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Band 48 – Heft 3/07 Die Neue Hochschule Hartmut F. Binner Systematische Hochschulentwicklung Manfred Hebler, Jean-Claude Heitmann Vertrauensarbeitszeit an Hochschulen Hanno Drews Neun Empfehlungen für effektives Lernen Torsten Kirstges Gerechte Noten hlb Hochschullehrerbund e.V. Z 12916 F Postvertriebsstück Entgelt bezahlt Wienands PrintMedien GmbH Linzer Straße 140 53604 Bad Honnef ISSN 0340-448 x für anwendungsbezogene Wissenschaft und Kunst DNH

Hartmut F. BinnerSystematische Hochschulentwicklungdie Bundesregierung die Rechte wahr, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen.“ Auch

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27. September 2007 Altersversorgung/NebentätigkeitWissenschaftszentrum Bonn, 10.30 Uhr bis 17.00 Uhr

28. September 2007 Das Berufungsverfahren an Fachhochschulen: rechtliche und praktische AspekteHotel Kranz, Siegburg, 10.30 Uhr bis 17.00 UhrDer Seminarbeitrag beträgt einheitlich 250,– EUR.

28./29. September 2007 Intensiv-Bewerbertraining für alle FächerHotel Kranz, Siegburg, Fr. 16.00 Uhr bis Sa. 17.15 UhrDer Seminarbeitrag beträgt 550,– EUR, eine Ermäßigung ist nicht möglich

11. Oktober 2007 Forschung mit öffentlichen DrittmittelnWissenschaftszentrum Bonn, 10.30 Uhr bis 17.00 Uhr

23. November 2007 Das Berufungsverfahren an Fachhochschulen: rechtliche und praktische AspekteHotel Kranz, Siegburg, 10.30 Uhr bis 17.00 UhrDer Seminarbeitrag beträgt einheitlich 250,– EUR.

23./24. November 2007 Intensiv-Bewerbertraining für alle FächerHotel Kranz, Siegburg, Fr. 16.00 Uhr bis Sa. 17.15 UhrDer Seminarbeitrag beträgt 550,– EUR, eine Ermäßigung ist nicht möglich

29. November 2007 Forschung mit öffentlichen DrittmittelnTFH Berlin, 10.30 Uhr bis 17.00 Uhr

30. November 2007 Altersversorgung/NebentätigkeitTFH Berlin, 10.30 Uhr bis 17.00 Uhr

01. Dezember 2007 Das Berufungsverfahren an Fachhochschulen: rechtliche und praktische AspekteTFH Berlin, 10.30 Uhr bis 17.00 UhrDer Seminarbeitrag beträgt einheitlich 250,– EUR.

Seminare des Hochschullehrerbundes hlbJetzt anmelden: Fax 0228-354512!

Der Seminarbeitrag beträgt für hlb-Mitglieder 250,-EUR, Nichtmitglieder zahlen 400,-EUR. Im Seminar-beitrag enthalten sind umfangreiche Seminarunterlagen, Getränke sowie ein Mittagessen. Ein Seminar-programm erhalten Sie nach Anmeldung. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter: www.hlb.de

Hiermit melde ich mich zu den oben angegebenen (bitte ankreuzen !) hlb-Seminaren an:

Titel, Vorname, Name:

Institution/Hochschule:

Straße: PLZ, Wohnort:

Rechnungsanschrift:

E-Mail:

Telefon:

Ich bin ■■ Mitglied im hlb ■■ kein Mitglied im hlb ■■ an einer Mitgliedschaft im hlb interessiert und zahle im Falle eines Beitritts zum hlbnur den ermäßigten Seminarbeitrag

(Datum, Unterschrift)

Page 3: Hartmut F. BinnerSystematische Hochschulentwicklungdie Bundesregierung die Rechte wahr, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen.“ Auch

Situation, dass die Interessen der Mitarbei-ter in Wissenschaft, Technik und Verwal-tung unserer Hochschulen durch den Per-sonalrat wahrgenommen werden und dieStudierenden ihre Interessen über die ver-fasste Studierendenschaft verfolgen – alseinzige Gruppe, die an der Hochschulekeine Möglichkeit zur Vertretung ihrerBelange zur Verfügung hat, bleiben dieProfessorinnen und Professoren!

In die (Landes-)Hochschulgesetze mussdaher eine andere Form der Mitwirkungfür Professorinnen und Professoren aufge-nommen werden. Dies ist umso dringen-der, als nach Einführung der W-Besoldungdeutlich stärker als bisher gruppenspezifi-scher Gesprächsbedarf gegenüber derHochschulleitung besteht. Eine Möglich-keit ist die Vertretung über den Personal-rat (wie etwa in Hamburg). Allerdingsunterscheiden sich die Interessen wei-sungsfreier Professorinnen und Professo-ren auch außerhalb der Besoldung oftdeutlich von denen der Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter in Wissenschaft, Technikund Verwaltung – da ist es für ein Gre-mium schwer, beiden zugleich gerecht zuwerden.

Als Alternative bietet sich an, ein eigenesVertretungsgremium für die spezifischenBelange der Professorinnen und Professo-ren einzurichten, wie es etwa in Nieder-sachsen und Baden-Württemberg disku-tiert wird. Vorbild dafür kann der Spre-cherausschuss der leitenden Angestelltenin Unternehmen der Privatwirtschaft nachdem Sprecherausschussgesetz von 1988sein, der die spezifischen Interessen derFührungskräfte in einem Unternehmenvertritt. Ein solcher Sprecherausschusskönnte nicht nur Konflikte im Rahmender W-Besoldung entschärfen und dieAkzeptanz der Entscheidungen der Hoch-schulleitung über Zulagen erhöhen, son-dern würde darüber hinaus zu einer deut-lich stärkeren Identifizierung der Professo-rinnen und Professoren mit ihrer Hoch-schule führen und die Motivation stärken.

Damit kann die Leistungsfähigkeit unsererHochschule nur gewinnen – wer sollte dasnicht wollen?

Ihr Nicolai Müller-Bromley

Im Zuge einer Kompetenzverlagerung vonden Kollegialorganen hin zu den mono-kratischen Organen und zu externen Per-sonen werden Konzile abgeschafft, Senateund Fakultäts-/Fachbereichsräte auf weni-ge Entscheidungen, etwa den Beschlussvon Ordnungen und Wahl/Abwahl derHochschul- und Fakultäts-/Fachbereichs-leitung reduziert, und extern besetzteHochschul-, Stiftungs- oder Aufsichtsrätemit Beratungs- und Entscheidungskompe-tenzen, vor allem bei Wahl und Abwahlder Hochschulleitung, eingeführt.

Dieser radikale Abbau der Selbstverwal-tung ist nicht sinnvoll. Jedes moderneUnternehmen versucht nach den Grund-sätzen zeitgemäßer Organisation, Ent-scheidungen so weit wie möglich an dieBasis zu verlagern, um den dort vorhande-nen Sachverstand zu nutzen und dieMotivation der Mitarbeiter zu stärken.Gerade an den Hochschulen – und hierinsbesondere an den Fachhochschulen,deren Professorinnen und Professorenüber eine Doppelqualifikation aus Wissen-schaft und Berufspraxis verfügen – ist überhohe Anforderungen und aufwendigeBerufungsverfahren ein beträchtlichesMaß an Sachverstand versammelt, dessenNutzung im Interesse der Hochschuleliegt. Durch die Missachtung dieses Sach-verstandes gelingt es unseren Hochschu-len, erstaunlich rasch die große Motiva-tion engagierter Kolleginnen und Kollegenzu zerstören.

Was wir anstelle des nahezu vollständigenAusschlusses der Kollegialorgane von Ent-scheidungen der Hochschule im Interesseeiner effizienten Arbeit eigentlich brau-chen, ist eine klare Abgrenzung zwischenstrategisch ausgerichteten Grundsatzent-scheidungen, die Sache des Senates untermaßgeblicher Mitwirkung der Professorin-nen und Professoren sind, und operativenEntscheidungen der Hochschulleitung.

Gelingt es nicht, mit einer solchen klarenStruktur die Erosion der Kollegialorganezu stoppen, kommt es zu der skurrilen

In allen Bundesländern werden Hochschulen unter dem Vorwand

der Angleichung an Unternehmen und der Effizienzsteigerung intern

umstrukturiert.

DNH 3 ❘2007

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LEITARTIKEL

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Systematische Hochschulentwicklung

hlb-Aktuell

FH-Trends

LeitartikelProfessoren brauchen einen Sprecherausschuss

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Systematische Hochschulentwicklungauf der Grundlage integrierter Orga-nisations- und PersonalregelkreiseHartmut F. Binner

Vertrauensarbeitszeit an HochschulenManfred Hebler und Jean-Claude Heitmann

Neun Empfehlungen für effektivesLernen und ihre Umsetzung in der wirtschaftswissenschaftlichenHochschullehreHanno Drews

Gerechte Noten: zur Gestaltung vonNotensystemen für die Beurteilungvon Leistungen in KlausurenTorsten Kirstges

08

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Master of International Business andLogistics an der HAW

Bioinformatik – Bekämpfung vonSoftwarefehlern in der Computer-simulation

13

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FH Lübeck gewinnt Wettbewerb desStifterverbandes für die deutscheWissenschaft

Hamburger Innotech-Preis für das Team „Trailblazers“ von der HAW Hamburg

E-Learning ermöglicht neue Dimen-sionen für Hochschulkooperationenzwischen Europa und Afrika

FH München startet im WS 2007/08den Bachelorstudiengang Regene-rative Energien

Berater für Patientenverfügungen ander FH Köln

FH München startet im WS 2007/08mit neuem Masterstudiengang„Angewandte Stochastik“

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DNH 3 ❘2007

04 INHALT

Nicolai Müller-Bromley wurde zumPräsidenten des Hochschullehrer-bundes wiedergewählt

Fachhochschulen für Europa stärken

Aus dem Bundespräsidium:W-Besoldung nachbessern, For-schung stärken, aber Lehre nichtabwerten

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Foto: FH Reutlingen

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Aus den Ländern

Wissenswertes

Berichte

Englischsprachige Lehrveranstaltun-gen als Folge zunehmender Internationalisierung

Bachelor-Rating 2007

Akademikernetzwerk Lalisio fördertinternationalen Wissenstransfer imInternet

Görlitzer Resolution der Vereinigungder Hochschullehrer für Wirtschafts-recht (VdHfW) zur außergerichtlichenBeratungskompetenz der Wirt-schaftsjuristen von Fachhochschulenund deren Verneinung im Entwurfdes RDG

Autoren gesucht

Impressum

Neue Bücher von Kollegen

Neuberufene

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BMBF Forschungsförderung an Fach-hochschulen 2004 bis 2006

BW: Förderung von FuE-Projektenmit 2,8 Mio. Euro für 2007und 2008 an Fachhochschu-len durch das Land Baden-Württemberg

HE: Studienbeiträge sorgen fürspürbare Qualitätsverbesse-rung

NS: Studienplätze werden weiterausgebaut, Qualität verbessert

NW: Rückgang der Studenten-zahlen?

RP: Neue Studiengänge undzusätzliche Plätze an denrheinland-pfälzischen Hoch-schulen

SL: Wissenschaftsministeriumbewilligt für Technologietrans-fer der HTW 550.000 Euro

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Kein Anspruch auf Kuschelnoten

Entscheidungen zu meinProf.de

Nachtrag: Rückwirkung der Ansprü-che auf hinreichende Alimentierungkinderreicher Beamter?

DNH 3 ❘2007

05INHALT

Foto: FH Reutlingen

Lotuseffekt Foto: FH München

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DNH 3 ❘2007

Bad Kissingen, den 12. Mai 2007.Nicolai Müller-Bromley wurde erneutzum Präsidenten des Hochschullehrer-bundes hlb gewählt. Drei weitere Mit-glieder werden ihn im Bundespräsidiumunterstützen. Müller-Bromley vertritt ander Fachhochschule Osnabrück dasLehrgebiet öffentliches Recht. Seine For-schungsschwerpunkte sind das Umwelt-recht, insbesondere das Umweltverfas-sungsrecht und das grenzüberschreiten-de Verwaltungsverfahrensrecht, interna-tionale Wirtschaftsorganisationen sowiedas Hochschul- und Wissenschaftsrecht.Darüber hinaus ist Müller-Bromleywesentlich beteiligt an der Ausgestal-tung des bundesweit renommiertenMasterstudiengangs Hochschul- undWissenschaftsmanagement. Müller-Bromley nimmt die vom Wissenschafts-rat aufgestellte Formel „andersartig,

aber gleichwertig“ ernst. Daher ist es fürihn nicht hinnehmbar, dass die Fach-hochschulen bei der Exzellenz-Initiativeunberücksichtigt geblieben sind; auchFachhochschulen erbringen Spitzenleis-tungen in Lehre und Forschung. Er hatsich daher für ein Programm eingesetzt,mit dem nachhaltige Strukturen inLehre, Forschung und vor allem für denWissens- und Technologietransfer anden Hochschulen gefördert werden. Füreine Zukunftssicherung der Fachhoch-schulen und die Qualität ihrer Ausbil-dung ist es seiner Überzeugung nachdringend erforderlich, die durchschnitt-liche Lehrverpflichtung an Fachhoch-schulen zu senken. Derjenige, der for-schen will, muss hierzu die Gelegenheiterhalten, derjenige, der eine qualitäts-volle Lehre vorzieht, muss die hierfürnotwendige Vor- und Nachbereitungs-

zeit erhalten. Es ist dem Präsidenten desHochschullehrerbundes hlb ein beson-deres Anliegen auf die Gleichwertigkeitvon Lehre und Forschung hinzuweisen.Beide sind Aufgaben der Professorinnenund Professoren mit jeweils eigenemWert. Daher erwartet der Präsident deshlb vom Wissenschaftsrat, dass er dieüberhöhte Lehrverpflichtung an denFachhochschulen in seinen bevorste-henden Empfehlungen rügt.

Prof. Ursula Männle und Prof. FriedrichBüg wurden als Vizepräsidenten bestä-tigt. Büg vertritt an der FachhochschuleUlm die Lehrgebiete Betriebswirtschaftund Kostenrechnung. Ursula Männlewar Professorin für Politikwissenschaftan der Katholischen Stiftungsfachhoch-schule Benediktbeuern. Zurzeit ist sieMitglied des bayerischen Landtags.

Neu in das Bundespräsidium wurdeProf. Dr. Thomas Stelzer-Rothe gewählt.Stelzer-Rothe vertritt an der Fachhoch-schule Südwestfalen das LehrgebietBetriebswirtschaftslehre, insbesonderePersonalmanagement. Er ist seit vielenJahren hochschuldidaktischer Mentorin NRW und kümmert sich dort vorallem um die Neuberufenen und um dieQualität von Berufungsverfahren.

H.M.

06 hlb-AKTUELL

Nicolai Müller-Bromley wurde zumPräsidenten des Hochschullehrerbundes

wiedergewähltDie Delegierten der 16 Landesverbände des Hochschullehrerbundes hlb wählten NicolaiMüller-Bromley während ihrer Versammlung am 11. und 12. Mai 2007 in Bad Kissingeneinstimmig zum Präsidenten des hlb.

vom Bund auf einen vom Bundesratbenannten Vertreter der Länder übertra-gen. Auf allen anderen Gebieten nimmtdie Bundesregierung die Rechte wahr,die der Bundesrepublik Deutschland alsMitgliedstaat der Europäischen Unionzustehen.“ Auch im Bologna-Prozessarbeiten Bund und Länder einvernehm-lich zusammen und fühlen sich an diedort verabschiedeten Beschlüsse gebun-den. Der Bologna-Prozess hat aber auchdie Schattenseiten des europäischenEinigungsprozesses im Bildungsbereichdeutlich gemacht, indem das Diplomals Regelabschluss ersetzt wurde durchBachelor und Masterabschlüsse.

Bad Kissingen, den 11. Mai 2007. FrauEmilia Müller räumte zu Beginn IhresVortrages mit einem Irrtum auf. Sie wiesdarauf hin, dass Bayern seit mittlerweile20 Jahren in Brüssel vertreten ist undhier Einfluss auf alle Gebiete der Politikausübt. Die Koalitionsvereinbarungsieht auf Bundesebene hierzu folgendeRegelung vor: „Wenn im Schwerpunktausschließliche Gesetzgebungsbefugnis-se der Länder auf den Gebieten derschulischen Bildung, der Kultur oderdes Rundfunks betroffen sind, wird dieWahrnehmung der Rechte, die der Bun-desrepublik Deutschland als Mitglied-staat der Europäischen Union zustehen,

Fachhochschulen für Europa stärkenWährend der Bundesdelegiertenversammlung des Hochschullehrerbundes hlb erläuterte diebayerische Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten die bayerische Hal-tung zu Globalisierung und Europäisierung der Hochschulen. Diplomabschlüsse waren und sind ins-

besondere im technischen Bereich welt-weit hoch angesehen. Auf der anderenSeite muss Europa auf die Herausforde-rungen durch die zunehmende Globali-sierung reagieren, das ist auch die Auf-fassung der bayerischen Staatsregierung.Dazu müssen in erster Linie alle Hemm-nisse für die Mobilität von Arbeitneh-mern, für Berufsfreiheit und Niederlas-sungsfreiheit abgebaut werden. Die Her-stellung der Vergleichbarkeit vonAbschlüssen oder deren Anerkennunghat auf der Ebene der beruflichen Bil-dung vor längerer Zeit stattgefunden.Insofern war es sinnvoll und notwen-dig, auch die Vergleichbarkeit der Hoch-schulabschlüsse herzustellen, die hier-

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07hlb-AKTUELL

mit erworbenen Fähigkeiten für jedenArbeitgeber in einem Diploma Supple-ment darzustellen und einheitlicheBewertungsverfahren für die Qualitätvon Studiengängen und Institutionendurch Akkreditierung zu schaffen. DieAkkreditierung hat sich als ein sehr auf-wändiges Instrument erwiesen, das wei-terentwickelt werden muss. Einerseitswird von der EU-Kommission ein Regis-ter anerkannter Agenturen aufgebaut,andererseits sind Schritte hin zu einerSystemakkreditierung zu tun. Bisherwurden Studienprogramme akkreditiert.In Zukunft sollen die Hochschulenselbst das Recht zur Akkreditierungerhalten. Hierzu wurde in Bayern dieACQUIN als Selbstverwaltungseinrich-tung der bayerischen Hochschulengegründet. ACQUIN akkreditiert Hoch-schulen, nicht mehr Studiengänge. Esist ein Ziel der bayerischen Staatsregie-rung, dass 40 Prozent der Studienbe-rechtigten ihr Studium an einer Fach-hochschule aufnehmen. Noch nie wares realistischer, dieses Ziel zu erreichen,denn in den nächsten Jahren ist miteiner Zunahme der Studienberechtigtenum 2,7 Millionen zu rechnen und miteinem doppelten Abiturientenjahrgangim Jahr 2011. Die bayerischen Fach-hochschulen haben bereits ihre Bereit-schaft signalisiert, mehr Studienanfän-ger aufzunehmen. Bayern wird sie dabeifinanziell unterstützten.

H.M.

Aus dem Bundespräsidium:W-Besoldung nachbessern, Forschung stärken, aber Lehre nicht abwerten

Das Bundespräsidium befasste sich wäh-rend seiner Juni-Sitzung u.a. mit derUmsetzung der W-Besoldung an denHochschulen. Es stellte hierzu fest, dassdie Grundvergütungen der W-Besol-dung mit Abstand zu niedrig sind.Bewerberlage und Berufungserfolg beider Ausschreibung von W3-Stellen undBerufungsmisserfolg bei der Ausschrei-bung von W2-Stellen weisen daraufhin, dass die W2-Grundvergütung fürdie Gewinnung qualifizierter Bewerberum eine Professur an einer Fachhoch-schule ungeeignet ist. Darüber hinauswerfen Besoldungsdurchschnitt undVergaberahmen Probleme auf. Der mög-liche Besoldungsdurchschnitt wird oftnicht realisiert; außerdem werden Mit-tel des Vergaberahmens besoldungs-fremd, nämlich für Sachkosten undInvestitionen, verausgabt. Für eineSchaden begrenzende Nachbesserungder W-Besoldung ist eine Anhebung derGrundvergütungen und mehr Transpa-renz und Verlässlichkeit an den Hoch-schulen zu fordern. Die geringe Zahleines Wechsels von der C- in die W-Besoldung belegt nach Ansicht des Bun-

despräsidiums, dass hierfür Vertrauenschützende Regelungen getroffen wer-den müssen.

Das Bundespräsidium sprach sich füreine Stärkung der Forschung an Fach-hochschulen, aber gegen die Ausschrei-bung von Forschungsprofessuren aus.Lehre und Forschung sind nach Auffas-sung des Bundespräsidiums gleichwerti-ge Aufgaben der Professorinnen undProfessoren an Fachhochschulen. Insbe-sondere dürften Professuren mit einemhöheren Forschungsanteil nicht besol-dungssystematisch höher bewertet wer-den. Das Bundespräsidium bedauerte,dass sich die Bildungsminister derBologna-Staaten während ihrer Konfe-renz in London nicht auf die Einfüh-rung eines dritten Zyklus einigen konn-ten, der mit einem Ph.D. abschließt.Promotionsprogramme mit einem gere-gelten Zugang auf Grundlage einerAkkreditierung würden die Promotionvon Absolventen der Fachhochschulenund die Kooperation von Fachhoch-schulen und Universitäten erleichtern.Die Absolventen der Fachhochschulenseien bislang vom Wohlwollen der Uni-versitäten abhängig.

H.M.

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M Erscheinung: zweimonatlich

Jahresabonnements für Nichtmitglieder45,50 Euro (Inland), inkl. Versand60,84 Euro (Ausland), zzgl. VersandProbeabonnement auf Anfrage

Erfüllungs-, Zahlungsort und Gerichtsstand istBonn.

Anzeigenverwaltung: Dr. Hubert MückeTelefon 0228 352271, Fax 0228 354512E-Mail: [email protected]

Verbandsoffiziell ist die Rubrik „hlb-aktuell“.Alle mit Namen des Autors/der Autorin verse-henen Beiträge entsprechen nicht unbedingtder Auffassung des hlb sowie der Mitglieds-verbände.

