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Pathologe 2013 · [Suppl 2] · 34:321–322 DOI 10.1007/s00292-013-1866-y Online publiziert: 8. November 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 G. Mall Institut für Pathologie, Klinikum Darmstadt Hans-Helmut Jansen 17.06.1926 – 27.07.2013 Prof. Dr. Hans-Helmut Jansen, Direktor des Pathologischen Instituts am Klinikum Darmstadt von 1968 bis 1991, ist nach Vol- lendung des 87. Lebensjahres im Juli 2013 verstorben. Jansen stammt aus Bochum. Er be- suchte dort die Goethe-Oberschule, wurde 1943 Luftwaffenhelfer, absolvierte 1944 das Notabitur und hat als Soldat die schweren Kämpfe im Hürtgenwald erle- ben müssen. Im März 1945 geriet er in US-amerikanische Gefangenschaft, war im Feldlazarett Le Mans in Frankreich eingesetzt und wurde im Mai 1946 entlas- sen. Nach Ablegen des „Abitur für Kriegs- teilnehmer“ studierte er von 1946 bis 1952 Medizin in Düsseldorf, Freiburg und Zü- rich. 1952 wurde er über das Thema „Pa- thogenese der essentiellen Hypertonie“ promoviert. Während seines Studiums lernte er seine Ehefrau, die spätere Ärztin Dr. Rosemarie Hübschmann aus Berlin, kennen, geheiratet wurde im Jahre 1953. Vom 01.01. bis 31.12.1953 arbeitete Jansen im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart (unter O. Leeser), lernte dort den em. Ordinarius der Pathologie Albert Dietrich kennen, der ihn zu einer kriti- schen Studie über den seinerzeit lebhaft diskutierten angeblichen Krebserreger „Siphonospora v. Brehmer“ anregte. Die Approbation erfolgte am 15.12.1953. Vom 01.01. bis 31.10.1954 war er Assistenz- arzt im Augusta-Krankenhaus in Bochum und beschäftigte sich mit der Lungentu- berkulose und den Staublungenerkran- kungen (bei Professor Brauch). Am 01.11.1954 trat Hans-Helmut Jansen in das Pathologische Institut der Frei- en Universität Berlin (Charlottenburg- Westend, Direktor Prof. Dr. W. Doerr) ein. Mit einer kurzen Unterbrechung durch eine klinische Tätigkeit in Köln wid- mete sich Jansen zeitlebens mit großem Engagement dem Fach Pathologie. Seine umfangreiche und beeindruckende wis- senschaftliche Tätigkeit fand ihren Niederschlag in 150 wissenschaftlichen Publikationen aus dem ganzen Fach Pathologie mit Themen wie „Gestaltwan- del klassischer Krankheiten“ (als Mono- graphie mit Freudenberg und Köhn, 1957, bei Springer erschienen) und den degene- rativen Erkrankungen des Herzmuskels (Myokardose). Als einer der ersten Wis- senschaftler hat Jansen die Bedeutung des Kollagengehalts des Herzgewebes für die Herzfunktion (klinisch Compliance- Störung) erkannt. Sein Oeuvre umfasst die gesamte Herzgefäßpathologie (WPW-Syndrom, neurovegetative Ausstattung des Herzens, Arcus lipoides corneae und Arterioskle- rose), die Pathologie der Lebensalter, Therapieschäden (Knocheninfarkte nach Cortison), allergische und rheumatische Erkrankungen, Probleme der Begutach- tung (Tuberkulose und Unfall, Morbus Boeck und Tuberkulose, Sarkom nach Knochentransplantation), Gastroentero- logie (Gastritis, Polyposis coli, Peritonitis, Leberschäden durch Halothan). Zum 01.10.1956 trat Jansen unter Prof. Dr. W. Doerr in das Pathologische Insti- tut in Kiel ein. Im Jahre 1960 wurde er mit seinen „Myokardosestudien“ habilitiert. 1963 ging er mit Doerr nach Heidelberg und wurde Oberarzt, im Jahre 1966 wur- de er außerplanmäßiger Professor und übernahm zum 01.01.1968 die Leitung des Darmstädter Pathologischen Institutes. Prof. Dr. Hans-Helmut Jansen war mehr als 23 Jahre lang Direktor des Pa- thologischen Instituts in Darmstadt. Er wurde am 30.06.1991 in den Ruhestand verabschiedet. Diese Periode zeichnete sich durch eine exponentielle Zunahme histopathologischer und zytologischer Untersuchungen aus einschließlich einer Ausweitung des Methodenspektrums des Pathologen wie der Immunhistoche- mie und die Nutzung moderner Informa- tionssysteme für Befunderhebung, Archi- vierung und Statistik. Mit großem Elan wurde in Darmstadt die gynäkologische Vorsorgezytologie eingeführt. Immer wieder hospitierten Assisten- ten und Oberärzte des Pathologischen Instituts in Heidelberg in Darmstadt bei Jansen, um ihre diagnostischen Kenntnis- se zu vertiefen. Was Hans-Helmut Jansen ganz beson- ders auszeichnete, war die unermüdliche Aufklärungsarbeit gegenüber der ärztli- chen und der politischen Öffentlichkeit bezüglich der Bedeutung klinischer Sek- tionen für die Qualitätssicherung. Die Sektionsquote in Darmstadt blieb unter Jansen erstaunlich hoch, und die Ärzte des Klinikums Darmstadt stehen noch heute mit ihren wöchentlichen klinisch- pathologischen Konferenzen auf diesem Fundament. Wilhelm Doerr, langjähriger Lehrer von Hans-Helmut Jansen, hat das Ge- samtwerk Jansens einmal ganz treffend charakterisiert: „Das Werk Jansens wird Hans-Helmut Jansen 321 Der Pathologe · Supplement 2 · 2013| Nachrufe

