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Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Bundeswehrkrankenhauses Ulm Lehrkrankenhaus der Universität Ulm Ärztlicher Direktor: Oberstarzt Prof. Dr. med. Lorenz Lampl Hypoxie und Hypotension beim Schwerstverletzten mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma Verlaufsdokumentation von dem Eintreffen des Notarztes bis zum Ende der Schockraumversorgung Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm Esther Caroline Helmschrott Lauingen 2013

Hypoxie und Hypotension beim Schwerstverletzten mit

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Hypoxie und Hypotension beim Schwerstverletzten
mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma –
bis zum Ende der Schockraumversorgung
Dissertation zur Erlangung des
2. Berichterstatter: Prof. Dr. Huber-Lang
Tag der Promotion: 20.12.2013
2.2 Datenerfassung und statistische Auswertung ........................................ - 16 -
2.3 Bewertung der untersuchten Parameter ................................................ - 22 -
2.4 Statistische Grundlagen ......................................................................... - 28 -
KAPITEL 3: ERGEBNISSE .............................................................................. - 30 -
3.3 Auswertung nach Unterteilung „Verstorbene“ und „nicht Verstorbene“ .. - 45 -
3.4 Auswertung nach Unterteilung in „reguläre“ und „irreguläre“
Schockraumbeendigung ........................................................................ - 54 -
4.2 Diskussion der ausgewerteten Parameter in den Gruppen „Verstorbene“
und „nicht Verstorbene“ ......................................................................... - 76 -
4.3 Diskussion der ausgewerteten Parameter in den Gruppen „regulär“ und
„irregulär“ beendeter Schockraum ......................................................... - 79 -
den untersuchten Parametern ............................................................... - 81 -
ADAC Allgemeiner Deutscher Automobil Club
AIS Abbreviated Injury Scale
AGNN Arbeitsgemeinschaft Norddeutscher Notärzte
ATP Adenosintriphosphat
sellschaften
CPP Cerebral Perfusion Pressure (zerebraler Perfusionsdruck)
CT Computertomographie
zin
EDV Elektronische Datenverarbeitung
ISS Injury Severity Score
MAP Mean Arterial Pressure (mittlerer arterieller Druck)
Max Maximum-Wert
Min Minimum-Wert
min Minute
ml Milliliter
MW Mittelwert
Abkürzungsverzeichnis VI
SHT Schädel-Hirn-Trauma
Das Schädel-Hirn-Trauma ist eines der bedeutendsten Themen der Notfallversor-
gung, da es trotz jahrelanger Forschung und allem erreichten Fortschritt in der
präklinischen und klinischen Versorgung noch immer die Haupttodesursache der
unter 45-Jährigen darstellt [52][33]. Die hohe Letalität und das vielfach schlechte
Outcome zeigen deutlich den Verbesserungsbedarf bei der Versorgung von Schä-
del-Hirn-Traumata. Da vorwiegend junge Menschen betroffen sind, ist auch der
wirtschaftliche Schaden für die Gesamtbevölkerung von Bedeutung [52]. Die Fol-
gekosten für die fortwährende Dauerpflege der Schädelhirnverletzten sind in der
Regel immens [52]. Noch wichtiger sind aber die dem Sozialsystem fehlenden
Einzahlungen des Patienten, da er aufgrund seines jungen Durchschnittsalters
noch Jahrzehnte in das Solidarsystem eingezahlt hätte [52]. So entstehen in den
USA jährliche Kosten von mehr als 60 Milliarden US-Dollar (Stand 2000) [19].
Zwar existieren bereits etliche Studien mit Fokus auf der präklinischen oder frühen
klinische Versorgung von Schädelhirnverletzten. Die vorliegende Arbeit schließt
jedoch insofern eine bestehende Forschungslücke, da hier präklinische Daten mit
den klinischen verbunden werden und somit eine Auswertung der Prozessqualität
und nicht nur der Ergebnisqualität ermöglicht wird. Dies ist von besonderer Rele-
vanz, da die Vermeidung von sekundären Hirnschäden wesentlich das Outcome
nach einer Schädelhirnverletzung beeinflusst [60][62]. Hierfür ist sowohl präkli-
nisch als auch klinisch die Einhaltung der Normwerte für die Vitalparameter systo-
lischer Blutdruck und periphere Sauerstoffsättigung, wie sie in den Leitlinien ge-
fordert werden, notwendig.
KAPITEL1: EINLEITUNG - 2 -
Das Schädel-Hirn-Trauma ist definiert als Folge einer Gewalteinwirkung, die zur
Funktionsstörung und/oder Verletzung des Gehirns geführt hat und mit einer Prel-
lung oder Verletzung der Kopfschwarte, des knöchernen Schädels, der Gefäße
und/oder der Dura verbunden sein kann [21].
Der Schweregrad des Schädel-Hirn-Traumas (SHT) kann durch die Glasgow Co-
ma Scale, welche auf relativ einfache Art eine Beurteilung der Bewusstseinslage
erlaubt, kategorisiert werden. Die Glasgow Coma Scale umfasst das Augenöffnen
sowie die beste motorische und die beste verbale Antwort [64]. Gemäß der Score-
Bestimmung ist 3 der schlechteste Wert der GCS, 15 der beste. Dabei unterschei-
det man ein schweres Schädel-Hirn-Trauma bei einem GCS Scorewert zwischen
3-8, ein mittelschweres bei einem GCS-Scorewert zwischen 9-12 und ein leichtes,
wenn der GCS größer 12 ist [43]. Einen Überblick über die genaue Zusammenset-
zung und Berechnung des Scorewertes gibt die nachfolgende Tabelle 1 [43][64].
Tabelle 1: Glasgow Coma Scale für Erwachsene [43][64].
VERHALTEN ANTWORT SCORE
Beste motorische Reaktion
Befolgt Aufforderungen 6
Fluchtreaktion auf Schmerz 4
Spricht nicht 1
Die Vorteile der GCS sowie deren Nachteile liegen auf der Hand: Weil der Score-
Wert der Glasgow Coma Scale auf der klinischen Untersuchung des Patienten
KAPITEL1: EINLEITUNG - 3 -
beruht, sowie einfach und schnell durchzuführen ist, kann er überall und jederzeit
angewendet werden [43]. Auch erfordert er keine langwierigen Berechnungen wie
andere Traumascores. Jedoch ist bei sedierten Patienten keine GCS Bestimmung
mehr möglich, was seine Anwendbarkeit einschränkt [43].
1.1.1.2 Epidemiologie des Schädel-Hirn-Traumas
2009 19.300 Menschen durch Verletzungen, darunter 6.628 an Verletzungen des
Kopfes. Das Verhältnis von Männern zu Frauen unter den Verstorbenen lag bei
1,8:1 (4.265:2.363). Den Hauptanteil der Kopfverletzungen machten intrakranielle
Verletzungen (4.587) aus. Auch in dieser Gruppe waren Männer häufiger betroffen
als Frauen: Von den intrakraniellen Verletzungen entfielen 2.737 auf Männer und
nur 1.860 auf Frauen. An zweiter und dritter Stelle folgten Schädelfrakturen (836)
und offene Verletzungen des Schädels (653) [59].
Die Epidemiologie des schweren Schädel-Hirn-Traumas, gemessen an der Ge-
samtmenge der Schädel-Hirn-Traumata, betrug etwa 10% und die des mittel-
schweren ebenfalls 10%. Das leichte Schädel-Hirn-Trauma überwog mit einer
Prävalenz von 80% [60]. Die Einteilung in schweres, mittelschweres und leichtes
Schädel-Hirn-Trauma ist von essenzieller Bedeutung, da ein starker Zusammen-
hang zwischen Outcome, Gesamtmortalität und dem Schweregrad des Schädel-
Hirn-Traumas besteht. Von den insgesamt verstorbenen Patienten mit schwerem
Schädel-Hirn-Trauma verstarben 60% bereits am Notfallort [38]. Die Gesamtmor-
talität bei Schädel-Hirn-Traumata liegt somit deutlich über der anderer
Extremitätenverletzungen [38].
In Westeuropa und damit auch in Deutschland ist ein leichter Rückgang von Inzi-
denz und Mortalität des Schädel-Hirn-Traumas beobachtbar [59][42]. Im Vergleich
der Jahre 1986 und 1996 stellten Masson et al. eine Veränderung der Unfallarten,
bei denen sich die Patienten ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zugezogen hat-
ten, fest. Während 1986 in Frankreich Autounfälle noch 64% der schweren Schä-
del-Hirn-Traumata ausmachten, waren es 1996 nur noch 48%. Diese Feststellung
geht einher mit dem konstanten Absinken von Autounfällen und Toten im Straßen-
verkehr [42]. Dieser Trend ist auch in Deutschland beobachtbar. Gleichzeitig ist
KAPITEL1: EINLEITUNG - 4 -
ein steigendes Auftreten von Stürzen, welche zu einem schweren Schädel-Hirn-
Trauma führen, zu konstatieren, was sich auf eine kontinuierlich älter werdende
Gesellschaft zurückführen lässt [42]. Tabelle 2 zeigt eine Übersicht zur Epidemio-
logie des Schädel-Hirn-Traumas in Deutschland [31].
Tabelle 2: Epidemiologie des Schädel-Hirn-Traumas in Deutschland (Stand 1998/1999) [31].
Inzidenz 340/100.000
Mortalität 11,5/100.000
1.1.1.3 Pathophysiologie des Schädel-Hirn-Traumas
Man unterscheidet zwischen primärem und sekundärem Hirnschaden. Primäre
Hirnschäden entstehen meist durch stumpfe oder penetrierende Gewalteinwir-
kung, da es im Gegensatz zu anderen Ländern, in Deutschland kaum zu Schuss-
verletzungen kommt [22]. Die Verletzungen wirken auf den Kopf in Form von Ak-
zeleration, Dezeleration oder Rotation ein und sind im Rahmen der Notfallversor-
gung nicht beeinflussbar [22]. Treten nach der initialen Läsion zusätzliche Ereig-
nisse ein, reagiert das Gehirn besonders empfindlich auf diese und es entstehen
Sekundärschäden. Diese zeigen sich Minuten bis Tage nach der primären Schä-
digung und können das zentrale Nervensystem zusätzlich beeinträchtigen, bzw.
die Erholung reversibel geschädigter Hirnregionen verhindern [62]. Die häufigste
Ursache für eine sekundäre Hirnschädigung ist die Ischämie, die bei 85% der
Hirnsektionen bei Toten infolge eines Schädel-Hirn-Traumas festzustellen war
[62]. Hypotonie und Hypoxie stellen die häufigsten sekundären Schädigungsme-
chanismen dar, aber auch gesteigerter intrakranieller Druck, erhöhte Temperatur
oder Koagulopathie können einem sekundären Hirnschaden zugrunde liegen
[47][62]. Finden sich schnelle, innerhalb von Minuten auftretende Druckanstiege
des intrakraniellen Druckes, liegen meist hämodynamische Ursachen, die zu einer
KAPITEL1: EINLEITUNG - 5 -
wie intrakranielle Blutungen, zugrunde. Ein langsamer Druckanstieg innerhalb von
Stunden bis Tagen ist hingegen meist auf eine traumatische Hirnschwellung zu-
rückzuführen. Diese ist beim schweren Schädel-Hirn-Trauma bedingt durch vasku-
läre Mechanismen wie Vasodilatation und ein erhöhtes zerebrales Blutvolumen,
sowie durch das posttraumatische Hirnödem [54][62]. Da beim primären Hirn-
schaden nur ein geringes therapeutisches Spektrum zur Verfügung steht, ist das
Ziel bei der Behandlung von Traumapatienten die Reduktion sekundärer Schäden
durch eine konsequente und kontinuierliche Behandlung der beeinflussenden
Faktoren. Mehrere Studien konnten belegen, dass sekundäre Hirnschäden einen
sehr guten Vorhersagewert bezüglich eines schlechten Outcome darstellen
[60][62]. Dies zeigt Tabelle 3, welche den Sekundärschaden, abhängig von dem
vorherrschenden negativen Prädiktor, darstellt [13][31]. Dabei ist die Hypotonie ein
stärker negativer Prädiktor als die Hypoxie. Treten beide negativen Prädiktoren
parallel auf, so ist die Aussicht auf ein gutes oder zufriedenstellendes Outcome
sehr gering. Diese Ergebnisse wurden durch weitere Studien bestätigt [6].