Herausgeber: Hochschullehrerbund – Bun-desvereinigung – e.V. (hlb)Verlag: hlb, Postfach 2014 48, 53144 Bonn

Telefon 0228 352271, Fax 0228 354512E-Mail: [email protected]: www.hlb.de

Chefredakteurin: Prof. Dr. Dorit LoosBuchenländer Str. 60, 70569 Stuttgart,Telefon 0711 682508Fax 0711 6770596E-Mail: [email protected]

Redaktion: Dr. Hubert MückeTitelbildentwurf: Prof. Wolfgang Lüftner

Herstellung und Versand:Wienands PrintMedien GmbH,Linzer Straße 140, 53604 Bad Honnef

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Systematische Hochschul-entwicklung auf der Grundlageintegrierter Organisations- undPersonalregelkreise

Angesichts des sich ständig verschärfen-den Wissenschaftswettbewerbs müssensich die verantwortlichen Hochschullei-tungen verstärkt Gedanken machen,wie sie ihre Hochschulorganisationen ineine erfolgreiche Zukunft führen kön-nen. Hierbei sind die zuständigen Wis-senschaftsministerien der Länder übereine neue Hochschulgesetzgebungdabei, die Hochschulen weiter zumodernisieren und fit zu machen fürdie Herausforderungen der Zukunft. DieWissenschaftsminister sehen sich dabeials Impulsgeber zu mehr Qualität, Leis-tung und Wettbewerbsfähigkeit an denHochschulen. Die Novellierung derHochschulgesetze in einigen Ländernschafft die Basis für stärkere Eigenver-antwortlichkeit im Handeln und mehrWirtschaftlichkeit. Leitziele dabei sindQualität, Leistung und Wettbewerbsfä-higkeit. Mehr Qualität und Internatio-nalität, weniger Bürokratie, mehr Flexi-bilität und Freiraum bei den Kernaufga-ben der Hochschulen: Forschung, Lehreund Studierende. Die Hochschulgesetzelassen den Hochschulen in Zukunftmehr Spielraum bei der Schaffung eige-ner Kriterien zur Auswahl der Studen-ten.

Weitere Wettbewerbskriterien für Hoch-schulen neben der einleitend geforder-ten Qualitätsfähigkeit sind beispielswei-se das vorhandene Studienangebot mitinternationalen Abschlüssen, dieAnzahl der Studienanfänger mitAbschlussquoten, die vorhandene Aus-stattung und die akquirierten Drittmit-tel, aber auch ein unverwechselbaresHochschulprofil mit möglichst akkredi-tierten Studiengängen, die die Effizienzder Serviceeinrichtungen und der Ver-waltungsbereiche unterstützen.

Sie fokussieren sich – wie Abbildung 1zeigt – auf die Erfüllung eines an Ba-lanced Scorecard-Perspektiven orientier-ten hochschulspezifischen Zielsystemsmit den Handlungsfeldern und Kenn-zahlen der:■ Bildungsorientierung,■ Personalorientierung,■ Prozessorientierung und■ Finanzorientierung.

Diesen Handlungsfeldern lassen sichfolgende Qualitätskomponenten einerumfassenden Hochschulqualität zuord-nen. Hierbei handelt es sich um dieZuordnung■ der Personalorientierung zur hoch-

schulspezifischen Strukturqualität(optimale Gestaltung der Rahmenbe-dingungen und Mitarbeitereinsatz),

■ der Prozessorientierung zur hoch-schulspezifischen Prozessqualität(Gestaltung optimaler, effizienterund effektiver Prozesse),

■ der Erfolgsorientierung zur hoch-schulspezifischen Ergebnisqualität(Studienqualität, Erfolgsquoten undAbschlussnoten) und

■ der Finanzorientierung zur hoch-schulspezifischen Führungs- undSozialqualität (humane und sozialeFührung der Mitarbeiter durch dieHochschulleitung).

Diese Qualitätskomponenten könnenim Sinne eines Transformationsprozes-ses zur Erzeugung der Bildungsleistungmit einem definierten Input- und Out-put miteinander verknüpft werden. Die-ser hochschulspezifische Transforma-

Hartmut F. BinnerFH HannoverInfo: Internet: www.prof-binner-akademie.de eMail: [email protected].: 0511 / 848648-120

Hartmut F. Binner

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08 BINNER

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tionsprozess wird durch die hochschul-spezifische Führungs-, Aufbau- undAblauforganisation optimal geplant,gesteuert, ausgeführt und controllt undbildet so den betriebswirtschaftlichenOrdnungsrahmen.

1. Systematischer Hochschulentwicklungsansatz

Eine nachhaltige Modernisierung derHochschulverwaltung unter den Leit-linien „Dezentralisierung, Prozessorien-tierung und Bürokratieabbau“ im Hoch-schulbereich ist nur auf der Grundlageeiner integrierten Organisations- undPersonalentwicklung möglich. WeitereVoraussetzungen für eine erfolgreicheEntwicklung in der Hochschulverwal-tung sind vorgegebene Strategien unddaraus abgeleitete Verwaltungszielset-zungen, die auf einer adäquaten Orga-nisationsstruktur aufsetzen. Diese Orga-nisationsstruktur ist an den vorher ana-lysierten, modellierten und an deneigenverantwortlich gesetzten Bildungs-schwerpunkten ausgerichteten undoptimierten Prozessen auszulegen. DieseProzesse sind gleichzeitig Bezugspunktfür eine vorausschauende und ausgewo-gene Personalentwicklung. Dadurchbestehen sehr enge Abhängigkeiten, diehäufig nicht angemessen berücksichtigtwerden. Anzustreben ist die Durchset-zung eines – auch in Abbildung 2 dar-gestellten – integrierten Hochschulent-wicklungs-, Organisations- und Perso-nalregelkreises in vier Schritten, um denWettbewerbserfolg durchgängig zusichern.

Die im ersten Schritt stattfindendenEntwicklungen in der Hochschule undihrer Verwaltung hängen immer mit derVerbesserung der Kernkompetenz

Der ständig steigende Wettbewerb der Hochschulen untereinander im nationalen, aber immer stärker

auch im internationalen Umfeld, verlangt von den Hochschulen neue Anstrengungen zur Qualitätssiche-

rung und zur Stärkung der Qualitätsfähigkeit. In einer engen Wechselbeziehung zu dieser Ausgangs-

situation steht die hochschulpolitische Entwicklung zu mehr Autonomie, Selbstverantwortung und Pro-

filbildung, z.B. durch Corporate Identity, verbunden mit der Einführung von Globalhaushalten, Einfüh-

rung der Kosten- und Leistungsrechnung mit Erfolgs- und Kostenkontrolle sowie Zielvereinbarungen.

zusammen. Unter Kernkompetenz wirddie funktionsübergreifende Bündelungdes vorhandenen Kern-Know-hows derMitarbeiter mit dem in der Hochschulevorhandenen Potenzial verstanden.Umgesetzt werden muss die Kernkom-petenz innerhalb der Kernprozesse.Diese Kernprozesse sind für den Wettbe-werbserfolg und für das Erreichen dervorgegebenen Hochschulziele besonderswichtige Prozesse, in denen die vorhan-dene Kernkompetenz die Grundlage fürden Wettbewerbserfolg darstellt. Weiterbeeinflusst die Kernkompetenz den Ein-satz der kritischen Erfolgspotenzialeund die Erfüllung der kritischen Erfolgs-faktoren in der Hochschule.

Die in der Hochschule vorhandenenPotenziale bestimmen entscheidend dieKernkompetenz in der Hochschule und

damit auch die Erfüllung der kritischenErfolgsfaktoren. Unter Potenzialen wer-den dabei die in der Hochschule undderen Verwaltung, insbesondere bei denMitarbeitern, vorhandenen Ressourcen,Methoden und Fähigkeiten verstanden,die bei koordiniertem Einsatz eineerheblich höhere Effizienz ermöglichen.Über die Kernkompetenz wird die Erfül-lung der kritischen Erfolgsfaktoren alsSchlüsselergebnisse der Produkt- undDienstleistungserstellungsprozesse abge-sichert. Kritische Erfolgsfaktoren (Criti-cal Success Factors Method) sind die zurHochschulzielerreichung wesentlichenFaktoren, wobei die Zielsetzungen derHochschule, kritische Erfolgspotenzialeund kritische Erfolgsfaktoren miteinan-der korrespondieren.

DNH 3 ❘2007

09SYSTEMATISCHE HOCHSCHULENTWICKLUNG

Abbildung 1: Handlungsfelder einer umfassenden Hochschulqualität

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DNH 3 ❘2007

10

-gestaltung ohne Unterstützung vonprozessorientierten Informationssyste-men wird genauso wenig Erfolg habenwie eine rein technisch getriebeneHochschulreorganisation ohne entspre-chende organisatorische Vorbereitungund Schulung der Hochschulleitung,Mitarbeiter und Professoren.

Eine integrierte Organisations- und Pro-zessentwicklung mit dem dahinter ste-henden Organisations- und Prozessma-nagement muss daher die zu berück-sichtigenden betriebswirtschaftlichenund informationstechnischen Elementein ihrem Wirkungszusammenhangerfassen, um dann mit Hilfe eines pra-xisorientierten softwareunterstütztenVorgehensmodells die erforderlichenInformations- und Kommunikations-technologien insbesondere auch Stan-dardsoftware zur Steuerung der Hoch-schulprozesse einzuführen. Hierbeibesteht das betriebswirtschaftliche Wis-sen aus der Kenntnis organisationsrele-vanter Aufbau-, Ablauf- und Führungs-strukturen, die als Ordnungsrahmenden hochschulspezifischen Leistungser-stellungsprozess organisieren. Das infor-mationstechnische Wissen bezieht sichauf Kenntnisse über die Methoden undInstrumente bei der informationstech-nischen Infrastrukturgestaltung.

Allerdings muss noch eine weitere Dif-ferenzierung nach ■ Organisationsentwicklung und

IT-Entwicklung in der Verwaltung,■ Organisationsentwicklung und

IT-Entwicklung in der Lehre,■ Organisationsentwicklung und

IT-Entwicklung in der Forschungerfolgen.

Integriert werden sollte in diese Aktivi-täten die Einführung eines Qualitätsma-nagementsystems mit dem Ziel der Zer-tifizierung nach DIN EN ISO 9001:2000.Mit Hilfe dieses normkonformen Quali-tätsmanagementsystems sollen nebenden Studenten auch die Qualitätsforde-rungen aller Beteiligten, das heißt hierbeispielsweise der Steuerzahler, Mitar-beiter, Professoren oder auch der Minis-terialverwaltung mit den daraus abgelei-teten Qualitätszielen über alle im Hoch-schulbereich ablaufenden Verwaltungs-und Bildungsprozesse erfüllt werden.Aus diesem Grund fordert die prozess-orientierte Norm DIN EN ISO 9001einen prozessorientierten Ansatz zumManagement der Organisation undderen Prozesse sowie als Mittel zumErkennen und Einleiten von Verbesse-rungsmöglichkeiten.

Bei der Entwicklung der integriertenOrganisation neuer Prozessstrukturenzur Erfüllung der vorgegebenen Unter-nehmenszielsetzungen steht dieGeschäftsprozessanalyse, -modellierung,und -dokumentation im Fokus. MitUnterstützung der SYCAT®-Prozessdar-stellung werden die Prozesse in der vonProf. Binner entwickelten Organisa-tionsprozessdarstellung (OPD) – heuteweltweit als Swimlane bekannt – darge-stellt. In dieser ausführlich im Punkt 3erläuterten SYCAT-OPD-Prozessdarstel-

Für die bestmögliche Anpassung an dieBedürfnisse der Wissenschaft, der Hoch-schullehrer und Studierenden mit kur-zer Studiendauer und anforderungsge-rechter Qualität bei der Bildungsver-mittlung gibt es eine ganze Anzahlunterschiedlicher Managementstrate-gien, die diese Zielsetzungen unterstüt-zen. Hierfür existiert ebenfalls eine sys-tematische Vorgehensweise, mit der dierelevanten Strategien festgelegt undüber die Vorgabe von Hochschulverwal-tungszielen prozessorientiert unterstütztwerden.

Die Umsetzung dieser Strategie erfolgtin Schritt 2 über anforderungsgerechteOrganisations- und Prozessentwick-lungskonzepte. Neue prozessorientierteOrganisationskonzepte, mit denen dieHochschulen erfolgreich die stattfin-denden Veränderungsprozesse beherr-schen, integrieren betriebswirtschaftli-che und informationstechnologischeSichten. Dies auf der Erkenntnis, dasssich nur auf Grundlage optimierterhochschulspezifischer Aufbau- undAblauforganisationsstrukturen die Ver-besserungspotenziale bei Einsatz neuerInformations- und Kommunikations-technologien aktivieren lassen. Dadurchbesteht eine enge Wechselbeziehung.Eine reine betriebswirtschaftlich betrie-bene Organisationsentwicklung und

BINNER

Abbildung 2: Analyse- und Methodeneinsatz innerhalb des integrierten Hochschulentwicklungsregelkreises

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lung wird über eine sachlich-logischeund zeitliche Zuordnung der Prozess-funktionen der Arbeitsfluss mit demRessourcenfluss deutlich. Des Weiterenwerden die Informationsflüsse beschrie-ben, das heißt der Dokumenten- undDatenfluss wird dargestellt. DieseArbeits-, Ressourcen- und Informations-flussdarstellungen lassen sich über Pro-zessparameter in der Datenbank präzi-sieren. Über die selbsterklärende Pro-zessdarstellung kann mit einem vomAnwender selbst zu wählenden Detail-lierungsgrad für jede im Prozess sach-lich-logisch und zeitlich fixierte Prozess-funktion mit einem definierten Inputund Output eine Reihe Prozessparame-ter in der Datenbank exakt zugeordnetwerden. Diese Parameterzuordnungkann – wie Abbildung 3 zeigt – nachbestimmten Ausprägungen bzw.Betrachtungsschwerpunkten, d.h. nachunterschiedlichsten Prozessgestaltungs-sichten, sortiert werden. Gleichzeitigerfolgt eine vollständige softwarege-stützte Dokumentation mit detaillierterBeschreibung der Prozessabläufe. Diesewird z.B. nach Aufbau- und Führungs-organisations-, Funktions-, Informa-tions- und Datensicht unterteilt. Die aufdiese Weise modellierten Prozesse sindBezugspunkte für die ebenfalls in die-sem Schritt weiter durchzuführendenOrganisationsanalysen wie z.B.:■ Geschäftsprozess-Ist-Analyse, -model-

lierung und -dokumentation■ Transaktionsanalyse■ Nutz-, Stütz-, Blind-, Fehlleistungsan-

teile pro Transaktion■ Dokumenten- und Datenanalyse■ Funktionsanalyse je Funktionsträger■ Verantwortungs- und Zuständigkeits-

analyse■ Aufgabenanalyse pro Mitarbeiter■ Störgrößenanalyse über Selbstauf-

schreibungsblätter■ Durchlaufzeit- und Tätigkeitsanalyse■ Kostentreiberanalyse■ IT-Struktur- und Ressourcenanalyse■ ABC- und XYZ-Analyse■ Aufgabenkritik mit strukturierter

Hauptschwachstellenauflistung.

Auf Grundlage dieser Daten erfolgtanschließend die Sollprozessmodellie-rung mit der Entwicklung einer opti-mierten prozessorientierten Aufbau-,

Ablauf- und Führungsorganisation,zusammen mit der in Schritt 3 stattfin-denden Personalorganisationsentwick-lung.

Zielsetzung der in Schritt 3 aufbauen-den strategischen Personalentwicklungist es, auf Basis der prozessorientiertenOrganisationsentwicklung im Sinne vonSkillmanagement-Informationen überdas Wissen von Mitarbeitern in Formvon Qualifikations- und Erfahrungspro-filen bereitzustellen. Hierbei erfolgtüber flexibel erweiterbare Skillprofileeine strukturierte Erfassung je Kompe-tenzkomponente in einer beliebigerweiterten Baumstruktur. Über eine Ist-/Soll-Bewertung lassen sich die hin-terlegten Profile (Sollprofil, Fähigkeits-profil, Qualifikationsprofil, Projektprofilu.a.) abbilden und die Lücken darstel-len. Gleichzeitig dient diese Auswertungdazu, automatisiert ein Portfolio zuerstellen, um daraus geeignete Maßnah-men für Qualifikationsprofilverbesse-rungen abzuleiten.

Der Erfolg dieser Maßnahmen lässt sichim vierten und letzten Schritt beispiels-

weise in Form einer ebenfalls software-unterstützten Selbstbewertung nachdem EFQM-Modell überprüfen. WeitereBewertungsmethoden sind Prozess-audits, Benchmarking, Reifegradbestim-mung oder die Prozess FMEA-Durchfüh-rung. Auch die Erstellung einer Wis-sensbilanz ist möglich.

2. HochschulentwicklungsrelevanteProzessgestaltungssichten und -dokumentationen

Die SYCAT-Prozessdarstellung ermög-licht – wie Abbildung 3 zeigt – im Rah-men der Hochschulentwicklungsaktivi-täten eine ganze Anzahl unterschiedli-cher SYCAT-Prozessgestaltungssichten.Um die Ergebnisse dieser Gestaltungs-sichten konsistent und einheitlich zudokumentieren, müssen die verwende-ten Beschreibungsmodelle wie z.B. die:■ Aufgabenbezogene Prozessgestal-

tungssicht■ Regelwerksbezogene Prozessgestal-

tungssicht■ IT-Applikationsbezogene Prozessge-

staltungssicht■ Potenzialbezogene Prozessgestal-

tungssicht■ Mitarbeiterbezogene Prozessgestal-

tungssicht

SYSTEMATISCHE HOCHSCHULENTWICKLUNG

Abbildung 3: Hochschulrelevante Prozessgestaltungssichten- und dokumentationen

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Die IT-Infrastuktur- und Applikationsge-staltungssicht sorgt dafür, dass die IT-Infrastrukturen und eingesetzten Stan-dardsoftwareapplikationen sich an denvorgegebenen Best-Practice-Prozessenorientieren, um beispielsweise damitDokumentenmanagementsysteme undWorkflowlösungen zu generieren. Auchdie elektronischen Software- bzw. Appli-kationshandbücher orientieren sich inStruktur und Inhalt an diesen Prozess-vorgaben. Die Anwender können damitinhaltlich in Bezug auf die jeweiligeApplikationsfunktion, aber auch pro-zessaufgabenbezogen geschult werden.

In Lupe 5 werden alle durch die bereitserläuterten Prozessgestaltungssichtengesammelten und dokumentierten Wis-sensinhalte den Mitarbeitern für Schu-lungen zur Verfügung gestellt. Durchden Einsatz der verwendeten Beschrei-bungsmodelle wird damit eine umfas-sende Wissensbereitstellung ermöglicht,die den Prozessbeteiligten die Chancebietet, in Reflexion zu ihrem eigenenHandeln bei der Prozessaufgabenerledi-gung Lernprozesse zu beginnen, die zuVerhaltensänderungen führen unddamit die organisationale Wissensbasisverbreitern.

3. Zusammenfassung

Die vorgestellte SYCAT-Modellarchitek-tur dient als Framework für die Organi-sations- und Mitarbeiterentwicklung inder Hochschulverwaltung und ver-knüpft funktions- und prozessorientier-te Gestaltungsbereiche in einer gemein-samen Abbildungsebene. Dadurch las-sen sich Organisationszielsetzungen,Schnittstellen, Verantwortungsbereiche,Management-Reviews und Audits sowieOrganisationsleistungsbewertungen mitwesentlicher Einbindung der Mitarbei-ter durchführen. Dies gilt immer unterdem Aspekt einer kontinuierlichen Pro-zessverbesserung.

Durch die bereits erläuterte Einfachheitbietet das verwendete integrierte Orga-nisations- und Prozessarchitekturmodelleine herausragende Möglichkeit derProzessreferenzbildung für die flexibleProzessstandardisierung und damit fürdie Anwendung von Best Practice-Vor-haben unter Verwendung von Hoch-schulverwaltungs-Benchmarks.

Der entscheidende Vorteil gegenüberallen anderen ähnlichen Vorgehensmo-dellen mit den dabei verwendeten Pro-zessmodellierungstools am Markt liegtin der hohen Mitarbeiterakzeptanz aufGrund der Einfachheit, Schnelligkeit,Transparenz, Komplexitätsreduzierungund Ergebnisorientierung; dies durch-gängig und umfassend in allen Verwal-tungsebenen und Organisationsberei-chen bei minimalem Schulungsauf-wand. Auf diese Weise wird die Effizienzund Effektivität der Hochschulverwal-tungsprozesse gesteigert und der Büro-kratieabbau unterstützt. ■

Literaturhinweis

Binner, H.F.: Handbuch der prozessorientiertenArbeitsorganisation. REFA-Fachbuchreihe „Unter-nehmensentwicklung“. 1. Auflage. Carl HanserVerlag, München Wien 2004. Copyright REFABundesverband e. V. Darmstadt. REFA-Bestell-Nr. 280052. 1041 Seiten (broschiert,Preis: 49,90 Euro). ISBN 3-446-22703-2.

durchgängig Anwendung finden. Damitwird sichergestellt, dass die Anforderun-gen, Ziele mit den Zielgrößen und dendazu gehörenden Kennzahlen, die Maß-nahmen, das Maßnahmenmonitoringsowie das Prozessgestaltungscontrollingin einem einheitlichen Betrachtungs-rahmen erfolgen.

Bei der aufgabenbezogenen Prozessge-staltungssicht in Lupe 1 geht es darum,die integrierte Organisations- und Pro-zessgestaltung anhand der durchzufüh-renden Aufgabenstellungen optimal zuorganisieren. Die Wissens- und Gestal-tungsinhalte beziehen sich hier also pri-mär auf die Aufgabeninhalte, um einemöglichst schnittstellenarme und feh-lerfreie Prozessdurchführung zu ermög-lichen, die in Form elektronischerHandbücher detailliert beschrieben ist.

Bei der potenzialbezogenen Prozessge-staltungssicht in Lupe 2 stehen die Pro-zesskosten mit dem dazugehörendenProzesskostentreiber, die Prozesszeitenin ihren unterschiedlichen Ausprägun-gen, wie Tätigkeitszeit, Durchlaufzeit,Wartezeit sowie die Qualitätsmerkmalemit den Qualitätskennzahlen im Mittel-punkt. Die zu erledigenden Aufgabenwerden hierbei als fest vorgegebenvorausgesetzt. Die Ergebnisse der Poten-zialanalyse finden in Form einer Kos-tensenkungsprojektdokumentation Ein-gang in die organisatorische Wissensba-sis.

Bei der regelwerksbezogenen Prozessge-staltungssicht in Lupe 3 stehen die Ent-wicklung und Dokumentation der perGesetz, Norm oder Regeln vorgeschrie-benen Ordnungsrahmen, Regelwerkeund Managementführungssysteme, wiebeispielsweise Qualitätsmanagement,Umweltmanagement, Arbeitsschutzma-nagement oder Risikomanagement imFokus der Gestaltung. Die Normen undRegelwerke schreiben eine prozessorien-tierte Gestaltungssicht vor, so dass diegesamte integrierte Managementsystem-sicht auf der Prozessdarstellung aufbaut,die in elektronischen Management-handbüchern detailliert beschrieben ist.

BINNER

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Master-Studiengänge

Master of International Businessand Logistics an der HAW

Die Hochschule für Angewandte Wis-senschaften Hamburg (HAW Hamburg)stellt sich in der Logistik neu auf. Seitdem WS 06/07 bietet die HAW Ham-burg einen eigenständigen StudiengangLogistik mit Abschluss Bachelor an. Indiesem Studiengang wird aktuelles Wis-sen in den Themenfeldern Beschaf-fungs-, Produktions- und Distributions-logistik sowie des Supply ChainManagements vermittelt. Ab dem WS07/08 wird darauf aufbauend ein Mas-ter-Studiengang angeboten. In diesemStudiengang stehen die Vertiefung desLogistikwissens und die Beherrschunginternationaler Logistikketten im Vor-dergrund. Neben der fachlichen Vertie-fung in der Logistik werden Kenntnissein den Bereichen International Manage-ment, Recht und Interkulturelle Kom-munikation vermittelt. Ein Großteil derVeranstaltungen wird in englischerSprache abgehalten.

