24
Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum

Globales Denkenbestimmt lokales Handeln

G E M E I N D E W O L P E R T S H A U S E N

Page 2: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

2GRUSSWORTE

Gerhard Bauer Landrat des Landkreises Schwäbisch Hall

Das Motto, unter dem diese Bro-schüre steht, wird im LandkreisSchwäbisch Hall generell groß geschrieben. Wolpertshausen istdafür ein Musterbeispiel. Ein gutesMiteinander aller verantwortlichenKräfte, aber auch der Einsatz neuer

Technologien haben in der Gemeinde zu einer stetigen Auf-wärtsentwicklung beigetragen. Umweltschutz und Abbauder Arbeitslosigkeit sind keine leeren Sprachhülsen, sondernwerden vor allem auch in der Landwirtschaft konsequentumgesetzt. Das Ministerium Ländlicher Raum hat sich hier-bei immer wieder als verlässlicher und kompetenter Partnererwiesen und zahlreiche Projekte unterstützt. Wolpertshausen zeigt im Kleinen auf, was eine bundesweiteStandortstudie kürzlich offiziell belegt hat: „Der Südwestenglänzt mit guter Bildungspolitik und hält das Geld zusam-men“ heißt es in der Studie, in der die Kategorien Arbeits-markt, Wohlstand, Standort, Struktur und Unternehmenuntersucht wurden. Baden-Württemberg ist hiernach mittlerweile das stärkste Bundesland und hat damit sogar Bayern überholt. Das Diktat der Zeit verändert unsere Umwelt und unser Le-ben heute oft schneller, als uns lieb ist, und als dass wir dieAuswirkungen solcher Veränderungen abschätzen können.Eine Entwicklung, die der Zukunft gerecht wird und den An-sprüchen kommender Generationen angemessen ist, lässtsich nicht immer leicht in die Tat umsetzen. Wolpertshau-sen, eine kleine Gemeinde im Landkreis Schwäbisch Hallmacht beispielhaft vor, dass sich Ökonomie und Ökologienicht zwangsläufig ausschließen, sondern einander bedin-gen. Die bisher sehr landwirtschaftlich geprägte Gemeindenutzte deshalb ihre Stärken und mauserte sich in den ver-gangenen Jahren zum Wohle seiner Bürger zur Vorzeigege-meinde. Doch trotz allem Wachstum und aller Veränderung ist und bleibt Wolpertshausen immer noch eine liebens- undlebenswerte Gemeinde.

Jürgen SilberzahnBürgermeister der GemeindeWolpertshausen

Willi Stächele MdLMinister für Ernährung und Länd-lichen Raum Baden-Württemberg

Die Bilanz von Wolpertshausennach fast 10 Jahren Förderung ausdem EntwicklungsprogrammLändlicher Raum (ELR) kann sichsehen lassen. Über Jahre hinweg ist eine integrierte Strukturent-wicklung realisiert worden. Von

der Einwohnerzahl ist Wolpertshausen zwar die kleinsteGemeinde im Landkreis Schwäbisch Hall. Aber bei der Er-schließung neuer und regenerativer Energiequellen zähltdie Gemeinde zu den Großen.Mit dem "energieZENTRUM" bietet Wolpertshausen Kom-petenz in Sachen effizienter und umweltschonender Ener-gieerzeugung. Das Vorhaben fügt sich ein in das Bestrebender Gemeinde zu einer verstärkten Berücksichtigung öko-logischer Aspekte in der Gemeindeentwicklung. Und inKombination mit dem Bürgerhaus wird im Informations-zentrum auch den Belangen der Bürgerschaft Rechnunggetragen. Das ELR ist das ideale Instrument um einem sol-chen Modellprojekt die nötige Starthilfe zu geben.

Energiefragen sind Zukunftsfragen. Wer sich hier engagiert,der ist für die Zukunft gut aufgestellt.

Allen Beteiligten danke ich für das Geleistete.

Globales Denken bestimmt lokalesHandeln – dieser Leitsatz steht für die Aktivitäten der GemeindeWolpertshausen, die nicht nur imBereich der regenerativen Energieunter dem Aspekt der Nachhaltig-keit erfolgen.

Bis zur Modellgemeinde war es ein weiter Weg. Mitte der80er Jahre war Wolpertshausen noch eine kleine, überwie-gend landwirtschaftlich geprägte Gemeinde. Die Arbeits-plätze in Handel und Gewerbe waren dünn gesät. Erst mitdem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) kamder Aufschwung. Gewerbegebiete wurden erschlossen undzahlreiche neue Firmen siedelten sich an. Von 1990 bis2003 wurden 450 neue Arbeitsplätze geschaffen. Im selbenZeitraum stieg die Zahl der Einwohner um über 60 Prozentauf knapp 2000 Bürger. Dies war nur möglich durch dieAusweisung neuer Baugebiete und die Belebung der Dörfer.Mit den Förderungen aus dem ELR renovierten private Investoren ihre Häuser und sanierten auch landwirtschaft-liche Gebäude, die sie zu Wohnungen oder Firmenräumenumwandelten.Die Förderung der Landwirtschaft ist und bleibt eine wich-tige Aufgabe Wolpertshausens, das Stammsitz des be-kannten Schwäbisch Hällischen Schweins ist. Ein großerSchweinevermarkter und die Niederlassung der Viehzen-trale unterstreichen die Bedeutung der Landwirtschaft amOrt. Den Tourismus in der Gemeinde soll ein durchgängi-ger Bühlertalradweg attraktiver machen. Da die Vorhabender Gemeinde unter dem Motto der Nachhaltigkeit stehenwird besonders der Einsatz von regenerativer Energie unddie Einsparung von Energie groß geschrieben. Uns ist klar, dass diese Maßnahmen nur kleine Schritte hin zu einer gesunden Umwelt sind, aber wir sind bereit,diesen Weg konsequent weiter zu gehen.

Page 3: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

3EINLEITUNG

Viele Reden nur über Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Die Gemeinde Wolpertshausen handelt danach. Bereits 70 Prozent des in der Gemeinde verbrauchten Stromsstammt aus regenerativen Energiequellen wie Biogas, Wasserkraft, Windenergie und Fotovoltaik.

Die kleinste Gemeinde im Kreis Schwäbisch Hall mit demHauptort Wolpertshausen und acht weiteren Ortschaftenliegt nicht nur beim Verbrauch von Alternativenergie auf einem Spitzenplatz in Baden-Württemberg. 33 Prozent derBevölkerung in der Gemeinde ist jünger als 21 Jahre, so vieljunge Bürger hat kaum eine Kommune im Land. Erstaunlichist auch die sprunghafte Entwicklung der Einwohnerzahlen:Von 1990 bis 2004 kletterte die Zahl der Einwohner von1300 auf 1964 Bürger. Und auch das Gewerbe erlebte einerasante Aufwärtsentwicklung: 1990 gab es 100 Arbeitsplätzein der Gemeinde, inzwischen arbeiten hier 587 sozialver-sicherungspflichtig Beschäftigte.

Dass sich das landwirtschaftlich geprägte Wolpertshausen zu einer boomenden Mustergemeinde entwickelte, hat vieleGründe. Bürgermeister und Gemeinderat haben die Stand-ortvorteile, wie direkte Autobahnauffahrt und Kreisstadt-nähe konsequent genutzt und Ökonomie, Ökologie sowiesoziale Strukturen in Einklang gebracht. Ein Erfolg, der ohneden Kampf markanter Bürger, Bauern und Unternehmer fürneue Ideen, und ohne die Offenheit und den Zusammen-halt der Bürgerschaft nicht denkbar ist. Ein gutes Zusammen-spiel aller Kräfte, die durch die vielseitige ELR-Förderung desbaden-württembergischen Ministeriums Ländlicher Raumnoch mehr Power erhalten. Allein für kommunale und privat-gewerbliche Projekte gab es in den letzten 9 Jahren2,5 Millionen Euro aus dem ELR-Fördertopf des Landes Baden-Württemberg.