Hans-Helmut Jansen; Hans-Helmut Jansen;

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Page 1: Hans-Helmut Jansen; Hans-Helmut Jansen;

Pathologe 2013 · [Suppl 2] · 34:321–322DOI 10.1007/s00292-013-1866-yOnline publiziert: 8. November 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

G. MallInstitut für Pathologie, Klinikum Darmstadt

Hans-Helmut Jansen17.06.1926 – 27.07.2013

Prof. Dr. Hans-Helmut Jansen, Direktor des Pathologischen Instituts am Klinikum Darmstadt von 1968 bis 1991, ist nach Vol-lendung des 87. Lebensjahres im Juli 2013 verstorben.

Jansen stammt aus Bochum. Er be-suchte dort die Goethe-Oberschule, wurde 1943 Luftwaffenhelfer, absolvierte 1944 das Notabitur und hat als Soldat die schweren Kämpfe im Hürtgenwald erle-ben müssen. Im März 1945 geriet er in US-amerikanische Gefangenschaft, war im Feldlazarett Le Mans in Frankreich eingesetzt und wurde im Mai 1946 entlas-sen. Nach Ablegen des „Abitur für Kriegs-teilnehmer“ studierte er von 1946 bis 1952 Medizin in Düsseldorf, Freiburg und Zü-rich. 1952 wurde er über das Thema „Pa-thogenese der essentiellen Hypertonie“ promoviert. Während seines Studiums lernte er seine Ehefrau, die spätere Ärztin Dr. Rosemarie Hübschmann aus Berlin, kennen, geheiratet wurde im Jahre 1953.

Vom 01.01. bis 31.12.1953 arbeitete Jansen im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart (unter O. Leeser), lernte dort den em. Ordinarius der Pathologie Albert Dietrich kennen, der ihn zu einer kriti-schen Studie über den seinerzeit lebhaft diskutierten angeblichen Krebserreger „Siphonospora v. Brehmer“ anregte.

Die Approbation erfolgte am 15.12.1953. Vom 01.01. bis 31.10.1954 war er Assistenz-arzt im Augusta-Krankenhaus in Bochum und beschäftigte sich mit der Lungentu-berkulose und den Staublungenerkran-kungen (bei Professor Brauch).

Am 01.11.1954 trat Hans-Helmut Jansen in das Pathologische Institut der Frei-en Universität Berlin (Charlottenburg-Westend, Direktor Prof. Dr. W. Doerr) ein. Mit einer kurzen Unterbrechung durch eine klinische Tätigkeit in Köln wid-mete sich Jansen zeitlebens mit großem Engagement dem Fach Pathologie. Seine umfangreiche und beeindruckende wis-senschaftliche Tätigkeit fand ihren Niederschlag in 150 wissenschaftlichen Publikationen aus dem ganzen Fach Pathologie mit Themen wie „Gestaltwan-del klassischer Krankheiten“ (als Mono-graphie mit Freudenberg und Köhn, 1957, bei Springer erschienen) und den degene-rativen Erkrankungen des Herzmuskels (Myokardose). Als einer der ersten Wis-senschaftler hat Jansen die Bedeutung des Kollagengehalts des Herzgewebes für die Herzfunktion (klinisch Compliance- Störung) erkannt.