Tabelle 3: Einfluss von Sekundärschäden auf das Ergebnis des schweren Schädel-Hirn- Traumas bei Eintreffen im Krankenhaus (n=699) [13][31].
Sekundärschaden
Anzahl
1.1.1.4 Diagnose und Monitoring des Schädel-Hirn-Traumas
Als bildgebendem Verfahren kommt initial und im Behandlungsverlauf der Compu-
tertomographie (CT) die größte Bedeutung zu. Für das schwere Schädel-Hirn-
Trauma gilt, dass die aufnehmende Klinik gemäß den Leitlinien der Deutschen
Gesellschaft für Neurologie über eine 24-stündige CT-Bereitschaft verfügen muss.
Bei hämodynamisch-stabilen Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma ist bei
Klinikaufnahme die Anfertigung einer CT-Untersuchung des Schädels von höchs-
KAPITEL1: EINLEITUNG - 6 -
ter Priorität, um Veränderungen wie intrakraniell raumfordernde Blutungen oder
andere Läsionen frühzeitig zu erkennen [54]. Insbesondere im Verlauf der Be-
handlung sollte eine CT-Kontrolle erfolgen, da Sekundärinsulte erst verzögert
auftreten und im initialen CT noch nicht vorliegen [62]. Ferner ist zu empfehlen, ein
Spiral-CT mit multiplanaren Rekonstruktionen in einem Protokoll mit dem initialen
CCT zu verbinden, da hierdurch Frakturen im Bereich der Halswirbelsäule, die
beim Schädel-Hirn-Trauma gehäuft auftreten, ausgeschlossen werden können
[54].
Ein GCS-Wert≤8 an der Notfallstelle ist gemäß den Leitlinien eine Indikation zur
Intubation. Weitere Indikationen zur Intubation am Notfallort sind die respiratori-
sche Insuffizienz bei Begleitverletzungen, die zum Beispiel bei einem Thoraxtrau-
ma oder einer schwerwiegenden Verletzung des Gesichtsschädels eintreten kann,
die Aspiration oder ein Polytrauma mit Schädel-Hirn-Trauma. Ferner stellen auch
der Hubschraubertransport und die Analgosedierung Indikationen zur Intubation
am Notfallort dar [31]. Nach erfolgreicher Intubation wird empfohlen, mittels der
Kapnographie den Kohlendioxidpartialdruck zu überwachen, um etwaige Gefah-
rensituationen, wie eine Tubusdislokation, frühzeitig zu erkennen [25].
In der Klinik kann zusätzlich noch der intrakranielle Druck (ICP) gemessen wer-
den, wenn auf dem initial durchgeführten CT bei einem schwer Schädelhirnverletz-
ten pathologische Veränderungen, wie intrakranielle Hämatome, Kontusionen,
komprimierte basale Zisternen oder ein Hirnödem, zu erkennen sind. Der „Gold-
Standard“ der ICP-Messung ist die kontinuierliche Messung des Liquordruckes im
Ventrikelsystem, vorzugsweise im Vorderhorn des Seitenventrikels. Ferner kann
der Parenchymdruck gemessen werden, welcher unabhängig vom Liquorsystem
den ICP widerspiegelt. Dessen Messung dient der Sicherstellung zerebraler Per-
fusion und Oxygenierung [54]. Die ICP-Messung wird bereits in vielen Kliniken
routinemäßig eingesetzt, weil sie evidenzbasiert folgende Vorteile aufweist: Zum
einen lässt sie eine verzögert auftretende Massenblutung früher erkennen, zum
anderen erlaubt sie eine Senkung des intrakraniellen Druckes mittels Liquor-
drainage für den Fall, dass ein Ventrikelkatheter verwendet wird. Weiterhin kann
durch die Messung des ICP eine unkontrollierte hirndrucksenkende Therapie,
welche potentiell schwerwiegende Nebenwirkungen nach sich ziehen kann, ver-
KAPITEL1: EINLEITUNG - 7 -
hindert werden. Außerdem ist die ICP-Messung für die Prognosestellung ein wich-
tiger Indikator [22].
Auf das Outcome des Schädel-Hirn-Traumas wirken etliche Parameter ein, zu
deren Einschätzung bereits einige Scores zur Verfügung stehen. Im Folgenden
werden die Glasgow Outcome Scale, der Injury Severity Score und der
Hukkelhoven-Score näher erläutert. Die Glasgow Outcome Scale (GOS) lässt sich
aus der oben erwähnten Glasgow Coma Scale berechnen, besteht aus fünf Kate-
gorien und liefert die besten Ergebnisse, wenn die GCS sechs Stunden nach dem
Trauma bestimmt wird [32]. Die Kategorien der GOS sind Tod (dem primären
Hirnschaden zuschreibbar), persistierender vegetativer Zustand (Abwesenheit der
Funktionen des zerebralen Kortex, soweit dies beurteilt werden kann), schwere
Behinderung (Bewusstsein erhalten, aber behindert), mäßige Behinderung (behin-
dert, aber unabhängig) und gute Erholung (Weiterführung des normalen Lebens,
wobei kleinere neurologische oder psycho-motorische Ausfälle fortdauern können)
[32][50].
Weiter ermöglicht der anatomische Injury Severity Score (ISS) neben einer ge-
nauen Angabe der Verletzungsschwere auch eine Aussage bezüglich Prognose
und Outcome des Patienten [4]. Die Anwendung des Injury Severity Score bringt
mehrere Vorzüge mit sich: So kann dieser leicht bestimmt werden und basiert auf
dem weit verbreiteten Klassifikationssystem des Abbreviated Injury Scale [4]. Der
Gebrauch des ISS erleichtert den Vergleich von Mortalitätsvoraussagen verschie-
dener Gruppen von Traumapatienten. Auch ist eine verbesserte Möglichkeit gege-
ben, die Versorgung der Verletzten zu evaluieren [4]. Eine exakte Aussage über
das Outcome des Patienten ist jedoch nie möglich [50]. Um eine bessere Korrela-
tion von Polytraumatisierung und Scorebewertung zu erreichen, wurde 1997 von
Osler der New Injury Severity Score (NISS) entwickelt [48]. Der NISS basiert
ebenfalls auf dem Klassifikationssystem des Abbreviated Injury Scale und berech-
net sich aus der Addition der drei höchsten AIS-Werte [48].
Der kürzlich publizierte Hukkelhoven Score ermöglicht die Abschätzung des Be-
handlungsergebnisses sechs Monate nach einem Schädel-Hirn-Trauma [29]. Der
KAPITEL1: EINLEITUNG - 8 -
Score enthält sieben einfach zu erhebende Parameter und kann nach Durchfüh-
rung der ersten Computertomographie erhoben werden. Der Score ist gut validiert
und aktuell der beste Score zur Abschätzung der Prognose bei vorliegendem
schwerem Schädel-Hirn-Trauma [43].
Tabelle 4: Hukkelhoven Score [29].
Parameter Wert Mortalität Schlechtes Ergebnis
Alter (in Jahren)
15-39 0 0
40-54 1 1
55-64 2 2
> 65 3 3
Abnorme Beugung auf Schmerz 2 2
Fluchtreaktion auf Schmerz 1 1
Gezielte Reaktion oder befolgt Aufforderung 0 0
Pupillen
Beidseits nicht reagierende Pupillen 2 2
Hypoxie vor Aufnahme Nein 0 0
Ja 1 1
Ja 1 1
Basale Zisternen komprimiert oder fehlend mit
midline-shift bis 5mm
Blutung / Kontusion <25mm Durchmesser,
Punktesumme
Für jeden Parameter ist der entsprechende Punktewert zu wählen und die Punkte sind zu addieren. Für die Punktesumme
gibt es ein Normogramm, in dem die der erhobenen Punktesumme entsprechende Wahrscheinlichkeit des Todes bzw.
Wahrscheinlichkeit für ein schlechtes Behandlungsergebnis abgelesen werden kann.
GCS = Glasgow Coma Scale, CT = Computertomographie.
In dieser Arbeit liegt das Augenmerk auf den Outcome-beeinflussenden Parame-
tern systolischer Blutdruck und Sauerstoffsättigung. Ferner sind aber auch weitere
KAPITEL1: EINLEITUNG - 9 -
Faktoren, wie etwa das Alter, der initiale GCS und der Hirndruck, für das Outcome
entscheidend [21].
1.1.2 Leitlinien für das Schädel-Hirn-Trauma
Aus den oben dargestellten epidemiologischen Daten und den je nach Schwere-
grad nur mäßigen Outcome-Ergebnissen wird ersichtlich, dass Anstrengungen zur
Verbesserung der Prävention, der Akut-Behandlung und der Rehabilitation beim
Schädel-Hirn-Trauma von enormer Bedeutung sind. Eine wichtige Maßnahme zur
Verbesserung der Akut-Behandlung sind die Leitlinien anerkannter Fachgesell-
schaften, da sie die Vorgehensweise der behandelnden Ärzte standardisieren. Sie
stellen einen Minimalkonsens dar und müssen die unterschiedlichen regionalen
Anforderungen berücksichtigen [52]. So sind die Leitlinien der American
Association of Neurological Surgeons und der Brain Trauma Foundation für die
USA darauf ausgelegt, den außerordentlich weiten Entfernungen in der Rettungs-
kette Rechnung zu tragen [52]. Um den verschiedenen Anforderungen gerecht zu
werden, hat eine Vielzahl von Nationen mit Hilfe ihrer traumatologischen Fachge-
sellschaften eigene Leitlinien geschaffen.
das schwere Schädel-Hirn-Trauma. In dieser Arbeit sind insbesondere die Leitli-
nien für das schwere Schädel-Hirn-Trauma der Deutschen Gesellschaft für Neuro-
logie von Bedeutung, die 2002 erstellt und 2008 überarbeitet wurden [21]. Die
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie lehnen sich sehr stark an
die der Deutschen Gesellschaft für Neurologie an und unterscheiden sich in den
Kernaussagen nicht [1][17]. Insbesondere die für diese Arbeit betrachteten Emp-
fehlungen zur Blutdruck- und Sauerstoffsättigungsregulation zeigen keine Unter-
schiede auf. Auf europäischer Ebene findet sich mit dem European Brain Injury
Consortium (EBIC) eine Organisation, die sich aus mehr als 100 europäischen
Zentren zusammensetzt und das Outcome von Schädelhirnverletzten verbessern
will. Bei diesen 1997 erstellten Leitlinien wurde das Augenmerk vor allem auf die
Verhinderung von sekundären Hirnschäden gelegt, da gegen primäre Hirnschäden
nur wenig unternommen werden kann [40]. In den USA werden die 2007 von der
KAPITEL1: EINLEITUNG - 10 -
Outcome von Schädelhirnverletzten in den USA zu verbessern, vom National
Guideline Clearinghouse empfohlen. An diesen Leitlinien haben außer der Brain
Trauma Foundation auch die American Association of Neurological Surgeons
(AANS), der Congress of Neurological Surgeons (CNS) und die AANS/CNS Joint
Section on Neurotrauma and Critical Care mitgewirkt [10][11].
