vergangener Prozesse in dem Unternehmen sein, sondern kann auch einen Bruch mit bestimmten traditionellen, eingefahrenen Verfahrensweisen darstellen. Häu-fig beruhen die in rezeptiven Planungsprozessen verfolgten Ziele auf Idealbildern, die den Entscheidern im Unternehmen von Akteuren in der Umwelt des Unter-nehmens vorgegeben, zum Teil sogar mehr oder weniger aufgezwungen werden. Quellen solcher Vorgaben können sein:

Die Kunden des Unternehmens, die beispielsweise aufgrund von Erfahrungen mit anderen Anbietern Erwartungen an das Unternehmen haben, die mit den vorhandenen Informations- und Wissensmanagementstrukturen und -prozessen nicht zu erfüllen sind. Solche Erwartungen müssen sich nicht direkt auf das Informations- oder Wissensmanagement beziehen, sondern können etwa die Zertifizierung nach einem bestimmten Standard des Qualitätsmana-gements betreffen, die oft auch Veränderungen im Umgang mit Informationen und Wissen verlangt.

Die Zulieferer des Unternehmens, die etwa im Rahmen ihres Qualitätsmana-gements vermehrte Rückmeldungen über die von ihnen gelieferten Güter er-warten oder im Rahmen einer verbesserten Koordination der Zulieferung eine

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 36

1.4 INFORMATIONS-

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MENT ALS STRATEGI-

SCHE OPTION?

informationelle Vorwärtsintegration benötigen, die ihnen einen automatisier-ten Zugriff auf die Planungsdaten im Unternehmen erlaubt.

Staatliche bzw. gesetzliche Auflagen, die ggf. vermehrte Dokumentations-pflichten bezüglich der Produktionsprozesse oder der in der Produktion einge-setzten Stoffe beinhalten.

Die Konkurrenten des Unternehmens, die bestimmte Maßnahmen des Wis-sens- und Informationsmanagements durchführen und damit das eigene Un-ternehmen unter den Zwang setzen, ihnen im Rahmen der Erhaltung einer wettbewerblichen »Waffengleichheit« nachzutun. Dieser Druck zur Nachah-mung kann sich auf zwei Arten entfalten, entweder, weil die Maßnahmen der Konkurrenz ihr Kosten- oder Produktivitätsvorteile bringen, oder, weil die Maßnahmen dazu führen, dass die Konkurrenz in den Beziehungen zu Kunden oder Lieferanten Vorteile erzielt.

Der technische Fortschritt und die gesellschaftliche Entwicklung, die Unter-nehmen häufig in der Form von EDV-Anbietern (Hard- und Software) und Unternehmensberatern gegenübertreten. Diese können auf der Basis von er-arbeiteten Lösungen, die nach Problemen zu ihrer Anwendung suchen, Ideal-bilder formulieren, die dann zur Grundlage von im Unternehmen erkannten Mängeln werden.

Diese unterschiedlichen Einflussgruppen treten natürlich nicht unabhängig vonei-nander auf und ihre Möglichkeiten, auf die Formulierung von strategischen Idealbil-dern Einfluss zu nehmen, ergeben sich häufig erst aufgrund der Wechselwirkungen. So können sich E-Shops, d. h. der Vertrieb von Produkten über das Internet, als Ver-marktungsinstrument nur dann in vielen Unternehmen durchsetzen, wenn es die ent-sprechenden Softwareprodukte gibt, die die Erstellung eines Online-Katalogs der eigenen Produkte relativ einfach machen. Dann aber erst können auch Zwänge durch Kundenerwartungen oder Konkurrenzdruck entstehen. Gleichermaßen können die perzeptive und die rezeptive Planung in einer Wechselwirkung stehen. So kann sich die am Anfang einer rezeptiven Planung stehende Vision unter anderem daraus ent-wickeln, dass Ideen und Konzepte, die in anderen Branchen entwickelt wurden, auf die eigene Branche und das eigene Unternehmen übertragen werden. Dies kann bei-spielsweise in der Form geschehen, dass Bäckereien die von Online-Buchhändlern entwickelte Idee des Bestellens von zu Hause aus und der Frei-Haus-Lieferung über-nehmen und einen Brötchen-Auslieferungsservice mit Online-Bestellmöglichkeiten einrichten (vgl. z. B. das Angebot von http://www.morgengold.de). Auf der anderen Seite wird sich eine Vision für ein Unternehmen nur dann durchsetzen können, wenn sie einen Bedarf erfüllt oder zumindest einen Bedarf schaffen kann, den sie dann er-füllen kann, also einen (potenziellen) Mangel behebt.