Die Hochschule reagiert mit diesemerweiterten Angebot auf die zunehmen-de Internationalisierung der Logistikund die Bedeutung der Seeverkehrs-und Hafenwirtschaft. In beiden Studien-gängen wurde darauf geachtet, dass dieBesonderheiten des Standorts Hamburgberücksichtigt werden und die Anforde-rungen und Eigenheiten des seemäßi-gen Transports integraler Bestandteildes Curriculums sind. Im technischenBereich wird daher besonders auf diebeanspruchungsgerechte Gestaltungvon Verpackungen für den SeetransportWert gelegt. Hierbei wird auf die über50-jährige Forschungserfahrung desInstituts für BFSV (Beratung-Forschung-Systemplanung-Verpackungsentwick-lung und -prüfung) an der HAW Ham-burg zurückgegriffen.

„Die HAW ist überzeugt, dass sie mitdiesem in Deutschland einzigartigenAngebot einen wertvollen Beitrag zurVersorgung der Hamburger Wirtschaftmit hochqualifizierten Arbeitskräften

leistet und damit auch zur weiterenEntwicklung der Stadt Hamburg bei-trägt“, begrüßt der Präsident der HAWHamburg, Prof. Dr. Michael Stawicki,die neue Studienausrichtung.

Katharina Jeorgakopulos

Forschung und Entwicklung

Bioinformatik – Bekämpfungvon Softwarefehlern in der Computersimulation

Im FB „Elektrotechnik und Informatik“der FH Stralsund will das Team umProf. Dr. Gero Wedemann in Zusam-menarbeit mit dem Kirchhoff-Institutfür Physik der Universität Heidelbergein Modell der Chromatinfaser entwi-ckeln, mit dessen Hilfe sich die räumli-che Organisation und die dynamischenEigenschaften des Molekülkomplexesbeschreiben lassen. Beides ist vonBedeutung bei der Transkription desErbguts, also der Übertragung des gene-tischen Codes von der DNA auf dieRNA, dem Zwischenschritt auf demWeg zur Proteinsynthese (der Transla-tion). Von der Erforschung des Chro-matins erhoffen sich Mediziner Hinwei-se auf die Entstehung und Vererbungvon Krankheiten.

Ein häufiger Stolperstein solcher For-schungen sind Fehler im Programm,das die Modellberechnungen ausführt.Da es sich zumeist um Grundlagenfor-schung handelt, liegen nur wenige Ver-gleichsdaten vor, die zur Beurteilungder Simulationsergebnisse herangezo-gen werden könnten. Ein Fehler könntedaher – bliebe er unentdeckt – die For-schung der folgenden Jahre in eine fal-sche Richtung lenken. Deswegen spie-len Korrektheit und Fehlerfreiheit von

Software in wissenschaftlichen Projek-ten eine ausschlaggebende Rolle. Diehäufigsten und gefährlichsten Software-fehler sind Laufzeitfehler. Sie machensich erst bemerkbar, wenn das Pro-gramm ausgeführt wird und lassen eszumeist ohne Vorwarnung abstürzen.

Die Stralsunder Forscher beugen ihnendurch eine umfangreiche Software-validierung mit zahlreichen Tests undReviews vor: Das Analysewerkzeug„Polyspace Verifier“ der bei Münchenbeheimateten Polyspace TechnologiesGmbH verwendet das Prinzip der „abs-trakten Interpretation“, um Auftretenund Art von Laufzeitfehlern zu berech-nen. Je nach Datentyp verfügen Varia-blen über eine bestimmte Spannweitemöglicher Ausprägungen. Der PolyspaceVerifier berechnet ausgehend vomDatenfluss des Quellcodes, welchenWertebereich jede Variable zu jedemZeitpunkt während des Programmab-laufs beinhalten kann. Darauf folgendwird für jede mögliche Operation desProgramms analysiert, ob nicht erlaubteZustände (z.B. Division durch Null,Overflow) auftreten können.

Zahlreiche Nachteile dynamischer Soft-waretests lassen sich so vermeiden. Sokann beispielsweise anhand von Testsnur festgestellt werden, dass ein Lauf-zeitfehler vorliegt, aber nicht, worin erbesteht. Auch bleiben viele Fehlerunentdeckt, weil die dazu notwendigenTestszenarien nicht ausgeführt wurdenoder weil die Fehler auf das erwarteteTestergebnis keinen Einfluss hatten.Gegenüber dem weit verbreitetenFaganschen Inspektionsprozess hat dieautomatisierte Prüfung den Vorteil, dasssie wesentlich schneller abläuft: 400Zeilen Quellcode überprüft der Verifierin etwa 10 Minuten – dazu benötigenvier Inspektoren nach Fagan jeweilssechs Stunden.

Die Forscher sind auf eine schnelle Soft-warevalidierung angewiesen, denn derQuellcode der Simulationssoftware wirdkontinuierlich um neue Segmenteergänzt. So können zusätzliche Faktorenin die Simulation einbezogen werden.

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13FH-TRENDS

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Hamburger INNOTECH-Preis2007 für das Team „Trailbla-zers“ von der HAW Hamburg

Auch der diesjährige „hit-hep Hambur-ger INNOTECH Preis 2007“ ging an Stu-dierende der Hochschule für Ange-wandte Wissenschaften Hamburg (HAWHamburg). Der zum zweiten Mal vonder TuTech Innovation GmbH ausge-schriebene Preis zeichnete das Team„Trailblazers“ mit ihrer Gründungsideeeines mobilen, interakiven Navigations-systems aus. Wolfram Birkel vom hit-Technopark und Dr. Helmut Thamervon TuTech Innovation GmbH initiie-ren den Gründerwettbewerb jährlichmit Unterstützung von Sponsoren. DerWettbewerb bietet den Gründern Geld-und Sachpreise im Gesamtwert vonrund 30.000 Euro.

Sechzehn clevere Gründungsideenlagen der Jury des Hamburger INNO-TECH-Preises 2007 vor. Bei dem nomi-nierten Projekt „Trailblazers – A Colla-borative Pathfinding Project“ handeltes sich um eine Client-Server-Anwen-dung mit mobilen Smart-Clients. Mitdieser Server-Anwendung lässt sichneues Kartenmaterial vor allem für geh-behinderte Menschen erstellen.

Der INNOTECH-Preis ist ein Projekt zurFörderung innovativer Geschäftsideenaus dem Bereich Technologie undUnternehmensdienstleistung und wirdeinmal jährlich vergeben. Zugelassensind Gründer aus Hamburg und Umge-bung, die eine gute Geschäftsidee ausdem Bereich Technologie oder Unter-nehmensdienstleistung verwirklichenmöchten.

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14 FH-TRENDS

Aktuell arbeitet das Team beispielsweisedaran, das elektrische Potenzial derDNA in die Modellberechnung zu inte-grieren.

Erste Erfolge kann das Projektteambereits vorweisen: Anhand des Modellsist es gelungen, fünf Eigenschaften derChromatinfaser zu erklären. So könnenbereits Aussagen zum Durchmesser derFiber, zu ihrer Massenbelegungsdichte,zur Orientierung von DNA und Nukleo-somen zur Fiberachse und zur Flexibili-tät der Faser getroffen werden. „Damitliegen wir weltweit vor anderen For-schungsprojekten, die bis jetzt viel-leicht zwei oder drei Charakteristikaerklären können“, sagt Gero Wede-mann.

Rudi Wendorf

Auszeichnungen

FH Lübeck gewinnt Wettbe-werb des Stifterverbandes fürdie deutsche Wissenschaft

Im Wettbewerb „Austauschprozessezwischen Hochschulen und Unterneh-men“ mit insgesamt 85 Bewerbernkonnte sich die FH Lübeck mit ihremProjekt „Das Kunststoffkompetenzzen-trum in der Hochschulstrategie derFachhochschule Lübeck“ im Finaledurchsetzen und einen der fünf gleich-wertigen Preise von je 250.000 Eurogewinnen.

Die FH Lübeck hat eine Hochschulstra-tegie für die angewandte Forschungentwickelt, in der eine Profilierung aufacht Kompetenzfeldern erfolgt. Pilot-funktion hat hierbei das Kompetenz-zentrum Kunststofftechnik, das vonProfessor Dr. Olaf Jacobs geleitet wird.

Die Kompetenzzentren verstehen sichals Innovationsdienstleister für dieWirtschaft. Sie können – zu marktübli-chen Preisen – regionale Unternehmenbei den verschiedensten Aufgabenpunktuell unterstützen. Dies ist insbe-sondere deshalb von Bedeutung, weilviele kleine und mittlere Unternehmenoft nicht die Möglichkeit haben, vonder Projektidee über Grundlagenent-wicklung, Entwicklung von Prototypenbis zur Serienfertigung alle Kompeten-zen mit eigenem Personal abzudecken.Einzelne Aufgaben können von denKompetenzzentren an der Fachhoch-schule Lübeck übernommen werden,wodurch die regionale Wirtschaft zumeinen gestärkt wird und zum anderensehr viel flexibler reagieren kann.

Die Strategie der Fachhochschule siehtvor, diese acht Kompetenzzentren, dieteilweise aus öffentlichen Mitteln geför-dert sind, mittelfristig als dauerhafteInstitute an der Hochschule zu etablie-ren. Anders als bekannte Institutsstruk-turen sollen diese Institute sich jedochdurch ihre Arbeit selbst finanzieren.Wesentlich ist, dass die Kompetenzzen-tren und späteren Institute auf denGebieten forschen und entwickeln, dievon der regionalen und überregionalenWirtschaft tatsächlich abgefordert wer-den. Hierdurch können sich die Institu-te dauerhaft selber finanzieren und eineentsprechende Personalstruktur aufbau-en.

Das Preisgeld in Höhe 250.000 Eurowird je zur Hälfte für die Stärkung derBeratungskompetenz des Kunststoff-kompetenzzentrums sowie für die Stär-kung des Produkt- und Betriebsmanage-ments in der Forschungsstruktur derHochschule eingesetzt werden.

Frank Mindt

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Hochschulkooperationen

E-Learning ermöglicht neueDimensionen für Hochschul-kooperationen zwischen Europaund Afrika

Was im Juli 2005 als Pilotprojekt der FH Lübeck begann, hat sich mittler-weile zu einer internationalen Zusam-menarbeit von europäischen und äthio-pischen Hochschulen entwickelt. „Dasssich unsere deutsche E-Learning-Metho-de in Afrika bewährt, hat das Pilotpro-jekt bewiesen. Die Ergebnisse belegeneine erfreulich hohe Akzeptanz von E-Learning bei den Studierenden unddie interkulturelle Anwendungsmög-lichkeit unserer Methode“ erklärt Prof. Rolf Granow, Geschäftsführer deroncampus GmbH und E-Learning-Beauftragter der Hochschule.

Um die Aktivitäten weiter voranzutrei-ben und nachhaltig zu stützen, unter-zeichneten am 29. März 2007 Vertreterder Universitäten Lund (Schweden) undVilnius (Litauen) sowie die E-Learning-Tochter der FH Lübeck, oncampus, ein„Memorandum of Understanding“ mitdem privaten Alpha University Collegein Addis Abeba (Äthiopien). Diese Fern-hochschule ist flächendeckend in ganzÄthiopien und den Nachbarstaatenaktiv. Mehr als 90.000 Studierende nut-zen ihre Angebote. Seit Anfang 2006hat das Alpha University College bereitsbegonnen, eine eigene E-Learning-Stra-tegie auf Grundlage der Produktions-und Kollaborationsumgebung oncam-pus-factory mit dem Ziel zu realisieren,eigene hochwertige E Learning-Inhaltezu entwickeln.

Strategisches Ziel ist es, E-Learning indie Hochschulausbildung in Äthiopienzu integrieren, um damit das Studiumqualitativ zu verbessern und gleichzeitigdie Anzahl der Studierenden zu erhö-hen. Diese können ihrerseits für dieAus- und Weiterbildung im Heimatlandbleiben. Qualifizierte Arbeitskräfte blei-ben dem Arbeitsmarkt somit erhalten.

Frank Mindt

Bachelorstudiengänge

FH München startet im WS 2007/08 den Bachelorstudiengang Regenerative Energien

Klimaschutz ist heute eines der globalwichtigsten Themen. Dabei sind regene-rative Energien durch ihre Unerschöpf-lichkeit und Nachhaltigkeit eine wichti-ge Option für die Zukunft. Ziel ist, dieStudierenden so auszubilden, dass sieaktiv an der Gestaltung unserer Zukunftdurch neue nachhaltige Energiekonzep-te mitwirken können. Die Studierendenbeschäftigen sich vor allem mit denelektrotechnischen Bereichen der rege-nerativen Energien. Absolventinnenund Absolventen sind aber auch fürIngenieurtätigkeiten in der konventio-nellen Energietechnik qualifiziert.Neben Vorlesungen, Praktika, Semina-ren und Exkursionen in den BereichenSonne, Wind, Geothermie, Biomasseund Wasserkraft enthält der Studien-plan auch Vorlesungen zur Energieum-

wandlung, Biotechnologie und Gebäu-deklimatik sowie zur nachhaltigen Pro-duktentwicklung und zu den Energie-märkten.

Wahlfächer aus der Architektur, demBauingenieurwesen und der Versor-gungstechnik sowie zur Simulation undRegelung regenerativer Energiesystemeund zur Energiemeteorologie rundendas Ausbildungsangebot ab. Zur optima-len Vorbereitung auf das spätere Berufs-leben in der international stark wach-senden Energiebranche wird ein Teil derVorlesungen auf Englisch gehalten.

Christina Kaufmann

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15FH-TRENDS

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Vertrauensarbeitszeit an Hochschulen

Mit der in der Privatwirtschaft inzwi-schen vermehrt anzutreffenden Einfüh-rung von Vertrauensarbeitszeit (so z.B.in Teilen der Siemens AG, der Audi AGund bei der Volkswagen AG) stößt dasManagement in der Regel einen Kultur-wandel an. Erfahrungen belegen aber,dass im Vorfeld einer Einführung vonVertrauensarbeitszeit nur selten diebetrieblichen Bedingungen geprüft wer-den, die wesentlichen Einfluss auf denErfolg dieses Arbeitszeitsystems aus-üben, so dass die Zahl der gescheitertenVertrauensarbeitszeit-Projekte in Privat-wirtschaft und im öffentlichen Dienstnicht klein ist.

Ziele der Vertrauensarbeitszeit

Vertrauensarbeitszeitregelungen zielenauf eine Verbesserung der (internen undexternen) Kunden- und Dienstleistungs-orientierung, Wirtschaftlichkeit undMitarbeiterorientierung. Kundenange-passte Erreichbarkeitszeiten, häufigauch durch teambezogen festgelegte„Servicezeiten“ gesteuert, sind in Ver-bindung mit definierten ServicelevelsVoraussetzungen für nachhaltige Kun-denzufriedenheit.

Die Verbesserung der Wirtschaftlichkeitbasiert auf einem effektiveren und effi-zienteren Arbeitszeiteinsatz der Arbeit-nehmer und eine stärkere Ergebnisori-entierung anstelle der bisher üblichenZeitorientierung.

Verbesserte Mitarbeiterorientierung solldurch verstärkte Zeitsouveränitätgewährleistet werden. Eine erhöhteArbeitszufriedenheit soll auch zu einerhöheren Motivation und damit zu bes-

seren Arbeitsleistungen führen, was wie-derum der Wirtschaftlichkeit zugutekommt.

Erfolgsfaktoren von Vertrauensarbeitszeit

Das kunden- und mitarbeiterorientierteFührungsverhalten der Vorgesetzten istder zentrale Erfolgsfaktor für Vertrau-ensarbeitszeit. Sie müssen ihre Mitarbei-ter bevollmächtigen, ihre Aufgabeneigenverantwortlich wahrzunehmen,ihnen die notwendigen Informationenfür ihre Aufgabenerfüllung vermittelnund sie an Entscheidungen beteiligen.Dies setzt natürlich auf Seiten der Mit-arbeiter neben Selbstbewusstsein eineaufgeschlossene Einstellung zum flexi-blen Arbeitszeiteinsatz voraus, einegrundsätzliche Leistungsbereitschaftsowie die Bereitschaft, Verantwortungzu übernehmen. Vorgesetzte und Mitar-beiter sind deshalb gehalten, die Aufga-ben in vorausgehenden, regelmäßigenArbeitsplanungsgesprächen zu vereinba-ren und die zur Verfügung stehendeArbeitszeit der Mitarbeiter in Engpass-Situationen durch Prioritätensetzung zuberücksichtigen. Diese Gespräche soll-ten mit dem Ziel einer Vermeidung vonÜber- und Unterlastungen geführt wer-den.

Neben den Aufgabenplanungsgesprä-chen als Basis für die eigenverantwortli-che Aufgabenerledigung kann zusätz-lich ein einfaches Zielvereinbarungssys-tem mit drei bis fünf Individual- undTeamzielen die Eigenverantwortung derMitarbeiter fördern. Dieses notwendigeFührungsverständnis und -verhaltenerfordert einen erhöhten zeitlichen Auf-

Prof. Dr. rer pol. Manfred HeblerProfessor für Personal-managementFachhochschule Braun-schweig- WolfenbüttelFachbereich Recht, [email protected]

Dipl. Wirtschaftsjurist (FH)Jean-Claude HeitmannPersonaldezernat der Fach-hochschule Braunschweig-Wolfenbü[email protected]

Manfred Hebler

Jean-Claude Heitmann

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16 HEBLER/HEITMANN

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wand der Vorgesetzten. Daneben spie-len, je nach persönlicher Wahrneh-mung der Mitarbeiter, aber auch dieBeziehungen zu Kollegen, die Leistungs-forderung und die Handlungsspielräu-me bedeutende Rollen.

Zielsetzung der Untersuchung

Die Hochschulleitung der Fachhoch-schule Braunschweig/Wolfenbüttel alsAuftraggeber der Untersuchung planteseit langem mit der Einführung vonVertrauensarbeitszeit ihre im Leitbildder Hochschule manifestierte, stärkereKunden- bzw. Studierenden- und Mitar-beiterorientierung umzusetzen. EineEinführung dieses Arbeitszeitmodellssoll dabei auf einem ebenfalls neuenZielvereinbarungssystem zwischen denFührungskräften und ihren Mitarbeiternbasieren. Zur ergebnisoffenen und kriti-schen Bewertung der Chancen und Risi-ken einer flächendeckenden oderbereichsweisen Einführung von Vertrau-ensarbeitszeit an der Fachhochschuleund damit zur Schaffung einer Ent-scheidungsbasis für weitere Planungenwurde eine Analyse des Ist-Zustandesmittels einer Vorgesetzten- und Mitar-beiterbefragung durchgeführt.

Analyse des Ist- Zustandes

Die Untersuchung des Ist-Zustandes inder Fachhochschule im Sommer 2006basierte auf der Annahme, dass Chan-cen und Risiken für Vertrauensarbeits-zeit vom Grad der Geeignetheit ihrerbeteiligten Führungskräfte und Mitar-beiter abhängen. Chancen für eineerfolgreiche Einführung sind deshalb inden Bereichen am größten, in denen

Seit Jahren folgt die Praxis vieler Wirtschaftsunternehmen dem Trend, Arbeitszeiten außerhalb des Pro-

duktionsbereiches nicht mehr zu messen und die Mitarbeiter ergebnisorientiert statt zeitorientiert zu

steuern. Die im Beitrag vorgestellte Untersuchung der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel

zeigt, dass dieses Vorgehen auch im Hochschulbereich umsetzbar ist und was dabei zu beachten ist.

sich die Zusammenarbeit zwischen Füh-rungskräften und Mitarbeitern durcheine bestimmte Interaktionsqualitätauszeichnet. Dort hingegen, wo beiFührungskräften und/oder Mitarbeiterndie Erfolgsvoraussetzungen nicht vorlie-gen, überwiegen die Risiken.

Der Ist-Zustand der Interaktionsqualitätwurde durch anonyme und getrennteVorgesetzten- und Mitarbeiterbefragun-gen ermittelt. In unterschiedlichen Aus-prägungen sollten neben den zentralenErfolgsfaktoren Vertrauen und Füh-rungsverhalten weitere Faktoren wiegemeinsamer Leistungskompromiss,Kommunikation und Kooperationbewertet werden.

Ergebnisse der Führungskräftebefragung

Bei der Führungskräftebefragung konn-ten insgesamt 103 Vorgesetzte an derFachhochschule als Grundgesamtheitermittelt werden, die mit einer Rück-

laufquote von ca. 60% antworteten. DieVorgesetzten sollten eine Anzahlerfolgskritischer Voraussetzungen fürVertrauensarbeitszeit auf einer vierpoli-gen Skala danach bewerten, ob sie füralle Mitarbeiter (1), die Mehrheit (2),die Minderheit (3) oder keinen ihrerMitarbeiter (4) vorliegen. Abbildung 1zeigt die gemittelten Einschätzungender Vorgesetzten, wobei die Prozentan-gaben über den Säulen dem Anteil derin diesem Punktekorridor antwortendenFührungskräfte entsprechen.

Die erste Säule der Ergebnisdarstellungzeigt, dass 18,33%, also 11 Vorgesetztefür alle ihre Mitarbeiter die erfolgskriti-schen Voraussetzungen für Vertrauens-

arbeitszeit gegeben sahen. Von dennächsten beiden Vorgesetzten-Gruppie-rungen wurden die wesentlichenVoraussetzungen immerhin nochdurchschnittlich für die Mehrheit ihrer

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17VERTRAUENSARBEITSZEIT

Basis = 60 FührungskräfteX-Achse = Mittelwerte zwischen 1 = alle Mitarbeiter und 4 = kein Mitarbeiter

18,33%

10,00%8,33%

16,67%

8,33% 8,33%10,00%

8,33%

11,67%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

1,00 1,01-1,20

1,21-1,40

1,41-1,60

1,61-1,80

1,81-2,00

2,01-2,40

2,60-2,90

2,91-3,20

Abbildung 1: Einschätzungen der Führungskräfte der FH Braunschweig/Wolfenbüttel zu erfolgskritischenFaktoren zur Einführung von Vertrauensarbeitszeit

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Mitarbeiter ab Mittelwerten von 2,01und größer überwog die negative Beur-teilung aller erfolgskritischen Faktoren.

Die Ist-Analyse zeigt, dass die sich imZeitverlauf der Zusammenarbeit mani-festierten Beziehungsstrukturen zwi-schen den Führungskräften und ihrenMitarbeitern für Vertrauensarbeitszeitunterschiedliche Interaktionsqualitätenaufweisen, woraus letztlich auch unter-schiedliche Grade an gegenseitigemVertrauen resultieren dürften. Einegrundsätzliche Eignung zum Umgangmit Vertrauensarbeitszeit kann dement-sprechend nur einer bestimmtenAnzahl von Führungskräften und Mitar-beitern bescheinigt werden.

