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Hundetrainer und Hundeverhaltensberater Verband der Tierpsychologen und Tiertrainer e.V. www.vdtt.org

Hundetrainer und Hundeverhaltensberatereines einzelnen Hundes be-zogen, was bedeutet, auf eine einzelne Hundepersön-lichkeit. Hauptursachen für Risiko-entwicklungen eines Hundes

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Page 1: Hundetrainer und Hundeverhaltensberatereines einzelnen Hundes be-zogen, was bedeutet, auf eine einzelne Hundepersön-lichkeit. Hauptursachen für Risiko-entwicklungen eines Hundes

Hundetrainer undHundeverhaltensberater

Verband der Tierpsychologen und Tiertrainer e.V.

www.vdtt.org

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Inhalt

Hundetrainer und Tierpsychologen 4Professionalität aus Leidenschaft für Hund & Halter

Wann sollte ein Tierpsychologe oder Hundetrainer konsultiert werden? 6

Ontogenese für den Werdegang faktisch gefährlicher Hunde 7

Wie agieren faktisch „gefährliche Hunde“? 9

Häufigste Fehler von Hundehaltern und Bürgern im Umgang mit Hunden 11

Weltweit verbreitete Fehleinschätzungen und Übernahme von fachlichem unhaltbarem tradiertem Unsinn 13

VdTT - Verband der Tierpsychologen und Tiertrainer e.V. (Registergericht Amtsgericht Kiel 503 VR 4686 K) E-Mail: [email protected]: 0049 (0) 152 - 5469 7722 www.vdtt.orgVerantwortlich für die Gestaltung: S. Gonscherowski, U. Soetje, H. DibbernAutorin: Dr. Barbara Wardeck-Mohr

Bildnachweise:

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Lieber Tierhalter,

Canis lupus familiaris, unser ältester Freund….Paläontologen und Zoologen sagen ihm nach neuester Forschung eine noch größere Wesensähnlichkeit mit uns Menschen nach als den Primaten.Neben den klassischen „Berufen“ des Hundes z.B. als Jagdbegleiter, Rettungs- und Spürhund werden sie heute ebenso als Therapie- und Assistenzhunde (Anzeigehund bei Typ Diabetiker 1, psychischen Erkrankungen) ausgebildet und eingesetzt.Sie hechten aus Helikoptern bei der Wasserrettung, machen Dienst bei Zoll und Poli-zei oder bereichern einfach unser Leben als Begleit- und Familienhund.

Gerade dort aber liegt die Diskrepanz: Kategoriehunde, Beißattacken, Leinen- und Maulkorbzwang geistern durch die Presse. Hundeverordnungen - in jeder Region unterschiedlich - verunsichern Hundehalter, schränken ein, schüren Vorurteile.Die Autorin Frau Dr. Wardeck-Mohr weist in dieser Broschüre auf Sinn und Unsinn dieser Diskussion hin und appelliert an ein differenziertes Denken zu diesem Thema.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre

Ihr VdTT

Dr. rer. nat. Barbara Wardeck-Mohr ist promovierte Naturwissenschaftlerin sowie Kommunikations- und Sprachwissenschaftlerin. Außerdem ist sie als Wissen-schaftsreferentin, Sachverständige und Autorin für das Hundewesen tätig sowie auch als Radio-Expertin zum Thema „Mensch - Hund.“Weiterhin arbeitet sie investigativ-journalistisch im Tierschutz und in der internationalen Hundepolitik so-wie als bestellte Expertin in Gesetzgebungsverfahren zur Hundepolitik der deutschen Bundesländer.

Über die Autorin

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Prolog:Berufung muss es für jeden sein, der den Beruf des Hun-detrainers oder eines Tierpsy-chologen ausü-ben will!