Offen für Neues

Der Umbau der alten Schule zum Bürgerhaus für Vereine wurde vom Entwicklungspro-gramm Ländlicher Raum mit rund 141 000 Euro gefördert

Blick ins Bühlertal auf Unterscheffach

gefördert vom LandBaden-Württemberg und der EuropäischenUnion im Rahmendes Entwicklungspro-gramms LändlicherRaum (ELR)

Page 4: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Ziel des ELR-Programms ist es, die Lebensqualität in denländlichen Gemeinden zu erhalten und zu stärken und dieAuswirkungen des Strukturwandels der Landwirtschaft inden Dörfern abzufedern. Dazu gehört die Erhaltung oderUmnutzung der Bauernhäuser, Scheunen und Ställe, dieSchließung der Baulücken und eine ansprechende Gestal-tung der Ortskerne. Gleichzeitig wird Wert auf die Bewah-rung der natürlichen Lebensgrundlagen gelegt. Im Rahmendes Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum hat die Ge-meinde Wolpertshausen 1994 ein Gesamtkonzept für die zukunftsorientierte und umfassende Entwicklung in denOrtschaften erstellt.

Förderschwerpunkte des ELR sind:

■ Erhaltung und Schaffung von neuen Arbeitsplätzen■ Förderung des Gemeinschaftslebens■ Sicherung der Grundversorgung■ Gebäuderenovierung, neuer Wohnraum aus alten

Gebäuden und Gestaltung des Wohnumfeldes

Kick zum AufschwungDer Aufschwung Wolpertshausens ist eng verknüpft mit dem Entwicklungs-

programm Ländlicher Raum, kurz ELR genannt. Es ist eines der wichtigsten

Förderprogramme des Landes Baden-Württemberg und unterstützt eine

nachhaltige Strukturentwicklung der Gemeinden.

Beispiele für ELR-Förderungen in Wolpertshausen:

■ Die Sanierunung der Ortskerne in Reinsberg, Hopfach, Unterscheffach, Haßfelden und die Untere Straße in Wolpertshausen.

■ Der Umbau des alten Schulhauses in Wolpertshausen zum Bürgerhaus und die Renovierung des Bürgersaals in Cröffelbach. Sie sind Treffpunkt und Übungsort für die über 20 Vereine in der Gemeinde.

■ Das zum Jugendraum umgebaute Foyer der alten Herolthalle ist unter der Aufsicht eines Praktikanten nachmittags Treffpunkt für die 9- bis 14-jährigen und abends für die 14 bis 18-jährigen Kinder und Jugendlichen.

■ Der Ausbau alter Hofstellen zu Gewerbebetrieben.

■ Auch im Energiebereich flossen Finanzspritzen aus dem ELR. In Wolpertshausen, das Schwerpunkte im Einsatz regenerativer Energien setzt, wurden die Biogaspilotanlage von Gottfried Gronbach und das Energiezentrum Wolpertshausen gefördert.

Untere Straße in Wolpertshausen

Das neu renovierte Bürgerhaus in Cröffelbach,gefördert durch das ELR mit 40 000 Euro

Ein Bauerngarten im alten Stil

Treff für die Jugend von 9 bis 18:

der Jugendraum im umgebauten Foyer

der alten Herolthalle

Page 5: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

ELR-PROGRAMM

SO SEHE ICH WOLPERTSHAUSEN

Bernd Eckelmann ist der Chef des Kreisplanungs-amtes im Landkreis SchwäbischHall. Er hat bei dem örtlichenEntwicklungskonzept mitgewirkt,das 1994 im Rahmen des Entwick-lungsprogramms LändlicherRaum erstellt wurde.

Der Bau der Bundesautobahn A6 Heilbronn – Nürnbergvor einem Vierteljahrhundert blieb für Wolpertshausentrotz eigener Anschlussstelle zunächst folgenlos. Erst inden vergangenen 15 Jahren setzte eine stetige, trotzdemüberschaubare Entwicklung ein, die der strategisch günstigen Lage im Raum entspricht. Die neben Langen-burg und Bühlerzell kleinste Gemeinde des Landkreiseswandelte sich vom landwirtschaftlich geprägten Straßen-dorf zu einem Siedlungsgefüge, in dem Wohnen undArbeiten neben der Landwirtschaft die gleiche Bedeu-tung haben. Es waren keine vereinzelten Großprojektesondern es ist die Summe der einzelnen Vorhaben, diesich gegenseitig ergänzen. Beispielhaft seien erwähnt:die Biogasanlage mit Fernwärmeversorgung, die Auswei-sung von Wohngebieten gemeinsam mit den in kleinenSchritten erweiterten Gewerbegebieten, der Einsatz vonWindkraft und Fotovoltaik und die Gründung des nochjungen, modellhaften Energiezentrum. Städtebaulichzeigt sich Wolpertshausen heute als ein in sich geschlos-senes Gemeinwesen mit eigener, unverwechselbarerIdentität.

Schön gelegen an einem See außerhalb Wolpertshau-sens: der Jugendtreff für die älteren Jugendlichen

5

Page 6: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Speerspitzen aus Feuerstein, Bronze-beile und andere Funde weisen daraufhin, dass das Gemeindegebiet mit demHauptort Wolpertshausen, den fünfTeilorten auf der Ebene Reinsberg, Ho-henberg, Haßfelden, Hörlebach, Ru-delsdorf sowie den drei Dörfern imBühlertal Cröffelbach, Hopfach undUnterscheffach schon seit Tausendenvon Jahren besiedelt ist. Und wie

heute die Autobahn 6, so gab es schon vor 1000 Jahren eineLebensader durch das Gemeindegebiet: einen Fernweg, der vom Rhein über Heilbronn, Öhringen, Cröffelbach,Wolpertshausen nach Crailsheim, Donauwörth und vondort nach Wien führte. Auf diesem Fernweg zogen auch die Nibelungen nach Ungarn.

Im Laufe des Mittelalters verleibte sich die Freie ReichsstadtSchwäbisch Hall alle neun Dörfer ein, die erst 1806 mit dem

Wolpertshausen – historisch und heuteReichsdeputationshauptschluss wiederselbstständig und 1811 zur GemeindeWolpertshausen zusammengefasst wurden. Genau diese Gemeindestrukturmit dem Hauptort Wolpertshausenund den acht Teilorten hat trotz dervielen Reformen in den letzten zweiJahrhunderten bis heute Bestand. Sieüberstand auch die Kommunalreform

im Jahr 1973 unbeschadet, weil diegroße Mehrheit der Bevölkerung vehe-ment gegen einen Anschluss an dieStadt Ilshofen kämpfte. Ein Kampf, derden Zusammenhalt und die Zusammen-arbeit innerhalb der Gemeinde massivstärkte und bis heute den Aufwärts-trend positiv beeinflusst.

Durch die Kommunalreform schrumpftedie einst drittgrößte Gemeinde im Alt-kreis Hall allerdings zur kleinsten undärmsten im neuen Landkreis Schwä-bisch Hall. Notwendige Infra-strukturmaßnahmen konnten dahererst relativ spät in Angriff genommen

Straße Rudelsdorf 1943

Heuernte in Wolpertshauen 1960

Bürgersaal undKindergarten in

Wolpertshausen – denBürgersaal förderte

das Land mit ELR-Geldern in Höhe von

435 800 Euro

Page 7: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

7WOLPERTSHAUSEN – HISTORISCH UND HEUTE

werden. Zudem sollte Wolpertshausennach dem Regionalplan als landwirt-schaftliche Gemeinde ausgewiesenwerden, in der keine große Eigenent-wicklung vorgesehen war.