Eingedenk der Überlegungen zu der qualitativen Veränderung, die viele Ge-schäftsprozesse durch den Einsatz von Instrumenten des Informations- und Wis-sensmanagements erfahren (vgl. Abs. 1.3), kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass ihr Einsatz strategische Auswirkungen für das betroffene Unterneh-

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 37

1.4 INFORMATIONS-

UND WISSENSMANAGE-

MENT ALS STRATEGI-

SCHE OPTION?

men hat. Unterschiede können sich allerdings dahingehend ergeben, ob das Un-ternehmen diese Auswirkungen antizipiert (sie ggf. den eigentlichen Grund für den Einsatz darstellen) oder nicht und ob das Unternehmen perzeptiv auf einen – häufig von externen Akteuren – diagnostizierten Mangel reagiert oder ob es rezep-tiv eine Vision verwirklicht.

Die vollständige Antizipierung der Veränderungen, die durch die Einführung von Techniken und Methoden des Informations- und Wissensmanagements verur-sacht oder zumindest induziert werden können, ist in der Regel unmöglich. Schließlich determinieren die Techniken ja nicht die Form ihrer Anwendung, son-dern lassen ihren Anwendern gewisse Spielräume (Orlikowsky 1992). Die Art, wie diese Techniken angewendet werden, hängt neben den Kenntnissen der Anwender häufig von weiteren unternehmensspezifischen Parametern wie etwa den anderen im Unternehmen eingesetzten Verfahren, der technologischen Infrastruktur und der Unternehmensstruktur und -kultur ab. Ferner beeinflusst die Einführung von Methoden des Informations- und Wissensmanagements oft die Prozesse im Un-ternehmen. So kann etwa die Einführung eines zentralen Datenbanksystems zur Erfassung der Erfahrungen und Kenntnisse von Mitarbeitern dazu führen, dass diese beginnen, private gegen den Zugriff der Unternehmensleitung geschützte Aufzeichnungen anzulegen, da sie fürchten, ersetzbar zu werden, wenn sie zu viel ihres Know-Hows preisgeben (Dick/Hainke 1999).

Die Frage, ob mit dem Einsatz von Wissens- und Informationsmanagement ein Mangel behoben oder eine Vision verwirklicht wird, ist oft eng mit den Wettbe-werbszielen verbunden, die durch diese Instrumente erreicht werden sollen. Die perzeptive Behebung eines Mangels wird meistens dazu dienen, Wettbewerbs-nachteile, die daher rühren, dass andere Unternehmen Instrumente des Wissens- oder Informationsmanagements bereits erfolgreich einsetzen, wieder wett-zumachen. Bei der Verwirklichung einer Vision sind dagegen die Chancen größer, als Vorreiter oder First-Mover [-> (4)] einen zumindest temporären Wettbe-werbsvorteil auf der Basis eigenen Informations- und Wissensmanagements er-zielen zu können, wenn sich die eingesetzten Instrumente und Konzepte im Wettbewerb als strategisch wertvoll erweisen. Die Relevanz dieser letzten Ein-schränkung sollte dabei nicht unterschätzt werden. Schließlich beinhalten Projek-te des Informations- und Wissensmanagements zum einen immer das Risiko, das sie scheitern, zum anderen können sie sich aber auch, wenn sie eigentlich erfolg-reich umgesetzt werden, unter finanziellen und Wettbewerbsgesichtspunkten als Verluste herausstellen. Man denke hier beispielsweise an einen E-Shop, der zwar als Projekt erfolgreich implementiert wird, aber so wenig Umsatz generiert, dass er noch nicht einmal die Kosten des laufenden Betriebs deckt. Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist der finanzielle Rahmen für solche Expe-rimente nicht unbedingt gegeben (Buschmann 2002, 30) – zumindest, wenn man zum Vergleich die Verhältnisse in der Großindustrie heranzieht. Etabliertere Me-thoden des Informations- und Wissensmanagements haben dagegen die Vorteile, dass andere Unternehmen mit ihnen bereits Erfahrungen gesammelt haben, auf

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 38

1.4 INFORMATIONS-

UND WISSENSMANAGE-

MENT ALS STRATEGI-

SCHE OPTION?