Einen Überblick der unterschiedlichen Leitlinien zeigt die nachfolgende Tabelle 5,
welche jeweils die Empfehlungen für die Parameter systolischer Blutdruck und
Sauerstoffsättigung zusammenfasst [10][11][21][40].
Tabelle 5: Leitlinien für das schwere Schädel-Hirn-Trauma. Empfehlungen zur Behandlung von Parameterentgleisungen gemäß verschiedenen, teils international gültigen Leitlinien [10][11][21][40].
Betrachteter Parameter Deutsche Gesellschaft
Foundation
Systolischer Blutdruck Ziel: RRsys >90 mmHg Ziel: RRsys ≥120 mmHg Ziel: RRsys >90 mmHg
Sauerstoffpartialdruck/
-sättigung
Die in der vorliegenden Arbeit berücksichtigten Schädelhirnverletzten wurden alle
mit dem Rettungshubschrauber Christoph 22 in das Bundeswehrkrankenhaus Ulm
gebracht. Für die Versorgung der Patienten orientiert sich die Besatzung des Ret-
tungshubschraubers an den Empfehlungen des Qualitätsmanagements der
ADAC-Luftrettung GmbH. Diese Empfehlungen gehen auf folgende in Deutsch-
land gültige Leitlinien zurück:
Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesell-
schaften (AWMF)
schaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (www.leitlinien.net)
KAPITEL1: EINLEITUNG - 11 -
medizin, Arbeitsgemeinschaft Norddeutscher Notärzte (AGNN)
(www.agnn.com)
Die Empfehlungen des Qualitätsmanagements zur Versorgung des schweren
Schädel-Hirn-Traumas beinhalten die nachfolgend in Tabelle 6 dargestellten Krite-
rien [55]:
Oberkörperhochlagerung
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn bei einem systolischen Blutdruck von mindestens 120 mmHg bei Eintreffen die Oberkör-
perhochlage dokumentiert wird.
Neurostatus erhoben
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn die Glasgow Coma Scale und der Neurostatus dokumentiert werden.
Anlegen eines venösen Zugangs
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn entweder die Anlage eines periphervenösen oder eines zentralvenösen Zuganges
(vornehmlich bei Sekundäreinsätzen) dokumentiert wird.
Blutzucker messen
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn die Messung eines Blutzuckerwertes durch das Rettungshubschrauber-Team (oder die
Übernahme eines bereits vorliegenden Werts) dokumentiert wird.
HWS Immobilisation
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn die Anlage einer Zervikalstütze dokumentiert wird.
Intubation – Beatmung
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn die Intubation oder die Beatmung des Patienten (bei Intubation durch den Vorbehan-
delnden) dokumentiert wird.
Analgesie
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn ein Opioid oder Ketamin zur Analgesie verabreicht wird.
Suffiziente Oxygenierung des Patienten
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn zum Zeitpunkt der Übergabe des Patienten in der Zielklinik die periphere Sauerstoffsätti-
gung >95% beträgt.
Blutdruck bei Übergabe optimal
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn der systolische Blutdruck bei Übergabe in der Zielklinik >120 mmHg beträgt.
Eintreffen Zielklinik <60 Minuten
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn die Zeitspanne vom Eintreffen des Rettungshubschraubers am Notfallort bis zum
Eintreffen in der Zielklinik weniger als 60 Minuten beträgt („golden hour“).
Wahl einer geeigneten Zielklinik
Das Merkmal gilt als erfüllt, wenn die Zielklinik in 24-stündiger Bereitschaft über einen Computertomograph, intensivmedi-
zinische Betreuungsmöglichkeiten und eine neurochirurgische Operationsbereitschaft verfügt. Da diese Vorgaben nur auf
lokaler Ebene überprüft werden können, erfolgt die Auswertung in Rücksprache mit dem jeweiligen leitenden Rettungs-
hubschrauberarzt.
Insgesamt unterscheiden sich die Behandlungsempfehlungen des ADAC nur we-
nig von denen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Dennoch gibt es Unter-
schiede: So empfiehlt die AGNN, den systolischen Blutdruck bei Werten über 120
mmHg zu stabilisieren, wohingegen in den Leitlinien bereits eine Stabilisierung
über 90 mmHg gefordert wird [3][21]. Außerdem wird in den Behandlungsempfeh-
lungen eine periphere Sauerstoffsättigung >95% als suffiziente Oxygenierung
angesehen, während die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie eine
periphere Sauerstoffsättigung >90% empfehlen [21].
Im Bundeswehrkrankenhaus Ulm erfolgt die Patientenversorgung gemäß den
deutschen Leitlinien für das Schädel-Hirn-Trauma der Deutschen Gesellschaft für
Neurologie. Auch hier finden bezüglich des systolischen Blutdruckes und der peri-
pheren Sauerstoffsättigung die strengeren Qualitätsmanagement-Empfehlungen
des ADAC Anwendung, da das Bundeswehrkrankenhaus die Notärzte für die
Luftrettung stellt und diese somit in Kenntnis der Empfehlungen sind.
Mehrere Studien belegen, dass aus der strikten Einhaltung der von den Fachge-
sellschaften vorgegebenen Leitlinien sowohl ein verbessertes Outcome, als auch
eine reduzierte Mortalität, eine verkürzte mittlere Verweildauer im Krankenhaus
und eine Verringerung der durchschnittlichen Ausgaben pro Patient resultieren
[27][18][60]. Eine Kostenanalyse von Faul et al. 2007 ergab, dass durch den Sta-
tus quo in den USA bei Traumapatienten insgesamt Kosten von 9,2 Milliarden
Dollar entstanden. Den Hauptanteil dieser Kosten machten gesellschaftliche Kos-
ten mit 7,7 Milliarden Dollar aus, gefolgt von direkten medizinischen Kosten mit
1,4 Milliarden Dollar. Hochrechnungen ergaben dabei, dass man die Kosten auf
5,1 Milliarden Dollar senken könnte, wenn eine höhere Compliance bei der Einhal-
tung der Leitlinien für das schwere Schädel-Hirn-Trauma erreicht werden könnte.
Insbesondere die gesellschaftlich entstehenden Kosten ließen sich von 7,7 Milliar-
den Dollar auf 4,0 Milliarden Dollar verringern [19].
Ferner wurde festgestellt, dass die Ausbildung und Organisation des Notfallteams
mehr Einfluss auf das Outcome des Patienten haben, als die Lage des Unfallortes
und die Geschwindigkeit, mit welcher dieser erreicht wird [60].
Die Leitlinien der Brain Trauma Foundation weisen auf zentrale, immer noch offe-
ne Fragen bezüglich des schweren Schädel-Hirn-Traumas hin, welche zukünftige
KAPITEL1: EINLEITUNG - 13 -
Studien klären sollen. So ist noch offen, wie das Level von Hypoxie und Hypoten-
sion mit einem schlechten Outcome korreliert ist. Außerdem sollen die Grenzwerte
für die Behandlung überdacht und optimale Rettungsprotokolle für Hypoxie und
Hypotension geschaffen werden. Weiterhin ist zu untersuchen, inwiefern das me-
dizinische Eingreifen bei Hypoxie und Hypotension das Outcome beeinflusst.
Hierfür müssen auch die Zielwerte weiter spezifiziert werden [10].
1.2 Fragestellung
Hypoxie, Hypotonie und Hyperkapnie stellen die deletäre Trias beim Schädel-Hirn-
Trauma dar und müssen soweit wie möglich verhindert werden, da sie hauptver-
antwortlich für die hohe Gesamtmortalität bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma
sind [43][60][61]. Die Hyperkapnie ist jedoch an der Notfallstelle mit den vorhan-
den Messmethoden nicht ausreichend genau bestimmbar, da der endtidale Koh-
lendioxidpartialdruck nicht exakt mit dem arteriellen korreliert [7][57]. Daher liegt
der Fokus der vorliegenden retrospektiven Pilotstudie auf der Untersuchung der
Parameter Hypotonie und Hypoxie beim Schwerstverletzten mit Schädel-Hirn-
Trauma. Die Studie stellt eine Verlaufsdokumentation vom Eintreffen des Notarz-
tes an der Notfallstelle bis zum Ende der Schockraumversorgung dar. Während
bisherige Studien jeweils entweder die präklinische oder die klinische Versorgung
der Patienten untersucht haben, wurde in dieser Pilotstudie erstmals die präklini-
sche in Verbindung mit der klinischen Versorgungsphase untersucht. Diese Be-
sonderheit der schnittstellenübergreifenden Untersuchung verdeutlicht
Abbildung 1.
Die Verlaufsparameter systolischer Blutdruck und periphervenöse Sauerstoffsätti-
gung wurden im gesamten Verlauf der Behandlung verfolgt, sodass eine Aussage
über die Veränderung der Parameter und deren Zusammenhang mit dem Outco-
me getroffen werden kann. Damit wird erstmalig eine Beurteilung nicht nur der
KAPITEL1: EINLEITUNG - 14 -
Ergebnisqualität, sondern auch der Prozessqualität im Verlauf möglich. Die Aus-
wertung dieser kontinuierlich registrierten Daten erfolgte über die digital vorliegen-
den Behandlungsprotokolle.
2.1 Studienaufbau und Durchführung
2.1.1 Auswahl des Patientengutes
Für die Untersuchung wurden diejenigen Patienten ausgewählt, welche im Zeit-
raum von Juni 2009 bis Dezember 2010 mit der Verdachtsdiagnose schweres
Schädel-Hirn-Trauma im ADAC-Rettungshubschraubers Christoph 22 in das Bun-
deswehrkrankenhaus Ulm geflogen und dort im Schockraum weiterbehandelt
wurden. Das schwere Schädel-Hirn-Trauma ist dabei definiert durch einen an der
Notfallstelle durch den Notarzt bestimmten initialen GCS-Score unter neun. Be-
reits am Unfallort verstorbene Patienten wurden nicht mit einbezogen. In die Stu-
die sind alle Patienten eingeschlossen, die bereits das 17. Lebensjahr vollendet
haben, sowie Jugendliche ab der Pubertät (ab 13 Jahren), da deren Behandlung
der von Erwachsenen entspricht. Kinder von 0-12 Jahren wurden ausgeschlossen.
2.1.2 Studienaufbau
Die Pilotstudie stellt eine monozentrische Studie dar und beleuchtet sowohl die
Ergebnisqualität als auch die Prozessqualität im Verlauf der Behandlung. Durch
die im Rettungshubschrauber und im Schockraum kontinuierlich stattfindenden
Messungen der Vitalparameter war eine Darstellung des Behandlungsverlaufes
möglich und präklinische und klinische Daten konnten verknüpft werden. Die sys-
tolischen Blutdruckwerte und die Werte der peripheren Sauerstoffsättigung der
Patienten wurden alle fünf Minuten gemessen. Aus Gründen der Vergleichbarkeit
wurden die Ergebnisse zu folgenden Zeitpunkten dargestellt: Die Aufzeichnung
begann mit dem Eintreffen des Luftrettungsnotarztes an der Notfallstelle (im Wei-
teren abgekürzt als „Eintreffen Notfallstelle“). Ein zweiter Messwert war nach
zehnminütiger Behandlung durch den Luftrettungsnotarzt („+10min Notfallstelle“)
bestimmt und ein dritter bei Übergabe des Patienten vom Luftrettungsteam an das
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 16 -
Schockraumteam („Übergabe Klinik“). Der vierte Messzeitpunkt war nach zehnmi-
nütiger Schockraumbehandlung („+10min ER“) und der fünfte am Ende der
Schockraumversorgung („Ende ER“).