Auf Basis der Untersuchungsergebnissewar eine flächendeckende Einführungder Vertrauensarbeitszeit im gesamtenHochschulbereich daher nicht anzura-ten. Für eine bereichsweise Einführungscheint es demgegenüber aber eine aus-reichend große Anzahl von Vorgesetz-ten und Mitarbeitern zu geben, derenInteraktionsqualität für Vertrauensar-beitszeit eine geeignete Basis bildenkönnte und den organisatorischen Auf-wand eines Einführungsprozesses recht-fertigt.

Umsetzungsempfehlungen für Vertrauensarbeitszeit

Nach einer grundsätzlichen Überein-kunft zwischen Hochschulleitung undPersonalrat sollte ein bereichsweiserEinführungsprozess von einer hierzueingerichteten Projektgruppe gesteuertwerden. Aus deren Mitgliedern soll spä-ter auch eine paritätisch besetzte Clea-ringstelle als Schlichtungsorgan im Rah-men einer Dienstvereinbarung zur Ver-trauensarbeitszeit gebildet werden. Als Kompromiss für Arbeitgeber- undArbeitnehmerseite sollte definiert wer-den, dass die Zeitsouveränität der Mitar-beiter im Rahmen von Einzel- und/oderTeamzielvereinbarungen zwar zu maxi-mieren ist, aber dennoch die Ergebnis-bzw. Kunden- und Studierendenorien-tierung dabei Priorität vor der Mitarbei-terorientierung hat.

Da – wie die Befragungsergebnissegezeigt haben – die geeigneten Vorge-setzten und Mitarbeiter grundsätzlich inallen Organisationseinheiten, alsosowohl in den Fakultäten/Fachberei-chen als auch in den Verwaltungsein-heiten zu finden sind, müssen diejeni-gen Bereiche identifiziert werden, indenen sich Mitarbeiter und ihre Vorge-setzten bereit erklären, unter den postu-lierten Rahmenbedingungen an einerzunächst befristeten Erprobung vonVertrauensarbeitszeit teilzunehmen. DieFeststellung, dass das notwendigegegenseitige Vertrauen und die notwen-dige Bereitschaft für eine indirekteSteuerung bei einzelnen Vorgesetztennicht für alle Mitarbeiter und ebensonicht bei allen Mitarbeitern gegenüberihren Führungskräften gleichermaßenvorhanden sind, führte zur Empfehlungeiner ausschließlich freiwilligen Teil-nahme an dem Projekt sowohl für dieFührungskräfte als auch die Mitarbeiter.Nach Kenntnis der Regeln und Aufga-ben, die in einer befristet abzuschlie-ßenden Dienstvereinbarung vorgege-ben sind, insbesondere der Verpflich-tung zum fairen Umgang mit Überlast-situationen und der Delegation der

Mitarbeiter gewertet. Die letzten beidenGruppen mit 8,33 und 11,67% schätz-ten das Vorliegen der Erfolgsfaktorenüberwiegend nur für die Minderheitbzw. keinen ihrer Mitarbeiter ein.

Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung

Die Mitarbeiterbefragung basierte aufeiner Grundgesamtheit von 258 Mitar-beitern, wovon ca. 75% einen auswert-baren Fragebogen zurücksandten. Diesubjektiven Einschätzungen der Mitar-beiter wurden anhand einer vierpoligenLikert-Skala erhoben, welche Antwort-alternativen mit Bewertungsziffern von1 bis 4 für sehr positive bzw. sehr nega-tive Voraussetzungen für Vertrauensar-beitszeit ermöglichten. Abbildung 2zeigt die Anzahl der Mitarbeiter in Pro-zent nach ihren qualitativen Antwort-tendenzen bezüglich aller abgefragtenund gleichgewichteten Einfluss- undErfolgsfaktoren.

Die Abbildung veranschaulicht, dass dieersten fünf Gruppen mit ca. zwei Drit-teln aller Mitarbeiter die Voraussetzun-gen für Vertrauensarbeitszeit in ihrerpersönlichen Arbeitssituation überwie-gend positiv einschätzten. Allerdingsbewerteten insbesondere die Mitarbeiterder 2. bis 5. Säule auch einzelne Fakto-ren durchaus negativ, wobei insgesamtjedoch die positiven Voraussetzungenüberwogen. Beim restlichen Drittel der

HEBLER/HEITMANN

Basis = 194 MitarbeiterX-Achse = Mittelwerte zwischen 1 = sehr positiv und 4 = sehr negativ

8,76%

13,40%14,43%

19,59%

13,40%

7,22%

10,31%

6,70%

2,58%3,61%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

1,00-1,20

1,21-1,40

1,41-1,60

1,61-1,80

1,81-2,00

2,01-2,20

2,21-2,40

2,41-2,60

2,61-2,80

>2,81

Abbildung 2: Einschätzungen der Mitarbeiter der FH Braunschweig/Wolfenbüttel zu erfolgskritischen Fakto-ren zur Einführung von Vertrauensarbeitszeit

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gesetzlichen Aufzeichnungspflicht vonArbeitszeiten über 8 Stunden täglich aufdie Mitarbeiter, schließen die Teilnah-meinteressierten obligatorische Zielver-einbarungen ab, die neben der grund-sätzlichen Vereinbarung über die kun-den- und studierendengerechtenErreichbarkeitszeiten und die Art undWeise der Zusammenarbeit die indivi-duellen Zielsetzungen eines jeden Auf-gabenträgers beinhalten.

Zur Reduzierung von Unsicherheit undBetonung der Freiwilligkeit beinhaltetdie Dienstvereinbarung eine Ausstiegs-option, die es den Beteiligten bei Unzu-friedenheit mit der Vertrauensarbeitszeitermöglicht, wieder zur Zeiterfassungzurückzukehren. Als Erfolgskontrolledes Einführungsprozesses dienen nebenden schriftlichen Zielvereinbarungenund ihren später formalisierten Ziel-überprüfungen zusätzliche Befragungenüber die Zufriedenheit der Beteiligten.

Die Eckpfeiler sind gesetzt – Hochschul-leitung und Personalrat sehen der wei-teren Entwicklung der Vertrauensar-beitszeit mit Spannung entgegen. ■

Weiterbildung

Berater für Patienten-verfügungen an der FH Köln

Während die öffentliche Debatte sichausschließlich darauf konzentriert, wiedie Umsetzung solcher Verfügungensichergestellt werden kann, bleiben diepsychosozialen und emotionalen Pro-bleme beim Verfassen einer Patienten-verfügung bislang völlig unberücksich-tigt. Häufig werden Patientenverfügun-gen in ihrer Tragweite unterschätzt undhäufig fehlen auch die erforderlichenVorkenntnisse. Neben Kenntnissen überethische, medizinische, rechtliche undsoziale Aspekte erfordert die Formulie-rung einer Patientenverfügung aucheine intensive Auseinandersetzung mitsich selbst, seiner eigenen Lebenssitua-tion und seinen eigenen Lebensbezü-gen einschließlich der konkreten fami-liären Beziehungen. Nur wenn all die-sen Aspekten Rechnung getragen wird,kann sichergestellt werden, dass diePatientenverfügung dem Willen desVerfügenden tatsächlich entspricht undspäter angemessen umgesetzt werdenkann. Die riesige Lücke zwischen demgroßen Beratungsbedarf und dem tat-sächlichen Angebot unabhängiger undqualifizierter Beratung zu Patientenver-fügungen will das Institut für die Wis-senschaft in der Sozialen Arbeit mit sei-nem Forschungs- und Entwicklungspro-

jekt unter Leitung von Prof. Dr. CarmenKaminsky, Professorin für Sozialphiloso-phie und -ethik, schließen. Bereits abOktober 2007 wird das Institut einenWeiterbildungsworkshop für sozialbe-ruflich Tätige zum Thema „Beratungzur Patientenverfügung“ anbieten.

Monika Probst

FH München startet im WS 2007/08 mit neuem Masterstudiengang„Angewandte Stochastik“

Viele Vorgänge in Wirtschaft, Natur,Technik und im Alltag enthalten unsi-chere, zufällige oder durch Störgrößenbeeinflusste Elemente. Mit Unsicherhei-ten rechnen, den Zufall einkalkulieren,Chancen und Risiken abwägen – dieslernen Studierende im neuen Studien-gang Angewandte Stochastik. Innerhalbdes Studiums werden die SchwerpunkteFinancial Engineering und RiskManagement angeboten, die für Bankenund Versicherungen von besondererBedeutung sind. Der Auf- und Ausbaudes Risikomanagements wird auch fürviele andere Unternehmen zunehmendwichtiger, z.B. auf Grund gesetzlicherVorschriften. Das Eingehen und dieAbsicherung finanzieller Risiken erfolgtmit Hilfe von Finanzinstrumenten, diesich des Financial Engineerings bedie-nen.

Das Masterstudium kann als Vollzeitstu-dium in drei Semestern oder als Teilzeit-studium berufsbegleitend in sechsSemestern absolviert werden. Vorausset-zung ist ein Bachelor oder Diplomab-schluss mit einem ausreichenden Anteilan Mathematik und ein erfolgreichbestandenes Eignungsfeststellungsver-fahren.

Christina Kaufmann

FH-TRENDS

4-5/2007

Die Fachhochschuleals regionaler Motor

Schicken Sie uns Ihre Beiträge, Informationen und Meinungen!

Kontaktadresse: Prof. Dr. Dorit [email protected]

Redaktionsschluss für die Ausgabe 4-5/2007 ist der 3. September 2007AU

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Neun Empfehlungen für effektives Lernen und ihre Umsetzung in der wirtschaftswissenschaftlichenHochschullehre

Trotz der Fülle an bestehender Literaturzur Didaktik besteht ein Mangel an kur-zen, prägnanten Veröffentlichungen zuallgemeinen Empfehlungen zum Lernenund Lehren in wirtschaftswissenschaft-lichen Studiengängen. Natürlich lässtsich das Thema des vorliegenden Arti-kels nicht auf wenigen Seiten bearbei-ten, ohne große Lücken zu lassen.Daher bezweckt der Artikel zum einendie Fokussierung auf das Wesentliche,zum anderen das Wecken der Lust aufausführlichere Werke, auf die im Textverwiesen wird.

Empfehlungen für effektives Lernen

Als direkt an die Lernenden gerichtetenRatschlag und als Grundlage für Anfor-derungen an die Gestaltung einer effek-tiven Lehre hat der Verfasser neun Emp-fehlungen für effektives Lernen zusam-mengestellt (siehe Kasten). Diese Emp-fehlungen beruhen auf Erkenntnissender Hirnforschung.1) Bei der Durchsichtverschiedenartiger (zum Beispiel schul-pädagogischer, wirtschaftspädagogi-scher, psychologischer) Quellen zeigtsich, dass eine recht breite Einigkeitbezüglich vieler Grundsätze des Lernensbesteht.

Inwieweit Studierende die neun Emp-fehlungen realisieren können, liegt –zumindest während der Lehrveranstal-tungen – weitgehend in der Hand derLehrenden. Im Folgenden soll nunerläutert werden, welche Folgerungensich aus den neun Empfehlungen fürdie wirtschaftswissenschaftliche Hoch-schullehre ableiten lassen.

Folgerungen für effektives Lehren

Durch Übertragung der neun Empfeh-lungen auf eigene Lehrveranstaltungenkann jede/r Lehrende leicht zu persönli-chen Folgerungen für die Lehre gelan-gen. Inwieweit vermittelt man Freudeam Fach, inwieweit bietet man Mög-lichkeiten für häufige Erfolgserlebnisse,für vielfältige Zugänge zu einem Themaund für individuelle Lernwege? Durchdie ehrliche Beantwortung (durchdie/den Lehrende/n, durch die Studie-renden oder durch einen Coach) ent-sprechender Fragen lassen sich vieleImpulse für die Weiterentwicklung derLehre gewinnen.

Lernen und Lehren wollen gelernt sein!

Vielerorts ist zu lesen, dass in dermodernen Wissensgesellschaft die Lern-fähigkeit von großer Wichtigkeit ist,weil der Umfang und die Vergänglich-keit von Lerninhalten zunehmen. Vordiesem Hintergrund verbringen Studie-rende in der vorherrschenden Studien-gangs- und Lehrveranstaltungsgestal-tung zu viel Zeit mit Lerninhalten undzu wenig Zeit mit Lernmethodik. Daherschlägt der Verfasser vor, Lernmethodikgegenüber den Studierenden stärker zuthematisieren.2) Das kann beispielsweisedurch die Diskussion der oben genann-ten neun Empfehlungen für effektivesLernen und durch das Erklären derdidaktischen Konzeption einzelnerLehrveranstaltungen geschehen.

Voraussetzung dafür ist natürlich, dassdie Lehrenden entsprechende didakti-sche Kompetenzen und Ambitionen

Prof. Dr. Hanno DrewsProfessur für ControllingFH Westküste25746 [email protected]

Hanno Drews

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Mit dem vorliegenden Artikel möchte der Verfasser allen an Hochschulen Lehrenden in kurzer, über-

sichtlicher Form pragmatische Anregungen zum effektiven Lernen und Lehren geben. Dies geschieht in

Form von neun Empfehlungen für effektives Lernen sowie in Form von Schlussfolgerungen, die aus die-

sen Empfehlungen für die wirtschaftswissenschaftliche Hochschullehre gezogen werden können.

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21EFFEKTIVES LERNEN

Neun Empfehlungen für effektives Lernen

1. Lerne mit Freude, Interesse und positiver Einstellung, nicht aber mit Angst und Zwang!

Echte Neugierde und echtes Interesse sind die beste (weil sachbezogene und intrinsische) Motivation. Angstschränkt die Aufnahme neuen Wissens ein und verbindet sie mit negativen Gefühlen. Eine positive Einstellunggegenüber dem Lernstoff sorgt für eine Verbindung mit angenehmen Gefühlen. Diese entstehen oft nicht alsVergnügen während des Lernens, sondern als Befriedigung durch die erbrachte Leistung.

2. Lerne mit vielen Erfolgserlebnissen und mit wenig Stress!

Auch diese Empfehlung will die Verbindung des Lernens mit angenehmen Gefühlen sicher stellen. Man erreichteine entspanntere, stressfreiere Lernatmosphäre durch Lob und Hervorhebung des Schon-Könnens als durchBestrafung und Hervorhebung des Noch-nicht-Könnens. Fehler darf man machen, wenn man daraus lernt.

3. Lerne mit Konzentration, körperlich fit und zur richtigen Zeit!

Ist man gesund, ausgeruht und nicht von anderen Dingen abgelenkt, gelangt das Wissen leichter in den Kopf.

4. Lerne mit geeigneten Menschen und an geeigneten Orten!

Die mit Lernsituationen verbundenen Menschen und Orte wirken sich stark auf den Lernerfolg aus: ein kompe-tenter Lehrer, ein begabter Mit-Lerner, ein schöner, ruhiger Platz zum Lesen, ein guter Platz in einer Lehrveran-staltung etc. Lernen ist ein sozialer Prozess.

5. Lerne mit geeigneten Lerntechniken und -mitteln sowie mit Struktur!

Die Lernleistung lässt sich durch den Einsatz von Hilfen wie zum Beispiel bildhaften Gedächtnistechniken, guterLernsoftware und didaktisch durchdachten Lehrbüchern steigern. Solche Hilfen können auch die Strukturierungdes Lernstoffs unterstützen, welche die Abrufbarkeit des Wissens verbessert.

6. Lerne durch eigenes Tun und damit implizit!

Unser Gehirn ist darauf programmiert, aus vielen einzelnen Aufgaben, Beispielen, Erfahrungen etc. allgemeinesWissen abzuleiten, also implizit zu lernen. Das Auswendiglernen immer gleicher Inhalte ist wenig förderlich.Stattdessen ist die aktive, anwendende, selbstständige Beschäftigung mit den Lehrinhalten geboten.

7. Lerne durch häufige Wiederholung!

Das Gehirn ordnet Dingen, mit denen es immer wieder konfrontiert wird, eine höhere Relevanz zu und behältsie besser. Es empfiehlt sich, lieber häufig und kurz als nur einmal lange zu üben.

8. Lerne ganzheitlich und mit vielfältigen Zugängen!

Details sind besser aufzunehmen, wenn sie mit Blick auf das Ganze erarbeitet werden und wenn eine Vernet-zung mit bereits bekannten Wissensbereichen erfolgt. Durch verschiedenartige Betrachtungsweisen und For-men der Wissenserarbeitung lässt sich dieser Effekt verstärken.

9. Lerne spielerisch und entdeckend! Gehe eigene Lernwege!

Der Volksmund sagt „Das lernt man doch spielend!“ und laut Meyers Großem Taschenlexikon ist Spielen eine„Tätigkeit, die ohne bewussten Zweck aus Vergnügen an der Tätigkeit als solcher (...) vollzogen wird“, wobeider unbewusste Zweck oft das Lernen ist. Spielerisches wie auch entdeckendes, erforschendes Lernen erlaubtdas Beschreiten eigener Lernwege und stützt in hohem Maße mehrere der bereits genannten Empfehlungen.

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nicht losgelöst voneinander stattfinden,dass also mit jedem Lerninhalt be-stimmte Gefühle verknüpft werden.6)

Lernen ist nicht das simple Auffüllenleerer Speicherplätze im Gehirn, wel-ches bei gegebener Lernabsicht erfolg-reich stattfindet. Lernen ist das Integrie-ren neuer Inhalte in bestehende Netze,in die auch Emotionen mit hineingewoben sind. „Gelingt es nicht, durchNeugierde, Staunen, Spaß, Freude undZweifel die Aufmerksamkeit des Lernerszu gewinnen und in einen innerenHandlungsimperativ zu verwandeln,bleiben alle weiteren Bemühungen derLehrenden vergebens (...).“7) Oder bild-hafter ausgedrückt: „Der Geist ist keinSchiff, dass man beladen kann, sondernein Feuer, dass man entfachen muss.“8)

Folglich sollten Lehrende ihre eigeneAufmerksamkeit nicht einseitig nur aufdie Lerninhalte richten, sondern auchgezielt für lernförderliche Gefühle derLernenden sorgen. Dies geschieht durcheigene Begeisterung für die Lerninhalte,durch das Wecken von Interesse mittelsgeschickter Themeneinleitungen, durchdas Schaffen von Verknüpfungen zuVorwissen und Lebenssituationen derLernenden (lebensnahe, spannende,herausfordernde, aber bewältigbare Auf-gabenstellungen) sowie durch regelmä-ßige Erfolgserlebnisse. Auf diese Weiseentsteht eine positive, motivierendeLernatmosphäre.

Lernen und Lehren mit effektivenUnterrichtsformen in wirtschafts-wissenschaftlichen Studiengängen

Die wirtschaftswissenschaftliche Hoch-schullehre ist bisher geprägt durcheinen hohen Anteil verbal-abstrakten,auf die Lehrperson zentrierten Frontal-unterrichts. Diese Unterrichtsform stehtin krassem Widerspruch zum heutigenErkenntnisstand der Lernforschung, wieer sich in den oben genannten neunEmpfehlungen manifestiert. Den Studie-renden wird überwiegend detailliertes,wissenschaftliches Definitionswissen im90-Minuten-Takt vermittelt, individuel-le Lern- und Leistungsunterschiede wer-den in der Regel ignoriert, der einseitigeLernalltag zwingt die Studierenden zustundenlangem Zuhören und Passi-

vität.9) Durch die als Konsequenz beiden Studierenden auftretenden Verhal-tensweisen (Langeweile, Desinteresse,geringes Aufmerksamkeitsniveau) füh-len sich viele Hochschullehrer/innenveranlasst, den Unterricht noch lehr-kraftzentrierter „durchzuziehen“.

Als Hauptursache für die beschriebenetraditionelle Unterrichtsform wird diein den Wirtschaftswissenschaften übli-cherweise sehr hohe Anzahl Studieren-der pro Hochschullehrer/in (schlechteBetreuungsrelation) gesehen. Verstärktwerden die Probleme durch weitereMerkmale der wirtschaftswissenschaftli-chen Lehre: So kann das Studienobjekt(Unternehmen, Management oder Ähn-liches) im Unterricht nur schwerlich„angefasst“ werden, eindeutige und prä-zise Aussagen zu Wirkungszusammen-hängen oder Methodenfestlegungensind oft kaum möglich. Dies führt zueinem im Vergleich mit zum Beispielnatur- oder ingenieurwissenschaftlichenStudiengängen abstrakteren Lehren undLernen. Außerdem weisen wirtschafts-wissenschaftliche Studiengänge einensehr vielfältigen Fächerkanon auf,wobei traditionell zu stark Teilproblemegeringer Komplexität in den einzelnenFächern thematisiert werden und zuwenig fachübergreifende, komplexe Pro-blemstellungen.

Erfreulicherweise gibt es heute schoneinen gewissen Anteil von effektiveremUnterricht, der durch aktive Bewälti-gung komplexer, lebensnaher Problemedurch die Studierenden, durch individu-elles Feedback, durch eine angenehmeLernatmosphäre etc. geprägt ist. Unter-nehmensplanspiele, Praxis- und For-schungsprojektarbeit, Übungen im PC-Labor, Fallstudienseminare und Ähnli-ches sind hier zu nennen. Diese Unter-richtsformen erlauben in hohem Maßedie Umsetzung der oben genanntenneun Empfehlungen für effektives Ler-nen und sollten daher mehr Gewicht inwirtschaftswissenschaftlichen Studien-gängen erhalten. Aber auch im Rahmenvon Frontalvorlesungen – gegebenen-falls interaktiv als fragend-entwickeln-der Unterricht gestaltet – lassen sicheinige der neun Empfehlungen realisie-ren. Vorlesungen müssen weiterhin im

besitzen. Ein Schritt zur Stärkung derdidaktischen Kompetenzen kann dieEinrichtung einer Arbeitsgruppe fürHochschuldidaktik (auf Hochschul-oder Fachbereichsebene) sein. Diesesollte konkrete Maßnahmen zur Unter-stützung der Lehrenden wie auch derStudierenden erarbeiten. DerartigeArbeitsgruppen und andere Institutio-nen für Hochschuldidaktik sind imdeutschsprachigen Raum an einigenHochschulen vorhanden,3) oft fehlt esjedoch noch an der Durchschlagskraft.So fordert der Wissenschaftsrat den Auf-und Ausbau entsprechender Institutio-nen: „Die systematische Professionali-sierung der Lehrtätigkeit verlangt einstrukturiertes Angebot zur Vermittlungvon Lehrkompetenzen (...). Zentren derKompetenzvermittlung können an deneinzelnen Hochschulen oder auchhochschulübergreifend etabliert wer-den.“4)

Zur Stärkung der didaktischen Ambitio-nen der Lehrenden sollte das Hoch-schulmanagement sowohl die extrinsi-sche Motivation (zum Beispiel durchBerücksichtigung der Lehrqualität beider W-Besoldung) als auch die intrinsi-sche Motivation (durch Überzeugungs-arbeit: bessere Lehrqualität erhöht Kom-petenz und Arbeitszufriedenheit) derLehrenden stärken. Der Verfasser istüberzeugt, dass sich die Qualität derLehre durch solche und ähnliche Maß-nahmen kostengünstig steigern lässt.