Mit dem Anschluss der Gemeinde andie Autobahn 6, die von Wolpertshau-sen nur einen Kilometer entfernt ist,eröffneten sich neue Möglichkeiten.Insbesondere nach dem Bürgermeister-

wechsel im Jahr 1990 ging Jürgen Silberzahn mit Elan undWeitblick die Ausweisung und Erschließung von neuenWohn- und Gewerbegebieten im Hauptort an und lockte mitvergleichbar günstigen Bauplatzpreisen die Häuslesbauer an.Voraussetzung dafür war die Sanierung der Wasser- und Ab-wasserversorgung. Mit einem hohen Landeszuschuss wurdenin nur einem Jahrzehnt rund 10 Millionen Euro investiertund alle neun Ortschaften an die Sammelkläranlage in Cröf-felbach angeschlossen. Schmucker Nebeneffekt: Gleichzeitigwurden im Rahmen der Flurbereinigung und der Dorfent-wicklung die Ortsdurchfahrten und Dorfplätze neu gestaltet.Firmen und junge Familien interessierten sich für die günstigen Bauplätze in der kleinen Gemeinde mit der guten

SO SEHE ICH MEINE HEIMATGEMEINDE

Seit 42 Jahre lebe ich mit meiner Fami-lie in Wolpertshausen, die Gemeindemit insgesamt 9 Teilorten ist unsereHeimat geworden.

Wir erfreuen uns immer wieder an dengut erhaltenen Fachwerkhäusern, dengeschnitzten Eckbalken und dem eingemeißelten Baujahr, die den Ein-fluss des Kupferzeller Pfarrer Mayer um das Jahr 1770 widerspiegeln.

Kuno Haberkern, Bürgermeister a.D.,war von 1962 bis 1990 28 Jahrelang Bürgermeister von Wolperts-hausen. Er hat eine umfassende Chronikder Gesamtgemeinde verfasst und 1997 veröffentlicht.

Mit Ausnahme der Hauptgemeinde haben die Teilorte ihren dörflichen Charakter weitgehend bewahrt. Allerdings ist das einst wohl vertraute Muhen der Kühe aus den Ställen seltener gewor-den, umsomehr lärmen die Schweine, wenn dieFütterungszeit naht.

Die Aufgeschlossenheit der Einwohner und der Zusammenhalt aller Teilorte beweist, dass hier dieWelt noch in Ordnung ist.

Verkehrsanbindung an die A6, der Nähe zu Schwäbisch Hall und demKleinzentrum Ilshofen sowie den gutenBusverbindungen. Wolpertshausenliegt an den Schnellbuslinien Crails-heim-Schwäbisch Hall und Kirchberg-Schwäbisch Hall. Von 1990 bis 2004 stieg die Zahl derEinwohner um knapp 60 % auf 1964an und wird bald die 2000er Markeüberschreiten.

links: Dorfplatz Cröffelbach

Kirche in Reinsbergmit dem neugestal-teten Spielplatz

DorfplatzUnterscheffach

Page 8: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Bereits 1994 kümmerte sich der Wolpertshausener Bürgermeister

samt Gemeinderat um eine langfristige Planung. Im Rahmen des Ent-

wicklungsprogramms Ländlicher Raum (ELR) wurde ein Entwicklungs-

konzept für die gesamte Gemeinde erstellt mit vier Säulen: Die Ge-

meinde als Wohngemeinde, als Gewerbestandort, als landwirtschaftli-

che Gemeinde und als Touristik-Gemeinde.

Die Nähe zur Autobahn 6 und die To-pographie begünstigten in Wolperts-hausen, das bis 1991 über keinerlei gewerbliche Bauflächen verfügte, denrasanten Ausbau der Gewerbegebiets-flächen. Von 1991 bis 2002 wurdenzwei Gewerbegebiete ausgewiesen undmehrmals erweitert. Inzwischen zähltdie Gemeinde rund 100 Firmen, Hand-werks- und Gewerbebetriebe.

In der Scheune ging’s los

Ein Blick auf das neue Gewerbegebiet

mit den großen Gewerbehöfen

Die A6 an der Ausfahrt Wolpertshausen

Die Gemeinde unterstützte aber auchFirmengründer, die in den TeilortenScheunen umbauten und dort ihrenBetrieb ansiedelten, wie die FirmaNachtigall in Rudelsdorf oder dieFirma Zucker in Haßfelden.

Die Edelstahlschmiede Zucker ist dasperfekte Beispiel, wie aus einem„Scheunenbetrieb“ ein gut gehender

mittelständischer Betrieb heranwuchs.Firmeninhaber Bernd Zucker wollte ursprünglich den elterlichen Hofweiterführen. Nach einer Lehre alsLandmaschinenmechaniker wechselteer zu der Firma Bausch&Ströbel, be-suchte die Technikerschule, arbeitete in einer Sortiergerätebaufirma undmachte nebenher Edelstahlarbeiten fürPrivatleute. Als er sah, dass es dafür

Page 9: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

9ENTWICKLUNGSPROGRAMM

Anfänglich fertigte der Jungunterneh-mer jeweils nach individueller Planungaus Edelstahl Balkone, Treppen, Vordä-cher und anderes für Haus und Garten.Inzwischen ist sein Hauptzweig dieBlechbearbeitung für die Industrie undauch hier bietet er je nach Kunden-wunsch von der Planung bis zur Ferti-gung alles an von der großen Lackier-kabine bis zum Sortiergerät für Abfüll-maschinen. Nach und nach wuchs aus dem Familienbetrieb, in dem seine Eltern und seine Frau mitarbeiten eineFirma mit inzwischen 26 Beschäftig-ten, darunter zwei Lehrlinge und dreiLeiharbeiter. Bernd Zucker ist ein flexibler Jungunter-nehmer, der entgegen des üblichenTrends vor kurzem sogar einen 58-jäh-rigen Arbeiter einstellte. „Ich bin gutdamit gefahren, dass ich am Anfangmit vielen ungelernten Kräften gearbei-tet habe, die mit der Firma mitwuchsenund zum Facharbeiter heranreiften“,

einen Markt gab, machte er sich 1998 mit 30 Jahren selbst-ständig und baute mit Mitteln aus dem Entwicklungspro-gramm Ländlicher Raum einen alten Maschinenschuppendes elterlichen Hofs um. In einer Zeit, in der immer mehrlandwirtschaftliche Gebäude in den Dörfern leer stehen, begrüßt Bernd Zucker die Fördergelder des Landes für dieUmnutzung solcher Gebäude. Er selbst „hat jedes Eck deselterlichen Hofes ausgebaut“, bevor er vor kurzem in Wol-pertshausen eine Gewerbehofhalle anmieten musste, weil in Haßfelden zu wenig Platz war.

SO SEHE ICH MEINE HEIMATGEMEINDE

Die Gemeinde Wolpertshausen hat mit ihren Teilorten, gelegen mitten in Hohenlohe, grundsätzlich eine landwirt-schaftlich geprägte Struktur. Seit ca. 10 Jahren hat sich derOrt Wolpertshausen selbst gewandelt, indem buntgemischteGewerbetreibende ansässig wurden. Die Nähe zur Autobahn,mit deren Zufahrt, war der Nährboden für expandierendeBetriebe, die bei der Gemeinde herzlich willkommen waren.Durch manchen Generationswechsel in der Landwirtschaftwar es auch dann der Gemeindeverwaltung möglich, dem-entsprechende Gewerbeflächen auszuweisen. Durch die öffentliche Förderung des ländlichen Raums, lag es natürlichnahe, dass unser Bürgermeister die Gewerbeflächen werbe-wirksam vermarktete. Es ist auch bekannt, dass eine funktio-nierende Infrastruktur eines Industrie- oder Gewerbegebietes

Gerhard Weihbrecht (52) ist in Wolpertshausen aufgewach-sen. Der Maschinenbauer arbeitetein verschieden Firmen, bevor ersich 1987 selbstständig machte.1994 baute er den ersten Gewer-be- und Industriebetrieb inWolpertshausen. In der Firma mit50 Beschäftigten werden mitmodernster Lasertechnik Prototy-pen für Haushaltsgegenstände,Autoteile, Maschinen etc. herge-stellt, sowie Laser Schneid- undSchweißarbeiten ausgeführt.

zur Folge hat, dass das Interesse an diesem Standort weiterhin wächst. So liegt es in der Hand der Gemeinde-verwaltung, die Strategie zur Schaffungvon Arbeitsplätzen in der Kommunal-politik an erste SteIle zu rücken.Durch Einsatz und Anwendung neuerTechnologien haben die kleinen undmittelständischen Unternehmen inWolpertshausen ein Zeichen für die Zukunft gesetzt.

versichert Zucker. Die geringe Fluktua-tion in der Edelstahlschmiede ist einAnhaltspunkt dafür, dass das Betriebs-klima stimmt, auch wenn dort Men-schen aus unterschiedlichen Ländernzusammenarbeiten müssen. Bernd Zuk-ker, dessen Edelstahlschmiede zu 120Prozent ausgelastet ist, liefert inzwi-schen in die ge-samte Bundes-republik und istfroh über den nahen Autobahn-anschluss.