2.2.1 Datenerfassung und Datenauswertung
Die Datenerfassung erfolgte mittels „Digital Pen-and-Paper Technologie“ [24],
einer elektronisch unterstützten, papiergesteuerten Dokumentationstechnologie.
Dabei werden die Einsatzdaten zunächst mittels eines digitalen Stiftes auf dem
Notarzteinsatzprotokoll eingetragen. Anschließend werden diese Daten mithilfe
einer USB-Docking-Station an eine dotforms-Applikation (DiagrammHalbach,
Schwerte, Deutschland) übertragen [24]. Das Notarzteinsatzprotokoll ist in Anleh-
nung an das Notarzteinsatzprotokoll der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung
für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI-Notarzteinsatzprotokoll, aktueller Stand:
Version 4.2) [44] gestaltet und erfüllt darüber hinaus die Erfordernisse einer EDV-
unterstützten Dokumentation, weil es für den Einsatz des digitalen Stiftes optimiert
ist. Die papiergesteuerte digitale Einsatzdokumentation vereinfacht auch die Über-
tragung der Einsatzdaten in das computergestützte Datenerfassungssystem LIKS
(Luftrettungs-, Informations- und Kommunikations-System), das den zentralen
Bestandteil des umfassenden Qualitätsmanagementkonzepts der ADAC-
Luftrettung darstellt und in welches alle ADAC-Luftrettungszentren ihre Einsatzda-
ten einspeisen. Um die Dokumentation der einzelnen Luftrettungszentren zu ver-
einheitlichen, erfolgt die Datenerfassung auf dem jeweils aktuellen Notarzteinsatz-
protokoll der DIVI (aktueller Stand: Version 4.2) [24][55]. Die Vitalparameter systo-
lischer Blutdruck und Sauerstoffsättigung werden im fünfminütigen Intervall er-
fasst. Die Ergebnisse einer ersten Auswertung der Ergebnisse mit der digitalen
papiergestützten Dokumentationstechnik (DINO) entsprachen bereits in der frühen
Entwicklungsphase den Erfordernissen einer schnellen und sicheren Dokumenta-
tion [24]. Dies ist anhand der primären Dokumentationsqualität, definiert durch den
Anteil an präklinisch dokumentierten Daten, die bereits vom System als korrekt
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 17 -
erkannt wurden, bezüglich der minimalen Notarztdatensatz (MIND-2) relevanten
Daten, von 96,7% ersichtlich. Ferner wurden die für diese Arbeit wichtigen Para-
meter mit folgenden Prozentangaben bereits primär richtig erkannt: Systolischer
Blutdruck mit 96,7% und periphere Sauerstoffsättigung mit 84,1% [24].
2.2.1.2 Bundeswehrkrankenhaus Ulm
and-Paper Technologie“, also wiederum per elektronisch unterstützter, papierge-
steuerter Dokumentation [24]. Bei dem genutzten Dokumentationssystem handelt
es sich um eine Neuentwicklung, welche zum einen den Kerndatensatz „Notauf-
nahme“ der DIVI beinhaltet, zum anderen aber auch klinikspezifische Aspekte
berücksichtigt [35]. Der Formularsatz ist modulartig strukturiert und ermöglicht eine
Dokumentation ohne redundante Felder, da die Module aufeinander aufbauen
[35]. Es existieren insgesamt vier Module: Das erste ist das Basismodul, welches
die Dokumentationsgrundlage für jeden Patienten darstellt, da es die wichtigsten
allgemeinen administrativen Informationen zu einem Patienten wie Name, Ge-
burtsdatum, Geschlecht, etc. enthält und Auskunft über die gemessenen Vitalpa-
rameter bei Eintreffen in der Notfallaufnahme gibt [35][66]. Weiterhin ermöglicht
das Basismodul eine pflegerische Ersteinschätzung mithilfe des Manchester-
Triage-Systems und bietet Freitextfelder für Anamnese, Eigenmedikation, Befun-
de, Verlauf, Therapie und Procedere [35][36][66]. Daneben existiert das Überwa-
chungsmodul, das bei Patienten mit instabilen Vitalparametern oder bei überwa-
chungsbedürftigen Patienten eingesetzt wird [35]. Darin werden sowohl Vitalwerte,
Medikamente, Perfusoren und der Early Warning Score im zeitlichen Verlauf, als
auch invasive Maßnahmen sowie Zugänge und Katheter dokumentiert [35][66].
Zusätzlich existiert ein Konsilmodul, das bei Konsultationsbedarf durch weitere
Fachdisziplinen verwendet wird [35][66]. Das Traumamodul wird bei der Versor-
gung schwerverletzter Patienten insbesondere im Schockraum eingesetzt [35]. Es
erfüllt die Vorgaben der S3-Leitlinie „Schwerverletztenbehandlung/Polytrauma“ der
Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie [35][66]. Die zur Datenerhebung ge-
nutzten Dokumentationsmodule finden sich im Anhang 1-4.
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 18 -
Analog zur Dokumentation des Rettungshubschraubers Christoph 22 werden im
Schockraum die Vitalparameter systolischer Blutdruck und periphere Sauerstoff-
sättigung im fünfminütigen Intervall erfasst.
Zunächst wurden die Daten des Rettungshubschraubers und des Bundeswehr-
krankenhauses miteinander abgeglichen und das im Studienplan vorhergesehene
Patientengut ausgewählt. Lücken in der elektronischen Erfassung wurden manuell
aus den vorliegenden Originalprotokollen nacherfasst.
2.2.2 Auswahl der Parameter nach den Leitlinien für das SHT
Von Bullock und Povlishock existiert eine Übersichtsarbeit zu Studien, die den
Einfluss von Hypoxie und Hypotonie beleuchten, welche für die Gestaltung der
„Guidelines for the Management of Severe Traumatic Brain Injury” der Brain
Trauma Foundation angefertigt wurde [10]. Die wesentlichen vorgestellten Studien
sind in Tabelle 7 tabellarisch dargestellt [10][13][14][20][34][56][63].
2.2.2.1 Systolischer Blutdruck
Etliche Studien kommen zu dem Schluss, dass die Hypotension bei einem schwe-
ren Schädel-Hirn-Trauma einen nachteiligen Effekt auf das Outcome hat
[13][41][41][51]. Dabei führt allerdings ein isoliertes Schädel-Hirn-Trauma nicht zu
einer Hypotension [60]. Die Physiologie des Gehirns ermöglicht eine gewisse
Autoregulation. Bei zunehmendem Schweregrad des Schädel-Hirn-Traumas
kommt es zu einem Verlust dieses Schutzmechanismus, was dazu führt, dass die
Hirnperfusion vom systemischen Blutdruck abhängig ist [60]. Eine Hypotension
geht daher mit einer Hypoperfusion und einer Ischämie des Gehirns einher. Auf-
grund der Fähigkeit des Gehirns, Sauerstoff zu extrahieren, ist es so lange vor
einer Hypoxie geschützt, wie die zerebrale Perfusion aufrechterhalten wird [13].
Aufgrund dessen ist die Hypotension ein wichtigerer Vorhersagewert für ein
schlechtes Outcome als die Hypoxie [6][13][60]. Weiterhin ist in den ersten Stun-
den nach einem Schädel-Hirn-Trauma der zerebrale Blutfluss reduziert. Dabei
wurde gezeigt, dass bereits eine kurzzeitige Hypotension bei bestehendem Schä-
del-Hirn-Trauma zu einem irreversiblen Zelltod in verletzten Neuronen führen
kann, und zwar auch dann, wenn kein Blutverlust vorliegt [49][60]. Selbst eine nur
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 19 -
Tabelle 7: Zusammenfassung von Studien über das schwere Schädel-Hirn-Trauma [10][13][14][20][34][56][63].
Autor Studienbeschreibung Ergebnis der Untersuchung
Chestnut et al., 1993
schwerem SHT;
Hypotension als statistisch unabhängiger
erhöhte die Morbidität.
schlechteres Outcome.
schwerem SHT; Evaluation des frühen
Traumamanagement dieser Patienten.
in die Notaufnahme hypoxämisch.
Gentleman et al., 1992
Patienten;
me bei einem verbesserten präklinischen
Management.
verbesserte das Outcome;
Management, ist dies ein statistisch signifi-
kanter, unabhängiger Prädiktor eines
Jahren, mit einem GCS≤12 oder >12 und einem
ISS≥16 und mit klinischen Indikationen für ein
Monitoring. Subgruppen Analyse bei 71 Patien-
ten, deren Daten die Auswertung von 8 potenti-
ellen sekundären Hirnschädigungen (ICP,
Hypotension, Hypertension, CPP, Hypoxämie,
Pyrexie, Bradykardie, Tachykardie) erlaubten,
ten bezüglich Morbidität und Mortalität.
Mortalität wird am besten vorausgesagt
durch die Dauer der Hypotension, der
Hypoxie und der Pyrexie. Morbidität wird
vorausgesagt durch hypotensive Ereignisse
ICP von 30 mmHg innerhalb der ersten 72
Stunden nach dem Unfall aus einem Gesamtkol-
lektiv an 348 schweren SHT-Patienten.
Hypotension als hauptsächliche, vermeidba-
Patienten mit mittelschwerem SHT.
Struchen et al., 2001
SHT, welche in einem Level 1 Trauma Center
auf der neurochirurgischen Intensivstation eine
kontinuierliche Messung des ICP, MAP, CPP,
SjO2 erfahren haben.
Disability Rating Scale bestimmt.
waren der GCS, der ICP>25 mmHg, der
MAP<80 mmHg, der CPP<60 mmHg und
die SjO2<50% assoziiert mit einem schlech-
teren Outcome.
SHT = Schädel-Hirn-Trauma, RRsys = systolischer Blutdruck, GCS = Glasgow Coma Scale, ISS = Injury Severity Score, ICP = Intra-cranial Pressure, CPP = Cerebral Perfusion Pressure, MAP = Mean Arterial Pressure, SjO2 = Jugularvenöse Sauerstoffsättigung, GOS = Glasgow Outcome Scale.
kurz dauernde Hypotension erhöht insgesamt die Mortalität des Schädel-Hirn-
Verletzten um 150% [43]. Ferner ist die Dauer der Hypotension ein signifikanter
Vorhersagewert von Mortalität und Morbidität [34]. Eine Übersicht zur Letalität von
Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma und Hypotension zeigt Tabelle 8, welche die
Letalität bei bestehender Hypotension von Patienten mit isoliertem Schädel-Hirn-
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 20 -
Trauma (SHT) zu den Zeitpunkten „am Unfallort“ und „nach Eintreffen in der Not-
aufnahme“ mit der der Gesamtheit an untersuchten Patienten (Alle Patienten) und
mit Patienten, die sowohl ein Schädel-Hirn-Trauma, als auch ein Polytrauma auf-
weisen (PT+SHT), vergleicht [13][39]. Dabei zeigt sich, dass eine Hypotonie in der
Notaufnahme für alle Patienten die höchste Letalitätsrate mit sich bringt. Gelingt
es jedoch präklinisch, den Patienten zu stabilisieren, so sinkt die Letalität. Dane-
ben zeigt die Tabelle, dass eine in der Notaufnahme bestehende Hypotonie beim
Schädel-Hirn-Trauma mit einer Letalität von 75% einhergeht und damit den höchs-
ten Letalitätswert in der Untersuchung aufweist. Dies unterstreicht die Ergebnisse
obengenannter Studien, die zeigen, dass hypotone Phasen in den ersten Stunden
nach der Verletzung die Mortalität besonders stark erhöhen. Die Letalität am Un-
fallort bei einem Polytrauma mit zusätzlichem Schädel-Hirn-Trauma für hypotone
und nicht hypotone Blutdruckwerte wird mit über 50% angegeben.