Neben einem vielfältigen pro-funden fach-lichen Wissen braucht es ein hohes Maß an Einfühlungsver-mögen, eine exzellente Be-

obachtungsgabe und das sichere Auge für Mensch und Tier! Ebenso eine her-vorragende Intuition, die Fähigkeit, im richtigen Moment das Richtige und Not-wendige - auch spontan - tun zu können. Und natürlich die Fähigkeit, in der die „Art übergreifenden Kommunikation“ hören und sprechen zu können. Es geht um die größtmögliche Schnittmenge im gegenseitigen Verstehen zwischen zwei verschiedenen Arten: zwischen Hund und Mensch!Das Berufsprofil von Hundetrainern und Tierpsychologen setzt ein weites Spek-trum an Fachwissen und Fertigkeiten vo-raus. Zunächst einmal müssen Hundetrainer wie auch Tierpsychologen den Hund in seiner Kommunikation differenziert ver-stehen können. Wie komplex die Sprache von Hunden und Wölfen ist, soll daran veranschaulicht werden, dass Wölfe al-

lein im Kopfbereich auf 11 Etagen etwa 60 mimische Ausdruckszeichen einset-zen, die außerdem je nach Abfolge in unterschiedlichen Signaleinheiten weitere Bedeutungsvarianzen signalisieren. Auch wenn Hunde nicht mehr ganz so viel Zei-chen haben - der Alaskan Malamute hat immerhin noch 43 Ausdruckszeichen im Kopfbereich - so ist und bleibt das Studi-um des Ausdrucksverhaltens bei Hunden - auch im Kontext mit Kommunikations-abläufen oder der Stimmung und dem gesamt gezeigten Ausdrucksverhalten eine riesengroße Herausforderung.

Nehmen wir allein die Ohrenstellungen: Wie ist die Ohrenbasis gestellt? Sind die Ohren angelegt oder nach vorne gezo-gen? Wie ist die Anatomie der Ohren? Handelt es sich um ein Kapuzenohr, ein Stehohr oder ein Hängeohr? Was sagt die Rutenhaltung? Auch hier sind allein von der Hunderasse erhebliche Unterschiede festzustellen. Dann: Mit welcher Amplitu-de wedelt der Hund? Nicht zu vergessen, dass auch Mischausdruckszeichen einge-setzt werden.Weiterhin gehören Grundlagen der allge-meinen Verhaltensbiologie, z. B. mit dem Ethogramm (Verhaltensinventar), der Ver-haltensphysiologie sowie der Verhaltens-ökologie zum fachlichen Standard dazu, wie auch die Kognition von Hunden mit deren Lernbiologie, Gedächtnis und Pro-blemlösungsstrategie.

Weitere Aspekte sind:➜ Abstammung und Sozialstruktur von

Caniden; ➜ Domestikation; ➜ Geschichte des Hundes;

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Hundetrainer und TierpsychologenProfessionalität aus Leidenschaft für Hund & Halter

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➜ Vergleich von Hund und Wolf; Bezie-hungen zwischen Mensch und Hun-den;

➜ Lernverhalten von Hunden auch im Kontext mit Ausbildungsmethoden;

➜ Zu Umweltbedingungen und Haltungs-fragen von Hunden;

➜ Stressmanagement oder auch Mehr-hundehaltung;

➜ Erste Hilfe beim Hund;➜ Rechtliche Aspekte, wie z. B. das Tier-

schutzgesetz;➜ Erkennen und Bewerten von Verhal-

tensstörungen: z. B. Angststörungen, Phobien, Stereotypien, obsessiv-kom-pulsive Störungen; dazu gehört auch zu wissen, wann ein Verhaltensmedi-ziner für eine Therapie hinzugezogen werden sollte!

Gleichzeitig lernen Hundetrainer und Tierpsychologen, dass Hunde und Men-schen nicht nur in unterschiedlichen

Sprachen kommunizieren, sondern auch, dass es dabei um eine Reihe grundsätz-licher Unterschiede geht. Dies soll an ei-nigen Aspekten verdeutlicht werden:

Während bei Hunden das Ausdrucks-verhalten die erste Sprache ist und die Vokalisation deren Zweite, ist es bei uns Menschen genau umgekehrt.