Modernste Laser-technik der Firma

Weihbrecht

Bernd Zucker stellt in seiner Edel-stahlschmiede auch

große Lackier-kabinen her

Page 10: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Hof der ZukunftTrotzdem ist der Strukturwandel derLandwirtschaft in der Gesamtgemeindedeutlich sichtbar: Wurden im Jahr1979 noch 116 Bauernhöfe bewirt-schaftet, schmälerte sich die Zahl bis2003 um mehr als die Hälfte auf nurnoch 55 Bauernhöfe. Davon werden 32dieser Höfe im Haupterwerb geführt,der Großteil der restlichen 23Nebenerwerbsbetriebe hat weniger als10 Hektar Land. Angesichts der Zwän-ge in der Agrarpolitik werden weitereBauernhöfe aufgeben müssen und dierestlichen weiter wachsen. Je größerdie Höfe mit Tierhaltung werden, destomehr stöhnen die Bauern unter der Ar-beitsbelastung.Um diesen Teufelskreis zu durchbre-chen, hat sich Eckhard Kümmerer ausHörlebach mit zwei Kollegen in einerzukunftsweisenden Kooperation ver-bündet. Landwirt Martin Neber ausHörlebach und MilchviehspezialberaterDieter Hanselmann aus Unterweilerstiegen mit unterschiedlicher Beteili-gung in die Kooperation ein. Die dreibewirtschaften zusammen 185 Hektarmit 90 Hektar Grünland, davon sind

Neue Wege Die Gemeinde Wolpertshausen

ist in ihren Teilorten auf der Ebe-

ne noch stark landwirtschaftlich

orientiert, besonders in den

Dörfern Hohenberg, Reinsberg,

Hörlebach, Rudelsdorf und

Haßfelden. Das Schwäbisch Hälli-sche Schwein war 1984

kurz vor dem Ausster-ben. Inzwischen ist es

wieder in aller Munde.

Page 11: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

11

50 Hektar Hanglage und Talauen im Jagsttal, wo das Jung-vieh gehalten wird. Das Milchvieh, 190 Kühe, steht im Hörlebacher Stall. Um die Kuhherde, Besamung, den Stall,das Melken und die Buchführung kümmert sich EckhardKümmerer samt einem Praktikanten; Martin Neber ist fürdie Außenwirtschaft und Fütterung zuständig und DieterHanselmann macht die Zuchtauswahl, berechnet die Futter-rationen und erledigt Springerarbeiten. Für Eckhard Kümmererergeben sich folgende Vorteile: An den Sonntagen arbeitetabwechslungsweise immer nur ein Bauer, sodass nur jedendritten Sonntag gearbeitet werden muss. Und die Bauernkönnen auch in Urlaub gehen. Betriebswirtschaftlich bringt die größere Einheit eine Kostendegression und mehrArbeitseffizienz, die Bedrohung des Strukturwandels wird abgewendet. „Auch wenn durch die enge ZusammenarbeitReibungsflächen entstehen, würde ich wieder in so eine Kooperation einsteigen“, versichert Kümmerer.

Berühmte SauDie Bauern in Wolpertshausen haben drei Vermarkterdirekt vor der Tür. Die Geschäftsstelle Hohenlohe-Fran-ken der Viehzentrale im Ortsteil Heide vermarktet jähr-lich 46 500 Nutz- und Schlachtrinder, 7 500 Schlachtkäl-ber, 210 000 Schlachtschweine, 680 000 Ferkel undZuchtschweine sowie 22 000 Lämmer. Rund 180 000 bis200 000 Ferkel und Schweine werden jährlich in derSammelstelle von Friedrich Charrier in Hörlebach verla-den.Berühmt in Landwirtschafts- und Verbraucherkreisenist Wolpertshausen durch das Schwäbisch HällischeSchwein. Unter Federführung von Rudolf Bühler wurde1988 die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft SchwäbischHall (BESH) gegründet. Sie verhalf dem schwarz-weißenRüsseltier, das kurz vor dem Aussterben stand, zu einerneuen Blüte. Inzwischen haben sich der Erzeugerge-meinschaft, die voll in bäuerlicher Hand ist, 620 Betrie-be angeschlossen. Sie haben sich der artgerechten Tier-haltung verschrieben. Herzstück der BESH, die mit 200 Mitarbeitern jährlich rund 45 Millionen Eu-ro umsetzt, ist die Erzeugung und Vermarktung derSchwäbisch Hällischen Schweine. Das schmackhafteFleisch ist in Gourmetrestaurants, bei Feinkostfirmenwie Käfer, Rungis-Express, Manufaktum und in denKantinen solcher Topfirmen wie Daimler-Chrysler, Luft-hansa oder SAP gefragt. Weitere Premium-Produkte derErzeugergemeinschaft sind das Boeuf de Hohenlohe sowie Rind-, Kalb-, Schweine- und Lammfleisch aus derBioproduktion. Gäste aus aller Welt pilgern zu RudolfBühler nach Wolpertshausen, um sich über die Strukturund Arbeitsweise der BESH zu informieren, die europa-weit als beispielhaft für eine gelungene Regionalentwik-klung und Projektarbeit gilt.

SO SEHE ICH MEINE HEIMATGEMEINDE

Rudolf Bühler (52)ist Leiter der BäuerlichenErzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, die 1988 gegründet wurde und inzwischen 620 bäuerliche Betriebe vereint. Der Dipl.-Agrarier ist gleichzeitig praktizierender Biobauer.

190 Kühe stehen im Laufstall der zukunftsträchtigen Koopera-tion von Eckhard Kümmerer

Der Hörlebacher Landturm: Er war der Außenposten der freienReichstadt Hall

Seit das „Hofgut an der Straße nach Hall“ des RittersEberhard von Bühler 1378 erstmals urkundlich erwähntwurde – seine Stammburg stand zu dieser Zeit auf derLandzunge oberhalb Hopfachs – ist viel Wasser die Büh-ler hinuntergeflossen. Über die Zeitläufte hinweg hat sich um das Hofgut desRitters – noch immer im Besitz der Familie Bühler undheute „Sonnenhof“ genannt – das Dorf Wolpertshausenangesiedelt. Ein stattliches Hohenloher Bauerndorf mit8 Teilorten und einem florierenden Gemeinwesen. In den letzten 10 Jahren ist durch die A6 etwas Industriedazugekommen, doch dies tut dem ländlichen Charak-ter und Charme der Gemeinde keinen Abbruch. Wer indas geheimnisvolle Grimbachtal hinunterwandert, ins„Schwarze Scheuerle“ oder ins tief eingeschnittene Bühlertal, von der Schmerachklinge bis nach Geislingen,erkennt erst die wirkliche Schönheit unserer Heimat. Wolpertshausen ist eng mit dem Namen des Schwä-bisch-Hällischen Landschweins und der Bäuerlichen Er-zeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) verbunden.Besucher aus aller Welt informieren sich hier über dieProjekte der BESH, sowie über das neue „Energiezen-trum“ mit der Dokumentation des wohl höchsten An-teils an regenerativer Energie eines Gemeinwesens. Also: eine vitale und aktive Gemeinde mit vielen enga-gierten Bürgern und einem lebendigen Gemeinwesenund einer wirklich volksnahen Verwaltung!

Page 12: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Effektives energieZENTRUM70 Prozent Strom aus regenerativer Energie: Wolpertshausen ruht nicht auf

dieser Erfolgszahl aus, sie ist Ansporn für neue Projekte im Energiebereich.