Tabelle 8: Häufigkeitsverteilung für Patienten mit systolischem Blutdruck kleiner gleich bzw. größer 90 mmHg am Unfallort und nach Eintreffen in der Notaufnahme und resultierende Letalität aufgegliedert für alle Patienten und Untergruppen mit isoliertem Schädel- Hirntrauma und Polytrauma mit Schädel-Hirn-Trauma [13][19].
Alle Patienten SHT PT+SHT
Häufigkeit
Notaufnahme
SHT = Schädel-Hirn-Trauma, PT = Polytrauma.
Die Behandlung der Hypotonie bei bestehendem Volumenmangel und Schock
besteht nicht zuletzt auch aus einer erhöhten Flüssigkeitsgabe. Die Frage nach
der optimalen Flüssigkeitsversorgung ist bisher noch nicht abschließend geklärt.
Intravenöse Flüssigkeiten sollten isotonisch sein, um eine Hirnschwellung und
zerebrale Ödeme zu reduzieren. Dextrosehaltige Lösungen sollten dagegen
strengstens vermieden werden [60]. Hyperonkotisch-hypertonische Lösungen
werden aktuell als vorteilhaft gesehen, da sich bei einem Patientengut mit Schä-
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 21 -
del-Hirn-Trauma und Hypotension eine Senkung der Gesamtmortalität zeigt. Fer-
ner können die hyperonkotisch-hypertonischen Lösungen den mittleren arteriellen
Druck stabilisieren, ohne zerebrale Ödeme zu verschlimmern und ohne den intrak-
raniellen Druck zu erhöhen [16]. Weiterhin führen hyperonkotisch-hypertone Lö-
sungen zu einer Abnahme des ICP. Damit verbessern die hyperonkotisch-
hypertonen Lösungen durch zwei verschiedene synergistische Mechanismen die
Bereitstellung von Sauerstoff für das Gehirn [5]. Die hyperonkotisch-hypertonen
Lösungen unterscheiden sich somit von den isotonischen Flüssigkeiten, welche in
großen Mengen zerebrale Ödeme fördern und den ICP erhöhen können [60].
Weiterhin führen hyperonkotisch-hypertonische Lösungen ähnlich wie Mannitol
dazu, dass die osmotische Diurese induziert wird, was wiederum der Behandlung
des erhöhten ICP dienlich ist. Untersuchungen von Cooper et al. ergeben jedoch,
dass isotone, hypertone kristalloide und kombiniert kristalloid-kolloidale Lösungen
gleichwertig in Bezug auf das neurologische Outcome nach sechs Monaten sind
[15]. Um letztlich eine klare Aussage treffen zu können und einen Überlebensvor-
teil zu belegen, sind also noch weitere Untersuchungen nötig [16].
2.2.2.2 Periphere Sauerstoffsättigung
Gehirn einen hohen Anteil an Adenosintriphosphat (ATP). Bereits nach kurzen
Phasen einer Unterversorgung sind ATP-Mangel-bedingte Ausfälle feststellbar
[58][60]. Hinzu kommt, dass unmittelbar nach einer Kopfverletzung der Sauer-
stoffmetabolismus im Gehirn erhöht ist [61]. Deswegen ist es von essentieller
Bedeutung, eine Minderversorgung des Gehirns durch eine adäquate Oxygenie-
rung zu verhindern. Die Häufigkeit einer Hypoxie bei einem Trauma wird durch die
Datenauswertung der Trauma Coma Data Bank weiter verdeutlicht. 46% der 717
notfallmäßig aufgenommenen Traumapatienten wiesen hier einen PaO2≤60
mmHg auf [13]. Die Relevanz der Beseitigung der Hypoxie ist auch durch die
Ergebnisse der Studie von Stocchetti et al. belegt, die arterielle Minderversorgung
mit Sauerstoff mit einer um 50% erhöhten Gesamtmortalitätsrate und einer um
50% erhöhten Rate an schwerwiegenden Behinderungen unter den Überlebenden
assoziieren [60][61]. Weitere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass ein niedri-
ger PaO2 von unter 60 mmHg mit einer Verschlechterung des Outcome einhergeht
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 22 -
[13][60]. Studien dazu sind in Tabelle 7 (Zusammenfassung von Studien über das
schwere SHT) zusammenfassend dargestellt. Es konnte auch gezeigt werden,
dass besonders die Dauer der Hypoxie einen selbstständigen Vorhersagewert für
die Gesamtmortalität, nicht aber für die Morbidität darstellt [10][34]. Zusammen-
fassend ist die Prävention der Hypoxie eine Hauptaufgabe der präklinischen Ver-
sorgung. Alle Patienten sollten eine unterstützende Sauerstoffgabe mit resultie-
renden Sättigungswerten >90% erhalten. Die Intubation wird bei bewusstlosen und
nicht ansprechbaren Personen ab einem GCS von ≤8 zur Sicherung der Atemwe-
ge und bei Hypoxämie empfohlen [17][60].
Insgesamt lässt sich nach Studienlage feststellen, dass Hypotension und Hypoxie
beim schweren Schädel-Hirn-Trauma zu Oxygenierungsstörungen und damit zu
zerebralen Ischämien mit Folgeschäden führen können. Es wurde gezeigt, dass
eine erhöhte Mortalität bei Patienten mit verminderter Sauerstoffsättigung festzu-
stellen ist [51]. Aufgrund dessen ist eine Überwachung dieser Parameter von au-
ßerordentlicher Bedeutung.
2.3.1.1 Systolischer Blutdruck
Die Auswertung des systolischen Blutdruckes im Verlauf erfolgte anhand von zwei
Datensätzen. Für die präklinischen Daten wurden die Notarzteinsatzprotokolle des
Rettungshubschraubers Christoph 22 ausgewertet, für die klinischen Daten die
Schockraummodule des Bundeswehrkrankenhauses Ulm. Um den Verlauf der
Parameter darzustellen, wurden aus den Verlaufsdaten fünf Zeitpunkte ausge-
wählt (siehe Kapitel 2.1.2). Zunächst erfolgte die Berechnung der Mittelwerte mit
Standardabweichung und des Medians, sowie die Bestimmung von Minimum und
Maximum des systolischen Blutdrucks an den Untersuchungszeitpunkten. Zur
Prüfung der Veränderung des systolischen Blutdruckes vom Startzeitpunkt an der
Notfallstelle zu den anderen Zeitpunkten auf Signifikanz wurde der Zweistichpro-
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 23 -
ben T-Test für zwei gepaarte Stichproben eingesetzt (Signifikanzniveau α=0,05).
Ferner wurde der Wert des systolischen Blutdruckes vom Startzeitpunkt der
Schockraumbehandlung, in der Arbeit definiert als der Wert der Übergabe an die
Klinik, zu den übrigen Zeitpunkten der Schockraumbehandlung auf eine statistisch
signifikante Änderung überprüft (Signifikanzniveau α=0,05). Die Bestimmung der
Anzahl an Patienten, die einen systolischen Blutdruck kleiner gleich 90 mmHg
oder über 120 mmHg aufwiesen, erfolgte bei allen Zeitpunkten. Die Patienten mit
systolischen Blutdruckwerten von höchstens 90 mmHg werden im Folgenden als
hypotone Patienten bezeichnet. Deren Anteil wurde in absoluten und prozentualen
Angaben berechnet. Für die Alternativen höchstens 90 mmHg und mindestens
120 mmHg wurden im Folgenden die Mittelwerte mit Standardabweichung, Me-
dian, Minimum und Maximum berechnet. Die Veränderungen von Notfallstelle
bzw. von Übergabe Klinik zu den jeweils folgenden Zeitpunkten wurden dabei auf
Signifikanz geprüft (Signifikanzniveau α=0,05). Daten zur Dauer der hypotonen
Phasen in Präklinik und Klinik in der Form Mittelwert±Standardabweichung, Mini-
mum-Maximum wurden ebenfalls angegeben.
Die Auswertung der Sauerstoffsättigung erfolgte über die Messung der Verlaufs-
daten in Präklinik und Klinik in fünfminütigen Schritten. Für die Auswertung wurden
analog zur Auswertung des systolischen Blutdruckes die fünf Zeitpunkte Eintreffen
Notfallstelle, +10min Notfallstelle, Übergabe Klinik, +10min Schockraum und
Schockraumende verwendet und die Mittelwerte, die Standardabweichung, der
Median, das Maximum und das Minimum der Werte der Sauerstoffsättigung be-
rechnet. Die Signifikanzprüfung der Veränderung der Sauerstoffsättigung vom
Eintreffen an der Notfallstelle zu den anderen Zeitpunkten geschah durch den
Zweistichproben T-Test für zwei gepaarte Stichproben (Signifikanzniveau α=0,05).
Die Veränderung der Sauerstoffsättigung von der Übergabe an die Klinik bis zu
den weiteren Zeitpunkten der Schockraumbehandlung wurde ebenfalls auf statis-
tisch signifikante Änderung überprüft (Signifikanzniveau α=0,05). Weiterhin lag
das Augenmerk darauf, ob die Sauerstoffsättigung kleiner gleich 90%, bzw. über
95% war. Individuen mit Werten der peripheren Sauerstoffsättigung von höchstens
90% werden in der Arbeit als hypoxische Patienten bezeichnet. Zudem wurden für
die Werte kleiner gleich 90% und über 95% der Mittelwert, die Standardabwei-
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 24 -
chung, der Median, das Maximum und das Minimum berechnet und Abweichun-
gen zwischen den jeweiligen Zeitpunkten auf Signifikanz geprüft (Signifikanzni-
veau α=0,05). Für Sauerstoffsättigungswerte, die je kleiner gleich 90% lagen,
erfolgte die Messung der Hypoxiedauer.
2.3.1.3 Dauer der Versorgung
Die genutzten Daten ermöglichten sowohl die Auswertung der Dauer der präklini-
schen Versorgung, definiert als die Dauer von der Alarmierung des Rettungshub-
schraubers Christoph 22 bis zur Übergabe an das Team der zentralen interdiszip-
linären Notfallaufnahme des Bundeswehrkrankenhauses Ulm, als auch der
Schockraumversorgung, definiert als die Zeitdauer von Übergabe des Patienten
durch das Luftrettungsteam bis zum Ende der Schockraumversorgung. Hierzu
wurden der Mittelwert, die Standardabweichung, der Median, der Maximal- und
der Minimalwert berechnet.
2.3.1.4 Invasive Maßnahmen
Die Beschreibung von Art und Häufigkeit invasiver Maßnahmen im Studienkollek-
tiv erfolgte sowohl in Prozent als auch in Absolutzahlen. Als invasive Maßnahmen
wurden Intubation und die Anlage von Thoraxdrainagen gewertet.