Hunde und Wölfe erziehen ihre Kinder gewaltfrei, spielerisch und konsequent, bringen ihnen außerdem in der Lebens-schule bei, gesetzte Grenzen zu respek-tieren.Nicht angemessenes Verhalten wird mit Ignorieren sanktioniert. Menschliche Prägungen und Erziehungsmaßnahmen hingegen laufen häufig über Gewalt und massive Drohungen ab. Auch dies ist ein gravierender Unterschied! Hunde ahmen nur für sie Sinnvolles nach, wohingegen Menschen oft auch für sie Schädliches und Destruktives imi-tieren!

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Dazu gibt es - neben komplexeren - eine Reihe von recht schnell ersichtlichen Gründen, wie z. B.:Hunde zeigen unvermittelt aggressives Verhalten gegenüber ihrem Besitzer mit und ohne Angriffe / Beißattacken.

Dazu gehört auch:wenn Hunde in ihrem Verhalten für den Hundehalter nicht mehr „emotional be-rechenbar“ sind.

Angststörungen oder bei phobischem Verhalten - auch bei angstbedingter ina-däquater Aggression.

Bei Stereotypien, wie „Achterschlingen-laufen“, oder bei neurotischen Stereoty-pien, wie „sich in den Schwanz - oder in die Füße beißen“ oder bei anderen form-konstanten, nicht funktionalen Verhal-tensmustern, wie z. B. monotones Bellen oder Winseln.

Wann sollte ein Tierpsychologe oder Hundetrainer konsultiert werden?

Nach Henry R. Askew treten bei Hunden statistisch gesehen folgende Aggressions-

probleme hauptsächlich auf. Dabei dürfen diese Probleme nie isoliert gesehen wer-

den:

➜ Aggressionen gegenüber Menschen (54%)

➜ Aggressionen gegenüber Hunden (15%)

➜ Aggression im Kontext mit Trennungsangst (10%)

Diese Zahlen korrelieren mit seinen Untersuchungen über die Ängste von Hunden,

die u. a. folgende Ergebnisse aufzeigen:

➜ Angst vor fremden Menschen (27%)

➜ Angst vor lauten Geräuschen (20%)

➜ Angst vor fremden Hunden (15%)

➜ Angst vor Verlassen des Hauses / Halters (7%)

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Es ist nicht zufällig, dass bei faktisch und erwiesenermaßen gefährlichen Hunden zwar sehr vielfältige und un-terschiedliche Genesen zu-grunde liegen, die aber auch gleichzeitig meist typische Entstehungszusammenhänge darstellen. Diese Zusammen-hänge sind stets auf indivi-duelle Entwicklungsprozesse eines einzelnen Hundes be-zogen, was bedeutet, auf eine einzelne Hundepersön-lichkeit. Hauptursachen für Risiko-entwicklungen eines Hundes sind z. B.:Schwerwiegende Fehlent-wicklungen und Fehlprä-gungen in der Junghunde-entwicklung, wozu auch Isolation und Reizentzug, (Deprivation) oder aversive, d. h. gewaltsame Haltungs- und Ausbil-dungsbedingungen bzw. -fehler zu zäh-len sind.

Ebenso Tiere, deren Leben von Angst und Unsicherheit, Stress und verhal-tensbiologischen Einschränkungen ge-kennzeichnet sind. Dazu gehören auch Hunde aus sog. „Hundefabriken“, die in der sensiblen Phase für eine notwendige „Lebensschule“ weder eine Sozialisation gegenüber Artgenossen noch gegenüber Menschen erlernen konnten. Also Hunde mit gänzlich gestörter Individualontoge-nese - ohne Erfahrungen aus Sozialspiel und Kommunikation mit anderen oder auch ohne die Erfahrung, wie Konflikte kommunikativ gelöst werden können.

Dies führt zwangsläufig zu unangemes-sener, übersteigerter und unkontrollierter

Aggression mit inadäquatem Angriffs- und/oder Abwehrverhalten zur jewei-ligen Situation. Nicht zuletzt aus Unsi-cherheit und Angst!Dies trifft auch auf die allermeisten re-striktiv und isoliert in Zwingern aufge-wachsenen und gehaltenen Hunde, die sehr oft bissige oder nach menschlichen Maßstäben „schwierige Hunde“ wer-den!