Wegbereiter ist hier das energieZENTRUM, das die Gemeinde im Einklang

mit dem baden-württembergischen Ministerium Ländlicher Raum und

dem Kreis Schwäbisch Hall im Untergeschoss des neuen Wolperts-

hausener Bürgersaals einrichtete.

Träger des energieZENTRUMs ist die Wirtschaftförderungsge-sellschaft des Kreises Schwäbisch Hall (WfG). Ihr Geschäfts-führer Werner Schmidt ist die treibende Kraft für dieses Vor-zeigeprojekt. Aufgabe des energieZENTRUMs ist es, durchVorträge, Seminare, Beratungen und Lehrgänge den Anteilumweltschonender Energie und den Einsatz energiesparen-der Technologien in der Region zu erhöhen – zum Schutzder Umwelt und der natürlichen Ressourcen. Das energie-ZENTRUM dient mit seinen Ausstellungen als Forum fürBürger, Kommunen, Handwerk und Gewerbe. Ihm ange-schlossen ist die mit Unterstützung des Umweltministeriumsentstandene energieAGENTUR des Kreises Schwäbisch Hall,die Energieberatungen für Privatleute, Landwirte, Firmenund Kommunen anbietet. Minister Willi Stächele reiste am Europatag, 5. Mai 2003, eigens zur Einweihung des Vorzeigeprojekts nach Wolperts-hausen. Finanziell unterstützt wurde das ELR-Projekt vomLand, vom Kreis Hall, aus Kreisen der Handwerkerschaft, derWirtschaft, der Bausparkasse Schwäbisch Hall, der Volks-und Raiffeisenbanken, der Sparkasse und der EnBW. Nacheiner gewissen Anlaufzeit soll sich das energieZENTRUM,mit den Mitteln der Wirtschaft und den Geldern für dieEnergieberatung selbst tragen.

Unter dem Bürgersaal (links) sind dieRäume des energieZENTRUMs, dessentechnische Ausstattung vom ELR mit 81 600 Euro gefördert wurde

„Das Geld des Landes ist imenergieZENTRUM gut ange-legt“, sagte der neue Umwelt-minister Stefan Mappus (links)bei seinem Besuch Anfang Juliin Wolpertshausen. Rechts imBild Landrat Gerhard Bauerund Bürgermeister Jürgen Silberzahn (Mitte).

Der Minister für den Ländlichen Raum, Willi Stächele (2. vonrechts) weihte am 5. Mai 2003 das energieZENTRUM in Wolperts-hausen ein. Mit dabei CDU-Landtagsabgeordneter Helmut Rueck(rechts), der Vorsitzende der Kreishandwerkerschaft Werner Dierolf (2. von links) und Bürgermeister Jürgen Silberzahn (links).

Page 13: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

13ENERGIE-ZENTRUM

SO SEHE ICH WOLPERTSHAUSEN

Dipl.-Ing. Sebastian Dürr (29)stammt aus Pfedelbach, hat ander FH in Künzelsau studiert undist Leiter des EnergiezentrumsWolpertshausen.

Wolpertshausen habe ich erst durch meine Diplom-arbeit kennen gelernt, in der ich mich mit der Mess-technik für die Minimalenergiehäuser und den Bürger-saal beschäftigt habe.

Mittlerweile bin ich durch meine Tätigkeit im Energie-zentrum fast täglich hier im Ort, habe Wolpertshausen,vor allem aber die Menschen, kennen lernen können.Ich hätte nie gedacht, dass eine kleine Gemeinde wieWolpertshausen im Energiebereich so viel bewegenkann. Aber auch in allen anderen Bereichen ist hier viel Dynamik. Vielleicht ist es manchmal gar nicht so schlecht, wennalles ein wenig kleiner ist, wenn man die Ansprech-partner noch persönlich und nicht nur vom Telefon herkennt und die Strukturen entsprechend flexibel sind.

Nach allem, was ich bisher in Wolpertshausen erlebt habe, bin ich davon überzeugt, dass hier Probleme gezielt angegangen und gelöst werden, statt sie aufzu-schieben und zu hoffen, dass sie sich von selbst erle-digen.

Das energieZENTRUM vermitteltständig neueste Technologien,wie hier beim Seminar zum The-ma Brennstoffzelle

Hier werden die Leitungen verlegt für die Erdwärmeheizungdes Bürgersaals in Wolperts-hausen

Das Beratungsangebot umfasst unter anderem:

1 Energieeinsparung für private Neu- und Altbauten(Wärmedämmung, Heizungsanlagen, Solarthermie, Fotovoltaik)

2 Tagungen und Fachvorträge(Nutzung von Pflanzenöl, Energiesparhäuser, Holz als Energieträger, Biomassenutzung, Wärmedämmungund Fotovoltaik)

3 Erstellung von Energiekonzepten für Gemeinden und Firmen

4 Ermittlung der Energie- und Stromeinsparungen auf landwirtschaftlichen Betrieben

5 Qualifizierungen für die Betreiber von Biogasanlagen6 Schulungen für die Handwerkerschaft

Zukunft:

Für die Gemeinde Wolpertshausen hat das energieZENTRUMfolgende Projektvorschläge erstellt, die zum Teil schon inder Realisierungsphase sind:

1 Der Bau eines Holzhackschnitzelwerkes zur Versorgung von Neubaugebieten mit Nahwärme

2 Die Errichtung einer Solartankstelle zur Versorgung von Elektrofahrzeugen mit Sonnenstrom. Sie soll der Vergrößerung des Aktionsradius von Solarmobilen dienen

3 Die Schaffung eines Energielehrpfades in Wolpertshau-sen und Umgebung

4 Erstellung einer Solarkarte in der Gemeinde, die auf-listet, wo der Einsatz von Fotovoltaik und Solar-anlagen sinnvoll ist

Page 14: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Ihr Planer und Konstrukteur GottfriedGronbach ist einer der BiogaspioniereDeutschlands. Der 48jährige Diplom-ingenieur aus Wolpertshausen be-schäftigte sich bereits 1982 in seinerDiplomarbeit mit dem Thema Biogas.Am Beispiel Wolpertshausen zeigte erauf, wie mit dem Mist und der Gülleder Bauern im Ort eine Biogasanlagegespeist und in Verbindung mit einemBlockheizkraftwerk die Ortschaft mit Strom und die Wohnhäuser mitNahwärme versorgt werden können. Mit Unterstützung von Bürgermeister Silberzahn gelang es ihm, diese Ideedann in den 90er Jahren umzusetzen.

In der 1996 fertiggestellten Biogasanlage werden jährlich2500 Tonnen Gülle und 2500 Tonnen Speisereste verarbei-tet. Das angeschlossene Blockheizkraftwerk speist nicht nurStrom ins Netz ein, mit der Abwärme werden zehn Gewerbe-betriebe und acht Wohngebäude im Ökopark Wolperts-hausen beheizt. Drei Landwirte aus Wolpertshausen undHaßfelden liefern die Gülle. Die anfänglichen Geruchs-probleme sind nach den Modernisierungsmaßnahmen auf ein Minimum reduziert worden. Die Wolpertshausener Anlage ist Anlaufstation für Biogas-planer aus aller Welt, die sich dort Anregungen holen.

Biogaspioniere mit VisionenIm regenerativen Energiemix der Gemeinde Wolpertshausen spielt die Biogasproduktion

seit Anfang an eine große Rolle. Im Mutterort Wolpertshausen ist seit knapp 8 Jahren

eine der größten Biogasanlagen der Region in Betrieb, die jährlich rund 1,5 Millionen

Kilowattstunden Strom erzeugt.