2.3.1.5 Reanimation
Eine Auswertung zur Anzahl an Patienten aus dem Studienkollektiv, die am Un-
fallort oder während der Schockraumversorgung kardio-pulmonal reanimiert wor-
den sind, erfolgte ebenso wie die ihrer Überlebensraten.
2.3.1.6 Infusionsvolumen
Es erfolgte die Berechnung von Mittelwert, Standardabweichung, Median, Mini-
mum und Maximum der verabreichten Mengen an Infusionsvolumen zu den Beo-
bachtungszeitpunkten Präklinik, Klinik und Gesamtzeitraum. Der Gesamtzeitraum
wurde definiert als der Zeitraum von Beginn der Präklinik bis zum Ende der
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 25 -
Schockraumversorgung. Dabei unterschied die Untersuchung zwischen Kristalloi-
den, Kolloiden und Small-Volume Resuscitation (SVR). Sowohl prozentuale als
auch absolute Häufigkeiten von SVR-Gaben, Katecholamin-Gaben und kombinier-
ten Gaben von SVR und Katecholaminen wurden bestimmt.
2.3.2 Auswertung nach Unterteilung „Verstorbene“ und „nicht Verstorbene“
Das Studienkollektiv unterteilte sich in die Gruppen „verstorben“ und „nicht ver-
storben“. Als „verstorben“ zählten diejenigen Patienten, welche noch im Schock-
raum oder während des klinischen Aufenthaltes verstarben.
2.3.2.1 Systolischer Blutdruck
+10min Notfallstelle, Übergabe Klinik, +10min Schockraum und Ende Schockraum
im Vergleich von „verstorben“ zu „nicht verstorben“ wurden untersucht und Mittel-
wert, Standardabweichung, Median, Minimum und Maximum berechnet. Zudem
erfolgte eine Signifikanzprüfung der Unterschiede zwischen systolischen Blut-
druckwerten von den verstorbenen gegenüber den nicht verstorbenen Patienten
zu den fünf Zeitpunkten durch den Zweistichproben T-Test für zwei gepaarte
Stichproben (Signifikanzniveau α=0,05). Die Untersuchung enthielt daneben ana-
loge Auswertungen von systolischen Blutdruckwerten kleiner gleich 90 mmHg.
Zudem wurden die absoluten und die prozentualen Häufigkeiten von hypotonen
Patienten aus beiden Gruppen bestimmt und auf Signifikanz mittels Fisher‘s Exact
Test geprüft. Auch für die Dauer der Hypotonie erfolgte die Berechnung von Mit-
telwert, Standardabweichung, Minimum und Maximum. Die Hypotonie-Dauer wur-
de auf signifikante Unterschiede hinsichtlich „Verstorbene“ und „nicht Verstorbene“
mittels des Zweistichproben T-Tests für zwei gepaarte Stichproben geprüft (Signi-
fikanzniveau α=0,05).
2.3.2.2 Periphere Sauerstoffsättigung
Analog zu der in 2.3.2.1 beschriebenen Methode erfolgten die gleichen Auswer-
tungen für die Sauerstoffsättigung zu den fünf genannten Zeitpunkten. Als Grenze
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 26 -
für hypoxische Sauerstoffsättigungswerte wurde ein Wert von ≤90% festgesetzt.
Weiterhin wurden Auswertungen für den Sättigungsbereich unter 90% gemacht,
die absolute und relative Häufigkeit der Hypoxie sowie die Hypoxie-Dauer in den
verschiedenen Phasen ausgewertet und auf Signifikanz entsprechend dem oben
geschilderten Verfahren geprüft (Signifikanzniveau α=0,05). Zudem wurde unter-
sucht, ob eine zeitgleich bestehende Hypoxie und Hypotonie bei den „Verstorbe-
nen“ öfter und länger andauernd als bei den „nicht Verstorbenen“ war.
2.3.2.3 Injury Severity Score
Die ISS-Werte der verstorbenen Patienten wurden mit denen der nicht verstorbe-
nen Patienten verglichen und die absolute und prozentuale Häufigkeit des ISS>16
berechnet und auf signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen geprüft (Signi-
fikanzniveau α=0,05).
2.3.2.4 Dauer der Versorgung
Für die Dauer der präklinischen und klinischen Versorgung, sowie für die Gesamt-
dauer der Versorgung erfolgte für die beiden Gruppen die Berechnung von Mittel-
wert, Standardabweichung, Median, Maximum und Minimum. Mit Hilfe des Zwei-
stichproben T-Tests für zwei gepaarte Stichproben wurde daraufhin untersucht, ob
sich die Werte zwischen den Gruppen zu den einzelnen Beobachtungszeitpunkten
signifikant unterschieden (Signifikanzniveau α=0,05).
2.3.3 Auswertung nach Unterteilung in „reguläre“ und „irreguläre“ Schock-
raumbeendigung
2.3.3.1 Deskriptive Daten zur Gruppeneinteilung
Sowohl die Gründe für das Abbrechen der Schockraumbehandlung, als auch die
Fortführung der Therapie nach dem Schockraum wurden eruiert. Dabei wurde die
Mortalität in den beiden Gruppen berechnet und auf signifikante Unterschiede mit
Hilfe des Fisher‘s Exact Tests geprüft (Signifikanzniveau α=0,05).
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 27 -
2.3.3.2 Systolischer Blutdruck
Analog zu den bereits oben beschriebenen Parametern wurde der Verlauf des
systolischen Blutdruckes in beiden Gruppen zu den fünf Untersuchungszeitpunk-
ten verglichen und auf Signifikanz geprüft (Signifikanzniveau α=0,05). Anschlie-
ßend wurden Unterschiede in den beiden Gruppen bei einem systolischen Blut-
druck von kleiner gleich 90 mmHg und über 120 mmHg geprüft und auf Signifikanz
getestet (Signifikanzniveau α=0,05). Ferner erfolgte die Auswertung der Anzahl
von Hypotonien und systolischen Blutdruckwerten über 120 mmHg innerhalb der
beiden Gruppen und die Betrachtung der hypotonen Patienten, welche den
Schockraum regulär oder irregulär beendeten.
2.3.3.3 Sauerstoffsättigung
Die Auswertung der Sauerstoffsättigung erfolgte analog der in 2.3.3.1 genannten
Methode. Der Verlauf der Sauerstoffsättigung in den beiden Gruppen wurde un-
tersucht und auf Unterschiede bei einem Sättigungswert von kleiner gleich 90%
und über 95% geprüft. Die gefundenen Differenzen zwischen den Gruppen wur-
den auf Signifikanz getestet (Signifikanzniveau α=0,05). Danach wurden die abso-
luten Häufigkeiten von Hypoxien und von Sauerstoffsättigungswerten über 95%
geprüft. Schließlich wurde untersucht, wer von den hypoxischen Patienten den
Schockraum irregulär beendet hat.
2.3.3.4 Injury Severity Score
Werte wurden in beiden Gruppen bestimmt und auf signifikante Unterschiede
geprüft. Daneben wurde die absolute und prozentuale Häufigkeit eines ISS-
Wertes von über 16 berechnet und auf Signifikanz geprüft (Signifikanzniveau
α=0,05).
2.3.3.5 Dauer der Versorgung
Die Versorgungsdauer in der präklinischen und klinischen Phase wurde analog zu
2.3.1.3 definiert. Es wurde die Dauer der Versorgung für die beiden Gruppen be-
KAPITEL 2: MATERIAL UND METHODEN - 28 -
rechnet und der Mittelwert, die Standardabweichung, der Median, das Minimum
und das Maximum zu den Zeitpunkten Präklinik, Klinik und Gesamtzeitraum (Prä-
klinik+Klinik) angegeben. Ferner wurde untersucht, ob sich signifikante Änderun-
gen zwischen den beiden Gruppen zu den jeweiligen Beobachtungszeitpunkten
ergaben. Dies erfolgte anhand des Zweistichproben T-Tests für zwei gepaarte
Stichproben (Signifikanzniveau α=0,05).
Excel 2007. Die Untersuchungen wurden unter Wahrung des Datenschutzes und
unter Beachtung der Empfehlungen der Bundesärztekammer durchgeführt [12].
2.4.1 Deskriptive Statistik
Die Berechnung von Mittelwerten, Standardabweichungen, Maxima, Minima und
der Mediane erfolgte mit Hilfe des Programms Microsoft® Excel 2007. Ferner
wurden für die Erstellung von Box-and-Whisker Plots obere und untere Whisker
sowie das obere (75%) und untere Quartil (25%) berechnet.
2.4.2 Fisher‘s Exact Test
Zur Auswertung der Signifikanz von Patientenzahlen, welche ein bestimmtes Krite-
rium erfüllen, wurde der Exakte Test auf Unabhängigkeit nach Fisher genutzt.
Dieser Test eignet sich insbesondere bei einer geringen Anzahl von Patienten.
Der Test heißt „exakt“, weil der p-Wert als Prüfgröße direkt berechnet wird. Dem
Test liegt eine Vierfeldertafel nach untenstehendem Schema (Abbildung 2) zu-
grunde [1][67].
Kategorie A
nicht B b d b+d
∑ a+b c+d n= a+b+c+d
Abbildung 2: Vierfeldertafel zur Berechnung des Fisher‘s Exact Tests. a, b, c und d in Absolutwerten.
Für die Berechnung ergibt sich die Formel [67]:
Beim zweiseitigen Test, der eine allgemeine Abhängigkeit nachweist, wird ein 2-
Tail P-Wert berechnet. Dabei wurde das Signifikanzniveau α=0,05 gewählt. Der
Fisher Exact Test wurde in der vorliegenden Arbeit durch das Programm auf fol-
gender Internetseite berechnet: http://www.langsrud.com/stat/Fishertest.htm [37].
2.4.3 T-Test
Der in der Arbeit genutzte T-Test für gepaarte Stichproben ist geeignet, wenn an
einer Stichprobe zwei Messungen durchgeführt werden (Messwiederholung) [9].
In der vorgelegten Arbeit wurde der Zweistichproben T-Test für gepaarte Stichpro-
ben mit Microsoft® Excel 2007 bestimmt. Hiernach wird mit dem Befehl [TVERT]
das Alpha-Quantil einer t-verteilten Zufallsgröße bestimmt. In den Auswertungen
zur Signifikanz wird der Wert der t-Verteilung in Prozent angegeben. Die Signifi-
kanzauswertung erfolgte mit dem Signifikanzniveau α=0,05.
- 30 -
3.1.1 Demographie
Das Gesamtkollektiv umfasste 45 Patienten im Zeitraum von Juni 2009 bis De-
zember 2010. Die nachfolgende Abbildung 3 zeigt die Geschlechterverteilung an.
Bezüglich der Altersverteilung des Patientenkollektivs wurden 43,320,0; 41; 13-
78 Jahre (MWSD; Median; Min-Max) berechnet. Weiterhin waren 20,0% der
Individuen über 60 Jahre alt. Die Gesamtmortalität betrug 17,8%. Eine Auswer-
tung der Altersstruktur getrennt nach Geschlecht zeigt der nachstehende Box-and-
Whisker Plot (Abbildung 4).