Lernen und Lehren mit Emotion und Motivation!

Wirtschaftswissenschaften werden imVergleich zu vielen anderen Fächernstärker aufgrund extrinsischer Motiva-tion (hohes Einkommen, sichererArbeitsplatz) studiert, weniger aufgrundvon Fachinteresse oder -begabung.5)

Einige Teilbereiche der Wirtschaftswis-senschaften gelten bei vielen Menschenals eher trocken und emotional wenigansprechend. Trotzdem berücksichtigenviele Lehrende und Lernende zu wenigdie Rolle von Emotionen und Motiva-tion. Dabei wissen wir aus der Hirnfor-schung, dass Denken (Rationalität,Erkenntnis) und Fühlen (Emotionalität)

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Studiengang-Curriculum vorkommen,aber nicht als dominante Lehrform.Durch lehrmethodische Vielfalt lässtsich ein größerer Lernerfolg erzielen,wobei sowohl weitere (neben denbereits genannten) Unterrichtsformen(zum Beispiel Gastvorträge und Exkur-sionen zum besseren „Anfassen“ desStudienobjekts) als auch einzelne Lehr-techniken10) (zum Beispiel Visualisie-rungstechniken, Techniken zur The-meneinführung) zu berücksichtigensind.

Die Fachhochschulen besitzen im Ver-gleich zu den Universitäten durchgeringere Gruppengrößen und stärkerePraxisorientierung einen Wettbewerbs-vorteil hinsichtlich lerneffektiver Unter-richtsformen. Doch auch an den Fach-hochschulen ist die Effektivität derLehre zu verbessern. Dafür bietet nichtzuletzt die Umstellung von Diplom- aufBachelor- und Master-StudiengängeChancen. Beispielsweise lässt sich derAnteil eigenständigen Lernens erhöhenund gleichzeitig Kapazität für die Bil-dung kleinerer Gruppen gewinnen,indem der Studienplan weniger Semes-terwochenstunden pro Credit Point(ECTS) vorsieht. In den kleineren Grup-pen kann dann unter anderem hand-lungsorientiertes, lebensnahes Lernenstärker verwirklicht und damit den Zielen des Bologna-Prozesses (bessere„Employability“) entsprochen werden.

Anhand vordefinierter Unterrichtsfor-men lässt sich – wie eben geschehen –besonders gut darlegen, wie Hochschu-len zu einer hohen Effektivität in derLehre gelangen können. Es gibt aberzahlreiche weitere Themenfelder, aufdenen entsprechende Überlegungenanzustellen sind. Dies betrifft zumeinen sehr grundsätzliche Fragen (zumBeispiel: Trimester statt Semester? Opti-male Länge von Unterrichtseinheiten?Bewertung von studentischen Leistun-gen fast ausschließlich durch Klausurenam Semesterende?), zum anderen Fra-gen des Lehralltags (zum Beispiel: Wel-che Lerntechnik in welcher Lehrsitua-tion? Umgang mit schwierigen Lehr-situationen wie dem „Alle-sitzen-in-der-letzten-Reihe-Effekt“?). Diese Fragenkönnen in einem einzelnen Artikel

kaum alle benannt, geschweige denndiskutiert werden. Daher sei hier aufentsprechende Quellen verwiesen.11)

Schlusswort

Zur Sicherstellung effektiver Lehre ist eserforderlich, regelmäßig über vorhande-ne Erkenntnisse zum Lernen nachzu-denken und daraus Schlussfolgerungenfür eigene Lehrveranstaltungen (undgegebenenfalls auch für eigene Lehrbü-cher12)) zu ziehen und umzusetzen.Dazu möchte der vorliegende Artikel inkurzer und prägnanter Form Anstößegeben, und zwar mit Hilfe der neunEmpfehlungen für effektives Lernensowie mit Überlegungen zu daraus fürdie Lehre resultierenden Anforderun-gen.

Bezüglich der Erkenntnisse, auf denendie Empfehlungen beruhen, herrscht inder Didaktikforschung große Einigkeit.Es ist nicht aufwändig, aus den neunEmpfehlungen Impulse für eigene Lehr-veranstaltungen abzuleiten. Aber es ver-spricht großen Nutzen sowohl in Formvon höherer Lehrqualität für die Studie-renden als auch in Form von mehrFreude, Arbeitszufriedenheit, Kompe-tenz und Erfolg für die Lehrenden.

Da die Lernforschung stark vonErkenntnissen aus der Hirnforschungbeeinflusst ist, soll am Ende dieses Arti-kels ein Zitat eines Neurobiologen denKern der neun Empfehlungen umschrei-ben: „Menschliches Lernen ist geleitetvon Interesse, von der Suche nach Ein-sicht und Sinn. Aktives Handeln undForschen, Erfahrung mit allen Sinnenund intellektuellen Fähigkeiten erleich-tern diese Suche, ebenso vielfältige Ver-netzung sowie eine unterstützendeemotionale und mitmenschliche At-mosphäre.“13)

1) Vgl. Mechsner, F.: Wie das Wissen in denKopf kommt, in: GEO 10/2004, S. 160-190;Overmann, M.: Emotionales Lernen: Sentio,ergo cognosco, Manuskript – GöttingerTagung zum Emotionalen Lernen, März 2003,ergänzt und überarbeitet 2004; Caine, R. N.et al.: 12 Brain/Mind Learning Principles inAction, Thousand Oaks (USA) 2005.

2) Dafür gibt es zahlreiche geeignete Werke wie

z.B. Grüning, C.: Garantiert erfolgreich lernen,München 2006; Metzig, W. / Schuster, M.:Lernen zu lernen, 7. Aufl., Berlin 2005.

3) Beispiele: Arbeitsgemeinschaft für Hochschul-didaktik e. V. (www.ahd-hochschuldidaktik.de;dort auch Übersicht über ähnliche Einrichtun-gen); Netzwerk Hochschuldidaktische Weiter-bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (vgl.www.hdw-nrw.de); Studienkommission fürHochschuldidaktik an Fachhochschulen inBaden-Württemberg (www.hochschuldidak-tik.net); Interdisziplinäres Zentrum für Hoch-schuldidaktik an der Universität Hamburg(www.izhd.uni-hamburg.de); Lehr-Zentrum ander ETH Zürich (vgl. www.elz.ethz.ch);Arbeitsgruppe für Hochschuldidaktik der Zür-cher Fachhochschule (vgl. Bachmann, H.: EinFaltprospekt für gutes Hochschullernen und -lehren, in: HSW 4/2006, S. 143-146). Bei derRecherche gewann der Verfasser den Ein-druck, dass entsprechende Institutionen ineinigen Bundesländern recht verbreitet (ins-bes. Nordrhein-Westfalen, Baden-Württem-berg, Bayern), in den meisten Bundesländerndagegen fast gar nicht vorhanden sind.

4) Wissenschaftsrat: Bessere Lehre durch Profes-sionalisierung der Hochschullehrertätigkeit,Pressemitteilung vom 29.01.2007.

5) Vgl. Bargel, T. / Ramm, M.: Studiensituationund studentische Orientierungen, 8. Studie-rendensurvey an Universitäten und Fachhoch-schulen (Kurzfassung), Bonn 2003, S. 12f.;Bargel, T. / Maltrus, F. / Ramm, M.: Studiensi-tuation und studentische Orientierungen, 9.Studierendensurvey an Universitäten undFachhochschulen, Bonn / Berlin 2005, S. 14.

6) Vgl. die in Fußnote 1 angegebenen Quellen.7) Overmann, M.: Emotionales Lernen: Sentio,

ergo cognosco, Manuskript – GöttingerTagung zum Emotionalen Lernen, März 2003,ergänzt und überarbeitet 2004, Kap. 13 (o. S.).

8) Ausspruch des griechischen Schriftstellers Plu-tarch, zitiert nach de.wikipedia.org (StichwortPlutarch).

9) Vgl. ausführlich zu den negativen Folgen dertraditionellen Lehre Lindemann, M.: KreativeBausteine für den kaufmännischen Unterricht,Rinteln 2000, S. 35ff.

10) Vgl. z.B. Schaefer, S.: Unterrichtsmethoden,Haan-Gruiten 2004; Lindemann, M.: KreativeBausteine für den kaufmännischen Unterricht,Rinteln 2000, S. 43-204.

11) Vgl. z. B. Winteler, A.: Professionell lehrenund lernen – ein Praxisbuch, 2. Aufl., Darm-stadt 2005; Wörner, A.: Lehren an der Hoch-schule, Wiesbaden 2006; www.hochschuldi-daktik-bawue.de (Rubrik Literatur); www.lehridee.de (dort gibt es Links zu zahl-reichen weiteren Websites).

12) Vgl. als ein bemerkenswertes Beispiel dazuFreeman, E. et al.: Entwurfsmuster von Kopfbis Fuß, Köln 2005, insbes. das Vorwort (die-ses ist im Internet z.B. über www.edv-buch-versand.de einsehbar).

13) Mechsner, F.: Wie das Wissen in den Kopfkommt, in: GEO 10/2004, S. 160-190, hier: S. 190.

EFFEKTIVES LERNEN

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tativer Faktoren wird die überfachlicheQualität des Studiengangs bewertet. Sowird beispielsweise die Methodenkom-petenz mittels Fragen nach der Anzahlder Wahl- und Pflicht-Credits von Prä-sentationseinheiten, Fallstudien, Pro-jektseminaren und Planspielen hinter-fragt. Bei der Sozialkompetenz stehenGruppenarbeiten und die Anerkennungvon Tutorientätigkeiten im Vorder-grund. Die Internationalität wird u.a.mit Fragen nach obligatorischen Aus-landsaufenthalten, der Zahl der auslän-dischen Dozenten und dem Anteilfremdsprachiger Lehrveranstaltungenund ausländischer Studierender abge-deckt. Letztlich sollen Fragen nach demVorhandensein von Career Centern,nach Informationsveranstaltungen überBerufsfelder und Arbeitsmarkt, Praxisse-mestern und Praxisphasen, Lehrveran-staltungen durch Praktiker von außer-halb der Hochschule sowie Professorenmit Praxiserfahrung Aufschluss über diePraxisbezogenheit des Studiengangsgeben. Das Rating wird in Zusammenar-beit mit dem Gemeinnützigen Centrumfür Hochschulentwicklung, CHE, erho-ben.

Für das Bachelorrating 2007 wurdeninsgesamt 376 Studiengänge begutach-tet. Erstmalig wurden – neben denbetriebswirtschaftlichen Studiengängen– auch die ingenieurwissenschaftlichenStudiengänge erhoben – unterteilt nachWirtschaftsinformatik, Wirtschaftsinge-nieurwesen, Maschinenbau/Verfahrens-technik, Elektro- und Informationstech-nik und Bauingenieurwesen.

Als bester Studiengang im Bauinge-nieurwesen wurde mit der höchstenWertung von vier Sternen der Studien-gang Bauingenieurwesen der HAWKHildesheim/Holzminden/Göttingengekürt. Zweitbeste Fachhochschule wardie HFT Stuttgart mit dem gleichnami-gen Studiengang und drei Sternen.

DNH 3 ❘2007

24 BERICHTE

Englischsprachige Lehrveran-staltungen als Folge zunehmen-der Internationalisierung

Die zunehmende Mobilität der Studie-renden und die internationale Ausrich-tung vieler Studiengänge führt nichtnur deutsche Studierende zu Studien-aufenthalten an ausländische Hoch-schulen, sondern in steigendem Maßeinternationale Studierende nachDeutschland. Dadurch werden an deut-schen Hochschulen vermehrt Lehrver-anstaltungen in Englisch angeboten.

Nicht selten stehen die Lehrenden voreinem Dilemma: Beschließt man, dieLehrveranstaltung in Englisch zu hal-ten, so muss man entweder englisch-sprachige Literatur finden, die demdeutschen Curriculum entspricht oderman muss selbst ein entsprechendesSkript erstellen, was mit einem enor-men Arbeitsaufwand verbunden ist.Gleichzeitig läuft man aber Gefahr, dassman insbesondere in den ersten Semes-tern deutschsprachige Studierende nurnoch unzureichend erreicht, falls derenenglische Sprachkenntnisse nicht aus-reichen, einer komplexen Materie inEnglisch zu folgen.

Ea liegt nun eine neue Lehrbuchreihedes Oldenbourg Verlages, ‚LehrbuchInternational’, vor, die englische Lehr-veranstaltungen an deutschen Hoch-schulen sinnvoll unterstützt. Die betref-fenden Inhalte werden in zwei Lehrbü-chern sowohl in Deutsch als auch inEnglisch dargestellt. Beide Lehrbüchersind so konzipiert, dass die Inhalte sei-tengleich dargestellt werden. Einegleichzeitige Bearbeitung der beidenSprachteile hilft den Studierenden, dienoch nicht über das nötige Fachvoka-bular der jeweiligen Fremdsprache ver-fügen, einer englisch- bzw. deutschspra-chigen Veranstaltung sinnvoll folgen zukönnen. Der erste Band behandelt die

Grundlagen der Investitionsrechnung.Der Titel der deutschsprachigen Ausga-be ist ‚Röhrich, Martina: Grundlagender Investitionsrechnung: Eine Darstel-lung anhand einer Fallstudie’. Die engli-sche Ausgabe heißt ‘Röhrich, Martina:Fundamentals of Investment Appraisal:An Illustration based on a Case Study’.

In der Lehre können sowohl der deut-sche als auch der englische Teil desBuches eingesetzt werden. Da die Inhal-te komplett seitengleich dargestellt wur-den, können außerdem Teile in Deutschund andere Teile in Englisch gelehrtwerden. Insgesamt wird die neue Reihedes Oldenbourg Verlags Lehrveranstal-tungen in Englisch an deutschen Hoch-schulen spürbar erleichtern und verbes-sern.

Martina Röhrich

Bachelor-Rating 2007

Der Arbeitskreis Personalmarketing(dapm) versteht sich als Kompetenz-netzwerk für innovatives Personalmar-keting. Er fördert u.a. den Erfahrungs-austausch auf dem Gebiet des Personal-marketings, entwickelt gemeinsameArbeits- und Qualitätsleitlinien undhilft bei der Erstellung von Bench-marks. Dazu dient auch das jährlichvorgenommene Bachelorrating. Es solleinen Überblick über die Qualität derneuen gestuften Studiengänge unterdem Aspekt der employability geben.Der Aspekt der Vermittlung beschäfti-gungsrelevanter Kompetenzen wurde inden bisher bekannten Hochschulran-kings und auch von den Akkreditie-rungsstellen nur in Ansätzen berück-sichtigt.

Auf dem Prüfstand steht bei diesemRating, ob ein Studiengang Methoden-und Sozialkompetenz der Absolventenstärkt und inwieweit er internationalund praxisbezogen ist. Anhand quanti-

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In der Betriebswirtschaftslehre wurden141 Studiengänge erfasst. Davon erhiel-ten 13 Studiengänge die Höchstnotemit fünf Sternen, darunter zehn Stu-diengänge der FHen FHW Berlin, Furt-wangen-Villingen-Schwenningen, Osna-brück, Reutlingen, Stralsund und Wis-mar.

In Elektrotechnik erreichten die unter-suchten 74 Studiengänge maximal vier Sterne. Diese Höchstwertung wurdeausschließlich von den Fachhochschu-len erreicht, wobei die ersten drei Plätzevon der FH Ulm mit ihren Studiengän-gen Industrieelektronik, Fahrzeugelek-tronik und Nachrichtentechnik einge-nommen wurden.

Auch im Maschinenbau war die Höchst-wertung vier Sterne. Als einzige Fach-hochschule war die HAWK Hildes-heim/Holzminden/Göttingen unter deninsgesamt sechs Hochschulen, die dieseWertung erzielten. In der nächstenKategorie mit drei Sternen waren dieFachhochschulen mit 13 von 15 mögli-chen Plätzen gut aufgestellt. Insgesamtwurden 80 Studiengänge in das Ratingeinbezogen.

In der Wirtschaftsinformatik wurden 20 Studiengänge untersucht. Die FHReutlingen erhielt als einzige Hoch-schule fünf Sterne.

Im Wirtschaftsingenieurwesen erreich-ten die Fachhochschulen Pforzheimund Karlsruhe Platz 2 und 3 von 31 Stu-diengängen mit der höchsten Wertungvon vier Sternen.

Dorit Loos

Akademikernetzwerk Lalisiofördert internationalen Wissenstransfer im Internet

Lehrende an Hochschulen haben beider Vereinbarung von Lehrverpflich-tung und Forschungsauftrag täglichsteigende Herausforderungen zu bewäl-

tigen. Überfüllte Seminare, Zeitmangelund Informationsflut machen es ihnenbekanntlich nicht einfach, beiden Auf-gaben gleichermaßen gerecht zu wer-den. Umso wichtiger ist es für sie, eineunkomplizierte Möglichkeit zu nutzen,

einerseits das eigene Wissen bekannt zumachen und andererseits genau dieMenschen und Materialien zu finden,die ihnen selbst bei ihrer wissenschaftli-chen Arbeit weiterhelfen.

Seit Januar dieses Jahres bietet das inter-nationale Wissensnetzwerk LalisioHochschullehrenden, Wissenschaft-lern und Studierenden unter www.lalisio.com eine zentrale, interdis-ziplinäre Anlaufstelle zum einfachenWissensaustausch über Länder- undInstitutsgrenzen hinweg. Ziel der Inter-netplattform ist es, den freien Zugangzu Wissen zu fördern und Experten ausForschung, Lehre und Studium zusam-menzuführen. Lalisio erleichtert dabeidie wissenschaftliche Kommunikationund den Wissenstransfer.

Akademiker haben die Möglichkeit, sichauf www.lalisio.com mit ihrer Arbeit inspezifischen Profilen einem wissens-orientierten, internationalen Publikumvorzustellen, eigene Dokumente wieArbeitspapiere oder Vorträge als „GraueLiteratur“ zu veröffentlichen, perDownload auszutauschen und sich zuvernetzen. Wissensträger können aufeigene Projekte und Publikationen hin-weisen, aktuelle Ergebnisse publizierensowie ihr Wissen für Kollegen, Studie-rende und potenzielle Kontakte jeder-zeit zugänglich machen. Über eineSuchfunktion finden Wissenssuchendebei Fragen schnell die richtigen An-sprechpartner der verschiedenen Fach-gebiete. Wissenschaftler aus allen Dis-ziplinen können sofort Kontakte zu For-schungs- und Diskussionspartnern welt-weit knüpfen.

Claudia Schmidt

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25BERICHTE

Die Mitgliedsunternehmen desdapm

accenture GmbHadidas AGAllianz AGAMB Generali Holding AGAudi AGBASF AGBayer AGBayerische Hypo- und VereinsbankAGBearingPoint GmbHBertelsmann AGBMW AGBosch GmbHCitibank Privatkunden AG & Co.KGaACommerzbank AGDaimlerChrysler AGDeutsche Bahn AGDeutsche Bank AGDeutsche Börse GroupDeutsche Post World NetDeutsche Telekom AGEADS Deutschland GmbHEnBW Energie Baden-WürttembergAGE-Plus GmbHErnst & Young AG Henkel KGaAIBM Deutschland GmbHInfineon Technologies AGL`Oréal Deutschland GmbHMicrosoft Deutschland GmbHPhilips GmbHPricewaterhouseCoopers AG WPGProcter & Gamble Service GmbHRAG AGROHDE & SCHWARZ GmbH & Co.KGRoland Berger Strategy ConsultantsGmbHSAP AGSiemens AGUBS Deutschland AGUnilever Deutschland GmbH

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Gerechte Noten:zur Gestaltung von Notensystemen für die Beurteilung von Leistungen in Klausuren

Prüfende lehren i.d.R. einen bestimm-ten prüfungsrelevanten Lehrstoff, densie dann – meist in Auszügen – in derPrüfung, die eine bestimmte Zeit dau-ert, abfragen. Geprüft wird dabei übli-cherweise nur die kognitive Leistungdes Prüflings. Folgende, für die spätereBenotung relevante Variablen ergebensich daraus:■ Quantität/Umfang des Lehrstoffes:

Wird in Relation zu der zur Verfü-gung stehenden Unterrichtszeit (diesauch im Vergleich zu anderen Leh-renden) viel oder wenig Stoff vermit-telt?

■ Qualität/Anspruchsniveau des Lehr-stoffes: Wird in Relation zu den vonden Prüflingen mitgebrachtenVoraussetzungen sowie zu anderenLehrenden ein niedriges oder einhohes Anspruchsniveau an den Taggelegt?

■ Deckungsgleichheit von gelehrtemStoff und prüfungsrelevantem Stoff:Wird nur das abgefragt, was auch(mehr oder weniger wörtlich) gelehrtwurde, oder verlangt der Prüfende,dass die Prüflinge sich auch darüberhinaus gehend fachrelevantes Wissenaneignen (z.B. durch Lektüre/Selbst-studium, Bearbeitung von Fallstudienetc.)? Ist die Prüfungszeit demgeprüften Lehrstoff angemessen?

Es ist offensichtlich, dass bei der Frageder Leistungsdefinition große Unter-schiede zwischen verschiedenen Leh-renden auftreten können: Wer viel und– aus Sicht der Lernenden – komplizier-ten Stoff vermittelt, viel an Vorkennt-nissen voraussetzt und darüber hinauserwartet, das die Prüflinge den Stoffselbständig vertiefen und ergänzen, giltals „schwer“, das von ihm gelehrte Fachals „schwierig“.

Messung des Leistungsniveaus

Der Lehrende vergleicht die Ausführun-gen des Prüflings mit seinen Erwartun-gen, denen bestimmte – i.d.R. von ihmselbst definierte – Beurteilungskriterienzugrunde liegen. Dabei kann er –gedanklich – auf ein Raster von 0% bis100% zurückgreifen: Zu wie viel Pro-zent, d.h. zu welchem Grad, hat derGeprüfte mit seinen Leistungen dieErwartungen erfüllt?

Bei mathematisch orientierten Aufga-ben („Kalkulieren Sie den Reisepreis aufBasis folgender Kosten …“) und reinen„Faktenfragen“ („Wie hoch ist die Reise-intensität …“) lässt sich das Leistungs-niveau i.d.R. einfacher messen als beiverbalen „Aufsatz-Aufgaben“, dochstellt sich auch hier die Frage, wie kor-rekte Zwischenlösungen (bei einemletztlich falschen Ergebnis) bewertetwerden. Werden sog. Folgefehler (einim Prinzip richtiges Verfahren wird aufein falsches Zwischenergebnis ange-wandt, so dass die weiteren Schrittezwar korrekt, das Endergebnis aber den-noch falsch ist) negativ bewertet? DieseFrage stellt sich übrigens nicht nur beimathematischen Aufgaben, sondernz.B. auch bei Textaufgaben im juristi-schen Kontext (z.B. falsche Anspruchs-grundlage im Reiserecht geprüft, daraufaufbauende nachfolgende Überlegun-gen aber in sich korrekt).