Weiterhin ist das soziale Umfeld, insbe-sondere mit unkontrolliert geführten Ri-valitäten bzw. in Konfliktsituationen mit Artgenossen zu benennen.Ebenso ist das soziale Gefüge, in dem ein Hund lebt - auch zum Zeitpunkt des Übergriffes - wie z. B. Tötung eines Men-schen oder Tieres bzw. bei schwerer Kör-perverletzung, maßgeblich mitentschei-dend.

Ontogenese für den Werdegang faktisch gefährlicher Hunde

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Daran muss sich zwingend die fachlich notwendige Begutachtung anschließen, wie es überhaupt zum Vorfall kam - hin-sichtlich des Auslösers, welche Eskalati-onsstufen oder Drohsignale gezeigt wur-den. Außerdem: Welche Signale davon in der Konfliktsituation - von wem auch immer - ignoriert wurden. Zuletzt auch mit der Frage, ob über menschliches Ein-greifen, das „Fass zum Überlaufen“ ge-bracht wurde?

Leider fehlt es häufig an der Analyse und der Vorgeschichte zum Beißgeschehen, was fachlich unhaltbar ist!Ferner gibt es Mensch - Hund - Bezie-hungsgeflechte, die ein hohes Gefähr-dungspotenzial darstellen und einem anderen „Restrisiko“ zuzuordnen sind, als etwa die Größe eines Hundes oder dessen Beißkraft. Zu betonen ist, dass dieselben Hunde, z. B. mit auffälligen und problematischen Entwicklungen, bei einem anderen Hundehalter völlig ande-re und auch unauffällige Verhaltensmu-ster zeigen können.

Das Mensch-Hund-Team nimmt auch eine hervorragende Stellung ein, mit der Fragestellung, ob von diesem - im Ein-zelfall - besondere Gefährdungspotenzi-ale entstehen können.

Meist ist den Menschen nicht bewusst, dass bestimmte Hunde ein ambivalentes Verhalten speziellen Menschen gegenü-ber zeigen können, was bedeutet, dass Hunde sowohl mit diesen Menschen ko-operieren wie auch mit diesen konkurrie-ren können, was eine verhaltenstypische Caniden-Eigenschaft darstellt. Begreift

der Mensch diesen Zusammenhang nicht und manipuliert diese zwei Pole etwa noch gewaltsam, so kann dies durchaus zu einem inadäquaten Aggressionsver-halten beim Hund führen.

Weiterhin sind (für den Hund unbe-rechenbare und / oder unkontrollierte) menschliche Stimmungsschwankungen und deren Übertragung auf den Hund nicht zu unterschätzen; insbesondere, wenn der Hund diese überhaupt nicht mehr einordnen bzw. kontextbezogen zuordnen kann und ihm damit auch die Sicherheit im Sozialgefüge mit seinen Menschen geraubt wird!

Somit betonen Hunde-Experten und Wissenschaftler immer wieder die Ergeb-nisse ihrer Forschungsarbeiten hinsicht-lich des Gefahrenmoments bestimmter „Mensch-Hund-Konstellationen“, wel-ches einen bestimmten Hund gefährlich werden lassen kann.

Hier ist auch keinesfalls nur an Mensch–Hund-Teams aus dem „Milieu“ zu den-ken oder an Hunde, die einem „Hyper-aggressionsdrill“ unterworfen wurden!

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Dies kann sich insbesondere auch durch unvermittelte Angriffe bzw. Beißatta-cken äußern, die nicht durch das Aus-drucksverhalten in Etappen kommuni-ziert werden, also ohne Einhaltung der vorgenannten sechs Eskalationsstufen. Dazu gehören auch unberechenbare Verhaltensmuster. Die ethologischen Zu-sammenhänge für hundliches Verhalten sind äußerst komplex und unterliegen vielfältigen Zusammenhängen in ver-schiedenen situations- und stimmungs-abhängigen Kontexten. Damit sind sie ebenso abhängig von Umwelteinflüssen, Sozialpartnern, gesundheitlichen Zusam-menhängen oder nicht zuletzt vom ak-tuellen Stresslevel.