3.1.2 Unfallursache
Der Unfallmechanismus war bei allen Patienten ein stumpfer. Die Unfallursache
wurde nach den drei Kategorien Verkehrsunfall, Sturz aus über drei Metern Höhe
und Sonstiges unterteilt. Die Kategorie Verkehrsunfall untergliedert sich weiter in
Fußgänger, PKW-/LKW-Insassen, Motorradfahrer und Fahrradfahrer. Die Katego-
rie Sonstiges enthält häusliche Unfälle und Betriebsunfälle. Verkehrsunfälle stell-
ten mit 60,0% die hauptsächliche Unfallursache dar, wobei PKW- und LKW-
73,3%
26,7%
Männer
Frauen
Lenker am häufigsten betroffen waren (33,3% der Gesamtunfallursachen und
55,6% der Verkehrsunfälle). Motorradfahrer machten 22,2% der Verkehrsunfälle
aus, Radfahrer 18,5% und Fußgänger 3,7%. An zweiter und dritter Stelle folgten
häusliche Unfälle (17,8%) und Stürze aus über drei Metern Höhe (15,6%). Die
weiteren Ergebnisse dieser Auswertung zeigt Abbildung 5, welche die Anzahl an
Patienten in den jeweiligen Kategorien enthält. Bei 13,3% der Patienten erfolgte
eine technische Rettung an der Notfallstelle.
Abbildung 5: Aufteilung der Patienten nach der Unfallursache. Schwerstverletzte mit asso- ziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=45) (n=45).
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
a ti e n te
n
tungsprotokolle und wurde unterteilt in Einzelverletzung, Mehrfachverletzung und
Polytrauma. Dabei besteht der Unterschied zwischen einem Polytrauma und einer
Mehrfachverletzung darin, dass beim polytraumatisierten Patienten zusätzlich eine
vitale Bedrohung besteht [46]. Zwei Drittel der Patienten (66,7%) waren polytrau-
matisiert, und ein Anteil von 26,7% zeigte Mehrfachverletzungen. Nur ein geringer
Anteil der Patienten (6,7%) wies eine Einzelverletzung auf. Die gesamten Ergeb-
nisse der Auswertung des Verletzungsumfanges mit Darstellung der Anzahl der
Patienten und des prozentualen Anteils verdeutlicht Abbildung 6.
Abbildung 6: Verletzungsumfang des Studienkollektivs. Anteil der Patienten mit Absolutzahl und Anteil in Prozent. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklini- sche Versorgung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=45).
Ferner wurden die verletzten Körperregionen des untersuchten Patientenguts
ausgewertet. Grundvoraussetzung für die Zugehörigkeit zum Studienkollektiv
waren Schädel-Hirn-Verletzungen, weshalb diese bei 100% der Patienten vorla-
gen. Es wurden alle betroffenen Körperregionen ausgewertet, Mehrfachnennun-
gen waren möglich. Besonders häufige Verletzungen neben den Schä-
del/Hirnverletzungen waren solche der Halswirbelsäule (46,9%), des Thorax
(36,7%) und der Brust-/Lendenwirbelsäule (30,6%). Die Ergebnisse der Auswer-
tung der verletzten Körperregionen sind in Abbildung 7 dargestellt.
3; 6,7%
12; 26,7%
30; 66,7%
Des Weiteren wurde der Verletzungsschweregrad des Studienkollektivs ausge-
wertet. Die Berechnung der Parameter lieferte für den ISS einen Mittel-
wertStandardabweichung von 40,827,4, einen Median von 35, sowie ein Mini-
mum von 1 und ein Maximum von 75. Insgesamt wiesen 75,6% der Patienten
einen ISS-Wert über 16 auf. Für den NISS wurde für den Mittel-
wertStandardabweichung 43,926,7, den Median 39,5, das Minimum 1 und das
Maximum 75 berechnet. Dabei zeigten 80,0% der Patienten aus dem Studienkol-
lektiv einen NISS-Wert über 16. Die Auswertung der Verletzungsschwere als Box-
and-Whisker Plot ist in Abbildung 8 zu sehen.
Abbildung 8: Box-and-Whisker Plot zur Darstellung des Injury Severity Score (ISS) und des New Injury Severity Score (NISS) im Patientenkollektiv. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=45).
100,0
28,6
46,9
36,7
A n z a h l P
a ti e
Die Auswertung des GCS-Wertes ergab, dass alle Patienten einen GCS-Wert
kleiner gleich 8 aufwiesen. Die überwiegende Zahl an Patienten (71,1%) wies
einen GCS-Wert gleich 3 auf. Der MittelwertStandardabweichung betrug 4,01,8,
der Median 3, das Minimum 3 und das Maximum 8. Die GCS-Verteilung der prä-
klinischen GCS-Werte stellt Abbildung 9 dar.
Abbildung 9: Verteilung des Glasgow Coma Scale-Wertes (GCS) des Patientenguts in der Präklinik. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versor- gung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=45).
3.2 Auswertung der untersuchten Parameter
3.2.1 Systolischer Blutdruck
Tabelle 9 zeigt den Mittelwert des systolischen Blutdrucks des Gesamtkollektivs
zum jeweiligen Beobachtungszeitpunkt. Darüber hinaus wurden die Mittelwerte
des systolischen Blutdruckes der Patienten mit entweder systolischen Blutdruck-
werten kleiner gleich 90 mmHg oder größer 120 mmHg, sowie die Anzahl der
Patienten in dem jeweiligen Teilkollektiv angegeben. Im Ergebnis zeigten sich
konstante Mittelwerte des systolischen Blutdruckes im Gesamtkollektiv. Der Anteil
im Schock befindlicher Patienten (RRsys≤90 mmHg) sank im Verlauf deutlich um
14 Prozentpunkte, wogegen der Anteil der Patienten mit RRsys>120 mmHg an-
stieg.
Eintreffen Notfallstelle
148,9 17,3 124 - 190
137,1 11,8 121 - 170
134,6 8,0 121 - 150
138,8 11,1 130 - 170
139,4 12,1 130 - 170
RRsys = systolischer Blutdruck, MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung, Min = Mini- mum, Max = Maximum, n = Anzahl Patienten, ER = Emergency Room.
In Abbildung 10 kommt die Entwicklung des systolischen Blutdruckes in Form
eines Box-and-Whisker Plot zur Darstellung. Man erkennt, dass der Median des
systolischen Blutdruckes im Zeitverlauf konstant blieb.
Abbildung 10: Box-and-Whisker Plot zur Darstellung des systolischen Blutdruckes zu den jeweiligen Beobachtungszeitpunkten. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn- Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=43).
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
lu td
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 36 -
Betrachtet man den Gesamtzeitraum der Präklinik, so wiesen 44,2% aller Patien-
ten eine durchschnittlich 10-minütige Hypotoniephase auf. Während der Schock-
raumversorgung trat zwar nur bei 25,6% der Patienten ein hypotoner Zustand auf,
dieser war jedoch mit einer durchschnittlichen Dauer von 22,7 Minuten im Mittel
deutlich länger. Eine über beide Abschnitte andauernde Hypotonie zeigte sich in
20,9% der Fälle und betrug durchschnittlich 36,1 Minuten. Weitere Ergebnisse
zeigt Tabelle 10.
Präklinik
ER
MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung, Min = Minimum, Max = Maximum, n = Anzahl Patienten, ER = Emergency Room.
Zur Bestimmung signifikanter Unterschiede der systolischen Blutdruckwerte wur-
den die jeweiligen Mittelwerte zu unterschiedlichen Zeitpunkten berechnet und mit
Hilfe eines t-Tests verglichen. Die Ergebnisse dieser Auswertung finden sich in
Tabelle 11. Dabei wird deutlich, dass sich sowohl zwischen dem Zeitpunkt des
Eintreffens an der Unfallstelle, als auch der Übergabe an die Klinik zu allen nach-
folgenden Zeitpunkten keine signifikanten Unterschiede zeigten.
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 37 -
Eintreffen Notfallstelle
Übergabe Klinik
zu +10min
nicht signifi-
Zweistichproben T-Test für zwei gepaarte Stichproben in % mit Signifikanzniveau α=0,05.
RRsys = systolischer Blutdruck, ER = Emergency Room.
Ferner wurde untersucht, inwieweit signifikante Veränderungen der Anzahl hypo-
toner Patienten in Bezug auf 1) Eintreffen an der Notfallstelle und 2) Übergabe
Klinik zu weiteren folgenden Beobachtungszeitpunkten festzustellen waren
(Tabelle 12). Dabei wurde eine signifikante Reduktion sowohl von Eintreffen an
der Notfallstelle zu +10min Notfallstelle, als auch zu Übergabe Klinik erreicht.
Tabelle 12: Signifikanz in der Behebung hypotoner Blutdruckwerte. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshub- schrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=43).
von
Anzahl
zu
Anzahl
5
0,71
Fisher’s Exact Test: Die mit Stern (*) gekennzeichneten Werte sind signifikant (bei α=0,05).
Hypotonie: systolischer Blutdruck ≤90mmHg.
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 38 -
Mit gleicher Methodik wurde auch die Änderung der Anzahl an Patienten mit ei-
nem systolischen Blutdruck über 120 mmHg auf Signifikanz geprüft (Tabelle 13).
Hierbei ergab sich eine signifikante Steigerung der Patientenzahl im Vergleich
von Eintreffen Notfallstelle zu Übergabe Klinik.
Tabelle 13: Signifikanz der Häufigkeit systolischer Blutdruckwerte über 120 mmHg. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehr- krankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=43).
von
Anzahl
zu
Anzahl
18
0,28
Fisher’s Exact Test: Die mit Stern (*) gekennzeichneten Werte sind signifikant (bei α=0,05).
3.2.2 Periphere Sauerstoffsättigung
Tabelle 14 zeigt den Mittelwert der peripheren Sauerstoffsättigung des Patienten-
kollektivs zu den einzelnen Beobachtungszeitpunkten. Zudem sind die Mittelwerte
der Sauerstoffsättigung des Teilkollektivs mit SpO2>95% bzw. SpO2≤90% und die
Anzahl an Patienten im jeweiligen Teilkollektiv dargestellt. Man erkennt eine deut-
liche Steigerung der Mittelwerte der SpO2 des Gesamtkollektivs von Eintreffen
Notfallstelle zu +10min Notfallstelle, sowie zu den weiteren Beobachtungszeit-
punkten konstant-bleibende Mittelwerte. Während der Anteil an hypoxischen Pati-
enten (SpO2≤90%) im Verlauf deutlich um16,3 Prozentpunkte sank, stieg der
Anteil an Patienten mit SpO2>95% um 27,9 Prozentpunkte an.
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 39 -
Eintreffen
97,0 5,1 75 - 100
98,8 2,1 89 - 100
98,6 4,2 80 - 100
SpO295% 98,7 1,6 96 - 100
99,0 1,4 96 - 100
99,2 1,3 96 - 100
99,9 0,3 99 - 100
SpO2≤90% 80,2 10,4
64 - 90 83,5 6,0
75 - 89 89,0 0
80 - 88 89,3 1,2
88-90 (MW±SD, Min-Max)
SpO295% n(%) 58,1% (25) 72,1% (31) 88,4% (38) 69,8% (30) 86,0% (37)
SpO2≤90% n(%) 23,3% (10) 7,0% (3) 2,3% (1) 4,7% (2) 7,0% (3)
SpO2 = periphere Sauerstoffsättigung, MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung, Min = Minimum, Max = Maximum, n = Anzahl Patienten, ER = Emergency Room.
Der nachstehende Box-and-Whisker Plot (Abbildung 11) ermöglicht einen Über-
blick des Verlaufs der peripheren Sauerstoffsättigung. Dabei war im Zeitverlauf ein
eindeutiger Trend des SpO2 hin zum Maximalwert (100%) zu beobachten.