Bei verbal zu lösenden Aufgaben machtes Sinn, wenn der Prüfende die wesent-lichen bzw. möglichen Gedankengängeund Argumente im Sinne einer Muster-lösung als Beurteilungskriterium defi-niert: Der Prüfling hat vier von fünfArgumenten erkannt und diskutiert,

Prof. Dr. Torsten KirstgesFachhochschule Olden-burg/Ostfriesland/Wil-helmshavenStudiengang [email protected]

Torsten Kirstges

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26 KIRSTGES

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also hat er 80% Leistung auf diese Auf-gabe bezogen erbracht.

Es ist offensichtlich, dass es großeUnterschiede hinsichtlich der Beurtei-lung des Leistungsniveaus geben kann.Als „streng“ oder vielleicht schon„ungerecht“ dürfte ein Prüfender gel-ten, der nur solche Antworten als kor-rekt bewertet, die voll und ganz seinenErwartungen (also seiner Musterlösung)entsprechen. Schwierig wird es auch,wenn Werturteile, also nicht wahrheits-fähige Aussagen, gefragt sind („Beurtei-len Sie …“): Wie beurteilt der PrüfendeWerturteile des Geprüften, die nicht sei-nem eigenen Urteil (oder einer herr-schenden Meinung) entsprechen, aberdurchaus möglich (und argumentativuntermauert) sind?

Der Prüfende sollte seinen Erwartungs-horizont den Prüflingen bei der konkre-ten Aufgabenstellung erkennbarmachen. Gerade in den Wirtschaftswis-senschaften kann man zu jeder Frageund Problemstellung sowohl nur einigeWorte als Lösung schreiben („Lexikon-Stichwort“) als auch eine seitenlangeAbhandlung, geleitet über Assoziations-ketten, verfassen. Der Prüfling mussaber wissen, in welchem Umfang derPrüfer die Beantwortung einer Frageerwartet. Dies kann der Prüfende z.B.durch die Angabe von Bearbeitungszei-ten je Aufgabe gewährleisten, wodurchdie gesamte zur Verfügung stehendeKlausurbearbeitungszeit den einzelnenPrüfungsfragen entsprechend aufgeteiltwird.

Darüber hinaus stellt sich das Problem,dass der Schwierigkeitsgrad der einzel-nen Aufgaben unterschiedlich hochsein kann. Wird z.B. eine Frage mit

Wie kommt ein Prüfender zu einer der Leistung des Geprüften entsprechenden Note? Wann ist eine

Note bzw. ein Notensystem (leistungs-)gerecht? Worin liegen die Probleme der Benotung? Diesen Fra-

gen soll in den folgenden Ausführungen nachgegangen werden.

hohem Schwierigkeitsgrad richtigbeantwortet, so macht es Sinn, wennder Geprüfte hierfür einen höherenNotenanteil gut geschrieben erhält alsbei der erfolgreichen Lösung einer ein-facheren Frage. Hierbei stellt sichjedoch das Problem, wer den relativenSchwierigkeitsgrad definiert und wie erbei der Ermittlung des gesamten Leis-tungsniveaus Berücksichtigung findet.

In der Regel wird es der Prüfende sein,der festlegt, ob eine Frage schwierig(und damit hoch gewichtet) oder leicht(und damit gering gewichtet) ist. Dochkann es sein, dass seine Einschätzungvon der der Prüflinge abweicht: Dieseempfinden eine andere Aufgabe als vielschwieriger. Somit könnte der subjektivdefinierte Schwierigkeitsgrad erst beider Auswertung der Klausurergebnisseevaluiert werden, indem statistisch aus-gewertet wird, welche Fragen von wel-cher Anzahl der Kandidaten richtig bzw.falsch beantwortet wurden. Dies istjedoch nicht nur sehr aufwändig, son-dern birgt auch das methodische Pro-blem, dass damit das Anspruchsniveauletztlich erst nachträglich (und damitnicht mehr unabhängig von der jeweili-gen Prüflingsgruppe) definiert wird.

Hier deutet sich ein weiteres Problemder Messung des Leistungsniveaus an:Es mag Klausuren geben, die – vielleichtsogar vom Prüfenden unbeabsichtigt –aus Sicht der Prüflinge schwieriger sindals andere. Und es mag Gruppen geben,die ein generell niedrigeres Leistungsni-veau aufweisen als andere. Letztereskann z.B. daher kommen, dass zweiStudentengruppen aus unterschiedli-chen Studiengängen, die einen unter-schiedlich hohen Numerus Clausus auf-weisen, dieselbe Klausur schreiben: DieStudentengruppe, die den höheren NCerfüllt, schneidet auch deutlich besserbei der Klausur ab. Soll der Prüfende

derartigen Unterschieden inter-tempo-raler (die Kohorte (selbe Gruppe) warbei früheren Prüfungen signifikant bes-ser/schlechter als jetzt) oder inter-perso-neller Art (andere Prüflinge sind/warenbei derselben Prüfung wesentlich bes-ser/schlechter als die jetzt bewerteteGruppe) nun Rechnung tragen? Undfalls ja: Wie bzw. in welchem Umfang?

Auf relativ einfache Weise könnte mandies durch eine Variation der Grenze, abder der Prüfling durchgefallen ist,berücksichtigen (vgl. unten zur Frageder Notensysteme): Würde die Klausurungewöhnlich schlecht ausfallen, könn-te man die Hürde zum Bestehen absen-ken: statt bei 50% Mindestleistungdann schon bei z.B. 40% bestanden.Andere Systeme legen keinen absoluten,d.h. über verschiedene Gruppen vonPrüflingen geltenden Maßstab an, son-dern nutzen einen nur jeweils auf diegeprüfte Gruppe angewandten Leis-tungsindex.

Bereits aus den bisherigen Überlegun-gen erkennt man unschwer, dass eskeine objektive, absolute (d.h. immerund überall gleich gültige) und damit(leistungs-)„gerechte“ Definition undMessung von Leistung durch Prüfendegeben kann. Für manche Prüflinge magdies schon höchst „ungerecht“ klingen,sehen sie sich doch dem Goodwill desPrüfenden ausgeliefert. Und in der Tatist es dem Anspruchsniveau und derUrteilskraft des Prüfenden anheim gege-ben, wie er die Leistung des Prüflingsmisst und beurteilt. Jeder Professor stelltetwas andere Anforderungen, hat ande-re Schwerpunktsetzungen, spricht ande-re Fähigkeiten der Studierenden an undstellt letztlich auf seine Weise Leistungfest. Dabei gibt der Prüfende Signale andie Prüflinge und ggf. an ihre späterenVerwender (z.B. Arbeitgeber), indem diePrüflinge letztlich in Qualitäts-Cluster

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27GERECHTE NOTEN

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schiedenen Dozenten durch eine Befra-gung zu ermitteln versuchen. JederDozent müsste (sich) selbst beurteilen:■ Wird eine „Musterlösung“ erstellt,

der klare und nachvollziehbare Beur-teilungskriterien zugrunde liegen?

■ Wie werden die Punkte (Prozente dererreichten Leistung) auf die einzel-nen Aspekte der (Muster-)Lösung ver-teilt? Inwiefern wird dabei derSchwierigkeitsgrad einer Aufgabeberücksichtigt?

■ Wie werden Zwischenlösungen undFolgefehler bewertet?

■ Wie werden vom Prüfling geforderteWerturteile bewertet?

■ (Wie) Ist erkennbar, in welchemUmfang der Prüfer die Beantwortungeiner Frage erwartet?

■ (Wie/Inwiefern) Werden Leistungsun-terschiede inter-temporaler oderinter-personeller Art zwischen ver-schiedenen Prüflingsgruppen ausge-glichen?

Um die Transparenz für die Prüflinge zuerhöhen, sollten die Musterlösungenund auch die Punkteverteilung auf dieeinzelnen Teilaspekte der Musterlösungim Anschluss an die Klausur bekanntgemacht werden. Nur so können diePrüflinge – nachträglich, aber ggf. auchim Hinblick auf künftige Prüfungen –erfahren, auf welche Aspekte der PrüferWert legt, wie er bewertet etc.

Codierung des Leistungsniveaus in einem Notensystem

Verschiedene Ansätze zur Definition der Notensysteme

Um Leistungen, die Prüflinge bei ver-schiedenen Prüfern oder auch in ver-schiedenen Bildungseinrichtungenerzielen, vergleichbar zu machen, wirddas gemessene Leistungsniveau in einNotensystem übertragen, d.h. umco-diert. Verschiedene Länder, Kulturen

oder auch nur Schulformen verwendenhierzu durchaus unterschiedliche Syste-me, was letztlich die Vergleichbarkeiterschwert. Als „Note“ können dabeiZahlenwerte, Buchstaben oder Wortezur Anwendung kommen.

Die Notensysteme, die auf Zahlenwer-ten basieren, müssen folgendes festle-gen:■ Zahlenbereich: von welcher Zahl bis

zu welcher Zahl reicht die Notenska-la?

■ Schrittweite/Abstufung: Werden nurganzzahlige Noten vergeben oderauch Nachkommastellen berechnetund angegeben?

■ Richtung: Entspricht die größere Zahlder besseren oder der schlechterenLeistung?

■ Ggf. verbale Umschreibung der Note.■ Was ist die minimale Leistung bzw.

die Mindestnote, ab der eine Leis-tung noch akzeptabel und die Prü-fung somit bestanden ist?

■ Umsetzungsmaßstab/Code-Plan: Wiewird der gemessene Leistungsgrad inNoten umgesetzt/umgerechnet?

Im deutschen (Hoch-)Schulsystemherrscht weitgehend Einigkeit über fol-gende Festlegungen:■ Es gibt die (ganzen) Noten 1, 2, 3, 4,

5, 6 (wobei in Hochschulen oft 5und 6 als 5 zusammengefasst, somitnicht mehr unterschieden werden).

■ Es gibt Komma-Noten, wobei manch-mal jede Zehntel-Note möglich ist,manchmal nur die „…,3“ bzw. „…,7“im Sinne von „minus“ bzw. „plus“unterschieden wird.

■ Je kleiner die Zahl, desto besser dieLeistung (1 ist besser als 2 ist besserals 3 …).

■ Verbale Umschreibung: 1 = „sehrgut“, 2 = „gut“, 3 = „befriedigend“, 4= „ausreichend“, 5 = „mangelhaft“, 6= „ungenügend“.

■ Bestanden gilt eine Prüfung ab derNote 4.

eingeteilt werden. Diese Signale können(sollen) dazu dienen, dass der Prüflingseine Leistung ggf. noch steigert.

Unter Gerechtigkeitsaspekten ist dabeiauf zweierlei zu achten:a) Horizontale Bewertungsgerechtigkeit:

Gleiche Leistungen müssen zu glei-cher Beurteilung führen! Hierbesteht, wie oben ausgeführt, dasProblem jedoch darin, gleiche Leis-tungen inter-temporal und inter-per-sonell zu identifizieren.

b) Vertikale Bewertungsgerechtigkeit:Deutlich bessere Leistungen müssenzu besserer Beurteilung führen, unddie Rangreihe muss transitiv sein(wenn A besser als B bewertet ist undB besser als C, dann muss A auchbesser als C bewertet sein). Hierbesteht das Problem darin, Grenzenbzw. Abweichungsniveaus festzule-gen, ab denen eine Leistung als soviel besser zu beurteilen ist, dass siezu einer besseren Benotung führtund den Prüfling somit in ein ande-res Leistungs-Cluster einteilt. Ausmeiner Erfahrung hat sich folgendesSystem zur Festlegung des An-spruchsniveaus je Aufgabe und zurBemessung der Leistung als fruchtbarerwiesen: Jede Aufgabe einer Klausur erhälteine Punktzahl. Diese Punktzahl ent-spricht den Minuten, die der Studie-rende für diese Aufgabe (inkl. derLektüre des Aufgabentextes) verwen-den soll. Durch diese Punkte- =Minutenzahl wird dem Schwierig-keitsgrad einer Aufgabe Rechnunggetragen. Tendenziell wird bei einerhöheren Punktzahl auch eineumfangreichere Ausarbeitung erwar-tet. Die Summe aller Punkte ent-spricht der Gesamtbearbeitungszeitder Klausur. Somit hat der Prüflingunmittelbar einen Orientierungs-maßstab (nämlich die Zeit) hinsicht-lich der erwarteten Bearbeitungsin-tensität einer Aufgabe. Die Punktzahl(bzw. die Leistung) kann dann auf100 Punkte = 100% umgerechnetwerden, um im nächsten Schrittschließlich Noten festzulegen.

Die Frage, wie das Leistungsniveaugemessen wird, könnte man für die ver-

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Da es in Europa sehr verschiedeneBenotungssysteme gibt, wurde dasECTS-Notenschema (ECTS-gradingscale; ECTS = European CommunityCredit Transfer System) entwickelt, dasden Hochschulen helfen soll, die vonden Gasthochschulen vergebenenNoten dem heimischen System entspre-chend zu transponieren und vice versa.Die ECTS-grades ersetzen hierbei nichtdie heimische Art der Bewertung. Aufdie Problematik der Umrechnung vonLeistungsbewertungen („Noten“) zwi-schen den verschiedenen Benotungssys-temen soll in diesem Beitrag nicht ein-gegangen werden; in der nachfolgendenÜbersicht sind die allgemein als ent-sprechend geltenden deutschen Notenzur Information aufgeführt.

An der Fachhochschule in Wilhelmsha-ven z.B. gilt folgendes Notenschema:

Des Weiteren herrscht bei den meistenProfessoren unserer Hochschule Einig-keit darüber, dass mindestens 50% dererwarteten Leistung vom Studierendenerbracht sein muss, damit die Note 4,0gewährt wird. Wie oben angedeutet,wird von manchen Prüfern jedoch hier-von abgewichen: War die Klausur imVergleich zu früheren Klausuren über-durchschnittlich schwer und/oderwaren die Leistungen der Prüflinge

ungewöhnlich schlecht (beides stellt derPrüfende erst bei der Korrektur fest), sowird die Grenze auf z.B. 40% abge-senkt, um auch intertemporal bzw.interpersonell einer Beurteilungsgerech-tigkeit näher zu kommen. DenselbenEffekt hat ein Notensystem, das jeweilsnur das Leistungsniveau der geprüftenGruppe betrachtet („Sozialnorm“). Sokann das ECTS-Notenschema auch wiefolgt angewandt werden:

Gerade um eine intertemporale Bewer-tungsgerechtigkeit anstreben zu kön-nen, sollte diese Art der Bewertungjedoch nur dann angewandt werden,wenn über mehrere Gruppen von Prüf-lingen Erfahrungswerte vorliegen, daeine isolierte Betrachtung nur einerGruppe zu sehr starken (nicht gerecht-fertigten) Verschiebungen im Notensys-tem führen könnte.

Noten als ordinale Messsysteme

Einigkeit herrscht darüber, dass zahlen-mäßige Notensysteme ordinal skaliertsind, somit eine Rangskala darstellen,also nicht metrisch zu interpretierensind. Daraus folgt z.B.:■ Eine „1“ ist besser als eine „2“, aber

keinesfalls doppelt so gut oder garnur halb so gut (die Hälfte von 2 ist1; da die Beurteilungsrichtung aberumgekehrt läuft, könnte man auf dieIdee kommen, „1“ wäre doppelt sogut wie „2“ – dies ist i.d.R. nicht derFall).

■ Eine „4“ ist schlechter, aber ebennicht doppelt so „schlecht“ wie eine„2“ (dieses Adjektiv würde bei einer„2“ ohnehin kaum passen).

■ Um von einer „4“ auf eine „3“ zukommen bedarf es nicht unbedingtderselben Mehrleistung wie man sie

GERECHTE NOTEN

ECTS-Noten ECTS-Definition entsprechende deutsche Noten

A Excellent – outstanding performance and only 1,0 bis inkl. 1,5a few minor mistakes

B Very good – above average performance, schlechter als 1,5 but some mistakes bis inkl. 2,0

C Good – overall good, solid work, but containing schlechter als 2,0 a few basic errors bis inkl. 3,0

D Satisfactory – undistinguished performance but schlechter als 3,0 no serious shortcomings bis inkl. 3,5

E Sufficient – meets the minimum requirements schlechter als 3,5 bis inkl. 4,0

FX/F Fail – improvement is essential before the work schlechter als 4,0can be counted

F Fail – major improvement required

ECTS-Notensystem

ganze Note abgestuft in fol-gende Komma-Noten

1 = sehr gut 1,01,3

2 = gut 1,72,02,3

3 = befriedigend 2,73,03,3

4 = ausreichend 3,74,0

5 = nicht bestanden 5,0

Notensystem an derFachhochschule in Wilhelmshaven

ECTS-Noten Definition mittels Leistungs-Cluster

A die 10% Besten

B die darauf folgenden 25% Guten

C die darauf folgenden 30%

D die darauf folgenden 25%

E die schlechtesten 10%, die noch bestanden haben

FX/F durchgefallen

Abbildung: ECTS-Notensystem mit Leistungs-Clustern

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eine identische Spanne von Punkten(bzw. Prozenten richtiger Antwor-ten).

■ Da es keine 0,7 und keine 4,3 gibt,werden die Punkte für diese beidenNoten der 1,0 bzw. 4,0 zugeschrie-ben.

■ Es ist relativ leicht, in den 4er-Bereich zu gelangen (z.B. durch Aus-gleich von schlechten/schwachenLeistungen in vielen Aufgaben durchgute Leistungen in einigen anderenAufgaben). Daher wird dieser Bereich(obwohl nur mit zwei Notenstufenabgedeckt, nämlich 4,0 und 3,7)ebenso groß gefasst wie die nachfol-genden Notenbereiche (Spanne von12,5 Prozentpunkten).

■ Es ist sehr schwierig, in den oberstenNotenbereich zu gelangen (1,3 bzw.

1,0), da der Student hierfür auf allenGebieten der Klausur hervorragendsein muss (kein Ausgleich möglich).Daher wird auch dieser Bereich(obwohl nur mit zwei Notenstufenabgedeckt) ausreichend groß gefasst(Spanne von 12,5 Prozentpunkten).

Die Industrie- und Handelskammernverwenden einen Notenschlüssel, anden sich manche Kollegen anlehnen.Wenngleich nicht explizit so formuliert,kann man daraus folgende Philosophieerkennen:■ Nur die ganzen Noten 1, 2, 3, 4, 5

und 6 werden von der IHK eingeteilt(hier fett eingetragen). Dabei wird dieLeistungs-/Prozentspanne zu denguten Noten hin enger, d.h. mankann mit immer weniger Punktenschneller „aufsteigen“: Bis zur 4braucht man 50%, bis zur 3 dannnur noch 17%, bis zur 2 noch 14%,bis zur 1 noch 11% (Leistungsspan-nen verringern sich immer um 3 Pro-zentpunkte).

■ Die hier abgebildete Unterteilung indie Zwischennoten wurde gemäß die-sem System ergänzt.

■ Zu den guten Noten hin „strenger“Ansatz: Wer eine gute 2 oder gar 1bekommen möchte, muss nahezualle Aufgaben perfekt gelöst haben(geringe Spanne in den oberenNoten).

benötigt, um von einer „2“ auf eine„1“ zu kommen. So könnte der Prü-fer die Meinung vertreten, dass derSprung von „4“ auf „3“ relativ leichtzu schaffen sein soll, während manfür den Sprung von der „2“ auf die„1“ schon hervorragend sein soll, sodass der prozentuale Leistungsbe-reich der „2“ viel weiter gefasst wirdals derjenige der „4“. Er könnte aberauch die erforderlichen Mehrleistun-gen genau umgekehrt ansetzen …

Zuordnung von Leistungsniveau und Notensystem

Mehr oder weniger große Uneinigkeitherrscht nun aber darüber, wie das mitProzentwerten festgestellte Leistungs-niveau auf die Notenskala übertragenwerden soll. Hier gibt es durchausunterschiedliche Philosophien bei ver-schiedenen Prüfern, wie eine – sicher-lich nicht repräsentative, aber dochsehr informative – Umfrage unter Pro-fessorenkollegen unserer Hochschulegezeigt hat – wobei vielen Prüfern diehinter ihrer Notengebung stehende„Philosophie“ gar nicht bewusst seindürfte.

Dem von mir bislang verwendetenNotenschlüssel liegt folgende Philoso-phie zugrunde:■ 50% richtige Antworten müssen

mindestens erreicht werden, um eineKlausur zu bestehen.

■ Jede ganze Note (1, 2, 3, 4) umfasst

KIRSTGES

Punkte Note Spanne Spanneab inkl. bis unter ganze Noten

0,0 - 50,0 5,0 50,0 50,050,0 - 58,5 4,0 8,5 12,558,5 - 62,5 3,7 4,062,5 - 66,5 3,3 4,066,5 - 71,0 3,0 4,5 12,571,0 - 75,0 2,7 4,075,0 - 79,0 2,3 4,079,0 - 83,5 2,0 4,5 12,583,5 - 87,5 1,7 4,087,5 - 91,5 1,3 4,0 12,591,5 bis inkl. 100,0 1,0 8,5

Abbildung: Notenschlüssel Prof. Dr. Kirstges

Punkte Note Spanne Spanneab inkl. bis unter ganze Noten

0,0 - 50,0 5,0 50,0 50,050,0 - 60,0 4,0 10,0 17,060,0 - 67,0 3,7 7,067,0 - 72,0 3,3 5,072,0 - 77,0 3,0 5,0 14,077,0 - 81,0 2,7 4,081,0 - 85,0 2,3 4,085,0 - 89,0 2,0 4,0 11,089,0 - 92,0 1,7 3,092,0 - 97,0 1,3 5,0 8,097,0 bis inkl. 100,0 1,0 3,0

Abbildung: IHK-Notenschlüssel

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Ein anderer Kollege verwendet folgen-den Ansatz:■ 50% richtige Antworten müssen

mindestens erreicht werden, um eineKlausur zu bestehen.

■ Zu den guten Noten hin „strenger“Ansatz: Wer eine gute 2 oder gar 1bekommen möchte, muss nahezualle Aufgaben perfekt gelöst haben(geringe Spanne in den oberenNoten).

Wieder ein anderer Kollege verwendetfolgendes Schema:■ 50% richtige Antworten müssen

mindestens erreicht werden, um eineKlausur zu bestehen.

■ Gleichmäßige Aufteilung in 5%-Schritten.

Die Auswirkungen der unterschiedli-chen Notensysteme auf die Beurteilungeines einzelnen Prüflings kann man ambesten grafisch erkennen.

Man erkennt, dass das Kirstges’scheNotenspektrum über alle Notenstufen(mit Ausnahme von 4,0 und 1,0) „stu-dentenfreundlicher“ ist als das des Kol-legen A: So gibt es bei z.B. 70% Leis-tungsniveau bei Kirstges eine „3,0“, beiKollege A nur eine „3,3“. Für 90% gibtes bei Kirstges eine „1,3“, bei A nur eine„1,7“. Oder anders herum gelesen: Eine„2,3“ gibt es bei Kirstges schon für 75%der maximal erzielbaren Leistung, bei Aerst ab 83%.