Sein Oeuvre umfasst die gesamte Herzgefäßpathologie (WPW-Syndrom, neurovegetative Ausstattung des Herzens, Arcus lipoides corneae und Arterioskle-rose), die Pathologie der Lebensalter, Therapieschäden (Knocheninfarkte nach Cortison), allergische und rheumatische Erkrankungen, Probleme der Begutach-tung (Tuberkulose und Unfall, Morbus Boeck und Tuberkulose, Sarkom nach Knochentransplantation), Gastroentero-logie (Gastritis, Polyposis coli, Peritonitis, Leberschäden durch Halothan).

Zum 01.10.1956 trat Jansen unter Prof. Dr. W. Doerr in das Pathologische Insti-

tut in Kiel ein. Im Jahre 1960 wurde er mit seinen „Myokardosestudien“ habilitiert. 1963 ging er mit Doerr nach Heidelberg und wurde Oberarzt, im Jahre 1966 wur-de er außerplanmäßiger Professor und übernahm zum 01.01.1968 die Leitung des Darmstädter Pathologischen Institutes.

Prof. Dr. Hans-Helmut Jansen war mehr als 23 Jahre lang Direktor des Pa-thologischen Instituts in Darmstadt. Er wurde am 30.06.1991 in den Ruhestand verabschiedet. Diese Periode zeichnete sich durch eine exponentielle Zunahme histopathologischer und zytologischer Untersuchungen aus einschließlich einer Ausweitung des Methodenspektrums des Pathologen wie der Immunhistoche-mie und die Nutzung moderner Informa-tionssysteme für Befunderhebung, Archi-vierung und Statistik. Mit großem Elan wurde in Darmstadt die gynäkologische Vorsorgezytologie eingeführt.

Immer wieder hospitierten Assisten-ten und Oberärzte des Pathologischen Instituts in Heidelberg in Darmstadt bei Jansen, um ihre diagnostischen Kenntnis-se zu vertiefen.

Was Hans-Helmut Jansen ganz beson-ders auszeichnete, war die unermüdliche Aufklärungsarbeit gegenüber der ärztli-chen und der politischen Öffentlichkeit bezüglich der Bedeutung klinischer Sek-tionen für die Qualitätssicherung. Die Sektionsquote in Darmstadt blieb unter Jansen erstaunlich hoch, und die Ärzte des Klinikums Darmstadt stehen noch heute mit ihren wöchentlichen klinisch-pathologischen Konferenzen auf diesem Fundament.

Wilhelm Doerr, langjähriger Lehrer von Hans-Helmut Jansen, hat das Ge-samtwerk Jansens einmal ganz treffend charakterisiert: „Das Werk Jansens wird

Hans-Helmut Jansen

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gekrönt durch eine weitstreuende, diffe-renzierte Kasuistik. Für Jansens Arbei-ten charakteristisch ist die Fähigkeit, historische Zusammenhänge überzeu-gend herauszustellen. In Kiel beschrieb er die Pioniertat P. Doehles betreffend die Entdeckung der mikrobiellen Antibiose, in Darmstadt folgten die glänzenden Studien über Morgagni, Jean Cruveilhier und F. Marchand“.

Die künstlerischen Fähigkeiten Jansens fanden Ausdruck in den von ihm eigen-händig bearbeiteten Totenmasken, in seiner weithin beachteten Ausstellung „Memento mori“ (Graphiken zu „Toten-tanz“), vor allem aber durch seine mit Dr. Rosemarie Jansen erarbeitete Monogra-phie „Der Tod in Dichtung, Philosophie und Kunst“ (Th. Steinkopff, Darmstadt, 2. Auflage, 1989).

Gerhard MallDarmstadt

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. G. MallInstitut für Pathologie, Klinikum DarmstadtGrafenstr. 9, 64283 [email protected]

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