Abbildung 11: Box-and-Whisker Plot zur Entwicklung der peripheren Sauerstoffsättigung zu den jeweiligen Beobachtungszeitpunkten. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn- Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=43).
70
75
80
85
90
95
100
to ff
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 40 -
Über den gesamten präklinischen Zeitraum betrachtet fanden sich bei 20,9% der
Patienten aus dem Gesamtkollektiv hypoxische Phasen mit einer durchschnittli-
chen Dauer von 13,9 Minuten. Dagegen trat ein solcher während der initialen
klinischen Versorgung nur bei 11,6% der Patienten auf, der jedoch im Mittel länger
andauerte (18,0 Minuten). Weiterhin zeigt die nachfolgend dargestellte Tabelle 15
zeitgleich bestehende hypoxische und hypotone Phasen. Dabei ergab sich wäh-
rend der präklinischen Versorgungsphase eine höhere Anzahl an Patienten
(16,3%) mit kurzen Phasen paralleler Hypoxie und Hypotonie (MW: 6,4 min), wäh-
rend bei der Schockraumversorgung nur wenige Patienten (7,0%), im Mittel aber
länger andauernde Phasen (45,0 min) aufwiesen.
Tabelle 15: Angaben über die Hypoxie und die zeitgleich bestehende Hypoxie und Hypoto- nie in Präklinik und Klinik. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präkli- nische Versorgung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=43).
Präklinik
ER
Hypoxie-Dauer (min) (MW±SD, Min-Max)
13,9 10,2 5 - 30
18,0 12,0 5 - 35
45,0 28,3 25 - 65
Hypotonie- + Hypoxie-Dauer (min)
5 - 10 45,0 56,6
5 - 85 95,0 0
MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung, Min = Minimum, Max = Maximum, n = Anzahl Patienten, min = Minuten, ER = Emergency Room.
Um signifikante Unterschiede in der Entwicklung der peripheren Sauerstoffsätti-
gung zu messen, wurden die jeweiligen Mittelwerte zu unterschiedlichen Zeitpunk-
ten berechnet und mit Hilfe eines t-Tests verglichen. Die Ergebnisse dieser Aus-
wertung sind in Tabelle 16 dargestellt. Dabei zeigte sich, dass die Differenz zwi-
schen dem Eintreffen an der Notfallstelle zu allen nachfolgenden Zeitpunkten
signifikant war, wohingegen dies beim Vergleich zwischen Übergabe an die Klinik
und späteren Zeitpunkten nicht mehr zutraf.
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 41 -
Eintreffen Notfallstelle
Übergabe Klinik
zu +10min
kant nicht signifi-
Zweistichproben T-Test für zwei gepaarte Stichproben in % mit Signifikanzniveau α=0,05.
SpO2 = periphere Sauerstoffsättigung, ER = Emergency Room.
Darüber hinaus zeigt Tabelle 17 die Prüfung auf signifikante Veränderungen der
Anzahl hypoxischer Patienten in Bezug auf 1) Eintreffen an der Notfallstelle und 2)
Übergabe Klinik zu nachfolgenden Beobachtungszeitpunkten. Hierbei erkennt man
eine signifikante Reduktion sowohl zwischen Eintreffen an der Notfallstelle zu
Übergabe Klinik, als auch zu +10min ER.
Tabelle 17: Signifikanz der Häufigkeiten von hypoxischen Sättigungswerten. Schwerstver- letzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungs- hubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=43).
von
Anzahl
zu
Anzahl
3
0,61
Fisher’s Exact Test: Die mit Stern (*) gekennzeichneten Werte sind signifikant (bei α=0,05).
Hypoxie: periphere Sauerstoffsättigung ≤90%.
Die Änderung der Anzahl an Patienten mit einer peripheren Sauerstoffsättigung
über 95% wurde mit gleicher Methodik auf Signifikanz untersucht. Im Ergebnis
ergab sich eine signifikante Steigerung der Patientenzahl im Vergleich von Eintref-
fen Notfallstelle zu Übergabe Klinik und zu Ende ER (Tabelle 18).
Tabelle 18: Signifikanz der Häufigkeiten von Sättigungswerten über 95%. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshub- schrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=43).
von
Anzahl
zu
Anzahl
37
1
Fisher’s Exact Test: Die mit Stern (*) gekennzeichneten Werte sind signifikant (bei α=0,05).
ER = Emergency Room.
blick der präklinischen und klinischen Zeitdauern. Der Median der präklinischen
und klinischen Versorgungsphase lag jeweils deutlich unter 60 Minuten (Präklinik:
51 min; Klinik: 40 min).
3.2.4 Invasive Maßnahmen
prozentige präklinische Intubationsrate des Gesamtkollektivs, wobei alle Patienten
auch während des gesamten Beobachtungszeitraums weiter intubiert waren. Des
Weiteren waren 13,3% der Patienten präklinisch und 8,9% klinisch mit einer Tho-
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 43 -
Patientenkollektivs eine Thoraxdrainage.
3.2.5 Kardio-pulmonale Reanimation
Während der präklinischen und klinischen Versorgung erfolgte bei 13,3% aller
Patienten eine kardio-pulmonale Reanimation. Fünf davon in der präklinischen
Phase, eine in der klinischen. Von den präklinisch kardio-pulmonal reanimierten
Patienten verstarben 80,0% während der Schockraumversorgung bzw. während
ihrer anschließenden Therapie auf der Intensivstation. Der in der klinischen Ver-
sorgung kardio-pulmonal reanimierte Patient überlebte.
3.2.6 Infusionsvolumen und Katecholamingabe
Jeder der betrachteten Patienten wies mindestens einen venösen Zugang auf.
Dabei wurden präklinisch bei 97,8% Patienten Infusionslösungen verabreicht.
Abbildung 13 stellt die verabreichte Menge von kristalloiden Infusionslösungen zu
den jeweiligen Beobachtungszeiträumen dar. Insbesondere während der Schock-
raumversorgung zeigte sich ein großer Ausschlag des oberen Whiskers im Sinne
einer hohen Variabilität an verabreichter Menge kristalloider Lösungen.
0
20
40
60
80
100
120
140
160
D a u e r
in M
Die verabreichte Menge an kolloidalen Infusionslösungen während der untersuch-
ten Zeiträume (Präklinik, Klinik, Gesamtzeitraum Präklinik+Klinik) kommt in Abbil-
dung 14 zur Darstellung. Es ergab sich ein für alle drei Beobachtungszeiträume
gleichbleibender Median von 500 ml verabreichter kolloidaler Infusionslösung. Für
die Mittelwerte errechneten sich hierbei in der Präklinik 679,2±473,3 ml, in der
Klinik 875,0±385,2 ml, sowie im Gesamtzeitraum 1052,6±937,7 ml. Die große
Abbildung 14: Box-and-Whisker Plot zur Darstellung der verabreichten Menge an Kolloiden (in Milliliter) in der präklinischen und klinischen Versorgungsphase. Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshub- schrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=45).
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
M e
n g
m l
mens.
Präklinisch wurde bei 28,9% des Patientenkollektivs, klinisch bei 8,9% und im
Gesamtzeitraum bei 4,4% eine Small-Volume Resuscitation von jeweils genau
250 ml infundiert.
Eine Katecholamin-Gabe fand präklinisch in 53,3% der Fälle, klinisch in 28,9%
und über die Gesamtdauer betrachtet in 17,8% statt. Bei 64,4% des Gesamtkol-
lektivs erfolgte präklinisch oder klinisch eine Katecholamin-Gabe. Eine kombinierte
Gabe von Katecholaminen und Small-Volume Resuscitation erfolgte präklinisch in
15,5%, klinisch in 6,7% und im Gesamtzeitraum in 4,4% der Fälle.
3.3 Auswertung nach Unterteilung „Verstorbene“ und „nicht
Verstorbene“
In Tabelle 19 wurden Unterschiede in den mittleren systolischen Blutdruckwerten
von „Verstorbenen“ und „nicht Verstorbenen“ zu den untersuchten Beobachtungs-
zeitpunkten auf Signifikanz geprüft. Hierbei erwies sich der höhere systolische
Blutdruck der „nicht Verstorbenen“ am Ende der Schockraumbehandlung als signi-
fikant. Zusätzlich wurde untersucht, ob sich innerhalb der Teilgruppe der Schock-
patienten (RRsys≤90 mmHg) signifikante Unterschiede zwischen später „Verstor-
benen“ und „nicht Verstorbenen“ eruieren ließen. Bei den mit „x“ gekennzeichne-
ten Zeitpunkten konnte keine Berechnung der Signifikanz stattfinden, da sich in
einer oder in beiden Gruppen jeweils nur ein Patient befand. Bei Beendigung der
Schockraumbehandlung ergab sich somit ein signifikant niedrigerer hypotoner
Blutdruckwert in der Gruppe der später „Verstorbenen“.
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 46 -
Eintreffen
Ende ER
RRsys (mmHg)
Zweistichproben T-Test für zwei gepaarte Stichproben in % mit Signifikanzniveau α=0,05.
1 x bedeutet: kein Wert definiert, da in einer Gruppe nur ein Patient vorhanden ist. Es kommt
dadurch zur Division durch Null.
RRsys = systolischer Blutdruck, MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung, Min = Mini- mum, Max = Maximum, ER = Emergency Room.
Der Box-and-Whisker Plot (Abbildung 15) veranschaulicht die Entwicklung der
systolischen Blutdruckwerte in den Teilkollektiven „Verstorben“ und „nicht Verstor-
ben“ zu den jeweiligen Beobachtungszeitpunkten. Man erkennt einen im Vergleich
deutlich niedrigeren Median der „Verstorbenen“ bei Eintreffen an der Notfallstelle
(„Verstorbene“: 85 mmHg; „nicht Verstorbene“: 120 mmHg), welcher bei Übergabe
Klinik nur noch geringfügig unter dem der „nicht Verstorbenen“ lag („Verstorbene“:
110 mmHg; „nicht Verstorbene“: 120 mmHg). Im weiteren Verlauf kam es jedoch
zu einem Absinken der Median Werte bei den später „Verstorbenen“ (+10min ER:
KAPITEL 3: ERGEBNISSE - 47 -
110 mmHg; Ende ER: 105 mmHg), wobei die der „nicht Verstorbenen“ konstant
blieben. Bei Ende der Schockraumversorgung war ein deutlicher Abfall in der
Gruppe der „Verstorbenen“ beobachtbar.
ER = Emergency Room.
Tabelle 20 zeigt die Prüfung der mittleren Dauer hypotoner Phasen zu den Beo-
bachtungszeitpunkten Präklinik, Klinik und dem Gesamtzeitraum in den Teilkollek-
tiven „Verstorbene“ und „nicht Verstorbene“ auf signifikante Unterschiede. Dabei
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
lu td
waren die hypotonen Phasen der später „Verstorbenen“ über den Gesamtzeitraum
signifikant länger.
Tabelle 20: Dauer hypotoner Phasen in den Gruppen „Verstorbene“ und „nicht Verstorbe- ne“ . Schwerstverletzte mit assoziiertem Schädel-Hirn-Trauma, präklinische Versorgung durch den Rettungshubschrauber Christoph 22, klinische Versorgung durch das Bundes- wehrkrankenhaus Ulm, Juni 2009 bis Dezember 2010 (n=43).
Verstorben (MW±SD, Min-Max)
Zweistichproben T-Test für zwei gepaarte Stichproben in % mit Signifikanzniveau α=0,05.