Die große Biogasanlage in Wolpertshausenerzeugt 1,5 Millionen kwh Strom pro Jahr

Page 15: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

15BIOGAS

Land- und Energiewirt

Dem laufenden Trend vom Landwirt zum Energiewirt istDemeterbauer Wilfried Blanc aus Haßfelden um Jahre vor-aus. Seit über 12 Jahren läuft seine Biogasanlage, die als 36. im Bundesgebiet, zu den Pionieranlagen zählt. Der Biobauer betreibt inzwischen noch eine Fotovoltaik-anlage auf seinem Scheunendach mit 44 kw Spitzenleistung.Wilfried Blanc entschloss sich Ende der 80er Jahre zum Baueiner Biogasanlage, obwohl es noch keine ausgereifte Tech-nik gab: „Als Biobetrieb wollte ich nicht mit Atomstrommelken und arbeiten.“ Gebaut hat Blanc die Anlage in Eigenregie mit Tüftlern wie Gerd Beck, Ingenieur Schneiderund Ratschlägen von Gottfried Gronbach.Die Blancsche Anlage produziert mit einem umgebautenIveco-Dieselmotor 260 Kilowattstunden Strom am Tag, das entspricht einem täglichen Strombedarf von 26 Durch-schnittsfamilien. Ein Teil des Stroms ist für den Eigen-gebrauch bestimmt, der Rest wird in das Stromnetz einge-speist. Die Abwärme wird ganzjährig betriebsintern ver-wendet. Täglich „füttert“ der Biobauer die Anlage mit 5 Kubikmeter Mist und Gülle, je nach Mistkonsistenz kommen noch 3 bis 5 Kubikmeter Wasser hinzu. 20 verschiedene Bakterienstämme fermentieren diese Masse zu Methangas. Das zurückbleibende Substrat ist ein hochwertiger Dünger, der nicht ätzend ist.

Wilfried Blancund Sohn Elmarvor dem IvecoDieselmotor derBiogasanlage

In Planung mit dem EnergiezentrumWolpertshausen will Wilfried Blancnächstes Jahr eine Pflanzenölpresse errichten, in der kaltgepresstes Öl ge-wonnen wird. Je nach der Zahl derInteressenten, die ihr Fahrzeug mitPflanzenöl fahren wollen, richtet sichdie Größe der Ölpresse.

SO SEHE ICH MEINE HEIMATGEMEINDE

Sibylle Blanc (17) ist auf einem Bauernhof in Haßfelden aufgewachsen. Sie macht eine Ausbildung als Erzieherin in Schwäbisch Hall.

Ich wohne gerne in der Gemeinde Wolpertshausen,weil da viel für die Jugend los ist. In Wolpertshausengibt es den Jugendraum und auch in unserem kleinenDorf Haßfelden ist öfter mal was geboten. Alljährlichfindet hier ein OpenAir der Gruppe Mehlstaub mitmehreren Bands statt und vor kurzem war hier ein Tagder offenen Gärten für Blumenliebhaber. Außerdemsind in der Gemeinde von Frühjahr bis Sommer laufendFeste, vom Seefest in Hörlebach über das Seefest des Jugendtreffs bis zum Dorffest in Wolpertshausen, andem alle neun Ortschaften der Gemeinde beteiligt sind.

Gut finde ich auch die Busverbindungen von Wolperts-hausen nach Schwäbisch Hall, für die es oft einen An-schlussbus nach Haßfelden gibt. Was mich manchmalstört, ist das Dröhnen der Lkw von der nahen Auto-bahn. Super ist, dass es hier trotzdem noch viele schöneLandschaften gibt, wie das Grimmbachtal. Dort bin ichoft zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs und genieße dieNatur mit den Tieren und seltenen Pflanzen.

Die Biogassilos (links oben) und die Fotovoltaikanlage (Mitte)machen Landwirt Wilfried Blancgleichzeitig zum Energiewirt

Page 16: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Auf dem Dach seiner Scheunehat Gottfried Gronbach eine

Fotovoltaikanlage mit 16 Kilowatt Spitzenleistung

installiert

Fotovoltaik boomtIn der Solarenergie liegt Wolpertshausen bundesweit ganz weit

vorn. 2004 schob sich die innovative Gemeinde auf den 16. Platz

der Solarbundesliga. Über 30 Fotovoltaikanlagen produzieren im

Jahr 280 000 Kilowattstunden Strom. Zudem sind 130 Sonnen-

kollektoren auf den Dächern in der Gemeinde montiert. Sie heizen

Wohnungen oder erwärmen das Brauchwasser. Die größte Foto-

voltaikanlage mit 92 Kilowatt Leistung ist auf dem Dach eines

Gewerbehofs im Industriegebiet angebracht.

Page 17: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

FOTOVOLTAIK

gebaut habe, kosten heute vergleichba-re Fotovoltaikanlagen ein Drittel desPreises und bringen 30 Prozent mehrLeistung.“ Die derzeit noch relativ teuere Solarstromerzeugung wird nachAnsicht Gronbachs in Zukunftkonkurrenzfähig werden, weil die Prei-se für die fossilen Brennstoffe ständigsteigen und die höheren Umwelt-schutzaufwendungen für das Verfeuernfossiler Brennstoffe angerechnet werden müssen.Gronbach hält den Bau von Foto-voltaikanlagen auf Wiesenflächen fürsinnvoll und hat hier schon wieder eine neue Vision im Kopf: Eine zehnHektar große Streuwiese mit Foto-voltaiksonnensegeln bestücken undgleichzeitig mit der Grünmasse (Grasoder Mais) eine Biogasanlage füttern.„Bevor die Milchbauern wegen derschlechten Preise ihre Betriebe ganzaufgeben, ist es sinnvoller, wenn sieihre Wiesen und Äcker zur Strom-produktion nutzen,“ rät der Expertefür Alternativenergie.

ber vermietet, ebenso das Dach desFeuerwehrmagazins in Reinsberg.

Auch wenn die Baukosten für Foto-voltaikzellen derzeit relativ hoch sind,plädiert Gottfried Gronbach für ihrenEinsatz: „Das Kostensenkungspotenzialist hier sehr groß“. Angesichts der steigenden Produktion von Foto-voltaikzellen werden die Preise sinken.Zudem verbessern sich laut Gronbachständig die Leistungen: „Gegenüberder ersten Anlage, die ich vor 12 Jahren

Installiert hat sie die Firma Novatechvon Gottfried Gronbach. Er hat runddie Hälfte der Fotovoltaikanlagen inseiner Heimatgemeinde erstellt. Unter anderem auch die Anlagen derLandwirte Reinhardt im Ortsteil Heidemit 22 Kilowatt Leistung und die 40-Kilowatt-Anlage von Biobauer Wilfried Blanc in Haßfelden. Besondersdie großen Scheunendächer der Land-wirte eignen sich für die Montage von Fotovoltaikanlagen. „Die Bauernkönnen sich hier ein zweites Standbeinschaffen, denn auch mit einer Kredit-aufnahme ist eine Fotovoltaikanlagerentabel“,versichert Ingenieur Gronbach.Die Gemeinde Wolpertshausen hat Dächer von gemeindeeigenen Gebäu-den zur Nutzung der Fotovoltaik zurVerfügung gestellt: Das Schuldach inWolpertshausen wurde an vier Betrei-

Rudolf Renke baute 1994 die erste Fotovoltaikanlage in Wolpertshausen

Die Fotovoltaikanlage und die Solaranlagepassen hier optisch gut auf das Hausdach

Angesichts der erhöhten Einspeise-vergütung für Strom aus Fotovoltaik-anlagen, für deren Solarmodule inzwischen eine Garantiezeit von 20 Jahren gilt, wird die Fotovoltaik inWolpertshausen weiterboomen. Aufden Dächern der großen Gewerbehöfeim Industriegebiet sollen weitere Anla-gen montiert werden.