Damit ist nachvollziehbar, dass Defini-tionen sog. „gefährlicher Hunde“ per

Rasseliste von Landeshundegesetzen und -verordnungen, fachlich als exorbitanter Unsinn zu tadeln sind!

Rasselisten kriminalisieren nicht nur Hunde bestimmter Rassen in Deutsch-land bereits von Geburt an - a priori - und stellen sie unter den Generalver-dacht der Gefährlichkeit!

Dies übrigens geschieht (oder geschah) auch in schweizer Kantonen, österrei-chischen Bundesländern oder franzö-sischen Departements oder auch bis 2008 in den Niederlanden!

… obwohl weltweit wissenschaftlich als anerkannter Standard gilt: Es gibt keine gefährlichen Hunderassen - jeder Hund kann theoretisch und dies rasseunabhängig und durch verschie-denste Konstellationen - gefährlich wer-den und zubeißen.Können Hunde durch gesetzliche Aufla-gen und Restriktionen gefährlich werden?

Wie agieren faktisch „gefährliche Hunde“?

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Rasselisten-Hunde werden lebenslang mit Maulkorb- und Leinenzwang trak-tiert, was nicht nur aus tierschutzrecht-lichen Erwägungen eine unzumutbare Härte für die Hunde darstellt - denn wohlgemerkt - es sind Hunde, die bisher überhaupt nicht auffällig geworden sind! Vielmehr verkennen Gesetzgeber, dass Hunde, die über Maulkorb- und Leinen-zwang nur äußerst eingeschränkt ihr Kommunikationsrepertoire mit anderen Hunden einsetzen und trainieren kön-nen, hierdurch über Kommunikations-missverständnisse erst gefährlich werden können und in vielen Fällen dadurch ge-fährliche Situationen erst entstehen. Dies mit der fatalen Folge, dass diese (Beiß-)Vorfälle dann den Hunden angelastet werden.

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Häufigste Fehler von Hundehaltern und Bürgern im Umgang mit Hunden

Die Liste möglicher Fehler im Umgang mit Hunden ist seitenfüllend! Diese Feh-ler entstehen meist aufgrund fehlender Kenntnisse über die komplexe und äu-ßerst differenzierte Verhaltensbiologie des Hundes. Leider kommt oft auch eine ignorante und den Hund unterschät-zende Haltung hinzu. Etwa so: „Selbst-verständlich wisse man über seinen Hund Bescheid und schließlich habe er all das zu tun und auszuhalten, was man von ihm verlange“.

Wesentliche Fehlerpunkte können an dieser Stelle nur auszugsweise benannt werden, wie z. B.:Das Ausdrucksverhalten von Hunden - also ihre Sprache - nicht in Grundzügen zu erlernen und außerdem zu ignorieren; dazu kein differenziertes Beobachten von Ausdruck, Verhalten und situativem Kontext. Hunde bedrohen, indem sich (meist noch) Fremde über sie beugen und streicheln wollen.Distanzunterschreitungen - obwohl der Hund signalisiert: „Komm nicht näher – oder: „Du bist schon zu nahe!“Wenn Kinder sich schreiend Hunden nä-hern oder sich vor Hunden auf den Bo-den werfen.Hunde als „Erfüllungsgehilfen“ ohne Respekt und Einfühlungsvermögen zu betrachten. Mangelnder Respekt vor der Persönlich-keit und Würde, der Persönlichkeit und dem „So-Sein“ des Tieres. Hunde nach dem Exterieur und nicht nach ihren Bedürfnissen auszuwählen - also ohne die entscheidende Fragestel-lung: „Welcher Hund passt zu mir und welche Grundbedürfnisse hat er“?

Keine Vorinformation über den Hund und seine Biographie einzuholen.