Gegenüber Kollege B ist das Kirst-ges’sche Notensystem im Bereich derbesseren Noten (ab „2,7“) studenten-freundlicher, da man in diesem Bereichmit weniger Leistungszuwächsen, alsosozusagen leichter zu besseren Notenkommt. Im Bereich der schlechterenNoten ist Kollege B jedoch studenten-freundlicher: Der Prüfling kommt hierschon bei geringeren Leistungsverbesse-rungen zu einer weniger schlechtenNote.

Derart unterschiedliche Systeme derZuordnung von Noten zu Leistungsni-veaus können von Studierenden als„ungerecht“ wahrgenommen werden.Für den einzelnen Studierenden ist esschon ein deutlicher Unterschied, ob er

bei z.B. 80% erzieltem Leistungsniveaueine „2,0“ (Kirstges, Kollege B), eine„2,3“ (zehntelgenaues System) oder eine„2,7“ (Kollege A und IHK-System)bekommt.

Andererseits würde auch eine Einheit-lichkeit des Maßstabes nicht weiterhel-fen, da – wie oben ausgeführt – jederPrüfende mit je seiner Methode spezifi-sche Fähigkeitskombinationen feststelltund benotet. Ein (lediglich) einheitli-cher Maßstab würde eine „Scheinobjek-tivierung“ bedeuten. Lediglich über alleNoten aller Dozenten kann sich somitein „richtiges“ Gesamtbild der Leis-tungskraft eines Studierenden ergeben.

Es kann also kein wirklich „gerechtes“,vermutlich nicht einmal ein wirklichleistungs-gerechtes Notensystem geben.Es würde zu weit führen, hier auf diesegrundsätzliche Frage näher einzugehen.Kurz sei z.B. auf Lyotard hingewiesen,gemäß dem es keine absolute Gerechtig-keit innerhalb einer Gesellschaft gebenkann, da Gerechtigkeit naturgesetzmä-ßig Ungerechtigkeit beinhaltet. Diese

unvermeidbare Ungerechtigkeit bestehtdarin, dass man sich immer für eineMöglichkeit (hier: ein Notensystem)entscheiden muss und dabei andereunrealisierbar bleiben, obwohl sie völliggleichberechtigt sind, weil wegen desFehlens von Metaregeln eine Legitima-tion des einen oder des anderen Tunsunmöglich ist. (Lyotard, J.F. : DerWiderstreit. München 1987). Dahersollte zumindest in diesem Bereich derNotenfestlegung Transparenz – nichtunbedingt Einheitlichkeit – herrschen.Darauf hinzuwirken ist Sinn und Zweckdieses Beitrages.

Ich danke meinen Kollegen Prof. Dr.Christian-Uwe Behrens, Prof. Dr. UweWeithöner und Prof. Dr. Knut Scherhagfür ihre Informationen und Anregun-gen! ■

GERECHTE NOTEN

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90,0

100,0

1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 2,9 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 3,7 3,8 3,9 4,0

Noten

Pu

nkt

e (L

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g i

n P

roze

nt)

Kirstges

Kollege A

Kollege B

Abbildung: Vergleich der von verschiedenen Prüfern verwendeten Notensysteme

Page 32: Hartmut F. BinnerSystematische Hochschulentwicklungdie Bundesregierung die Rechte wahr, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen.“ Auch

32 WISSENSWERTES

DNH 3 ❘2007

Damit gerät die – hier nur aus der Pres-semitteilung bekannte – Entscheidungoffenbar in Konflikt mit der jüngstenEntscheidung des Bundesgerichtshofs(BGH, Urt. v. 27.3.2007 – VI ZR101/06). Nach §§ 823 II BGB, 1004 IBGB analog sowie nach §§ 823 II BGB,185 StGB besteht eine Verpflichtung zurBeseitigung und damit eine Pflicht zurUnterlassung künftiger Rechtsverlet-zung. Forenbetreiber können sich nichtauf die mediale Privilegierung für Fern-sehsendung („Markt der Meinungen“)berufen, weil eine einmalige Fernseh-ausstrahlung mit dem dauerhaften Ein-stellen in ein Forum eben nicht ver-gleichbar ist. Nach der insoweit Bestandbehaltenden Entscheidung der Vorin-stanz wurden auch die Anwaltskostenteilweise dem Forenbetreiber auferlegt.Der Forenbetreiber kann nach demBGH sogar dann allein in Anspruchgenommen werden, wenn die Identitätdes Verfassers der verletzenden Äuße-rungen bekannt ist.

Nach wie vor ist nicht abschließendgeklärt, wie streng der rechtliche Maß-stab zu setzen ist, dem Forenbetreiberund so auch der meinProf e.V. für dasPortal www.meinProf.de unterliegen.Für Klagen sollte daher ein Gerichtsortgewählt werden, an dem diese Unsi-cherheiten möglichst minimiert sind(bspw. Landgericht Hamburg). Dasermöglicht § 32 ZPO. Da der Deliktsortfür Internetdelikte überall in Deutsch-land liegen kann, ist das Gericht nahe-zu frei wählbar.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dassdie Rechtsauffassung, die in den jeweili-gen Datenschutzgesetzen drittschützen-de Rechtsnormen sieht, zu dem Ergeb-nis gelangt, dass über §§ 823 II BGBund das entsprechende Datenschutz-gesetz ein Anspruch auf Beseitigungbereits bei der Speicherung persönlicherDaten gegeben sein dürfte. Das Gegen-argument hier: Daten sind nichtgeschützt, die öffentlich zugänglichsind, bei Hochschullehrern eben die im

Kein Anspruch auf Kuschelnoten

Mit seiner Entscheidung (VG Osna-brück, Beschl. v. 8.5.2007 – 3 B 18/07)entschied das Verwaltungsgericht Osna-brück über das Begehren eines Hoch-schullehrers, der sich gegen eine ausge-sprochene „Entpflichtung“ als (weite-res) Mitglied des Prüfungsamts wende-te. Die „Entpflichtung“ stellt den spie-gelbildlichen Rechtsakt (sog. „actuscontrarius“) zu der Bestellung zu einemder „nichtständigen Mitglieder des Prü-fungsamts“ dar. Dabei handelt es sichnicht um eine Regelung mit Außenwir-kung, mithin nicht um einen Verwal-tungsakt. Den Eilantrag des Professors,ihm das weitere Prüfen vorläufig zuermöglich, wies das Gericht zurück.

Das Gericht fasste in den Leitsätzen derEntscheidung zusammen:

Die Prüfungspflicht des Professorsgemäß § 24 I 2 NHG ist beamtenrecht-liche Dienstpflicht. Dieser entsprichtkein Grundrecht des Hochschullehrersauf Prüfungsteilnahme aus Art. 5 IIIGG.

Die Entpflichtung als Prüfer auf derGrundlage einer Prüfungsordnung stelltsich als teilweiser Entzug der demDienstposten des Professors zugewiese-nen Aufgaben dar. Ein solcher Auf-gabenentzug ist gerichtlich (nur)daraufhin zu überprüfen, ob die für denDienstherrn handelnde Behörde das ihreingeräumte Ermessen in rechtmäßigerWeise ausgeübt hat, insbesondere obdie Maßnahme auf einem sachlichenGrund beruht oder von sachfremdenErwägungen maßgebend geprägt gewe-sen ist.

Es stellt einen sachlichen Grund füreine Entpflichtung eines Prüfers dar,wenn dieser dem Prüfungsamt organi-satorische Vorgaben für das Prüfungs-

verfahren (Zusammensetzung von Prü-fungsausschüssen/Prüferkombinatio-nen) macht, an deren Einhaltung erseine Bereitschaft zur Mitwirkung ganzoder teilweise anknüpft.

Es stellt keine sachfremde Erwägungdar, wenn das Prüfungsamt die durch-gängige Vergabe der Bestnoten durcheinen in bestimmter Weise besetztenPrüfungsausschuss mit Blick auf das inder Prüfungsordnung niedergelegteNotensprektrum wegen fehlender„Notenspreizung“ zum Anlass nimmt,auf Prüfungsausschüsse dieser Zusam-mensetzung zu verzichten.

Entscheidungen zu meinProf.de

In der Presse wurde von einer – nochnicht rechtskräftigen – Entscheidungdes Landgerichts Berlin vom 31.5.2007unter dem Aktenzeichen 27 S 2/07berichtet. Ein Hochschullehrer an einerbrandenburgischen Fachhochschulewendete sich gegen ehrverletzende Kri-tik, die unter www.meinProf.de einge-stellt worden war („Psychopath“ und„echt das Letzte“). Der Betreiber derInternetseite, damals der CompanyConsulting e.V., nunmehr der meinProf e.V., löschte die Einträgeumgehend, weigerte sich jedoch, einestrafbewehrte Unterlassenserklärungabzugeben und die Anwaltskosten zuübernehmen. Mit der darauf abzielen-den Klage obsiegte der Hochschullehrerzunächst vor dem Amtsgericht Berlin,unterlag dann aber in der Berufungsin-stanz.

Die deliktsrechtliche Verantwortlichkeitdes Portalbetreibers für die Einträge derPortalnutzer ende, so das Landgericht,bei der umgehenden Löschung nachAufforderung. Hochschullehrer müsstensich der öffentlichen Meinung stellen.Ein strafbewehrtes Unterlassen könnenicht verlangt werden, ebenso wenigdie Übernahme der außergerichtlichenAnwaltskosten.

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33WISSENSWERTES

DNH 3 ❘2007

Internet abrufbaren Vorlesungsverzeich-nisse. Datenschutzrechtliche Aspekteblieben in dem Verfahren vor demLandgericht Berlin unberücksichtigt.

Ob nunmehr gegen das Urteil des Land-gerichts Berlin weitere Rechtsmittel ein-gelegt werden, bleibt abzuwarten. DieBetreiber entsprechen dem Löschungs-begehren in der Praxis, wenn von Sei-ten des hlb eine Aufforderung zurLöschung eines Mitglieds übermitteltwird.

Nachtrag: Rückwirkung derAnsprüche auf hinreichende Alimentierung kinderreicherBeamter?

In der vorherigen Ausgabe der DNHwurde von möglichen Ansprüchen kin-derreicher Beamter (mehr als zwei Kin-der) über die gewährten familienbezoge-

nen Bezügebestandteile hinaus berich-tet. Dabei stellt sich auch die Frage, obein entsprechender Antrag auf „Nach-zahlung, soweit die für das dritte bzw.jedes weitere Kind gewährten Zuschlägenicht einen Abstand von 15% zum sozial-hilferechtlichen Gesamtbedarf eines Kindesaufweisen“ und der entsprechendeWiderspruch gegen die verringerteBesoldung Rechtswirkung für die Ver-gangenheit haben.

Das VG Hannover (Urt. v. 16.11.2006 –2 A 1362/05) lässt eine solche Rückwir-kung zu. Das OVG Saarlouis entschiednun (OVG Saarlouis, Urt. v. 23.2.2007 –1 R 27/06 sowie Urt. v. 23.3.2007 – 1 R 28/96), auch für die Jahre 2004 bis2006 werde der Anspruch auf amtsan-gemessene Alimentation nicht erfüllt.Das Oberverwaltungsgericht beschränk-te die Nachalimentierung allerdings aufdas Haushaltsjahr, in dem der oben

genannte Antrag gestellt wurde. Sol-cherart Zahlungsansprüche müsstenzeitnah, mithin im jeweils laufendenHaushaltsjahr, geltend gemacht werden.Das OVG Münster hatte bereits im Jahr2000 das Erfordernis der zeitnahen Gel-tendmachung der Ansprüche enggefasst (Urt. v. 5.12.2000 – 12 A369/99). Ob sich dem die Oberverwal-tungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichts-höfe der übrigen Bundesländeranschließen und wie dann das Bundes-verwaltungsgericht entscheidet, bleibtabzuwarten.

Jedenfalls ist jeder zeitliche Ausschlussvon an sich materiell gerechtfertigtenAnsprüchen nur unter dem Aspekt desHerstellens von Rechtssicherheit undVertrauen in den Zustand bis dato zurechtfertigen. Ob sich die öffentlicheHand angesichts der gravierenden Ver-schleppung einer verfassungsgerechtenAusgestaltung der Besoldung daraufauch im Jahr 2007 noch berufen kann,bleibt fraglich.

Neue Büchervon KollegenTechnik ❘Informatik ❘Naturwissenschaften

Basiswissen Web-Programmierung.XHTML, CSS, Java-Script, XML, PHP, JSP, ASP.NET, AjaxH. Balzert (FH Dortmund) W3L-Verlag: 2007

Entwurfshandbuch Ideen Visualisieren Scribble, Layout, Storyboard4. Auflage, G. Krisztian und N. Schlempp-Ülker (FH Wiesbaden)engl. Ausgabe bei Thames & Hudson:London 2006franz. Ausgabe bei Groupe Eyrolles:Paris 2006russ. Ausgabe bei HPI Art Materials:Moskau 2006

Basiswissen Mathematik – Numerik,Grafik, KryptikB. Lenze (FH Dortmund)W3L-Verlag: 2007

Lokale FunknetzeWireless LANs (IEEE 802.11) Bluetooth,DECT, C. Lüders (FH Südwestfalen) Vogel Verlag: 2007

Betriebswirtschaft ❘Wirtschaft

Praxishandbuch Turnaround ManagementLiquiditiät sichern, Kosten senken,Wachstum steigern, Insolvenz vermeidenO. Arlinghaus (FH Münster) Gabler Verlag: 2007

Taschenbuch DatenbankenT. Kudraß (HTWK Leipzig)Hanser Verlag: 2007

Grundlagen der Investitionsrechnung– Eine Darstellung anhand einer Fallstudie, M. Röhrich (HS Bremen) Oldenbourg Verlag: 2007

Das Interne Rechnungswesen imIndustrieunternehmenBand 3: Plankostenrechnung – mit über250 Aufgaben und Lösungen2. überarbeitete AuflageG. A. Scheld (FH Jena)Fachbibliothek Büren: 2007

PersonalcontrollingDer Mensch im MittelpunktErfahrungsberichte, Funktionen undInstrumenteherausgegeben von N. Zdrowomyslaw(FH Stralsund)Deutscher Betriebswirte-Verlag: 2007

Recht ❘Soziologie ❘Kultur

Arbeitsrecht – Das Arbeitsverhältnis inder betrieblichen Praxis4. AuflageP. Senne (FH Dortmund) Verlag Wolters Kluwer: 2007

Geordnetes WeltbildDie Tradition des alphabetischen Sortie-rens von der Keilschrift bis zur EDVM. Küster (FH Worms)Verlag Niemeyer: 2007

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DNH 3 ❘2007

34 AUS DEN LÄNDERN

BMBF – Forschungs-förderung an Fachhochschulen 2004 bis 2006

Im Rahmen des Förderprogramms FH3

„Forschung an Fachhochschulen imVerbund mit der Wirtschaft“ konntendie Fachhochschulen von 2004 bis 2006in den Themenbereichen Ingenieur-,Natur- und Wirtschaftswissenschaftenjeweils jährlich Anträge einreichen. Ins-gesamt wurden über die drei Jahre 1519Anträge gestellt, davon erkannten dierd. 500 Gutachter des BMBF 889 = 58,5Prozent, also knapp 60 Prozent als för-derungswürdig an. Bewilligt wurdenangesichts der Beschränkung des Pro-gramms auf 35 Mio. € nur 255 Anträge,das sind knapp 17 Prozent.

Im Durchschnitt haben sich rund 100Fachhochschulen in jeder Förderrundebeteiligt. Im Ländervergleich liegenNordrhein-Westfalen, Baden-Württem-berg, Bayern und Sachsen an der Spitzebei den eingereichten, förderwürdigenund bewilligten Anträgen, gefolgt vonHessen.

Unter den Fachhochschulen hält die FH Aachen über die drei Förderrundenhinweg den Spitzenplatz als antrag-stärkste Hochschule. Es folgen die Fach-hochschulen in Anhalt, Gießen-Fried-berg, Münster und Zittau/Görlitz. Unterden „Top 11“ (die letzten vier Hoch-schulen halten gemeinsam den Platz 8)befinden sich insgesamt vier Fachhoch-schulen aus den fünf neuen Bundeslän-dern.

Dorit Loos

BMBF – Forschungsförderung an Fachhochschulen 2004 bis 2006

Beantragte und bewilligte Anträge

623

564

332

328

343

218

76

106

73

2004

2005

2006

eingereichte Anträge förderungswürdige Anträge bewilligte Anträge

Anträge nach Hochschulen

29

29

29

29

31

34

38

40

43

45

49

HS Aalen

FH Gelsenkirchen

TFH Berlin

HTWK Leipzig

FH München

TFH Wildau

HS Zittau/Görlitz

FH Münster

FH Gießen-Friedberg

HS Anhalt

FH Aachen

Bewilligte Anträge nach Ländern

14

29

47

37

60

97

21

57

85

88

100

153

119

139

194

279

4

13

28

22

36

45

14

27

52

51

61

89

73

82

117

180

1

2

5

7

7

7

8

8

14

16

17

19

21

21

40

62

SL

SH

MV

HB

TH

BR

HH

BE

NI

RP

ST

BY

HE

SN

BW

NW

Anträge förderwürd. Anträge bewill. Anträge

Quelle: BMBF, Grafik: Dorit Loos

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DNH 3 ❘2007

35AUS DEN LÄNDERN

Konzepten und ihrer Entwicklung wievorgesehen die Studierenden einzube-ziehen. „Offenbar hat es doch so man-che studentische Vertretungen gegeben,die sich von der Spitze des Protestzugskommend direkt in Workshops und Sit-zungen begeben haben, um bei der Mit-telverwendung mitreden zu können.“Ihnen wie auch allen anderen, die inden Hochschulen diesen Diskussions-prozess mitgestalteten, dankte er aus-drücklich.

Die Konzepte der Hochschulen sehenunter anderem folgende Projekte vor,die im Einzelnen nach den jeweiligenErfordernissen am Ort „maßgeschnei-dert“ werden:■ Ausstattung von Praktika und Labo-

ren: Verbesserung der technischenAusstattung, Kapazitätsausweitung;

■ Ausbau der elektronischen Infrastruk-tur und des E-Learning;

■ Verbesserung der Vereinbarkeit vonStudium und Familie: Erweiterungvon Betreuungsmöglichkeiten fürKinder von Studierenden;

■ Zusätzliche Lehr- und Lernmateria-lien;

■ Bibliotheken: Verbesserung derMedienausstattung, Zugang zu elek-tronischen Zeitschriften, Verlänge-rung der Öffnungszeiten, Moderni-sierung der Ausstattung studenti-scher Arbeitsplätze;

■ Studienberatung: Ausweitung derindividuellen fachlichen Beratung,besonders auch für ausländische Studierende;

■ Sprachangebote: fachübergreifendeAngebote, Deutschkurse/Stützkursefür ausländische Studierende;

■ Verbesserung der Betreuung der Stu-dierenden in Lehrveranstaltungen:Verringerung von Gruppengrößen,Parallelveranstaltungen, fachspezifi-sche Zusatzkurse, Semestervor- und -nachkurse;

■ Zusätzliche Tutorien: Orientierungs-tutorien zur Studienplanung und -organisation, Fachtutorien zu ausge-wählten Lehrveranstaltungen;

■ Einrichtung studienförderlicher Jobs:studentische Hilfskräfte.

Ulrich Adolphs

Baden-Württemberg

Förderung von FuE-Projekten mit 2,8 Mio. Euro

Die Förderung von FuE-Projekten (For-schung und Entwicklung) an den Fach-hochschulen des Landes steht im Mit-telpunkt einer aktuellen Ausschreibungdes Ministeriums für Wissenschaft, For-schung und Kunst. Insgesamt stehenfür das Projekt in den Jahren 2007 und2008 jeweils rd. 1,4 Mio. Euro bereit.Das Förderprogramm „Innovative Pro-jekte und Kooperationsprojekte“ imRahmen des Schwerpunktprogrammsan Fachhochschulen hat zum Ziel,hochschulübergreifende Projekte derFachhochschulen gemeinsam mitUnternehmen, Verbänden und anderenexternen Trägern oder mit anderenHochschulen zu finanzieren. Damit solldie FuE-Kompetenz der Fachhochschu-len gestärkt und bei Kooperationspro-jekten mit der Wirtschaft der Technolo-gietransfer vor allem in die kleinerenund mittleren Unternehmen des regio-nalen Umfelds intensiviert werden.

Die Hochschulen müssen die entspre-chenden Anträge bis 31. August einrei-chen. Die Laufzeit beträgt 2 Jahre; vor-gesehener Förderbeginn ist am 1. Dezember. Im Fall der Förderung wer-den Personalmittel, Mittel für studenti-sche Hilfskräfte bis zu 5.400 Euro proFörderjahr sowie Sachmittel in Höhevon max. 6.000 Euro übernommen.

Die Antragsformulare und weitere Infor-mationen finden Sie unterwww.mwk.baden-wuerttemberg.de/ser-vice/aktuelle-ausschreibungen/ sowie unter www.koord.hs-mannheim.de/fh-programme.html

Hessen

Studienbeiträge sorgenfür spürbare Qualitäts-verbesserung

Wiesbaden, 4. Juni 07 – „Die Studie-renden können vom Wintersemester2007/2008 an mit spürbaren Qualitäts-verbesserungen in Studium und Lehrerechnen.“ Das hat der Hessische Minis-ter für Wissenschaft und Kunst, UdoCorts, bei der Pressekonferenz hervorge-hoben, auf der er heute gemeinsam mitdem Vorsitzenden der Konferenz hessi-scher Universitätspräsidien, dem Präsi-denten der Universität Gießen, Prof. Dr.Stefan Hormuth, und dem Vorsitzendender Konferenz hessischer Fachhoch-schulpräsidien, dem Präsidenten derFachhochschule Frankfurt, Prof. Dr.Wolf Rieck, die Konzepte der Hochschu-len zur Verwendung der Studienbeiträgevorstellte. Die Einnahmen von schät-zungsweise 120 Millionen bis 130 Mil-lionen Euro im Jahr fließen in vollemUmfang den Hochschulen zu, die überderen Einsatz jeweils eigenverantwort-lich und unter Beteiligung der Studie-renden entscheiden. Dabei gilt dergesetzlich verankerte Grundsatz, dassdiese Mittel zweckgebunden zur Verbes-serung der Qualität von Studium undLehre zu verwenden sind.

„Die hessischen Hochschulen sind ineinen Wettbewerb um die besten Kon-zepte zur Verbesserung der Lehre einge-treten“, sagte Minister Corts im Hin-blick auf die Vorlagen der zwölf Univer-sitäten, Fach- und Kunsthochschulen.Obwohl alle Konzepte einen deutlichenSchwerpunkt bei den Elementen Aus-stattung, Betreuung und Beratung auf-wiesen, seien sie doch in ihren Akzen-ten erkennbar unterschiedlich. Einnicht unerheblicher Teil der Mittelwerde außerdem für eine Vielzahl anstudentischen Jobs verwendet, diedurch zusätzliche Tutorien und Beschäf-tigungen für studentische Hilfskräftegeschaffen würden.