die ein Unternehmen bei der Entscheidung für oder gegen die Methode ggf. zu-rückgreifen kann, und dass – zumindest im Bereich der Hard- und Software – die Investitionskosten geringer werden, da öfter standardisierte oder halb standardi-sierte Angebote genutzt werden können. Daher kann es für kleine und mittelstän-dische Unternehmen häufig der sinnvollere Weg sein, sich nicht unbedingt an die Spitze einer Innovationsbewegung zu setzen, sondern auf einigermaßen erprobte Instrumente und Methoden zurückzugreifen. Angesichts dessen, dass diese dann immer noch auf die Unternehmen, ihren Produkten, ihrer Kultur und ihren Mit-arbeitern angepasst werden müssen und diese Anpassung sowie der Einsatz der Instrumente und Methoden unvorhergesehene Nebenwirkungen zeigen kann, existiert zwar auch dann das Risiko des Scheiterns solcher Projekte. Doch wird dieses oft geringer sein:

Die Investitionskosten sind aus den oben genannten Gründen niedriger. Auch die Kosten zur Ausbildung der Mitarbeiter zur Nutzung der jeweiligen Instru-mente und Methoden sind meist geringer, wenn es sich um etabliertere Me-thoden handelt.

Art und Umfang der mit dem Projekt verbundenen Erfolgspotenziale, Proble-me und Risiken können oft besser eingeschätzt werden, wenn auf Erfahrun-gen, die in anderen Unternehmen gemacht wurden, zurückgegriffen werden kann. Damit kann die Auswahl des anzugehenden Projektes unter Berücksich-tigung dieser Aspekte vorgenommen werden.

Dabei muss der Verzicht darauf, absoluter First-Mover bei den eingesetzten Instru-menten und Methoden zu sein, nicht bedeuten, dass das Unternehmen nicht inner-halb seines Wettbewerbsumfeldes von First-Mover-Vorteilen profitiert – dann aber auch die entsprechenden Risiken trägt. Schließlich sind kleine und mittelständische Unternehmen häufig nur in einer oder mehreren, dann aber miteinander verbunde-nen, Branchen tätig und kleine Unternehmen beschränken sich meist auf einen geo-grafisch relativ klar abgegrenzten Markt. Das bedeutet aber auch, dass sich die Wettbewerber auf diesen abgegrenzten Märkten befinden. Wenn nun ein Unter-nehmen als erstes auf diesem Markt durch den Einsatz von Informations- und Wis-sensmanagement Kostenvorteile erzielt oder seinen Kunden einen erhöhten Nutzen offerieren kann, so erlangt es gegenüber seinen Konkurrenten einen – wenn auch ggf. nur zeitlich begrenzten – Wettbewerbsvorteil. Wenn es dabei auf Instrumente und Methoden zurückgreifen kann, die in anderen Branchen oder auf anderen Märkten bereits erfolgreich erprobt wurden, gereicht ihm das eher zum Vorteil. Schließlich braucht es nicht »das Lehrgeld« zu zahlen, das bei der Entwicklung sol-cher Innovationen in der Regel aufzubringen ist.

Auf der Basis dieser Überlegungen können unter strategischen Gesichtspunkten folgende Aufgaben für das Informations- und Wissensmanagement in kleinen und mittelständischen Unternehmen formuliert werden:

Laufende Beobachtung der Entwicklungen der Management- und EDV-Techniken im Bereich des Informations- und Wissensmanagements

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 39

1.4 INFORMATIONS-

UND WISSENSMANAGE-

MENT ALS STRATEGI-

SCHE OPTION?

Überprüfung der Anwendbarkeit/Nutzbarkeit dieser Entwicklungen für das eigene Unternehmen unter Gesichtspunkten von:

Kostenreduktion oder

Erhöhung des Nutzens für die Kunden

Diese Überprüfung sollte sich, wie oben dargestellt, nicht auf die technischen und sachlogischen Aspekte beschränken, sondern auch soziale und organisationskultu-relle Aspekte berücksichtigen. Diese sind zum einen relevant für die Akzeptanz von einzuführenden Instrumenten und Methoden und zum anderen erlaubt ihre Beachtung es eher, die konkreten Auswirkungen einer solchen Einführung zu an-tizipieren. Das bedeutet, dass die Überprüfung unter anderem folgende Aspekte zu berücksichtigen hat:

die Passung der neuen Instrumente und Konzepte zur existierenden EDV-technischen Ausstattung des Unternehmens

die Passung der neuen Instrumente und Konzepte zum existierenden Kennt-nis- und Ausbildungsstand der betroffenen Mitarbeiter