Die Funktionskreise von hundlichem Nor-malverhalten nicht zu verstehen und/ oder zu missachten. Damit auch verken-nen, dass hundliches Normalverhalten keinesfalls zufällig ist und sich verhal-tensbiologische Faktoren und Funktionen wie bei einem Uhrwerk sinn- und funkti-onsgebend ineinander verzahnen!Signale von Aggressivität bei einem Hund nicht richtig deuten zu können und von vornherein gleichzusetzen mit einer vermuteten „Gefährlichkeit eines Hundes“. Außerdem darauf noch mit Panik, Hysterie oder Maßregelung des Hundes zu reagieren.

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Gewalt tät ige Haltungs- und Ausbi ldungs-methoden, wie z. B. über Tele-takt (Stromfol-ter), Würger, Stachelhalsbän-der etc.

Alles eindeutig tierschutzrelevante Me-thoden - auch mit strafrechtlichen Kon-sequenzen! So kann der Einsatz von Teletakt mit hohen Geldstrafen - im Wiederholungsfall auch mit bis zu 3-jäh-riger Haftstrafe - geahndet werden! Hunden Deprivation zuzumuten - also Reizentzug über isolierte Haltung, ohne Sozialkontakte, ohne Ansprache, z. B. über restriktive Zwingerhaltung.Den Hund zu überfordern mit Lärm, Menschen, Stressoren, ihm keine Rück-zugsmöglichkeiten zu gewähren. Ge-zeigte Stress-Signale zu „überfahren“.

Mit dem Hund nur über Kommandos und Unterlassungsbefehle - ohne Beach-tung seiner Rückkoppelungssignale - zu kommunizieren, keine Stimmmodulation einzusetzen.

Auf das Verhalten des Hundes zu spät und falsch zu reagieren. Hunde kön-nen nur innerhalb von 2-3 Sekunden zu ihrem Verhalten Lob oder Tadel ver-knüpfen. Oft werden Hunde durch die um „Lichtjahre verspätete Reaktion des Halters“ auch noch für „richtiges Verhal-ten“ bestraft.Übertragung von eigener schlechter Lau-ne, übler Stimmung, Angst, Stress auf

den Hund, Hund ohne Beschäftigung sich selbst zu überlassen! Dem Hund kei-ne „Kopf- und Nasenarbeit“ anzubieten. Dem Hund keine angemessene und qua-litativ gute Ernährung zukommen zu las-sen. Zu spät oder gar nicht mit ihm zum Tierarzt zu gehen.

Nicht nur bei Schmerzen, Infektionen, Herzerkrankungen oder für Impfungen sollte der Tierarzt aufgesucht werden, sondern regelmäßig - auch alters- und gesundheitsabhängig - und vor allem umgehend bei unklaren Beschwerden, Symptomen und Befunden!Kein vorausschauendes Führen seines Hundes in Wald und Flur, im Straßen-verkehr oder in der Öffentlichkeit, bei Begegnungen mit anderen Hunden und Personen aller Art.Nicht zu wissen, weshalb man einen Hund hat!

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Weltweit verbreitete Fehleinschätzungen und Übernahme von fachlichem unhaltbarem tradiertem Unsinn

Fehldeutung des Dominanzverhal-tens bei Hunden - sprich sogenann-ter „dominanter Hund“

Der Begriff „Dominanz“ wird in ver-schiedensten Kontexten und Interpreta-tionen diskutiert. So wird fälschlicher-weise von dominanten Hunden gespro-chen. Dominantes Verhalten aber stellt bei Hunden und Caniden (Wolfsartigen) eine ständig dynamisch divergierende Kommunikationsvariante in einem be-stimmten Kontext mit verschiedenen Kommunikationspartnern dar. Dies nicht nur zur Klärung von Rangordnung, son-dern auch als Bewältigungsstrategie (Coping-Strategie) oder um das eigene Überleben abzusichern. Es geht also um eigene Interessenswahrung oder um Konfliktbewältigung. Ausdruck von Do-minanz ist individuelles Beziehungsver-halten. Zur Einstufung von Dominanz-verhalten werden die Häufigkeit von Angriffen sowie ihre graduelle Ausprä-gung herangezogen. Ebenso aktive oder passive Unterwerfung, Gewinn oder Verlust von Ressourcen. Es wird also das Verhalten eines Hundes gegenüber anderen Hunden, wie es in einem spe-ziellen Interaktionsprozess gezeigt wird, zugrunde gelegt. Ein weiteres Kriterium zur Dominanzbestimmung ist, wenn ein Hund regelmäßig freiheitsbeschränken-de Maßnahmen gegenüber anderen Hunden durchsetzt und dabei auf wenig Widerstand trifft. Da das Verhalten bei Hunden - so wie bei uns Menschen - ei-nem dynamischen und kontinuierlichen Prozess unterliegt, ist die Verhaltenson-togenese (Verhaltensentwicklung) nicht etwa starr.