17

SO SEHE ICH MEINE HEIMATGEMEINDE

Wolpertshausen war lange ein Bauerndorf, an dem trotzAutobahnanschluß die Entwicklung vorbeiging. In den letzten Jahren hat sich der Ort aber stark entwickelt, Gewerbeund Menschen haben sich vermehrt. Dies bringt natürlichProbleme im ökologischen Bereich mit sich. Mein Anliegenist, hier die ökologische Verträglichkeit mit ins Spiel zu brin-gen. Zuallererst ist das auf der Energieseite wichtig, dennländliche Gemeinden haben viele Möglichkeiten, umwelt-schonende, erneuerbare Energiequellen zu nutzen. Hier istdie Gemeinde auf einem guten Weg. Die Bevölkerung ist inder Mehrheit diesen Aktivitäten gegenüber sehr aufgeschlos-

Dipl.-Ing. Gottfried Gronbach (48) ist einer der Biogaspioniere inDeutschland. 1985 gründete erdie Firma Novatech, die seither 50 Biogasanlagen gebaut hat. Seine 25 Mitarbeiter sind im Be-reich Fotovoltaik und Solaran-lagen aktiv. In Wolpertshausen hat er ein privates ökologischesWohnbaugebiet geschaffen.

sen und macht durch Bau eigener Anlagen und Beteiligung an Gemein-schaftsanlagen mit. In der baulichenEntwicklung gelingt das leider nicht sogut, der Weg vom Aufgeschlossenseinzur Umsetzung ist doch sehr weit. Ichhoffe, dass in der Zukunft die Einsichtwächst, dass ökologische Gebäude- undGebietsgestaltung nicht nur Schikaneist, sondern allen hilft und nicht nurExoten vorbehalten bleibt.

Page 18: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Windkraft aus BürgerhandDie Windräder

zwischen Reinsberg und

Wolpertshausen

Page 19: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

19WINDKRAFT

Große Unterstützung erfuhr Günter Fi-scher vom Bürgermeister, vom Ge-meinderat und auch das Landratsamtgenehmigte den hoch gelegenenStandort bei Reinsberg. Seit Frühjahr2001 drehen sich die zwei Windräder,ein weiteres soll bald hinzukommen.

Der gute Zusammenhalt im Vereinsleben der Gemeinde Wolperts-

hausen setzt sich sogar im Energiebereich fort. Viele Kommanditisten

in der Bürgerwindkraftwerk Wolpertshausen KG blasen im Posaunen-

chor. Günter Fischer aus Reinsberg hat sie für seine Idee gewonnen.

Der 51 Jahre alte Lehrer war die treibende Kraft für den Bau der

zwei Windräder auf der Gemarkung Reinsberg, die jährlich rund

1,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen, das entspricht dem

Strombedarf von 325 Haushalten.

Den Traum, mit Windenergie alter-nativen Strom zu erzeugen, hegte Günter Fischer schon lange. In ThomasKemppel, dem Chef der Baram Wind-kraft Projektierungs GmbH, fand er1996 den richtigen Partner. Die beidengründeten eine Kommanditgesellschaft(KG) mit dem Ziel, möglichst vieleBürger der Gemeinde Wolpertshausenan der Windkrafterzeugung zu beteili-gen. Minimum für die Kapitaleinlagewaren 1000 Euro. Günter Fischer machte sich auf die Su-che und es dauerte einige Zeit, bis dieselbst gesteckte Vorgabe erfüllt war:„Gebaut wird erst, wenn die Kapital-einlagen mehr als 35 Prozent der Ge-samtsumme ausmachen.“ Als imHerbst 2000 über 50 Gesellschafter ausWolpertshausen und der Umgebungim Boot waren, startete das Verfahren.

SO SEHE ICH MEINE HEIMATGEMEINDE

Hildegard Fischer (49) ist Lehrerin. Sie wohnt mit ihrem Mann Günter Fischer inihrem Heimatdorf Reinsberg.Seit rund 10 Jahren ist sie imVorstand der Landfrauen aktiv.

Innerhalb des zeitlichen Spannungsbogens zwischenmeiner Kindheit und der Gegenwart hat sich die Gemeindestruktur auf vielschichtige Weise verändert.Bis vor wenigen Jahren war der Bekanntheitsgrad unterden Bürgern in Wolpertshausen und seinen Teilorten eine Selbstverständlichkeit. Durch das enorme Wachstum der Gemeinde aber, sind alteingesessene Ho-henloher und Neubürger aufgefordert, sich gegenseitigzu arrangieren. Diese Akzeptanz innerhalb der Bevölke-rung ist zukünftig ein nicht wegzudenkender Faktor;denn, will man das „Modell“ Wolpertshausen weiter-entwickeln, werden alle Kräfte benötigt, sei es bei der Mitarbeit in der kirchlichen oder bürgerlichenGemeinde. Dies unterstützt weiterhin maßgeblich dasaktive Zusammenleben und -wirken unserer gesundendörflichen Gemeinschaft.

Eine nicht zu unterschätzende und bedauernswerte Tatsache ist die immer weiter zurückgehende Landwirt-schaft in den kleinen Teilorten und die damit ver-bundene Veränderung der Bevölkerungsstruktur. Es wäre wünschenswert, dass unsere Dörfer, besondersfür die nachfolgende Generation, eine nachhaltige Entwicklung erfahren und attraktiv bleiben, um auch in Zukunft mit Leben gefüllt werden zu können.

In der Gesellschafterversammlung derBürgerwindkraftwerk Wolpertshausen KGwird jedes Jahr die Bilanz offen gelegt

Page 20: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

„Kurze Wege und das persönliche Gespräch mit den Bauern und Bürgern ermög-

lichen in Wolpertshausen günstige Lösungen beim Aufbau der Alternativenergie“–

Hans-Henning Ley weiß, wovon er spricht. Er versorgt die Gemeinde Wolpertshausen

mit Strom. Als kleiner, privater Energieversorger hat er bisher erfolgreich „im Teich

der großen Energiehaie mitschwimmen können“.

Der 40-jährige Müllersohn aus Unterscheffach, der als Inge-nieur für elektrische Energie 10 Jahre beim Badenwerk inFreiburg Erfahrung sammelte, führt seit acht Jahren wiederden elterlichen Betrieb. Ihm gehört das Stromnetz für dieGemeinde Wolpertshausen (ohne Haßfelden und Hörle-bach) komplett bis zum Hausanschluss. Zudem treibt dieBühler in seiner Mühle eine Turbine an, die 50 Kilowatt Lei-stung bringt. Zusammen mit den kleinen Flusskraftwerkenin Hopfach und Cröffelbach werden in das Stromnetz vonWolpertshausen jährlich rund 120000 bis 140000 Kilowatt-stunden Strom aus Wasserkraft eingespeist. Das entspricht etwa dem Strombedarf von 140 Haushalten. Hans-Hennig Ley bezieht außerdem den Strom aus der großen Biogasanlage in Wolpertshausen mit jährlich rund1,5 Millionen Kilowattstunden, von den Windrädern inReinsberg, die ebenfalls rund 1,5 Kilowattstunden jährlicherzeugen und von den 36 örtlichen Fotovoltaikanlagen mitetwa 300 000 Kilowattstunden pro Jahr. Den restlichenStrom für sein Stromnetz, an dem auch noch die DörferOber- und Unteraspach hängen, kauft er von überörtlichenEnergieversorgern zu.Hans-Henning Ley bietet mit seinen sechs Mitarbeiternauch noch Elektro- und Sanitärinstallationen in der Gemein-de an, sodass er die örtlichen Gegebenheiten bestens kennt.Wenn es Probleme mit der Stromversorgung gibt, ist der private Energieversorger angesichts der kurzen Wege schnellzur Stelle: „Wir müssen 365 Tage im Jahr 24 Stunden proTag einsatzbereit sein.“

Hans-Henning Ley lobt die Zusammen-arbeit mit den Einspeisern von Alterna-tivenergie und natürlich mit dem Bür-germeister von „Boomtown“ Wolperts-hausen. „Bedingt durch das Wasser-kraftwerk in unserer Mühle haben wirschon immer das Miteinander vonStrom aus regenerativen und fossilenEnergiequellen praktiziert“, begründetLey seine Aufgeschlossenheit gegen-über der Alternativenergie. Er begrüßtsogar das Ziel, in Wolpertshausen denStrom zu 100 Prozent aus regenerativen

Kleiner Fisch im großen Strom

Hans-Henning Ley im Elektrizitätswerkseiner Mühle in Unterscheffach

Die Bühler:nicht nur idyllisch,sondern auch einEnergiespender

Page 21: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

21WASSERKRAFT

Energiequellen zu erzeugen, obwohlihn das Einiges kosten wird. „Es istschwierig, immer neue Einspeiser vonAlternativenergie ans Netz zu nehmen,weil sich dadurch die Spannung imNetz erhöht. Bald steht deshalb derAusbau meines Stromnetzes an.“

SO SEHE ICH MEINE HEIMATGEMEINDE

Wolfgang Stock (52) bewirtschaftet mit seiner Familiein Rudelsdorf einen 50-Hektar-Hof mit Milchvieh und Mast-schweinen. Er war maßgeblich ander Fusion der drei KreisverbändeCrailsheim, Hall und Hohenlohe-kreis zum Bauernverband Schwäbisch Hall/Hohenlohe beteiligt und ist dort weiterhinim Vorstand.