Der Minister fügte hinzu, es sei offenbarganz überwiegend gelungen, bei den

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DNH 3 ❘2007

36 AUS DEN LÄNDERN

Niedersachsen

Studienplätze werdenweiter ausgebaut,Qualität verbessert

HANNOVER. Die niedersächsischenHochschulen liegen wie schon im Vor-jahr bei den Kennzahlen für die Leis-tungsfähigkeit und Effektivität derHochschulen im Bundesvergleichvorne. Dies geht aus der Veröffentli-chung des Statistischen Bundesamtes„Hochschulen auf einen Blick“ hervor.

Im Wintersemester 2006/07 wurden mit20.524 neuen Studierenden etwa gleichviele Studenten neu eingeschrieben wieein Jahr zuvor. Die Zahlen belegen deut-lich, dass die Einführung der Studien-beiträge keinerlei Auswirkungen auf dieAnfängerzahlen haben.

Außerdem steigt durch die verbessertenBetreuungsrelationen in den Bachelor-und Masterstudiengängen die Qualitätder Lehre. Durch die Umstellung auf dieBachelor- und Masterstruktur werdendie Abbrecherquoten weiter deutlichsinken. Bei der Verbesserung der Quali-tät des Studiums und der Betreuungsre-lationen hat Niedersachsen ernst ge-macht. In den Massenstudienfächern anUniversitäten wird der Betreuungsauf-wand für ein in der Regel sechssemestri-ges Studium genauso hoch angesetztwie in dem vorher neunsemestrigenDiplomstudiengang.

Mit dem Hochschulpakt 2020 wirdzudem die Erhöhung der Aufnahmezah-len bereits verbindlich festgeschrieben.Die hohen Bewerberzahlen zeigen, dassNiedersachsens Hochschulen bei denStudierenden äußerst beliebt sind.

Kurt B. Neubert

Nordrhein-Westfalen

Rückgang der Studentenzahlen?

Die Zahl der Studierenden an denöffentlich-rechtlichen und staatlichenUniversitäten, Fachhochschulen undKunst- und Musikhochschulen ist imSommersemester 2007 gegenüber demVergleichssemester 2006 nur leichtzurückgegangen. Nach den von denHochschulen übermittelten Studieren-dendaten beträgt der Rückgang 3,4 Pro-zent oder 14.215 Studierende. „Wieangekündigt liegen uns nun belastbareDaten vor und belegen: Die zu Beginndes Semesters von der Opposition imDüsseldorfer Landtag verkündeten Zah-len waren unseriös und hatten keinereale Grundlage“, fasste Innovationsmi-nister Prof. Andreas Pinkwart das Ergeb-nis zusammen. Die SPD-Fraktionsvorsit-zende und ehemalige Wissenschaftsmi-nisterin hatte im April einen Rückgang„von bis zu 18 Prozent“ verkündet undvon „dramatischen Zahlen“ gespro-chen, die „katastrophal für den Stand-ort“ seien. Zum Vergleich: Mit der vonihr selbst verantworteten Einführungder Langzeitstudiengebühren fiel dieZahl der Studierenden vom Sommerse-mester 2003 auf das Sommersemester2004 um 14 Prozent oder 65.000 Studie-rende.

Mit 398.775 Studierenden sind derzeitso viele Studierende eingeschrieben wieim Sommersemester 2004. Pinkwartbetonte, der leichte Rückgang im Som-mersemester 2007 habe verschiedeneGründe. „Wie wir aus den Hochschulenhören, zeichnet sich zum Ende des Stu-dienjahres 2006/07 eine erkennbarhöhere Absolventenzahl ab. Es ist nurnatürlich, dass bei mehr Absolventendie Studierendenzahl insgesamt eherzurückgeht.“ Daten zu den Absolven-

tenzahlen erwartet das Ministerium imHerbst. Pinkwart schloss allerdingsnicht aus, dass auch die Einführung derStudienbeiträge einen gewissen Bereini-gungseffekt hatte. „Sicher haben aucheinige Studierende die Hochschulenverlassen, die nur noch pro forma ein-geschrieben waren und das Studiumbereits faktisch beendet hatten.“

Die Studienanfängerzahlen spielen imSommersemester traditionell eine gerin-gere Rolle, da sich in der Vergangenheitmehr als 80 Prozent der Studienanfän-ger zum Wintersemester einschrieben.Dieser Trend verstärkt sich seit einigenJahren durch die neue Studienstrukturmit den Abschlüssen Bachelor und Mas-ter, in die sich die Studierenden fastausschließlich zum Wintersemester ein-schreiben können. Seit dem Sommerse-mester 2003 ist die Zahl der Studienan-fänger kontinuierlich zurückgegangen.Im diesem Sommer haben 10.961 Stu-dierende ihr Studium begonnen, dassind 970 Studierende weniger als imJahr 2006.

Ministerium für Innovation, Wissenschaft,

Forschung und Technologie NRW

Rheinland-Pfalz

Neue Studiengängeund zusätzliche Plätzean den rheinland-

pfälzischen Hochschulen

Die Landesregierung wird den Hoch-schulpakt 2020 nutzen, um den Wissen-schaftsstandort Rheinland-Pfalz weiterzu profilieren. Ende des vergangenenJahres hatten sich Bund und Länderdarauf verständigt, im Rahmen desHochschulpakts die Zahl der Studien-plätze spürbar zu steigern. Die Länderverpflichten sich bis zum Jahr 2010rund 90.000 zusätzliche Studienanfän-gerinnen und -anfänger aufzunehmen,die nach einem festgelegten Schlüsselauf die einzelnen Länder aufgeteilt wer-den. Der Bund stellt dafür insgesamt565 Millionen Euro zur Verfügung. Dies

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DNH 3 ❘2007

37AUS DEN LÄNDERN

ten Synergieeffekte geschaffen werden.Die Schwerpunkte und die darin tätigenProfessoren sollen künftig von drei wis-senschaftlichen Mitarbeitern dauerhaftunterstützt werden. Durch diese breiterepersonelle Basis und das deutlichereProfil in Forschung, Entwicklung undTechnologietransfer steigt die Attraktivi-tät der HTW für gemeinsame Projektemit Unternehmen. Gezielte Kontakt-pflege und Drittmitteleinwerbung sol-len ebenso verstärkt werden wie dieunmittelbare Einbindung der For-schungsergebnisse in das Studienange-bot.

Um die nunmehr vorgesehene Schwer-punktbildung nachhaltig und effektivzu realisieren, sollen auch im Bereichdes Marketing für Forschung und Tech-nologietransfer neue Akzente gesetztwerden. Gleiches gilt für eine Verstär-kung von Public-Private-Partnershipund die Umsetzung der wissenschaftli-chen Ergebnisse in die Praxis der Unter-nehmen.

Ministerium für Bildung, Kultur und Wis-

senschaft des Saarlandes

entspricht 50 Prozent der veranschlag-ten Kosten.

Rheinland-Pfalz verpflichtet sich inner-halb des Hochschulpakts 2020, in denJahren 2007 bis 2010 insgesamt 5.804Studienanfängerinnen und Studienan-fänger im ersten Hochschulsemestermehr als im Studienjahr 2005 aufzu-nehmen. Deren Zahl lag 2005 bei17.535.

Für diese 5.804 zusätzlichen Studienan-fängerinnen und -anfänger stellt derBund Rheinland-Pfalz bis 2010 rund 28Millionen Euro zur Verfügung. DasLand seinerseits wird den Hochschulenin diesem Zeitraum Mittel in gleicherHöhe zur Verfügung stellen.

Es ist vorgesehen, dass Universitätenund Fachhochschulen jeweils die Hälfteder zusätzlichen Studienanfängerinnenund -anfänger in den kommenden vierJahren aufnehmen. Die Landesregie-rung setzt damit einen Schwerpunkt beiden Fachhochschulen. Hier sollen imBereich der naturwissenschaftlich-tech-nischen Fächer 1.922 Studienanfänge-rinnen und -anfänger und 980 Studien-anfängerinnen und -anfänger im geis-tes- und gesellschaftswissenschaftlichenBereich aufgenommen werden.

An den Universitäten werden zusätzli-che Kapazitäten für 1.309 Studienanfän-gerinnen und -anfänger im BereichNaturwissenschaften/Technik, 1.593 ingeistes- und gesellschaftswissenschaftli-chen Fächern bereitstehen.

Die Mittel von Bund und Land könnenfür alles eingesetzt werden, was der Auf-nahme zusätzlicher Studienanfängerin-nen und -anfänger dient. Die Hoch-schulen haben bereits angekündigt,nicht ausgelastete Kapazitäten bessernutzen zu wollen, besonders nachge-fragte Studiengänge weiter auszubauenund neue, innovative Studiengängeanzubieten.

So will beispielsweise die FH Trier denneuen Studiengang IntermedialesDesign starten, die FH Kaiserslauternden Studiengang Virtual Design und dieTU Kaiserslautern den Studiengang Bio-physik ausbauen, die FH Koblenz einenneuen Studiengang Pädagogik der frü-hen Kindheit anbieten, während dieUniversität Trier ihre Kapazitäten inJapanologie und Sinologie und dieJohannes Gutenberg-Universität Mainzihr Studienplatzangebot in Medienwis-senschaften erweitern will.

Saarland

Wissenschaftsministe-rium bewilligt für Technologietransfer der

HTW 550.000 Euro

Saarbrücken, 03.05.2006. Neue Wegewird die Hochschule für Technik undWirtschaft des Saarlandes (HTW) beiForschung, Entwicklung und Technolo-gietransfer gehen. Dazu sollen internNetzwerke gebildet und Schwerpunktegesetzt werden. Auch die Vernetzungmit der Wirtschaft soll ausgebaut wer-den. Für dieses Vorhaben erhielt dieHTW heute eine zusätzliche Finanzie-rung für drei Jahre. „Mit der Realisie-rung dieses neuen Konzepts geht dieHochschule auch in Sachen Forschungund Technologietransfer einen großenSchritt voran und knüpft damit an dieerfolgreichen Reformen ihres Studien-angebotes an“, erklärte StaatssekretärinDr. Susanne Reichrath bei der Scheck-übergabe anlässlich des „10. Tages derWirtschaft“ an der HTW.

Mit der finanziellen Förderung sollenSchwerpunkte in Forschung und Ent-wicklung aufgebaut und durch Bünde-lung bisheriger inhaltlich verwandterhochschulinterner Forschungsaktivitä-

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II. Bedenken gegenüber der Zugangs-verweigerung zu außergerichtlicherRDL von Wirtschaftsjuristen und demKenntnisverwertungsverbot durch denEntwurf des RDG

1. Der Entwurf des RDG konzentriertden Zugang zur außergerichtlichen RDLgrundsätzlich auf staatsexaminierte,universitär ausgebildete Juristen undschließt Wirtschaftsjuristen davon vonvornherein systematisch aus. Damitwird aus dem zur Propagierung desRDG kommunizierten Slogan: „Qualitätsichern – Rechtsberatung öffnen“ fak-tisch eine rückwärtsgewandte Fest-schreibung des status quo nach demMotto: „Rechtsberatung für Anwältesichern – Qualitative Konkurrenz ab-wehren“ mit den punktuell durch dieverfassungs- und anwaltsgerichtlicheJudikatur inzwischen festgelegten Aus-nahmen, denen ein erkennbares Systemnicht zugrunde liegt.

Dies begegnet erheblichen verfassungs-rechtlichen Bedenken nach Art. 12 GGim Hinblick auf die Verletzung der Frei-heit der Berufswahl durch beruflicheAusübungsbeschränkungen.

2. Richtet der Staat Studiengänge Wirt-schaftsrecht ein und lässt er Studierendezu, denen der von unabhängigen Agen-turen akkreditierte, berufsqualifizieren-de Abschlussgrad eines legum baccalau-reus (LL.B.) verliehen wird, dann kanndiesen aufgrund der im Studium vermit-telten Kompetenzen eines In-House-Lawyers der Zugang zur außergerichtli-chen RDL nicht verwehrt werden. Sosieht dies auch die Monopolkommis-sion in ihrem 16. Hauptgutachten von2006.

3. Mit der Zurückstutzung der Wirt-schaftsjuristen auf Nebenleistungen (§ 5 I E-RDG) wird nicht nur einehöchst zweifelhafte definitorisch offeneFlanke dargeboten und gesetzgeberischeine Hausaufgabe nicht erledigt, son-dern geradezu zur Umgehung desGesetzes aufgefordert.

DNH 3 ❘2007

38 BERICHTE

Die in Görlitz versammelten Hoch-schullehrer für Wirtschaftsrecht habenauf ihrer 17. Jahrestagung nachfolgendeResolution zu „Mehr Wettbewerb undverfassungskonformer Zugang zuRechtsdienstleistungen für Wirtschafts-juristen von Fachhochschulen“ einstim-mig verabschiedet:

I. Ausgangslage

1. Wirtschaftsjuristische Bachelor- undMasterstudiengänge an deutschen Fach-hochschulen bieten von internationalund national tätigen Akkreditierungs-agenturen akkreditierte Studienpro-gramme. Die Absolventen dieser Studi-engänge erwerben den internationalüblichen juristischen AbschlussgradLL.B. bzw. LL.M. und dokumentierendamit ihre besondere Qualifikation imWirtschaftsrecht („partielle Volljuris-ten“). Dies gilt gleichermaßen für dieDiplom-Wirtschaftsjuristen, die anFachhochschulen bisher ausgebildetwurden und noch werden.

2. Die in diesen Studiengängen vermit-telten juristischen und betriebswirt-schaftlichen Lehrinhalte sind in beson-derem Maße praxisorientiert; sie werdendurch von den Hochschulen betreutePraxisphasen bzw. praktische Studiense-mester von bis zu 6 Monaten, die inte-graler Bestandteil des Studiums sind,ergänzt. Sie ähneln insofern der frühe-ren einstufigen Juristenausbildung, inder Theorie und Praxis miteinander ver-zahnt waren.

3. Die klassische Juristenausbildung anUniversitäten mit dem Abschluss zweierStaatsexamina ist vor dem Hintergrunddes europaweit verpflichtenden Bo-logna-Prozesses ein Auslaufmodell.Auch die auf Staatsprüfungen ausgerich-tete Juristenausbildung wird wie dieLehramtsstudien, die Mediziner- undApothekerausbildung auf einen ersten

berufsqualifizierenden Bachelor-Abschluss in naher Zukunft umgestelltwerden müssen, um europäischen Stan-dards zu entsprechen.

4. Nach Erwerb des LL.B. muss auch einJurist mit universitärer Ausbildungzukünftig in der Lage sein, Rechts-dienstleistungen (RDL) zu erbringen.

5. Da für die neuen europäisch harmo-nisierten Abschlussgrade nach einemrechtswissenschaftlichen Studium (LL.B.und LL.M.) keine Unterscheidung nachuniversitärer Ausbildung oder einer sol-chen an einer Fachhochschule (FH)existiert, sind beide Abschlüsse derunterschiedlichen Ausbildungssystemeabsolut gleichwertig, nur andersartig.

6. Mit der letzten Reform der universitä-ren juristischen Ausbildung hat sichderen Studienprogramm dem der wirt-schaftsjuristischen Ausbildung an Fach-hochschulen in einigen elementarenBereichen angenähert. Dies betrifft dieIntegration von Wahlmöglichkeiten inSchwerpunkten des individuell universi-tären Fächerkanons, den Erwerb vonSchlüsselqualifikationen, die Betonungder außergerichtlichen, anwaltlichfokussierten RDL sowie den teilweisenVerzicht auf von den Justizprüfungsäm-tern dominierte Prüfungen.

Insofern konvergieren die Studieninhal-te von klassischer universitärer Juristen-ausbildung und wirtschaftsjuristischerAusbildung an den Fachhochschulen.Bei letzterer wird durch die Mischquali-fikation von mindestens 50% Wirt-schaftsrecht, 30% Ökonomie und 20%Schlüsselqualifikationen von Anfang aneine Ausrichtung des Studiums auf dasLeitbild des RDLen erbringenden In-House-Lawyers erzeugt.

Görlitzer Resolution der Vereinigung der Hochschullehrer für Wirt-schaftsrecht (VdHfW) zur außergerichtlichen Beratungskompetenzder Wirtschaftsjuristen von Fachhochschulen und deren Vernei-nung im Entwurf des RDG

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Gründet ein/e Wirtschaftsjurist/in eineBeratungs-GmbH und stellt einen klas-sisch ausgebildeten Volljuristen ein, derdie RDL eigenverantwortlich in jedemEinzelfall schriftlich attestiert, dannerlangen auch Wirtschaftsjuristen überdiesen Umweg Zugang zur außerge-richtlichen RDL.

4. Das RDG verdrängt in wettbewerbs-feindlicher Weise solche Juristen vomMarkt der außergerichtlichen RDL, diein ihrer Fähigkeit doppelt höher esti-miert werden als mit zwei „ausrei-chend“ examinierte Volljuristen, nurweil sie nicht Anwälte sind.

Damit ist der Ausschluss der Wirt-schaftsjuristen vom Beratungsmarktnicht nur kontraproduktiv und volks-wirtschaftlich eine Verschleuderung deredelsten Rohstoffressource, dieDeutschland mit der nachwachsendenGeneration hat, sondern zugleich wirddurch den den status quo festschreiben-den Entwurf des RDG ein wettbewerbli-ches Reservat für deutsche Anwälteerrichtet, was weder den europäischenHarmonisierungsbestrebungen nochden europäischen Initiativen zum Ver-braucherschutz entspricht und auchnicht zukunftsfähig ist angesichts dersich verändernden Ausbildungsmodellenach dem Bologna-Prozess.

5. In allen bisherigen Bemühungen umeine materiell zutreffende Grundlegungund Sachverhaltsaufklärung hat sichdie Politik nicht des Grundsatzes „etaudiatur altera pars“ befleißigt. Viel-mehr hat sie sich beim Entwurf desRDG zum Anwalt der Anwälte gemacht.Das ist zwar angesichts der Zahl von 20Rechtsanwältinnen und Rechtsanwäl-ten im 31 Personen umfassendenRechtsausschuss des Deutschen Bundes-tages nicht verwunderlich, wird aberdem Anspruch nach Unabhängigkeitvon widerstreitenden Interessen, einemKardinalprinzip für die freiberuflicheOrganstellung der Anwälte innerhalbder Rechtspflege, nicht gerecht.

6. Kennzeichnend für die Ausbildungs-kataloge der Wirtschaftsjuristen sindvor allem Rechtsberatungsgebiete mitgroßer wirtschaftlicher Bedeutung wieInsolvenz-, Sozial-, Arbeits-, Informa-tions-, Immobilien-, Steuer- und Ab-gaben-, Energie-, Technik-, Europa- undTransaktions-Recht sowie das Recht desgeistigen Eigentums, des Generations-wechsels und der Unternehmensnach-folge.

In diesen Bereichen erlangen Wirt-schaftsjuristen eine gegenüber universi-tär ausgebildeten Juristen völlig anders-artige, aber gleichwertige und qualifi-zierte Beratungskompetenz, die vonuniversitären Juristen teilweise erstwährend ihres Berufes als Anwälte inFachanwaltsausbildungen erworbenwerden kann, aber nicht integralerBestandteil der Erstausbildung ist. DieMonopolkommission hat zurechtdarauf hingewiesen, dass die klassischeAusbildung der Juristen an der Universi-tät nicht mehr 100 Prozent der Rechts-ordnung lehrt. Insofern beherrschenuniversitär ausgebildete Juristen nurnoch Teilbereiche des Rechts, sindebenso wie die Wirtschaftsjuristen vonFachhochschulen nur „Teiljuristen“,nur auf anderen Gebieten.

Gerade in den genannten Vertiefungenund Schwerpunkten der wirtschaftsju-ristischen Ausbildung, die in weitenBereichen klassische Felder rechtswis-senschaftlich fundierter RDL darstellen,sind Wirtschaftsjuristen mit einem typi-scherweise gestalterisch angelegten unddamit auf Beratungsaufgaben vorberei-tenden, praxisorientierten Studium inder Erstausbildung den klassischenJuristen überlegen und vom Marktakzeptierte und gesuchte Erbringeraußergerichtlicher RDL.

In diesen „Nischen“rechtsbereichenerfüllen Wirtschaftsjuristen mit demErwerb eines LL.B. alle Anforderungenan die Begriffsdefinition der RDL nach § 2 I E-RDG „der besonderen rechtli-chen Prüfung des Einzelfalles“, um ver-antwortungsvoll konkrete Gestaltungs-empfehlungen zu geben, Geheimnissezu wahren und nicht einem Interessen-

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39BERICHTE

widerstreit zu unterliegen sowie für ihreRDL zu haften.

Damit liegen alle Kennzeichen für einebisher üblicherweise von Anwältenerbrachte RDL vor. Sachliche Gründezur Zurückstufung von Wirtschaftsjuris-ten auf „Nebenleistungen“ und damitreglementierende berufsausübende Ein-griffe des Staates sind dem gemäßgegenüber Wirtschaftsjuristen wederzulässig noch verfassungsrechtlich trag-fähig.

Zudem bewirken sie ein volkswirtschaft-lich überaus schädliches Kenntnisver-wertungsverbot für qualifiziert ausgebil-dete „Teiljuristen“ und eine durchnichts zu rechtfertigende Bevorzugungder Anwaltschaft als „Volljuristen“.Jedenfalls verhindert der existierendeEntwurf des RDG mit der Zugangsver-weigerung für Wirtschaftsjuristen eineQualitätssteigerung von RDL ebensowie eine Öffnung des Marktes. Damitwerden entscheidende notwendigeReformansätze von vornherein partiellnicht verwirklicht.

III. Fazit

Wirtschaftsjuristen ist als partiellenVolljuristen mit praktischer Berufserfah-rung der Zugang zur außergerichtlichenRDL zu eröffnen.

Für die Richtigkeit:

Prof. Dr. iur. Klaus W. Slapnicar

Professur für Wirtschaftsprivatrecht im

Fachbereich Wirtschaftsrecht

der Fachhochschule Schmalkalden,

Sprecher der Vereinigung der Hochschul-

lehrer für Wirtschaftsrecht (VdHfW),

Vorsitzender der Wirtschaftsjuristischen

Hochschulvereinigung (WHV),

Präsident der Deutschen Wirtschafts-

juristischen Gesellschaft e.V. (DWjG)

Görlitz, den 09.06.07

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40

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Prof. Dr. Jann Strybny, FH Nürnberg, Wasserbau

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Berlin

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Bremen

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Prof. Dr. Michael Greiling, FH Gelsenkirchen, Betriebswirt-schaftslehre, insbesondereWorkflow-Management imGesundheitswesen

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Prof. Dr. Johannes R. Hofnagel,FH Dortmund, BWL insbes.Unternehmensführung

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