Unsinnig ist es auch von einem „domi-nanten Hund“ zu sprechen oder gar eine „Palastrevolution“ zu vermuten, weil dieser als Erster durch die Haustür geht oder liebend gerne auf dem Sofa thront...!

Hunde bestimmter Rassen als „Kampf-hunde“ zu bezeichnen, ist ein klarer Hin-weis auf fehlende fachliche Grundkennt-nisse. Es gibt keine „genetische Spezies Kampfhund“! Hundekämpfe sind längst verboten und selbst in England wurden Hunde- und Bullenkämpfe bereits im vo-rigen Jahrhundert (1935) verboten, und diese betreffenden Hunderassen sind seitdem dort als „Familienhunde“ aner-kannt.Unverantwortlich sind weiterhin der „Alphawurf“ (wird z. T. sogar bei Wel-pen praktiziert!) oder „Genickschütteln“ als sogenannte „Erziehungsmethoden“ oder den Hund mit der Nase in die „Pfütze“ tauchen, wenn er im Haus uri-niert hat...

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Weitere unsinnige - aber sich manifest haltende Überzeugungen und „Denkfal-len“ sind: ➜ Hunde, die bellen beißen nicht ...➜ Eine Hündin sollte mindestens einmal

geworfen haben, ... um sich „nor-mal“ zu verhalten ...

➜ Der (die Rede ist von einem Hund ...) will doch nur spielen ...

➜ Der tut das sonst nicht - oder der tut „nix“!

➜ Unsere Hunde „regeln“ das schon selbst

➜ Mein Hund muss wissen „wo der Hammer hängt“

➜ Frage von Hundehaltern: „Ist es ein Mädchen oder ein Bübchen?“ (Wohl-gemerkt - es handelt sich bei dieser Frage um Hunde!)

➜ Der Spruch „die Rasse XY verzeiht kei-ne Fehler!“

➜ Erziehungsmethoden aus der „Hu-manpädagogik“ bei Hunden anwen-den zu wollen.

Wichtige Anmerkung: Hunde und Wölfe erziehen ihren Nachwuchs konsequent, spielerisch, liebevoll und gewaltfrei!

Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen!

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Fazit:

Hunde benötigen - genau wie wir Menschen - lebenslänglich Kommu-nikationsübung und Erfahrungen im Umgang mit der entsprechenden Art - aber auch in der „artübergrei-fenden Kommunikation“ Hund - Mensch!

Somit bedeutet der wechselseitige Dialog im Hund – Mensch - Team:Gemeinsames Lernen - und dies mit Achtsamkeit, Liebe und Respekt und zwar lebenslänglich!

Es bedeutet für uns aber auch:Zuhören, Beobachten, Schweigen und Reflektieren!

Nur so kann Kommunikation mit un-seren Hunden gelingen!

Gewalt hingegen seitens des Men-schen gegenüber unserem Sozial-partner Hund ist stets ein Zeichen dafür, dass es an Wissen und Gewis-sen fehlt!

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Praxisstempel

Im VdTT sind Tierpsychologen und Tiertrainer für die Tierarten Hund, Katze, Pferd organisiert, die an einem zertifizierten Institut mit entsprechendem Abschluss eine Ausbildung absolviert haben. Die Mitglieder des Berufsverbandes sind verpflichtet, sich kontinuierlich weiterzubilden und sich strikt an das Leitbild und die Ethik des Verbandes zu halten. Damit garantiert der VdTT einen hohen Qualitätsstandard seiner Mitglieder.