Trotz stürmischer Entwicklung der Gemeinde Wolperts-hausen, hat sich in den Teilorten unsere an bäuerlichenWerten orientierte Lebensweise erhalten. Neben derherrlichen Kulturlandschaft bietet uns unsere Heimateine gute Infrastruktur und damit hohe Wohn- und Lebensqualität. Bedauerlich ist, dass auch bei uns dieZahl der landwirtschaftlichen Betriebe dramatisch zu-rückgegangen ist und in vielen Orten nur noch wenigeBauern ihre Höfe bewirtschaften. Ob wir bei diesemTrend weiterhin mit einer so gepflegten Landschaftrechnen können, ist fraglich.Wichtig für die Identitätunserer Gemeinde ist, dass Neues behutsam in das Bestehende eingefügt wird, damit wir das uns Lieb-gewonnene nicht auf Dauer verlieren.

Die Leonhards-Mühle in Unterscheffach

Page 22: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

Auf dem Energiesektor wollen sie die Stromversorgung aus regenerativer Energie auf den Selbstversorgungsgrad von100 Prozent steigern. Die große Biogasanlage soll durch eineHolzhackschnitzelanlage samt Blockheizkraftwerk ergänztwerden. Die Abwärme beheizt über NahwärmeleitungenHäuser und Wohnungen, der Strom wird ins Netz eingespeist.Zudem soll in der alten Herolthalle eine Rapsölheizung ein-gebaut werden.

Im neu geschaffenen Dorfzentrum Wolpertshausens mitBürgersaal, Kindergarten, Grundschule, Bürgerhaus und Ju-gendraum ist ein Bauernmarkt geplant, das heißt ein Ladenfür die Grundversorgung der Bürger. Auch ein Projekt fürdas betreute Wohnen für Senioren könnte dort platziertwerden.

Damit Wolpertshausen, das noch über genügend Bauplätzefür Wohnhäuser ohne die üblichen Beschränkungen für Dä-cher und Giebelfronten etc. verfügt, keine Schlafgemeinde

wird, sollen im Gewerbegebiet Birkichweitere Firmen und Betriebe angesie-delt werden. Hier gibt es noch eine un-erschlossene Reserve von 6,5 HektarLand.

Für das Bühlertal, das zwischen Cröffel-bach und Unterscheffach nur nochvon einem Vollerwerbsbauern bewirt-schaftet wird, soll ein ökologischesEntwicklungskonzept Lösungswege fürden Erhalt der Kulturlandschaft aufzei-gen, wie beispielsweise einenBeweidungsplan. Den Ratsherren

Idyllisches BühlertalBürgermeister Silberzahn und der Gemeinderat ruhen sich nicht

auf ihren Erfolgen aus. Sie haben genügend Ideen für die Zukunft.

schwebt vor, im Bühlertal wieder denWeinbau aufleben zu lassen, der dortvor über einem Jahrhundert gang undgebe war. In Planung ist auch die Aussiedlungzweier Landwirte aus dem HauptortWolpertshausen. Die Ausweisung einergentechnikfreien Zone in der Gesamt-gemeinde durch den Gemeinderat istgeplant.

Ein Tourismuskonzept soll das idyllische Bühlertal für den sanftenTourismus erschließen. Von Cröffelbach, das bereits über ei-nen Radweg nach Geislingen an denKocher-Radweg angebunden ist, ist einRadweg durch das Bühlertal in Richt-ung Vellberg geplant. Gedacht ist auch an den Bau einesFlußbads für Familien mit kleinen Kin-dern. Der seichte Flußlauf mit dem sau-beren Wasser der Bühler ist dafür be-stens geeignet. Da Stellplätze für Wohn-mobile in der nahen und weiteren Um-gebung von Wolpertshausen Mangel-ware sind, soll entweder im Bühlertaloder an einer anderen Stelle in der Ge-meinde Wolpertshausen ein solcherPlatz geschaffen werden. Ein im Som-mer 2004 eröffneter Reiterhof in Hop-fach wird demnächst auch Ferienwo-chen für Kindergruppen anbieten.

Sommerabend in Reinsberg Tag des Gartens in Haßfelden

Ein schönes Domizil für die Jugend: der Jugendtreff

in Wolpertshausen

Reiterhof in Hopfach

Page 23: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

23VISIONEN

SO SEHE ICH WOLPERTSHAUSEN

Werner Schmidt ist Geschäftsführer der Wirt-schaftsförderungsgesellschaft(WFG) des Landkreises Schwä-bisch Hall, die unter anderem als Träger des energieZENTRUMsin Wolpertshausen fungiert und ein Tourismuskonzept fürdas Bühlertal erstellen lässt.

In Wolpertshausen wuchs parallel zu den Arbeitsplätzenauch die Bevölkerung und es entwickelte sich in den ver-gangenen Jahren eine rege Bautätigkeit. Gleichzeitig wur-de in den Teilorten der Gemeinde die Dorfentwicklunggroß geschrieben, die vom Land Baden-Württemberg mitFördermitteln aus dem Entwicklungsprogramm Ländli-cher Raum (ELR) einen kräftigen Aufwind bekam. Das Er-gebnis sind schmucke und vor allem intakte Dörfer undDorfgemeinschaften.Wolpertshausen sticht durch zwei Besonderheiten her-vor: Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft SchwäbischHall mit Geschäftssitz in Wolpertshausen beweist, dassdie Landwirtschaft Zukunft hat und durch Regionalität, Qualität und geschicktes Marketing auch heute nochwachsen kann. Das Thema Energie hat hier erste Priorität. In dem vomKreis Hall und seiner Wirtschaftsförderungsgesellschafteingerichteten energieZENTRUM entstand mit Unter-stützung aus dem ELR-Topf des Landes ein Forum undeine Ideenschmiede für nachhaltige Regionalentwik-klung. Künftig wird auch noch der ländliche Tourismusein Entwicklungsziel für die Bühlertalgemeinde.Wolpertshauen macht was und die Bürger machen mit!Ich bin sicher: Die Modellgemeinde für ländliche Ent-wicklung wird noch viel auf sich aufmerksam machen.

Die 1000 Jahre alte Kirche in Unterscheffach

Page 24: Globales Denken bestimmt lokales Handeln · Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum Globales Denken bestimmt lokales Handeln GEMEINDE WOLPERTSHAUSEN

W O L P E R T S H A U S E N

Zahlen und Fakten

Teilorte:Cröffelbach, Haßfelden, Hörlebach, Hohenberg,Hopfach, Reinsberg, Rudelsdorf, Unterscheffach

Einwohner: 1964

Handels- und Gewerbetreibende: 100

Arbeitsplätze: 577

Schulen: 1 Grundschule mit 7 Klassen und 120 Schülern

Kindergärten: 1 Kindergarten mit 3 Gruppen

Vereine: 20

Feste: Seefest, Inselfest, Dorffest, Jugendtreff mit Beachvolleyball-Turnier und andere

Der direkte Draht

ins RathausBürgermeister Jürgen SilberzahnHaller Straße 1574549 WolpertshausenTelefon (07904) 9799-0Telefax (07904) 9799-10www.wolpertshausen.de