Ideen, Vorstellungen und Erwartungen von Anspruchsgruppen innerhalb des Unternehmens (z. B.: Unternehmensleitung, Arbeitnehmervertretung, be-stimmte Mitarbeitergruppen) und außerhalb des Unternehmens (z.B.: Kun-den, Lieferanten, aktuelle oder potenzielle Investoren)

die konkreten von der Einführung betroffenen Arbeitsabläufe, die von den formal vorgegebenen abweichen können, und die Auswirkungen auf die konk-ret betroffenen Mitarbeiter

organisationskulturelle Aspekte wie etwa die Frage, ob in dem Unternehmen bzw. in dem betroffenen Bereich ein eher kooperatives Klima oder eher Ein-zelkämpfertum vorherrschend ist

Schlüsselwörter: Stakeholder, perzeptive Form der Problemerkennung, re-

zeptive Form der Problemerkennung, Wettbewerbsvorteil Weiterführende Literatur: Mintzberg, H. (1994): Das wahre Geschäft der strategischen Planer, HAR-

VARD BUINESS manager, 3, S. 9-15.

Buschmann, B. (2002): Wissensmanagement in KMU. Ein- und Überblick zum aktuellen Forschungsstand, in: Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung (Hrsg.), Eschborn , S.29-32.

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 40

ANMERKUNGEN Fragen/Aufgaben: Skizzen Sie in eigenen Worten den Unterschied zwischen der perzeptiven und

der rezeptiven Form der Problemidentifikation. Welche Rolle spielen Stake-holder in den jeweiligen Prozessen?

.................................................................................................................................

Rekapitulieren Sie ein Veränderungsprojekt aus Ihrem Unternehmen. Wür-

den Sie eher sagen, dass die Erkennung des zugrundeliegenden Problems perzeptiv oder rezeptiv stattfand?

.................................................................................................................................

Setzen Sie sich kritisch mit der im Text vertretenen These auseinander, dass es

für kleine und mittelständische Unternehmen häufig ökonomisch keinen Sinn macht, den Vorreiter bei der Entwicklung neuer Instrumente des Informa-tions- und Wissensmanagements zu spielen. Welche Argumente sprechen für diese Behauptung, welche dagegen?

.................................................................................................................................

Anmerkungen:

(1) Der Vergleich geht zum einen von einer vergleichbaren Nutzungsdauer der PC/Drucker-

Kombination und der Schreibmaschine aus und zum anderen davon, dass die Menge der Geschäfts-

korrespondenz für beide Geräte identisch ist. Beide Annahmen sind natürlich etwas vereinfachend, so

hat beispielsweise die Schreibmaschine des Autors dieses Studienmaterials bereits drei Generationen

von Personal Computern überlebt. Auf der anderen Seite ändert sich die Art und Menge der erstellten

Korrespondenz in der Regel durch den Einsatz von Textverarbeitungssystemen.

(2) Die Betonung liegt hier auf reflektiert, denn die meisten Betriebe führen ohnehin irgendeine Form

von Wissensmanagement durch, unabhängig davon, ob sie dafür auf EDV-Lösungen zurückgreifen

oder nicht. Die Erstellung von Aktenplänen, das Festschreiben von Dokumentationspflichten, der

Einsatz von Umläufen, die Aufstellung von Verfahrensrichtlinien und die Dokumentation von Produk-

tionsprozessen oder auch ein betriebliches Vorschlagswesen, dies sind Maßnahmen, die nicht zu-

letzt dazu dienen, in dem Unternehmen anfallende Informationen und entwickeltes Wissen

festzuhalten und für andere Akteure in der Organisation nutzbar zu machen.

(3) Die Betonung liegt auch bei den Aufwendungen auf relativ, schließlich sind zum einen die Bei-

spiele von derartigen Projekten, deren reale Kosten den vorher abgesteckten Kostenrahmen über-

schreiten, Legion. Zum anderen lassen sich einige der genannten Kosten wie die Aufwendungen für

1 WARUM INFORMATIONEN UND WISSEN MANAGEN?

INFORMATIONS- UND WISSENSMANAGEMENT 41

ANMERKUNGEN die organisatorische Implementierung und die Kosten der Pflege und Weiterentwicklung im Vorfeld

eines solchen Projektes meist kaum bestimmen.

(4) Der First-Mover macht bei (wettbewerbsrelevanten) Veränderungen und Innovationen den ersten

Zug: Er führt z. B. als erstes ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung ein. Erweist sich die

Innovation als Erfolg auf dem Markt, so verfügt der First-Mover angesichts der fehlenden Konkurrenz

über einen Wettbewerbsvorteil, der zumindest so lange anhalten kann, bis die Konkurrenz ver-

gleichbare Produkte oder Dienstleistungen anbieten kann. Der First-Mover trägt aber meist auch ein

höheres Risiko, da er nicht wissen kann, ob die Veränderung oder Innovation vom Markt bzw. den

Nachfragern angenommen wird.